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Aktuelle Rechtsprechung zum Mindestlohn bzw. MiLoG 2015

Stand: 21. Februar 2020
Aktuelles
21.02.2020

Aktuelle Rechtsprechung zum Mindestlohn bzw. MiLoG 2015

Stand: 21. Februar 2020

Nachfolgend eine Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung zum MiLoG bzw. damit im Zusammenhang stehende gerichtliche Entscheidungen in zeitlicher Reihenfolge (Entscheidungen im Instanzenzug beginnen mit dem Urteil I. Instanz, dem folgend die Entscheidung(en) der weiteren Instanz(en)).

Siehe auch unseren Beitrag https://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/gesetz-zur-staerkung-der-tarifautonomie-mindestlohngesetz-haeufige-fragen-faq

1. BAG, Urt. v. 16.04.2014 – 4 AZR 802/11 (Leitsatz – juris)

„Bestimmt ein aufgrund Rechtsverordnung verbindlicher Tarifvertrag einen Mindestlohnanspruch „je Stunde“ unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeitszeit, können vom Arbeitgeber aufgrund anderer Rechtsgrundlagen geleistete Zulagen für erbrachte Spätschichten vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher oder tariflicher Regelungen auf einen Mindestlohnanspruch angerechnet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Mindestlohntarifvertrag nicht entnommen werden kann, dass die Arbeitsleistung unter den Bedingungen einer Spätschicht einer gesonderten Vergütungsregelung vorbehalten worden ist.

2. ArbG Berlin, Urt. v. 04.03.2015 – 54 Ca 14420/14 (Orientierungssatz – juris)

„1. Da das Mindestlohngesetz keine Regelung beinhaltet, ob und ggf. welche Entgeltbestandteile anrechenbar sind, muss davon ausgegangen werden, dass der Mindestlohn lediglich der Vergütung der Normalleistung dient. Es kommt also darauf an, ob eine Leistung im konkreten Fall das vergütet, was der Arbeitnehmer „normalerweise“ tun muss oder ob eine Zahlung für überobligatorische Leistungen erfolgt.

2. Bei der Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn ist darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist. Für diese Bestimmung der Funktion ist jedenfalls dann der subjektive Wille des Arbeitgebers nicht entscheidend, wenn die Leistung nach einer an anderer Stelle als in dem Gesetz über den Mindestlohn erfolgt und sich ihre Funktion aus dieser Regelung ergibt.

3. Zusätzliches Urlaubsgeld wird nicht für eine Normalleistung des Arbeitnehmers gezahlt und ist somit nicht auf den Mindestlohn anrechenbar.

4. Gegen die Anrechenbarkeit einer Sonderzahlung auf den Mindestlohn spricht es, wenn sie als Einmalzahlung erst am Jahresende für das gesamte Jahr rückwirkend erfolgt und damit weit außerhalb des letzten Fälligkeitszeitpunktes gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG.

5. Fehlt es an der Anrechenbarkeit der anderweitigen Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn, sind alle Handlungen, die darauf gerichtet sind, gleichwohl eine Anrechnung zu erreichen, objektiv als Umgehung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs und damit als unzulässig anzusehen. Eine entsprechende Änderungskündigung ist damit bereits aus diesem Grund unzulässig.

6. Spricht der Arbeitgeber zum Zwecke der Herabsetzung von Arbeitsentgelten und Sozialleistungen eine Änderungskündigung aus, liegt darin ebenso wenig wie bei einer Beendigungskündigung schon selbst eine vom Arbeitsgericht nur beschränkt nachprüfbare unternehmerische Entscheidung.

7. Die Änderungskündigung zur Lohnsenkung ist nur gerechtfertigt, wenn sonst der Arbeitsplatz wegfiele, d.h. wenn ein verständig denkender Unternehmer das Unternehmen nicht weiterführen würde oder konkrete Tätigkeiten aufgäbe. Die Darlegungs- und Beweislast hierzu trägt der Arbeitgeber.

Die Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 25.9.2015 – 8 Sa 677/15) wurde zurückgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen (BAG, 9.2.2016 – 2 AZN 1079/15.

3. ArbG Berlin, Urt. v. 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15 (Leitsatz – juris)

„1. Beantwortet der Arbeitgeber eines Kleinstbetriebes den Wunsch eines seit rund sechs Jahren bei 5,19 Euro (brutto) pro Stunde und wöchentlich 14 Arbeitsstunden beschäftigten Hauswartes nach Bezahlung des „Mindestlohns“ mit einer Kündigung, so ist durch das objektive Geschehen ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB indiziert.

2. Den Konsequenzen ist regelmäßig nicht mit dem nicht näher erläuterten Einwand des Arbeitgebers abgeholfen, er habe unlängst festgestellt, dass der Hauswart für seinen Aufgabenbereich anstelle der vertraglich bedungenen 14 Arbeitsstunden pro Woche auch mit 32 Stunden pro Monat auskomme, und sich deshalb die Kündigung selber zuzuschreiben habe, weil er sich weigere, einen entsprechend geänderten Arbeitsvertrag (mit praktisch gleicher Endvergütung: 325,– Euro statt bisher 315,– Euro) abzuschließen.

Berufung anhängig beim LAG Berlin-Brandenburg (dort unter dem Az. 21 Sa 923/15). Siehe auch die Urteilsbesprechung von Rosenau, DB 2015, 1662 f. sowie die Anmerkung von Brodtrück in ArbR 2015, 327.

4. ArbG Düsseldorf, Urt. v. 20.04.2015 – 5 Ca 1675/15 (juris)

„Das MiLoG ist so auszulegen, dass Grundlohn und Leistungsbonus in die Berechnung der Einhaltung des Mindestlohnes einfließen.“

5. ArbG Aachen, Urt. v. 21.04.2015 – 1 Ca 448/15 h (Leitsatz – juris) / LAG Köln, Urt. v. 15.10.2015 – 8 Sa 540/15 / BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15

„Auch nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes gibt es keinen über den tarifvertraglichen Vergütungsanspruch hinausgehenden zusätzlichen gesetzlichen Vergütungsanspruch für Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst. Die tarifvertraglichen Vergütungsregelungen im TVöD-V zu Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst sind auch nach Inkrafttreten des MiLoG weiterhin gesetzeskonform.“

Auf die eingelegte Berufung hat das LAG Köln im Orientierungssatz entschieden (LAG Köln, Urt. v. 15.10.2015 – 8 Sa 540/15 – juris):

„1. Die Erbringung von Bereitschaftszeiten ist grundsätzlich mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeitsleistung i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB.

