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Über 750 Gerichtsentscheidungen zum Coronavirus/Covid-19 (Teil 1)

Rechtsprechung rund um die Coronavirus-Pandemie (Entscheidungen Nr. 1 bis Nr. 500)
Aktuelles
28.12.2021

Über 750 Gerichtsentscheidungen zum Coronavirus/Covid-19 (Teil 1)

Rechtsprechung rund um die Coronavirus-Pandemie (Entscheidungen Nr. 1 bis Nr. 500)

Seit der „ersten Welle“ der Corona-Pandemie (Coronavirus bzw. COVID-19) in Deutschland im Frühjahr 2020 sind nahezu unendlich viele gerichtliche Entscheidungen veröffentlicht worden. In zahlreichen Fällen haben die Gerichte die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen der Hoheitsträger sowie die erlassenen Ordnungsmaßnahmen in der ersten Phase der Pandemie als rechtmäßig erkannt. Mit zunehmender Zeit mahnten die gerichtlichen Entscheidungen jedoch immer wieder zu einer stärkeren Betrachtung des Einzelfalls und Eilanträge waren in einer ganzen Reihe von Fällen erfolgreich. Unter dem Strich blieben allerdings die allermeisten Anträge erfolglos, und zwar bis heute. Schätzungen gehen dahin, dass etwa 90% aller Verfahren zugunsten der öffentlichen Hand ausgegangen sind.

Letztlich tragen die Gerichte ganz überwiegend freiheitsbeschränkende Maßnahmen dann mit, wenn die durch das Coronavirus ausgelösten Gesundheitsgefahren allgemein als besonders hoch eingeschätzt werden. In Zeiten, in denen die „Bedrohungslage“ eher als mäßig bis gering einzuschätzen ist, sehen die Gerichte freiheitsbeschränkende Maßnahmen als eher rechtmäßig an. Am Ende lassen sich die Gerichte – bis auf ganz wenige Ausnahmen – von den jeweils aktuellen Erkenntnissen der Medizin beeinflussen. Das dürfte richtig sein. Richter sind Juristen und keine Mediziner. Wie auch in den Rechtwissenschaften kommt der jeweils überwiegend vertretenen Auffassung auch in der Medizin eine besondere Rolle zu. Einzelmeinungen können und dürfen in aller Regel keine Rolle spielen.

Hauptangriffspunkte gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind unter anderem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG).

Wir erheben mit unserer Chronik keineswegs den Anspruch auf eine in jeder Beziehung vollständige Darstellung. Unser Ziel ist es, einen guten Überblick über die gerichtlichen Entscheidungen zu bieten. Nicht mehr und nicht weniger!

Wegen der Menge an Entscheidungen haben wir diese auf zwei Dokumente verteilt. Die nachfolgende Übersicht behandelt Teil 1 (Entscheidungen Nr. 1 bis Nr. 500). In einem zweiten Teil haben wir die Entscheidungen ab Nr. 501 aufgeführt.

Sollten Sie durch behördlichen bzw. staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus betroffen sein, können Sie sich gerne an einen Autor dieses Beitrags wenden. Wir klären Sie zu Beginn eines mit Ihnen geführten Telefonats über die für unsere Dienstleistung anfallenden Kosten auf. Die erste Kontaktaufnahme ist völlig unverbindlich und mit keinerlei Kosten verbunden.

Die Entscheidungen sind durchnummeriert. Zum Teil sind unter einer Ziffer mehrere Entscheidungen aufgeführt, die ein und dasselbe oder ein ähnliches Thema betreffen. Daher enthält unsere Auflistung insgesamt weit mehr Entscheidungen als es der Zahl der Ziffern entspricht.

Es folgt eine Kurzübersicht und sodann die jeweilige Entscheidung im Detail.

Achtung: Die Entscheidungen sind selbstredend prinzipiell im zeitlichen Zusammenhang mit den zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Regelungen zu betrachten. Die Rechtsgrundlagen sind einem permanenten Änderungsprozess ausgesetzt. Umso länger eine Gerichtsentscheidung zeitlich zurückliegt, umso mehr ist zu hinterfragen, ob diese noch den aktuellen Rechtsstand widerspiegelt.

Letzte Aktualisierung: 28. Dezember 2021

Kurzübersicht:

  1. Rechtmäßige Schließung von Schulen, Kitas usw.
  2. Verbot des Late-Night-Shoppings wirksam
  3. Keine Geburtstagsfeier in großer Runde
  4. Rechtmäßige Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels
  5. Schließung von Spielhallen rechtmäßig
  6. Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vom 22.03.2020 wirksam
  7. Vorübergehende Betriebsschließung einer Lottoannahmestelle und eines Pralinenfachgeschäfts rechtmäßig
  8. Ausgangsbeschränkungen zweier Einzelpersonen nicht rechtmäßig
  9. Verbot der Nutzung von Nebenwohnungen in Schleswig-Holstein vorläufig wirksam / Rückreiseverfügung und Einreiseverbot vorläufig wirksam
  10. Vorläufige Ausgangsbeschränkung in Bayern bleiben in Vollzug
  11. Verlängerte Räumungsfristen bei Wohnraummietsachen
  12. Schließung von Einzelhandelsgeschäften nicht zu beanstanden
  13. Derzeit keine Untersagung einer für Mai geplanter Hauptversammlung einer Bank
  14. Keine Aussetzung von Abiturprüfungen in Hessen
  15. Eilanträge gegen sächsische Maßnahmen zu Corona-Pandemie bleiben erfolglos
  16. Unwirksamer Einreisestopp des Landkreises Ostprignitz-Ruppin
  17. BVerfG lehnt eine Entscheidung über Berliner Corona-Beschränkungen ab
  18. Kein Anspruch auf Erlass einer behördlichen Schließungsverfügung
  19. Erfolgreiches Vorgehen gegen die Schließung eines Hundesalons
  20. Rechtmäßiges Verbot einer Zwei-Personen-Demonstration wegen des Coronavirus
  21. Berliner VO greift nicht unverhältnismäßig in anwaltliche Berufsfreiheit ein
  22. VG Gera lehnt Eilantrag gegen Maskenpflicht in Jena ab
  23. Weinhändler darf trotz Coronavirus öffnen
  24. Wirksame Einschränkungen des Besuchsrechts in Pflegewohnheimen
  25. Eilantrag gegen die Schließung von Einzelhandelsgeschäften in NRW bleibt erfolglos
  26. Eilantrag gegen die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung bleibt erfolglos
  27. Erlaubter Lebensmittelhandel ist nicht auf die Grundversorgung beschränkt
  28. Verbot der Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen rechtmäßig
  29. Eilanträge bleiben vor dem Bundesverfassungsgericht erfolglos
  30. Kein Hähnchen-Verkauf aus mobilem Verkaufsstand während Corona-Pandemie
  31. Erfolgloser Eilantrag gegen Corona-Verordnungen des Landes Hessen
  32. Bank muss pandemiebedingter Kontoüberziehung Rechnung tragen
  33. „NRW-Soforthilfe 2020“ nur bei glaubhaft gemachter Existenzgefährdung
  34. Eilantrag eines Fitnessstudios gegen Corona-Verordnung bleibt erfolglos!
  35. Verordnung in Mecklenburg-Vorpommern vorläufig außer Vollzug gesetzt
  36. Keine Ausnahme vom Verbot der Sonn-/Feiertagsarbeit für private Paketzusteller
  37. Eilanträge gegen Reiseverbote des Landes Schleswig-Holstein bleiben erfolglos
  38. Gottesdienstverbot der hessischen Landesregierung bleibt unbeanstandet
  39. Demonstrationen unter Auflagen gestattet
  40. Nutzung einer Gaststätte für Einzelhandelswaren bedarf einer Genehmigung
  41. Beschwerde wegen Durchführung von Versammlung in Stuttgart erfolglos
  42. Antrag gegen Versammlungsverbot teilweise erfolgreich
  43. Rechtmäßige Einschränkungen bei ambulanten Erziehungshilfen
  44. Versammlungsverbot gestoppt
  45. Untersagung einer Versammlung gerichtlich gebilligt!
  46. Spielhallen in NRW dürfen nicht öffnen
  47. Kein Besuchsrecht für Intensiv-Pflege-WG
  48. Erfolgloser Antrag eines Einzelhandelskaufhauses auf (Wieder-)Öffnung
  49. Abiturprüfungen in Berlin finden trotz Coronavirus statt!
  50. Mutter darf Kinder im Kinderschutzhaus besuchen
  51. Versammlung auf dem Johannes-Brahms-Platz darf stattfinden
  52. Erfolgloser Eilantrag eines Abgeordneten gegen Kontrollrechte der Polizei
  53. Mini-Kundgebung ist erlaubt!
  54. Antrag einer Klinik gegen einen unbefristeten Aufnahmestopp erfolgreich!
  55. Erfolgreicher Antrag eines Einzelhandelsunternehmens gegen die Untersagung des Betriebs von Ladengeschäften mit einer Verkaufsfläche von über 800 m²
  56. Keine Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen usw.
  57. Vermietungsverbot für Ferienhäuser und Ferienwohnungen bestätigt
  58. Schulpflicht außer Vollzug gesetzt
  59. Schließung eines Outlet-Center gleichheitswidrig
  60. Kaufhäuser von Galeria Kaufhof GmbH im Saarland bleiben geschlossen
  61. Erfolgloser Eilantrag gegen Ausgangsbeschränkungen in Bayern
  62. Keine Erlaubnis bei Beschränkung der Verkaufsräume auf 800 Quadratmeter
  63. Campingplatzbetreiber darf Speisen zum Straßenverkauf anbieten
  64. Erfolgreiche Unterlassungsverfügung eines Betriebsrats gegen die Nutzung von Kameraaufnahmen zum Zwecke der Abstandsüberwachung
  65. Corona-Verkaufsflächenregelung entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz
  66. Ladengeschäfte jeder Art über 800 qm bleiben in Sachsen-Anhalt geschlossen
  67. Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz rechtmäßig
  68. Kein generelles Verbot von Gottesdiensten
  69. Verbot der Versammlung der Partei Die Rechte am 1. Mai 2020
  70. 800 m²-Regelung für die Wiedereröffnung von Einzelhandelsgeschäften gebilligt
  71. Saarländischer Verfassungsgerichtshof setzt Teile der Corona-Pandemie-Regelungen außer Kraft
  72. Beschränkung der Fläche auf 800 m² im sonstigen Einzelhandel gleichheitswidrig
  73. Verfassungsbeschwerden gegen Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz erfolglos
  74. Verwaltungsgericht Gera kippt Maskenpflicht im Schulunterricht
  75. Vorkehrungen für stufenweises Anfahren des Schulunterrichts ausreichend
  76. Maskenpflicht wird nicht außer Vollzug gesetzt
  77. Coronabedingte Schließung von Campingplätzen auch für Dauercamper
  78. Keine Öffnung von Gastronomiebetrieben in NRW
  79. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht beim Einkauf und im ÖPNV
  80. Teilnahme an einer Versammlung auch ohne zwingende Namensangabe
  81. Tattoo-Stechen außerhalb des Gesichtsbereichs grundsätzlich erlaubt!
  82. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht in Bayern
  83. Kein Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung
  84. Eilantrag gegen vorübergehende Westfleisch-Schließung abgelehnt
  85. Vorläufig keine Zahlung von nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträgen
  86. Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende außer Vollzug gesetzt
  87. Erfolgloser Eilantrag gegen Kita-Notbetrieb
  88. Eilantrag eines Journalisten auf Auskunft über Corona-Erlasse erfolgreich
  89. Eilantrag gegen Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen scheitert
  90. Untersagung der touristischen Beherbergung im Land Sachsen-Anhalt rechtmäßig
  91. Unzulässige Verfassungsbeschwerden gegen Lockerungen und gegen Verlängerungen der Eindämmungsmaßnahmen zur Coronavirus-Pandemie
  92. Pauschale Quarantänepflicht nach Einreise aus Ausland ist rechtswidrig
  93. Rechtmäßige Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen im Saarland
  94. Keine Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung von Fitnessstudios in Niedersachsen
  95. Keine große Demonstration mit nahezu 1.000 Teilnehmern in Brandenburg
  96. Grundschullehrerin muss unterrichten
  97. Keine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht
  98. Rechtswidrige Kontenpfändung des Finanzamtes
  99. Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung von Tattoo-Studios
  100. Tanzschule bleibt geschlossen
  101. Hotels in Berlin bleiben vorerst geschlossen
  102. Keine Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende in Schleswig-Holstein
  103. Erfolgloser Eilantrag gegen die Einschränkung des Schulbetriebs und gegen infektionsschützende Maßnahmen bei Gottesdiensten
  104. Eilantrag gegen die Schließung von Fitness- und Sportstudios in Hamburg erfolglos
  105. Hochzeitsfeiern in Berlin weiterhin nur im kleinen Kreis
  106. Antrag gegen eine Bußgeldvorschrift in Berlin teilweise erfolgreich
  107. Außenbereich in Bars und Kneipen dürfen öffnen
  108. Keine Öffnung von Indoorspielplätzen in Niedersachsen
  109. Kein Wellness im Hotel!
  110. In Niedersachsen bleibt es vorerst bei der Quarantäne für Reiserückkehrer
  111. Versammlung unter Auflagen genehmigt
  112. Klausur darf ohne Mund-Nase-Maske geschrieben werden
  113. Schließung von Videokabinen im Rotlichtviertel rechtmäßig
  114. Beschränkung auf eine Person je 20 m² Verkaufsfläche unwirksam
  115. Keine Pflicht zur häuslichen Quarantäne für Auslandsrückkehrer
  116. Abi-Bälle in Berlin nur in kleinem Rahmen
  117. Anbieten von Shisha-Pfeifen in Shisha-Bars bleibt verboten
  118. Kein Whisky-Tasting in NRW!
  119. Bayerische InfektionsschutzmaßnahmenVO weitgehend rechtmäßig
  120. Heranziehung eines Lehrers zum Präsenzunterricht
  121. Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
  122. Bordelle bleiben geschlossen!
  123. Abweichung vom Mindestabstandsgebot in sächsischen Grundschulen ist rechtmäßig
  124. Kein Paartanz in Hamburg
  125. Keine Quarantäne bei Rückreise aus den USA
  126. Einschränkungen im Breiten- und Freizeitsport in NRW gelten weiterhin
  127. Maskenpflicht für den öffentlichen Personenverkehr und Verkaufsstätten in Sachsen-Anhalt rechtmäßig
  128. Kino darf öffnen
  129. Kino darf nicht öffnen
  130. Keine sofortige Rückkehr zum Regelunterricht in NRW
  131. Maskenpflicht in Thüringen bestätigt
  132. Schulunterricht ohne Mindestabstand geht in Ordnung
  133. Berufsschüler in Hessen nicht vom Präsenzunterricht befreit
  134. Beschränkung der Bewirtungszeiten in Bayern außer Vollzug gesetzt
  135. Kontaktpersonennachverfolgung im Bereich der Gastronomie, des Friseurhandwerks und der Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig
  136. Shisa-Bars in Niedersachsen weiterhin geschlossen
  137. Bordelle in Berlin und anderswo bleiben coronabedingt geschlossen
  138. Lockdown im Kreis Gütersloh ist rechtmäßig
  139. Kein Vollstreckungsschutz bei einem bereits vor der Pandemie beantragten Insolvenzverfahren
  140. Kontenpfändung durch Finanzamt – einzelfallabhängig – wegen Corona unbillig
  141. Keine Verschiebung der Kommunalwahl in NRW wegen Corona
  142. Eilantrag gegen „Lockdown“ im Kreis Gütersloh erfolgreich
  143. Weiterhin Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz
  144. Clubs und Diskotheken in NRW bleiben geschlossen!
  145. Reduzierter Betreuungsumfang in Kitas in NRW voraussichtlich rechtmäßig
  146. Kein Anspruch auf Entschädigung bei allgemeinen Betriebsschließungen, angeordnet durch ein Bundesland
  147. Einreise aus der Türkei – Corona-Verordnung über Quarantänepflicht bleibt anwendbar
  148. Vorläufige Außervollzugsetzung des Abstandsgebots auf Kutschen
  149. Hygiene- und Infektionsschutzstandards in der Gastronomie in NRW bleiben einstweilen unverändert
  150. Ausnahmsloses Verbot von Autokino-Veranstaltungen voraussichtlich rechtswidrig
  151. Maskenpflicht bei Klausur an der Uni Köln rechtmäßig
  152. Erotische Massagen und BDSM-Studios in Berlin wieder zulässig
  153. Schließung von Shisha-Bars in Niedersachsen außer Vollzug gesetzt
  154. Bayerische Hotels dürfen vorerst alle Inlandstouristen beherbergen
  155. Maskenpflicht („Alltagsmaske“) in NRW weiterhin rechtmäßig
  156. Bundesverfassungsgericht beanstandet Maskenpflicht im Saarland nicht!
  157. Die Pflicht, alle Mitarbeiter eines Schlachtbetriebs zweimal pro Woche zu testen, ist unverhältnismäßig
  158. Unverändertes Umgangsrechts während der Coronavirus-Pandemie
  159. Ohne Zustimmung des mitsorgeberechtigten Elternteils keine Reise nach Mallorca
  160. Lungenkranke Lehrerin muss wegen COVID-19 nicht unterrichten
  161. Kein umfassendes Prostitutionsverbot im Saarland („kleine Prostitutionsstätten“)
  162. Kein Mindestabstand in Berliner Schulen
  163. Erfolgreicher Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs in NRW gegen infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung
  164. Betrieb einer Dampfsauna in Dresden bleibt untersagt
  165. Keine Pflicht der Schulbehörde, einen Mund-Nasen-Schutz anzuordnen
  166. Erfolgloser Eilantrag auf Triage-Regelung im Zusammenhang mit COVID-19
  167. Keine Hochzeitsfeier mit mehr als 50 Teilnehmern in Niedersachsen!
  168. Steh-Bier-Verbot in Bamberg voraussichtlich rechtmäßig
  169. Präsenzunterricht an hessischen Schulen kann beginnen!
  170. Party zum 26. Geburtstag mit 70 Gästen in NRW darf nicht stattfinden
  171. Erfolgreicher Antrag eines Schülers gegen die Verpflichtung, in der Schule eine Mund-Nase-Maske zu tragen
  172. Keine einseitige Abweichung vom gerichtlich geregelten Umgang wegen Corona durch einen Elternteil
  173. Eilantrag gegen „Maskenpflicht“ im Unterricht in NRW bleibt erfolglos
  174. Erfolgloser Antrag gegen die Maskenpflicht in Ladengeschäften in Sachsen-Anhalt
  175. Weitgehend erfolglose Eilanträge von beamteten Lehrern, die vom Präsenzunterricht befreit werden wollten
  176. Bordelle in Rheinland-Pfalz bleiben geschlossen
  177. Abi-Feiern in NRW nicht generell verboten
  178. Rechtswidriger Ausschluss vom Unterricht wegen Verletzung der Maskenpflicht in der Schule / keine Ausnahme von der Maskenpflicht
  179. Kein pauschalierter Ausschluss von Geschwisterkindern von der Einschulungsfeier
  180. Abstandsgebot in Kinos ist rechtlich nicht zu beanstanden
  181. Unzulässiger Antrag gegen die Maskenpflicht in niedersächsischen Grundschulen
  182. Antrag eines Reiserückkehrers gegen Testpflicht scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht
  183. Schließung von Prostitutionsstätten wegen des Coronavirus vorläufig außer Vollzug gesetzt
  184. Erfolgloser Eilantrag gegen das Verbot einer Dauermahnwache in Berlin
  185. Keine Sonntagsladenöffnungen in zwei Städten in NRW wegen Corona
  186. Maskenpflicht auf dem Schulgelände verletzt Erziehungsrecht nicht
  187. Maskenpflicht im Saarland ist verfassungsgemäß / Kontaktnachverfolgung wird beanstandet
  188. Pauschales Verbot von Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 250 Personen rechtswidrig
  189. Quarantäne an Kölner Grundschule wegen Ansteckungsgefahr rechtens
  190. Unverhältnismäßigkeit des nächtlichen Alkoholkonsumverbots in München
  191. Unverhältnismäßigkeit eines umfassenden Grillverbots auf öffentlichen Plätzen und Anlagen
  192. Kein Recht einer Schule, eine dringende Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auszusprechen/Empfehlung der Corona-Warn-App rechtens
  193. Studierende in Niedersachsen müssen an Präsenzprüfungen teilnehmen
  194. Jobmesse Braunschweig 2020 ist unter Auflagen zulässig
  195. Eilantrag gegen Maskenpflicht an Schulen in Bayern abgelehnt
  196. Prostitutionsverbot in NRW außer Vollzug gesetzt
  197. Kein Anspruch auf „Homeschooling“
  198. Gesichtsvisier – sog. „Face Shield“ – kein zulässiger Ersatz für eine Gesichtsmaske
  199. RKI-Berichte verletzen Bürger nicht in ihren Rechten
  200. Schüler müssen auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen
  201. AfD scheitert vor dem BayVerfGH mit einem Eilantrag gegen die Maskenpflicht im Bayerischen Landtag
  202. Kein Anspruch eines Schülers auf weitergehende Schutzmaßnahmen in Schulen
  203. Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice / kein Anspruch auf Einzelbüro
  204. Quarantäneanordnung gegenüber Schüler einer Grundschule ist rechtmäßig
  205. Befreiung von der „Maskenpflicht“ erfordert eine aussagekräftige ärztliche Bescheinigung
  206. Hochzeitsfeier mit 250 Gästen darf in einer gemieteten Eventhalle nicht stattfinden
  207. Anordnung häuslicher Quarantäne eines Schülers erfolgte zu Recht
  208. Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften im Präsenzbetrieb für Rechtsreferendare in NRW zumutbar
  209. Antrag gegen Maskenpflicht für Schüler im Landkreis Neuwied erfolglos
  210. Anfechtung einer Personalratswahl wegen Corona-bedingter Einschränkungen bei der Stimmabgabe erfolglos
  211. Kinosäle im Sexkino dürfen derzeit ohne Einhaltung des Mindestabstands auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden
  212. Schließung von Prostitutionsstätten in Baden-Württemberg inzwischen rechtswidrig!
  213. Keine besseren Schulnoten wegen Corona!
  214. Kein Anspruch auf finanzielle Entschädigung gegen das Land Berlin wegen coronabedingter Schließung einer Kneipe
  215. Kein Anspruch auf „Homeschooling“ wegen vulnerabler Eltern
  216. Beherbergungsverbot in Baden-Württemberg rechtwidrig
  217. Beherbergungsverbot in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug gesetzt
  218. Eilantrag von Bar- und Diskothekenbetreibern gegen Sperrzeitregelung der Stadt Frankfurt am Main erfolglos
  219. Berliner Sperrstunde für Gaststätten vorerst außer Vollzug gesetzt
  220. Touristisches Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein vorerst rechtmäßig
  221. Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht hat vorerst Bestand
  222. Erfolgreicher Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin gegen coronabedingte Isolationsanordnung
  223. Eilantrag gegen Beherbergungsverbot in Hamburg bleibt erfolglos
  224. Brandenburger Beherbergungsverbot vorläufig außer Vollzug gesetzt
  225. Anordnung häuslicher Quarantäne für Schüler wegen infizierter Lehrerin rechtmäßig
  226. Gericht stoppt Beherbergungsverbot in Mecklenburg-Vorpommern
  227. Bundesverfassungsgericht prüft Beherbergungsverbot inhaltlich nicht
  228. Versicherungsnehmer gewinnt gegen den Versicherer einer Betriebsschließungsversicherung
  229. Keine Befreiung vom Präsenzunterricht für Internatsschüler wegen Corona
  230. Keine Außervollzugsetzung der Regelungen zur Erfassung von Kontaktdaten in Bayern
  231. Eilantrag gegen Maskenpflicht im Unterricht in Baden-Württemberg erfolglos
  232. Begrenzung der Anzahl von Gästen in Privatwohnungen aus formellen Gründen fehlerhaft
  233. Keine Befreiung von der Maskenpflicht ohne aussagekräftiges Attest
  234. Pandemiebedingte Sperrzeit für Gaststätten und Vergnügungsstätten gerichtlich bestätigt
  235. Schleswig-Holsteinisches Beherbergungsverbot außer Vollzug gesetzt
  236. Beherbergungsverbot in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt
  237. Gastronom im Berchtesgadener Land scheitert mit seiner Klage gegen Lockdown
  238. Reisepreis muss vom Veranstalter innerhalb von 14 Tagen nach Stornierung rückerstattet werden
  239. Erfolgloser Eilantrag gegen Maskenpflicht in Kirchen in Frankfurt am Main
  240. Eilantrag gegen Sperrstunde in Bayern bleibt ohne Erfolg
  241. Pirmasenser Zeitung hat keinen Anspruch auf Auskunft über Infektionszahlen in Ortsgemeinden
  242. Quarantäneanordnungen müssen zeitlich befristet werden
  243. Außervollzugsetzung einer Verordnung über die Anordnung einer Sperrzeit und eines Alkohol-Außer-Haus-Verkaufsverbots in Gastronomiebetrieben
  244. Beschwerden der Querdenken-Bewegung zurückgewiesen
  245. Tennisverein scheitert mit Eilantrag
  246. Teil-Lockdown (touristisches Beherbergungsverbot) in Sachsen-Anhalt verhältnismäßig
  247. Nächtliche Maskenpflicht für Teile der Koblenzer Innenstadt ist rechtswidrig
  248. Konzertverbot in Berlin einstweilen nicht zu beanstanden
  249. Freispruch, weil Kontaktbeschränkungen ein förmliches Gesetz erfordern
  250. Sechs erfolgslose Eilanträge gegen Betriebsschließungen im Rahmen des zweiten Lockdowns (erfolglose Anträge eines Restaurantbetreibers, eines Hotels mit Sauna, Schwimmbad und Restaurant, eines Bistros, eines Fitnessstudios, eines Kosmetik- und Nagelstudios sowie eines Berufsmusikers und Konzertveranstalters)
  251. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Gastronomiebetrieben in Niedersachsen
  252. Kein Anspruch auf Anwesenheit von Eltern und Trauzeugen bei Trauung im Standesamt Rellingen
  253. Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf zum Tragen einer Gesichtsmaske ist rechtswidrig
  254. Gaststätten im Land Berlin bleiben geschlossen
  255. Das Verbot, Mund-Nasen-Schutz bei Versammlungen mit anderen Accessoires zu kombinieren, ist rechtswidrig
  256. Pauschale Versammlungsbeschränkungen durch Allgemeinverfügung der Stadt Köln unzulässig
  257. Schließung von Fitnessstudios in Hamburg rechtswidrig
  258. Vollständige Schließung von Fitnessstudios in Bayern verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
  259. Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag einer Kino- und Restaurantbetreiberin ab
  260. Verwaltungsgericht erlaubt Betrieb einer kosmetischen Fußpflegepraxis im Saarland
  261. Corona-Beschränkungen gelten auch für Laternenumzug und Kindergeburtstag
  262. Maskenpflicht in „Verdichtungszonen“ im Rems-Murr-Kreis voraussichtlich rechtswidrig
  263. Keine Kürzung der Gewerberaummiete wegen coronabedingter Ladenschließung
  264. Den Schornsteinfeger muss man reinlassen!
  265. „Beerdigungskaffee“ in NRW derzeit nicht erlaubt
  266. Teillockdown in Bayern rechtmäßig
  267. Kosmetikstudio und Massagepraxis im Saarland dürfen öffnen
  268. Keine Aufnahme im Krankenhaus ohne vorherigen Coronavirus-Test
  269. Maskenpflicht im Bundestag gilt – die AfD verliert!
  270. Keine Quarantäne für Reiserückkehrer in NRW
  271. “Querdenken“-Kundgebung in Bochum darf nur ortsfest stattfinden
  272. „Querdenken“-Kundgebung in Duisburg verboten
  273. BayVGH setzt Pflicht zur wöchentlichen Testpflicht für Grenzgänger außer Kraft
  274. Keine landesweite Ladenöffnung an den Adventssonntagen in NRW
  275. Befreiung vom Präsenzunterricht – Anforderungen an die Glaubhaftmachung
  276. Maskenpflicht unter freiem Himmel in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes rechtmäßig
  277. Corona-Infektionszahlen zu Ortsgemeinden müssen an die Presse herausgegeben werden
  278. Regelung zur häuslichen Quarantäne für Ein- und Rückreisende war mit der Bayerischen Verfassung vereinbar
  279. Corona-Pandemie rechtfertigt keine Beschränkung der Personenzahl auf einer Eigentümerversammlung
  280. Minderung der Miete von Gewerberaum die Miete wegen einer coronabedingten Ladenschließung
  281. Kein Outdoor-Training in Kleingruppen in NRW
  282. Schließung von Wettannahmestellen in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt
  283. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung (Quarantänepflicht für Reiserückkehrer)
  284. Querdenken-Demonstration in Bremen darf nicht stattfinden
  285. „Querdenker“-Demonstrationen in Mannheim bleiben verboten
  286. Regelungen über eine Einreise-Quarantäne in Baden-Württemberg bleiben anwendbar
  287. Mietmangel bei staatlich verordneter Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts?
  288. Schüler wegen der Weigerung, eine Maske zu tragen, vom Schulbesuch ausgeschlossen
  289. Gericht gibt Eilantrag eines Bewohners einer Seniorenresidenz gegen Quarantäne-Anordnung statt
  290. Unzumutbare Akteneinsicht während der Corona-Pandemie in vollgestelltem 13 m² großen Kellerraum
  291. Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht
  292. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hotspots bleibt erfolglos
  293. Desinfektionskosten einer Kfz-Werkstatt im Zusammenhang mit COVID-19 als ersatzfähiger Schaden
  294. Keine unzumutbare Härte, wenn die Fahrerlaubnis während der Corona-Pandemie entzogen wird
  295. Eilantrag gegen Untersagung des Betriebes eines EMS-Studios in Hessen abgelehnt
  296. Eilanträge gegen Schließung der Eislaufbahn vor dem Monheimer Rathaus erfolglos
  297. Erfolgloser Eilantrag gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einem Rechtsanwaltsbüro
  298. Vorläufige Außervollzugsetzung des Feuerwerksverbots in Niedersachsen
  299. Nächtliche Ausgangssperre in Bayern ist voraussichtlich verfassungsgemäß
  300. Betriebsschließungsversicherung muss nicht in allen Fällen zahlen!
  301. Vollstreckungsschutz gilt auch für Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie
  302. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangssperre in Brandenburg ohne Erfolg
  303. Keine Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Beschränkungen für private Zusammenkünfte in Niedersachsen
  304. Allgemeinverfügung der Stadt Solingen zu Ausgangsbeschränkungen rechtmäßig
  305. Pflegeheime dürfen Besuch ohne negativen Schnelltest verweigern
  306. Eilantrag der Anbieterin von Meditations- und Qigong-Kursen abgelehnt
  307. Zur Ausgangsbeschränkung im Kreis Euskirchen I
  308. Zur Ausgangsbeschränkung im Kreis Euskirchen II
  309. Eilanträge gegen Feuerwerksverbot in Hamburg ohne Erfolg
  310. Verkaufsverbot für Silvester-Feuerwerk in zweiter Instanz bestätigt
  311. Demonstrationen über Silvester bleiben in Berlin verboten
  312. Golfplätze in NRW bleiben geschlossen
  313. Weiterhin kein Betrieb von Hundeschulen in NRW
  314. OVG Münster kippt Demonstrationsverbot an Silvester in NRW
  315. AfD Schleswig-Holstein scheitert mit Antrag gegen Veranstaltungsverbote
  316. Ausgangsbeschränkung im Kreis Gütersloh gilt weiterhin
  317. Elfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bleibt in Kraft
  318. Kein Arbeiten ohne Maske!
  319. Befreiung von der Maskenpflicht – Anforderungen an ein ärztliches Attest
  320. Gericht bestätigt Verbot touristischer Übernachtungen in Berlin
  321. Eilantrag gegen Coronaeinreiseverordnung in NRW abgelehnt
  322. Ausschluss eines Auszubildenden vom Präsenzunterricht in der Berufsschule bei Verstoß gegen die Maskenpflicht / zur Aussagekraft eines ärztlichen Attests
  323. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung für 84-jähriges Ehepaar
  324. Verkauf privilegierter Waren durch zwei Einkaufsmärkte gestattet
  325. Hunde dürfen in NRW trotz Lockdowns weiter frisiert werden
  326. Rückforderung der Corona-Soforthilfe bei bestehender Zahlungsunfähigkeit
  327. Zum Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) in den Zeiten von Corona
  328. Erfassen der persönlichen Daten von Besuchern einer Gerichtsverhandlung
  329. 15 Kilometer Radius wirksam!
  330. Maskenpflicht an Schulen ist rechtmäßig, Unterrichtsausschluss unwirksam
  331. Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebot in NRW gelten auch bei Menschen, die an einer Depression leiden!
  332. Diebstahl von Desinfektionsmitteln während der Coronavirus-Pandemie kann die außerordentliche und fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen
  333. Verbot einer Versammlung in Stein bei Nürnberg gerichtlich bestätigt
  334. Personenbegrenzung in großflächigen Lebensmittelmärkten zur Corona-Bekämpfung nicht gleichheitswidrig
  335. Alkoholverbot im öffentlichen Raum in Bayern unwirksam
  336. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schulschließungen in Niedersachsen
  337. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der verschärften coronabedingten Kontaktbeschränkungen in Niedersachsen
  338. Zur „Zimmervermietung“ umgestaltetes Bordell in Speyer bleibt geschlossen
  339. Jobcenter muss die Kosten für eine internetfähigen Computer übernehmen
  340. Allgemeinverfügung des Landkreises Limburg-Weilburg teilweise rechtswidrig (15 km Radius) / nächtliche Ausgangsbeschränkung wirksam
  341. Regelung der Corona-Verordnung zu Kontaktbeschränkungen im Saarland teilweise außer Vollzug gesetzt
  342. Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe in Zeiten der Corona-Krise
  343. Keine Rundfunkgebührenpflicht für Angehörige einer Risikogruppe?
  344. Wirksame nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Rhein-Pfalz-Kreis
  345. Kein Anspruch auf vorgezogene Corona-Impfung für 73-jährigen herzkranken Mann
  346. Anspruch auf Notbetreuung beim paritätischen Wechselmodell
  347. Golfplätze und Friseursalons in Schleswig-Holstein bleiben geschlossen
  348. Verbot körpernaher Dienstleistungen während der Corona-Pandemie in Schleswig-Holstein rechtmäßig / § 28a IfSG verfassungsgemäß
  349. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eines Krankenhauses bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts in Zeiten der Corona-Pandemie
  350. 83-Jährige Essener haben keinen Anspruch auf unverzügliche Impfung
  351. Weiterhin kein Präsenzunterricht in NRW
  352. FFP2-Maskenpflicht in Bayern bestätigt / 15-Kilometer-Regel vorläufig außer Vollzug gesetzt
  353. Freispruch vom Vorwurf des Verstoßes gegen Kontaktbeschränkungen
  354. Hundesalons in Baden-Württemberg dürfen kontaktlose Dienstleistungen mit festem Zeitfenster anbieten
  355. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung für 83-Jährigen in Niedersachsen
  356. Kein Mietmangel bei pandemiebedingten Nutzungseinschränkungen im Hotelbetrieb
  357. Autogroßhändler in Niedersachsen muss nicht schließen
  358. Erfolglose Eilanträge auf vorgezogene Schutzimpfung wegen einer Krebserkrankung
  359. Erfolgreicher Antrag eines schwerstbehinderten Antragstellers auf prioritäre Berücksichtigung bei der Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-CoV-2
  360. Priorität bei der Corona-Schutzimpfung für schwer erkrankte Menschen
  361. Untervermietung eines Fitnessstudios an Einzelpersonen verstößt nicht gegen die Niedersächsische Corona-Verordnung
  362. Elfte Baye­ri­sche Co­ro­na-Ver­ord­nung bleibt vor­erst in Voll­zug
  363. Praktischer Fahrunterricht in Niedersachsen weiterhin zulässig
  364. Corona bedingte Schließung eines Fitnessstudios ist rechtswidrig
  365. Friseure in Hessen dürfen weiterhin nicht öffnen (mobiler Service verboten)
  366. Eilrechtsschutzantrag gegen Verbot des Alkoholkonsums im gesamten öffentlichen Raum des Landes Brandenburg erfolgreich
  367. Nächtliche Ausgangbeschränkungen in Baden-Württemberg ab 11.02.2021 außer Vollzug
  368. Aktuell keine Sonderrechte für Geimpfte!
  369. Kein Anspruch aus der Betriebsschließungsversicherung
  370. „Ansammlungsverbot“ nach der Coronaschutzverordnung in NRW rechtmäßig
  371. Maskenpflicht im Umfeld von Geschäften in NRW außer Vollzug gesetzt
  372. Coronavirus-Pandemie ist ein Fall höherer Gewalt
  373. Gericht lehnt Eilantrag von Friseurbetrieb gegen Betriebsschließung ab
  374. C&A muss Ladenmiete zahlen!
  375. Bayerns Ausgangsbeschränkungen während des ersten Lockdowns waren verfassungsgemäß
  376. Berliner Verbot nicht dringlicher Behandlungen in Notfallkrankenhäusern ist nichtig
  377. Vorübergehender Anspruch des Hartz-IV-Empfängers auf 20 FFP2-Masken je Woche
  378. Erfolglose Anträge gegen die Quarantänepflicht nach Rückkehr aus einem Risikogebiet (Gran Canaria/Fuerteventura)
  379. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Friseurbetrieben
  380. Eilantrag gegen Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg abgelehnt
  381. Eilantrag auf höhere Priorisierung für Corona-Impfung eines Nierentransplantierten abgelehnt
  382. Corona-Pflegebonus nur Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen
  383. Flug muss durchgeführt werden!
  384. Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafprozess gilt auch während der Pandemie
  385. Keine Entschädigung eines Gastwirts durch dessen Betriebsschließungsversicherung
  386. Verbotswidrige Ansammlung von Personen als Verstoß gegen die Coronavirus-Prävention in NRW
  387. Erfolgloser Eilantrag eines Zahnarztes auf Einordnung in die Gruppe mit höchster Priorität bei dem Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung
  388. Verbot der Einreise aus nicht beruflichen Gründen in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald für Zweitwohnungsbesitzer ist rechtmäßig
  389. Verkaufsstätte eines Gemischtwarenladens in Wetzlar bleibt geschlossen
  390. Fitness- und Tattoostudios in Baden-Württemberg bleiben geschlossen
  391. Hohe Entschädigung für Barbetreiber in Düsseldorf aus Betriebsschließungsversicherung
  392. Krebskranker wird nicht bevorzugt geimpft
  393. Betriebsuntersagung für Fahrschulen in Baden-Württemberg ab 01.03.2021 außer Vollzug gesetzt
  394. Uneingeschränkte Pflicht zur Mietzahlung trotz Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im „Corona-Lockdown“
  395. Anspruch auf Mietminderung wegen pandemiebedingter Schließung eines Ladenlokals
  396. Regelung über das Verbot von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern vorläufig außer Vollzug gesetzt
  397. Eine gegen die staatliche Coronapolitik gerichteten Demonstration bleibt verboten
  398. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf zum Verweilverbot in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes bleibt erfolglos
  399. Eilantrag gegen Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg abgelehnt / Landesregierung ist nicht verpflichtet, „Click&Meet“ zu ermöglichen
  400. Friseure und Nagelstudios in Flensburg bleiben geschlossen
  401. Corona-Schutzmaßnahmen für Alten- und Pflegeheime in Bayern / Testpflicht für Mitarbeiter und Besucher?
  402. Vorläufige Außervollzugsetzung der Untersagung von Erste-Hilfe-Kursen für Fahrschüler und der Hundetrainings von Hundeschulen
  403. Gastronomie im Seniorenzentrum bleibt auch für Geimpfte geschlossen
  404. Gesangsverbot sowie Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung im Gottesdienst sind rechtmäßig
  405. Betreiberin eines Golfplatzes im Bundesland Brandenburg unterliegt vor dem OVG Berlin-Brandenburg
  406. Maskenpflicht an Grundschulen in NRW bestätigt
  407. Landesregierung von Niedersachsen hat Unterrichtungspflicht gegenüber dem Landtag über die Vorbereitung der sog. Corona-Verordnungen verletzt
  408. Kein Anspruch gegen die Betriebsschließungsversicherung
  409. Schließung einer Outdoor-Trainingsanlage rechtmäßig
  410. Schließung der „Kirche des Bizeps“
  411. Gericht setzt Vorschrift zur Beschränkung des Einzelhandels im Saarland außer Vollzug
  412. Keine sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an weiterführenden Schulen in NRW
  413. Vollständiger Ausschluss einzelner Klassenstufen von Präsenzbeschulung im Wechselmodell in Berlin ist rechtswidrig
  414. Schließung eines „Outdoor-Fitnessstudios“ im Saarland überwiegend rechtmäßig
  415. Stundenweises Untervermieten eines Badbetriebes an Einzelpersonen oder Angehörige eines Hausstandes in Hessen nicht durch Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung untersagt
  416. Kurzarbeit Null kürzt den Urlaub
  417. Eilantrag gegen Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark in Hamburg erfolgreich
  418. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung für Strafgefangenen
  419. Keine Verkürzung der Absonderungszeit für geimpftes Ärzteehepaar
  420. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Baumärkten und Bekleidungsgeschäften in Niedersachsen / keine gewerbliche oder private Vermietung einer Ferienwohnung oder eines Ferienhauses zu touristischen Zwecken
  421. Quarantänepflicht für die „Kontaktperson der Kontaktperson“ eines mit einer Virusvariante Infizierten außer Vollzug gesetzt
  422. Grillgeschäft darf öffnen
  423. Maskenpflicht für Skihänge im Oberharz rechtswidrig
  424. Haftstrafe von viereinhalb Jahren für unberechtigte Beantragung von Corona-Soforthilfen
  425. Eilantrag auf Impfung mit AstraZeneca abgelehnt
  426. In Berlin geltende Maskenpflicht im Freien weitgehend bestätigt
  427. Sonnenstudio darf unter Beachtung strenger Hygienevorgaben öffnen
  428. Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Kontaktbeschränkungen auf 5-Personen und anderer Verordnungsregelungen in Niedersachsen
  429. Kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen zum Austausch von Begrüßungen oder Ähnlichem stellt keine verbotene „Ansammlung“ dar
  430. Jobcenter muss FFP2-Masken weder bereitstellen noch bezahlen
  431. Einreisebeschränkungen an tschechischer Grenze rechtens
  432. Bibliothek am Fachbereich Rechtswissenschaft an der HU Berlin bleibt geschlossen
  433. Beschränkungen im Einzelhandel in NRW vorläufig außer Vollzug gesetzt
  434. Coronabedingte Einschränkungen für Gewerberaumnutzung sind kein Mietmangel
  435. Einzelne Vorschriften der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung v. 05.03.2021 werden nicht außer Vollzug gesetzt
  436. Gericht in Sachsen bestätigt Testpflicht auf das Corona-Virus für Kreistagssitzung
  437. Eilanträge gegen die Corona-Verordnung in Baden-Württemberg zum Teil erfolgreich; Entscheidungen u.a. zu Öffnung des Einzelhandels, Ferienwohnungen und Novemberhilfen, Südafrika-Rückreisende, Gastronomie, Yoga-Studios, Private-Spa-Saunen
  438. Mitbestimmungspflicht bei Einführung von Hygienemaßnahmen?
  439. Rückführung eines Kindes nach Frankreich trotz Coronavirus-Pandemie
  440. Rücktritt von einer Reise durch den Reiseveranstalter
  441. Leiterin einer Seniorenpflegeeinrichtung darf nach Hygieneverstößen weiter-hin nicht beschäftigt werden
  442. Verschieben des Medizinerexamens und Vorziehen des Praktischen Jahres aus Anlass der Corona-Pandemie voraussichtlich rechtmäßig
  443. Wesentliche Regelungen der Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung in Sachsen-Anhalt verfassungswidrig
  444. Eilantrag gegen Corona-Beschränkungen im Handel in Brandenburg bleibt erfolglos
  445. Corona-Zuschuss für Hartz IV-Empfänger verfassungswidrig?
  446. Zulässige Wohnungsdurchsuchung wegen Verstoß gegen geltende Kontaktbeschränkungen
  447. Kein Anspruch von Gymnasiallehrern auf gleichberechtigte Impfung
  448. Der Arbeitgeber trägt auch in der Pandemie das Betriebsrisiko
  449. Arbeitnehmer hat Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitgeber eine Quarantäne anordnet
  450. Vorerst kein Biontech-Impfstoff in Apotheken
  451. Distanzunabhängige Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark voraussichtlich rechtmäßig
  452. Schuhgeschäfte in Bayern dürfen öffnen
  453. Trainingsangebot von Fitnessstudios im Freien bleibt in Hamburg untersagt
  454. Teilnehmer an Klausurprüfungen im zweiten juristischen Staatsexamen in NRW müssen medizinische Maske tragen
  455. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen in Hamburg bleibt erfolglos
  456. Anspruch von Schülern in Hessen auf eine Beschulung im Wege des Wechselunterrichts?
  457. Gastronomie in einem Seniorenzentrum? Gericht unterbreitet Beteiligten Vergleichsvorschlag im Anhörungsrügeverfahren
  458. Kundenbegrenzung in Geschäften auf eine Person pro 40 qm in Berlin nicht rechtens
  459. Ausgangsbeschränkung der Region Hannover voraussichtlich rechtswidrig
  460. Benotung schulischer Leistungen während der Coronavirus-Pandemie
  461. Zur Pfändbarkeit von Corona-Soforthilfen
  462. Impflicht in Tschechien stellt keine Menschenrechtsverletzung dar
  463. Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten während der Coronavirus-Pandemie
  464. Kein Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises (sog. Gutscheinlösung)
  465. Zur Wohnungseigentümerversammlung in den Zeiten von Corona
  466. Tests statt Corona-Notbremse und Maskenpflicht im Auto rechtmäßig
  467. Eilantrag von Dauercampern scheitert vor dem Verfassungsgericht
  468. La­den­in­ha­ber darf von Kun­den das Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung ­for­dern
  469. Kinder in der Schule müssen keine Masken tragen
  470. Langzeit-Quarantäne regelmäßig rechtswidrig
  471. Erfolgreicher Antrag gegen die nächtliche Ausgangssperre im Main-Kinzig-Kreis (Hessen)
  472. Eilantrag gegen Corona-Tests für Schüler abgelehnt
  473. Bußgeldbewehrter Verstoß gegen pandemiebedingte Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum nur bei Unterschreitung des Mindestabstandes von 1,5 Metern
  474. Keine Maskenpflicht in der Schule
  475. Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen auch für von COVID-19 Genesene rechtens
  476. Eilantrag von „Aufstehen für die Kunst“ gegen die Schließung von Kultureinrichtungen abgelehnt
  477. Keine Überprüfung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen durch das Familiengericht
  478. Pandemiebedingte Anpassung der Gewerberaummiete?
  479. Zahlung von Gewerbemiete bei einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung wegen der Corona-Pandemie
  480. Kein Ansprüche eines Reisenden gegenüber einem Reiseunternehmen bei Kontakt mit einem Corona-Infizierten im Hotel
  481. Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Mini-golfanlagen in Niedersachsen
  482. Vorläufige Außervollzugsetzung der Maskenpflicht für den Fahrer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrgemeinschaften / Ausgangsbeschränkungen in Niedersachsen sind rechtlich nicht zu beanstanden
  483. Eilantrag gegen Coronaeinreiseverordnung in NRW erfolglos
  484. OVG des Saarlandes weist Eilantrag gegen „Testpflichten“ nach dem sog. „Saarland-Modell“ zurück
  485. Kein Schutz durch die Betriebsschließungsversicherung
  486. Ausschluss von Schülern vom Präsenzunterricht bei fehlender Einwilligung in Corona-Schnelltests im Landkreis Burgenlandkreis voraussichtlich rechtmäßig
  487. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der Testpflicht für den Schulbesuch in Niedersachsen
  488. Allgemeinverfügung mit nächtlichen Kontaktbeschränkungen des Landkreises Gießen gilt auch für Geimpfte
  489. Quarantäne für Altenheimbewohnerin in NRW rechtswidrig
  490. Das Fa­mi­li­en­ge­richt hat keine Be­fug­nis, An­ord­nun­gen ge­gen­über Be­hör­den und Ver­tre­tern von Be­hör­den als Trä­ger öf­fent­li­cher Ge­walt zu tref­fen
  491. Die Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler in Bremen wird vorläufig außer Vollzug gesetzt
  492. Heide-Park Soltau darf unter strengen Hygieneauflagen öffnen
  493. „Querdenker“-Demonstration bleibt verboten
  494. Kündigung wegen Covid-19-Quarantäne unwirksam
  495. Wirksame Rücktrittserklärung bei einer vor Pandemie-Beginn gebuchten Reise bei bestehender Reisewarnung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung
  496. (Immer noch) keine freie Wahl beim Impfstoff
  497. Beschwerde gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ohne Erfolg
  498. In Bayern keine Außervollzugsetzung von Regelungen zu Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht sowie zur „Testpflicht“ an Schulen
  499. Vollständig geimpfte Reiserückkehrer aus einem nur als „Risikogebiet“ qualifizierten Land müssen sich nicht der 10-tägigen häuslichen Quarantäne unterziehen
  500. Fußballclub hat Anspruch auf Erstattung von Gehalt eines Fußballprofis

