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Kann bei einem unter Betreuung stehenden Menschen dessen Testierfähigkeit angenommen werden?

Kann bei einem unter Betreuung stehenden Menschen dessen Testierfähigkeit angenommen werden?
Frage des Tages
11.07.2023

Kann bei einem unter Betreuung stehenden Menschen dessen Testierfähigkeit angenommen werden?

Das ist immer eine Frage des Einzelfalls. Eine schematische Gleichsetzung von Testierunfähigkeit und Betreuung verbietet sich (OLG Rostock, Beschl. v. 11.04.2023 – 3 W 74/21, NJW-Spezial 2023, 392). Im Leitsatz zu 1.) bis 4.) der Entscheidung des OLG Rostock heißt es:

„In einem Testament niedergelegte Erklärungen müssen mit Testierwillen des Erblassers abgegeben worden sein, also auf dem ernsthaften Willen des Erblassers beruhen, ein Testament zu errichten und rechtsverbindliche Anordnungen über sein Vermögen nach seinem Tode zu treffen.

Grundsätzlich gilt, dass ein Erblasser bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen ist, da die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet. Dies gilt selbst dann, wenn der Erblasser unter Betreuung steht. Die Testierunfähigkeit muss also zur vollen Gewissheit des Gerichts feststehen.

Maßgeblich für die Testierfähigkeit ist, ob der Testierende noch in der Lage ist, sich über die Tragweite seiner Anordnungen ein klares Urteil zu bilden und dann frei von den Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln oder nicht.

Auch für den Betreuten besteht die Vermutung der Testierfähigkeit. Auch Störungen der Geistestätigkeit führen für sich genommen noch nicht zwangsläufig zur Testierunfähigkeit.“

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Autor(en)


Pia Roggendorff-Jentsch
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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