2. Die Bereitschaftszeiten werden mit der regelmäßigen Vergütung entgolten. Die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit liegenden Bereitschaftszeiten werden nicht unentgeltlich erbracht, sondern stehen zusammen mit der Vollarbeit in einem synallagmatischen Verhältnis zur Vergütung. Sie sind Teil der vom Kläger nach § 611 Abs. 1 BGB vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung.

3. Zur Frage, ob Bereitschaftszeiten nach dem TVöD (hier: Tätigkeit im Rettungsdienst nach Abschn. B des Anhangs zu § 9 TVöD) nach dem Mindestlohngesetz zu vergüten sind.“

Gegen die Entscheidung des LAG wurde Revision zum BAG eingelegt unter dem Aktenzeichen 5 AZR 716/15 (BAG, Urt. v. 29.6.2016, siehe dazu nachfolgend Ziff. 26).

6. BAG, Urt. v. 13.05.2015 – 10 AZR 191/14 (Orientierungssatz – juris)

„1. Aus § 3 Nr. 1 des Tarifvertrags zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 (TV Mindestlohn für pädagogisches Personal) i.V.m. § 1 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch vom 17. Juli 2012 (MindestlohnVO) ergibt sich kein unmittelbarer tariflicher Mindestlohnanspruch für Arbeitszeit, die wegen eines Feiertags oder aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ausgefallen ist.

2. Die Höhe der Entgeltfortzahlungsansprüche ergibt sich für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aus § 4 Abs. 1 EntgFG und für Feiertage aus § 2 Abs. 1 EntgFG. Das hiernach grundsätzlich maßgebliche Entgeltausfallprinzip verlangt, den Mindestlohn nach § 3 Nr 1 TV Mindestlohn für pädagogisches Personal als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs einzustellen. Weder legt der TV Mindestlohn für pädagogisches Personal eine abweichende Bemessungsgrundlage i.S.v. § 4 Abs. 4 EntgFG fest noch ist der Anwendungsbereich des EntgFG durch das AEntG oder unionsrechtliche Vorschriften eingeschränkt.

3. Gibt es keine vom BUrlG abweichenden wirksamen Regelungen zur Bemessung der Höhe des Anspruchs auf Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung, ist diese nach § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG zu berechnen. Der TV Mindestlohn für pädagogisches Personal trifft dazu keine abweichende Bestimmung i.S.v. § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG. Weder durch das AEntG noch aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften wird der Anwendungsbereich des BUrlG eingeschränkt oder dessen Inhalt modifiziert. Dementsprechend ist der Berechnung der Urlaubsabgeltung die Mindeststundenvergütung nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn zugrunde zu legen.

Siehe auch den Beitrag von Uhl und Schäfer-Wallberg in DB 2015, S. 2515 f.

7. ArbG Kiel, Urt. v. 19.06.2015 – 2 Ca 165 a/15 (Leitsatz, veröffentlicht u. a. in DB 2015, 2643)

„1. Die Unterscheidung zwischen einem Werkstattverhältnis (arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis) und einem Arbeitsverhältnis erfolgt nicht nach dem Maß der Weisungsgebundenheit, sondern danach, ob die wirtschaftlich verwertbare Leistung oder der Zweck des § 136 Abs. 1 SGB IX (Teilhabe am bzw. Eingliederung in das Arbeitsleben) im Vordergrund steht.

2. Im Regelfall werden in einer Werkstatt für schwerbehinderte Menschen diese im Rahmen eines Werkstattverhältnisses tätig.

3. In § 22 Abs. 1 MiLoG wird bezogen auf schwerbehinderte Menschen in entsprechenden Werkstätten der allgemeine Arbeitnehmerbegriff vorausgesetzt. Damit gilt der Mindestlohn nicht für im Rahmen eines Werkstattverhältnisses Tätige.

8. ArbG Bautzen, Urt. v. 25.06.2015 – 1 Ca 1094/15 (Orientierungssatz – juris) / Sächsisches LAG, Urt. v. 27.01.2016 – 2 Sa 375/15

„1. Bei der Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn ist darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Es ist davon auszugehen, dass ein zusätzliches Urlaubsgeld nicht für die Normalleistung des Arbeitnehmers gezahlt wird und somit nicht auf den Mindestlohn anrechenbar ist.

2. Auch der Nachtarbeitszuschlag dient nicht der Vergütung einer Normalleistung des Arbeitnehmers. Er soll die besonderen Beschwerlichkeiten der Nachtarbeit ausgleichen. Demgemäß ist auch der Nachtarbeitszuschlag aus dem Mindestlohn zu berechnen.

Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen ist Berufung eingelegt worden. Das LAG hat die Berufung zurückgewiesen (Urt. v. 27.1.2016 – 2 Sa 375/15).

Siehe auch den Beitrag von Mahlow, DB 2016, 177 f.

9. ArbG Herne, Urt. v. 07.07.2015 – 3 Ca 684/15 (Orientierungssatz – juris) / LAG Hamm, Urt. v. 14.01.2016 – 18 Sa 1279/15

„1. Leistungen wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld sind als Bestandteil des Mindestlohns zu werten, wenn diese Zahlungen monatlich und unwiderruflich ausgezahlt werden.

2. Geht aus einer Entgeltvereinbarung hervor, dass anteilige Urlaubsgeld- und Weihnachtsgeldzahlungen des Arbeitgebers auch Entgeltcharakter haben und weisen diese einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung auf, sind diese Sonderzahlungen insofern auch „Lohn im eigentlichen Sinne“ und deshalb mindestlohnrelevant.

