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Entschädigung für Entzug des Dienstwagens in der Freistellung

Entschädigung für Entzug des Dienstwagens in der Freistellung
Aktuelles
02.07.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Entschädigung für Entzug des Dienstwagens in der Freistellung

Eine formularmäßige Klausel, die den Arbeitgeber berechtigt, einen Arbeitnehmer ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen innerhalb der Kündigungsfrist freizustellen, verstößt gegen § 307 BGB und ist unwirksam. Das entschied das LAG Niedersachsen am 22.5.2025 (- 5 SLa 249/25).

Der Fall:

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Entschädigung für den Entzug des Dienstwagens nach erfolgter Freistellung während der laufenden Kündigungsfrist.

 

Der Kläger war der Beklagten tätig und hatte mit ihr einen Dienstwagenvertrag geschlossen. IM Arbeitsvertrag heißt es unter anderem: „Die Arbeitgeberin Ist berechtigt, den Arbeitnehmer bei oder nach Ausspruch einer Kündigung – gleich von welcher Seite – unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung von der Arbeitsleistung freizustellen Die Freistellung erfolgt bei unwiderruflicher Freistellung unter Anrechnung auf den Erholungsurlaub und sodann auf etwaige Zeitguthaben, soweit dem nicht die Arbeitsunfähigkeit oder sonstige schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers entgegenstehen“.

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Eigenkündigung mit vertraglicher Kündigungsfrist von sechs Monaten zum 30.11.2024. Die Beklagte stellte den Kläger sodann einseitig von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und forderte ihn auf, den Dienstwagen an sie herauszugeben.

Mit seiner Klage macht der Kläger eine Entschädigung für den Entzug des Dienstwagens geltend.

Das ArbG gab der Klage nur teilweise statt und wies sie im Übrigen ab.

Die Entscheidung:

Auf die Berufung des Klägers gab das LAG der Klage vollumfänglich statt.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der Dienstwagennutzung sind nicht erfüllt, weil der Kläger nicht wirksam freigestellt worden ist. Die Freistellungsreglung benachteiligt den Kläger gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam.

Die eingeräumte Berechtigung, einen Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung ohne Vorliegen besonderer Voraussetzungen freizustellen, ist mit den wesentlichen Grundgedanken des höchstrichterlichen anerkannten Beschäftigungsanspruches eines Arbeitnehmers nicht vereinbar. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tritt dieser allgemeine Beschäftigungsanspruch nur zurück, wo überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers oder jedenfalls sachliche Gründe entgegenstehen.

Dabei muss dieser Grund ein konkretes Freistellungsinteresse des Arbeitgebers wiedergeben – wie z.B. die Besorgnis der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, befürchtete Konkurrenztätigkeit, Mitnahme von Kunden etc. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 2 BGB fordert zusätzlich, dass die zur Freistellung berechtigenden Gründe konkret in der Vereinbarung genannt werden. Eine Klausel, wie die vorliegende, die ohne weitere Vorbedingungen den Arbeitgeber für die Kündigungsfrist zur Freistellung eines Arbeitnehmers berechtigt, verkehrt das Verhältnis von Regel- und Ausnahmefall, ungeachtet einer in jedem Einzelfall vorzunehmenden Kontrolle bei der Ausübung eines formularmäßig eingeräumten Rechts, ob die Grenzen billigen Ermessens überschritten wurden. Eine derartige Regelung ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Das Recht eines Arbeitnehmers, im laufendem Arbeitsverhältnis nicht nur seine Vergütung zu empfangen, sondern auch die Arbeitsleistung erbringen zu dürfen, hat einen derart hohen Stellenwert, dass allein der Umstand einer Kündigung, egal von welcher Seite, die gegenteiligen Interessen der Arbeitgeberseite nicht ausreichend zum Ausdruck bringt und daher hinter das Beschäftigungsinteresse eines Arbeitnehmers zurücktreten muss.

Die Revision zum BAG wurde zugelassen.

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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