Siehe auch den Beitrag von Schmitt in NJW 2020, 1626 ff. [„Die Verfassungswidrigkeit der landesweiten Ausgangsverbote“].

Zu den Entscheidungen im Detail:

  1. Rechtmäßige Schließung von Schulen, Kitas usw.

Am 11.03.2020 bestätigte das VG Bayreuth eine Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) vom 06.03.2020 zum Besuch von Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen und Heilpädagogischen Tagesstätten im Zusammenhang mit der Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (VG Bayreuth, Beschl. v. 11.03.2020 – B 7 S 20.223).

  1. Verbot des Late-Night-Shoppings wirksam

Am 14.03.2020 bestätigte das Verwaltungsgericht Stuttgart das Verbot eines Late-Night Shoppings (VG Stuttgart, Beschl. v. 14.03.2020 – 16 K 1466/20).

  1. Keine Geburtstagsfeier in großer Runde

Das VG Göttingen hat entschieden, dass die infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung der Stadt Göttingen vom 17.03.2020 rechtmäßig ist und es dem Antragsteller daher verboten ist, seinen runden Geburtstag in großer Runde zu feiern (VG Göttingen, Beschl. v. 20.03.2020 – 4 B 56/20).

  1. Rechtmäßige Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels

In zwei Entscheidungen vom 20.03.2020 hat das Verwaltungsgericht München die am 16.03.2020 angeordnete Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels als verhältnismäßig erachtet (VG München, Beschl. v. 20.03.2020 – M 26 E. 20.1209 und M 26 S 20.1222).

  1. Schließung von Spielhallen rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die Anordnung der Schließung von Spielhallen in Langenfeld rechtmäßig ist (VG Düsseldorf, Beschl. v. 20.03.2020 – 7 L 575/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Der Betreiber einer Spielhalle in Langenfeld hatte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gleichzeitig erhobenen Klage beantragt. Mit dieser Klage wendet er sich gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Langenfeld, mit der der Bürgermeister auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes u.a. die generelle Schließung von Spielhallen bis zum 19. April 2020 angeordnet hat.

Das Gericht hat in seiner Entscheidung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Anordnung kontaktreduzierender Maßnahmen höher gewichtet als das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers. Die Behörde habe nachvollziehbar und plausibel begründet, dass das auch von Land und Bund verfolgte Ziel der Verzögerung der Ausbreitung des Corona-Virus nur durch einschneidende Maßnahmen erreicht werden könne. Die damit gewonnene Zeit sei erforderlich, um das Gesundheitssystem im Interesse des Gesundheits- und Lebensschutzes insbesondere vulnerabler Personengruppen leistungsfähig zu erhalten. Ferner werde damit voraussichtlich auch Zeit gewonnen, um Therapeutika und Impfstoffe zu entwickeln.

Den hiergegenüber nachrangigen wirtschaftlichen Folgen für den Antragsteller in Folge der zeitlich befristeten Schließungen werde durch die zugesagten Finanzhilfen von Bund und Land gegebenenfalls Rechnung getragen.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zulässig.

  1. Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vom 22.03.2020 wirksam

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat den Antrag eines Potsdamer Bürgers auf teilweise Aussetzung des Vollzugs der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vom 22.03.2020 zurückgewiesen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.03.2020 – OVG 11 S 12/20, NJW 2020, 1242).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Zur Begründung hat er [das Gericht] ausgeführt, die Regelungen hinsichtlich der Untersagung sonstiger Ansammlungen in § 1 Abs. 1 der Verordnung und hinsichtlich des Aufenthalts im öffentlichen Raum in § 11 der Verordnung verletzten den Antragsteller insbesondere nicht in seinem Recht auf Freizügigkeit. Die angegriffenen Bestimmungen fänden eine hinreichende Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem neuartigen Coronavirus auch in anderen Ländern und dessen Einstufung als Pandemie durch die WHO seien die angeordneten Schutzmaßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen und überschritten den dem Verordnungsgeber eingeräumten Einschätzungsspielraum nicht. Dass sie über die Regelungen hinausgingen, die am 22. März 2020 von der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Bundesländer vereinbart worden seien, sei nicht ersichtlich.

Der Volltext der Entscheidung ist ebenfalls abrufbar.

  1. Vorübergehende Betriebsschließung einer Lottoannahmestelle und eines Pralinenfachgeschäfts rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen hat am 23.03.2020 die vorübergehende Betriebsschließung einer Lottoannahmestelle und eines Pralinenfachgeschäfts aufgrund der Coronavirus-Pandemie für rechtmäßig erklärt (VG Aachen, Beschl. v. 23.03.2020 – 7 L 230/20, 7 L 233/20). Grundlage für die Schließung ist eine Allgemeinverfügung der Stadt Würselen vom 18.03.2020, mit der angesichts der fortschreitenden Ausbreitung des Corona-Virus ab sofort – zunächst bis zum 19.04.2020 – u.a. der Weiterbetrieb bestimmter Verkaufsstellen des Einzelhandels untersagt worden ist.

  1. Ausgangsbeschränkungen zweier Einzelpersonen aus formalen Gründen nicht rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) München hat mit zwei Beschlüssen vom 24.03.2020 zugunsten zweier Einzelpersonen die Wirkung der Ausgangsbeschränkungen vom 20.03.2020 aus formalen Gründen vorläufig außer Kraft gesetzt (VG München, Beschl. v. 24.03.2020 – M 26 S 20.1252 und M 26 S 20.1255).

  1. Verbot der Nutzung von Nebenwohnungen in Schleswig-Holstein vorläufig wirksam / Rückreiseverfügung und Einreiseverbot vorläufig wirksam

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig hat  Anträge von Nutzern von Nebenwohnungen  auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmittel gegen die Verfügung von zwei Landkreisen zurückgewiesen (VG Schleswig, Beschl. v. 21.03.2020 – 1 B 10/20, 1 B 11/20, 1 B 12/20, 1 B 13/20, 1 B 14/20; VG Schleswig, Beschl. v. 26.03.2020 1 B 30/20).

Die Landkreise hatten verfügt, dass die Nutzung von Nebenwohnungen zu unterbleiben hat und entsprechende Nutzer an ihren Hauptwohnsitz zurückzukehren haben. Das Gericht hat keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Maßnahme letztendlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Angesichts des  nur summarischen Prüfungsumfangs bei Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen Verfügungen der staatlichen Behörden hatte sich das Gericht dafür entschieden, die Eindämmung der Infektionsgefahr den Vorrang einzuräumen. In der Pressemitteilung heißt es hierzu:

Soweit die Antragsteller durch die ergangenen Allgemeinverfügungen aufgefordert werden, den Ort der Nebenwohnung zu verlassen, hat das Gericht in den Entscheidungsgründen weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Verfügungen festgestellt.

Wegen der Eilbedürftigkeit hat die Kammer die Entscheidung auf eine weitergehende Interessenabwägung gestützt. Dabei haben die Richter der im öffentlichen Interesse stehenden Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der medizinischen, insbesondere krankenhausärztlicher (Intensiv?) Versorgung für die Bevölkerung ein überragendes Gewicht beigemessen. Das private Interesse der Antragsteller, in der Nebenwohnung zu verbleiben, überwiege das überragende öffentliche Interesse nicht. Insbesondere seien von den Antragstellern keine individuellen Umstände vorgetragen worden, die eine Nutzung ihrer Hauptwohnung im Einzelfall als unzumutbar erscheinen ließe.

Mit der gleichen Begründung wurde am 26.03.2020 auch ein Einreiseverbot für Nebenwohnungsbesitzer bestätigt. (VG Schleswig vom 26.03.2020 1 B 30/20).

Siehe dazu auch die zweitinstanzliche Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig (das OVG bestätigt das Verbot der Anreise auswärtiger Zweitwohnungsbesitzer, OVG Schleswig, Beschl. v. 02.04.2020 – 3 MB 8/20, NJW 2020, 1382; 3 MB 11/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Es bleibt bei dem vom Kreis Nordfriesland zur Eindämmung des Coronavirus verfügten Verbot der Anreise zur Nutzung von Zweitwohnungen. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein in Schleswig hat das Verbot mit Beschlüssen vom 02.04.2020 in zweiter Instanz bestätigt und sich zugleich zu den diesbezüglichen Ausnahmeregelungen geäußert. Es entnimmt den geltenden Regelungen, dass vorerst jede Art vermeidbarer Anreisen zu unterbleiben habe (…).

Mit Beschlüssen vom gestrigen Tage hat nunmehr auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht als zweite Instanz in zwei Beschwerdeverfahren das durch den Kreis Nordfriesland verfügte Anreiseverbot zur Nutzung von Nebenwohnungen (Zweitwohnungen) zwecks Bekämpfung und Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 bestätigt und sich zugleich zu den diesbezüglichen Ausnahmeregelungen geäußert. Der zuständige 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts entnimmt den geltenden Regelungen, dass vorerst jede Art vermeidbarer Anreisen zu unterbleiben habe.

Im Verfahren 3 MB 8/20 führt der zuständige 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts nach summarischer Prüfung aus, dass das Anreiseverbot aus der Allgemeinverfügung des Kreises rechtmäßig sei. Nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes sei der Kreis gehalten, der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken und die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Beanstandungsfrei berufe sich der Kreis darauf, dass das Virus vermutlich gerade durch auswärtige Personen verbreitet werde, die erst im Skiurlaub gewesen seien und danach in ihre Ferienwohnung reisten. Auf diese Weise kämen Personen miteinander in Kontakt, die sonst keinen Kontakt hätten. Allein im Kreis Nordfriesland gebe es mehrere Tausend Ferienwohnungen. Der Senat habe deshalb keinen Zweifel, dass die untersagte Anreise ein verhältnismäßiges Mittel darstelle, um die Ausbreitung des neuartigen Virus einzudämmen und die medizinischen Versorgungskapazitäten im Kreisgebiet vor Überlastung zu schützen. Es dürfe nicht so weit kommen, dass das medizinische Personal darüber entscheiden müsse, welche beatmungspflichtigen Patienten von einer intensivmedizinischen Behandlung ausgeschlossen würden. Das Interesse der Antragsteller an einer uneingeschränkten Nutzung ihrer Nebenwohnung müsse hinter diesem überragenden öffentlichen Interesse zurückstehen, zumal es sich um eine nur vorübergehende Maßnahme handele und bei schwerwiegenden Gründen Ausnahmen möglich seien. Schließlich sei der der Verfügung zugrundeliegende § 28 des Infektionsschutzgesetzes zum 28. März 2020 geändert worden und ermächtige nunmehr auch zu Eingriffen in das Grundrecht auf Freizügigkeit.

Im Verfahren 3 MB 11/20 begehrten die Antragsteller die gerichtliche Feststellung, dass für die von ihnen geplante Anreise zu ihrer Nebenwohnung im Kreisgebiet ein Ausnahmetatbestand gegeben sei. Es sei kein Aufenthalt zu touristischen Zwecken geplant, vielmehr solle von dort aus im Homeoffice gearbeitet werden.

Eine Ausnahmemöglichkeit vermochten weder das Verwaltungsgericht noch das Oberverwaltungsgericht dafür anzuerkennen. Die Allgemeinverfügung des Kreises bestimme unter Bezugnahme auf die SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der Landesregierung ausdrücklich, dass nicht nur Reisen aus touristischem Anlass, sondern auch zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Inanspruchnahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen untersagt seien. Ausgenommen vom Verbot sei die Nutzung einer Nebenwohnung nur aus zwingenden Gründen, etwa aus zwingenden gesundheitlichen oder beruflichen Gründen. Dergleichen gelte für die Antragsteller nicht. Es sei nicht erkennbar, warum es für sie unerlässlich sein solle, zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Nebenwohnsitz aufzusuchen. Es sei zwar verständlich, dass sie die im Vergleich mit ihrer Hauptwohnung geräumigere und mit einem Grundstück versehene Zweitwohnung zum Aufenthalt für sich und ihre Kinder nutzen wollten, doch vermöge dies keinen zwingenden Grund oder einen vergleichbar schwerwiegenden Grund im Sinne der Allgemeinverfügung zu begründen.

Die Beschlüsse (Az. 3 MB 8/20 und 3 MB 11/20) sind unanfechtbar.

  1. Vorläufige Ausgangsbeschränkung in Bayern bleiben in Vollzug

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat am 26.03.2020 entschieden, die in Bayern im Kampf gegen die Corona-Pandemie erlassene vorläufige Ausgangsbeschränkung vorerst weiter in Vollzug bleiben (BayVerfGH, Beschl. v. 26.03.2020 – Vf. 6-VII-20). Die mit der Ausgangsbeschränkung verbundenen Grundrechtseingriffe seien zwar tiefgreifend. Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung überwiege aber.

Siehe auch nachfolgend Nr. 375 zur Entscheidung in der Hauptsache sowie VGH München, Beschl. v. 30.03.2020 – 20 NE 20.632, NJW 2020, 1236.

  1. Verlängerte Räumungsfristen bei Wohnraummietsachen

Das Landgericht (LG) Berlin hat entschieden, dass gerichtliche Räumungsfristen in Wohnraummietsachen wegen des Coronavirus bis Ende Juni verlängert werden (LG Berlin, Beschl. v. 27.03.2020 – 67 S 16/20).

  1. Allgemeinverfügung zur Schließung von Einzelhandelsgeschäften rechtlich nicht zu beanstanden

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung zur Schließung von Einzelhandelsgeschäften in Hamburg rechtlich nicht zu beanstanden sei (OVG Hamburg, Beschl. v. 26.03.2020 – 5 Bs 48/20).  Damit blieb das gerichtliche Vorgehen einer Betreiberin mehrerer Einzelgeschäfte für den Handel mit elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern gegen die Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Coronavirus in Hamburg vom 16.03.2020 erfolglos. Das OVG hat mit Beschluss vom 26.03.2020 ihren Eilantrag zurückgewiesen.

Siehe auch VGH München, Beschl. v. 30.03.2020 – 20 CS 20.611, NJW 2020, 1240.

  1. Derzeit keine Untersagung einer für Mai geplanter Hauptversammlung einer Bank

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. hat entschieden, dass es derzeit keine rechtliche Möglichkeit gebe, eine für Mai geplante Hauptversammlung einer Bank gerichtlich untersagen zu lassen (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 26.03.2020 – 5 L 744/20.F, DB 2020, 891).

  1. Keine Aussetzung von Abiturprüfungen in Hessen

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat den Eilantrag einer Schülerin auf Aussetzung der Abiturprüfung in Hessen wegen einer drohenden Gesundheitsgefährdung durch das Coronavirus abgelehnt (VG Wiesbaden, Beschl. v. 30.03.2020 – 6 L 342/20/.WI).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Antragstellerin nicht die vorläufige Aussetzung des Abiturs für alle Schülerinnen und Schüler in Hessen verlangen, weil ihr dafür die Antragsbefugnis fehlt. Sie habe auch keinen Anspruch auf die Aussetzung ihrer eigenen Klausuren. Das Hessische Kultusministerium habe durch einen Erlass diverse Hinweise zur Durchführung des Abiturs an alle hessischen Schulen gesendet, denen die allgemeinen Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes zugrunde lägen. Darin werde insbesondere ein ausreichender Abstand der Schülerinnen und Schüler sowohl auf dem Schulhof als auch im Prüfungsraum gefordert. Bei der Ableistung der Klausuren sollen die Prüfungsgruppen klein gehalten werden. Außerdem solle ein regelmäßiges Lüften der Räume gewährleistet werden.

  1. Eilanträge gegen sächsische Maßnahmen zu Corona-Pandemie bleiben erfolglos

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat entschieden, dass die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erlassenen Maßnahmen rechtmäßig seien (VG Dresden, Beschl. v. 30.03.2020 – 6 L 212/20 und 6 L 220/20).

Das Gericht hält die Einschränkungen persönlicher Freiheiten für zur Gefahrenabwehr erforderlich, geeignet und in Anbetracht der gegenwärtigen Gefahrenlage auch verhältnismäßig. Eine Ausnahme für die Durchführung einer Demonstration mit lediglich wenigen Teilnehmern komme nicht in Betracht.

  1. Unwirksamer Einreisestopp des Landkreises Ostprignitz-Ruppin

Der Versuch eines Landkreises, das Verbot der Übernachtung von Touristen auf die Nutzung von Zweitwohnungen auszuweiten, ist vor dem Verwaltungsgericht (VG) Potsdam gescheitert. Zwei Berliner dürfen somit trotz des vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin verhängten Einreisestopps zur Eindämmung der Corona-Ansteckungsgefahr zu ihren Zweitwohnsitzen reisen (VG Potsdam, Beschl. v. 31.03.2020 – VG 6 L 302/20 und VG 6 L 308/20).

In der Pressemitteilung des VG heißt es:

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam hat am 31. März 2020 in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einzelne Regelungen der Zweiten Allgemeinverfügung für Reisen in das Gebiet des Landkreises Ostprignitz-Ruppin als Schutzmaßnahme zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 des Landkreises Ostprignitz-Ruppin vom 27. März 2020 entschieden. Die bis zum 19. April 2020 geltende Zweite Allgemeinverfügung bezweckt nach ihrer Begründung die Aufrechterhaltung der Versorgungskapazitäten in medizinischen Einrichtungen des Landkreises und untersagt unter anderem die Anreise zur Nutzung von Nebenwohnungen (sog. Zweitwohnungen) im Landkreis aus touristischen Gründen. 

Die jeweils mit Hauptwohnsitz in Berlin gemeldeten Antragsteller verfügen im Kreisgebiet Ostprignitz-Ruppin über Nebenwohnungen und wollen diese alsbald nutzen, ohne die in der Zweiten Allgemeinverfügung geregelten Ausnahmen vom Verbot zu erfüllen.

Mit den den Beteiligten heute bekannt gegebenen Beschlüssen hat die 6. Kammer die vorläufige Vollziehung der Allgemeinverfügung im Verhältnis zu den Antragstellern der hiesigen Verfahren ausgesetzt.

Nach der Auffassung des Gerichts kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die in Rede stehende Untersagung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 erforderlich ist. Denn entgegen der Annahme des Landkreises dränge sich eine absehbare Kollabierung des Gesundheitssystems des Landkreises infolge eines erhöhten Anstiegs der Ansteckungsgefahr wegen der bevorstehenden Anreise von Zweitwohnungsnutzern keinesfalls auf.

Zwar ist es ein berechtigtes Anliegen zu verhindern, dass die medizinischen Kapazitäten, insbesondere im Bereich der Intensivmedizin, infolge einer zunehmenden Ausbreitung der Infektion überschritten werden. Inwieweit allerdings ein Zusammenhang zwischen der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems im Versorgungsgebiet und der Nutzung von Nebenwohnungen besteht, ist derzeit nicht ersichtlich und auch weder in der Begründung der Allgemeinverfügung noch in der Antragserwiderung des Landrats des Landkreises Ostprignitz-Ruppin dargetan worden, zumal überdies Beherbergungen von Touristen nach § 6 Abs. 5 der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vom 22. März 2020 (GVBl. II/20 Nr. 11) untersagt sind.  

Gegen die Beschlüsse steht dem Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat in zweiter Instanz die Entscheidung des VG Potsdam bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 07.04.2020 – OVG 11 S 15.20, NJW 2020, 1454; OVG 11 S 16.20).

  1. Das Bundesverfassungsgericht lehnt eine Entscheidung über Berliner Corona-Beschränkungen aus formalen Gründen ab

Siehe dazu BVerfG, Beschl. v. 01.04.2020 – 1 BvR 712/20:

In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts heißt es:

  1. Die Verfassungsbeschwerde wird den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht gerecht.
  2. a) Nach diesem Grundsatz muss ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann (…). Allerdings verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (…). Doch genügt eine Verfassungsbeschwerde auch dann nicht dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn die Möglichkeit besteht, fachgerichtlichen Rechtsschutz außerhalb eines Straf- oder Bußgeldverfahrens zu erlangen (…).
  3. b) So liegt es hier. Der Beschwerdeführer ist darauf zu verweisen, um verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.
  4. Reha-Einrichtung hat keinen Anspruch auf Erlass einer behördlichen Schließungsverfügung

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat den Antrag des Betreibers einer Reha-Einrichtung auf Erlass einer Schließungsverfügung, gerichtet gegen die Einrichtung, zurückgewiesen (VG Dresden, Beschl. v. 01.04.2020 – 6 L 224/20). Wie das VG Dresden meint bestehe für eine solche Verfügung kein Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragstellerin ihre Einrichtung eigenverantwortlich schließen könne und demzufolge nicht auf eine behördliche Schließungsanordnung angewiesen sei.

  1. Erfolgreiches Vorgehen gegen die Schließung eines Hundesalons wegen des Coronavirus

Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hat im Rahmen eines Eilantrags, der sich gegen die (angebliche) Schließung eines Hundesalons wegen des Coronavirus richtete, zugunsten des Betreibers des Hundesalons entschieden (VG Minden, Beschl. v. 02.04.2020 – 7 L 272/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Eine Hundesalonbetreiberin aus dem Kreis Lippe darf nach einer neuen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden nun doch trotz Corona-Pandemie weiter Hunde frisieren. Das Gericht hat am Donnerstag einen zunächst ergangenen Eilbeschluss von Dienstag entsprechend abgeändert (Az.: 7 L 272/20).

Es habe sich erst jetzt herausgestellt, dass die Stadt überhaupt gar keine Schließung des Salons im Sinn gehabt habe, sondern die Inhaberin lediglich auf die Bestimmungen der Corona-Schutzverordnung habe hinweisen wollen, teilte eine Gerichtssprecherin mit. Zwar wäre es grundsätzlich möglich gewesen, unter Verweis auf das Infektionsschutzgesetz den Betrieb zu schließen, um die Pandemie einzudämmen. Darauf habe sich die Stadt jedoch gar nicht berufen, wie sich nun herausgestellt habe.

Die Hundesalonbetreiberin war stets davon ausgegangen, die Behörden hätten ihren Betrieb komplett untersagen wollen. Sie wehrte sich per Eilverfahren und brachte vor, dass sie ihre Betriebsabläufe umstrukturiert habe: Die Tierhalter hätten den Salon nicht mehr betreten, sondern ihre Tiere an Tür abgeben oder anbinden können, um unmittelbare Kontakte zwischen Kunde und Salonmitarbeitern zu verhindern.

  1. Rechtmäßiges Verbot einer Zwei-Personen-Demonstration wegen des Coronavirus

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a. d. Weinstraße hält das Verbot einer Zwei-Personen-Demo für rechtmäßig (VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 02.04.2020 – 4 L 333/20.NW). Der Landkreis Germersheim habe zu Recht wegen des Coronavirus eine für den 04.04.2020 geplante Zwei-Personen-Demonstration in Kandel untersagt. Es sei mit der Entstehung einer verbotenen Menschenansammlung zu rechnen. Auch eine Auflage zum Tragen von Schutzmasken komme nicht in Betracht. In der Pressemitteilung heißt es:

Die vom Landkreis Germersheim gegenüber einem Veranstalter einer Versammlung in Kandel angeordnete Untersagung der Veranstaltung ist rechtens. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom 2. April 2020 entschieden.

Am 30. März 2020 meldete der Antragsteller beim Landkreis Germersheim für den 4. April 2020 eine Versammlung unter freiem Himmel in Kandel mit dem Thema Migrationspolitik, neue Weltordnung, Corona an. Die Versammlung sollte um 14 Uhr mit einer Auftaktkundgebung in der Nähe eines Supermarktes in Kandel beginnen und ausschließlich auf den Gehwegen durch mehrere innerörtliche Straßen wieder zurück zum Ausgangsplatz führen. In der Anmeldung hieß es, die Versammlung solle mit einem Megaphon, einem kleinen Bollerwagen mit mobiler Beschallungsanlage und zwei Schildern durchgeführt werden. Es würden nur zwei Personen inklusive des Versammlungsleiters an der Kundgebung teilnehmen. Eine Gegenveranstaltung sei nicht zu erwarten, da die Versammlung nicht beworben werde.

Mit Bescheid vom 1. April 2020 untersagte der Landkreis Germersheim die geplante Demonstration unter Hinweis darauf, der Antragsteller könne weder sicherstellen noch verhindern, dass sich weitere Personen spontan der 2-Personen-Versammlung anschließen würden. Auch sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit ein spontaner Gegenprotest zu erwarten. Es würde dadurch zu durch die 3. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 23. März 2020 – 3. CoBeLVO – untersagten Menschenansammlungen kommen.

Der Antragsteller hat dagegen Widerspruch eingelegt und zugleich um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat er geltend gemacht, das Verbot der öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel, zumal explizit auf zwei Personen begrenzt, sei rechtswidrig und verletze ihn in seinem Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Versammlung mit lediglich zwei Personen ergebe. Selbst wenn sich Dritte der Versammlung anschließen würden und dabei den geforderten Sicherheitsabstand von 1,5 Metern einhielten, wäre dies zulässig. Er wolle mit der angemeldeten Versammlung auch das aus seiner Sicht überzogene und rechtswidrige Vorgehen der verantwortlichen Regierung und Behörden in Bezug auf die aktuelle Corona-Problematik thematisieren. Der Landkreis Germersheim habe es des Weiteren versäumt, z.B. per Auflage zusätzlich das Tragen von Schutzmasken anzuordnen, um das Infektionsrisiko bei Durchführung der Versammlung auszuschließen.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Untersagung der Versammlung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 3 der 3. CoBeLVO  seien Veranstaltungen jeglicher Art untersagt. Bei der von dem Antragsteller geplanten Versammlung handele es sich um eine solche Veranstaltung. Das Infektionsschutzgesetz, auf dessen Grundlage die 3. CoBeLVO erlassen worden sie, ermächtige den Landesgesetzgeber dazu, u.a. das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) insoweit einzuschränken.

Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, es gäbe nur zwei Versammlungsteilnehmer, zwei Personen dürften sich nach der 3. CoBeLVO aber im öffentlichen Raum zusammen bewegen. Da es sich bei der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung um eine öffentliche Versammlung handele, an dem sich jeder an der Teilnahme Interessierte der Versammlung unter freiem Himmel anschließen könne, sei nicht gewährleistet, dass es nicht zu durch die 3. CoBeLVO untersagten Menschenansammlungen kommen werde. Der Antragsgegner weise zu Recht darauf hin, dass aufgrund der in der Südpfalz außergewöhnlichen Situation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit mit einem spontanen Gegenprotest zu rechnen sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die gewählte Aufzugsstrecke durch Wohngebiete in Kandel und die Benutzung eines Megafons, eines Bollerwagens mit mobiler Beschallungsanlage auch ohne vorherige Bewerbung innerhalb kürzester Zeit Aufmerksamkeit erlangen werde. Eine mögliche Menschenansammlung, bei der auch mit Verstößen gegen das Gebot des § 4 Abs. 2 Satz 2 der 3. CoBeLVO, wonach in der Öffentlichkeit, wo immer möglich, ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen einzuhalten sei, zu rechnen sei, könne nicht hingenommen werden.

Soweit der Antragsteller schließlich rüge, die Untersagung der Versammlung sei unverhältnismäßig, da es der Antragsgegner versäumt habe, z.B. per Auflage zusätzlich das Tragen von Schutzmasken anzuordnen, um das Infektionsrisiko bei der Versammlung auszuschließen, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar schreibe beispielsweise die Stadt Jena inzwischen einen Mund-Nasen-Schutz für den Aufenthalt in bestimmten öffentlichen Bereichen vor. Mit diesen Maßnahmen sei jedoch keinesfalls ein Infektionsausschluss zu erreichen. Denn es sei derzeit nicht möglich, überaus knappe Schutzmasken einer zertifizierten Schutzkategorie zur faktisch erfüllbaren Auflage zu machen.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.

  1. Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus greift nicht unverhältnismäßig in anwaltliche Berufsfreiheit ein

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass die Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus nicht unverhältnismäßig in anwaltliche Berufsfreiheit eingreift (VG Berlin, Beschl. v. 02.04.2020 – VG 14 L 31.20).

Ein Berliner Rechtsanwalt ist vor dem VG Berlin damit gescheitert, Teile der Berliner Verordnung über erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus vorläufig für rechtswidrig erklären zu lassen. Das VG verwies auf die überragende Bedeutung der Schutzgüter Leben und Gesundheit und die Tatsache, dass die Einschränkungen zeitlich stark befristet sind. Gegen den Beschluss vom 02.04.2020 ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

Nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bliebt der Eilantrag des Berliner Rechtsanwalts auch in zweiter Instanz erfolglos (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08.04.2020 – OVG 11 S 20/20).

Auch der Verfassungsgerichtshof Berlin weist den Eilantrag des Berliner Rechtsanwalts zurück (VerfGH Berlin, Beschl. v. 14.04.2020 – VerfGH 50 A/20, NJW 2020, 1505).

In den Gründen der Entscheidung heißt es:

Im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens kann bei der aufgrund der Eilbedürftigkeit nur möglichen überschlägigen Prüfung in dem vom Antragsteller vorgegebenen Umfang weder eine offensichtliche Begründetheit noch eine offensichtliche Unbegründetheit festgestellt werden. Daher bedarf es einer Folgenabwägung. Dabei sind die Nachteile, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Beschluss vom 2. August 2019 – VerfGH 112 A/19 – Rn. 10; st. Rspr.; wie alle nachfolgend zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes abrufbar unter www.gerichtsentscheidun-gen.berlin-brandenburg.de). Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen, wenn – wie hier – Rechtsvorschriften außer Vollzug gesetzt werden sollen. Der Verfassungsgerichtshof darf von seiner Befugnis, den Vollzug einer Rechtsvorschrift auszusetzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen. Der Erlass einer dahin gehenden einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn Aussetzungsgründe besonderen Gewichts diesen als unabweisbar erscheinen lassen (Beschluss vom 27. Mai 2008 – VerfGH 20 A/08 -, Rn. 7; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25. September 2000 – 1 BvR 1498/00 -, juris Rn. 6).

Bei Anwendung des dargestellten strengen Maßstabes führt die Folgenabwägung zu dem Ergebnis, dass die nachteiligen Folgen, die für die Allgemeinheit im Falle der ganzen oder teilweisen Aussetzung der § 1 Abs. 1, 2, 4 und 6, § 11, § 14, § 22 der Verordnung, soweit sie berufliche und private Tätigkeiten regeln, einträten, schwerer wiegen als die Nachteile, welche die von diesen Regelungen Betroffenen (BVerfG, Beschlüsse vom 7. April 2020 – 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 8 m. w. N. und vom 9. April 2020 – 1 BvR 802/20 – Rn. 12) bei der Ablehnung des Eilrechtsschutzantrages zu befürchten hätten.

  1. VG Gera lehnt Eilantrag gegen Maskenpflicht in Jena ab

Am 03.04.2020 hat das Verwaltungsgericht (VG) Gera einen Eilantrag gegen die von der Stadt Jena mit Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 eingeführte Pflicht zur Tragung einer Schutzmaske abgelehnt (VG Gera, Beschl. v. 03.04.2020 – 3 E 432/20 Ge). Die Maskenpflicht gilt beim Betreten von Ladengeschäften, der Nutzung des Nahverkehrs und ab 10.04.2020 in geschlossenen Räumen, wenn der Mindestabstand von 1,5 m zu weiteren Personen nicht sichergestellt werden kann.

In der Pressemitteilung führt das Gericht aus, dass die Maßnahme noch verhältnismäßig sei, weil nicht das Tragen eines zertifizierten Mund-Nasenschutzes verlangt werde, sondern auch selbstgefertigte Masken, Schals oder Tücher ausreichen. Die Stadt Jena ist jedoch verpflichtet, die Wirksamkeit und Geeignetheit einer Gesichtsmaske zur Eindämmung der Virusinfektion fortlaufend überprüfen zu lassen (Pressemitteilung des VG Gera 5/2020).

  1. Weinhändler darf trotz Coronavirus öffnen

Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen hat entschieden, dass ein Weinhändler seine Weinhandlung trotz der Coronavirus-Pandemie geöffnet halten darf (VG, Beschl. v. 03.04.2020 – 7 L 259/20). Genussmittel zählten auch dann, wenn sie nicht der Grundversorgung der Menschen dienen, zu den Lebensmitteln, die trotz der Corona-Pandemie verkauft werden dürfen. Der Weinhändler hatte sich gegen eine Schließungsanordnung der Stadt Aachen gewendet. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hat mit Beschluss vom 3. April 2020 entschieden, dass der Verkauf von Genussmitteln von den in der Corona-Schutzverordnung geregelten Betriebsverboten nicht erfasst wird. Es hat damit dem Eilantrag eines Weinhändlers stattgegeben, der sich gegen eine Schließungsanordnung der Stadt Aachen gewendet hatte. Die Stadt Aachen hatte sich darauf berufen, der Begriff der Lebensmittel, die trotz der Corona-Pandemie weiter verkauft werden dürften, sei einschränkend auszulegen und erfasse nicht Genussmittel, die nicht zu den dringend erforderlichen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs zählten.