Gegen das Urteil des ArbG wurde Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt, das LAG hat die Berufung zurückgewiesen (LAG Hamm, Urt. v. 14.1.2016 – 18 Sa 1279/15), die Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG wurde zurückgenommen (dortiges Az. 5 AZN 303/16).

10. Hanseatische OLG, Beschl. v. 15.07.2015 – 3 Ws 59/15 (Leitsatz – juris)

„1. Das Mindestlohngesetz findet auf Strafgefangene keine Anwendung, denn es gilt nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

2. § 40 HmbStVollzG ist auch in Verbindung mit der Hamburger Strafvollzugsvergütungsordnung weiterhin verfassungsgemäß.“

11. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.08.2015 – 19 Sa 819/15 u.a. (Orientierungssatz – juris)

„1. Zur Beurteilung der „funktionalen Gleichwertigkeit“ einer Leistung des Arbeitgebers und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist es erforderlich, die „Funktion“ zu bestimmen, die die reale Leistung des Arbeitgebers hat, um sodann festzustellen, ob sie sich auf diejenige vom Arbeitnehmer geleistete oder zu leistende Arbeit bezieht, die nach dem durch eine Rechtsverordnung verbindlichen Tarifvertrag mit dem Mindestlohn abgegolten sein soll.

2. Eine Änderungskündigung, mit der nunmehr der Mindestlohn ohne zusätzliches Urlaubsgeld anstatt zuvor ein Stundenlohn unterhalb des Mindestlohns, dafür aber ein zusätzliches Urlaubsgeld gezahlt werden soll, ist unwirksam.

3. Die Funktion des zusätzlichen Urlaubsgelds liegt jedoch nicht in einer Vergütung der Normalleistung, sondern in der Kompensation von zusätzlichen Kosten, die dem Arbeitnehmern während der Erholung entstehen. Es liegt daher schon keine entbehrliche und daher schon insoweit unwirksame Änderungskündigung vor. Dass das zusätzliche Urlaubsgeld – auch – Vergütungscharakter hat ist eine Selbstverständlichkeit und steht dem nicht entgegen.

4. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Arbeitnehmer auch bei Wirksamkeit der Änderungskündigung absolut ein höheres Jahresgehalt als zuvor erhält.“

Es ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG anhängig, eingelegt unter dem Az. 2 AZN 964/15.

12. ArbG Nienburg, Urt. v. 13.08.2015 – 2 Ca 151/15 (Orientierungssatz zu 1. – juris)

„1. Ein Arbeitnehmer, welcher nicht nur Tageszeitungen und Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt zustellt, sondern auch Beilagen händisch in die Zeitungen einsortiert, unterfällt dadurch nicht dem Ausnahmetatbestand des § 24 Abs. 2 MiLoG und hat einen Anspruch auf Mindestlohn i.H.v. 8,50 EUR brutto gemäß § 1 MiLoG“

Das LAG Niedersachsen hat das Urteil des ArbG Nienburg zugunsten des beklagten Arbeitgebers abgeändert (LAG Niedersachen, Urt. v. 27.4.2016 – 13 Sa 848/15); dazu weiter nachfolgend unter Ziff. 23.

13. ArbG Hamm, Urt. v. 11.09.2015 – 2 Ca 678/15 L (Orientierungssatz zu 1. – juris)

„1. Die Regelung des § 2 Abs. 1 der 2. Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche (PflegeArbbV 2), die ab 1. Januar 2015 ein Mindestentgelt von 9.40 Euro/Stunde festsetzt, geht gemäß § 1 Abs. 3 MiLoG der Regelung des § 1 Abs. 2 MiLoG vor, die ein Mindestlohnlohn von 8.50 Euro/Stunde bestimmt. Wenn ein Arbeitnehmer der Bereichsausnahme in § 1 Abs. 4 und 5 PflegeArbbV 2 unterfällt, führt dies im Ergebnis dazu, dass er praktisch für die Zeit vom 1.1. bis 20.9.2015 keinen gesetzlichen Mindestlohn nach MiLoG bzw. PflegeArbbV 2 i.V. mit dem AEntG verlangen kann.“

Gegen das Urteil es ArbG wurde Berufung eingelegt beim Landesarbeitsgericht Hamm, das  LAG hat das Urteil des ArbG teilweise abgeändert (LAG Hamm, Urt. v. 25.5.2016 – 4 Sa 1620/15; weiter nachfolgend unter Ziff. 25.

14. ArbG Herford, Urt. v. 11.09.2015 – 1 Ca 551/15 L (Orientierungssatz – juris)

„1. Die Auslegung des Mindestlohngesetzes führt dazu, dass die Leistungszulage, die sich aus dem Zweck einer Akkordvergütung ergibt, auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG und § 1 Abs. 2 MiLoG nicht anrechenbar ist.

2. Da das MiLoG keine Regelung beinhaltet, ob und gegebenenfalls welche Entgeltbestandteile anrechenbar sind, müsse davon ausgegangen werden, dass der Mindestlohn lediglich der Vergütung der „Normal-“ Leistung dient. Diese ist anzurechnen. Es wird keine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung vorgenommen, sondern die Arbeitgeberleistungen werden daraufhin überprüft, welcher Teil funktional mit dem Mindestentgelt verknüpft ist und welche Leistungen nicht.

3. Eine Differenzierung zwischen Normalleistung und Mehrleistung ist auch möglich, wenn die Mindestlohnregelung selbst die Normalleistung nicht definiert. Zu ermitteln ist in diesem Fall, welche Arbeitgeberleistungen im Arbeitsverhältnis die Normalleistung und welche Arbeitgeberleistungen ein Mehr an Arbeitsleistung bzw. eine Arbeit unter besonderen, erschwerten Bedingungen vergüten. Dieses richtet sich jeweils nach der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung.“

Das LAG Hamm hat die Klage abgewiesen (LAG Hamm, Urt. v. 22.4.2016 – 16 Sa 1627/15), dazu weiter nachfolgend unter Ziff. 22.

