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Können Entgeltabrechnungen durch Einstellen in ein digitales Mitarbeiterpostfach wirksam erteilt werden?

Können Entgeltabrechnungen durch Einstellen in ein digitales Mitarbeiterpostfach wirksam erteilt werden?
Frage der Woche
12.05.2025 — Lesezeit: 2 Minuten

Können Entgeltabrechnungen durch Einstellen in ein digitales Mitarbeiterpostfach wirksam erteilt werden?

Grundsätzlich ja – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt – auch im Personalwesen. Immer mehr Arbeitgeber setzen auf elektronische Kommunikationsmittel, um Verwaltungsprozesse zu optimieren. Eine zentrale Frage dabei lautet: Genügt die Bereitstellung der Entgeltabrechnung in einem digitalen Mitarbeiterpostfach den rechtlichen Anforderungen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu am 20. Februar 2024 (Az.: 9 AZR 48/24) eine richtungsweisende Entscheidung getroffen, die nunmehr ausführlich schriftlich begründet wurde.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG bejahte die Wirksamkeit der Erteilung einer Entgeltabrechnung durch Einstellung in ein digitales Postfach – unter bestimmten Voraussetzungen. Maßgeblich ist, dass die Abrechnung dem Arbeitnehmer zugänglich gemacht wurde (§ 108 Abs. 1 Satz 1 GewO). Entscheidend ist nicht die tatsächliche Kenntnisnahme, sondern die Möglichkeit des Zugangs, vergleichbar mit der Zivilrechtsregelung zum Zugang von Willenserklärungen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Im konkreten Fall wurde dem Arbeitnehmer über ein elektronisches Mitarbeiterportal eine persönliche Zugriffskennung bereitgestellt. Der Zugang war uneingeschränkt möglich, die Abrechnungen konnten dauerhaft abgerufen und gespeichert werden. Das Gericht sah hierin eine ordnungsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Verpflichtung zur Erteilung der Entgeltabrechnung.

Voraussetzungen für die Wirksamkeit

Damit die elektronische Bereitstellung der Abrechnung wirksam ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Zugriffsmöglichkeit: Der Arbeitnehmer muss über die technischen Mittel und die nötige Information verfügen, um das digitale Postfach selbstständig und jederzeit nutzen zu können.
  2. Benachrichtigung: Idealerweise wird der Arbeitnehmer aktiv über die neue Abrechnung informiert (z. B. per E-Mail), auch wenn dies rechtlich nicht zwingend ist.
  3. Archivierbarkeit: Die Abrechnungen müssen speicherbar oder ausdruckbar sein, um dem Grundsatz der Nachvollziehbarkeit zu genügen.
  4. Datenschutz: Die Speicherung und Verarbeitung der Daten muss den Anforderungen der DSGVO entsprechen.

Bedeutung für Arbeitgeber

Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für Arbeitgeber, die ihre Lohnabrechnungen digitalisieren möchten. Gleichzeitig betont das BAG die Pflicht zur Transparenz und technischen Zugänglichkeit. Unternehmen sollten daher ihre digitalen HR-Prozesse prüfen und sicherstellen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.

Ein Verstoß kann zu Nachbesserungspflichten und im Streitfall zur Beweislastumkehr führen – insbesondere, wenn Arbeitnehmer geltend machen, sie hätten keine ordnungsgemäße Abrechnung erhalten.

Fazit

Ja, die digitale Bereitstellung von Entgeltabrechnungen im Mitarbeiterpostfach ist rechtlich zulässig – sofern der Zugang gewährleistet ist. Arbeitgeber sollten ihre Systeme datenschutzkonform und arbeitnehmerfreundlich gestalten, um arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vorzubeugen und von den Vorteilen der Digitalisierung zu profitieren.

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Autor(en)


Aigerim Rachimow
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Medizinrecht

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Dr. Mario Hoffmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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