Dem ist die Kammer nicht gefolgt. Zur Begründung ihrer stattgebenden Entscheidung hat sie ausgeführt, das zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales habe inzwischen klargestellt, dass auch der Betrieb von Einzelhandelsgeschäften für Genussmittel durch die Schutzverordnung gedeckt sei. Der Begriff Lebensmittel sei umfassend zu verstehen und nicht auf die für die Grundversorgung der Bevölkerung notwendigen Lebensmittel beschränkt. Das Ziel, die weitere Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, könne nach der Überzeugung des Ministeriums bei allen Lebensmittelläden durch die Einhaltung strenger Hygieneanforderungen erreicht werden. Die Kammer hat weiter ausgeführt, dass die örtlichen Ordnungsbehörden Schutzmaßnahmen, die über die in der Corona-Schutzverordnung geregelten Maßnahmen hinausgingen, zwar grundsätzlich auf die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes stützen könnten. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat die Kammer die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Betriebsschließung auf dieser Grundlage jedoch nicht als erfüllt angesehen. Der Weinhändler darf sein Geschäft daher wieder öffnen.

Gegen den Beschluss kann die Antragsgegnerin Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen Einschränkungen des Besuchsrechts in Pflegewohnheimen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hält die Einschränkungen des Besuchsrechts in Pflegwohnheimen für rechtmäßig (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 03.04.2020 – OVG 11 S 14/20). Das OVG hat den am 03.04.2020 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Regelung in § 8 Abs. 1 und 2 der SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung als unbegründet zurückgewiesen.

  1. Eilantrag gegen die Schließung von Einzelhandelsgeschäften in NRW bleibt erfolglos

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hält die Schließung von Einzelhandelsgeschäften in NRW auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) für wirksam (OVG Münster, Beschl. vom 06.04.2020 – 13 B 398/20.NE). Zur Begründung hat das Gericht unter anderem darauf hingewiesen, die angegriffene Regelung sei voraussichtlich rechtmäßig, denn sie habe im Infektionsschutzgesetz des Bundes eine hinreichende gesetzliche Grundlage.

  1. Eilantrag gegen die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung bleibt erfolglos

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat zur Frage der Wirksamkeit der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung entschieden (Sächsisches OVG, Beschl. v. 07.04.2020 – 3 B 111/20, NJW 2020, 1384). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag gegen die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – Sächs-CoronaSchVO) vom 31. März 2020 abgelehnt. Der Antragsteller wandte sich einerseits gegen § 2 Abs. 2 Nr. 14 Sächs-CoronaSchVO, wonach Sport und Bewegung im Freien nur vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs und nur im Ausnahmefall mit einer weiteren nicht im Hausstand leben-den Person möglich sind. Es sei unklar, was mit vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs und mit im Ausnahmefall gemeint sei, so dass er nicht wisse, was er dürfe und was er nicht dürfe. Zum anderen machte der Antragsteller geltend die Fortbewegung mit Kraftfahrzeugen müsse entgegen § 2 Abs. 2 SächsCoronaSchVO auch ohne triftigen Grund möglich sein und das Verbot nach § 2 Abs. 1 SächsCoronaSchVO dürfe nicht mehr gelten, wenn jemand bereits immun gegen das Coronavirus sei, weil in beiden Fällen keine Ansteckungsgefahr bestehe. Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Trotz der weitreichenden Einschränkung der Freiheitsrechte der Menschen ist dieser massive Eingriff zur Erreichung des legitimen Ziels, weitere Infektionsfälle zu verhindern und eine möglichst umfassende medizinische Versorgung an COVID-19 erkrankter Personen zu gewährleisten, geeignet und wegen ihrer zeitlichen Begrenzung auf wenige Wochen bis zum 20. April 2020 auch verhältnismäßig. Denn bereits immunisierte Personen sind derzeit nur mit unverhältnismäßigem Aufwand sicher zu identifizieren und die begehrte Freigabe des Kfz-Verkehrs könnte bei den mit dem Verkehr typischerweise einhergehenden Sozialkontakten zu einer unübersehbaren Weiterverbreitung des Coronavirus führen. Auch § 2 Abs. 2 Nr. 14 SächsCoronaSchVO ist bestimmt genug gefasst. Der Vorschrift kann hinreichend sicher entnommen werden, dass vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs meint, dass Aktivitäten jedenfalls dann unzulässig sind, wenn Ausflüge in die nähere oder weitere Umgebung der politischen Gemeinde geplant sind und wenn der Zielort der Aktivität typischerweise nur unter Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs oder des überörtlichen öffentlichen Personenverkehrs (Zug, S-Bahn) erreicht werden könnte. Die Benutzung von entsprechenden Fortbewegungsmitteln innerhalb der Grenzen der politischen Gemeinde wird hingegen genauso gebilligt werden können, wie deren Überschreitung, wenn die Aktivität in einem räumlichen Bereich ausgeübt wird, der typischerweise ohne entsprechende Hilfsmittel – also etwa zu Fuß oder mit dem Fahrrad – erreicht werden kann, also in einem Bereich von etwa 10 bis 15 Kilometern von der Wohnung entfernt. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Bereich auch tatsächlich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Pkw bzw. dem öffentlichen Nahverkehr erschlossen wird. Die Regelung, dass Sport und Bewegung im Freien nur im Ausnahmefall mit einer weiteren nicht im Hausstand lebenden Person möglich sind, ermöglicht nach Sinn und Zweck hingegen nicht nur die Begleitung einer Person, die aufgrund körperlicher oder sonstiger Gebrechen oder Behinderungen nicht in der Lage ist, Sport und Bewegung im Freien alleine durch-zuführen, sondern auch die Begleitung solcher Personen, die (etwa weil sie alleinstehend sind oder allein leben) ein nachvollziehbares Bedürfnis geltend machen können, zur Vermeidung einer mit dem Kontaktverbot einher-gehenden sozialen Isolierung oder aus Gründen der psychischen Gesundheit mit einer anderen Person des Vertrauens zusammenzutreffen. Dies gilt jedoch jeweils nur, solange die Aktivitäten unter Beachtung des Mindestabstands von 1,5 Metern ausgeübt werden. Die Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

  1. Der während der Corona-Pandemie erlaubte Lebensmittelhandel ist nicht auf die Grundversorgung beschränkt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Weimar hat entschieden, dass der während der Corona-Pandemie erlaubte Lebensmittelhandel nicht auf die Grundversorgung beschränkt sei (OVG Weimar, Beschl. v. 07.04.2020 – 3 EO 236/20). Das Gericht ist der Auffassung, dass die Stadt Suhl einem Ladenbesitzer, der sein Ladengeschäft trotz der zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus erlassenen Allgemeinverfügung der Stadt nicht geschlossen hatte, kein Zwangsgeld androhen durfte. Der Antragsteller bot nach eigenen Angaben neben einem Sortiment alkoholischer Getränke u.a. Schokoladenprodukte, Kaffee, Tee, Kakao, Gebäck und verschiedene Feinkostartikel an. Der Begriff des Lebensmittelhandels ist nach Einschätzung des OVG nicht auf die Versorgung mit Lebensmitteln des Grundbedarfs begrenzt.

  1. Verbot der Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen rechtmäßig

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel hat das vorübergehende Verbot von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen während der Corona-Pandemie nicht außer Vollzug gesetzt (VGH Kassel, Beschl. v. 07.04.2020 – 8 B 892/20.N). Der Eilantrag eines gläubigen Katholiken wurde damit abgelehnt.

Im Ergebnis ebenso hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden (VG Berlin, Beschl. v. 07.04.2020 – VG 14 L 32/20). Das mit der Berliner Coronavirus-Eindämmungsverordnung ausgesprochene Verbot von Gottesdiensten ist demnach rechtlich nicht zu beanstanden.

Zudem hat der VGH Mannheim einen Eilantrag gegen das Verbot von Veranstaltungen in Kirchen als unzulässig verworfen (VGH Mannheim, Beschl. v. 07.04.2020 – 1 S 871/20). Der Antragsteller hatte den Antrag selbst gestellt; für diesen Fall besteht jedoch Anwaltszwang.

Siehe auch VGH München, Beschl. v. 09.04.2020 – 20 NE 20.704: Das Gericht lehnte mit den beantragten Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Außervollzugsetzung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27.03.2020 ab. Es bestehe derzeit im Erzbistum München und Freising unabhängig von der Verordnung des Landes keine Möglichkeit, Gottesdienste zu besuchen, denn das Bistum habe von sich aus alle öffentlichen Gottesdienste bis zum 19.04.2020 abgesagt.

  1. Eilanträge im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie bleiben vor dem Bundesverfassungsgericht erfolglos

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschäftigt sich erneut mit der COVID-19-Pandemie (Coronavirus-Krise) und geht in der nachfolgend abgedruckten Pressemitteilung der Gerichts auch noch einmal auf die bislang ebenfalls erfolglos gebliebenen, weiteren Eilanträge gegen behördliche bzw. staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ein.

In der Pressemitteilung Nr. 23/2020 des Gerichts v. 08.04.2020 heißt es zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2020 (BVerfG, Beschl. v. 07.04.2020 – 1 BvR 755/20, NJW 2020, 1429):

  1. Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats einen Antrag auf vorläufige Außerkraftsetzung der bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen und über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie abgelehnt. Der Antragsteller hielt die Verbote, Freunde zu treffen, seine Eltern zu besuchen, zu demonstrieren oder neue Menschen kennenzulernen, für zu weitgehend. Der Antrag war zwar nicht wegen des Grundsatzes der Subsidiarität unzulässig, da die vorherige Anrufung der Fachgerichte derzeit offensichtlich aussichtslos ist, denn diese haben bereits in anderen Verfahren den Erlass einstweiliger Anordnungen abgelehnt. Er war aber unbegründet. Die Kammer hatte im Rahmen einer Folgenabwägung aufgrund summarischer Prüfung zu entscheiden, wobei die Auswirkungen auf alle von den angegriffenen Regelungen Betroffenen zu berücksichtigen waren. Danach sind die Nachteile, die sich aus einer vorläufigen Anwendung ergeben, wenn sich die angegriffenen Maßnahmen im Nachhinein als verfassungswidrig erwiesen, zwar von besonderem Gewicht. Sie überwiegen aber nicht deutlich die Nachteile, die entstehen würden, wenn die Maßnahmen außer Kraft träten, sich aber später doch als verfassungsgemäß erweisen würden. Die Gefahren für Leib und Leben wiegen hier schwerer als die Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Zwar beschränken die angegriffenen Maßnahmen die Grundrechte der Menschen, die sich in Bayern aufhalten, erheblich. Sie schreiben vor, den unmittelbaren körperlichen Kontakt und weithin auch die reale Begegnung einzuschränken oder ganz zu unterlassen, sie untersagen Einrichtungen, an denen sich Menschen treffen, den Betrieb, und sie verbieten es, die eigene Wohnung ohne bestimmte Gründe zu verlassen. Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte die Verfassungsbeschwerde Erfolg, wären all diese Einschränkungen mit ihren erheblichen und voraussichtlich teilweise auch unumkehrbaren sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Folgen zu Unrecht verfügt und etwaige Verstöße gegen sie auch zu Unrecht geahndet worden.

Erginge demgegenüber die einstweilige Anordnung und hätte die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg, würden sich voraussichtlich sehr viele Menschen so verhalten, wie es mit den angegriffenen Regelungen unterbunden werden soll, obwohl die Verhaltensbeschränkungen mit der Verfassung vereinbar wären. So würden dann Einrichtungen, deren wirtschaftliche Existenz durch die Schließungen beeinträchtigt wird, wieder öffnen, Menschen ihre Wohnung häufig verlassen und auch der unmittelbare Kontakt zwischen Menschen häufig stattfinden. Damit würde sich aber auch die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen nach derzeitigen Erkenntnissen erheblich erhöhen.

Eine geltende Regelung kann im Eilrechtsschutz nur ausnahmsweise außer Vollzug gesetzt werden; dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Nach diesem erscheinen die Folgen der angegriffenen Schutzmaßnahmen zwar schwerwiegend, aber nicht im geforderten Maß unzumutbar. Es erscheint nicht untragbar, sie vorübergehend zurückzustellen, um einen möglichst weitgehenden Schutz von Gesundheit und Leben zu ermöglichen, zu dem der Staat grundsätzlich auch nach der Verfassung verpflichtet ist. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben wiegen die Einschränkungen der persönlichen Freiheit weniger schwer. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Regelungen befristet sind, bezüglich der Ausgangsbeschränkungen viele Ausnahmen vorsehen und bei der Ahndung von Verstößen im Einzelfall im Rahmen des Ermessens individuellen Belangen von besonderem Gewicht Rechnung zu tragen ist.

  1. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht bereits mehrere Entscheidungen zu Sachverhalten veröffentlicht, die Bezüge zur COVID-19-Pandemie aufweisen. So hat die 2. Kammer des Zweiten Senats einstweilige Anordnungen betreffend die Aufhebung mehrerer Hauptverhandlungstermine wegen der behaupteten Gefahr einer Corona-Infektion abgelehnt, weil dem Grundsatz der Subsidiarität nicht Genüge getan war beziehungsweise die Antragsschrift nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügte (Az. 2 BvR 474/20, 2 BvR 483/20 und 2 BvR 571/20 ) Die 1. Kammer des Ersten Senats hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein infektionsschutzrechtliches Versammlungsverbot als unzulässig abgelehnt, weil die Beschwerdeführer die Möglichkeit fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht in Anspruch genommen hatten (1 BvR 661/20), und einen weiteren derartigen Antrag abgelehnt, weil das Rechtsschutzbedürfnis nicht hinreichend begründet war (1 BvR 742/20). Zudem hat die Kammer eine Verfassungsbeschwerde gegen die Berliner Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus nicht zur Entscheidung angenommen, da diese den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht genügte (1 BvR 712/20). Schließlich hat die 3. Kammer des Ersten Senats eine Verfassungsbeschwerde gegen die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten durch Vermieter im Rahmen der Neuregelungen zur COVID-19-Pandemie nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht genügte (1 BvR 714/20).
  2. Kein Hähnchen-Verkauf aus mobilem Verkaufsstand während Corona-Pandemie

In Schleswig-Holstein darf angesichts der Corona-Pandemie bis auf Weiteres kein Grillgut aus mobilen Verkaufsständen heraus verkauft werden. Das bestätigt das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig (VG Schleswig, Beschl. v. 08.04.2020 – 1 B 28/20).

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen Corona-Verordnungen des Landes Hessen

Die infektionsschutzrechtlichen Regelungen des Landes Hessen durch zwei Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus werden nicht außer Vollzug gesetzt; der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) erkennt zwar einen gravierenden Grundrechtseingriff, erachtet diesen aber in der gegenwärtigen Lage als verhältnismäßig (Hessischer VGH, Beschl. v. 08.04.2020 – 8 B 910/20.N).

  1. Bank muss pandemiebedingter Kontoüberziehung Rechnung tragen und muss dem Bankkunden eine verlängerte Frist zur Rückführung der Überziehung gewähren

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass eine Bank der pandemiebedingten Kontoüberziehung Rechnung tragen und eine verlängerte Frist zur Rückführung der Überziehung gewähren muss (AG Frankfurt a. M., Beschl. v. 08.04.2020 – 32 C 1631/20 (89)).

Bezieht ein Arbeitnehmer wegen der Coronavirus-Pandemie (COVID-19) nur noch Kurzarbeiterlohn und kann er aus diesem Grund eine in Anspruch genommene Kontoüberziehung nicht sofort ausgleichen, muss ihm die Bank eine verlängerte Frist zur Rückzahlung des Darlehens einräumen.

Nach Auffassung des AG ist das vor Kurzem in Kraft getretene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie auch im Zivilrecht zu beachten. Danach werden aus vor dem 15.03.2020 abgeschlossenen Darlehensverträgen mit Verbrauchern Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zinsen und Tilgung, die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden, für die Dauer von drei Monaten gestundet. Voraussetzung für die Stundung sei aber, dass der Verbraucher aufgrund der durch die Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle habe und ihm deshalb die Erbringung seiner Leistung nicht zumutbar sei. Der Antragsteller habe zum Nachweis dafür Unterlagen vorgelegt, weshalb das Amtsgericht die Voraussetzungen als glaubhaft gemacht angesehen habe. Die vor Erlass der Entscheidung schriftlich angehörte Bank habe sich binnen einer ihr gesetzten Stellungnahmefrist nicht geäußert.

  1. Keine vorläufige „NRW-Soforthilfe 2020“ ohne glaubhaft gemachte Existenzgefährdung

Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden (VG Köln, Beschl. v. 08.04.2020 – 16 L 679/20, Pressemitteilung des Gerichts v. 09.04.2020): Im gerichtlichen Eilverfahren kann eine „NRW-Soforthilfe 2020“ nicht vorläufig gewährt werden, wenn der Antragsteller nach der Corona-Schutz-Verordnung weiterhin seiner Tätigkeit nachgehen kann und eine Existenzgefährdung durch die Corona-Krise nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Antragsteller beantragte am 28.03.2020 bei der Bezirksregierung Köln mittels eines Online-Antrags die Gewährung von NRW-Soforthilfe 2020 i.H.v. 9.000,00 EUR. Diesen Antrag lehnte die Bezirksregierung Köln im Online-Verfahren ab, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen. Der Antragsteller wandte sich daraufhin mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht und begehrte die vorläufige Auszahlung der Soforthilfe bis zur Entscheidung über seine Klage. Er versicherte an Eides statt, er sei Elektrohandwerker und sei in seiner wirtschaftlichen Existenz durch die Corona-Krise bedroht. Die Hälfte seiner Aufträge sei weggefallen. Das Gericht lehnt den Antrag ab.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt eine vorläufige Gewährung der Soforthilfe eine Vorwegnahme der Hauptsache, also bereits eine endgültige Entscheidung des Verfahrens, dar. Denn wenn ihm die Hilfe gewährt werde, stehe sie einem anderen potentiellen Anspruchsinhaber nicht mehr zur Verfügung. Eine solche Entscheidung sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Insbesondere müsse der drohende Nachteil, der durch eine erst nachträgliche Gewährung der Soforthilfe entstünde, glaubhaft gemacht werden. Hierfür reiche allein die Behauptung, die wirtschaftliche Existenz sei gefährdet, nicht aus. Denn nach § 7 der Corona-Schutz-Verordnung sei einem Elektrohandwerker – anders als vielen anderen Handwerkern – der weitere Betrieb des Unternehmens unter Beachtung der Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionen möglich. Daher müsse der Antragsteller plausibel machen, wieso ihm trotzdem aufgrund der Corona-Krise eine Existenzgefährdung drohe. Auch wenn es im behördlichen Verfahren ausreiche, das Vorliegen der Voraussetzungen ohne Vorlage von Belegen zu bestätigen, so gelte im gerichtlichen Verfahren weiterhin der Maßstab der Glaubhaftmachung.

  1. Eilantrag eines Fitnessstudios gegen Corona-Verordnung bleibt erfolglos!

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat entschieden (VGH Mannheim, Beschl. v. 09.04.2020 – 1 S 925/20, Pressemitteilung):

Das in Baden-Württemberg ansässige Fitnessstudio (Antragstellerin) hat in seinem am 27. März eingegangenen Antrag geltend gemacht, die von der Landesregierung herangezogene Ermächtigungsgrundlage in §§ 32, 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sei keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Betriebsstilllegung. Diese verletze es in seiner Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.

Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er aus:

Präventive Wirkungen der Bekämpfungsmaßnahmen zulässig

Die Argumentation der Antragstellerin, die Schließung von Betrieben und Verkaufsstellen könne als präventive Maßnahme nur auf Ermächtigungsgrundlagen aus dem 4. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes, insbesondere § 16 IfSG gestützt werden, treffe voraussichtlich nicht zu. Wenn eine übertragbare Krankheit festgestellt sei, könnten nach § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit getroffen werden. Mit solchen repressiven Bekämpfungsmaßnahmen gingen zulässigerweise auch stets präventive Wirkungen einher, solche präventiven Folgen seien gerade bezweckt. Dabei ermächtige § 28 Abs.1 IfSG auch zu Maßnahmen gegenüber sog. Nichtstörern. Für die Rechtmäßigkeit der Schließung von Einrichtungen durch eine Rechtsverordnung sei daher unerheblich, ob gerade in diesen die Krankheit festgestellt worden sei.

Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen im Infektionsschutzgesetz offen

Offen sei, ob § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die landesweite Schließung bestimmter Arten von privat betriebenen Dienstleistungsbetrieben und Verkaufsstellen durch eine Rechtsverordnung sei. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichteten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Der Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erlaube Eingriffe nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lasse. Insoweit müsse der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich seien.

Dafür, dass die Vorschriften der § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen dieses Eingriffs noch ausreichend erkennen ließen, könne die Auslegung dieser Vorschriften nach allgemeinen Regeln sprechen. Der Gesetzgeber habe sich mit § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ganz bewusst für eine generelle Ermächtigung entschieden, um für alle Fälle gewappnet zu sein, da die Fülle der notwendigen Schutzmaßnahmen sich von vornherein nicht übersehen lasse. Gerade die Vielfältigkeit von Infektionsgeschehen durch ganz unterschiedliche Krankheitserreger könne dafür sprechen, dass eine genauere Bestimmung der insoweit zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten geeigneten und notwendigen Maßnahmen durch den Gesetzgeber kaum oder gar nicht möglich sei. Zudem könnten nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG Veranstaltungen und sonstige Ansammlungen beschränkt oder verboten werden. Von dieser Befugnis seien auch Ansammlungen von Menschen in jeder Art von geschlossenen Räumen, also auch in Verkaufsstellen und Dienstleistungsbetrieben aller Art umfasst. Dies könnte dafür sprechen, dass deren Schließung von der Ermächtigung in § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG, alle notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen und Ansammlungen zu verbieten, gedeckt sei. Denn bloße Kontaktbeschränkungen in solchen offen gehaltenen Einrichtungen wären kaum zu kontrollieren und deutlich weniger wirksam.

Die Schließung einer Vielzahl von Verkaufsstellen und Dienstleistungsbetrieben durch eine Rechtsverordnung sei jedoch von einer sehr beträchtlichen Eingriffstiefe. Die Intensität des damit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit sei für jeden einzelnen betroffenen Betrieb ausgesprochen hoch. Denn der Eingriff führe für sie für mehrere Wochen zu einem weitgehenden oder vollständigen Wegfall jeglichen Umsatzes. Den Betroffenen sei es zudem praktisch unmöglich, den Wirkungen dieses Eingriffs auszuweichen. Diese sehr gravierenden Auswirkungen könnten dafür sprechen, dass die Vorschriften der § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt nicht verfassungsgemäß seien. Denn die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG enthaltene Befugnis zum Erlass der notwendigen Schutzmaßnahmen sei nur begrenzt durch das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit und durch den Halbsatz soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Die ausdrücklich geregelten Befugnisse bestünden nur in der Beschränkung oder dem Verbot von Veranstaltungen und Ansammlungen, der Schließung von Badeanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und der Verpflichtung, bestimmte Orte nicht zu verlassen oder nicht zu betreten.

Beschränkungen verhältnismäßig

Von dieser offenen, im Hauptsacheverfahren zu klärenden Frage abgesehen, sei die durch die Corona-Verordnung angeordnete Schließung von Betrieben und Verkaufsstellen zumutbar. Zwar würden die davon Betroffenen gravierende wirtschaftliche Einbußen erleiden. Demgegenüber stünden jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands. Daher seien die angeordneten Schließungen verhältnismäßig, zumal die Landesregierung die Notwendigkeit der Maßnahmen und deren Auswirkungen fortlaufend überprüfe.

Corona-Verordnung bleibt anwendbar

Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache seien daher im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen im Infektionsschutzgesetz offen. Eine einstweilige Anordnung, die Corona-Verordnung vorläufig außer Kraft zu setzen, könne nicht ergehen. Eine solche Anordnung setze ein deutliches Überwiegen der von der Antragstellerin geltend gemachten Belange gegenüber den von dem Antragsgegner vorgetragenen gegenläufigen Interessen voraus. Daran fehle es wegen der hohen Bedeutung des Schutzes von Leib und Leben.

Der Beschluss vom 9. April 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 925/20).

  1. Verordnung der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Mecklenburg-Vorpommern hat § 4a der Verordnung der Landesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern (SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung) in der Fassung vom 8. April 2020 vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 09.04.2020 – 2 KM 268/20 OVG und 2 KM 281/20 OVG). In der Pressemitteilung 2/2020 heißt es dazu:

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit zwei Beschlüssen vom heutigen Tag in gerichtlichen Eilverfahren (Az. 2 KM 268/20 OVG und 2 KM 281/20 OVG) § 4a der Verordnung der Landesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern (SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung) in der Fassung vom 8. April 2020 vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

Mit § 4a der Verordnung war für den Zeitraum der Osterfeiertage den Einwohnern Mecklenburg-Vorpommerns untersagt worden tagestouristische Ausflüge zu den Ostseeinseln und in die Gemeinden, die unmittelbar an die Ostseeküste angrenzen, sowie in die Stadt Waren an der Müritz und in mehrere Ämter der mecklenburgischen Seenplatte zu unternehmen.

Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit der Verfahren hat der Senat zunächst nur sogenannte Tenorbeschlüsse gefasst, die nur die Entscheidung selbst enthalten. Die schriftlichen Entscheidungsgründe zu den beiden Beschlüssen liegen zurzeit noch nicht vor. Sie sollen im Laufe des Tages noch hinzugefügt werden.

  1. Trotz Corona-Pandemie keine Ausnahme vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit für private Paketzusteller

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin, hat entschieden, dass es trotz Corona-Pandemie keine Ausnahme vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit für private Paketzusteller gibt (VG Berlin, Beschl. v. 09.04.2020 – 4 L 132/20 ). Das infolge der Coronavirus-Krise erhöhte Paketaufkommen rechtfertigt für Paketzusteller demnach keine Ausnahme vom gesetzlichen Verbot, Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen.

  1. Eilanträge gegen Reiseverbote der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung des Landes Schleswig-Holstein bleiben erfolglos

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat die Eilanträge gegen das im Rahmen der landesrechtlichen SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung erlassene Verbot, aus touristischem Anlass oder zu Freizeitzwecken Reisen nach Schleswig-Holstein zu unternehmen, zurückgewiesen (OVG Schleswig, Beschl. v. 09.04.2020 – 3 MR 2/20; 3 MR 4/20). Die Regelung stellt nach Einschätzung des Gerichts  eine voraussichtlich rechtmäßige Infektionsschutzmaßnahme dar.

  1. Gottesdienstverbot der hessischen Landesregierung bleibt unbeanstandet

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein Gottesdienstverbot als überaus schwerwiegender Eingriff in die Glaubensfreiheit einer fortlaufenden strengen Prüfung seiner Verhältnismäßigkeit anhand der jeweils aktuellen Erkenntnisse bedürfe und gleichwohl das aktuell bestehende Gottesdienstverbot in Hessen im Ergebnis unbeanstandet gelassen (BVerfG, Beschl. v. 10.04.2020 – 1 BvQ 28/20, NJW 2020, 1427). In der Pressemitteilung Nr. 243/2020 v. 10.04.2020 heißt es:

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit heutigem Beschluss einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung einer Regelung der Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung (im Folgenden: Corona-Verordnung), die unter anderem ein Verbot von Zusammenkünften in Kirchen enthält, auf der Grundlage einer Folgenabwägung abgelehnt.

Der Antragsteller ist katholischen Glaubens und besucht regelmäßig die Heilige Messe. Er hat unter Bezugnahme auf Aussagen des II. Vatikanischen Konzils (Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 11) und des Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 1324 bis 1327) nachvollziehbar dargelegt, dass die gemeinsame Feier der Eucharistie nach katholischer Überzeugung ein zentraler Bestandteil des Glaubens ist, deren Fehlen nicht durch – nach wie vor zulässige – alternative Formen der Glaubensbetätigung wie die Übertragung von Gottesdiensten im Internet oder das individuelle Gebet kompensiert werden kann. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer das Verbot von Zusammenkünften in Kirchen nach der Corona-Verordnung des Landes Hessen als überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit gewertet. Das gilt nach den plausiblen Angaben des Antragstellers verstärkt, soweit sich das Verbot auch auf Eucharistiefeiern während der Osterfeiertage als dem Höhepunkt des religiösen Lebens der Christen erstreckt. Damit sind die Nachteile für den Fall, dass die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht, eine Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, überaus schwerwiegend und nach dem Glaubensverständnis des Antragstellers auch irreversibel.

Bei einer antragsgemäßen vorläufigen Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen versammelten sich demgegenüber voraussichtlich sehr viele Menschen in Kirchen, gerade auch über die Osterfeiertage. Damit würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtung bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen nach der maßgeblichen Risikoeinschätzung des Robert-Koch-Instituts vom 26. März 2020 erheblich erhöhen, obwohl dies im Falle der Erfolglosigkeit einer Verfassungsbeschwerde durch ein Gottesdienstverbot in verfasssungsrechtlich zulässiger Weise hätte vermieden werden können. Diese Gefahren blieben dann auch nicht auf jene Personen beschränkt, die freiwillig an den Gottesdiensten teilgenommen haben, sondern erstreckten sich auf einen erheblich größeren Personenkreis.

Nach Auffassung der Kammer hat der Schutz vor diesen Gefahren für Leib und Leben derzeit trotz des damit verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriffs in die Glaubensfreiheit Vorrang vor dem Schutz dieses Grundrechts. Nach der Bewertung des Robert-Koch-Instituts kommt es in dieser frühen Phase der Corona-Pandemie darauf an, die Ausbreitung der hoch infektiösen Viruserkrankung durch eine möglichst weitgehende Verhinderung von Kontakten zu verlangsamen, um ein Kollabieren des staatlichen Gesundheitssystems mit zahlreichen Todesfällen zu vermeiden. Die Kammer stellt klar, dass für die Folgenabwägung auch die Befristung der Corona-Verordnung bis zum 19. April 2020 von Bedeutung ist. Damit ist sichergestellt, dass die Verordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie fortgeschrieben werden muss. Bei jeder Fortschreibung der Verordnung muss mit Blick auf den mit einem Gottesdienstverbot verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen und untersucht werden, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Corona-Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, das Verbot von Gottesdiensten unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen und möglicherweise auch regional begrenzt zu lockern.

Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass Gleiches auch für andere Religionsgemeinschaften gilt, die durch das Verbot von Zusammenkünften vergleichbar schwerwiegend betroffen sind, weil für sie die gemeinsame Zusammenkunft ihrer Gläubigen ebenfalls zentraler Bestandteil ihres Glaubens ist.

  1. Demonstrationen unter Auflagen gestattet

Das Verwaltungsgericht (VG) Schwerin hat unter Auflagen zwei Demonstrationen gestattet, die der Oberbürgermeister der Stadt unter Hinweis auf die Corona-Verfügungen untersagt hatte (VG Schwerin, Beschl. v. 11.04.2020 – 15 B 487/20 SN und 15 486/20 SN).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Schwerin hat am heutigen Sonnabend im Wege zweier Eilentscheidungen die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen gegen versammlungsrechtliche Verbote des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Schwerin unter mehreren Auflagen wiederhergestellt. In dem einen Fall (Az. 15 B 487/20 SN) ging es um die für Ostermontag als Demonstrationszug in Schwerin angemeldete Versammlung 71 Jahre Grundgesetz –60 Jahre Ostermarsch –2 Monate Corona, für die die Stadt ein umfassendes Versammlungsverbot verhängt hatte. Der zuständige Richter hat dem dagegen gerichteten Eilantrag des Veranstalters unter näher bezeichneten Auflagen entsprochen. Danach hat die Versammlung unterer anderem zwingend stationär (und nicht als Zug) zu erfolgen, ist die Teilnehmerzahl begrenzt und hat der Versammlungsleiter Namen und Anschrift der Teilnehmenden schriftlich zu erfassen; zwischen den Teilnehmenden sind zwei Meter sowie zu Passanten zehn Meter Abstand einzuhalten. In dem anderen Fall (Az. 15 486/20 SN) ging es um die für kommenden Dienstag von einer Flüchtlingsinitiative geplante Übergabe der Petition Schutz vor Corona: Recht auf Abstand für Flüchtlinge in MV an das Landesinnenministerium. Auch hier hat das Gericht die von Anfang an als stationäre Veranstaltung geplante Versammlung unter mehreren Auflagen gestattet. Unter anderem dürfen maximal 20 Personen, deren Namen und Anschriften zu erfassen sind, teilnehmen, diese müssen Mund- und Nasenschutz tragen und einen Abstand von zwei Metern untereinander und zehn Metern zu Passanten einhalten.

Den Entscheidungenlag jeweils eine Abwägung zwischen dem für eine funktionierende Demokratie wesentlichen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und dem ebenso wichtigen Rechtsgut des Schutzes von Leib und Leben der Bevölkerung zu Grunde. Vor diesem Hintergrund hat sich der zuständige Richter nicht davon überzeugen können, dass der Gesundheitsschutz nur über das vom Antragsgegner verhängte vollständige Versammlungsverbot gewährleistet werden könne. Auch die SARS-CoV-2-Verordnung vom 3. April 2020 in der Fassung vom 8. April 2020 sehe in ihrem § 6 Abs. 4 die Möglichkeit der Genehmigung von Versammlungen unter freiem Himmel vor. Die Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald eingelegt werden.

  1. Nutzung einer Gaststätte als Verkaufsraum für Einzelhandelswaren bedarf einer Genehmigung

Die Nutzung einer Gaststätte als Verkaufsraum für Einzelhandelswaren wegen der Coronavirus-Pandemie erfordert eine baurechtliche Genehmigung (VG Köln, Beschl. v. 14.04.2020 – 2 L 688/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Die Umnutzung einer Gaststätte als Verkaufsraum für typische Einzelhandelswaren bedarf einer baurechtlichen Genehmigung. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln per Beschluss entschieden und damit einen Eilantrag eines Gastwirts aus Bergisch Gladbach abgelehnt, der mit dem Warenverkauf auf Einnahmeausfälle infolge der Corona-Schutzmaßnahmen reagieren wollte.

Der Antragsteller ist Inhaber einer genehmigten Gaststätte, die aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen derzeit jedoch geschlossen ist. Da er um seine wirtschaftliche Existenz fürchtet, beabsichtigte er, sein Geschäftsmodell zu ändern und nunmehr Einzelhandelswaren wie Toilettenpapier, Küchenrollen, Obst und Gemüse, Getränke sowie Gutscheine für Online-Shops zu verkaufen. Dies teilte er der Stadt Bergisch Gladbach mit und fügte hinzu, er gehe davon aus, dass seinem Vorhaben keine rechtlichen Bedenken entgegenstünden. Er werde daher mit dem Verkauf in Kürze beginnen, wenn er von der Stadt nichts Abweichendes höre. Die Stadt antwortete per E-Mail, die beabsichtigte Nutzung als Verkaufsstätte sei unzulässig.

Daraufhin hat der Gastwirt einen Eilantrag beim Gericht gestellt. Er wollte feststellen lassen, dass er für den Warenverkauf keine Baugenehmigung brauche, da es sich um keine wesentliche Nutzungsänderung handele und die beabsichtigte Verkaufstätigkeit baurechtlich genehmigungsfrei sei.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die vom Antragsteller angestrebte Änderung der Nutzung bedürfe einer baurechtlichen Genehmigung. Denn für die Nutzung einer baulichen Anlage als Gaststätte würden beispielsweise hinsichtlich des Stellplatzbedarfs andere bauordnungsrechtliche Anforderungen gelten als für eine Nutzung als Ladengeschäft. Es komme entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht darauf an, ob die Art der beabsichtigten neuen Nutzung eine höhere Intensität als die bestehende Nutzung aufweise. Die Bauordnung gehe ausdrücklich vom Vorliegen einer genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung aus, wenn Anforderungen gegeben sind, die im Baugenehmigungsverfahren Prüfungsgegenstand sein können. Dies sei hier etwa im Hinblick auf die Vorgaben zu Stellplätzen der Fall.

Die Beteiligten können gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

  1. Beschwerde wegen Durchführung von Versammlung in Stuttgart erfolglos

Der Verwaltungsgerichtshof (VG) Mannheim hat die Beschwerde eines Antragstellers, der sich gegen das Verbot von Versammlungen in Stuttgart gewendet hatte, zurückgewiesen (VG, Beschl. v. 15.04.2020 – 1 S 1078/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss von heute eine Beschwerde betreffend die Durchführung von zwei Versammlungen in Stuttgart zurückgewiesen.

Der Antragsteller möchte am 15. und am 18. April 2020 jeweils um 15:30 Uhr Versammlungen in Stuttgart durchführen zu dem Thema Wir bestehen auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung. Wir bestehen auf Beendigung des Notstandsregimes. Die Stadt Stuttgart (Antragsgegnerin) teilte dem Antragsteller sinngemäß mit, die Versammlungen seien nach § 3 der Corona-Verordnung der Landesregierung untersagt, und erteilte ihm keine Ausnahmegenehmigung. Den dagegen gerichteten Eilrechtsantrag hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 14.04.2020 – 16 K 1905/20 – abgelehnt.

Der 1. Senat des VGH hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung führt er u. a. aus:

Die Versammlungen fielen in den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 der Corona-Verordnung. Zwar lägen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 der Corona-Verordnung vor, wonach die zuständigen Behörden aus wichtigem Grund Ausnahmen von dem Verbot aus § 3 Abs. 1 der Verordnung zulassen könnten. Bei verfassungskonformer Auslegung sei die Absicht des Antragstellers, seine grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit wahrzunehmen, als wichtiger Grund anzusehen.

Er habe jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass das der Antragsgegnerin eröffnete Ermessen dahingehend reduziert sei, dass sie verpflichtet sei, eine Ausnahme zuzulassen.

Insbesondere sei die Versagung einer Ausnahmegenehmigung nicht unverhältnismäßig. Die Antragsgegnerin bezwecke den Schutz von Leib und Leben von Menschen, mithin überragend wichtiger Rechtsgüter. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei geeignet und erforderlich, diesen Zweck zu erreichen. Sie sei jedenfalls derzeit auch noch verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen). Der Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG sei außerordentlich schwerwiegend. Mit der Versagung der Ausnahmegenehmigung verfolge die Antragsgegnerin allerdings in der gegenwärtigen Pandemie in Kenntnis des Umstandes, dass es derzeit noch keine Impfstoffe oder sicher wirkende Medikamente gegen die Krankheit gebe, mit dem Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen ebenfalls gewichtige Ziele. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ihre Vorgehensweise auf eine Verordnung gestützt sei, deren zeitliche Geltung begrenzt sei, deren Rechtfertigung der Verordnungsgeber zudem von Verfassungs wegen unter ständiger engmaschiger Kontrolle zu halten habe. Die derzeitige Staatspraxis genüge erkennbar dieser Verpflichtung. Bei diesem Sachstand und den vom Verordnungsgeber im Blick gehaltenen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, das ausgehend von dem derzeitigen virologischen Erkenntnisstand nach wie vor dringend dazu rate, sich im öffentlichen Raum maximal mit einer weiteren Person aufzuhalten und Menschenansammlungen gänzlich zu meiden, erweise sich die Versagung einer Ausnahmegenehmigung für die Durchführung von zwei Versammlungen unter freiem Himmel mit jeweils 50 Personen gegenwärtig nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit.

Der Beschluss vom 15. April 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1078/20).