15. Hanseatisches OLG, Beschl. v. 18.09.2015 – 3 Ws 79/15 Vollz (Orientierungssatz – juris)

„Das Mindestlohngesetz findet auf Sicherungsverwahrte, die in der Anstalt gemäß § 34 Abs. 1 HmbSVVollzG beschäftigt werden, keine Anwendung, weil sie nicht Arbeitnehmer im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG sind.“

16. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 02.10.2015 – 9 Sa 570/15 (Leitsatz – juris)

„Nicht funktional gleichwertige Leistungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anrechnung von Leistungen auf tarifliche Mindestlöhne wie an weitere Voraussetzungen geknüpfte Sonderzuwendungen und nur im Falle der Urlaubsgewährung zusätzlich gezahltes Urlaubsgeld können nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Sollen diese Leistungen aufgrund der Einführung des Mindestlohnes gestrichen werden, müssen die Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung vorliegen.“

Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG eingelegt, anhängig unter dem Az. 2 AZN 1062/15.

17. BAG, Urt. v. 18.11.2015 – 5 AZR 814/14 (Orientierungssatz – juris)

„1. Ein Mindestlohn bezeichnet lediglich das Minimum der Vergütung, berücksichtigt aber nicht die übliche Vergütung dieser Arbeit, worauf gerade die Prüfung der Sittenwidrigkeit abzielt.

2. Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, weil der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten.“

18. LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 11.01.2016 – 1 Sa 224/15 (Leitsatz – juris)

„Das Mindestlohngesetz ist auf behinderte Menschen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen nach § 136 Abs. 1 SGB IX in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis stehen, nicht anwendbar. Einer auf die Zahlung des Mindestlohns gerichteten Klage fehlt es an der notwendigen Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO. Die Rechtslage ist insoweit auch nicht zweifelhaft.“

19. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.01.2016 – 19 Sa 1851/15 (Orientierungssatz – juris)

„1. Zur Frage, ob eine Betriebsvereinbarung die Zwölftelung einer Sonderzahlung vorschreiben darf und ob diese mit dem Arbeitsvertrag vereinbar ist.

2. Bei der Anrechnung von Leistungen ist darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Besteht eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen, ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch.

3. Ist die arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Leistung der Sonderzahlung nur an die Dauer des Bestand des Arbeitsvertrages im jeweiligen Jahr und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers geknüpft, und honoriert nicht durch Wartezeiten oder Rückzahlungsverpflichtungen mangels bestimmten zeitlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses die Betriebstreue, stellt die Sonderzahlung sich als „saisonale Sonderleistung“ dar, und damit grundsätzlich als auf den Mindestlohn anrechenbares Arbeitsentgelt.

4. Eine ausdrückliche Regelung, dass Mehrarbeit „mit dem vereinbarten Stundensatz zuzüglich des nachstehenden Zuschlags“ berechnet wird, bietet keinen Ansatzpunkt dafür, den Zuschlag auf der Basis von 8,50 Euro zu berechnen, solange das Einkommen den Betrag, der sich errechnen würde, wenn man Regelarbeitszeit und Mehrarbeit unter zugrundlegen eines Stundenlohns von 8,50 Euro zugrunde legt, übersteigt.

5. Der Nachtzuschlag ist auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns, also 8,50 Euro, zu berechnen, weil § 6 Abs. 5 ArbZG einen angemessenen Zuschlag auf das „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ von 8,50 Euro verlange.“

Gegen die Entscheidung des LAG wurde Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 5 AZR 135/16 (siehe dazu nachfolgend Ziff. 24).

20. ArbG Hamburg, Urt. v. 02.03.2016 – 27 Ca 443/15 (Leitsatz – juris)

„1. Bereitschaftsdienste unterfallen § 1 MiLoG.

2. Für die Einhaltung des Mindestlohns kommt es auf die im Abrechnungszeitraum nach § 2 Abs. 1 MiLoG gezahlte Vergütung sowie die geleisteten Stunden an. Werden in einem Monat sowohl Vollarbeit als auch Bereitschaftsdienste erbracht, muss im Monatsdurchschnitt der Mindestlohn pro Stunde erreicht werden. Unerheblich ist dabei, ob ein Tarifvertrag für den Bereitschaftsdienst eine Stundenvergütung vorsieht, die für sich gesehen die Grenze des § 1 Abs. 2 MiLoG nicht erreicht.“

Siehe auch BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15 (nachfolgend Ziff. 26).

21. ArbG Stuttgart, Urt. v. 10.03.2016 – 11 Ca 6834/15 – Leitsatz – juris

1. Vergütungsbestandteile, die laufend monatlich ohne besondere Zweckbindung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer als echte Entgeltleistung bezahlt werden, sind auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar. Eine lediglich formale Bezeichnung der Leistungen als „Urlaubs-/Weihnachtsgeld“ steht einer Anrechnung nicht entgegen.

2. Ein etwaiger (im konkreten Falle aufgehobener) vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt steht einer Anrechnung nicht entgegen.

Achtung: Ob die Ausführungen des ArbG im Hinblick auf die Freiwilligkeit der arbeitgeberseitigen Leistungen überzeugen, ist sehr zweifelhaft, kann aber dahinstehen. Jedenfalls sah es das Gericht so, dass sich der Arbeitgeber nicht mehr einseitig hätte von seinen Verpflichtungen dem Arbeitnehmer gegenüber hätte lösen können. Dann mag die Entscheidung im Ergebnis überzeugen.

22. LAG Hamm, Urt. v. 22.04.2016 – 16 Sa 1627/15, Parallelsache 16 Sa 1668/15, veröffentlicht u.a. in DB 2016, 1445 (Entscheidungsgründe)

„Nach § 1 Abs. 1 MiLoG hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. Gemäß § 1 Abs. 2 MiLoG beträgt die Höhe des Mindestlohns seit dem 01.01.2015 brutto 8,50 EUR je Zeitstunde. Vorliegend hat die Klägerin nach dem unstreitigen Sachverhalt im streitgegenständlichen Zeitraum durchgängig und ohne Ausnahme einen Lohn von 8,52 Euro brutto je Zeitstunde erhalten, so dass der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten ist. Dies gilt auch dann, wenn man den von der Beklagten gezahlten Lohn in einen Grundlohn von 6,22 EUR brutto und in eine Leistungs-/ Akkordzulage von 2,30 EUR brutto je Zeitstunde aufspaltet, da auch letztere Arbeitsentgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 MiLoG ist und daher auf den Mindestlohn anzurechnen ist.“

23. LAG Niedersachsen, Urt. v. 27.04.2016 – 13 Sa 848/15 Leitsatz – juris)

„1. Der gemäß § 24 Abs. 2 MiLoG übergangsweise abweichend von § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG geregelte Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

2. Der Begriff zustellen im Sinne des § 24 Abs. 2 S. 3 MiLoG umfasst auch ein in unregelmäßigen Abständen anfallendes Einlegen einzelner Werbebeilagen in das zuzustellende Trägerprodukt.

