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Wann genießt ein ehemaliger Geschäftsführer allgemeinen Kündigungsschutz?

Wann genießt ein ehemaliger Geschäftsführer allgemeinen Kündigungsschutz?
Aktuelles
02.05.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Wann genießt ein ehemaliger Geschäftsführer allgemeinen Kündigungsschutz?

Jedenfalls dann nicht, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die organschaftliche Stellung des Arbeitnehmers nicht mehr bestanden hat, sich der Arbeitgeber in dem Arbeitsvertrag, der als einzige Vertragsgrundlage der Bestellung des Arbeitnehmers als Geschäftsführer zugrunde gelegen hat, eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers vorbehalten hat und zwischen Entfall der organschaftlichen Stellung und der Kündigung mehrere Wochen vergangen sind, in denen der Arbeitgeber nach einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gesucht hat. Das entschied das LAG Hessen am 28.2.2025, (14 SLa 578/24).

Der Fall:

Kläger und Vater war bei der Beklagten seit April 2021 als „Geschäftsführer (Vice President)“ beschäftigt. Am 8.11.2022 teilte diese ihm mit, dass sie ihn als Geschäftsführer abberufen werde. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 1.2.2023 wurde die Bestellung des Klägers als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung widerrufen. Am 13.2.2023 wurde sein Nachfolger als Geschäftsführer der Beklagten im Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte suchte danach für den Kläger eine gleichwertige Stelle, fand allerdings keine. Am 28.6.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.12.2023, vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Das Arbeitsgericht hat die  Bestandsschutzklage im Wesentlichen abgewiesen. Die Kündigung sei nicht nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, weil das KSchG wegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG keine Anwendung fände.

Auf die Berufung des Klägers hat das LAG die Entscheidung festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28.6.2023 nicht aufgelöst worden war und für die Beklagte die Revision zum BAG zugelassen.

Die Entscheidung:

Auch, wenn man die formale Wirksamkeit der Kündigung zugunsten der Beklagten unterstellt, war die Kündigung jedenfalls mangels sozialer Rechtfertigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam. Denn sie bedurfte der sozialen Rechtfertigung. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes fanden Anwendung. Die Anwendung ist nicht gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ausgeschlossen gewesen. Für das Eingreifen der Negativfiktion nach § 14 Abs. 1 KSchG reiche es nicht aus, dass schuldrechtliche Grundlage der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 31.3.2021 war. Maßgeblich für das Eingreifen der Negativfiktion ist viel mehr, ob die Organstellung im Zeitpunkt der Kündigung noch bestand oder nicht. Und dies war hier nicht der Fall.

Die Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die organschaftliche Stellung des Arbeitnehmers nicht mehr bestanden hat, sich der Arbeitgeber in dem Arbeitsvertrag, der als einzige Vertragsgrundlage der Bestellung des Arbeitnehmers als Geschäftsführer zugrunde gelegen hat, eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers vorbehalten hat und zwischen Entfall der organschaftlichen Stellung und der Kündigung mehrere Wochen vergangen sind, in denen der Arbeitgeber nach einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gesucht hat.

Hinweis:

Ob und unter welchen Umständen ein zunächst abberufener und später gekündigter Geschäftsführer, der aufgrund eines Arbeitsvertrags als Geschäftsführer tätig war, vor dem Hintergrund der Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG allgemeinen Kündigungsschutz genießt, stellt eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Die Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Im Urteil vom 21.9.2017 (2 AZR 865/16) hat der Zweite Senat die dort nicht entscheidungserhebliche Frage ausdrücklich offengelassen. Auch in der Entscheidung vom 20.7.2023 (6 AZR 228/22) ließ der Sechste Senat diese dort ebenfalls nicht entscheidungserhebliche Rechtsfrage offen.

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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