  1. Antrag gegen Versammlungsverbot teilweise erfolgreich

Das Bundesverfassungsgericht hat einem Antrag, der sich gegen ein im Bundesland Hessen ausgesprochenes Versammlungsverbot wendete, teilweise entsprochen (BVerfG, Beschl. v. 15.04.2020 – 1 BvR 828/20, NJW 2020, 1426). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.04.2020 heißt es:

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein Versammlungsverbot teilweise stattgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die Verfügung der Stadt Gießen insoweit wiederhergestellt, als danach die von dem Beschwerdeführer für den 16. und 17. April 2020 angemeldeten Versammlungen verboten wurden. Die Versammlungsbehörde hatte unzutreffend angenommen, die Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus enthalte ein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören und daher die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit verletzt, weil sie nicht beachtet hat, dass zu deren Schutz ein Entscheidungsspielraum bestand. Die Stadt Gießen hat, wie die Kammer ausdrücklich entschieden hat, Gelegenheit, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer erneut darüber zu entscheiden, ob die Durchführung der vorgenannten Versammlungen von bestimmten Auflagen abhängig gemacht oder verboten wird.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer meldete bei der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens mehrere Versammlungen unter dem Motto Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen an. Als vorgesehene Versammlungstermine wurden der 14., 15., 16. und 17. April 2020, jeweils von 14 bis 18 Uhr, genannt. Er gab eine ungefähre erwartete Teilnehmerzahl von 30 Personen an. Geplant waren jeweils eine circa zweistündige Auftaktkundgebung in Gießen am Berliner Platz sowie ein anschließender Aufzug durch mehrere Straßen mit drei jeweils 15-minütigen stationären Zwischenkundgebungen. Zugleich informierte der Beschwerdeführer die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens über beabsichtigte Infektionsschutzmaßnahmen auf Grund der CoViD19-Pandemie (‚Corona-Kompatibilität‘). Die Versammlungsteilnehmer würden durch Hinweisschilder zur Einhaltung von Sicherheitsabständen angehalten und von Ordnern auf entsprechend markierte Startpositionen gelotst. Die Markierungen der Startpositionen befänden sich in einem Abstand von 10 Metern nach vorn und nach hinten und 6 Metern zur Seite. Sie würden jeweils von Einzelpersonen bzw. Wohngemeinschaften oder Familien eingenommen. Redebeiträge würden über das eigene Mobiltelefon des jeweiligen Redners zu einer Beschallungsanlage übertragen. Während des Aufzugs würden die vorgesehenen Abstände beibehalten und es werde darauf geachtet, dass neu hinzukommende Versammlungsteilnehmer sich hinten einreihten. Für Vorschläge zu weitergehenden Infektionsschutzmaßnahmen sei man dankbar; entsprechende Auflagen werde man befolgen. Die Versammlungen wurden mit Flyern und Aufrufen im Internet beworben.

Nach einem Kooperationsgespräch verfügte die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein auf § 15 Abs. 1 VersG gestütztes Verbot der Versammlungen. Bei Durchführung der Versammlungen seien die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet. Die Versammlungen würden gegen § 1 Abs. 1 der Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 14. März 2020 in der Fassung der Verordnung vom 30. März 2020 verstoßen. Der Beschwerdeführer erhob Widerspruch. Sein beim Verwaltungsgericht gestellter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs blieb – auch in der Beschwerdeinstanz – erfolglos.

Die Hessische Landesregierung und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens haben am 15. April 2020 zu dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht Stellung genommen.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Allerdings können die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde dann maßgeblich werden, wenn verwaltungsgerichtliche Beschlüsse betroffen sind, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen sind und die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, insbesondere wenn die behauptete Rechtsverletzung bei Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, die Entscheidung in der Hauptsache also zu spät käme. Dementsprechend sind die im Eilrechtsschutzverfahren erkennbaren Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde zu berücksichtigen, wenn aus Anlass eines Versammlungsverbots über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs zu entscheiden ist und ein Abwarten bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens oder des Hauptsacheverfahrens den Versammlungszweck mit hoher Wahrscheinlichkeit vereitelte.

Ausgehend davon ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten, weil die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin den Antragsteller offensichtlich in seinem Grundrecht aus Art. 8 GG verletzt. Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet für alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Die Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus enthält jedenfalls kein generelles Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel für mehr als zwei nicht dem gleichen Hausstand angehörige Personen. In diesem Sinne hat sich auch die Hessische Landesregierung in ihrer Stellungnahme vom 15. April 2020 eingelassen. Demgegenüber nimmt die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens an, der Verordnungsgeber habe auch bewusst öffentliche Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz unterbinden wollen. Sie ist in ihrer Verbotsverfügung erkennbar jedenfalls von einem generellen Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen ausgegangen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören. Auf der Grundlage dieser unzutreffenden Einschätzung hat die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens Art. 8 Abs. 1 GG verletzt, weil sie verkannt hat, dass § 1 der Verordnung der Versammlungsbehörde für die Ausübung des durch § 15 Abs. 1 VersG eingeräumten Ermessens gerade auch zur Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit einen Entscheidungsspielraum lässt. Der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 8 Abs. 1 GG konnte sie schon deshalb von vornherein nicht angemessen Rechnung tragen. Darüber hinaus wird die Entscheidung der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens den verfassungsrechtlichen Maßgaben des Art. 8 Abs. 1 GG auch deshalb nicht gerecht, weil sie über die Vereinbarkeit der Versammlung mit § 1 der Hessischen Verordnung nicht unter hinreichender Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden hat. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens macht überwiegend Bedenken geltend, die jeder Versammlung entgegengehalten werden müssten, und lässt auch damit die zur Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 1 GG bestehenden Spielräume des § 1 der Verordnung leerlaufen.

  1. VG Dresden entscheidet über Einschränkungen bei ambulanten Erziehungshilfen durch sächsische Anti-Corona-Maßnahmen

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat über Einschränkungen bei ambulanten Erziehungshilfen durch sächsische Anti-Corona-Maßnahmen entschieden (VG Dresden, Beschl. v. 15.04.2020 – 6 L 257/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.04.2020 heißt es dazu:

Die Beschränkung von ambulanten Erziehungshilfen „auf ein Mindestmaß und auf unabweisbare Einzelfälle“ durch die „Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes, Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie, Betretungsverbot in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche vom 19. März 2020“ begegnet ausweislich einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden vom 15. April 2020 keinen rechtlichen Bedenken (Az. 6 L 257/20). Der gegen die Regelung gerichtete Eilantrag einer Trägerin der freien Kinder- und Jugendhilfe wurde abgelehnt.

Zur Begründung ihres Antrags machte die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, dass sie durch die Allgemeinverfügung in ihrer Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und Familien stark eingeschränkt werde. Dies sei nicht hinnehmbar, weil gerade in der gegenwärtigen Situation die ambulante Hilfe besonders wichtig sei. Als unabweisbar im Sinne der Allgemeinverfügung würden Fälle gelten, bei denen bei Nichterbringung von Hilfen eine Kindeswohlgefährdung drohe. Aufgrund der ausgesetzten Schulpflicht finde keine Kontrolle der Kinder und Jugendlichen mehr statt, so dass Kindeswohlgefährdungen nicht mehr auffielen und daher die unabweisbaren Einzelfälle bereits nicht mehr feststellbar seien. Sie könne keinen effektiven Schutz mehr gewähren, da die Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe aufgrund der Allgemeinverfügung auch weder telefonisch noch per Skype oder anderweitig über das Internet mit den Kindern und Jugendlichen in Verbindung treten könnten. Dies verletzte im Übrigen u. a. auch ihr eigenes Grundrecht auf freie Berufsausübung.

Die Richter der 6. Kammer folgten dieser Sichtweise nicht. Die vorgenommene Beschränkung der ambulanten Hilfen auf ein Mindestmaß und auf unabweisbare Einzelfälle könne als geeignete Schutzmaßnahme gegen die Ausbreitung des Corona-Virus angeordnet werden und sei von den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes gedeckt. Allerdings beinhalte die angegriffene Regelung entgegen dem Verständnis der Antragstellerin keine Beschränkung ihres telefonischen und elektronischen Kontakts zu den von ihr betreuten Kindern. Diesen könne sie also aufrecht erhalten, da von ihm keine Infektionsgefahr ausgehe. Die Kammer brachte einmal mehr zum Ausdruck, dass die Interessen Einzelner oder von Gruppen, etwa hinsichtlich der Einschränkung ihrer Berufsausübung, in Anbetracht der gegenwärtigen Gefährdung einer Vielzahl von Menschen „für die absehbare kurze Zeit der weiteren Geltung der Allgemeinverfügung zurückzustehen“ hätten.

Gegen die Entscheidung kann die Antragstellerin binnen zwei Wochen Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht erheben.

  1. Versammlungsverbot gestoppt

Das Verwaltungsgericht Hannover hat ein durch die Stadt Hildesheim ausgesprochenes umfassendes Versammlungsverbot gestoppt (VG Hannover, Beschl. v. 16.04.2020 – 10 B 2232/20). In der Pressemitteilung des VG heißt es:

Die Stadt Hildesheim hatte für die für den kommenden Samstag angemeldete Versammlung Wer die Freiheit aufgibt, um mehr Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren mit Bescheid vom 15. April 2020 ein umfassendes Versammlungsverbot verhängt. Gestützt war das Verbot auf das Niedersächsische Versammlungsgesetz und die Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 07. April 2020 (Corona-Verordnung). Die Stadt Hildesheim ging davon aus, bei der Durchführung der Versammlung bestünde eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch einen Verstoß gegen diese Verordnung. Noch am gleichen Tag hatte der Antragsteller dagegen einen Eilantrag gestellt und insbesondere geltend gemacht, der gebotene Mindestabstand zwischen den Teilnehmern der Versammlung werde eingehalten. Er sei auch bereit, die Versammlung von 50 auf 25 Teilnehmer zu begrenzen.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 16. April 2020 stattgegeben. Nach Auffassung der 10. Kammer kann das Verbot nicht auf die Corona-Verordnung gestützt werden. Die Corona-Verordnung enthalte zwar in § 2 durch die Beschränkung von Zusammenkünften von Personen faktisch ein Versammlungsverbot. Ein solch generelles Versammlungsverbot, das keine Ausnahmen zulasse, sei aber nicht mit der in Art. 8 GG gewährleisteten Versammlungsfreiheit vereinbar. Bei kleinen Versammlungen bestehe die Möglichkeit, den Gesundheitsschutz durch Beschränkungen der Versammlung zu gewährleisten. So habe die Stadt Hildesheim die Möglichkeit, das Tragen eines Mundschutzes anzuordnen, die Teilnehmerzahl zu begrenzen, Abstandsregelungen zu treffen, dem Versammlungsleiter die Erfassung von Namen und Anschrift der Teilnehmer aufzugeben und ggf. das Versammlungsgelände zu umzäunen.

Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.

  1. Untersagung einer Versammlung gerichtlich gebilligt!

In Abänderung einer Entscheidung der Vorinstanz hat das OVG Hamburg den Antrag abgelehnt, die von den Antragstellern geplante Versammlung Abstand statt Notstand – Verwaltungsrechtler*innen gegen die faktische Aussetzung der Versammlungsfreiheit auf dem Hamburger Rathausmarkt zu ermöglichen(OVG Hamburg, Beschl. v. 16.04.2020 – 5 Bs 58/20). Damit hob das Gericht die Entscheidung des VG Hamburg, Beschl. v. 16.04.2020 – 17 E 1648/20 – auf. In der Pressemitteilung des OVG heißt es:

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen Eilantrag, mit dem sich die Antragsteller gegen das Verbot einer für den heutigen Abend auf dem Hamburger Rathausmarkt geplanten Versammlung zu dem Thema Abstand statt Notstand – Verwaltungsrechtler*innen gegen die faktische Aussetzung der Versammlungsfreiheit gewandt haben, in zweiter Instanz abgelehnt (5 Bs 58/20).

Die Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg sieht u.a. vor, dass Versammlungen unter freiem Himmel aus Gründen des Infektionsschutzes verboten sind. Ausnahmen von diesem Verbot können in besonders gelagerten Einzelfällen zugelassen werden, sofern dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte zunächst – ebenfalls mit Beschluss vom heutigen Tag (17 E 1648/20) – entschieden, dass die Versammlung wie geplant stattfinden dürfe, da es das generelle Versammlungsverbot als unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit angesehen hatte. Die hiergegen von der Freien und Hansestadt Hamburg erhobene Beschwerde hatte Erfolg. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist es nach der im Eilverfahren allein möglichen Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Versammlungsverbot mit Ausnahmevorbehalt verfassungswidrig ist. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Folgenabwägung hat das Oberverwaltungsgericht das öffentliche Interesse am Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit andernfalls Infektionsgefährdeter sowie an der fortbestehenden Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems gegenüber dem Interesse der Antragsteller an der Durchführung der Versammlung als höherrangig eingestuft.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Spielhallen in NRW dürfen nicht öffnen

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, das die durch die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung angeordnete Schließung von Spielhallen nict ausgesetzt werden muss (OVG Münster, Beschl. v. 16.04.2020 – 13 B 452/20.NE; 13 B 471/20.NE). Die durch die Betriebsuntersagungen in erster Linie betroffene Berufsfreiheit müsse gegenüber dem Schutz von Leben und Gesundheit vorübergehend zurücktreten.

  1. Kein Besuchsrecht für Intensiv-Pflege-WG

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover lehnt einen Eilantrag ab, mit dem sich der Antragsteller gegen die am 9. April 2020 erlassene Allgemeinverfügung des Landkreises Hildesheim wendet (VG Hannover, Beschl. v. 16.04.2020 – 15 B 2147/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die Antragstellerin zu 1) lebt in einer sogenannten Intensiv-Pflege-WG. Der Antragsteller zu 2) ist ihr Sohn und gerichtlich bestellter Betreuer. Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Antrag gegen die vom Landkreis Hildesheim wegen der Corona-Epidemie am 09. April 2020 erlassene Allgemeinverfügung, mit der ein Besuchs- und Betretungsverbot für ambulant betreute Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über unterstützende Wohnformen (NuWG), für Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG sowie für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, angeordnet wird. Sie machen insbesondere geltend, dass das Besuchs- und Betretungsverbot unverhältnismäßig sei. Es sei aufgrund seiner erheblichen Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden nicht geeignet, die Gesundheit der Bewohner der Einrichtung zu erhalten. Zudem gäbe es mildere Mittel. So könnten andere Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise das Tragen von Atemschutzmasken, ergriffen werden.

Der Eilantrag hat vor der 15. Kammer keinen Erfolg. Die Kammer hält den Antrag für unbegründet. Die Allgemeinverfügung sei jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig. Dem in jeder Hinsicht anzuerkennenden und nachvollziehbaren dringenden Wunsch der Antragsteller nach einem persönlichen Besuchskontakt und den mit dem Besuchsverbot verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriffen stünde eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit und des Lebens nicht nur der Antragstellerin zu 1), sondern insbesondere auch der übrigen Bewohner der Einrichtung sowie der Pflegekräfte gegenüber. Bewohner von Pflegeeinrichtungen, bzw. den in der Allgemeinverfügung genannten Wohngemeinschaften, gehörten typischerweise zu einer besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe. Im vorliegenden Einzelfall komme hinzu, dass sämtliche Bewohner der Einrichtung, in der die Antragstellerin zu 1) wohnhaft ist, tracheotomiert seien. Hierbei handele es sich um einen Luftröhrenschnitt, der dazu führe, dass Viren direkt in die Lunge gelangen könnten. Bei den Betroffenen bestehe somit auch ohne die Corona-Pandemie eine besondere Anfälligkeit für nosokomiale Infektionen. Im Falle einer Erkrankung an COVID-19 ergebe sich aus diesen Vorerkrankungen ein gesteigertes Risiko eines tödlichen Verlaufs. Da die Bewohner der Intensiv-Pflege-WG in einer Haushaltsgemeinschaft wohnen und auch ein Kontakt zwischen den Bewohnern der Einrichtung und den Pflegern nicht ausgeschlossen werden könne, bestünde die Gefahr, dass eine nicht sofort entdeckte Ansteckung sich unter allen Bewohnern der Einrichtung ausbreite. Die Risiken einer Ansteckung könnten dadurch minimiert werden, dass die Betroffenen möglichst wenig direkten Kontakt zu außenstehenden Personen haben. Für die Kammer seien bei dem derzeit allgemein begrenzten Kenntnisstand zur Pandemie keine milderen Mittel ersichtlich, die zumindest gleichermaßen effektiv wie ein Besuchs- und Betretungsverbot seien. Soweit die Antragsteller unter anderem geltend gemacht haben, dass beispielsweise das Tragen von Atemschutzmasken als mildere Maßnahme in Betracht komme, so wies die Kammer darauf hin, dass derartige Masken ohne Luftfilter nach den bisherigen Erkenntnissen nur begrenzten Schutz bieten. Hinsichtlich weiterer professioneller Schutzkleidung bestehe die Problematik, dass diese derzeit nur in sehr eingeschränktem Umfang zur Verfügung stehe und zudem besonderer Vorsicht und Sorgfalt bei der Nutzung bedürfe. Selbst ein im Vorfeld durchgeführter Coronatest treffe keine Aussage darüber, ob zum Zeitpunkt des Besuchs eine Infektion vorliege, da entsprechend kurzfristige Tests derzeit noch nicht verfügbar seien.

Die Kammer berücksichtigte bei ihrer Entscheidung schließlich auch, dass das Besuchsverbot zeitlich zunächst bis einschließlich zum 18. April 2020 befristet ist und Ausnahmeregelungen, wie etwa den Besuch durch nahestehende Personen von palliativmedizinisch versorgten Bewohnern vorsieht. Durch diese Ausnahmetatbestände werde besonderen Härtefällen Rechnung getragen. Die Befristung der Maßnahme stelle zudem sicher, dass die Allgemeinverfügung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie zum Ablauf des 18. April 2020 erneut überprüft werden könne. Hierbei sei insbesondere bei fortschreitender Zeitdauer eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen und zu untersuchen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, das Besuchs- und Betretungsverbot – gegebenenfalls unter strengen Auflagen – zu lockern bzw. aufzuheben.

Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.

  1. Erfolgloser Antrag eines Einzelhandelskaufhauses auf (Wieder-)Öffnung

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat den Antrag des Betreibers von Einzelhandelskaufhäusern  auf Außervollzugsetzung einer SARS CoV-2 Bekämpfungsverordnung zurückgewiesen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 17.04.2020 – 2 KM 333/20). In der Pressemitteilung Nr. 7/2020 v. 17.04.2020 heißt es:

Ablehnung eines Eilantrags auf Außervollzugsetzung von § 1 Abs. 1 SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung M-V (Einzelhandelskaufhaus)

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom heutigen Tag in einem gerichtlichen Eilverfahren den Antrag auf Außervollzugsetzung von § 1 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern (SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung) abgelehnt.

Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung sind sämtliche Verkaufsstellen des Einzelhandels geschlossen. Ein Verkauf mittels Lieferdiensten oder Abholung bleibt gestattet. Nicht betroffen von den Schließungen sind: Einzelhandelsbetriebe für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Zeitungsverkauf, Tabak- und Genusswaren, Tierbedarfsmärkte und Blumenläden.

Die Antragstellerin betreibt bundesweit eine Vielzahl von Warenhäusern, in Mecklenburg-Vorpommern u. a. große Einzelhandelskaufhäuser in den Hansestädten Rostock und Wismar.

Der Senat hat den Antrag unter Verweis auf seinen Beschluss vom 8. April 2020 – 2 KM 236/20 OVG – (siehe hierzu Pressemitteilung Nr. 1 vom 08.04.2020), in dem er u. a. auch die Regelung in § 1 der Verordnung geprüft habe, abgelehnt. Die – zunächst – bis zum 19. April 2020 befristete Regelung der Schließung sämtlicher Verkaufsstellen des Einzelhandels unter gleichzeitiger Bestimmung ausdrücklich bezeichneter Ausnahmefälle erweise sich auch im konkreten Einzelfall der Antragstellerin als noch verhältnismäßiger, insbesondere erforderlicher und angemessener Eingriff in ihre Rechte. Zwar müsse die Antragstellerin einen empfindlichen Eingriff in ihre Rechte hinnehmen, der zu massiven Einkommenseinbußen führe, doch rechtfertige der Gesundheitsschutz, insbesondere die Verlangsamung der Ausbreitung der hoch infektiösen Coronavirus-Erkrankung in der derzeitigen Situation derart einschneidende beschränkende Maßnahmen. Für eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Branchen und Warenangebote lägen hinreichende sachliche Gründe vor, sodass auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend wahrscheinlich vorliege.

  1. Abiturprüfungen in Berlin finden trotz Coronavirus statt!

Das Berliner Verwaltungsgericht (VG) hatte sich mit einem Eilantrag zu befassen, mit Hilfe dessen eine Berliner Schülerin den Versuch unternommen hat, nicht an den Abiturprüfungen in Berlin teilnehmen zu müssen (VG Berlin, Beschl.  v. 17.04.2020 – VG 14 L 59.20). In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 21/2020 heißt es:

Kein Fernbleiben von schriftlicher Abiturprüfung wegen Coronagefahren (Nr. 21/20020)

Eine Berliner Schülerin ist vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit einem Eilantrag gescheitert, mit dem sie erreichen wollte, nicht an den ab dem 20. April 2020 angesetzten schriftlichen Abiturprüfungen teilzunehmen.

Die Antragstellerin ist Schülerin und Abiturientin eines Berliner Gymnasiums. Nach dem Willen des Berliner Senats beginnen dort – wie an allen Berliner Schulen – ab dem 20. April 2020 die schriftlichen Abiturprüfungen. Unter Berufung auf etwaige mit den konkreten Prüfungsbedingungen verbundene Gesundheitsgefahren begehrt sie im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, so lange nicht an den Prüfungen teilnehmen zu müssen, bis sichergestellt sei, dass keine Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus mehr bestehe.

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der 14. Kammer hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Fernbleiben von den Abiturprüfungen, weil deren Durchführung unter seuchenrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei. Nach der Coronavirus-Eindämmungsmaßnahmenverordnung dürften Prüfungen bei Einhaltung eines Mindestabstands zwischen den anwesenden Personen von mindestens 1,5 Metern durchgeführt werden. Dass diese Abstandsanforderung nicht eingehalten werde, habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr habe die zuständige Senatsverwaltung den Schulen eine Vielzahl von Schutzmaßnahmen vorgeschrieben. Dazu zähle etwa die maximale gleichzeitige Anwesenheit einer Höchstzahl von acht, in Ausnahmefällen zehn Personen pro Prüfungsraum und ein Abstand zwischen den Arbeitsplätzen von sogar zwei Metern. Ferner sollten die Schüler zeitversetzt zur jeweiligen Prüfung eintreffen, und die einer Risikogruppe zugehörigen Schüler sollten einen separaten Prüfungstermin erhalten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese und weitere Vorkehrungen während des Prüfungsgeschehens am Gymnasium der Antragstellerin nicht eingehalten würden. Die Maßnahmen seien nach derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnislage auch hinreichend, weil bereits ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen das Risiko einer Übertragung des Coronavirus deutlich vermindere. Zudem könne die Antragstellerin durch ein infektionsschutzgerechtes Eigenverhalten auch selbst zu einer möglichst risikoarmen Teilnahme am Prüfungsgeschehen beitragen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Siehe auch VG Berlin, Beschl. v. 20.04.2020 – VG 3 L 155.20: Keine Verschiebung der Abiturprüfung wegen erschwerter Vorbereitung. Dazu heißt es in der Pressemitteilung Nr. 22/2020 v. 20.04.2020:

Eine Berliner Schülerin ist vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit einem Eilantrag gescheitert, mit dem sie die Verschiebung ihrer unmittelbar bevorstehenden schriftlichen Abiturprüfungen erreichen wollte.

Die Antragstellerin ist Schülerin und Abiturientin eines Berliner Gymnasiums. Nach dem Willen des Berliner Senats beginnen dort – wie an allen Berliner Schulen – ab dem 20. April 2020 die schriftlichen Abiturprüfungen; die erste schriftliche Prüfung der Antragstellerin ist für den 24. April 2020 angesetzt. Sie lebt mit ihren Eltern und einem Bruder in einer Zweieinhalb-Zimmerwohnung, wo sich alle Familienmitglieder seit dem 21. März 2020 überwiegend aufhalten. Die Antragstellerin verfolgt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes das Ziel der Verschiebung der Prüfung unter Berufung auf schwierige häusliche Bedingungen. Ihre Konzentrationsfähigkeit sei durch die von ihren Familienangehörigen ausgehende Geräuschbelastung erheblich beeinträchtigt, sie habe sich wegen der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen nicht mit Mitschülern austauschen können, sie verfüge über keinen eigenen PC und sie habe sich schließlich nicht – wie ursprünglich geplant – in einer Bibliothek auf die Prüfungen vorbereiten können. Unter diesen Umständen habe sie bei ihrer Abiturprüfung gegen-über anderen Prüflingen keine chancengleichen Voraussetzungen.

Die 3. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Verschiebung der Prüfungstermine. Sie könne sich für ihr Begehren nicht auf das Berliner Schulgesetz berufen, wonach jede Schule die Verantwortung dafür trage, dass die Schülerinnen und Schüler, unabhängig von ihren Lernausgangslagen, an ihrer Schule zu ihrem bestmöglichen Schulabschluss geführt werden. Denn hieraus folgten keine individualrechtlichen Ansprüche. Die Antragstellerin habe auch nicht glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf die Nachholung eines Prüfungsteils zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe zu haben. Denn dies setze voraus, dass ein Prüfling aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der gesamten Prüfung oder an Teilen der schriftlichen oder mündlichen Prüfung nicht teilnehmen könne. Dies sei hier nicht der Fall. Die Antragstellerin könne nicht aus krankheitsbedingten Gründen oder sonstigen persönlichen Umständen nicht an der Prüfung teilnehmen. Der bloße Verweis auf die allgemeine pandemiebedingte Stresssituation reiche hierfür nicht aus. Stress und Ängste im Zusammenhang mit einer Prüfung gehörten in den Risikobereich des Prüflings, es sei denn, dass sie erkennbar den Grad einer – durch ein ärztliches Attest nachzuweisenden – psychischen Erkrankung erreichten.

Das verfassungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit gebiete schließlich nichts anderes. Auch wenn die Vorbereitung auf die Abiturprüfungen im Jahr 2020 wegen der Schulschließungen ab dem 17. März 2020 und aufgrund der auch in den Osterferien geltenden Kontaktbeschränkungen unter erschwerten Bedingungen stattgefunden habe, stelle sich die Situation der Antragstellerin nicht als besonderer Ausnahmefall dar. Vielmehr stellten die strengen Regelungen der Länder zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie viele Familien vor schwierige Herausforderungen. Allen Schülerinnen und Schülern seien aber seit dem 17. März 2020 Vorbereitungstreffen mit Mitschülerinnen und Mitschülern, die Wahrnehmung von Nachhilfestunden und das Lernen außerhalb der häuslichen Umgebung nicht möglich gewesen. Wie auch in anderen Lebensbereichen könnten im Rahmen der Prüfungsvorbereitung unter Geltung der Einschränkungen wegen des Coronavirus jedoch keine identischen Bedingungen gewährleistet werden. Hierzu gehöre auch die Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise über ein eigenes Zimmer oder einen eigenen Computer verfügen, bessere Bedingungen zur Prüfungsvorbereitung vorfänden als andere. Die Durchführung der Abiturprüfungen 2020 im Land Berlin insgesamt sei schließlich auch dadurch sachlich gerechtfertigt, dass sich die Länder in der Ständigen Konferenz der Kultusminister darauf bundeseinheitlich geeinigt hätten. Dies diene damit letztlich gerade der Wahrung der Chancengleichheit des diesjährigen Abiturjahrgangs gegenüber anderen Abiturjahrgängen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

  1. Besuchsrecht einer Mutter, deren Kinder in einem Kinderschutzhaus untergebracht sind

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat, dass die Coronavirus-Eindämmungsverordnung einer Mutter nicht verbietet darf, ihre in einem Kinderschutzhaus untergebrachten Kinder zu besuchen (VG Hamburg, Beschl. v. 17.04.2020 – 11 E 1630/20). In der Pressemietteilung des Gerichts heißt es:

Nach der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg vom 2. April 2020 in der Fassung vom 9. April 2020 ist auch Eltern der Besuch und das Betreten von besonderen Formen von Kinderschutzeinrichtungen untersagt. Eine Ausnahme von diesem Verbot sieht die Verordnung nicht vor.  

Der gegen diese Regelung gerichtete Eilantrag einer Mutter war erfolgreich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt das ausnahmslose Verbot, die eigenen Kinder in Kinderschutzeinrichtungen persönlich zu besuchen, die Eltern in ihren Grundrechten, indem es zu einem kompletten Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kinder führt, ohne dabei etwa nach dem Alter der Kinder, der Qualität der bisherigen Eltern-Kind-Beziehung, der Häufigkeit der bisherigen Umgangskontakte oder sonstigen Aspekten zu differenzieren. Überdies hat das Verwaltungsgericht beanstandet, dass die Coronavirus-Eindämmungsverordnung zwar einen Besuch in Krankenhäusern und Einrichtungen der öffentlichen Unterbringung in Einzelfällen ermöglicht, aber keine entsprechende Ausnahmeregelung für Kinderschutzeinrichtungen vorsieht.

Gegen die Entscheidung kann die Freie und Hansestadt Hamburg Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.

  1. Versammlung auf dem Johannes-Brahms-Platz darf stattfinden

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat entschieden, dass eine Versammlung auf dem Johannes-Brahms-Platz unter dem Motto Pandemieschutz bleibt antirassistisch unter im Einzelnen genannten Auflagen stattfinden darf (VG Hamburg, Beschl. v. 17.04.2020 – 15 E 1640/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg sieht u.a. vor, dass Versammlungen unter freiem Himmel aus Gründen des Infektionsschutzes verboten sind. Ausnahmen von diesem Verbot können in besonders gelagerten Einzelfällen zugelassen werden, sofern dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.

Nach der heutigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Vereinbarkeit des generellen Versammlungsverbots mit der Versammlungsfreiheit. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung darf aber nur aus infektionsschutzrechtlichen Aspekten und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls versagt werden. Hier konnte nach der Bewertung des Verwaltungsgerichts ein angemessener Interessenausgleich nur durch die ausnahmsweise Genehmigung der Versammlung am 18. April 2020 bei gleichzeitiger Erteilung der im einzelnen aufgeführten Auflagen herbeigeführt werden. Eine entsprechende Beschränkung der Versammlung führt nach Auffassung des Gerichts noch nicht zu einer nicht hinnehmbaren und über das allgemein bestehende Infektionsrisiko hinausgehenden Infektionsgefahr für die Versammlungsteilnehmer oder sonstige Personen. Im Einzelnen hat die Antragstellerin daher u.a. die Zahl der Versammlungsteilnehmer auf 20 Personen zuzüglich 5 Ordnern und die Dauer der Versammlung auf maximal 2 Stunden zu beschränken, Passanten sind von der Versammlung durch entsprechende Vorrichtungen zu trennen und die Versammlungsteilnehmer haben während der Versammlung voneinander einen Abstand von jeweils 2 Metern zu halten.

  1. Erfolgloser Eilantrag eines Abgeordneten gegen pandemiebedingte Kontrollrechte der Polizei

Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat den Eilantrag eines Berliner Abgeordneten zurückgewiesen (VerfGH Berlin, Beschl. v. 17.04.2020 – VerfGH 51 A/20). Der Abgeordnete ist mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Berliner Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 gescheitert. Der Verfassungsgerichtshof Berlin ist der Auffassung, dass der Abgeordnete hinsichtlich der von ihm gerügten Befugnisse der Polizei zur Kontrolle der Ausgangsbeschränkungen offensichtlich nicht in seinen Abgeordnetenrechten verletzt werde.

  1. Mini-Kundgebung ist erlaubt!

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat eine angemeldete Kleinkundgebung vor einem Dresdner Bürgeramt ermöglicht (VG Dresden, Beschl. v. 17.04.2020 – 6 L 265/20). Der Antragsteller darf demnach seine fünfminütige Demonstration mit voraussichtlich vier Teilnehmern durchführen. In der Pressemitteilung des Gerichts v. 17.04.2020 heißt es:

Die Richter der 6. Kammer verfügten, dass die Veranstaltung mit dem Titel „Wir werben hier für eine verantwortliche Rechtsgüterabwägung unter Inansatzbringung der Belange des Grundrechts der Versammlungsfreiheit“ durchgeführt werden darf, soweit sich der Antragsteller an die von ihm selbst genannten Bedingungen halte. Danach hätten alle Teilnehmer an der Veranstaltung einen 2-Meter-Abstand zueinander einzuhalten. Werde dieser Abstand länger als 10 Sekunden unterschritten, sei die Versammlung aufzulösen. Diese ende ohnehin spätestens nach dem Ablauf von 5 Minuten. Die Versammlung sei vorher aufzulösen, wenn die Teilnehmerzahl sieben Personen erreiche. Es würden keine Flugblätter verteilt. Zudem stellte die Kammer fest, dass die Teilnahme an der geplanten Versammlung einen triftigen Grund zum Verlassen der häuslichen Unterkunft i. S. v. § 2 Abs. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 31. März 2020 zum Schutz vor dem Corona-Virus SARS-CoV-2 und COVID-19 darstelle.

Die Kammer betonte auch in dieser Entscheidung, dass sie die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus generell für geeignet und zur Gefahrenabwehr auch für erforderlich erachtet. Allerdings sei das Verbot jeglicher Versammlung ohne Bezug auf deren Umstände im Einzelnen nach überschlägiger Prüfung als rechtswidrig anzusehen, da es dem hohen Wert des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nicht gerecht werde und durch die Versagung der Veranstaltung in der konkret angemeldeten Form das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 8 GG verletze.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten binnen zwei Wochen Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht erheben.

  1. Eilantrag einer stationären Rehabilitationsklinik gegen einen unbefristeten Aufnahmestopp von Patienten erfolgreich!

Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hat einem Eilantrag einer stationären Rehabilitationsklinik gegen einen unbefristeten Aufnahmestopp von Patienten stattgegeben (VG Minden, Beschl. v. 21.04.2020 – 7 L 299/20). In der Pressemietteilung des Gerichts v. 22.04.2020 heißt es:

Die Antragstellerin wurde auf Grundlage des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes mit Wirkung zum 3. April 2020 als Einrichtung zur Entlastung der akutstationär zu versorgenden Patienten bestimmt. Seitdem gilt sie für die Behandlung von bis zum 30. September 2020 aufgenommenen Patienten als zugelassenes Krankenhaus. Am 8. April 2020 wurde bekannt, dass sich eine von der Antragstellerin am 26. Februar 2020 stationär aufgenommene Patientin mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 infiziert hat. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 9. April 2020 ordnete die Antragsgegnerin unter anderem an, dass es der Antragstellerin ab sofort bis auf Weiteres untersagt sei, neue Patienten in die Klinik aufzunehmen.

Die 7. Kammer hat dem dagegen erhobenen Eilantrag stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage angeordnet. Bei der Anordnung eines Aufnahmestopps für Krankenhäuser handele es sich zwar grundsätzlich um eine taugliche Maßnahme im Sinne des § 28 Infektionsschutzgesetz, wenn in der betroffenen Einrichtung bereits Patienten an COVID-19 erkrankt seien. Weitere Voraussetzung sei jedoch, dass die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich Art und Umfang der angeordneten Maßnahme ordnungsgemäß ausübe. Zulässig sei nur die Anordnung notwendiger Schutzmaßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten seien.

Der von der Antragsgegnerin angeordnete Aufnahmestopp erweise sich nach diesen Maßstäben als offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe lediglich festgestellt, dass sich eine Patientin mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert habe und dass davon ausgegangen werden müsse, dass sich die Patientin aufgrund ihres Aufenthalts in der Klinik dort angesteckt habe. Andere als die angeordnete Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung des Virus seien nicht erwogen worden. Dies sei aber vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass die Einrichtung gerade auch die Versorgung von stationär behandlungsbedürftigen Patienten sicherstellen solle. Das Robert-Koch-Institut sehe einen Aufnahmestopp zudem nicht als unmittelbare und grundsätzlich erforderliche Reaktion bei COVID-19 Ausbrüchen in einer Gesundheitseinrichtung vor.

Insgesamt sei zwar nicht ausgeschlossen, dass auch ein vollständiger Aufnahmestopp im Einzelfall zulässig sein könne. Dazu bedürfe es jedoch einer – in diesem Falle nicht vorgenommenen – ordnungsgemäßen Ermessensausübung.

  1. Erfolgreicher Antrag eines Einzelhandelsunternehmens gegen die Untersagung des Betriebs von Ladengeschäften mit einer Verkaufsfläche von über 800 m²

Vor dem VG Hamburg war ein Eilantrag eines Einzelhandelsunternehmens gegen die aus der Corona-Verordnung folgende Untersagung des Betriebs von Ladengeschäften mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² erfolgreich (VG Hamburg, Beschl. v. 21.04.2020 – 3 E 1675/20). Hier geht es zur ausführlich begründeten Entscheidung des VG Hamburg.

Die gegen die Entscheidung des VG eingelegte Beschwerde der Stadt Hamburg hatte (teilweise) Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg hat am 22.04.2020 eine Zwischenverfügung erlassen, nach der die Betreiberin eines Sportwarengeschäfts in der Hamburger Innenstadt dieses vorläufig – zunächst befristet bis zum 30. April 2020 – nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 m2 betreiben darf (OVG Hamburg, Beschl. v. 22.04.2020 – 5 Bs 64/20). In der Pressemitteilung des OVG heißt es:

Die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der seit dem 20. April 2020 gültigen Fassung untersagt den Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels, deren Verkaufsfläche nicht auf 800 m² begrenzt ist.

Der gegen diese Regelung gerichtete Eilantrag der Betreiberin eines Sportwarengeschäfts war vor Verwaltungsgericht Hamburg erfolgreich (3 E 1675/20, siehe Pressemitteilung vom 22.4.2020). Hiergegen hat die Freie und Hansestadt Hamburg Beschwerde erhoben.

Auf den weiteren Antrag der Stadt, dass es bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Beschwerde bei der Regelung der Rechtsverordnung bleibt und der Betrieb der Antragstellerin bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin nur auf einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² erfolgen darf, hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg nunmehr eine Zwischenverfügung erlassen. Danach darf die Antragstellerin ihr Einzelhandelsgeschäft vorläufig – befristet bis zum 30. April 2020 – nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 m2 betreiben. Die Erfolgsaussichten der Beschwerde sind nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts offen. Der Erlass einer Zwischenverfügung ist daher zur Vermeidung schwerer und unabwendbarer Nachteile geboten. Sollte die Zwischenverfügung nicht ergehen und sich aber später herausstellen, dass die Regelung zur Beschränkung der Verkaufsfläche nicht zu beanstanden ist, weil die Zulassung von Verkaufsflächen auch über 800 m2 zu einem erhöhten Infektionsrisiko führt, bestünde die konkrete Gefahr einer weiteren und nicht nachvollziehbaren Ausbreitung des Virus, die zum Erhalt von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und zum Schutz einer Überlastung medizinischer Behandlungskapazitäten vermieden werden soll.

Mit einer abschließenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Beschwerde ist in der kommenden Woche zu rechnen.

  1. Keine Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen

Das OVG Niedersachsen hat eine Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen abgelehnt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.04.2020 – 13 MN 109/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 23. April 2020 einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen nach der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 abgelehnt (Az.: 13 MN 109/20).

Antragsteller war ein eingetragener Verein, der sich für die Rechte der Muslime einsetzt. Der Senat hat das Verbot von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung des Infektionsgeschehens noch als eine notwendige Schutzmaßnahme angesehen. Das Verbot wolle die gezielte Zusammenkunft zahlreicher Personen zum Zwecke auch länger andauernder gemeinsamer Verrichtungen mit Blick auf deren erhöhtes infektionsschutzrechtliches Gefährdungspotenzial unterbinden. Mildere, zur Zielerreichung gleich geeignete Mittel, wie bloße Zugangsbeschränkungen, stünden angesichts der Vielzahl von Personen und des Zusammentreffens in einem überschaubaren geschlossenen Raum nicht zur Verfügung. Die individuelle Glaubensausübungsfreiheit und auch religiöse Versammlungen unter freiem Himmel blieben zudem möglich. Der damit noch für die Gültigkeitsdauer der Verordnung bis zum 6. Mai 2020 verbundene Eingriff in die kollektive Glaubensausübungsfreiheit wiege zwar überaus schwer, werde aber vom öffentlichen Interesse an einer weiteren Ausbreitung des Infektionsgeschehens überwogen.

Der Senat hat den Beschluss aufgrund der ihm zur Entscheidungsfindung zur Verfügung stehenden kurzen Zeit zunächst als Tenorbeschluss gefasst; eine ausführliche schriftliche Begründung folgt zeitnah.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Coronabedingtes Vermietungsverbot für Ferienhäuser und Ferienwohnungen in Brandenburg bestätigt

Das OVG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein coronabedingtes Vermietungsverbot für Ferienhäuser und Ferienwohnungen in Brandenburg rechtlich nicht zu beanstanden ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.04.2020 – OVG 11 S 25.20). In der Pressemitteilung v. 23.04.2020 heißt es:

Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom heutigen Tage abgelehnt, § 7 Abs. 4 Satz 1 SARS-Co-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vorläufig außer Vollzug zu setzen. Nach dieser Vorschrift ist es Betreibern von Beherbergungsstätten, Campingplätzen, Wohnmobilstellplätzen sowie privaten und gewerblichen Vermietern oder Verpächtern von Ferienwohnungen und Ferienhäusern und vergleichbaren Angeboten untersagt, Personen zu touristischen Zwecken wie Freizeitreisen zu beherbergen.