Soweit ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn besteht, ist ein vertraglich vereinbarter Nachtzuschlag auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohnes zu berechnen (Anschluss an LAG Berlin Brandenburg v. 12.1.2016 – 19 Sa 1851/15).“

24. BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16

Das BAG hat eine erste Entscheidung zum gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG gefällt (BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16). Nach dem Urteil des BAG können Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie besondere Lohnzuschläge, die monatlich neben der Bruttovergütung an den Arbeitnehmer gezahlt werden, unter bestimmten Voraussetzungen Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn von aktuell 8,50 EUR brutto je Zeitstunde finden. Das Gericht erkennt keinen Verstoß gegen das MiLoG im konkreten Fall. Nach Überzeugung des BAG hat in dem entschiedenen Fall der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in vollem Umfang erfüllt.

Dem Urteil des BAG liegt ein Sachverhalt zu Grunde, wonach eine in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerin neben einem Monatsgehalt Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie besondere Lohnzuschläge erhielt. Vor Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohnes schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, nach der monatlich neben dem Bruttogehalt in Höhe von 1.391,36 EUR je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes, insgesamt 1.507,30 EUR brutto gezahlt wurden. Das sieht das BAG als gesetzeskonform an.

Siehe dazu auch den Beitrag von Jocksch/Schlegel, WPg 2017, S. 45 ff.

25. LAG Hamm, Urt. v. 25.05.2016 – 4 Sa 1620/15 (Leitsatz – juris)

„1. § 1 Abs. 3 MiLoG begründet keine Bereichsausnahme für die fragliche Branche. Vielmehr verdrängt der Branchenmindestlohn den gesetzlichen Mindestlohn nur dann, wenn er mindestens dessen Höhe erreicht.

2. § 24 Abs. 1 MiLoG setzt voraus, dass die abweichenden Regelungen das fragliche Arbeitsverhältnis erfassen.“

Dem LAG zustimmend u.a. Lembke, NJW 2016, 3617, 3619 (a. A. ArbG Hamm, Urt. v. 11.9.2015 – 2 Ca 678/15, dazu s.o. Ziff. 13).

26. BAG, Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15

Das BAG hat entschieden, dass der gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen ist und zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit auch so genannte Bereitschaftszeiten zählen. Bereitschaftszeiten sind Zeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort – innerhalb oder außerhalb des Betriebs – bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen. Allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer während solcher Zeiten nicht ununterbrochen Arbeit leistet, rechtfertigt nach Meinung des BAG keine Vergütung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns von aktuell 8,50 EUR je Zeitstunde.

27. LAG Hamm, Urt. v. 08.09.2016 – 11 Sa 78/16, veröffentlicht u.a. in DB 2016, 2732 (Leitsatz – juris)

Eine Zulage von 119,34 EUR, die der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin (Spielhallenaufsicht) allmonatlich neben der mit einem Stundenlohn von 7,50 EUR berechneten Grundvergütung auszahlt und deren Bezug nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig ist – insbesondere nicht von der Anzahl monatlich angefallener Nachtarbeits-, Sonntags- oder Feiertagsstunden-, ist mindestlohnwirksam und kann vom Arbeitgeber auf den geschuldeten Mindestlohn angerechnet werden. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Zulage im Juli 2014 vereinbart worden ist, um eine Schmälerung des Arbeitsentgelts nach einer vom Arbeitgeber gewünschten Reduzierung der vertraglichen Zuschläge für Arbeiten nach 20.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen auszugleichen. Da der Anspruch auf die Zulage von 119,34 EUR nach der Vereinbarung vom Juli 2014 unabhängig davon ist, ob und in welchem Umfang in den einzelnen Monaten Nachtarbeit, Sonntagsarbeit oder Feiertagsarbeit angefallen sind, ist ein Funktionswandel gegenüber der früheren Vertragslage bewirkt worden, der bei der Prüfung der funktionellen Gleichwertigkeit der Zulage zu Grundvergütung und Mindestlohn zu beachten ist.

28. LAG Bremen, Urt. v. 10.08.2016 – 3 Sa 8/16 (Orientierungssatz – juris)

Eine Anwesenheitsprämie kann auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden.

Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, beim BAG anhängig unter Az. 5 AZR 622/16).

29. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 22.11.2016 – 5 Sa 298/15 (Leitsatz – juris)

1. Eine tarifvertragliche Anwesenheitsprämie, die zusätzlich zum Stundenlohn gezahlt und bei krankheitsbedingten Fehlzeiten gekürzt wird, ist regelmäßig geeignet, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu erfüllen.

2. Die Funktion des Mindestlohns gebietet es nicht, die Anwesenheitsprämie zusätzlich zu diesem zahlen. Die Anwesenheit bzw. das Tätigwerden am Arbeitsplatz ist mit dem Mindestlohn abgegolten.

Die Revision ist beim BAG anhängig unter Az. 5 AZR 864/16.

30. ArbG Düsseldorf, Teilanerkenntnisurteil – 4 Ca 7179/15*

In dem Verfahren ging es um den Mindestlohn für ein sog. Zimmermädchen. In der auf Zahlung ausstehender Vergütung gerichteten Klage des Zimmermädchens waren zwischenzeitlich deren Zahlungsansprüche von der Beklagten anerkannt worden, so dass ohne weitere Prüfung der Berechtigung des Anspruchs durch das Gericht ein Teilanerkenntnisurteil zu erlassen war.

