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Corona-Pandemie im Mietrecht/Gewerberaummietrecht

Fragen und Antworten
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13.07.2020

Corona-Pandemie im Mietrecht/Gewerberaummietrecht

Fragen und Antworten

Die Corona-Pandemie beeinflusst das Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nachhaltig. Nachdem der Deutsche Bundestag diese Woche das Gesetz zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beschlossen hat, führen die zivilrechtlichen Vorschriften zum Kündigungsausschluss gerade bei gewerblichen Vermietern zu  großen Unsicherheiten. Nachfolgende Fragstellungen ergeben sich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.

Sollten Sie betroffener Mieter oder Vermieter sein, können Sie sich gerne an einen Autor dieses Beitrags wenden. Wir klären Sie zu Beginn eines mit Ihnen geführten Telefonats über die für unsere Dienstleistung anfallenden Kosten auf. Die erste Kontaktaufnahme ist unverbindlich.

Siehe auch den Beitrag von Sittner in NJW 2020, 1169 ff. [Mietrechtspraxis unter Covid-19]

Stand: 13. August 2020

 

Frage 1: Stellt die Corona-Pandemie einen Mangel der Mietsache dar?

Es kommt tatsächlich darauf an. Grundsätzlich dürfte kein Mangel vorliegen, denn weder das Corona-Virus noch die COVID-19-Pandemie haften dem Gebäude oder den Mieträumlichkeiten als Mangel an. Dies setzt aber voraus, dass der Vermieter den geschuldeten Umfang der Nutzung generell gewährleistet. Soweit der Vermieter allein die Vermietung der (leeren) Mietflächen schuldet, liegt kein Sachmangel vor. Dies gilt vor allem für das Wohnraummietrecht. Wird aber in dem Mietvertrag ein konkreter Miet- und Nutzungszweck vereinbart und will der Vermieter zusätzlich erkennbar auch die Nutzung für den vereinbarten Mietzweck gewährleisten, dann wird ein Mangel der Mietsache vorliegen. Dies wird in vielen Gewerberaummietverträgen zu prüfen sein. Hierfür dürfte wiederum nicht ausreichend sein, dass nur ein konkreter Vertragszweck vereinbart ist. Der Vermieter muss erkennbar die Gewähr und damit das Risiko für die vertragliche geschuldete Verwendung des Mietobjekts übernehmen wollen.

Frage 2: Muss die Miete auch weitergezahlt werden, wenn die Mietsache aufgrund der behördlichen Beschränkungen – z.B. im Rahmen der Ausgangssperren – nicht entsprechend genutzt werden können?

Auch hier kommt es darauf an. Das Mietrecht sieht die Möglichkeit vor, im Falle eines Mangels der Mietsache, die Miete zu mindern oder vollständig auszusetzen. Dies setzt voraus, dass ein Sach- oder Rechtsmangels vorliegt (§ 536 BGB). Als Mangel der Mietsache wird die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand angesehen. Übernimmt der Vermieter (erkennbar) die Gewähr für den vertraglich vereinbarten Nutzungszweck, liegt ein Mangel vor, andernfalls wird die Miete weiterzuzahlen sein.

In vielen Fällen ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ein sog. Rechtsmangel vorliegt, denn die Behörden setzen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung durch betriebs- bzw. branchenbezogene Allgemeinverfügungen und Verordnungen um. Dabei sind in der Regel weder das vermietete Gebäude, noch der Eigentümer, sondern der Mieter als Nutzer Adressat der Ordnungsverfügungen und/oder Verordnungen.

Es ist anerkannt, dass auch öffentlich-rechtliche Beschränkungen als Rechtsmangel zur Minderung führen können. Dies setzt aber voraus, dass die Beschränkungen in der konkreten vermieteten Sache, ihre Ursache also gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters zu finden sind. Daher wird in der Regel davon auszugehen sein, dass die gewerblichen Mietverträge betriebsbezogene Risiken und Einschränkungen dem Mieter zuweisen, denn der Verwendungszweck ist grundsätzlich Unternehmerrisiko. Eine behördlich angeordnete Einschränkung des Betriebs wird daher regelmäßig kein zur Mietminderung berechtigender Mangel der Mietsache darstellen.

Frage 3: Kann ich als Vermieter den Mieter in der Corona-Krise insbesondere wegen Zahlungsverzugs kündigen?

Grundsätzlich gelten auch weiterhin die allgemeinen und besonderen Kündigungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sowohl im Wohnungs- als auch im Gewerberaummietrecht. Etwas anderes ergibt sich aber nunmehr durch das bereits erwähnte und im Bundestag beschlossene Gesetz zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie mit Wirkung ab dem 01.04.2020.

Nach der bisherigen Gesetzeslage kann der Vermieter seinem Mieter gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB außerordentlich fristlos kündigen, wenn dieser für zwei aufeinander folgende Termine mit der Zahlung der Miete in Verzug ist. Nunmehr gilt, dass Mieter, die aufgrund der COVID-19-Pandemie im Zeitraum von April bis Juni 2020 ihre Miete nicht oder nicht vollständig zahlen können, in dem Zeitraum ab April 2020 bis Ende Juni 2022 wegen Zahlungsverzugs nicht gekündigt werden können.

Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Ein vollständiger Nachweis ist nicht gefordert. Dies wird in der Regel den Fall der außerordentlich fristlosen Kündigung betreffen. Damit wäre der Mieter vorrübergehend geschützt, wenn er den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung glaubhaft machen kann. Dies wird ihm aber nicht gelingen, wenn er sich bereits vorher für einen relevanten Zeitraum in Zahlungsverzug befand. Das bedeutet auch, dass die Zahlungspflicht bestehen bleibt und ab dem 01.07.2020 das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Zahlungsverzug wieder auflebt. Der Anspruch des Vermieters auf Verzugszinsen bleibt ohnehin bestehen.

Frage 4: Kann eine Vertragsanpassung im Sinne des Wegfalls oder der nachhaltigen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verlangt werden?

Zuletzt stellt sich die Frage, ob sich wegen der COVID-19-Pandemie über die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ein Anspruch auf Mietvertragsanpassung begründen lässt.

Eine Vertragspartei kann gem. § 313 BGB verlangen, den Vertrag anzupassen, wenn ein Festhalten daran unzumutbar ist, weil sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien – wenn sie die Veränderung vorhergesehen hätten – den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Eine Vertragsanpassung setzt allerdings voraus, dass das störende Ereignis nicht in die Risikosphäre einer Partei allein fällt.

Auch hier dürfte aber gelten, dass das Verwendungsrisiko grundsätzlich in die Risikosphäre des Mieters fällt. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit der Mietsache erwerbswirtschaftlich tätig zu sein. Die COVID-19-Pandemie ändert an dieser im Gewerberaummietrecht angelegten Risikoverteilung nichts. Es ist ständige Rechtsprechung des BGH, dass es in den Verantwortungsbereich des Mieters von Gewerberaum fällt, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der von ihm gewählten Lage selbst abzuschätzen.

Beachten Sie bitte auch unsere Mustertexte unter Coronavirus

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