Die Antragstellerin vermietet auf einem Hofgrundstück in Brandenburg befindliche Ferienhäuser und eine Ferienwohnung. Auf ihre Einwände hat das Oberverwaltungsgericht unter anderem ausgeführt, dass die angegriffene Vorschrift im Infektionsschutzgesetz eine hinreichende Rechtsgrundlage finde. Auch sei das bis zum 8. Mai 2020 befristete Verbot, Ferienhäuser und Ferienwohnungen zu touristischen Zwecken zu vermieten, angesichts des hohen Rangs der Schutzgüter Leben und Gesundheit trotz des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Antragstellerin nicht unverhältnismäßig. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts bestehe auch gegenwärtig noch eine große Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung. Der Verordnungsgeber musste nach Auffassung des Senats nicht darauf abstellen, ob das Übertragungsrisiko während des Aufenthalts in der Ferienunterkunft größer ist als am Heimatort, denn touristische Reisen führten zu einer vorübergehenden Veränderung des Kontaktumfeldes und würden zumindest abstrakt die Gefahr bergen, eine (noch) asymptomatisch verlaufende Infektion an einen anderen Ort zu tragen und das Virus dort weiter zu verbreiten.

  1. Schulpflicht außer Vollzug gesetzt

Das Verwaltungsgericht Kassel hat die Schulpflicht von Schülerinnen und Schülern der 4. Jahrgangsstufe der Grundschulen, der Sprachheilschulen und der Schulen mit den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören in Hessen einstweilen außer Vollzug gesetzt (VG Kassel, Beschl. v. 24.04.2020 – 8 B 1097/20.N). In der Pressemitteilung heißt es:

Mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Schulpflicht von Schülerinnen und Schülern der 4. Jahrgangsstufe der Grundschulen, der Sprachheilschulen und der Schulen mit den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören in Hessen vorläufig außer Vollzug gesetzt wird.

Ein entsprechender Eilantrag hatte Erfolg, soweit er sich gegen die Regelungen in § 3 Abs. 1 Nr. 2 a) der nachfolgend bezeichneten Verordnung (Zweite Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus in der Fassung der Sechsten Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 16. April 2020) über den Schulbesuch für Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgangsstufe der oben genannten Schulen richtete.

Die Antragstellerin, eine Schülerin aus Frankfurt am Main, begehrte den Erlass einer sog. einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, indem sie sich direkt gegen die zuvor genannte Verordnung wendete. Antragsgegner ist das Land Hessen, vertreten durch die Staatskanzlei.

Die streitige Regelung lautet:

  • 3

(1) Es wird allgemein angeordnet, dass Schülerinnen und Schüler dem Unterricht und anderen regulären schulischen Veranstaltungen an Einrichtungen nach § 33 Nr. 3 des Infektionsschutzgesetzes bis zum 3. Mai 2020 fernbleiben müssen. Ihr Fehlen gilt als entschuldigt. Satz 1 und 2 gelten nicht
1. für die Abnahme von Prüfungsleistungen,
2. ab dem 27. April 2020 für die Schülerinnen und Schüler
a) der 4. Jahrgangsstufe der Grundschulen, der Sprachheilschulen und der Schulen mit
den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören,
….

Am 20. April 2020 hat die Schülerin deshalb einstweiligen Rechtsschutz gegen die o. g. Regelung beantragt. Sie macht geltend, für die angegriffenen Regelungen der Verordnung fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage. Die Anordnung des Schulbesuchs für Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe in Grundschulen begründe für diese ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat dem Eilantrag überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Anordnung in § 3 Abs. 1 Nr. 2a) der genannten Verordnung, die für die Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe eine Präsenzschulpflicht ab dem 27. April 2020 bewirke, verstoße bei einer im Eilverfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden sog. summarischen Prüfung nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegen höherrangiges Recht. Denn die Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe würden im Vergleich zur überwiegenden Zahl der Schülerinnen und Schüler, denen aus Gründen des Infektionsschutzes der Schulbesuch bis zum 3. Mai 2020 gänzlich untersagt werde, ohne hinreichenden Grund ungleich behandelt und dadurch in ihrem Grundrecht aus Art 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung verletzt. So seien mit Ausnahme der Viertklässler sämtliche Schüler, die sich keiner Abschlussprüfung unterziehen müssten, von der Schulpflicht befreit und müssten sich somit keinem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen.

Für diese Ungleichbehandlung bestehe kein sachlicher Grund.

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.

  1. Schließung eines Outlet-Center gleichheitswidrig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat entschieden, dass die Schließung eines Outlet-Centers auf der Grundlage einer landesrechtlichen Verordnung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie gegen den Gleichheitssatz verstört (OVG Schleswig, Beschl. v. 24.04.2020 – 3 MR 9/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Der für das Gesundheitsrecht zuständige 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat das landesrechtliche Gebot, wonach Outlet-Center aus Gründen des Infektionsschutzes (weiterhin) zu schließen sind, heute vorläufig außer Vollzug gesetzt. Grund für die getroffene einstweilige Anordnung gegenüber dem Land Schleswig-Holstein ist, dass das Gebot nach summarischer Prüfung durch den Senat gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.

Antragstellerin des Verfahrens ist die Betreiberin des Outlet-Centers in Neumünster, welches über 122 Ladengeschäfte verfügt, von denen 121 Ladengeschäfte unter 800 Quadratmeter groß sind. Aus Sicht des Senats stelle die weitere Schließung des Outlet-Centers eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber anderen Einzelhandelsgeschäften und Einkaufszentren dar, deren Öffnungsmöglichkeiten mittlerweile gelockert worden sind. Das Gericht vermochte nicht zu erkennen, warum die Umsetzung besonderer Hygiene- und Zugangsmaßnahmen in einem Outlet-Center nicht mindestens ebenso zu gewährleisten sei wie in Fußgängerzonen, Einkaufsstraßen und Einkaufszentren. Eine überregionale Anziehungskraft des Outlet-Centers für Kunden aus Dänemark, Hamburg oder Niedersachsen spiele schon wegen des fortgeltenden Verbots der Einreise nach Schleswig-Holstein aus touristischem Anlass oder zu Freizeitzwecken keine Rolle. Aufgrund der von der Antragstellerin bereits ergriffenen umfangreichen Steuerungs-, Kontroll- und Hygienemaßnahmen und der Schließung von Gastronomie und Spielplätzen auf ihrem Gelände komme dem Besuch auch kein Eventcharakter zu.

Wenn der Verordnungsgeber ein Anfahren der wirtschaftlichen Betätigung für vertretbar halte, müsse er vergleichbare Sachverhalte auch vergleichbar regeln, sich im Übrigen die Grundrechtspositionen potentiell Betroffener vor Augen führen und sorgsam prüfen, ob es gegenüber einem absoluten Öffnungsverbot mildere, aber gleich wirksame Mittel gebe. Dies sei vorliegend nicht gelungen. Dass es sich bei der Schließung von Outlet-Centern um eine Umsetzung entsprechender Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz handele, ändere daran nichts.

Das Gebot, Outlet-Center zu schließen, ergibt sich aus § 6 Abs. 3 der aktuellen SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der schleswig-holsteinischen Landesregierung vom 18. April 2020.

Der Beschluss (Az. 3 MR 9/20) ist unanfechtbar.

  1. Kaufhäuser von Galeria Kaufhof GmbH im Saarland bleiben geschlossen

Das OVG Saarlouis hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die Kaufhäuser der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH im Saarland weiterhin geschlossen bleiben (OVG Saarlouis, Beschl. v. 24.04.2020 –2 B 122/20). Laut einer Pressemitteilung des Gerichts ist es nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die Größe der Verkaufsfläche als Maßstab für den Käuferzustrom zugrunde gelegt und eine Begrenzung der zulässigen Verkaufsfläche auf 800 m² vorgenommen hat. Großflächige Einzelhandelsbetriebe, die aufgrund ihrer Größe regelmäßig ein breites Warensortiment oft zu günstigen Preisen anbieten und präsentieren könnten, seien als Einkaufsort besonders attraktiv. Ein vergleichsweise deutlich vermehrter Besucherzustrom berge eine erhöhte Ansteckungsgefahr mit dem besonders leicht von Mensch zu Mensch übertragbaren Corona-Virus in sich. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung sei nicht darin zu sehen, dass die in der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 5 Nr. 1 bis 17 der Verordnung spezialisierten Einzelhandelsgeschäfte ohne Beschränkung der Verkaufsfläche öffnen dürften, branchenübergreifende Warenhäuser jedoch nicht. Diese Branchen seien nicht mit Warenhäusern zu vergleichen. Die angegriffene Regelung sei auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Eine Reduzierung des Warenangebots durch Verkleinerung der Verkaufsfläche und die dadurch bewirkte Leerung der Innenstädte sei ein geeignetes und erforderliches Mittel, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Für die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelung spreche zudem, dass der Antragsgegner den Geltungszeitraum der Verordnung nach gegenwärtigem Stand bis zum Ablauf des 03.05.2020 begrenzt habe.

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen Ausgangsbeschränkungen in Bayern

In einer Entscheidung v. 24.04.2020 hat es der Bayerische Verfassungsgerichtshof abgelehnt, § 5 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2 und § 7 Nr. 9 der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BayIfSMV) vom 16.04.2020 (GVBl S.214) durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen.

  1. Keine Öffnungserlaubnis bei freiwilliger Beschränkung der Verkaufsräume auf 800 Quadratmeter

Das VG Ansbach hat entschieden, dass die freiwillige Beschränkung größerer Verkaufsräume auf 800 Quadratmeter nicht automatisch zu einer Öffnungserlaubnis führt (VG Ansbach, Beschl. v. 24.04.2020 und 26.04.2020 – AN 18 E 20.00745 und AN 30 S 20.00775).

  1. Campingplatzbetreiber darf Speisen zum Straßenverkauf anbieten

Auch der Gastronomiebetrieb eines derzeit für touristische Zwecke geschlossenen Campingplatzes darf nach der Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz Speisen zum Straßenverkauf anbieten (VG Main, Beschl. v. 24.04.2020 – 1 L 253/20.MZ). In der Pressemitteilung des Gerichts 2/2020 heißt es weiter:

Dem Antragsteller wurde durch eine Verfügung der zuständigen Kreisverwaltung vom 8. April 2020 aufgegeben, den von ihm geführten Campingplatz (ausgenommen die Nutzung zu nicht touristischen Zwecken) einschließlich des dazugehörigen Gastronomiebetriebs einzustellen. Die Verfügung wurde u.a. damit begründet, dass die abgeholten Speisen und Getränke im Umfeld des Campingplatzes konsumiert würden; entsprechende Personenansammlungen hätten im Bereich der Anlage festgestellt werden können. Dagegen wandte sich der Campingplatzbetreiber mit einem vorläufigen Rechtsschutzantrag und machte im Kern geltend, ähnlich wie für eine Ferienwohnung müsse die Nutzung des Campingplatzes auch durch Dauercamper weiterhin erlaubt sein. Die Abgabe von Lebensmitteln erfolge auf seinem eigenen Gelände vorschriftengetreu. Das gab dem Eilantrag hinsichtlich der vollständigen Untersagung des Gastronomiebetriebs statt; keinen Erfolg hatte er, soweit die angeordnete Schließung des Campingplatzes auch für Dauercamping gelten soll.

Die auf das Infektionsschutzgesetz und die Vierte Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz gestützte Verfügung erweise sich als rechtmäßig, soweit der Antragsteller seinen Campingplatz auch privaten Dauercampern (ohne dortigen Erstwohnsitz) öffne. Die Verordnung schließe den touristischen Betrieb von Campingplätzen ausdrücklich aus. Zur effektiven Abwehr von Gefahren der Gesundheit der Bevölkerung durch COVID-19 und unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit des Campingplatzbetreibers sei die Untersagung der Nutzung der Campinganlage durch Dauercamper nicht zu beanstanden. Anders als für Ferienwohnungen lasse sich nämlich die notwendige Abgrenzung von Campern auf der Anlage nicht herstellen. Die vollständige Schließung des Gastronomiebetriebs auch hinsichtlich des Straßenverkaufs von verzehrfertigen Speisen und Getränken dürfe von dem Antragsteller hingegen nicht gefordert werden. Der Straßenverkauf sei nach der Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes möglich. Angesichts dieser normativen Interessenbewertung könne von dem Speisenanbieter kein Verhalten verlangt werden, das auf einen Verzehr der gekauften Speisen zu Hause hinwirke. In Rheinland-Pfalz gelte keine Ausgangssperre, sondern eine Kontaktbeschränkung, die auch den Verzehr von Speisen in der Öffentlichkeit nicht grundsätzlich unterbinde. Deren Kontrolle sei auch hier Aufgabe der zuständigen Behörden.

  1. Erfolgreiche Unterlassungsverfügung eines Betriebsrats gegen die Nutzung von Kameraaufnahmen zum Zwecke der Abstandsüberwachung

Das Arbeitsgericht Wesel hat mit Beschl. v. 24.04.2020 entschieden: Der Betriebsrat eines Logistik- und Versandunternehmen mit Sitz in Rheinberg, das einem internationalen Konzern angehört, kann den Arbeitgeber im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen der Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte auf Unterlassung in Anspruch nehmen. In der Presserklärung v. 24.04.2020 heißt es weiter:

Der Arbeitgeber kontrolliert anhand Bildaufnahmen der Arbeitnehmer die Einhaltung der im Rahmen der Corona Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstände von mindestens 2 Metern im Betrieb. Dazu verwendet er die im Rahmen der betrieblichen Videoüberwachung erstellen Aufnahmen, die er auf im Ausland gelegenen Servern mittels einer Software anonymisiert.

Das Arbeitsgericht hat dem Unterlassungsanspruch des Betriebsrates teilweise stattgegeben. Hierbei ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Übermittlung der Daten ins Ausland der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung zur Installation und Nutzung von Überwachungskameras widerspricht. Zudem hat das Gericht bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 und 7 BetrVG verletzt sind.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.

  1. Corona-Verkaufsflächenregelung entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz

Mit Beschluss vom 27. April 2020 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) einem Antrag einer Einzelhandelsunternehmerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung stattgegeben, diese jedoch nicht außer Vollzug gesetzt (BayVGH, Beschl. v. 27.04.2020 – 20 NE 20.793).

Die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlassene Verordnung untersagt in § 2 Abs. 4 und 5 landesweit den Betrieb von Einzelhandelsgeschäften. Bereits in der Vergangenheit waren jedoch einzelne Betriebe von dem Verbot freigestellt, mit Wirkung vom 20. April 2020 wurden weitere Betriebe wie z.B. Baumärkte und mit Wirkung vom 27. April 2020 zusätzliche Betriebe wie z.B. Buchhandlungen ohne Rücksicht auf die Größe der Verkaufsräume geöffnet. Gleichzeitig wurden sonstige Einzelbetriebe freigegeben, soweit deren Verkaufsräume eine Verkaufsfläche von 800 qm nicht überschreiten.

Der BayVGH hat dem Antrag im Ergebnis stattgegeben, weil die in § 2 Abs. 4 und 5 der 2.BaylfSMV getroffenen Regelungen nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Die Freistellung von Buchhandlungen und Fahrradhändlern ohne Begrenzung der Verkaufsfläche sei aus infektionsschutzrechtlicher Sicht sachlich nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz sei zudem zu beanstanden, dass nach dem Wortlaut der Verordnung im Fall der Ladenöffnung nur sonstige Einzelhandelsbetriebe eine Begrenzung der Kundenzahl auf einen Kunden je 20 qm sicherstellen müssen, nicht aber die übrigen Einzelhändler, die bereits vor dem 27. April 2020 öffnen durften sowie Buchhandlungen, Kfz-Handel und Fahrradhandel.

Der BayVGH hat jedoch ausnahmsweise aufgrund der herrschenden Pandemienotlage und der nur kurzen Geltungsdauer der Einschränkungen (bis einschließlich 3. Mai 2020) davon abgesehen, die Bestimmungen außer Vollzug zu setzen, sondern lediglich die Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt.

Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es keine Rechtsmittel.

  1. Ladengeschäfte jeder Art über 800 qm bleiben in Sachsen-Anhalt geschlossen

Nach einer Entscheidung des OVG Magdeburg bleiben in Sachsen-Anhalt Ladengeschäfte jeder Art über 800 qm geschlossen (OVG LSA, Beschl. v. 27. April 2020 – 3 R 52/20).

In der Pressemitteilung v. 28.04.2020 heißt es:

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 27. April 2020 einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung in § 7 der Vierten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (4. SARS-CoV-2-EindV) abgelehnt- In dieser Regelung ist bestimmt, dass Ladengeschäfte jeder Art bis zu 800 qm Verkaufsfläche nur unter Einhaltung bestimmter Hygieneregeln und Zugangsbegrenzungen geöffnet werden dürfen. Einige Geschäftsbereiche sind von der Größenbegrenzung ausgenommen.

Die Antragstellerin ist im Einzelhandel mit Sport- und Bekleidungsartikeln tätig und betreibt im Bundesgebiet – u.a. im Land Sachsen-Anhalt – Ladengeschäfte mit einer Größe von über 800 qm.

Der Senat hat die Flächenbeschränkung für großflächige Einzelhandelsgeschäfte, die nicht bereits von der Schließung ausgenommen sind, als notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme angesehen. Die Regelungen der 4. SARS-CoV-2-EindV bezweckten die fortgesetzte Eindämmung weiterer Ansteckungen mit dem Coronavirus und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer und schwerstkranker Menschen. Die Epidemie sei trotz der Verlangsamung der Infektionsketten nicht bewältigt. Es sei weiterhin wichtig, soziale Kontakte mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich zu beschränken.

Der Landesregierung komme in der unsicheren epidemischen Lage bei der Beurteilung, welche Maßnahmen sie zur Verwirklichung der Ziele für geeignet, erforderlich und angemessen halten dürfe, ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Mit der Flächenbeschränkung habe sie ihren Spielraum nicht überschritten. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Das Ziel, Kontakte zu meiden, könne im Einzelhandel derzeit noch nicht vollständig durch strenge Hygienemaßnahmen abgelöst werden. Bei der Entscheidung, Lockerungen im Bereich der Ladenschließungen zuzulassen, habe die Landesregierung in zulässiger Weise an das typisierende, pauschalierende Merkmal der Großflächigkeit der Ladenflächen angeknüpft. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, weil die Anziehungskraft eines kleineren Geschäfts im Regelfall hinter derjenigen eines großflächigen Einzelhandelsgeschäfts zurückbleiben dürfte. Die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften bis zu 800 qm führe zudem zu einer Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, so dass gerade im Flächenland Sachsen-Anhalt eine gemäßigte Wiederbelebung des Einzelhandels erreicht werde. Besucherströme insbesondere aus dem ländlichen Raum, die vom großflächigen Einzelhandel hervorgerufen würden, könnten hierdurch in wesentlichen Teilen begrenzt werden. Es komme nicht maßgeblich darauf an, ob und inwieweit sich infektionshygienische Maßnahmen in einem großflächigen Verkaufsraum zumindest mit dem gleichen Sicherheitsniveau wie bei Geschäften mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 qm durchführen ließen. Mit der Entscheidung, den Buchhandel sowie den Fahrrad- und Kfz-Handel von der Flächenbegrenzung auszunehmen, habe die Landesregierung nicht willkürlich gehandelt. Dem Buchhandel komme zur Wahrung der Informations-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit sowie zur Deckung des schulischen Bedarfs, und dem Fahrrad- und Kfz-Handel zur Sicherung der Mobilität der Bevölkerung ein besonderer Versorgungsauftrag zu.

Der Beschluss ist  nicht anfechtbar.

Das OVG Lüneburg hat ebenfalls entschieden, dass eine Außervollzugsetzung der 800-qm-Flächenbeschränkung für Einzelhandelsgeschäfte nicht in Betracht komme (OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2020 – 13 MN 98/20).

Anders aber das OVG Saarlouis! Danach darf eine Möbelhauskette auch auf mehr als 800 qm öffnen (OVG Saarlouis, Beschl. v. 27.04.2020 – 2 B 143/20). Nach dem Eilentscheid des OVG Saarlouis gilt: Die Einrichtungs- und Möbelhäuser der Möbel Martin GmbH sind unter Gleichheitsgesichtspunkten nach der Corona-Verordnung nicht als auf eine Verkaufsfläche von 800 qm begrenzte Geschäfte des Einzelhandels zu behandeln. Die Möbelmärkte der Antragstellerin dürfen daher vorläufig ohne entsprechende Begrenzung ihrer Verkaufsfläche wieder öffnen.

  1. Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Mainz hat die sog. Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz als rechtmäßig eingestuft (VG Mainz, Beschl. v. 28.04.2020 – 1 L 276/20.MZ). In der Pressemitteilung 3/2020 heißt es:

Die Pflicht zur Tragung einer Mund-Nasen-Bedeckung beim Einkaufen und bei der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs nach der aktuellen rheinland-pfälzischen Corona-Bekämpfungsverordnung vom 24. April 2020 ist unter Berücksichtigung der Grundrechte jedes Einzelnen derzeit als gerechtfertigt anzusehen. Die Maskenpflicht verfolge den legitimen Zweck, eine Überlastung des Gesundheitssystems durch die COVID-19 Pandemie zu verhindern. Neben anderen Maßnahmen sollen mit der Pflicht zum Tragen einer (Alltags-)Maske im Rahmen der schrittweisen Aufhebung von Beschränkungen neue Ansteckungen möglichst vermieden werden. Der Verordnungsgeber habe insoweit seinen Einschätzungsspielraum nach aktueller Erkenntnislage nicht überschritten. Die Antragstellerin habe demgegenüber keine zuverlässigen Anhaltspunkte für allgemeine Gesundheitsgefahren durch das Tragen von Gesichtsmasken geltend machen können. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.

Das VG Hamburg hat mit am 28.04.2020 veröffentlichtem Beschluss ebenfalls einen Eilantrag abgelehnt, mit dem sich zwei Privatpersonen gegen ihre Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Hamburg gewandt haben (VG Hamburg, Beschl. v. 28.04.2020 – 10 E 1784/20).

 

  1. Vorläufige Eröffnung der Möglichkeit, auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen vom generellen Verbot von Gottesdiensten in Kirchen, Moscheen und Synagogen zuzulassen

Das Bundesverfassungsgerichts sieht zunehmend rechtliche Schwierigkeiten bei der strikten Umsetzung der durch Entscheidungen der Bundesländer erlassenen Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus (BVerfG, Beschl. v. 29.04.2020 – 1 BvQ 44/20, L&L 2020, 412). In der Pressemitteilung Nr. 28a/2020 vom 29. April 2020 heißt es:

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit heutigem Beschluss das Verbot von Gottesdiensten in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie von Zusammenkünften anderer Glaubensgemeinschaften zur gemeinsamen Religionsausübung nach der Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen im Wege der einstweiligen Anordnung insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt, als danach ausgeschlossen ist, auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen.

Sachverhalt:

Der Antragsteller, ein eingetragener Verein mit rund 1300 Mitgliedern, beabsichtigt, insbesondere in den noch ausstehenden Wochen des Fastenmonats Ramadan das Freitagsgebet in der von ihm genutzten Moschee durchzuführen. Er hat beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eine Normenkontrollklage mit dem Ziel eingelegt, das in der niedersächsischen Corona-Verordnung enthaltene Verbot von Gottesdiensten insoweit für ungültig zu erklären, als die für Verkaufsstellen und Ladengeschäfte geltenden Schutzvorkehrungen eingehalten werden.

Den mit der Normenkontrollklage verbundenen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des Verbots lehnte das Oberverwaltungsgericht ab. Zwar stelle das ausnahmslose Verbot des gemeinsamen Freitagsgebets im Fastenmonat Ramadan einen überaus schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Glaubensfreiheit dar. Dem Freitagsgebet komme insbesondere in dieser Zeit eine zentrale liturgische Bedeutung zu. Das Verbot sei jedoch zur Vermeidung von Infektionen weiterhin erforderlich. Das Gefährdungspotenzial von Gottesdiensten sei wesentlich höher als bei Einkäufen in Verkaufsstellen und Ladengeschäften. Im Unterschied zu Einkäufen seien Gottesdienste durch gezielte, auf längere Dauer ausgerichtete gemeinsame Aktivitäten geprägt, bei denen insbesondere wegen der Gleichzeitigkeit von Gebeten und Gesängen mit einem hohen Virenausstoß zu rechnen sei.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Kammer hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem oben genannten Umfang stattgegeben. Einstweiliger Rechtsschutz ist zu gewähren, weil ein Abwarten bis zum Abschluss eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens die vom Antragsteller vor allem erstrebte Durchführung von Freitagsgebeten während des Fastenmonats Ramadan mit hoher Wahrscheinlichkeit vereiteln und ihm auf lange Zeit das gemeinsame Beten als eine wesentliche Form der Ausübung seiner Religion unmöglich machen würde, obwohl eine Verfassungsbeschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts voraussichtlich Erfolg hätte.

Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Gefährdungslage bei Einkäufen und Gottesdiensten unterschiedlich zu beurteilen sein kann. Aus dem Vorbringen des Antragstellers selbst ergibt sich, dass die Einschätzung des Risikos von Infektionen durch Kontakte zwischen Personen bei der Veranstaltung von Gottesdiensten in Moscheen in größerem Umfang von den konkreten Umständen des Einzelfalles etwa hinsichtlich der Größe und Struktur der jeweiligen Glaubensgemeinschaft abhängt als bei der Erledigung von Einkäufen in Verkaufsstellen. So weist er etwa darauf hin, dass es auf die jeweils vertretene Lehre ankomme, ob beim Freitagsgebet gesungen und das Gemeinschaftsgebet von allen Gläubigen laut gesprochen werde. Außerdem macht er für seinen Fall geltend, dass ihm die Mitglieder seiner Gemeinde bekannt seien, was es ihm ermögliche, diese individuell zu jeweils einem Freitagsgebet einzuladen, wodurch Warteschlangen vor der Moschee vermieden werden könnten.

Jedoch ist mit Blick auf den schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit, den das Verbot von Gottesdiensten in Moscheen nach dem Vorbringen des Antragstellers jedenfalls insoweit bedeutet, als auch Freitagsgebete während des Fastenmonats Ramadan erfasst sind, kaum vertretbar, dass die Verordnung keine Möglichkeit für eine ausnahmsweise Zulassung solcher Gottesdienste in Einzelfällen eröffnet, in denen bei umfassender Würdigung der konkreten Umstände – eventuell unter Hinzuziehung der zuständigen Gesundheitsbehörde – eine relevante Erhöhung der Infektionsgefahr zuverlässig verneint werden kann. Das gilt jedenfalls angesichts der derzeitigen Gefahrensituation und der sich hieran anschließenden aktuellen Strategie zur Bekämpfung der epidemiologischen Gefahren. Es ist nicht erkennbar, dass eine einzelfallbezogene positive Einschätzung in keinem Fall erfolgen kann. Das Vorbringen des Antragstellers macht deutlich, welche Möglichkeiten insoweit in Betracht kommen. Er weist darauf hin, dass in den von ihm durchgeführten Freitagsgebeten nicht gesungen werde und beim Gemeinschaftsgebet nur der Imam laut vorbete. Als Schutzvorkehrungen werden angeboten eine Pflicht der Gläubigen zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz, die Markierung derjenigen Stellen in der Moschee, welche die Gläubigen zum Gebet einnehmen können und eine Vergrößerung des Sicherheitsabstands gegenüber den für Verkaufsstellen geltenden Vorgaben um das Vierfache, um eine gegenüber der Einkaufssituation erhöhte Infektionsgefahr durch das längere Beisammensein einer größeren Personengruppe zu vermeiden. Auch habe er nach Rücksprache mit den zuständigen theologischen Instanzen die Genehmigung erhalten, in der von ihm genutzten Moschee mehrere Freitagsgebete durchzuführen und damit die einzelnen Veranstaltungen klein zu halten.

Bei einem Antrag auf ausnahmsweise Zulassung von Gottesdiensten, wie er nunmehr auch vom Antragsteller eingelegt werden kann, ist maßgeblich für die Risikoeinschätzung das Gewicht des mit dem Verbot verbundenen Eingriffs in die Glaubensfreiheit, das hier insbesondere hinsichtlich des Freitagsgebets im Fastenmonat Ramadan besonders groß ist, aber auf der anderen Seite unter anderem auch die Möglichkeit, die Einhaltung von Auflagen und Beschränkungen effektiv kontrollieren zu können, die örtlichen Gegebenheiten sowie Struktur und Größe der jeweiligen Glaubensgemeinschaft und nicht zuletzt die – gegebenenfalls auch auf die Region bezogene – aktuelle Einschätzung der von sozialen Kontakten ausgehenden Gefährdungen für Leib und Leben.

Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass Gegenstand des Beschlusses allein die Frage einer vorläufigen ausnahmsweisen Zulassung von Gottesdiensten auf der Grundlage der spezifisch dazu vorgetragenen und im gerichtlichen Verfahren erörterten konkreten Umstände ist.

  1. VG Hamburg bestätigt das Verbot der Versammlung der Partei Die Rechte am 1. Mai 2020

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg bestätigt das Verbot der Versammlung einer Partei am 01.05.2020 (VG Hamburg, Beschl. v. 29.04.2020 – 11 E 1790/20). In der Pressemittelung des Gerichts v. 29.04.2020, 17:30 Uhr heißt es:

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung einer Versammlung der Partei Die Rechte gerichteten Eilantrag abgelehnt (11 E 1790/20). (…) Die Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus untersagt aus Gründen des Infektionsschutzes u.a. Versammlungen unter freiem Himmel. Ausnahmen von diesem Verbot sind zuzulassen, sofern dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.

Der Antragsteller meldete für den 1. Mai 2020 in der Zeit von 14.00 bis 16.00 Uhr eine Versammlung mit dem Titel Zuwanderung bewirkt Sozialabbau: Gegen die rote und die goldene Internationale – heraus zum 1. Mai!“ in Hamburg-Harburg an. Die Freie und Hansestadt Hamburg lehnte die von ihm beantragte Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage der Coronavirus-Eindämmungsverordnung ab. Den hiergegen gerichteten Eilantrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

Nach Auffassung der für dieses Verfahren zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Vereinbarkeit des generellen Versammlungsverbots mit der Versammlungsfreiheit, zumal die Coronavirus-Eindämmungsverordnung die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung inzwischen nicht mehr in das Ermessen der Versammlungsbehörde stellt.  Der Antragsteller hat das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung der von ihm beabsichtigten Versammlung auch nicht in dem erforderlichen Maße glaubhaft gemacht. Die Durchführung der Versammlung ist nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht vertretbar. Auch wenn der Antragsteller lediglich mit 25 Versammlungsteilnehmern rechnet, ist nach derzeitiger Sachlage zu vermuten, dass die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer die bisher von dem Antragsteller in Aussicht gestellte Höchstanzahl deutlich übersteigen dürfte. Der Antragsteller hat die Versammlung selbst im Internet als auch mit Flyern ohne Hinweis auf die Beschränkung der Teilnehmerzahl beworben. Unabhängig von der Zahl der an der Versammlung des Antragstellers teilnehmenden Personen dürfte gegen die Annahme, dass die geplante Versammlung aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist, auch das Verhalten Dritter sprechen, die die Versammlung des Antragstellers möglicherweise als Provokation empfinden und die Konfrontation mit den Teilnehmern der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung oder der die Versammlung abschirmenden Polizei suchen würden.

Gegen die Entscheidung kann der Antragsteller Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.

  1. 800 m²-Regelung für die Wiedereröffnung von Einzelhandelsgeschäften gebilligt

Das OVG Berlin-Brandenburg billigt die 800 m²-Regelung für die Wiedereröffnung von Einzelhandelsgeschäften (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.04.2020 – OVG 11 S 28/20, v. 29.04.2020 – OVG 11 S 30.20 u. OVG 11 S 31.20 ). In der Pressemitteilung 19/20 v. 29.04.2020 heißt es:

Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat in drei Verfahren die vorläufige Außervollzugsetzung der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg abgelehnt, soweit danach Verkaufsstellen des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche über 800 m² für den Publikumsverkehr zu schließen sind, es sei denn, sie reduzieren ihre zugängliche Verkaufsfläche auf bis zu 800 m².

Die Antragstellerinnen, ein Möbelhauskonzern, ein Warenhauskonzern und ein Anbieter von Sport- und Bekleidungsartikeln, hatten unter anderem geltend gemacht, die Begrenzung der Verkaufsfläche sei infektionsschutzrechtlich nicht gerechtfertigt und sie würden gegenüber sogenannten privilegierten Einzelhandelsbetrieben wie dem Buchhandel, dem Fahrrad- und dem Kfz-Handel, für die die Begrenzung der Verkaufsfläche nicht gelte, gleichheitswidrig benachteiligt.

Der 11. Senat ist den Einwänden der Antragstellerinnen nicht gefolgt. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers, die Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen schrittweise vorzunehmen und dabei zunächst kleinere Geschäfte wieder zu öffnen, angesichts der vom Robert-Koch-Institut nach wie vor angenommenen hohen Gefährdungslage rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die von den Antragstellerinnen angegriffene Verkaufsflächenbegrenzung sei ein sachgerechtes Kriterium. Es sei prinzipiell davon auszugehen, dass die erforderlichen Hygienemaßnahmen in kleineren Geschäften mit weniger Kunden leichter gewährleistet werden könnten. Demgegenüber komme es nicht darauf an, ob gerade die Antragstellerinnen in der Lage seien, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, denn dies könne nicht ohne weiteres für sämtliche großflächigen Einzelhandelsgeschäfte angenommen werden. Der Verordnungsgeber habe insoweit auch keine weiter differenzierenden Regelungen treffen müssen. Vielmehr komme es darauf an, dass die Regelungen klar und einfach handhabbar seien, um ihre Akzeptanz in der Bevölkerung und damit ihren Erfolg zu gewährleisten. Die sogenannten privilegierten Geschäfte, die sich an die Flächenbegrenzung nicht halten müssen, würden nicht gleichheitswidrig bevorzugt, denn sie dienten der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Lebens, der Kfz- und Fahrradhandel der Aufrechterhaltung der Mobilität und Buchhandelsgeschäfte der Informationsgewinnung und Bildung der Bevölkerung. Schließlich würden die von den Antragstellerinnen angegriffenen Beschränkungen auch nicht unverhältnismäßig in deren Grundrechte eingreifen. Angesichts der gegenwärtigen Pandemiesituation sei der Schutz von Leben und Gesundheit höher zu bewerten als das Interesse der Antragstellerinnen, vor weiteren massiven wirtschaftlichen Verlusten einstweilen bewahrt zu werden.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Ebenso VGH Kassel , Beschluss vom 28.04.2020 – 8 B 1039/20.N [Galeria-Kaufhof GmbH]

  1. Saarländischer Verfassungsgerichtshof setzt Teile der Corona-Pandemie-Regelungen außer Kraft

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes (VerfGH Saarland) hat entschieden (VerfGH Saarland, Beschl. v. 28.04.2020 – LV 7/20):

  • 2 Abs. 3 der Rechtsverordnung der Landesregierung vom 16. April 2020 (Amtsbl. I, S. 358) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 17. April 2020 (Amtsbl. I, S. 362 B11) wird mit folgender Maßgabe bis zu einer Neuregelung teilweise außer Vollzug gesetzt:

Das Verlassen der eigenen Wohnung ist auch über die in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 der Verordnung genannten Besuche hinaus erlaubt, wenn es einer Zusammenkunft von Eheleuten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern, Verwandten in gerader Linie sowie Geschwistern und Geschwisterkindern oder in häuslicher Gemeinschaft miteinander lebenden Personen zuzüglich maximal einer weiteren Person außerhalb des öffentlichen Raumes dient, wenn dabei die Vorgaben, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Verordnung für den öffentlichen Raum gelten, eingehalten werden.

Das Verweilen im öffentlichen Raum ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung erlaubt.

Das Verlassen der eigenen Wohnung ist aus den Gründen des § 2 Abs. 3 der Verordnung erlaubt, ohne dass es der Glaubhaftmachung bedarf.

Diese Entscheidung ist im Amtsblatt des Saarlandes zu veröffentlichen.

Im Übrigen hält der VerfGH Folgendes fest:

  1. Eingriffe in das Grundrecht der Freiheit der Person – wie Ausgangsbeschränkungen – bedürfen einer begleitenden Rechtfertigungskontrolle. Je länger sie wirken, desto höher müssen die Anforderungen an ihre Begründung und an ihre Kohärenz mit anderen Regelungen des Zusammentreffens von Menschen sein.
  2. Das Grundrecht auf Schutz der Familie schützt auch die Begegnung mit Angehörigen einer Familie, die nicht dem eigenen Haushalt angehören.
  3. Die Ausübung eines Grundrechts ist nicht rechtfertigungsbedürftig. Vielmehr bedarf seine Einschränkung der Rechtfertigung, die zwischen der Tiefe des Eingriffs einerseits und dem Ausmaß und der Wahrscheinlichkeit der drohenden Gefahr, zu deren Abwendung die Einschränkung erfolgt, nachvollziehbar abwägen muss.
  4. Der Exekutive kommt bei ihrer Gefahrenprognose ein grundsätzlich weiter Einschätzungsspielraum zu. Mit zunehmender Dauer der Grundrechtsbeschränkung bedarf es indessen einer immer tragfähigeren tatsachengestützten Begründung von Risiken, die durch eine Aufhebung der konkreten Form der Ausgangsbeschränkung befürchtet werden. Reine Vermutungen genügen dazu ebenso wenig wie die Feststellung, dass sich weiterhin Neuinfektionen ereignen. Dabei muss auch die Wahrnehmung der Einschätzungsprärogative durch die Regierungen anderer Bundesländer in Erwägung gezogen werden.
  5. Es stellt keine konsistente Regelung der Ausübung des Grundrechts der Freiheit der Person dar, wenn die Begegnung von Angehörigen im öffentlichen Raum unter Wahrung des Abstandsgebots gestattet wird, jene im privaten indessen nicht.
  6. Ist die Bewegung im Freien unter Wahrung des Abstandsgebots nicht verboten, sind keine Gründe zu erkennen, das Verweilen im Freien unter den gleichen Bedingungen zu untersagen.
  7. Die irreversiblen Folgen einer uneingeschränkten Fortdauer des Eingriffs in das Grundrecht der Freiheit der Person haben bei Abwägung mit den möglichen Folgen ihrer teilweisen, auf den familiären Bereich beschränkten Aussetzung angesichts der relativen Entwicklung der Infektionszahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl von grenznahen Bundesländern mit und ohne Ausgangsbeschränkung und angesichts vorliegender Studien zu ihrer Wirkungsweise im Vergleich zu anderen bereits teilweise aufgehobenen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung sowie angesichts der Inkonsistenz der Regelungen höheres Gewicht.
  8. Beschränkung der Verkaufsfläche auf 800 m² im sonstigen Einzelhandel ist gleichheitswidrig

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat entschieden, dass die Beschränkung der Verkaufsfläche auf 800 m² im sonstigen Einzelhandel gleichheitswidrig sei; gleichwohl soll die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 m² aber bis zum 3. Mai in Kraft bleiben (VGH Mannheim, Beschl. v. 30.04.2020 – 1 S 1101/20). In der Pressemitteilung v. 30.04.2020 heißt es:

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss von heute dem Eilantrag eines Sportgeschäfts (Antragstellerin) gegen die Beschränkung der Verkaufsfläche auf 800 m² im sonstigen Einzelhandel teilweise stattgegeben. Diese Beschränkung sei gleichheitswidrig, da der Handel mit Kraftfahrzeugen und Fahrrädern sowie der Buchhandel – für die keine Verkaufsflächenbegrenzung gilt – ohne sachlichen Grund privilegiert werde. Die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 m² bleibt aber vorläufig bis zum 3. Mai in Kraft.

Zur Begründung führt der 1. Senat des VGH aus: Die in § 4 Abs. 3 Nr. 12a CoronaVO vorgenommene Beschränkung der Ausnahmen von den Betriebsuntersagungen auf Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 800 m² sei voraussichtlich nicht grundsätzlich zu beanstanden. Denn eine solche Beschränkung dürfte geeignet sein zu verhindern, dass sehr große Mengen potentieller Kunden insbesondere in die Innenstädte strömten und dadurch weiterhin zu vermeidende sehr große Menschenansammlungen mit den damit verbundenen erheblichen Infektionsrisiken entstünden. Dem Verordnungsgeber sei es nicht verwehrt, insoweit pauschalierende Lösungen mittels plausibler Kriterien umzusetzen, wenn sich diese an infektionsschutzrechtlichen Gründen orientierten und gleichheitsgerecht angewandt würden. Die Erwägung, dass der großflächige Einzelhandel eine besondere Anziehungskraft habe und dessen unbegrenzte Öffnung zu starken Kundenströmen in den Innenstädten und im ÖPNV und damit zu sehr erheblichen Infektionsgefahren führen könne, erscheine plausibel und sachgerecht.

