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Insichgeschäft (§ 181 BGB) bei einem Rechtsgeschäft zwischen einer GmbH & Co. KG und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH

Insichgeschäft (§ 181 BGB) bei einem Rechtsgeschäft zwischen einer GmbH & Co. KG und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH
Aktuelles
24.05.2024

Insichgeschäft (§ 181 BGB) bei einem Rechtsgeschäft zwischen einer GmbH & Co. KG und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat wie folgt entschieden (OLG Hamm, Urt. v. 11.01.2024 – 18 U 123/23 m. Anm. Heinrichs/Matheis in DB 2024, 1058 f. [aus den Entscheidungsgründen]):

„Eine GmbH & Co. KG wird durch die Komplementär-GmbH vertreten (§ 161 Abs. 2, § 125 Abs. 1, § 170 HGB a.F.), die wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten wird (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Schließt der Geschäftsführer der GmbH ein Rechtsgeschäft mit der KG ab, indem er zugleich für sich selbst und als Vertreter der KG handelt, findet § 181 BGB Anwendung. Das gilt nicht nur dann, wenn er die KG unmittelbar vertritt (z.B. als Prokurist), sondern auch dann, wenn er als gesetzlicher Vertreter der GmbH deren Vertretungsbefugnis für die KG ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1972 – II ZR 169/69, BGHZ 58, 115, juris Rn. 8; Urteil vom 15.04.2014 – II ZR 44/13, Rn. 12; Mielke, BB 2017, 1734 f.).

(…) Der Kläger war im Verhältnis zur A. GmbH & Co. KG weder allgemein noch einzelfallbezogen von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Dies steht der Wirksamkeit der Rückabtretung vom 15.10.2018 entgegen, da die KG als Zedentin die „Vertretene“ im Sinne des § 181 BGB und daher auch allein für die Erteilung der Befreiung zuständig war (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1972 – II ZR 169/69, BGHZ 58, 115, juris Rn. 9; Urteil vom 06.12.1994 – XI ZR 19/94, juris Rn. 13).

(…) Grundlage der rechtlichen Beurteilung sind die (unstreitigen) tatsächlichen Vorgänge, die sich aus den Anlagen K19 und K20 zum Schriftsatz des Klägers vom 18.07.2023 ergeben. Soweit der Kläger geltend macht, er sei im Verhältnis zur A. GmbH & Co. KG von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen, handelt es sich nicht um Tatsachenvortrag, sondern um eine rechtliche Schlussfolgerung aus den genannten Anlagen (vgl. S. 4 des Berichterstattervermerks zum Senatstermin vom 18.12.2023, Bl. 493 der Akten).

(…) Eine allgemeine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann im Gesellschaftsvertrag der KG oder durch Beschluss der KG-Gesellschafter erfolgen (Mielke, BB 2017, 1734, 1735 f. m.w.N.). Eine derartige Befreiung des Klägers seitens der A. GmbH & Co. KG ist nicht ersichtlich. Insbesondere schließt die allgemeine Befreiung der Komplementär-GmbH durch die KG (s. Anl. K19, dort S. 2 a.E.) eine Befreiung des Klägers nicht ein (vgl. Grunewald in MüKo-HGB, 5. Aufl., § 161 Rn. 76). Vielmehr hätte eine Befreiung des Klägers – oder des jeweiligen Geschäftsführers der GmbH – gesondert geregelt werden können und müssen (vgl. zu einer solchen Gestaltung BGH, Urteil vom 19.04.2016 – II ZR 123/15, Rn. 2). Soweit es in Literatur und Rechtsprechung verschiedentlich heißt, neben der Befreiung einer Komplementär-GmbH bedürfe es keiner gesonderten Befreiung des Geschäftsführers der GmbH (etwa Kammergericht, Beschluss vom 04.12.2012 – 1 W 150/12, juris Rn. 12), ist damit nur gemeint, dass der Geschäftsführer auch ohne gesonderte Befreiung die GmbH beim Abschluss von Rechtsgeschäften der GmbH mit der KG vertreten dürfe, was den vorliegenden Fall nicht betrifft.

Die von der Komplementär-GmbH erteilte allgemeine Befreiung des Klägers (s. Anl. K20) stellt keine Erklärung der A. GmbH & Co. KG dar und bezieht sich auch nur auf Geschäfte des Klägers mit der GmbH (vgl. Grunewald in MüKo-HGB, 5. Aufl., § 161 Rn. 76).

Auch das Zusammentreffen der beiden allgemeinen Befreiungen führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Befreiungskette hätte dem Kläger zwar den Abschluss mittelbarer Rechtsgeschäfte mit der A. GmbH & Co. KG auf dem Umweg über die Komplementär-GmbH erlaubt. So hätte die GmbH – ihrerseits vertreten durch den Kläger – die streitgegenständliche Forderung im Namen der KG an sich selbst abtreten können. Sodann hätte der Kläger die Forderung im Namen der GmbH weiter an sich abtreten können. Ein solcher gestreckter Vorgang mit einem Zwischenerwerb der GmbH unterscheidet sich jedoch in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von einem Direktgeschäft.“

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Jörg Hahn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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