*Aus der Pressemitteilung des Gerichts 4/17 v. 20.01.2017

31. BAG, Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 374/16

Die Auslegung des Mindestlohngesetzes hat die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerentsenderecht zu beachten. Danach sind alle zwingend und transparent geregelten Gegenleistungen des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers Bestandteile des Mindestlohns (…). Vorrangiger Zweck des gesetzlichen Mindestlohns ist es, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten. Diesem Zweck vermag jede dem Arbeitnehmer verbleibende Vergütungszahlung des Arbeitgebers zu dienen, unabhängig davon, zu welcher Tageszeit, unter welchen Umständen oder in welcher Qualität die Arbeit erbracht wurde.

Siehe zu dieser Entscheidung auch den Beitrag von Mückl/Stamer, DB 2017, 851.

32. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 31.01.2017 – 5 Sa 28/16:

1. Das Mindestlohngesetz zielt nicht darauf ab, die bisherigen Vergütungsmodelle mit ihren unterschiedlichen Lohnbestandteilen einzuschränken. Die Vereinbarung von Stücklöhnen und Akkordlöhnen ist auch nach der Einführung des Mindestlohns weiterhin zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird.

2. Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, seine persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen. Ein leistungsabhängiger Lohnbestandteil, der das Ziel hat, dem Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz dafür zu bieten, in quantitativer und qualitativer Hinsicht seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht nachzukommen, ist geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen.

33. BAG, Urt. v. 22.03.2017 – 5 AZR 424/16 (Orientierungssatz – juris)

Eine Treueprämie und Schichtzulage (bzw. Erschwerniszulage, Leistungszulage), die der Arbeitgeber vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit zahlt, sind mindestlohnwirksam.

34. LAG Nürnberg, Urt. v. 09.05.2017 – 7 Sa 560/17 (Leitsatz – juris)

1. Nimmt eine Ausschlussfrist Ansprüche wegen des gesetzlichen Mindestlohns nicht aus, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist ist vielmehr nur insoweit unbeachtlich, als Ansprüche auf Mindestlohn tangiert sind.

2. Auf Überstunden ist die Regelung des § 2 Absatz 2 MiLoG analog anzuwenden.

Siehe auch die krit. Besprechung von Laskawy/Ludwig, DB 2017, 2294.

35. FG Hamburg, Urt. v. 10.05.2017 – 4 K 73/15 (Leitsatz – juris)

Im Anwendungsbereich von Tarifverträgen, die gemäß § 7a Arbeitnehmer-Entsendegesetz für allgemein anwendbar erklärt worden sind, richten sich während des Übergangszeitraums vom 01.01.2015 bis 31 12. 2017 die Aufzeichnungspflichten der Arbeitgeber auch dann nach § 19 Arbeitnehmer-Entsendegesetz – und nicht nach § 17 Mindestlohngesetz -, wenn der tarifliche Mindestlohn unter dem gesetzlichen Mindestlohn (§ 1 Abs. 2 Mindestlohngesetz) liegt (Abweichung von OLG Hamm, Beschl. vom 18.10.2016, III-3 RBs 277/16).

36. BAG, Urt. v. 24.05.2017 – 5 AZR 431/16, DB 2017, 2492 = NJW 2017, 3324

Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind mindestlohnwirksam. Sie sind im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt und werden gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen Sonn- und Feiertagszuschläge nicht.

37. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.06.2017 – 5 TABV 17/16 (Leitsatz – juris)

1. Die Betriebspartner sind nicht gezwungen, die Fälligkeit einer Jahressonderzahlung dem Fälligkeitszeitpunkt des Mindestlohnes anzupassen und damit eine monatliche Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu ermöglichen. Eine derartige betriebliche Regelung ist zwar zulässig (BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16Rn. 46 ff., juris = NZA 2016, 1327), aber nicht von § 2 Abs. 1 MiLoG vorgegeben.

2. Das vom Arbeitgeber festzulegende Basisentgelt einer Entgeltordnung muss nicht zwangsläufig dem Mindestlohn entsprechen.

38. ArbG Berlin, Urt. v. 10.08.2017 – 41 Ca 12115/16

Das Arbeitsgericht Berlin hat entschieden, dass ein Taxifahrer grundsätzlich auch für sogenannte Standzeiten Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. In dem durch das Gericht entschiedenen Fall hatte ein Taxifahrer (Arbeitnehmer) den Taxiunternehmer (Arbeitgeber) auf Arbeitsvergütung unter Beachtung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) verklagt. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass er den gesetzlichen Mindestlohn nicht vollen Umfanges gewährt bekommen hatte. Im Kern ging es um die Vergütung sogenannter Standzeiten, d.h. Zeiten, die der Arbeitnehmer mit dem Taxi am Taxistand auf Gäste wartete. Die Besonderheit des Falles bestand darin, dass das Taxameter des von dem Arbeitnehmer gefahrenen Taxis nach einer Standzeit von jeweils drei Minuten ein akustisches Signal empfing bzw. auslöste. Der Arbeitnehmer hatte im Anschluss an das Erklingen des Signals 10 Sekunden Zeit, eine bestimmte Taste des Taxameters zu drücken. Tat er das, wurde die Standzeit von dem Gerät als Arbeitszeit erfasst. Drückte er den Knopf nicht rechtzeitig, wurde die darauf folgende Standzeit als unbezahlte Pause aufgezeichnet. Das Gericht hat der Klage des Arbeitnehmers weitgehend stattgegeben und lediglich Zeiten für die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen bei der Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns nicht berücksichtigt. Das Arbeitsgericht ist der Auffassung, dass die durch das Taxiunternehmen getroffene Regelung hinsichtlich des Signaltons gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße. Dieses verbiete eine unverhältnismäßige Erfassung von Daten. Das an sich berechtigte Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsbereitschaft des Taxifahrers zu kontrollieren, erfordere keine derart weitgehende zeitliche Überwachung des Arbeitnehmers.