Für die Privilegierung des Handels mit Kraftfahrzeugen und Fahrrädern – für die die Landesregierung (Antragsgegner) keine Gründe anführe – fehle eine Rechtfertigung. Ein sachlicher Grund für die Bevorzugung ergebe sich nicht daraus, dass dieser Handel typischerweise nicht in Geschäften, die in der Innenstadt lägen, erfolge, dass in diesen Geschäften die Kundenfrequenz geringer ausfalle und dass diese Geschäfte in der Regel eine so große Verkaufsfläche hätten, dass sich Kunden sowie Verkäufer dort allenfalls in geringem Umfang begegneten, so dass die Gefahren der Übertragung des Coronavirus ausgesprochen gering seien. Denn diese Gesichtspunkte hätten für eine unbeschränkte, nicht auf 800 m² Verkaufsfläche begrenzte Zulassung auch von zahlreichen anderen Geschäften, z.B. des Möbelhandels gesprochen. Zudem lägen die genannten Aspekte – große Verkaufsflächen, keine Innenstadtlage, geringere Kundenfrequenz – offensichtlich im Fall des Buchhandels nicht vor. Dieser sei gleichwohl ohne eine Begrenzung auf 800 m² Verkaufsfläche ab dem 20. April 2020 wieder möglich.

Das Vorbringen des Antragsgegners, die Bevorzugung des Buchhandels diene dem Zugang der Bevölkerung zu Zeitungen und Zeitschriften und damit der Meinungsbildung der Bürger, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Zum einen sei in keiner Weise erkennbar, dass diese behaupteten Funktionen nicht auf einer auf 800 m² begrenzten Verkaufsfläche erfüllt werden könnten. Zum anderen sei die in einem demokratischen Rechtsstaat zweifellos elementare und in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Freiheit des Bürgers, sich unbeschränkt zu informieren, durch die schon seit Mitte März nach § 4 Abs. 3 Nr. 10 CoronaVO bestehende Ausnahme für den Zeitschriften- und Zeitungsverkauf zu einem sehr erheblichen Teil gewährleistet gewesen.

Insgesamt sei daher nicht zu erkennen, dass die Begrenzung der Zulassung sonstiger Einzelhandelsgeschäfte auf eine Verkaufsfläche von 800 m² bei gleichzeitiger unbegrenzter Zulassung des Handels mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und Büchern einem nach Gesichtspunkten des Infektionsschutzes stimmigen Regelungskonzept folge oder aus sonstigen Gründen den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes genüge. Die Privilegierung des Handels mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und Büchern beruhe vielmehr auf nicht sachgerechten Erwägungen.

Der Antrag sei jedoch nur teilweise begründet. Denn dem Antragsgegner stünden verschiedene Möglichkeiten offen, den voraussichtlichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu beseitigen. Der allgemeine Gleichheitssatz sei grundsätzlich kein Instrument, das es Beteiligten erlaube, die anderen eingeräumte, sie selbst nicht betreffende Vergünstigung zu bekämpfen und so auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Folglich könne die Landesregierung insbesondere entweder eine Begrenzung der Verkaufsflächen auf 800 m² auch für den Buchhandel sowie den Handel mit Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vorsehen oder diese Begrenzung in der Corona-Verordnung für sonstige Einzelhandelsbetriebe aufheben. Nehme sie keine diesbezügliche Änderung der Corona-Verordnung vor, werde die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 m² ab dem 4. Mai 2020 vorläufig außer Kraft gesetzt.

Der Beschluss vom 30. April 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1101/20).

Anderer Auffassung ist das OVG Hamburg (OVG Hamburg, Beschl. v. 30.04.2020 – 5 Bs 64/20).

  1. Verfassungsbeschwerden gegen Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz erfolglos

Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz bleiben erfolglos (VerfGH, Beschl. v. 29.04.2020 und 30.04.2020 – VGH B 26/20, VGH A 27/20 und VGH B 25/20). In der Pressemitteilung Nr. 4/2020 heißt es:

Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschlüssen vom 29. und 30. April 2020 zwei Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen die seit dem 27. April 2020 in Rheinland-Pfalz in bestimmten Fällen geltende Verpflich­tung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes richten. In beiden Fällen sei der Grund­satz der Subsidiarität nicht gewahrt, da die Beschwerdeführer zunächst um fachgericht­lichen Rechtsschutz hätten nachsuchen müssen.

Nach der Vierten Corona-Bekämpfungsverordnung in der ab dem 27. April 2020 gel­tenden Fassung besteht in Rheinland-Pfalz für Kunden und Besucher bestimmter Ein­richtungen, unter anderem von Einzelhandelsbetrieben, sowie für Nutzer von Verkehrs­mitteln des öffentlichen Personennahverkehrs die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Von dieser Verpflichtung sind bestimme Personengruppen ausgenommen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die vorgenannten Pflichten verstößt, handelt ordnungswidrig. Die Verordnung tritt mit Ablauf des 6. Mai 2020 außer Kraft.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren VGH B 25/20, eine fraktionslose Abgeordnete des Landtags Rheinland-Pfalz, rügt eine Verletzung der Kompetenzen des Landtags; zudem sieht sie sich in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Bei den Beschwerdeführern im Verfahren VGH B 26/20, das mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden wurde, handelt es sich unter anderem um einen Schüler und seine Mutter. Sie machen ebenfalls eine Verletzung ihres Rechtes auf körperliche Unversehrtheit geltend und sehen sich zusätzlich in ihrem Persönlich­keitsrecht beeinträchtigt. Dies gelte auch, soweit in dem Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz Regelungen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes enthalten seien.

Die Verfassungsbeschwerden hatten keinen Erfolg; damit hat sich zugleich der im Ver­fahren VGH A 27/20 gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.

Die Verfassungsbeschwerden seien zum Teil schon nicht ordnungsgemäß begründet worden. Jedenfalls würden sie aber nicht den Anforderungen des verfassungspro­zessualen Subsidiaritätsgrundsatzes gerecht. Danach habe ein Beschwerdeführer zunächst alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Kor­rektur der geltend gemachten Verfassungsverstöße schon im fachgerichtlichen Verfah­ren zu erwirken. Ausnahmen von diesem Gebot bestünden nur dann, wenn eine vor­herige Klärung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entbehrlich sei; zudem dürfe der Betroffene nicht darauf verwiesen werden, zunächst gegen eine bußgeldbewehrte Rechtsnorm zu verstoßen.

In beiden Verfahren bestehe die Möglichkeit, zunächst – und regelmäßig auch sehr zeitnah – (einstweiligen) Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. Den Beschwerdeführern stehe hierfür die negative Feststellungsklage nach § 43 der Ver­waltungsgerichtsordnung zur Verfügung, zudem bestehe die Möglichkeit, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu stellen. Mit Blick auf die zur Verbreitung bzw. Eindämmung des sog. Coronavirus verfügbaren wissen­schaftlichen Bewertungen und Risikoeinschätzungen bestehe jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht Bedarf an einer fachgerichtlichen Aufbereitung der Entscheidungsgrundlagen vor einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs. Zugleich werde durch die Beachtung des Subsidiaritätsgebots sichergestellt, dass die in der Verfassung angelegte Kompe­tenzverteilung zwischen der Verfassungsgerichtsbarkeit und den Fachgerichten gewahrt bleibe.

  1. Verwaltungsgericht Gera kippt Maskenpflicht im Schulunterricht

Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat das Verwaltungsgericht Gera  die von der Stadt Jena per Allgemeinverfügung vom 30.04.2020 angeordnete Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen Bedeckungen in Schulunterricht aufgehoben (VG Gera, Entscheidung – 3 E 432/20 Ge). Die Stadt Jena hatte abweichend von der Rechtsverordnung der Thüringer Landesregierung per Allgemeinverfügung angeordnet, dass Schüler und Lehrer auch im Unterricht eine Schutzmaske tragen müssen. Hiergegen hatte eine Schule Rechtsmittel eingelegt und im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat das VG Gera in der Entscheidung vom 05.05.2020 gegen die Maskenpflicht im Unterricht entschieden. Zur Begründung hieß es, dass die geringen Fallzahlen in Jena keine derartige Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen im Unterricht rechtfertigen würden.

Die Entscheidung wirkt zwar nur im Verhältnis zwischen der Stadt Jena und der antragstellenden Schule, die Stadt Jena hat aber mitgeteilt, dass sie die Entscheidung des Gerichts akzeptiert und die entsprechende Allgemeinverfügung nicht vollziehen werde. Eine Überarbeitung der Verordnung sei angedacht.

In einer Pressemitteilung vom 06.05.2020 heißt es:

Der Antragsteller, ein privater Schulträger aus Jena, wandte sich mit seinem Eilantrag gegen die sofortige Vollziehbarkeit der von der Stadt Jena auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Allgemeinverfügung vom 24.04.2020 in der Fassung vom 30.04.2020. Danach müssen Schüler während des Unterrichts im Stadtgebiet Jena einen Mund-Nasen-Schutz im Klassenraum tragen, wenn die Schule nicht über ein vom Fachdienst Gesundheit der Stadt Jena bestätigtes Hygienekonzept verfügt. Das Gericht hat festgestellt, dass die Allgemeinverfügung in diesem Punkt rechtswidrig ist, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Jenaer Schule gegen die Allgemeinverfügung wiederhergestellt wurde. Die Allgemeinverfügung darf daher bis auf weiteres in diesem Punkt nicht vollstreckt werden. Das Gericht geht davon aus, dass die betreffende Regelung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt. Die Stadt Jena habe die Notwendigkeit verschärfter Hygieneanforderungen während des Unterrichts nicht mit ortsbezogenen Besonderheiten begründet. Nach den aktuellen Fallzahlen im Stadtgebiet bestehe nicht die Gefahr einer übermäßigen Belastung des Gesundheitssystems. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schule sich zur Durchführung eines strengen Lüftungsregimes im 30-Minuten-Takt bereit erklärt hat. Zudem hat sich das Gericht auf eine aktuelle Stellungnahme des Robert Koch-Instituts bezogen, wonach die Voraussetzungen für die Wiedereröffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen zuvorderst Hygienemaßnahmen und das Einhalten des Abstandes seien.

Hingegen hat das OVG Lüneburg entschieden, dass die Maskenpflicht beim Einkauf und im ÖPNV bleibt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.05.2020 – 13 MN 119/20). Ebenso hat es der VGH Kassel abgelehnt, die vorübergehende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den in der 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung genannten Einrichtungen, insbesondere in Post- und Bankfilialen und Lebensmittelgeschäften, außer Vollzug zu setzen (VGH Kassel, Beschl. v. 05.05.2020 – 8 B 1153/20.N).

  1. Vorkehrungen an einer Schule für stufenweises Anfahren des Unterrichts ausreichend

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. hat entschieden, dass die Vorkehrungen an einer Frankfurter Schule für ein stufenweises Anfahren des Unterrichts ausreichend seine und einen Eilantrag einer Lehrerin abgewiesen (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 05.05.2020 – 9 L 1127/20.F).

In der Pressemitteilung des Gericht v. 05.05.2020 heißt es:

Mit heute zugestelltem Beschluss hat die für das Beamtenrecht zuständige 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ein Eilrechtsschutzbegehren einer Grundschullehrerin, die nicht zum Präsenzunterricht herangezogen werden wollte, abgelehnt.

Die Antragstellerin ist verbeamtete Lehrerin an einer Frankfurter Grundschule und begehrt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der COVID-19-Pandemie dem Land Hessen, vertreten durch das Staatliche Schulamt Frankfurt am Main, zu untersagen, sie zum Präsenzunterricht heranzuziehen, bis ein hinreichender Hygieneplan und ein hinreichendes Arbeitsschutzkonzept vorgelegt werden.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt. Sie verneinte schon die besondere Eilbedürftigkeit. Entgegen der Annahme der Antragstellerin sei aufgrund der aktuellen Verlautbarungen zu den angestrebten Schulöffnungen und des Beschlusses des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2020 über die Rückkehr der Viertklässlerinnen und Viertklässler an die Grundschulen nicht davon auszugehen, dass bis zu den Sommerferien alle Grundschüler oder zumindest der überwiegende Teil wieder an die Schule zurückkehren werde. Die Wiederaufnahme des Normalbetriebes mit allen Schülern und zusätzlicher Frühbetreuung sei nicht zu erwarten.

Die Kammer hob ferner hervor, dass an der Schule der Antragstellerin unter Fürsorgeund arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten Vorkehrungen getroffen worden seien, um eine Gefährdung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte hinreichend zu minimieren. Der Antragsgegner habe durch den am 22. April 2020 veröffentlichten Hygieneplan Corona für die Schulen in Hessen konkrete Handlungsanweisungen für ein stufenweises Anfahren des Unterrichts erlassen. Dabei habe er als Dienstherr den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum, ob und wie eine Wiederaufnahme des Schulbetriebes angesichts der jeweils aktuellen Entwicklung der Pandemie erfolgen kann, in nicht zu beanstandender Weise genutzt. Die Antragstellerin könne jedenfalls nicht erwarten, mit einem bis ins letzte ausgefeilten Hygieneplan eine Nullrisiko-Situation in der Schule anzutreffen. Würde man die Erwartung der Antragstellerin an einen allumfassenden Gesundheitsschutz in Zeiten einer solchen Pandemie auf alle Bereiche der Daseinsvorsorge – wozu auch Schulen zählten – übertragen, hätte dies einen vollständigen Zusammenbruch der Versorgung der Bevölkerung zur Folge. Die Antragstellerin habe als verbeamtete Lehrerin aufgrund ihrer Treuepflicht die den Schulen übertragene Verantwortung gegenüber Schulkindern und Familien mitzutragen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.

  1. Sog. Maskenpflicht wird nicht außer Vollzug gesetzt

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Kassels wird die sog. Maskenpflicht in Hessen nicht außer Vollzug gesetzt (VGH Kassel, Beschl. v. 05.05.2020 – 8 B 1153/20.N). In der Presseerklärung heißt es:

Mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss vom 5. Mai 2020 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die vorübergehende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den in der 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung (im Folgenden: Verordnung) genannten Einrichtungen, insbesondere in Post- und Bankfilialen und Lebensmittelgeschäften, nicht außer Vollzug gesetzt wird. Ein entsprechender Eilantrag wurde abgelehnt.

Der Antragsteller begehrte den Erlass einer sog. einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, indem er sich direkt gegen die im Anhang näher angeführte Regelung der Verordnung wendete. Er machte geltend, durch die in der Verordnung angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) in rechtswidriger Weise beeinträchtigt zu werden. Die Außervollzugsetzung der im Normenkontrollverfahren angegriffenen Bestimmungen sei daher geboten.

Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Eilantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angegriffene Regelung erweise sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen sog. summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der vom Senat anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten.

Der Eingriff erfolge zu einem legitimen Zweck, nämlich dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und insbesondere einer Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems.

Die Maßnahme dürfte auch geeignet und notwendig sein, um dieses Ziel zu erreichen. Zwar seien Selbstisolierung bei Erkrankung, eine gute Händehygiene, Einhalten von Husten- und Niesregeln sowie das Abstandhalten (mindestens 1,5 m) nach wie vor die wichtigsten und effektivsten Maßnahmen. Daneben sei jedoch nach derzeitigem Erkenntnisstand auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes als ein weiterer Baustein zur Bekämpfung der Pandemie insbesondere angesichts zahlreicher asymptotischer Überträger sinnvoll.

Soweit der Antragsteller geltend mache, die sog. Maskenpflicht werde die Bevölkerung nur dazu veranlassen, sich doch mit hochwirksamen, eigentlich dem medizinischen Personal vorbehaltenen, Masken einzudecken, lasse sich ein solches Verhalten bislang in den Supermärkten nicht feststellen.

Der Einwand, der Mund-Nasen-Schutz wiege die Menschen in trügerischer Sicherheit, da er jedenfalls den Träger nicht zuverlässig vor einer Ansteckung schütze, überzeuge ebenfalls nicht. Auch wenn es derzeit noch an gesicherten wissenschaftlichen Belegen dafür fehle, dass diese Maßnahme zuverlässig geeignet sei, die Pandemie einzudämmen, indem sie jedwede Ansteckung verhindere, erscheine es plausibel, dass dadurch Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen ausgestoßen würden, in ihrer Reichweite eingeschränkt werden und so zumindest teilweise Ansteckungen unterbunden werden könnten. Zudem erschwere der Mund-Nase-Schutz die unbewusste Berührung der Schleimhäute im überdeckten Bereich mit ungereinigten Händen.

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.

Anhang:

Die für das vorliegende Verfahren maßgebliche und bis zum 10. Mail 2020 gültige Regelung hat folgenden Wortlaut:

  • 1

(1) Die nachfolgenden Einrichtungen, Betriebe, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen oder einzustellen:

(8a) Das Betreten des Publikumsbereichs von Einrichtungen nach Abs. 7 Satz 1 sowie Satz 2 Nr. 1, 2 und 4 ist nur gestattet, wenn für die gesamte Dauer des Aufenthaltes eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen wird. Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne des Satz 1 ist jede Bedeckung vor Mund und Nase, die aufgrund ihrer Beschaffenheit unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln oder Aerosolen durch Husten, Niesen oder Aussprache zu verringern. Satz 1 gilt nicht für Kinder unter 6 Jahren oder Personen, die aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder einer Behinderung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen nach Abs. 7 Satz 1 sowie Satz 2 Nr. 1, 2 und 4 entbehrlich, soweit anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere Trennvorrichtungen, getroffen werden.

  1. Coronabedingte Schließung von Campingplätzen gilt auch für Dauercamper

Das OVG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die coronabedingte Schließung von Campingplätzen auch für Dauercamper rechtlich nicht zu beanstanden ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.05.2020 – OVG 11 S 38.20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.05.2020 heißt es:

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom gestrigen Tage erneut abgelehnt, § 7 Abs. 4 Satz 1 SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vorläufig außer Vollzug zu setzen. Nach dieser Vorschrift ist es Betreibern von Beherbergungsstätten, Campingplätzen, Wohnmobilstellplätzen sowie privaten und gewerblichen Vermietern oder Verpächtern von Ferienwohnungen und Ferienhäusern und vergleichbaren Angeboten untersagt, Personen zu touristischen Zwecken wie Freizeitreisen zu beherbergen.

Die Antragstellerin besitzt zwei feststehende Wohnwagen auf einem Campingplatz, für die sie einen für ein Jahr geltenden Stellplatz-Mietvertrag abgeschlossen hat. Als sogenannte Dauercamperin ist sie nicht nach § 7 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung privilegiert. Danach erfasst das Beherbergungsverbot keine Vermietung und Verpachtung von Ferienwohnungen und -häusern mit einer Vertragslaufzeit von mindestens einem Jahr. Diese Ausnahmevorschrift gilt jedoch nicht für Campingplätze.

Der 11. Senat hat entschieden, dass das bis zum 8. Mai 2020 befristete Beherbergungsverbot angesichts des hohen Rangs der Schutzgüter Leben und Gesundheit nicht unverhältnismäßig ist. Der Verordnungsgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass Nutzer von Campingplätzen (auch Dauercamper) auf die Nutzung von Gemeinschaftsanlagen angewiesen sind und dort durch das Zusammentreffen mehrerer Personen eine besondere Infektionsgefahr besteht. Wegen dieser typischerweise erhöhten Infektionsgefahr auf Campingplätzen verstößt es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, für Dauercamper keine der Ausnahmevorschrift für langfristig vermietete Ferienwohnungen und -häuser entsprechende Regelung zu treffen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Keine Öffnung von Gastronomiebetrieben in NRW

Das OVG Münster lehnt eine Öffnung von Gastronomiebetrieben in NRW ab (OVG Münster, Beschl. v. 05.05.2020 – 13 B 583/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Beschluss vom heutigen Tag in einem Eilverfahren entschieden, dass die derzeit noch geltende coronabedingte Schließung von Gastronomiebetrieben nicht zu beanstanden ist.

Die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung untersagt in ihrer aktuell gültigen Fassung den Betrieb von Gaststätten und anderen gastronomischen Einrichtungen mit Ausnahme des Außer-Haus-Verkaufs und der Auslieferung von Speisen und Getränken. Hiergegen wandte sich eine GmbH, die in Lüdenscheid ein Bistro betreibt.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die andauernde Schließung von Gastronomiebetrieben sei voraussichtlich verhältnismäßig. Der Verordnungsgeber habe bei der Fortschreibung der angegriffenen Regelung bis (derzeit) zum Ablauf des 10. Mai 2020 davon ausgehen dürfen, dass die Corona-Pandemie nach wie vor eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründe, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit der Bevölkerung weiterhin gebiete. Der Betrieb öffentlich zugänglicher gastronomischer Einrichtungen berge bei zulässiger generalisierender Betrachtung eine besondere Infektionsgefahr. Insoweit habe auch keine Verpflichtung bestanden, anderen Regelungsmodellen gegenüber der Betriebsschließung den Vorzug zu geben. Insbesondere stelle eine Öffnung unter Schutzmaßnahmen kein milderes, aber eindeutig ebenso geeignetes Mittel dar. Zwar könne mit Hygieneauflagen und anderen Maßnahmen (z. B. Einhaltung von Mindestabständen zwischen den Tischen, Besetzung der Tische mit einer maximalen Personenzahl etc.) die Ansteckungsgefahr innerhalb der Gaststätten reduziert werden. Jedoch sei die Wirkung solcher Schutzmaßnahmen erkennbar nur begrenzt. Zudem könne das mit der Betriebsschließung unter anderem verfolgte Ziel, soziale Kontakte unter der Bevölkerung zu verringern, nicht mehr in gleicher Weise erreicht werden, wenn viele Gaststätten unter Einhaltung bestimmter Hygienevorschriften öffnen dürften. Schließlich sei die Regelung unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen derzeit auch noch angemessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Coronaschutzverordnung Ausnahmen für die Belieferung mit Speisen und Getränken sowie den Außer-Haus-Verkauf vorsehe, um die mit der verordneten Betriebsuntersagung einhergehenden Belastungen abzumildern. Hinzu komme, dass die negativen wirtschaftlichen Folgen zumindest teilweise durch finanzielle Hilfen des Landes und des Bundes aufgefangen würden.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht beim Einkauf und im ÖPNV in Niedersachsen

Das OVG Lüneburg hat eine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht beim Einkauf und im ÖPNV in Niedersachsen abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. vom 05.05.2020 – 13 MN 119/20). Ebenso hat das VG Berlin entschieden (VG Berlin, Beschl. v. 06.05.2020 – VG 14 L 76/20).

  1. Teilnahme an einer Versammlung auch ohne zwingende Namensangabe

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass die Teilnahme an einer genehmigten Versammlung auch ohne zwingende Namensangabe erfolgen darf (VG Köln, Beschl. v. 07.05.2020 – 7 L 809/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.05.2020 heißt es:

Die Teilnahme an einer morgen stattfindenden Versammlung darf nicht aus Gründen des Infektionsschutzes davon abhängig gemacht werden, dass die Teilnehmer sich namentlich in eine Teilnehmerliste eintragen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln mit Eilbeschluss vom heutigen Tage entschieden und die Stadt Köln verpflichtet, die Genehmigung einer Versammlung auf dem Kölner Neumarkt am Abend des 08.05.2020 anlässlich des Kriegsendes (Künstlerischer kreativer Akt für Demokratie und das deutsche Grundgesetz) ohne die Verpflichtung zur Erstellung einer Teilnehmerliste mit Name, Anschrift und Telefon-Nummer zu erteilen.

Versammlungen bedürfen nach der aktuellen Corona-Schutz-Verordnung des Landes einer Genehmigung. Die Stadt Köln hatte die Genehmigung der genannten Versammlung unter anderem mit der Auflage verbunden, die Teilnehmer in einer Liste namentlich zu erfassen. Die Liste sollte beim Versammlungsleiter hinterlegt und bei Bedarf vom Gesundheitsamt angefordert werden können, um bei Corona-positiv getesteten Personen Infektionsketten nachvollziehen zu können.

Das Gericht hat dem hiergegen gerichteten Eilantrag des Versammlungsleiters stattgegeben, soweit er sich gegen die Pflicht zur Führung der Namensliste richtete. Es erkannte das Ziel der Namensliste an, sah aber eine Eintragung als zwingende Voraussetzung der Versammlungsteilnahme als unverhältnismäßig an. Das Recht auf anonyme Teilnahme an einer Versammlung sei durch das Grundgesetz geschützt. Der Eingriff durch die Pflicht zur Namensangabe sei auch aus Gründen des Infektionsschutzes nicht gerechtfertigt, zumal die Richtigkeit der Listeneintragungen nicht gewährleistet sei. Auch gingen von einer – wie hier – voraussichtlich diszipliniert durchgeführten Demonstration bei Wahrung des Abstandsgebots keine größeren Infektionsgefahren aus als von vielen anderen nunmehr wieder erlaubten Tätigkeiten, bei denen keine Teilnehmerlisten gefordert würden. Mit dem Grundgesetz vereinbar sei hingegen das Gebot freiwilliger Angaben zur Identität.

Die Beteiligten können gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

  1. Tattoo-Stechen außerhalb des Gesichtsbereichs grundsätzlich erlaubt!

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig hat das Tattoo-Stechen grundsätzlich erlaubt (VG Schleswig, Beschl. v. 06.05.2020 – 1 B 74/20). In der Pressemitteilung v. 07.05.2020 heißt es:

Die für das Gesundheitsrecht zuständige 1. Kammer des Verwaltungsgerichts hat heute nach summarischer Prüfung im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass der Antragstellerin das Erbringen der Dienstleistung des Tätowierens außerhalb des Gesichtsbereichs nicht untersagt ist.

Das Gericht hat entschieden, dass die SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung in Verbindung mit der veröffentlichten Positivliste vom 04.05.2020 in nicht gerechtfertigter Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin eingreift, soweit sie das professionelle Stechen von Tattoos außerhalb des Gesichtsbereichs weiterhin untersagt.

Aus den Erwägungen des Verordnungsgebers ergebe sich kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung jedenfalls von Anbietern von Kosmetikdienstleistungen sowie Nagelstudios und Nageldesignern einerseits und Tätowierern andererseits. Das Gericht stellte deshalb einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) fest. Dem Argument des Verordnungsgebers, dass das Tattoostechen einen langen und engen Kontakt am Körper des Kunden erfordere, folgte die Kammer in dieser allgemeinen Form nicht. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass bei Dienstleistungen außerhalb des Gesichtsbereichs neben den ohnehin bereits bestehenden hohen hygienischen Standards weitere physische Schutzmechanismen einsetzbar seien.

Gleichzeitig unterstrichen die Richter den weiten Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers bei der Prognose, welche Bereiche des öffentlichen Lebens stufenweise wieder hochgefahren werden können. Eine gleichzeitige Aufhebung der Betriebsverbote für die unterschiedlichen Branchen der Körperpflege sei nicht geboten.

Gegen den Beschluss (1 B 74/20) kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

  1. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht in Bayern

Mit Beschluss vom 07.05.2020 hat der Bayerische  Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die 3. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (3.BayIfSMV) abgelehnt (BayVGH, Beschl. v. 07.05.2020 – Vf. 34-VII-20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlassene 3. Verordnung  vom 1. Mai 2020 verpflichtet die Kunden von Ladengeschäften, Einkaufszentren und  Kaufhäuser des Einzelhandels sowie deren Begleitpersonen ab dem 7. Lebensjahr, eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) zu tragen. Eine entsprechende Verpflichtung enthält die Verordnung für die Nutzung von Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs  und  der hierzu gehörenden Einrichtungen. Der in Bayern wohnhafte Antragsteller wendet sich gegen diese Verpflichtungen und verfolgt im Eilverfahren das Ziel, dass die genannten Regelungen einstweilig außer Vollzug gesetzt werden.  Er vertritt die Auffassung, dass es hierfür keine Ermächtigungsgrundlagegebe, weil das Tragen einer MNB nicht erforderlich sei, um die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen. Der 20. Senat des BayVGH hat  den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, dass im Rahmen der zu treffenden Folgenabwägung eine Außervollzugsetzung der angegriffenen  Normen nicht dringend geboten sei. Die Anordnung zum Tragen einer MNB in den Geschäften des Einzelhandels und im öffentlichen Personennahverkehr dürfte nach Ansicht des Gerichts von der Ermächtigungsgrundlage des Infektionsschutzgesetzes gedeckt sein, weil die Maskenpflicht in der derzeitigen Situation als geeigneter scheine, die Infektionszahlen zu  reduzieren oder jedenfalls einzudämmen. Die Verpflichtung zum Tragen einer MNB könne es unter Beachtung der allgemeinen Hygieneregeln und Abstandsgebote ermöglichen, Beschränkungen und Verbote zu lockern bzw. aufzuheben. Der Senat sah die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens jedoch als offen an, weil in der 3.BayIfSMV – anders als in der insoweit am 11. Mai 2020 in Kraft tretenden 4.BayIfSMV – keine gesetzliche Befreiungsmöglichkeit von  dieser Verpflichtung vorgesehen ist. In der danach zu treffenden Folgenabwägung berücksichtigt der Senat, dass bei einer Außervollzugsetzung der  angegriffenen Bestimmungen mit vermehrten Infektionsfällen zu rechnen sei. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit größeres  Gewicht habe als die zeitlich befristete und nur die Lebensbereiche des Einkaufens und des  Personennahverkehrs betreffende Einschränkung  der Freiheitsgrundrechte durch die Maskenpflicht. Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es keine Rechtsmittel.

Ebenso entscheidet der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim (VGH Mannheim, Beschl. v. 13.05.2020 – 1 S 1314/20).

  1. Kein Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat einen Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung abgelehnt (VG Köln, Beschl. v. 08.05.2020 – 16 L 787/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Im gerichtlichen Eilverfahren kann eine NRW-Soforthilfe 2020 nicht gewährt werden, wenn der Antragsteller nicht glaubhaft macht, dass ohne die Zahlung eine Existenzgefährdung seines Unternehmens vorliegen würde, sondern sich auf eine private Existenzgefährdung beruft. Das hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden.

Eine Solo-Selbständige beantragte bei der Bezirksregierung Köln mittels eines Online-Antrags die Gewährung von „NRW-Soforthilfe 2020“ in Höhe von 9.000,00 Euro. Diesen Antrag lehnte die Bezirksregierung Köln im Online-Verfahren ab, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen.

Die Antragstellerin wandte sich daraufhin mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht und begehrte die Auszahlung der Soforthilfe, weil ohne die Zahlung ihre private Existenz bedroht sei. Da sie keine Einnahmen mehr aus ihrer selbständigen Tätigkeit habe, benötige sie die Beihilfe zur Deckung der Miete für ihre Privatwohnung, ihrer Krankenversicherungsbeiträge und sonstiger Lebensunterhaltskosten.

Das Gericht hat den Antrag abgelehnt. Eine Gewährung der Soforthilfe sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Sie könne zwar in Betracht kommen, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen gefährdet würde. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ sei aber erforderlich, dass der Betroffene die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Unternehmens darlege.

Denn das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket zur Unterstützung der von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen sei so konzipiert, dass die Beihilfen aus dem Programm Soforthilfe NRW 2020 ausschließlich für bestehende Verbindlichkeiten des Unternehmens gewährt und verwendet werden sollten. In Abgrenzung dazu solle etwa das Gehalt von Mitarbeitern durch das Kurzarbeitergeld gesichert werden und für den persönlichen Lebensunterhalt solle Arbeitslosengeld II vereinfacht beantragt und verwendet werden können.

Die Antragstellerin erfülle die genannten Voraussetzungen nicht, da sie nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie die Beihilfen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens benötige bzw. überhaupt Verbindlichkeiten des Unternehmens bestünden, sondern ausschließlich geltend gemacht habe, ihre private Existenz sei bedroht.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

  1. Eilantrag gegen vorübergehende Westfleisch-Schließung abgelehnt

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat einen Eilantrag gegen die vorübergehende Schließung des Fleischerzeugers Westfleisch in Coesfeld abgelehnt (VG Münster, Beschl. v. 09.05.2020 – 5 L 400/20). In der Pressemitteilung vom 10.05.2020 heißt es:

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 9. Mai 2020 den Eilantrag der Firma Westfleisch abgelehnt, die durch den Kreis Coesfeld am 8. Mai 2020 angeordnete befristete Schlie­ßung ihres Betriebs am Standort Coesfeld auszusetzen.

Nachdem bei den im Betrieb der Antragstellerin Beschäftigten am Standort in Coesfeld bis zum 8. Mai 2020 171 Testungen auf eine Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus positiv ausgefallen waren, hatte das Gesundheitsamt des Kreises Coesfeld mit Ordnungsverfügung vom 8. Mai 2020 die Schließung des Betriebs (Schlachtung und Zerlegung der Tiere) vom 9. bis 18. Mai 2020 angeordnet.

Den hiergegen gerichteten Eilantrag lehnte das Gericht ab und führte zur Begründung im Wesentli­chen aus: Die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Ordnungsverfügung sei nach Aktenlage al­ler Voraussicht nach rechtmäßig. Nach den vom Antragsgegner im vorliegenden Verfahren mitge­teilten Ergebnissen weiterer Testungen auf das Corona-Virus im Betrieb der Antragstellerin am Standort in Coesfeld (Fleischcenter Coesfeld) seien dort zwischenzeitlich 952 Testungen durchgeführt worden, wobei von 461 vorliegenden Ergebnissen 205 Testergebnisse posi­tiv seien. Auf dieser Grundlage sei zudem davon auszugehen, dass neben den festgestellten Kranken auch noch eine unbestimmte Anzahl von Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern vorliege. Das Amt für Arbeitsschutz der Bezirksregierung Münster habe anlässlich ei­ner Überprüfung am 8. Mai 2020 unter anderem festgestellt, dass es sowohl im Bereich des Zerlegebandes als auch in den Umkleiden Probleme gebe, den Mindestabstand von 1,50 m einzuhalten. Der zur Verfügung gestellte Mund-Nasen-Schutz werde am Zerlegeband nicht korrekt getragen. Die Vertreter der Firma seien nicht in der Lage gewesen, Infektionsschwerpunkte zu benennen. Nach diesen Feststellungen seien die or­ganisatorischen Vorsichtsmaßnahmen zur Eindämmung von Infektionen im Betrieb der Antragstel­lerin unzureichend, böten jedenfalls keinen hinreichend verlässlichen Schutz, Neuinfektionen zu verhindern, Infektionsketten zu unterbrechen und nachzuverfolgen. Die hiergegen erhobenen Ein­wände der Antragstellerin stellten die Richtigkeit der infolge der Untersuchungen festgestellten In­fektionszahlen der Mitarbeiter ihres Betriebes nicht in Frage. Die Ordnungsverfügung lasse auch keinen Ermessensfehler erkennen. Die Corona-Pandemie begründe eine ernstzunehmende Gefah­rensituation, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern mit Blick auf die Schutz­pflicht des Staates weiterhin gebiete. Es entspreche effektiver Gefahrenabwehr, infektionsschutz­rechtliche Maßnahmen nicht nur gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsver­dächtigen oder Ausscheidern zu erlassen, sondern auch gegenüber der Antragstellerin, deren Betrieb aufgrund ersichtlich unzureichender Vorsichtsmaßnahmen mit einer zwischenzeitlichen so genann­ten Durchseuchungsrate von etwa 20 % (Stand 8. Mai 2020) bzw. etwa 45 % (Stand 9. Mai 2020) der getesteten Personen zu einer erheblichen epidemiologischen Gefahrenquelle nicht nur für die ei­gene Belegschaft geworden sei. Demgegenüber griffen die von der Antragstellerin in den Fokus ih­rer Ausführungen gestellten wirtschaftlichen Erwägungen nicht durch. Die der Antragstellerin dro­henden Nachteile seien rein finanzieller Natur und vermochten sich gegenüber dem Lebens- und Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter und ihrer möglichen Kontaktpersonen nicht durchzusetzen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde zum Ober­verwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

  1. Vorläufig keine Zahlung von nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträgen durch Fitnessstudio wegen Coronavirus-Pandemie

Das LSG München hat in einem Eilverfahren entschieden, dass ein Fitnessstudio die vom Rentenversicherungsträger nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge vorläufig nicht zahlen muss und bereits eingezogene Beiträge an das Studio zurückzuzahlen sind (LSG München, Beschl. v. 06.05.2020 – L 7 BA 58/20 B ER).

Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger von dem Fitnessstudio sofort vollziehbar 7.689,22 Euro Sozialversicherungsbeiträge nach. Das LSG München hat die Vollziehung der Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge ausgesetzt und zugleich die Verpflichtung ausgesprochen, die bereits eingezogenen Beiträge an das Fitnessstudio zurückzuzahlen. Nach Auffassung des Landessozialgerichts erscheint die aktuelle Durchsetzung der Nachforderung unbillig, da die aktuellen Liquiditätsprobleme des Fitnessstudios glaubhaft allein auf die staatlich angeordneten und absehbar befristeten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zurückgehen und die Zahlungsschwierigkeiten glaubhaft nicht mehr bestehen werden, sobald der Studiobetrieb wieder aufgenommen werden kann. Das berechtigte Interesse der Sozialversicherung, auch und insbesondere in Krisenzeiten mit den erforderlichen Beitragsmitteln ausgestattet zu sein, stehe dem nicht entgegen. Denn insoweit würde übersehen, dass das Fortbestehen des Betriebs der Antragstellerin mit mehreren Arbeitnehmern und monatlichen Beiträgen zur Sozialversicherung nicht zuletzt auch im Interesse der Solidargemeinschaft stehe.

  1. Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat die Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.05.2020 – 13 MN 143/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 11. Mai 2020 (13 MN 143/20) § 5 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona Virus vom 8. Mai 2020, der aus dem Ausland Einreisende grundsätzlich einer Quarantänepflicht unterwirft, einstweilig außer Vollzug gesetzt.

Der Antragsteller, der Eigentümer einer Ferienhausimmobilie in Südschweden ist, hatte sich mit einem Normenkontrolleilantrag gegen die Quarantänepflicht gewandt und argumentiert, die Voraussetzungen, an die das Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit der Anordnung einer Quarantäne anknüpfe, lägen auch bei typisierter Betrachtungsweise nicht bei allen Rückkehrern aus dem Ausland vor.

Der Senat hat dem Antrag entsprochen. Es fehle bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer derartigen Vorschrift. § 32 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) lasse eine Regelung durch Rechtsverordnung nur zu, wenn die Voraussetzungen vorlägen, die für den Erlass einer Einzelmaßnahme nach den §§ 28 bis 31 IfSG erfüllt sein müssten. § 30 IfSG sehe die Verhängung von Quarantänemaßnahmen nur für im Gesetz näher bestimmte Kranke, Krankheitsverdächtige, Ausscheider und Ansteckungsverdächtige vor. Im Hinblick auf die weltweiten Fallzahlen, die in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen seien, könne auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden. Voraussetzung sei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Davon könne nicht unterschiedslos hinsichtlich aller Herkunftsregionen ausgegangen werden.

Die Einbeziehung weiterer Personengruppen in den Kreis derjenigen, gegen die Quarantänemaßnahmen gerichtet werden können, wie die der aus dem Ausland Einreisenden, sei Aufgabe des Gesetzgebers. Die Freiheit der unter Quarantäne Gestellten würden durch diese Maßnahme in erheblichem Maße beschränkt.

Auf der anderen Seite bleibe es dem Antragsgegner unbenommen, durch Rechtsverordnung auf der Grundlage tatsächlich nachvollziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, die die Verhängung einer Quarantäne rechtfertigen. Alternativ könne er aus dem Ausland Einreisenden eine Pflicht zur unverzüglichen Meldung bei den jeweils zuständigen Infektionsschutzbehörden auferlegen. Diese könnten dann, ggf. aufgrund durchgeführter Befragungen und/oder Tests, die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, zu denen bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall auch die Verhängung einer Quarantäne gehören könne.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen Kita-Notbetrieb

Vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg scheitert ein Familienvater mit seinem gegen den Kita-Notbetrieb gerichteten Eilantrag (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.05.2020 – 1 S 1216/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Der Antragsteller ist selbständig in der Immobilienbranche tätig. Seine Ehefrau befindet sich in Elternzeit und ist derzeit aufgrund eines orthopädischen Leidens arbeitsunfähig erkrankt. Die Eheleute haben zwei gemeinsame Kinder im Kindergartenalter. Beide Kinder besuchen üblicherweise eine Kita. Ihnen war der Besuch der Kita ab dem 17. März 2020 aufgrund der Schließung durch die Corona-Verordnung zunächst gar nicht mehr möglich. Seit dem 27. April 2020 können sie an einer Notbetreuung teilnehmen, die allerdings nicht die zuvor üblichen Betreuungszeiten abdeckt, sondern täglich um zweieinhalb Stunden kürzer ausfällt.

Der Antragsteller macht geltend, die Schließung der Kitas sei rechtswidrig. Da er beide Kinder derzeit von zuhause aus oder im Büro betreuen müsse, könne er seinen Beruf zum Teil gar nicht ausüben. Die Kitaschließung führe zudem zu einer Isolation von Familien und Kindern, so dass entwicklungspsychologische Schäden zu befürchten seien. Durch das gleichzeitige Arbeiten und Erziehen entstehe ein hohes Belastungs- und Konfliktpotential in Familien. Für den Antragsteller seien die erhöhte psychische Belastung und die negativen Konsequenzen für die Arbeitssituation täglich spürbar.

Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er aus: Die Schließung von Kitas sei im Gesetz (§ 33 Infektionsschutzgesetz) ausdrücklich als Möglichkeit vorgesehen. Sie bezwecke, die Verbreitung des Coronavirus durch Unterbrechung der Infektionsketten zu verlangsamen. In einer Kita kämen typischerweise viele Menschen über längere Zeiträume und teils auf kleinem Raum zusammen. Daher entstünden dort besonders große Infektionsrisiken. Auch das Robert-Koch-Institut halte es für plausibel, dass in Alltagssituationen bei geöffneten Bildungseinrichtungen Übertragungen des Virus auf Kinder stattfinden können.

Beeinträchtigungen in der grundrechtlich geschützten Berufsausübung (Art. 12 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) habe der Antragsteller wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes hinzunehmen. Zwar könne er nach seinem Vorbringen bestimmte berufliche Tätigkeiten teils wenig produktiv, teils zeitweise gar nicht mehr ausüben. Existentielle Beeinträchtigungen habe er aber nicht dargelegt. Er profitiere zudem von der eingerichteten Notbetreuung.

Die Kitaschließung sei auch mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie vereinbar. Art. 6 Abs. 1 GG schütze insoweit die Familie als Autonomie- und Lebensbereich und insbesondere das Zusammenleben von Eltern und Kindern in einer häuslichen Gemeinschaft vor Eingriffen des Staates. Ein solcher Eingriff des Staates in das Zusammenleben der Familie fehle hier. Denn die Kitaschließung führe gerade dazu, dass sich die Kinder des Antragstellers überwiegend bei diesem selbst aufhielten und von ihm zu betreuen seien.

Auch die sich aus Art. 6 GG folgende Schutz- und Förderpflicht des Staats zugunsten der Familie sei nicht verletzt. Zwar habe der Staat die Aufgabe, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern durch geeignete wirtschaftliche Maßnahmen zu unterstützen und zu fördern. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen ließen sich aus der Verfassung jedoch nicht herleiten.

Der Beschluss vom 11. Mai 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1216/20).

  1. Eilantrag eines Journalisten auf Auskunft über Corona-Erlasse erfolgreich

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover gibt dem Eilantrag eines Journalisten statt, der – gestützt auf Vorschriften des Umweltinformationsrechts – die Zugänglichmachung der Erlasse begehrt, die das Niedersächsische Justizministerium im Hinblick auf die Corona Pandemie erlassen hat (VG Hannover, Beschl. v. 12.05.2020 – 4 B 2369/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu weiter:

Der Antragsteller ist Journalist und Projektleiter des Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., der sich für Transparenz einsetzt und unter anderem die Website www.fragdenstaat.de betreibt.

Er stellte bei dem Antragsgegner einen Antrag nach dem NUIG/VIG und bat um die Zusendung sämtlicher Erlasse, die der Antragsgegner in Bezug auf den Umgang mit der Corona-Pandemie verfasst habe. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass es sich bei den angeforderten Dokumenten nicht um Umweltinformationen handele.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich bei den Erlassen um Umweltinformationen handele. Das Corona-Virus breite sich hauptsächlich über Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen, aber auch beim gewöhnlichen Sprechen aus. Die Viren seien in den Tröpfchen enthalten. Beim Sprechen bildeten sich Aerosole (= mit besonders kleinen Tröpfchen angereicherte Atemluft), die besonders lange in der Luft stehen blieben. Über die Atmung der viral belasteten Luft könne eine Infektion mit dem Corona-Virus erfolgen. Die Erlasse setzten an dem Verbreitungsweg des Virus an und bezweckten nicht zuletzt, die Luft von entsprechenden Bestandteilen frei zu halten. Es handele sich damit um Maßnahmen, die sich auf Umweltbestandteile, nämlich den Virusgehalt der Atemluft, unmittelbar auswirkten.

Die Zahl der Neuinfektionen führe offenbar zu erheblichen Einschränkungen des gewöhnlichen Betriebs im niedersächsischen Gerichtswesen. Vor diesem Hintergrund bestehe ein akutes Bedürfnis zur inhaltlichen Kenntnisnahme der Erlasse, um sich – als Journalist und als Teil der Öffentlichkeit – damit auseinandersetzen zu können. Dieses Bedürfnis ergebe sich unter anderem aus der Notwendigkeit zur Kontrolle des Regierungshandelns mit Blick auf die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen, die Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz, das Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten und effektiven Rechtsschutz sowie den Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen.

Das Niedersächsische Justizministerium hält an seiner Auffassung fest, es handele sich nicht um Umweltinformationen. Die Erlasse dienten nicht dem Schutz der Luft als solcher, sondern dem Schutz von Menschen vor Infektionen. Wegen des Verbotes der Wegnahme der Hauptsache komme eine Herausgabe im Wege der einstweiligen Anordnung nicht in Betracht.

Die 4. Kammer des Gerichts hat dem Antrag mit Beschluss vom 12. Mai 2020 stattgegeben. Bei den Erlassen handele es sich um Umweltinformationen im Sinne der Umweltinformationsgesetze. Der Begriff sei nach der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts weit auszulegen. Erforderlich für eine Einstufung als Umweltinformation sei nicht, dass die Maßnahme den Schutz der Luft als solcher bezwecke; es reiche ein Bezug der Maßnahme zum Umweltbestandteil Luft, der hier gegeben sei, weil sich das Virus maßgeblich über die Luft verbreite. Es werde durch Aerosole übertragen. Ziel der Maßnahmen des Antragsgegners sei es (unter anderem), die Viren- und Aerosolbelastung vor allem der Luft in den Bereichen, in denen sich Bedienstete und/oder Besucher aufhielten bzw. diesen Viren bzw. Aerosolen ausgesetzt wären, zu verringern.

Der Antragsteller habe auch die nötige Eilbedürftigkeit darlegen können. Die Corona-Pandemie sei für Staat und Gesellschaft eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Das Handeln staatlicher Organe in dieser Krise – insbesondere der Exekutive – berühre grundlegende (rechts-)staatliche Prinzipien wie etwa die Gewaltenteilung und die Grundrechte, die zum Schutz von Menschen vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von durch Viren belasteter Luft (Aerosole) massiv eingeschränkt würden. In einer solchen Situation komme der Frage nach der Funktionsfähigkeit der Justiz und einer möglichen Einflussnahme der Exekutive auf die Judikative und die Unabhängigkeit der Justiz besondere Bedeutung zu. Vor dem Hintergrund der Dynamik der Pandemie und der Schnelllebigkeit des öffentlichen Diskurses werde eine Aufarbeitung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen nach rechtskräftigem Abschluss eines Hauptsacheverfahrens nicht im Ansatz in gleichem Maße möglich sein. Die Angaben seien dann allenfalls von historischem Interesse. Der Antragsteller müsse sich auch nicht auf die Pressemitteilungen und die Informationen auf der Website des Justizministeriums verweisen lassen und darauf vertrauen, dass diese vollständig und sachlich richtig seien.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

  1. Eilantrag gegen Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen scheitert

Vor dem VGH Mannheim scheitert ein Eilantrag gegen die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen (VGH Mannheim, Beschl. v. 13.05.2020 – 1 S 1314/20). In der Pressemitteilung heißt es:

Die Antragstellerin wendet sich zum einen gegen die Pflicht zur Tragung einer nicht-medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung (sog. Maskenpflicht), die nach der CoronaVO im öffentlichen Personenverkehr, an Bahn- und Bussteigen sowie in Flughafengebäuden und in den Verkaufsräumen von Ladengeschäften und allgemein in Einkaufszentren gilt. Sie beanstandet zum anderen die Vorschriften aus der Verordnung, wonach der Aufenthalt im öffentlichen Raum grundsätzlich nur alleine oder im Kreis der Angehörigen des eigenen sowie eines weiteren Haushalts gestattet ist und wonach Ansammlungen außerhalb des öffentlichen Raums von jeweils mehr als fünf Personen grundsätzlich verboten sind. Die Antragstellerin macht geltend, die genannten Vorschriften verletzten ihre Grundrechte, insbesondere ihre Menschenwürde, ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und ihre allgemeine Handlungsfreiheit. Durch das Tragen einer Maske fühle sie sich der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Verbreitung des Coronavirus werde dadurch auch nicht verhindert, sondern im Gegenteil noch gefördert, weil das Tragen einer Maske u.a. ein trügerisches Sicherheitsgefühl schaffe. Es bestehe zudem die Gefahr, dass bei unsachgemäßem Gebrauch der Maske das Virus weiterverbreitet werde und andere Krankheitsherde geschaffen würden. Auch die schon seit dem 16. März 2020 andauernden Kontaktbeschränkungen seien unverhältnismäßig.

Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er aus: Die Maskenpflicht sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere derzeit verhältnismäßig. Sie bezwecke, die Verbreitung des Coronavirus durch Unterbrechung der Infektionsketten zu verlangsamen. Sie könne dazu beitragen, Tröpfcheninfektionen in öffentlichen Bereichen, in denen Menschen typischerweise gehäuft und eng aufeinanderträfen, zu vermeiden. Auch das Robert-Koch-Institut gehe davon aus, dass ein situationsbedingtes Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in der Bevölkerung ein Baustein sei, um Übertragungen zu reduzieren. Bedenken der Antragstellerin zu Nachteilen, die bei einem unsachgemäßen Gebrauch der Maske entstehen könnten, könne durch die bereits stattfindende Aufklärung über den sachgemäßen Gebrauch begegnet werden. Es sei den Normadressaten möglich und zumutbar, sich über die richtige Handhabung zu informieren. Die Menschenwürde der Antragstellerin werde durch die Vorschrift zur Maskenpflicht nicht verletzt.

Beeinträchtigungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) habe die Antragstellerin wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes hinzunehmen. Das gelte umso mehr, als die nachteiligen Folgen dadurch etwas abgemildert würden, dass die Vorschrift zur Maskenpflicht eine Ausnahmebestimmung u.a. für Fälle enthalte, in denen die Maskentragung aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar sei. Hinzu komme, dass die Maßnahme nur einen räumlich und zeitlich beschränkten Teilbereich des öffentlichen Lebens betreffe und die Betroffenen den Eingriffen in gewissem Umfang auf zumutbare Weise ausweichen könnten, etwa indem sie auf die Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs einstweilen zugunsten von anderen Verkehrsmitteln verzichteten.

Die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und nicht-öffentlichen Raum seien derzeit ebenfalls gerechtfertigt. Es begründe auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Verordnungsgeber Ansammlungen außerhalb des öffentlichen Raums von jeweils mehr als fünf Personen grundsätzlich verboten und kleinere Ansammlungen erlaubt habe. Diese Differenzierungen seien durch Sachgründe gerechtfertigt. Der Verordnungsgeber verfolge mit dem grundsätzlichen Verbot von Zusammenkünften innerhalb und außerhalb des öffentlichen Bereichs den Zweck, die Zahl der Neuinfektionen auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten und das Infektionsgeschehen zu verlangsamen. In diesem Rahmen verfolge er mit der Differenzierung zwischen kleinen und größeren Gruppen das Ziel, die mit einem Kontaktverbot verbundenen Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beteiligten abzumildern, ohne hierbei die bei einer sofortigen und schrankenlosen Freigabe der Kontaktmöglichkeiten drohende Gefahr zu schaffen, dass die Infektionszahlen in kurzer Zeit wieder in die Höhe schnellten und Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen bedroht würden. Der Grund für eine Differenzierung zwischen kleinen und großen Personenansammlungen sei mithin infektionsschutzrechtlich sowie grundrechtlich begründet und beruhe damit insgesamt auf sachlichen Erwägungen. Dass der Verordnungsgeber die Grenze für diese Differenzierung bei fünf Personen gezogen habe, bewege sich im Rahmen seiner Befugnis zur Schaffung generalisierender und typisierender Regelungen.

Der Beschluss vom 13. Mai 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1314/20).

  1. Untersagung der touristischen Beherbergung im Land Sachsen-Anhalt rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat die Untersagung der touristischen Beherbergung durch die Fünfte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt als rechtmäßig eingestuft (OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.05.2020 – 3 R 78/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 13.05.2020 heißt es:

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, der auf die Wiederaufnahme des Betriebs eines Ferienhausparks in Thale gerichtet war.

Hierfür hatte das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit von § 5 Abs. 1 der Fünften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt (Fünfte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 5. SARS-CoV-2-EindV) vom 2. Mai 2020 zu überprüfen, wonach es den Betreibern von Beherbergungsstätten (Hotels, Ferienwohnungen, Campingplätze etc.) untersagt ist, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, die Regelung zur Schließung von Beherbergungsstätten – wie dem streitgegenständlichen Ferienhauspark – sei rechtmäßig. Die Einschätzung des Verordnungsgebers, die Schließungsregelung diene der Kontaktreduzierung und damit der Entschleunigung und Unterbrechung der Infektionsketten des Coronavirus SARS-CoV-2, sei plausibel und bewege sich innerhalb des Einschätzungsspielraums. Die Regelung sei auch erforderlich, weil aufgrund der weiterhin fehlenden Medikamente und eines Impfstoffes die Gefahr bestehe, dass touristischer – auf Übernachtung angelegter – Reiseverkehr die Ausbreitung des Virus auf die Landesbevölkerung insbesondere in den Tourismusregionen erhöhe. Es erscheine bei summarischer Prüfung auch nicht als offensichtlich verfehlt, wenn der Verordnungsgeber eine Öffnung von Beherbergungsstätten zu touristischen Zwecken unter strengen Abstands- und Hygienemaßnahmen als kein milderes und ebenso geeignetes Mittel ansehe. Dass nach der 5. SARS-CoV-2-EindV Einkaufszentren dagegen öffnen dürften, begründe keinen Gleichheitsverstoß, weil die Differenzierung zwischen Betrieben des Einzelhandels und der touristischen Beherbergung sachlich gerechtfertigt sei.

Es sei auch davon auszugehen, dass die Risikoeinschätzung des Verordnungsgebers fortlaufend der epidemischen Lage angepasst werde. So seien zeitnahe Lockerungen im Bereich der Beherbergungsbetriebe bereits konkret angekündigt worden.

  1. Unzulässige Verfassungsbeschwerden gegen Lockerungen und gegen Verlängerungen der Eindämmungsmaßnahmen zur Coronavirus-Pandemie

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mehrere Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie als unzulässig betrachtet (BVerfG, Beschl. v. 12.02.2020 und 13.05.2020 – 1 BvR 1027/20 und 1 BvR 1021/20). In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 36/2020 vom 14. Mai 2020 heißt es:

Die 1. und die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts haben mit heute veröffentlichten Beschlüssen zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde des demnächst 65-jährigen Beschwerdeführers im Verfahren vor der 3. Kammer zielte darauf, Bund und Länder zu verpflichten, Lockerungen staatlicher Corona-Maßnahmen zurückzunehmen. Die Verfassungsbeschwerde eines jüngeren Mannes im Verfahren vor der 1. Kammer zielte umgekehrt darauf, Einschränkungen durch die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung für unter 60 Jahre alte Menschen weiter zu lockern.

  1. Der Beschwerdeführer im Verfahren vor der 3. Kammer, der sich aufgrund seines Lebensalters einer Risikogruppe zurechnet, machte geltend, die Lockerungen kämen auch nach Ansicht wissenschaftlicher Studien zu früh und bedrohten sein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Lockerungsmaßnahmen seien daher im Wege einstweiliger Anordnung auszusetzen und die Öffnung der Grundschulen einstweilen zu untersagen. Seine Verfassungsbeschwerde war jedoch nicht hinreichend substantiiert. Sie berücksichtigte insbesondere nicht den Gestaltungsspielraum, der dem Staat zusteht, um grundrechtliche Schutzpflichten zu erfüllen, und den lediglich prognostischen Gehalt wissenschaftlicher Stellungnahmen.

Zwar umfasst das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben zu stellen sowie vor Beeinträchtigungen der Gesundheit zu schützen. Doch kommt dem Gesetzgeber dabei ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Daher kann das Bundesverfassungsgericht die Verletzung einer Schutzpflicht nur feststellen, wenn überhaupt nichts getan wird, wenn Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben. Das ist hier nicht ersichtlich. Zwar kann mit dem Beschwerdeführer angenommen werden, dass die vollständige soziale Isolation der gesamten Bevölkerung den besten Schutz gegen eine Infektion bietet. Doch verletzt der Staat grundrechtliche Schutzpflichten nicht, wenn er soziale Kontakte unter bestimmten Bedingungen zulässt. So trägt er anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten Rechnung; zudem kann er die gesellschaftliche Akzeptanz der angeordneten Maßnahmen berücksichtigen und sich auch für ein behutsames oder auch wechselndes Vorgehen im Sinne langfristig wirksamen Lebens- und Gesundheitsschutzes entscheiden. Daran ändern die fachwissenschaftlichen Stellungnahmen, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, nichts, denn sie präsentieren ausdrücklich nicht eine bestimmte Maßnahme, sondern unterschiedliche prognostische Szenarien.

  1. Der jüngere Beschwerdeführer im Verfahren vor der 1. Kammer machte umgekehrt geltend, die fortbestehenden Freiheitsbeschränkungen durch die Dritte und Vierte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verletzten die Nicht-Risikogruppen der Bevölkerung in ihren Grundrechten. Auch seine Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäß behauptete, die Einschränkungen für die Gruppe derer, die jünger als 60 Jahre sind, seien generell unverhältnismäßig, weil die Gefährdung durch das Coronavirus für sie nicht größer sei als die Gefährdung durch die jährlich auftretenden Influenzaviren und weil niemand zu einem Verhalten gezwungen werden könne, das nur seine eigene körperliche Unversehrtheit schütze, stellte der Beschwerdeführer nicht in Rechnung, dass die Beschränkungen seiner Freiheit auch den Schutz Dritter bezwecken, die stärker gefährdet sind. Zu deren Schutz ist der Staat aber nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich berechtigt und verpflichtet.

Soweit der Beschwerdeführer hingegen geltend machte, dass die Freiheit jüngerer Personen nicht zum Schutz von Risikogruppen beschränkt werden dürfe, sondern allein diesen gefährdeten Personengruppen selbst Quarantänemaßnahmen auferlegt werden müssten, führt das – unabhängig davon, ob eine solche Strategie überhaupt praktisch realisierbar wäre – nicht zum Erfolg. Nach dem Grundgesetz ist der Staat nicht darauf beschränkt, den Schutz gesundheits- und lebensgefährdeter Menschen allein durch Begrenzungen deren eigener Freiheit zu bewerkstelligen. Vielmehr darf der Staat Regelungen treffen, die auch den vermutlich gesünderen und weniger gefährdeten Menschen in gewissem Umfang Freiheitsbeschränkungen abverlangen, wenn gerade hierdurch den stärker gefährdeten Menschen ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Teilhabe und Freiheit gesichert werden kann und sie sich nicht über längere Zeit vollständig aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückziehen müssen. Dabei lassen die Grundrechte einen Spielraum für den Ausgleich der widerstreitenden Grundrechte. Dieser Spielraum kann mit der Zeit geringer werden -– etwa bei besonders schweren Grundrechtsbelastungen und wegen der Möglichkeit zunehmender Fachkenntnis über Risiken und anderweitige Eindämmungsmöglichkeiten. Dem trägt der Verordnungsgeber hier dadurch Rechnung, dass die Freiheitsbeschränkungen von vornherein befristet sind und durch wiederholte Änderungen der Verordnung stetig gelockert werden. Vor diesem Hintergrund hätte der Beschwerdeführer konkreter darlegen müssen, warum er die Grundrechtseingriffe gleichwohl für verfassungswidrig hält.

  1. Pauschale Quarantänepflicht nach Einreise aus Ausland ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat entschieden, dass die generelle Regelung zur vierzehntägigen häuslichen Quarantäne nach Einreise aus dem Ausland in der Hamburger Coronavirus-Eindämmungsverordnung voraussichtlich rechtswidrig ist (VG Hamburg, Beschl. v. 13.05.2020 – 15 E 1967/20).

  1. Rechtmäßige Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen im Saarland

Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis hat entschieden (OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.5.2020 – 2 B 175/20):

  1. Die Regelungen der Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 2.5.2020 (CPV) finden eine ausreichende Grundlage in den §§ 32 Satz 1, 28 Sätze 1 und 2 IFSG.
  2. Die den Bürgern auferlegte Pflicht, in den in § 2 Abs. 2 bis 4 CPV genannten Situationen – insbesondere bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, während des Aufenthalts in Ladenlokalen und auf Wochenmärkten sowie beim Besuch von Krankenhäusern und Arztpraxen – eine Mund-Nasen-Bedeckung anzulegen, stellt grundsätzlich als flankierende Maßnahme ein geeignetes und notwendiges Mittel zur Eindämmung der weiteren Verbreitung des Coronavirus dar.
  3. Der mit der Maskenpflicht verbundene Eingriff in das Grundrecht der Allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ist angemessen, da die Regelung befristet ist, sie sich nicht auf den privaten Bereich erstreckt und für den Träger nur in wenigen, kurzzeitigen Alltagssituationen Unannehmlichkeiten mit sich bringt, die zudem teilweise umgangen werden können (z.B. durch Online-Bestellungen).
  4. Die Vorschrift des § 7 Abs. 12 CPV, nach der die Betreiber oder sonstigen Verantwortlichen von Ladenlokalen und Wochenmärkten sicherzustellen haben, dass das Personal (Nr. 1) sowie die Kunden oder Besucher (Nr. 2) ab Vollendung des sechsten Lebensjahres eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, ist auf die Rechtsanwaltskanzlei des Antragstellers nicht anwendbar.
  5. Der Hinweis auf seelische Beeinträchtigungen durch die Einschränkung der sozialen Kontakte in den §§ 3 und 4 CPV genügt nicht, um eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit darzutun. Die psychische Integrität ist durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur insoweit geschützt, als durch Einwirkungen auf die Psyche körperliche Effekte hervorgerufen werden. Unter körperlicher Unversehrtheit ist das Freisein von pathologischen Zuständen und somit auch von psychischen Krankheiten im Unterschied zu bloßen Beeinträchtigungen der psychischen Befindlichkeit zu verstehen.
  6. Der mit den Kontaktbeschränkungen verbundene Eingriff in das Grundrecht der Allgemeinen Handlungsfreiheit zum Schutz der Bevölkerung vor einer Ausbreitung des Virus ist verhältnismäßig. Insoweit ist neben der zeitlichen Befristung maßgeblich zu berücksichtigen, dass im Zuge der Lockerungen ab dem 4.5.2020 der Kreis der Personen, mit denen ein Kontakt im öffentlichen Raum (§ 3 CPV) bzw. im privaten Bereich (§ 4 CPV) gestattet ist, sowohl in verwandtschaftlicher Hinsicht als auch um die Angehörigen eines weiteren Haushalts erweitert wurde.
  7. Bei einer reinen Folgenabwägung in Anlehnung an den § 32 BVerfGG hätten die Interessen des Antragstellers, von der Maskenpflicht verschont zu bleiben, hinter den betroffenen schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen an einer Eindämmung des Infektionsgeschehens – mit Blick auf den Erhalt eines funktionierenden Systems der Gesundheitsversorgung und den Schutz der Bevölkerung vor schwerwiegenden bis lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen – zurückzutreten.
  8. Keine Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung von Fitnessstudios in Niedersachsen

Das OVG Lüneburg hat entschieden, dass die Schließungsanordnung von Fitnessstudios in Niedersachen nicht außer Vollzug zu setzen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.05.2020 – 13 MN 156/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 14. Mai 2020 den Antrag einer Betreiberin eines Fitnessstudios abgelehnt, die in § 1 Abs. 3 Nr. 5 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020 (im Folgenden: Corona-Verordnung) angeordnete Schließung von Fitnessstudios einstweilig außer Vollzug zu setzen (Az.: 13 MN 156/20).

Die Antragstellerin berief sich auf ihr Abstands- und Hygienekonzept und forderte eine Gleichbehandlung mit anderen Betrieben wie Friseursalons und Gaststätten sowie mit Spitzen- und Profisportlern.

Der Senat hat dem Antrag nicht entsprochen. Die Schließung der Fitnessstudios durch § 1 Abs. 3 Nr. 5 Alt. 3 der Corona-Verordnung stelle eine Detailregelung des allgemeinen Ansammlungsverbots des § 1 der Verordnung und des allgemeinen Abstandsgebots des § 2 der Verordnung dar, die auch zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung des bisherigen Infektionsgeschehens und der Wirkung bereits getroffener Maßnahmen als weiterhin wichtige Grundbausteine bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen anzusehen seien. Die in Fitnessstudios typischen Ansammlungen körperlich trainierender Personen in geschlossenen Räumen begründeten ein hohes Infektionsrisiko, da durch das deutlich gesteigerte Atemverhalten unter körperlicher Belastung einer Vielzahl von Personen auf vergleichsweise engem Raum und bei begrenztem und nur unzureichend durchmischtem Luftvolumen die Gefahr der Infektion weiterer Personen deutlich erhöht werde. Gerade das stoßartige Ausatmen unter körperlicher Belastung könne bei (noch) symptomfreien aber infizierten Personen zu einem massiven Ausstoß infektiöser Viren führen und damit Tröpfcheninfektion – auch in Gestalt kleinster und über einen längeren Zeitraum in der Luft schwebender Aerosole – befördern. Es liege daher innerhalb des dem Verordnungsgeber zustehenden Ermessens, den mit dem Betrieb eines Fitnessstudios typischerweise einhergehenden Infektionsgefahren durch eine Schließungsanordnung Rechnung zu tragen. Auf das von der Antragstellerin vorgelegte Abstands- und Hygienekonzept komme es dabei nicht an, zumal die Einhaltung solcher Konzepte in der Realität nur schwer überprüfbar sei.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sei nicht erkennbar. Der Betrieb eines Fitnessstudios sei aufgrund der mit der erhöhten Atemaktivität gesteigerten Ansteckungsgefahr ein gegenüber der Öffnung von Friseursalons und Gaststätten anders zu würdigender Sachverhalt. Dem Verordnungsgeber stehe zudem bei der Ausgestaltung eines schrittweise vorgehenden Öffnungskonzepts ein Einschätzungsspielraum zu, der die Eingehung zunächst kleinerer Risiken erlaube und daher die Zulassung des Spitzen- und Profisports vor dem Breitensport rechtfertige.

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung lasse sich auch im Hinblick darauf, dass Fitnessstudios in anderen Bundesländern wieder öffnen dürften, nicht feststellen. Der Gleichheitssatz werde nicht dadurch verletzt, dass ein anderes Land den gleichen Sachverhalt anders behandele, da Art. 3 Abs. 1 GG Träger öffentlicher Gewalt nur innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs binde. Ein Land verletze daher nicht deshalb den Gleichheitssatz, weil an anderes Land den gleichen Sachverhalt anders behandele. Insbesondere sei es zulässig, dass verschiedene Bundeländer unterschiedliche Öffnungskonzepte verfolgten, solange die Setzung ihrer Prioritäten nicht willkürlich erscheine. Das sei hier nicht der Fall.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gegenteiliger Auffassung ist das Verwaltungsgericht Hamburg (VG Hamburg, Beschl. v. 13.05.2020 – 20 E 2029/20)!

  1. Keine große Demonstration mit nahezu 1.000 Teilnehmern in Brandenburg

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antrag richtete sich gegen das Verbot größerer Demonstrationen im Land Brandenburg (BVerfG, Beschl. v. 16.05.2020 – 1 BvQ 55/20). In den Gründen der Entscheidung des Gerichts heißt es:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

  1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall – auch schon vor Anhängigkeit eines Verfahrens zur Hauptsache (vgl. BVerfGE 134, 135 <137 Rn. 3> m.w.N.; stRspr) – einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die der Antragsteller für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 7, 367 <371>; 134, 138 <140 Rn. 6>; stRspr). Erkennbare Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde gegen eine verwaltungsgerichtliche Eilentscheidung sind zu berücksichtigen, wenn ein Abwarten den Grundrechtsschutz mit hoher Wahrscheinlichkeit vereitelte (vgl. BVerfGE 111, 147 <153>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2018 – 1 BvQ 18/18 -, Rn. 5; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. April 2020 – 1 BvQ 37/20 -, Rn. 13; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 2020 – 1 BvQ 44/20 -, Rn. 7). Bei einem offenen Ausgang der Verfassungsbeschwerde sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde jedoch der Erfolg versagt bliebe (vgl. BVerfGE 131, 47 <55>; 132, 195 <232>; stRspr). Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 131, 47 <55>; 132, 195 <232>; stRspr). Maßgebend für die Beurteilung ist der Verfahrensstand im Zeitpunkt der Entscheidung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. März 2010 – 1 BvQ 4/10 -, Rn. 14).
  2. Hier kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht.
  3. a) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, weil er dem auch im Verfahren des verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes geltenden Grundsatz der Subsidiarität (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 – 1 BvQ 66/19 -, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2019 – 2 BvQ 91/19 -, Rn. 2; stRspr) nicht genügt. Der Antragsteller hat im fachgerichtlichen Verfahren des Eilrechtsschutzes nicht hinreichend vorgetragen.

Das Oberverwaltungsgericht, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes nur die von dem Beschwerdeführer dargelegten Gründe prüft, hat entscheidungstragend (auch) darauf abgestellt, der Antragsteller habe die auf die konkrete Versammlung bezogenen Annahmen des Verwaltungsgerichts nicht angegriffen. Danach habe das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner die Gewährung von Eilrechtsschutz ablehnenden Entscheidung darauf abgestellt, es erscheine lebensfremd, dass es bei einer Versammlung mit nahezu 1.000 Teilnehmern auch unter Berücksichtigung der begrenzten örtlichen Gegebenheiten nicht zu gravierenden Verstößen gegen die nach wie vor geltenden und auch von dem Antragsteller nicht in Abrede gestellten Abstandsregelungen und damit zur Infektion von Versammlungsteilnehmern und mit ihnen in Kontakt tretenden dritten Personen kommen könne. Dieses Risiko werde dadurch erhöht, dass – anders als zum Teil in anderen Bundesländern – eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bei der Teilnahme an Versammlungen in Brandenburg nicht vorgeschrieben sei.

Aus den Darlegungen des Antragstellers im verfassungsgerichtlichen Eilverfahren ergibt sich nicht, dass er insoweit seiner prozessualen Darlegungsobliegenheit gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO tatsächlich nachgekommen wäre und das Oberverwaltungsgericht insoweit etwa Beschwerdevorbringen übergangen hätte. Soweit er diesbezüglich ausführt, das Oberverwaltungsgericht habe seinen Vortrag zu den Erfahrungen mit zwei von ihm bereits in den beiden Vorwochen veranstalteten Versammlungen übersehen, greift dies schon deshalb nicht durch, weil nach seinen eigenen Angaben an diesen Versammlungen lediglich 120 bzw. 300 Personen teilgenommen hatten. Selbst wenn dabei, wie der Antragsteller geltend macht, die Einhaltung infektionsschutzrechtlich gebotener Abstände gewährleistet gewesen sein sollte, ist dies nicht geeignet, die – im Übrigen auch nach Einschätzung der Kammer plausible und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandende – Auffassung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen, dass bei einer Versammlung mit nahezu 1.000 Teilnehmern eine Einhaltung der hier maßgeblichen Abstandsregelungen nicht hinreichend gesichert sei.

  1. b) Überdies geht auch eine Folgenabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus.

Wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, sich nach Durchführung eines Hauptsacheverfahrens jedoch herausstellte, dass die Verweigerung einer Ausnahmegenehmigung für mehr als 50 Teilnehmer nach § 5 Abs. 3 der Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 8. Mai 2020 (Brdb. GVBl. II Nr. 30) verfassungswidrig ist, wäre der Antragsteller in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG verletzt. Diese Grundrechtsverletzung wäre von Gewicht nicht nur im Hinblick auf den Antragsteller, sondern angesichts der Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine freiheitliche Staatsordnung auch im Hinblick auf das demokratische Gemeinwesen insgesamt.

Erginge demgegenüber eine einstweilige Anordnung und würde sich später herausstellen, dass die Genehmigung einer größeren Teilnehmerzahl zu Recht abgelehnt worden ist, weil die in § 5 Abs. 3 SARS-CoV-2-EindV vorgegebene Obergrenze von 50 Versammlungsteilnehmern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wären grundrechtlich geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen. Das grundsätzliche Versammlungsverbot mit Ausnahmevorbehalt nach § 5 Abs. 1 und 3 SARS-CoV-2-EindV, dessen Vereinbarkeit mit Art. 8 GG im Eilverfahren offenbleiben muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. April 2020 – 1 BvQ 37/20 -, Rn. 23), dient in Ansehung der aktuellen Coronavirus-Pandemie dem in § 1 Abs. 1 des der Verordnung zugrunde liegenden Infektionsschutzgesetzes umschriebenen Zweck, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Ziel der Verordnung ist namentlich der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit, zu dem der Staat prinzipiell auch kraft seiner grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG angehalten ist (vgl. BVerfGE 77, 170 <214>; 85, 191 <212>; 115, 25 <44 f.>).

Bei Durchführung der Versammlung stünde nach übereinstimmender Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts zu befürchten, dass infektionsschutzrechtlich gebotene Mindestabstände unterschritten würden. Gegen diese Einschätzung ist nichts zu erinnern. Insoweit legt das Bundesverfassungsgericht der Prüfung des Eilantrags die Tatsachenfeststellungen und Tatsachenwürdigungen in den angegriffenen Entscheidungen zugrunde. Anderes wäre nur dann geboten, wenn die getroffenen Tatsachenfeststellungen offensichtlich fehlsam wären oder die Tatsachenwürdigungen unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtsnormen offensichtlich nicht trüge (BVerfGK 3, 97 <99>; BVerfG, Beschluss vom 29. August 2015 – 1 BvQ 32/15 -, Rn. 1; jeweils m.w.N.). Das ist nicht der Fall. Das gilt insbesondere für den Hinweis des Antragstellers auf örtlich geringe Fallzahlen von Erkrankungen. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, nach der aktuellen Risikoeinschätzung des Robert-Koch-Instituts bestehe nach wie vor ein erhebliches Infektionsrisiko, wird hierdurch nicht durchgreifend in Frage gestellt. Auch hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar dargelegt, wie es praktisch umsetzbar sein könnte, die von ihm gewünschte Ausnahme von den Abstandsregelungen für verheiratete, verpartnerte oder in einem gemeinsamen Haushalt lebende Versammlungsteilnehmer tatsächlich auf diesen Personenkreis zu beschränken.

Bei Gegenüberstellung der jeweiligen Folgen muss das Interesse des Antragstellers an der Durchführung der Versammlung mit 975 anstelle der vom Antragsgegner des Ausgangsverfahrens im Einklang mit § 5 Abs. 3 SARS-CoV-2-EindV genehmigten Teilnehmerzahl von 50 zurücktreten. Dafür fällt insbesondere ins Gewicht, dass dem Antragsteller die Ausübung seiner grundrechtlichen Freiheit nicht verunmöglicht ist. Er kann die Versammlung sowohl in örtlicher als auch zeitlicher Hinsicht so wie von ihm gewünscht durchführen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

  1. Grundschullehrerin muss unterrichten

Der Verwaltungsgerichthof (VGH) Kassel hat entschieden, dass eine Grundschullehrerin trotz Coronavirus-Pandemie zum Präsenzunterricht erscheinen muss (VGH Kassel, Beschl. v. 14.05.2020 – 1 B 1308/20). In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 25/2020 v. 15.05.2020 heißt es:

Mit heute zugestelltem Beschluss vom 14. Mai 2020 hat der für das Beamtenrecht zuständige 1. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs die Beschwerde einer Grundschullehrerin, die nicht zum Präsenzunterricht herangezogen werden wollte, gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist verbeamtete Lehrerin an einer Frankfurter Grundschule und begehrte, dem Land Hessen anlässlich der COVID-19-Pandemie zu untersagen, sie zum Präsenzunterricht heranzuziehen, bis von ihr näher bezeichnete Arbeitsschutzmaßnahmen (insbesondere schulbezogene Gefährdungsbeurteilung, Schutzkonzept und dessen Umsetzung, schriftliche Dokumentation) getroffen worden seien.

Der 1. Senat hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, an der Schule der Antragstellerin seien sowohl unter beamtenrechtlichen Fürsorgeaspekten als auch unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten hinreichende Vorkehrungen getroffen worden, um eine Gefährdung nicht nur der Schülerinnen und Schüler, sondern auch der Lehrkräfte zu minimieren. Das Land habe Schutzmaßnahmen für ein stufenweises Anfahren des Unterrichts erlassen.

Ein Recht des Beamten zur Verweigerung seiner Arbeits- oder Dienstleistung bestehe zudem selbst bei einer unterstellten Nichteinhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen nur, wenn die Arbeits- oder Dienstleistung hierdurch unzumutbar sei, etwa eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben bedeute. Dies sei nicht der Fall. Die infektionsschutzrechtlichen Regelungen sähen vor, dass der Unterricht in zahlenmäßig reduzierten Gruppen zu erteilen sei, so dass ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen Personen sichergestellt sei. Die Gruppengröße dürfe in der Regel 15 Personen nicht überschreiten. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Hygiene seien einzuhalten. Ferner sei ein Hygieneplan, gültig für den Präsenzunterricht an der in Rede stehenden Schule erstellt worden, in dem auch dargestellt sei, welche grundsätzlichen Hygieneregeln mit den Kindern besprochen und eingeübt werden sollten.

  1. Keine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat entschieden, dass ein Schüler den Schulträger nicht dazu verpflichten kann, dass im Unterricht ein Mund-Nasenschutz getragen werden muss (VG Wiesbaden, Beschl. v. 11.05.2020 – 6 L 485/20.WI).

In der Pressemitteilung Nr. 06/2020 des VG Wiesbaden v. 18.05.2020 heißt es:

Mit Beschluss vom 11. Mai 2020 hat die 6. Kammer den Eilantrag eines Schülers aus dem Rheingau-Taunus-Kreis abgelehnt, der das Staatliche Schulamt für den Rheingau-Taunus-Kreis und die Landeshauptstadt Wiesbaden verpflichten wollte, das Tragen eines Mund-Nasenschutzes in seiner Schule verpflichtend anzuordnen.

Das Gericht hat den Eilantrag bereits deshalb als unzulässig abgelehnt, da die Mutter des volljährigen Schülers den Antrag ohne die Vorlage einer auf sie ausgestellten Vollmacht im Namen des Schülers gestellt hat. Trotz Aufforderung des Gerichts, eine Vollmacht vorzulegen, ist die Mutter des Schülers dieser Aufforderung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht nachgekommen. Auch der Schüler selbst hat sich gegenüber dem Gericht persönlich nicht zu einer Bevollmächtigung seiner Mutter erklärt.

Darüber hinaus hat das Gericht in seiner Entscheidung klargestellt, dass auch ein durch den Schüler selbst gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

Nach der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus seien für den Unterricht der Jahrgangsstufen, für die er stattfinden darf, diverse Hygienemaßnahmen einzuhalten, insbesondere sei ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen sicherzustellen, die Gruppengröße dürfe in der Regel 15 Personen nicht überschreiten und die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) seien einzuhalten. Auch der erstellte Hygieneplan des Hessischen Kultusministeriums vom 22. April 2020 regele zahlreiche Maßnahmen, durch die die Hygiene an den Schulen sichergestellt werden sollen. Hierzu zähle die gründliche Händehygiene, die Husten- und Niesetikette und die Hygiene in Klassenräumen und Sanitärbereichen. Auch das das RKI empfehle, die Abstandsregelung von mindestens 1,5 Metern, die Zuordnung zu konstanten Gruppen und weitere Maßnahmen einzuhalten. Auch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung könne zur Reduzierung von Übertragungen beitragen. Das RKI empfehle jedoch auch, die Maßnahmen basierend auf der lokalen epidemiologischen Situation und Entwicklung anzupassen (vgl. Epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Instituts vom 7. Mai 2020). 

Nach Auffassung der Kammer werden diese Hygienemaßnahmen durch die Schule des Antragstellers eingehalten. So seien insbesondere die Lerngruppen auf 15 Schülerinnen und Schüler verkleinert worden, Schulbeginn und Schulende seien gestaffelt festgelegt, die Pausen würden in der kleinen Lerngruppe verbracht und es existiere ein Sitzplan für jede Klasse. Seife und Papierhandtücher würden in jedem Klassenraum zur Verfügung gestellt. Die Schülerinnen und Schüler würden aufgefordert, bei Krankheitsanzeichen zu Hause zu bleiben, mindestens 1,5 m Abstand zu anderen Menschen zu halten, mit den Händen nicht ins Gesicht zu fassen, sich gegenseitig nicht zu berühren, sich gründlich die Hände zu waschen, öffentlich zugängliche Gegenstände wie Türklinken oder Fahrstuhlknöpfe nicht mit der vollen Hand anzufassen und die Husten- und Niesetikette einzuhalten. Zusätzlich würden Springstunden bei der Stundenplangestaltung möglichst vermieden, damit die Schülerinnen und Schüler sich möglichst kurz in der Schule aufhalten müssen.

So finde sich im Stundenplan des Antragstellers keine einzige Springstunde. Die momentan anwesenden Schüler der Abschlussklassen und der Stufe Q2 würden auf verschiedene Gebäude verteilt, sodass sich die Schülerinnen und Schüler möglichst wenig begegneten. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung werde ausdrücklich empfohlen.