Das LAG Berlin Brandenburg bestätigt diese Entscheidung in der Folgeinstanz (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.08.2018 – 26 Sa 1151/17): Ein Taxiunternehmen kann von einem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Taxifahrer nicht verlangen, während des Wartens auf Fahrgäste alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren.

39. BAG, Urt. v. 20.09.2017 – 10 AZR 171/16 (Pressemitteilung)

Die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen bestimmt sich – soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach § 2 EFZG i.V.m. § 1 MiLoG. Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen.

Die Klägerin ist langjährig bei der Beklagten als Montagekraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie i. d. F. vom 24. Februar 2004 (MTV) Anwendung. Dieser sieht u. a. einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 25 % des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein Urlaubsentgelt i. H. d. 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor. Für den Monat Januar 2015 zahlte die Beklagte neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 7,00 Euro bzw. 7,15 Euro eine Zulage nach MiLoG. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes Urlaubsgeld auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an.

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 Euro brutto und meint, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Zehnten Senat – abgesehen von einer geringen rechnerischen Differenz – ohne Erfolg. Zwar gewährt das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gilt auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem MiLoG bestimmt; dieses enthält keine hiervon abweichenden Be-stimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheidet aus. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssen nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 Euro berechnet werden, da dieser Teil des tatsächlichen Stundenverdienstes im Sinne des MTV ist. Eine Anrechnung des gezahlten Urlaubsgeldes auf Ansprüche nach dem MiLoG kann nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gibt und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt.

40. BAG, Urt. v. 11.10.2017 – 5 AZR 591/16 (Leitsatz – juris)

Auch für Zeiten der Bereitschaft ist der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen, § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

a) Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde und damit für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer die gemäß § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeit erbringt. Vergütungspflichtige Arbeit ist dabei nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Bereitschaft. Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über die Nutzung dieses Zeitraumes bestimmen, sondern muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (…).

b) Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziert nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme. Leistet der Arbeitnehmer vergütungspflichtige Arbeit, gibt das Gesetz einen ungeschmälerten Anspruch auf den Mindestlohn (…).

41. BAG, Urt. v. 11.10.2017 – 5 AZR 621/16

Im Leitsatz des Urteils heißt es:

Die ´Anrechnung´ von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn setzt voraus, dass die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung nicht ausreicht, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:

b) Doch setzt die Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn voraus, dass die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung nicht ausreicht, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen. Nur in diesem Falle entsteht nach § 3 MiLoG ein Differenzanspruch (…), der mit mindestlohnwirksamen Sonderzahlungen erfüllt werden kann. Ist indes die vertraglich oder normativ geschuldete Grundvergütung mindestens so hoch wie der gesetzliche Mindestlohn, bleibt für die Anrechnung einer Sonderzahlung auf diesen kein Raum. Die Sonderzahlung ist in diesem Fall neben der Grundvergütung zu zahlen.

42. BAG, Urt. v. 17.10.2017 – 9 AZR 80/17, NJW 2018, 250 und NJW-RR 2018, 51 (Orientierungssatz – juris)

1. Eine Ausschlussfristenregelung weicht nicht zu Ungunsten des Klägers von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns aus § 1 MiLoG ab, wenn das Arbeitsverhältnis bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2014 rechtlich beendet ist, denn der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 S. 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen.

2. Die Ausschlussfristenregelung ist jedenfalls für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Januar 2015 nicht intransparent. Die Klausel stellte die Rechtslage nicht irreführend dar. Sie konnte dem durchschnittlichen Arbeitnehmer nicht den Eindruck vermitteln, er müsse auch den noch nicht in Kraft gesetzten Mindestlohnanspruch nach § 1 MiLoG innerhalb der dort vorgesehenen Frist schriftlich geltend machen. Es bestand insoweit nicht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte (aus dem MiLoG) abgehalten wird.

3. Die für den Lauf der Ausschlussfrist maßgebliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien tritt durch die Kündigung des Arbeitgebers mit Ablauf der Kündigungsfrist ein. Das vom Arbeitnehmer eingeleitete Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich haben auf die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs und dessen Fälligkeit keinen Einfluss.

4. Zur Geltendmachung im Sinne einer Ausschlussfristenregelung muss der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage bringt der Arbeitnehmer deutlich zum Ausdruck, dass er das für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung maßgebliche Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade als nicht gegeben ansieht. Ohne weitere Anhaltspunkte (zB einen echten Hilfsantrag auf Urlaubsabgeltung) kann der Arbeitgeber einer Bestandsschutzklage als solcher nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Arbeitnehmer (auch) auf die Erfüllung solcher Ansprüche besteht, die nicht an den mit seiner Klage bezweckten rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen.

43. BAG, Urt. v. 08.11.2017 – 5 AZR 692/16 [Entscheidungsgründe]

aa) Mit der Zahlung der Immerda-Prämie honoriert die Beklagte nicht nur die bloße Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb, sondern die Erbringung der Arbeitsleistung. Die Prämie soll einen finanziellen Anreiz geben, auch bei (geringfügigen) gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu arbeiten und sich nicht krankschreiben zu lassen (zu einer Anwesenheitsprämie vgl. BAG 11. Oktober 2017 – 5 AZR 621/16Rn. 20; im Ergebnis ebenso Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 156).

bb) Auch die Prämie für Ordnung und Sauberkeit ist Gegenleistung für eine Arbeitsleistung des Klägers. Sie honoriert – wie der Kläger selbst vorgebracht hat – Sauberhalten und Desinfektion des von ihm zum Transport von Frischfleisch benutzten Fahrzeugs. Diese Aufgaben sind Teil der vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten.

cc) Dasselbe gilt für die Leergutprämie. Sie ist Gegenleistung für die ordnungsgemäße Abwicklung des von den belieferten Kunden an den Kläger zurückzugebenden Leerguts und unterliegt daher dem umfassenden Entgeltbegriff des Mindestlohngesetzes (zu einer Nähprämie vgl. BAG 6. September 2017 – 5 AZR 441/16Rn. 16).

Dabei ist es entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich, ob die Beklagte berechtigt ist, Differenzen aus dem Umgang mit Leergut von der Prämie abzuziehen. Zwar muss, um mindestlohnwirksam zu sein, die Zahlung des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben (BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16Rn. 31, BAGE 155, 202). Indes ergibt sich aus dem in der Berufungsverhandlung zu Protokoll erklärten Sachvortrag des Klägers nur, dass er beim Auftreten von Differenzen die Leergutprämie nicht bzw. nicht in voller Höhe erhält. Dass er für den Streitzeitraum bezogene Prämien wegen späterer Leergutdifferenzen zurückzahlen musste oder sich die Beklagte zumindest die Rückzahlung vorbehalten hätte, hat der Kläger nicht vorgebracht.

Siehe auch die Anm. Laskawy/Lomb, DB 2018, 706

44. LAG Hamm, Urt. v. 29.11.2017 – 6 Sa 620/17

´Nachtzuschläge´, die für während der Nachtzeit i.S.d. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistete Arbeit, die nicht Nachtarbeit i.S.d. § 2 Abs. 4 ArbZG ist, gezahlt werden, beruhen nicht auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung. Sie sind mindestlohnwirksam und können den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers nach § 1 Abs. 1 MiLoG (externer Link) erfüllen

45. BAG, Urt. v. 06.12.2017 – 5 AZR 864/16

Die Gewährung einer tariflichen Anwesenheitsprämie ist eine im Synallagma stehende Geldleistung, die zur Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns geeignet ist.

46. BAG, Urt. v. 06.12.2017 – 5 AZR 699/16, DStR 2018, 1083 = NJW 2018, 1416 = NZA 2018, 582:

1. Der Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 S 1 MiLoG als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs für Feiertage aus § 2 Abs. 1 EntgFG und für Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 EntgFG einzustellen, soweit nicht aus anderen Rechtsgründen ein höherer Vergütungsanspruch besteht.

2. Für den gesetzlichen und – sofern keine abweichende Regelung gilt – für den übergesetzlichen Urlaubsanspruch ist der gesetzliche Mindestlohn als das dem Arbeitnehmer zumindest zustehende gewöhnliche Arbeitsentgelt (Geldfaktor) der Berechnung des Urlaubsentgelts zugrunde zu legen. Ein Rückgriff auf die niedrigere vertragliche oder tarifliche Vergütung scheidet nach § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG aus.

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterliegt die Zahlung der Ausgleichszulage keiner besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung. Hiervon wäre nur auszugehen, wenn es sich um einen Nachtarbeitszuschlag i.S.v. § 6 Abs. 5 ArbZG handelte, nicht aber wenn die Zahlung als Zuschlag für Arbeit in den Abendstunden vor 23:00 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen erbracht wird (…). Die Ausgleichszulage ist nicht als Zuschlag für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit oder Arbeit in den Abendstunden zu leisten, sondern als Ausgleich im Sinne einer Besitzstandszulage für die mit der Änderungsvereinbarung einhergehende Reduzierung der Zuschläge, denn der Anspruch besteht unabhängig davon, ob und in welchem Umfang in den einzelnen Monaten Arbeit zu besonderen Zeiten anfällt und damit verbundene Erschwernisse auftreten. Dem steht nicht entgegen, dass die infolge der Vertragsänderung voraussichtlich zu erwartenden Verdiensteinbußen anhand konkreter Berechnungen ermittelt und dies bei der Festlegung der Höhe der Ausgleichszulage berücksichtigt wurde. Vielmehr wird deren Funktion, den Verlust vertraglicher Besitzstände durch eine Pauschalleistung teilweise zu kompensieren, hierdurch bestätigt.

47. LG Ansbach, Az. 1 S 872/17 (Vorinstanz Amtsgericht Weißenburg – 1 C 435/16)

Das MiLoG darf nicht auf Transportunternehmen aus anderen EU-Staaten angewendet werden (hier: reiner Inlandstransport durch einen polnischen Transportunternehmer).

48. BAG, Urt. v. 17.01.2018 – 5 AZR 69/17

Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind mindestlohnwirksam. Sie sind im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt und werden gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen Sonn- und Feiertagszuschläge nicht.

49. BAG, Urt. v. 25.04.2018 – 5 AZR 25/17

1. Die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller unter den dort genannten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2017 einen abgesenkten Mindestlohn vorgesehen hat, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Erfolgt die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, haben Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

50. BAG, Urt. v. 20.06.2018 – 5 AZR 377/17

Das BAG hat entschieden, dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Absatz 1 EFZG trotz seiner Unabdingbarkeit (§ 12 EFZG) grundsätzlich einer tariflichen Ausschlussfrist unterworfen werden könne. Eine tarifliche Ausschlussfrist sei jedoch nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam, soweit sie auch den während Arbeitsunfähigkeit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn erfasse.

51. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.08.2018 – 11 K 544/16; 11 K 2644/16

Nach Auffassung des Gerichts ist das MiLoG auch auf ausländische Transportunternehmen und ihre lediglich kurzzeitig in Deutschland eingesetzten Fahrer anzuwenden.

52. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.01.2019 1 K 1161/17 und 1 K 1174/17 m. Anm. Lohse/Germeroth, DB 2019, 1334

Das FG Berlin-Brandenburg hat zwei Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des Mindestlohngesetzes zurückgewiesen und damit die Kontrollbefugnisse der Zollbehörden gegenüber nur vorübergehend im Inland tätigen Transportunternehmen bestätigt.

53. BAG, Urt. v. 30.01.2019 – 5 AZR 43/18

Der Mindestlohn ist stets vom Streitgegenstand einer auf Vergütung für geleistete Arbeit gerichteten Klage umfasst.

54. BAG, Urt. v. 16.10.2019 – 5 AZR 80/19:

Die in § 14 AEntG angeordnete Bürgenhaftung verlangt eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen Auftraggeber und Nachunternehmer. Eine solche liegt nicht vor, wenn ein Bauherr den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes an einen Generalunternehmer vergibt, um das zu errichtende Gebäude zu vermieten und zu verwalten.

Anmerkung: § 14 AentG findet über § 13 MiLoG auch auf das Mindestlohngesetz Anwendung.

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