Warum neben den anderen Schutzmaßnahmen zusätzlich auch noch die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht notwendig sein solle, habe der Antragsteller, basierend auf der lokalen Situation an der Schule, nicht begründet. Er verweise lediglich darauf, dass das Virus mehrere Stunden lang in der Luft und auf Oberflächen überleben könne und er sich deshalb in seinem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt fühle. Die aktuellen Fallzahlen in der Gemeinde, in der sich die Schule des Antragstellers befinde, lassen nach Auffassung des Gerichts eine entsprechende Gefährdung derzeit aber nicht erkennen. So seien derzeit dort keine positiv auf COVID-19 getesteten Personen bekannt, seit dem 1. März 2020 seien dort nur 10 Personen positiv getestet worden. Im gesamten Rheingau-Taunus-Kreis seien aktuell lediglich 13 positiv getestet Personen bekannt. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, weshalb entgegen der Vorgaben des Hessischen Kultusministeriums neben der Empfehlung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch die diesbezügliche Verpflichtung notwendig sein solle.

Gegen den Beschluss (Az.: 6 L 485/20.WI) kann die Antragstellerin Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat.

  1. Rechtswidrige Kontenpfändung des Finanzamtes

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass eine Kon­ten­pfän­dung des Finanzamtes, die auch Be­trä­ge der Co­ro­na-So­fort­hil­fe um­fasst, rechts­wid­rig sei. Das Geld diene nicht der Be­frie­di­gung von Gläu­bi­ger­an­sprü­chen (FG Münster, Beschl. v. 13.05.2020 – 1286/20 AO).

  1. Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung von Tattoo-Studios

Das Niedersächsische OVG hat mit Beschluss vom 14. Mai 2020 dem Antrag eines Betreibers eines Tattoo-Studios stattgeben und die in § 7 Abs. 2 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020 angeordnete Schließung von Tattoostudios vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Schleswig, Beschl. v. 14.05.2020 – 13 MN 165/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

Aus Sicht des Senats könne die vollständige Untersagung der Erbringung von Dienstleistungen in Tattoo-Studios derzeit nicht mehr als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG angesehen werden. Das Infektionsgeschehen habe sich auch aufgrund der von den Infektionsschutzbehörden ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt. Die Zahl der Neuinfektionen, aber auch die Zahl der tatsächlich (noch) Infizierten sei deutlich zurückgegangen. Auch wenn die Gefahr der Verbreitung der Infektion und die daran anknüpfende Gefahr der mangelnden hinreichenden Behandelbarkeit schwer verlaufender Erkrankungen wegen fehlender spezifischer Behandlungsmöglichkeiten und nicht unbegrenzt verfügbarer Krankenhausbehandlungsplätze fortbestehe, habe sich diese Gefahr deutlich vermindert. Diese Gefahreneinschätzung liege offenbar auch dem Plan der Niedersächsischen Landesregierung „Nach dem Lockdown – Neuer Alltag in Niedersachsen, Stufenplan“ vom 4. Mai 2020 und der darauf basierenden Corona-Verordnung vom 8. Mai 2020 zugrunde. Dieser Konzeption des Antragsgegners folgend sei die zuletzt noch durch die 4. Corona-Verordnung vom 17. April 2020 verlängerte Untersagung der Erbringung von Dienstleistungen unter anderem durch Friseure, Tattoo-, Nagel- und Kosmetikstudios, Physiotherapeuten und Fahrschulen aufgehoben oder „gelockert“ worden. Den Regelungen sei die Einschätzung des Verordnungsgebers zu entnehmen, dass auch bei eigentlich nicht dringend notwendigen Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern von Mensch zu Mensch nicht eingehalten werden könne, die zunächst vollständige Untersagung der Dienstleistung nicht mehr als notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 anzusehen sei, sondern die mit der Nichteinhaltung des Abstandsgebots fraglos weiterhin verbundenen erhöhten Infektionsgefahren hinreichend effektiv durch Hygienemaßnahmen vermindert werden könnten.

Diese Einschätzung des Verordnungsgebers sei nicht zu beanstanden, gelte aber in gleicher Weise für die Erbringung körpernaher Dienstleistungen in einem Tattoo-Studio. Denn insoweit sei weder vom Antragsgegner ein nachvollziehbarer sachlicher Grund für eine abweichende Bewertung dargetan noch sei ein solcher Grund für den Senat offensichtlich. Aus dem Vorbringen des Antragsgegners ergebe sich insbesondere keine belastbaren tatsächlichen Erkenntnisse dafür, dass das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 durch Blut oder Blutprodukte übertragbar sei.

Die einstweilige Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Tanzschule bleibt geschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig hat entschieden, dass Tanzschulen zur Eindämmung des Infektionsrisikos weiterhin geschlossen bleiben müssen (VG Schleswig, Beschl. v.  14.05.2020 – 1 B 81/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu:

Die zuständige 1. Kammer des Verwaltungsgerichts hat gestern im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt, dass der Antragstellerin die begehrte Wieder-eröffnung ihrer Tanzschule auch unter Beachtung der maßgeblichen Hygiene und Abstandsvorschriften der Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuen Coronavirus (SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung) nicht gestattet ist.

Die Antragstellerin bietet in ihrer Tanzschule regelmäßig Kurse für Bauchtanz, Ballett, Burlesque-Tanz, Yoga und tänzerisches Fitness-Workout an. Der Standardtanz von Paaren gehört nicht zu ihrem Repertoire. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass das Tanzstudio als private Sportstätte beziehungsweise einem Fitnessstudio ähnliche Einrichtung im Sinne der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung anzusehen sei. Da die Freizeitgestaltung und körperliche Fitness der Teilnehmer bei den Kursen im Vordergrund stünden, käme eine Qualifizierung als Bildungseinrichtung nicht in Betracht. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, dass private Sportstätten beziehungsweise einem Fitnessstudio ähnliche Einrichtung derzeit noch zu schließen sind, sei nicht zu beanstanden. Dem Verordnungsgeber käme beim Ansatz des stufenweisen Hochfahrens des öffentlichen Lebens aus Gründen der Gefahrenabwehr ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dem Belange des Gesundheitsschutzes und weitere, auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte abzuwägen seien. Einen offensichtlich ungerechtfertigten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vermochten die Richter in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen. Ein solcher sei von der Antragstellerin auch nicht konkret dargelegt worden.

Gegen den Beschluss (1 B 81/20) kann innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

  1. Hotels in Berlin bleiben vorerst geschlossen

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin bleiben die Berliner Hotels für Touristen bis zum 24. Mai 2020 geschlossen (VG Berlin, Beschl. v. 14.05.2020 – VG 14 L 97.20).

In der Pressemitteilung des Gerichts vom 19.05.2020 heißt es:

Berliner Hotels bleiben grundsätzlich bis zum 24. Mai 2020 für Touristen geschlossen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragstellerin betreibt in Berlin-Mitte ein Hotel mit 121 Zimmern. Der Betrieb ist nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaß­nahmenver­ordnung des Landes Berlin in ihrer aktuellen Fassung weiterhin bis zum 24. Mai 2020 untersagt; nach diesem Zeitpunkt dürfen Hotels touristische Übernachtungen unter Einhaltung strenger Hygieneregeln wieder anbieten.

Der auf die vorzeitige vollständige Öffnung des Hotels gerichtete Eilantrag der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der 14. Kammer hat sie hierauf keinen Anspruch. Zwar stelle das Verbot einen schwerwiegenden Eingriff sowohl in die Berufsfreiheit als auch in das Eigentumsrecht der Antragstellerin dar. Diese Eingriffe seien aber bei summarischer Prüfung noch gerechtfertigt. Das Verbot diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Das Verbot des Angebots touristischer Übernachtungen erscheine auch geeignet, die Erreichung des Ziels zu fördern. Es sei plausibel, dass das Verbot von Übernachtungsangeboten für Touristen zu einer deutlichen Reduzierung der allgemeinen Reisetätigkeit und der damit einhergehenden sozialen Kontakte führe. Das Verbot sei – als Baustein eines Gesamtkonzepts – auch noch erforderlich, weil der Infektionsschutz trotz der in der Vergangenheit verfügten Beschränkungen in anderen Lebensbereichen noch nicht in einer Weise gesichert sei, welche die weitere Aufrechterhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen überflüssig mache. Mildere Mittel seien zur Erreichung des Ziels nicht gleich geeignet. Schließlich sei das Verbot zeitlich begrenzt und werde in Kürze erheblich gelockert. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege insbesondere mit Blick auf Einzelhandelsbetriebe nicht vor. Während unbeschränkte Hotelöffnungen einen regionen- und bundeslandübergreifenden Reisverkehr nach sich zögen, begegneten sich im Einzelhandel in erster Linie im selben Bezirk oder derselben Stadt wohnende Personen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

  1. Keine Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende in Schleswig-Holstein

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat entschieden, dass die Antragsteller nicht verpflichtet sind, sich gemäß § 1 der Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus des Landes Schleswig-Holstein vom 10. April 2020 in häusliche Quarantäne abzusondern (VG Schleswig, Beschl. v. 15.05.2020 – 1 B 85/20).

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen die Einschränkung des Schulbetriebs und gegen infektionsschützende Maßnahmen bei Gottesdiensten

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat den Eilantrag einer Mutter und ihres Sohnes (Antragsteller) gegen die Einschränkung des Schulbetriebs und gegen infektionsschützende Maßnahmen bei Gottesdiensten durch die Corona-Verordnung der Landesregierung (Antragsgegner) abgelehnt (VGH Mannheim, Beschl. v. 18.05.2020 – 1 S 1357/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 19.05.2020 heißt es weiter:

Bei den Antragstellern handelt es sich um den Schüler einer 5. Klasse eines Gymnasiums und seine alleinerziehende Mutter.

Sie haben sich zum einen gegen Vorschriften aus der Corona-Verordnung der Landesregierung und einer Verordnung des Kultusministeriums gewandt, die vorsehen, dass der Schulbetrieb an öffentlichen Schulen nur schrittweise wiederaufgenommen wird und u.a. in 5. Klassen derzeit grundsätzlich noch kein Präsenzunterricht stattfindet. Sie haben geltend gemacht, sie seien dadurch in ihren Grundrechten verletzt. Es seien bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Schulschließung nicht erfüllt, weil es sich bei dem Coronavrius nur um einen Virus unter vielen Erregern handele. Jedenfalls seien die angefochtenen Regelungen unverhältnismäßig. Die Schließung der Schule stelle eine Kindeswohlgefährdung dar. Die ersatzweise bereitgestellten digitalen Lernangebote hätten sich als wenig zweckmäßig erwiesen. Der Antragsgegner habe gegen das Recht des Schülers auf gleiche Teilhabe an der Bildung verstoßen. Die bisherigen Maßnahmen hätten sich insgesamt als schwere Störung und akute Gefährdung seiner seelischen und geistigen Entwicklung erwiesen.

Die Antragsteller haben sich außerdem gegen Vorschriften in der Corona-Verordnung der Landesregierung gewandt, die das Kultusministerium dazu ermächtigen, infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus im Bereich von Gottesdiensten anzuordnen. Sie haben dazu vorgetragen, der Schüler sei überzeugter Christ und Mitglied einer altkatholischen Gemeinde. Ein Gottesdienst nach altkatholischem Ritus und eine Gemeindeversammlung seien weiterhin untersagt. Die Corona-Verordnung stelle ein absolutes Religionsausübungsverbot dar und sei verfassungswidrig.

Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er aus: Die Schließung von Schulen sei im Gesetz (§ 33 Infektionsschutzgesetz) ausdrücklich als Möglichkeit vorgesehen. Sie bezwecke, die Verbreitung des Coronavirus durch Unterbrechung der Infektionsketten zu verlangsamen. Beeinträchtigungen in der grundrechtlich geschützten Berufsausübung (Art. 12 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) habe die Mutter wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes hinzunehmen. Das gelte umso mehr, als die nachteiligen Folgen für die Betroffenen durch die Regelungen über die Gewährleistung der sog. Notbetreuung, die digitalen Unterrichts- und Lernangebote sowie die ergänzenden Präsenzlernangebote für digital nicht erreichbare oder besondere Bedarfe aufweisende Kinder etwas abgefedert würden. Wirtschaftliche Folgen für die Betroffenen würden zudem durch Hilfsprogramme der staatlichen Stellen etwas abgemildert.

Die Schulschließung sei auch mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie vereinbar. Art. 6 Abs. 1 GG schütze insoweit die Familie als Autonomie- und Lebensbereich und insbesondere das Zusammenleben von Eltern und Kindern in einer häuslichen Gemeinschaft vor Eingriffen des Staates. Ein solcher Eingriff des Staates in das Zusammenleben der Familie fehle hier. Denn die Schulschließung führe gerade dazu, dass sich der Sohn überwiegend bei der Mutter selbst aufhalte und von ihr zu betreuen sei. Auch die sich aus Art. 6 GG folgende Schutz- und Förderpflicht des Staats zugunsten der Familie sei nicht verletzt. Zwar habe der Staat die Aufgabe, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern durch geeignete wirtschaftliche Maßnahmen zu unterstützen und zu fördern. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen ließen sich aus der Verfassung jedoch nicht herleiten.

Die schrittweise Wiederaufnahme des Schulbetriebs mit zunächst nur einigen Klassenstufen verstoße voraussichtlich auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Entscheidung für eine schrittweise Wiederaufnahme des Schulbetriebs diene dazu, die mit den Schulschließungen verbundenen Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beteiligten abzumildern, ohne die bei einer sofortigen und schrankenlosen Freigabe der Kontaktmöglichkeiten in Schulen drohende Gefahr zu schaffen, dass die Infektionszahlen in kurzer Zeit wieder in die Höhe schnellten. Bei der Entscheidung, die schrittweise Wiederaufnahme des Schulbetriebes mit den prüfungsnahen Klassenstufen zu beginnen, habe der Antragsgegner zum einen berücksichtigen dürfen, dass dort ältere Schülerinnen und Schüler zusammenkämen, bei denen typischerweise eher zu erwarten sei, dass sie die Hygiene- und Abstandsvorgaben beachten würden. Er habe ferner berücksichtigen dürfen, dass der Bedarf an Präsenzunterricht bei Schülerinnen und Schülern in zeitlicher Nähe zu den Abschlussprüfungen besonders hoch sei. Der Grund für eine Differenzierung zwischen den gewählten Klassenstufen sei mithin infektionsschutzrechtlich, grundrechtlich und pädagogisch begründet und beruhe damit insgesamt auf sachlichen Erwägungen.

Durch die Corona-Verordnung werde der Schüler voraussichtlich auch nicht in seinem Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) verletzt. Die Corona-Verordnung stelle klar, dass Veranstaltungen und sonstige Ansammlungen von Kirchen sowie Religions- und Glaubensgemeinschaften zur Religionsausübung zulässig seien. Die auf ihrer Grundlage erlassene Verordnung des Kultusministeriums über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus im Bereich von Gottesdiensten begründe nicht, wie die Antragsteller behaupteten, ein absolutes Religionsausübungsverbot. Die darin geregelten Vorgaben u.a. zur Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln seien zwar gleichwohl erhebliche Eingriff in die Glaubensfreiheit, diese seien dem Antragsteller aber wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes derzeit zumutbar.

Der Beschluss vom 18. Mai 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1357/20).

  1. Eilantrag gegen die Schließung von Fitness- und Sportstudios erfolglos

In der zweiten Instanz blieb ein Eilantrag, der sich gegen die fortgesetzte Schließung von Fitness- und Sportstudios in Hamburg wendete, erfolglos (OVG Hamburg, Beschl. v. 22.05.2020 – 5 Bs 77/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der aktuell gültigen Fassung untersagt den Betrieb von Sport- und Fitnessstudios. Ausnahmen von diesem Verbot sieht die Verordnung bisher nicht vor. Der hiergegen gerichtete Eilantrag der Betreiberin eines Fitnessstudios war vor dem Verwaltungsgericht Hamburg teilweise erfolgreich (20 E 2029/20, siehe Pressemitteilung vom 14.5.2020).

Auf die Beschwerde der Freien und Hansestadt Hamburg hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg den Eilantrag der Betreiberin eines Fitnessstudios nunmehr insgesamt abgewiesen. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts erweist sich die Schließung von Sport- und Fitnessstudios nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass sich der hamburgische Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums bewege, wenn er zum einen davon ausgehe, dass der Betrieb von Fitnessstudios eine vergleichsweise hohe Infektionsgefahr mit dem Coronavirus in sich berge. Die dort in geschlossenen Räumlichkeiten naturgemäß häufig auftretende hohe Atemfrequenz der Kunden bedinge durch das intensive Ausatmen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine entsprechend erhöhte Aerosolbelastung der Raumluft. Zum anderen bleibe der Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums, wenn er das Infektionsrisiko auch durch Schutzvorgaben für nicht hinreichend kontrollierbar und daher momentan die Schließung der Fitnessstudios weiterhin für erforderlich halte, um das Ziel der Eindämmung einer erhöhten Infektionsgefahr durch das Coronavirus zu erreichen. Nach Einschätzung des Beschwerdegerichts bieten Schutzkonzepte der Art, wie sie etwa in Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, keine vollkommen sichere Gewähr, dass es nicht zu Aerosolbelastungen in den geschlossenen Räumlichkeiten kommt, die im Falle der Teilnahme (unerkannt) infizierter Kunden zu einer deutlich erhöhten Infektionsgefahr und der Gefahr schwerer Erkrankungsverläufe führen.

In diesem Zusammenhang sei auch die im Grundsatz nicht zu beanstandende Strategie der Antragsgegnerin von Bedeutung, durch schrittweise Lockerungen der Beschränkungen bei ständiger Überprüfung ihrer möglichen Auswirkungen auf die Infektionszahlen einerseits und der Berücksichtigung des Gewichts der verbleibenden Grundrechtseingriffe andererseits in möglichst vielen Bereichen eine zunehmende Annäherung an die Situation vor Beginn der Corona-Pandemie zu erreichen. Diese Vorgehensweise bedinge es, die in Betracht kommenden Lockerungen nach und nach vorzunehmen, und es sei plausibel, solche Lockerungen zeitlich weiter nach hinten zu verlagern, mit denen ein spezifisch höheres Infektionsrisiko verbunden sei. Die zuletzt deutlich gesunkenen Infektionszahlen auch im Hamburger Stadtgebiet verpflichten den Verordnungsgeber nicht zur Aufgabe des Prinzips der schrittweisen Lockerung; er darf auch weiterhin vorsichtig bleiben.

Die mit der aktuell noch bis zum 31. Mai 2020 angeordneten Schließung von Fitnessstudios einhergehenden Belastungen stehen nach Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts schließlich nicht außer Verhältnis zu dem mit der Schließung angestrebten Zweck. Darüber hinaus ist in der unterschiedlichen Behandlung von Fitnessstudios gegenüber Gaststätten, Friseuren und anderen Betrieben der Körperpflege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu sehen. Es handelt sich um Sachverhalte, die im Hinblick auf die jeweilige Gefahr von Infektionen und schweren Krankheitsverläufen unterschiedlich zu würdigen sind.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ebenso für das Bundesland Brandenburg OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.05.2020 – OVG 11 S 41.20; OVG 11 S 51.20.

  1. Hochzeitsfeiern weiterhin nur im kleinen Kreis

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin bleiben in Berlin Hochzeitsfeiern einstweilen auf einen kleinen Kreis von Menschen beschränkt (VG Hamburg, Beschl. v. 22.05.2020 – VG 14 L 144.20).

In der  Pressemitteilung des Gerichts v. 25.05.2020 heißt es:

Private Versammlungen in Berlin sind nach einem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts weiterhin vorerst nur begrenzt möglich.

Die Antragstellerin möchte ihre Hochzeit am 30. Mai 2020 mit 80 Gästen feiern. Nach der geltenden Corona-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin dürfen u.a. nichtöffentliche Zusammenkünfte grundsätzlich weiterhin nicht stattfinden. Im privaten oder familiären Bereich sind sie ausnahmsweise gestattet, wenn sie aus zwingenden Gründen erforderlich sind und die Teilnehmendenzahl auf maximal 20 Personen begrenzt ist; dies gilt u.a. auch für Hochzeiten.

Der auf die Abhaltung der Hochzeitsfeier mit 80 Gästen gerichtete Eilantrag der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der 14. Kammer verletzt das Verbot das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit der Antragstellerin nicht. Bei der Beschränkung handele es sich um eine im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes getroffene Maßnahme. Sie diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Die Begrenzung der Anzahl der Teilnehmenden einer aus zwingenden Gründen erforderlichen Zusammenkunft sei zum Erreichen dieser Zwecke nicht erkennbar ungeeignet. Sie stelle sich vielmehr als ein grundsätzlich sinnvoller Bestandteil eines Maßnahmenbündels dar, um im Zusammenwirken mit weiteren Vorkehrungen Neuinfektionen mit dem Coronavirus vorzubeugen und die Ausbreitung von COVID-19 unter Kontrolle zu halten. Soweit die Antragstellerin versichert habe, eine Teilnehmerliste mit Kontaktdaten zu erstellen und auf Abstands- und Hygieneregeln zu achten, stelle dies kein gleich geeignetes, weniger eingreifendes Mittel dar, weil diese Vorkehrungen ohnehin, d.h. auch bei einer Feier mit bis zu 20 Personen, bereits zwingend vorgeschrieben seien. Der Ansatz des Verordnungsgebers, dass die tatsächliche Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bei Zusammenkünften im privaten Bereich nur bei einer sehr überschaubaren Anzahl von Teilnehmenden noch mit einer gewissen Verlässlichkeit erwartet werden könne, erscheine ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel. Unabhängig hiervon sei die Gefahr der Ansteckung bei einer größeren Teilnehmendenzahl statistisch entsprechend erhöht. Der Antragstellerin sei es vor dem Hintergrund voraussichtlich im Laufe des Jahres anstehender Lockerungen ferner zuzumuten, die geplante Feierlichkeit entweder einstweilen zu verschieben oder aber sich vorerst mit einer kleineren Feier zu begnügen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

  1. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Bußgeldvorschrift in Berlin teilweise erfolgreich

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat am 20.05.2020 entschieden (VerfGH Berlin, Beschl. v. 20.05.2020 – VerfGH 81 A/20):

  • 24 der Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin (SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung – SARS-CoV-2-EindmaßnV) vom 22. März 2020 in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 19. Mai 2020 wird, soweit er sich auf § 1 Satz 1 und 2 SARS-CoV-2-EindmaßnV bezieht, bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, in seiner Wirksamkeit ausgesetzt.

Hier geht es zum Volltext der Entscheidung.

  1. Außenbereich in Bars und Kneipen dürfen öffnen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat entschieden, dass die Untersagung der Außenbewirtschaftung gleichheitswidrig ist, da Speisewirtschaften eine Außenbewirtschaftung erlaubt, Bars und Kneipen dies jedoch ohne sachlichen Grund untersagt sei (VGH Mannheim, Beschl. v. 27.05.2020 – 1 S 1528/20).

  1. Keine Öffnung von Indoorspielplätzen in Niedersachsen

In einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts (VG) Braunschweig v. 29.05.2020 heißt es:

Indoorspielplätze für Kinder dürfen vorerst nicht wieder geöffnet werden. Das in der Corona-Verordnung (Niedersächsische Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus) geregelte Betriebsverbot ist derzeit mit dem Gesetz und der Verfassung, dem Grundgesetz, vereinbar. Dies hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 26. Mai 2020, Aktenzeichen 4 B 184/20).

Die Antragstellerin betreibt seit etwa eineinhalb Jahren einen Indoorspielplatz im Harz. Sie beschäftigt 20 Arbeitnehmer. Seit dem 23. März 2020 ruht der Betrieb aufgrund der Vorgaben der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Die 20 Arbeitnehmer befinden sich in Kurzarbeit. Die Antragstellerin hat vor Gericht geltend gemacht, seit dem 23. März 2020 keine Einnahmen mehr zu haben. Monatlich entstünden für sie Fixkosten in Höhe von ca. 40.000 Euro. Sie sieht in der Betriebsschließung eine Verletzung ihrer Grundrechte, vor allem der Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes), des Eigentumsgrundrechts (Artikel 14 des Grundgesetzes) und des Grundrechts auf Gleichbehandlung (Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes). Für sie sei nicht nachvollziehbar, dass zum Beispiel Freibäder, Fitnesscenter und Outdoor-Sportanlagen ab dem 25. Mai 2020 unter Auflagen wieder betrieben werden dürften, ihr Indoorspielplatz, der diesen Einrichtungen vergleichbar sei, aber nicht.

Das Gericht hat den gegen den Landkreis Goslar gerichteten Eilantrag abgelehnt. Die Richter führen dazu im Einzelnen aus, dass das Betriebsverbot mit den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes vereinbar ist. Auch Grundrechte der Antragstellerin seien nicht verletzt. Die Ungleichbehandlung gegenüber der sportlichen Betätigung von Jugendlichen und Erwachsenen sei durch wesentliche Unterschiede gerechtfertigt. Von Erwachsenen und Jugendlichen könne eher als von Kindern erwartet werden, dass sie bei Indoor-Sport die Vorgaben des Infektionsschutzes einhalten. Realistischerweise sei davon auszugehen, dass Kinder bei spielerischen Aktivitäten auf dem Indoorspielplatz einen Abstand von 2 Metern nicht permanent beachten werden. Es erscheine auch nicht realistisch, dass die Betreiberin durch bestimmte Vorkehrungen die durchgängige Einhaltung des Mindestabstandes zwischen den Kindern gewährleisten könne. Bei Aktivitäten auf einem Indoorspielplatz bestehe, wie bei sportlicher Betätigung, die Gefahr, dass aufgrund einer erhöhten Atemaktivität größere Virenmengen gestreut werden.

Dem Verordnungsgeber (dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung) stehe ein Einschätzungsspielraum zu hinsichtlich der Frage, welche Betätigungen er im Rahmen des Stufenplanes zunächst wieder zulässt und welche erst später wieder zugelassen werden. Die Pandemie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Sachlage noch nicht hinreichend geklärt sei, zugleich aber zügige Entscheidungen des Verordnungsgebers erforderlich würden. Insofern dürfe der Verordnungsgeber zunächst bestimmte Bereiche versuchsweise öffnen und erst wenn sich herausgestellt hat, ob diese versuchsweise Öffnung erfolgreich ist, weitere Bereiche öffnen bzw. bereits geöffnete Bereiche wieder schließen.

Was die Umsatzeinbußen anbelange, stünden dem, so die Richter, jedenfalls überwiegende öffentliche Interessen gegenüber. Das Betriebsverbot sei derzeit noch zur Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung notwendig; der Verordnungsgeber sei nach dem Grundgesetz verpflichtet, diese zu schützen (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes).

Gegen die Entscheidung der Kammer ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.

  1. Kein Wellness im Hotel!

Die Schließung für Well­ness­be­rei­che von Ho­tels wegen der Co­ro­na-Pan­de­mie bleibt rechtlich unbeanstandet. Dies hat das Thü­rin­ger Ober­ver­wal­tungs­ge­richts am 28.05.2020 ent­schie­den (Thüringer OVG, Beschl. v. 28.05.2020 – 3 EO 359/20).

  1. In Niedersachsen bleibt es vorerst bei der Quarantäne für Reiserückkehrer

Das OVG Lüneburg hat eine Außervollzugsetzung der Neuregelung zur Quarantäne für Reiserückkehrer aus bestimmten europäischen Länder abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.06.2020 – 13 MN 195/20). In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 07.06.2020 heißt es:

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 5. Juni 2020 einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Neuregelung zur Quarantäne für Reiserückkehrer aus bestimmten europäischen Ländern in § 5 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus in der Fassung vom 22. Mai 2020 (Nds. GVBl. 134) abgelehnt (Az: 13 MN 195/20).

Die vorausgegangene Regelung in § 5 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020 war vom 13. Senat mit Beschluss vom 11. Mai 2020 einstweilig außer Vollzug gesetzt worden (Az: 13 MN 143/20, siehe dazu die Pressemitteilung Nr. 21 v. 11.5.2020). Diese Regelung sah die pauschale Anordnung einer 14-tägigen Quarantäne für nach Deutschland Rückreisende aus aller Welt ohne Befreiungsmöglichkeit vor und wurde vom Senat als rechtswidrig erachtet, weil nicht bei allen Rückkehrern unterschiedslos ein hinreichender Ansteckungsverdacht anzunehmen sei.

Auf diese einstweilige Außervollzugsetzung hat das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung nach Abstimmung mit dem Bund und den anderen Ländern mit der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 reagiert. Durch diese Änderungsverordnung wurde die Regelung zur Quarantäne für Reiserückkehrer vollständig neu gefasst. § 5 der Verordnung unterscheidet nun danach, ob eine Person aus einem bestimmten europäischen oder aus einem anderen Land einreist. Für Personen, die aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, Island, dem Fürstentum Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland nach Niedersachsen oder zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland und dann nach Niedersachsen einreisen (§ 5 Abs. 1 der Verordnung), wurde eine Pflicht zur Absonderung (Quarantäne, § 5 Abs. 2 der Verordnung), eine Pflicht zur Meldung gegenüber der zuständigen Behörde (§ 5 Abs. 3 der Verordnung) und eine Beobachtung durch die zuständige Behörde (§ 5 Abs. 4 der Verordnung) nur für den Fall angeordnet, dass nach einer Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) nach den statistischen Auswertungen und Veröffentlichungen des European Center for Disease Prävention and Control (ECDC) in dem betreffenden Staat der Ausreise eine Neuinfiziertenzahl im Verhältnis zur Bevölkerung von mehr als 50 Fällen pro 100.000 Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen besteht (siehe dazu die vom RKI veröffentlichten Zahlen, die täglich aktualisiert werden: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Quarantaene_Einreisen_Deutschland.html). Für Personen, die nicht aus einem der genannten europäischen Länder einreisen, wird demgegenüber grundsätzlich eine 14-tägige Quarantäne angeordnet, es sei denn, dass für den betreffenden Staat das Robert Koch-Institut aufgrund belastbarer epidemiologischer Erkenntnisse festgestellt hat, dass das dortige Infektionsgeschehen eine Ansteckungsgefahr für die einzelne Person als gering erscheinen lässt (§ 5 Abs. 5 der Verordnung). Für alle Personen sieht die Neuregelung zudem eine Befreiungsmöglichkeit auf Antrag in begründeten Einzelfällen vor (§ 5 Abs. 11 der Verordnung).

Gegenstand des nun entschiedenen Normenkontrolleilverfahrens war aufgrund des vom Antragsteller gestellten Antrags ausschließlich die Neuregelung zur Quarantäne für Reiserückkehrer aus bestimmten europäischen Ländern in § 5 Abs. 1 der Verordnung. Diese Neuregelung hat der Senat nach summarischer Prüfung für rechtmäßig erachtet. Der Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von 7 Tagen markiere die Grenze, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in Deutschland zu einer Rückverfolgung der Infektionsketten maximal in der Lage sei und so das wichtige und unverändert legitime Ziel der Verhinderung der weiteren Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko noch erreicht werden könne. Mit Überschreitung dieses Grenzwerts bestehe die ernsthafte Gefahr, dass die Gesundheitsverwaltung aufgrund der schieren Anzahl der Neuinfektionen (für Deutschland mit seinen ca. 83 Mio. Einwohnern wären dies mehr als 41.500 Neuinfektionen innerhalb von 7 Tagen) die Fähigkeit verliere, das Infektionsgeschehen ohne weitere einschneidende Maßnahmen unter Kontrolle zu halten. In Abgrenzung zur insoweit nur wenig aussagekräftigen Gesamtzahl aller jemals Infizierten ergebe sich aus diesem Wert von Neuinfektionen innerhalb kurzer Zeit aus Sicht des Senats ein entscheidender Hinweis auf eine signifikante Dynamik eines Infektionsgeschehens. Die Übertragung dieses Grenzwerts für die Rückverfolgung und Fallfindung in Deutschland auf die Situation in anderen europäischen Ländern sei zwar nicht zwingend; im Sinne einer notwendigerweise typisierenden Betrachtungsweise in einer Rechtsverordnung dürfte sie aber durchaus zulässig sein. Die vom RKI nach den statistischen Auswertungen und Veröffentlichungen des ECDC zu veröffentlichende Feststellung einer Überschreitung des Grenzwerts beruhe zudem auf hinreichend konkret nachvollziehbaren und belastbaren tatsächlichen Grundlagen. Dies könne es letztlich rechtfertigen, ein derartiges Land als Risikogebiet anzusehen und einen aus einem solchen Land Einreisenden unter Anlegung des gebotenen „flexiblen“ Maßstabs für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit als ansteckungsverdächtig im Sinne des § 30 des Infektionsschutzgesetzes zu betrachten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Versammlung unter Auflagen genehmigt

Das OVG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass eine von einem NPD-Mit­glied an­ge­mel­de­te Ver­samm­lung in Worms unter Auf­la­gen stattfinden darf (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 04.06.2020 – 7 B 10688/20.OVG).

  1. Klausur darf ohne Mund-Nase-Maske geschrieben werden

Auf einen entsprechenden Antrag eines Me­di­zin­stu­denten hin hat das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen mit einem uns am 005.06.2020 bekannt gewordenen Beschluss entschieden, dass dieser wäh­rend einer Klau­sur am 29.05.2020 keine Mund-Nasen-Be­de­ckung tra­gen muss­te (VG Göttingen, Beschl. v. 29.05.2020 – 4 B 112/20).

Nach Auffassung des Gericht ist das un­ge­wohn­te Tra­gen einer Maske geeignet, zu einer spür­ba­ren Be­ein­träch­ti­gung der Kon­zen­tra­ti­on wäh­rend der Prü­fung zu führen.

113.Schließung von Videokabinen im Rotlichtviertel rechtmäßig

Das VG Frankfurt a. M. hat entschieden, dass ein La­den­be­sit­zer aus dem Bahn­hofs­vier­tel die von ihm betriebenen Vi­deo­ka­bi­nen weiterhin geschlossen halten muss (VG Frankfurt a. M., Beschl. v.04.06.2020 – 5 L 1229/20.F). Für die Ein­ord­nung als Pro­sti­tu­ti­ons­stät­te komme es nicht auf die Be­zeich­nung, son­dern viel­mehr auf die er­kenn­ba­re Aus­rich­tung des Ge­schäfts­mo­dells auf ent­gelt­li­che se­xu­el­le Kon­tak­te und das Schaf­fen von Ge­le­gen­hei­ten an.

Siehe aber auch die nachfolgenden Entscheidungen Nr. 161, Nr. 183, Nr. 196 und Nr. 212.

  1. Beschränkung auf eine Person je 20 m² Verkaufsfläche unwirksam

Nach Einschätzung des VGH Mannheim ist die coronabedingte Beschränkung auf nur 1 Person pro 20 m² Verkaufsfläche unwirksam (VGH Mannheim, Beschl. v. 05.06.2020 – 1 S 1623/20). In der Pressemitteilung des Gericht v. 08.06.2020 heißt es:

Die Corona-Verordnung Einzelhandel des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums vom 3. Mai 2020 regelt, welche Maßnahmen geöffnete Einzelhandelsbetriebe treffen müssen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Die Verordnung verpflichtet die Einzelhandelsbetriebe unter anderem zu Trennvorrichtungen an den Kassen, zur Einhaltung von Abstandsregelungen und zu Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen.

  • 3 der Corona-Verordnung Einzelhandel bestimmt unter anderem:

    (1) Auf die Einhaltung eines generellen Mindestabstands von 1,5 m ist zu achten.

    …

    (3) Die Anzahl der Kunden im Geschäft ist in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche so zu begrenzen, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können. Richtgröße für eine angemessene Anzahl von Kunden sind hierbei 20 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Person (einschließlich der Beschäftigten).

Gegen § 3 Abs. 3 Satz 2 der Corona-Verordnung Einzelhandel hat sich die Antragstellerin mit einem Eilantrag an den Verwaltungsgerichtshof gewandt. Sie macht geltend, die Bestimmung führe zu erheblichen Umsatzeinbußen und habe zur Folge, dass sie die Mieten ihrer Geschäfte nicht mehr erwirtschaften könne. Die Vorschrift sei bereits nicht hinreichend bestimmt und daher unwirksam. Für einen Normadressaten sei nicht verständlich, inwieweit eine Beschränkung auf eine Person pro 20 m² Verkaufsfläche einschließlich der Beschäftigten auch in Situationen gelten solle, in denen die Verkaufsfläche beispielsweise 39 m² betrage. Denn in einem solchen Fall dürften Kunden die Verkaufsstelle nicht betreten, weil jede Verkaufsstelle mindestens einen Beschäftigten habe. Die Landesregierung (Antragsgegner) ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, die Vorschrift enthalte kein eigenständiges Ge- oder Verbot, sondern gebe Einzelhandelsbetreibern und Kunden lediglich eine Richtgröße an die Hand, um im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, bei wie vielen Personen innerhalb einer Verkaufsstelle die allgemeinen Abstandsvorgaben eingehalten werden könnten. Die Vorschrift enthalte keine verbindliche Vorgabe zur Beschränkung der Kundenzahl.

Der 1. Senat des VGH hat dem Antrag stattgegeben und § 3 Abs. 3 Satz 2 der Corona-Verordnung Einzelhandel vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit von Normen verlange, dass Rechtsvorschriften so gefasst sein müssten, dass der Betroffene die Rechtslage so konkret erkennen könne, dass er sein Verhalten danach ausrichten könne. Diesem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot genüge die Vorschrift nicht. Mit der nicht weiter erläuterten Verwendung des Begriffes Richtgröße sei bereits nicht ausreichend klar, ob die damit in Bezug genommene Relation von Verkaufsfläche und Personenzahl als verbindliche Vorgabe oder lediglich als anzustrebendes Ziel mit Abweichungsmöglichkeit oder gar – wie der Antragsgegner vortrage – als gänzlich unverbindlicher Orientierungswert zu verstehen sein solle.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 1 S 1623/20).

  1. Keine Pflicht zur häuslichen Quarantäne für Auslandsrückkehrer

Das OVG Münster hat die Pflicht zur häuslichen Quarantäne für Auslandsrückkehrer außer Vollzug gesetzt (OVG Münster, Beschl. v. 05.06.2020 – 13 B 776/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss vom heutigen Tag wesentliche Tei­le der nordrhein-westfälischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende (Coronaeinreisever­ordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Coronaeinreiseverordnung bestimmt, dass Personen, die mehr als 72 Stunden im Ausland (ausgenommen die Mitgliedstaaten der EU, Island, Liechtenstein, Nor­wegen, Schweiz sowie Großbritannien und Nordirland) waren und dann nach Nord­rhein-Westfalen einreisen, sich auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit begeben müssen und diese 14 Tage nicht verlassen dürfen. Sie dürfen in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht zum Hausstand des Aufent­haltsorts gehören. Zudem müssen sie sich unverzüglich beim zuständigen Gesund­heitsamt melden.

Die aus Köln stammenden Antragsteller haben sich mit einem Eilantrag gegen die Verpflichtung zur häuslichen Quarantäne gewandt und geltend gemacht, bei der derzeitigen Datenlage sei es nicht mehr gerechtfertigt, grundsätzlich alle aus soge­nannten Drittländern Einreisende unter Quarantäne zu stellen. Sie befinden sich seit Anfang März 2020 gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern in Thailand, um dort ihren Familienurlaub zu verbringen. Nachdem die Heimreise wegen der Corona-Pandemie bisher unterblieben war, beabsichtigten sie nunmehr die Rückkehr nach Deutschland.

Der 13. Senat hat dem Antrag entsprochen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angegriffenen Regelungen nach der Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig seien. Es sei bereits zweifelhaft, ob diese auf die infektionsschutzrecht­liche Generalklausel gestützt werden könnten, um so auch Einreisende, von denen keine Gefahr ausgehe, unter Quarantäne zu stellen. Dieser Vorgehensweise stehe voraussichtlich entgegen, dass das Infektionsschutzgesetz speziellere Absonde­rungsregelungen enthalte, die mindestens einen Ansteckungsverdacht bei dem Be­troffenen voraussetzten. Davon, dass ein solcher bei allen aus Drittländern Einrei­senden gegeben sei, gehe offenbar auch der Verordnungsgeber nicht aus. Aber auch wenn angenommen würde, dass ein Rückgriff auf die Generalklausel möglich wäre, sei die Maßnahme voraussichtlich nicht rechtmäßig. Da es auch außerhalb Europas eine Reihe von Staaten gebe, in denen das Infektionsrisiko derzeit erkenn­bar nur noch gering oder jedenfalls nicht höher als in der Bundesrepublik sei, hande­le es ich bei der Anordnung einer häuslichen Quarantäne für alle aus Drittstaaten einreisenden Personen nicht (mehr) um eine notwendige Schutzmaßnahme. Der Verordnungsgeber sei gehalten, dem tatsächlichen Infektionsgeschehen Rechnung zu tragen und eine differenziertere Regelung zu erlassen.

Insoweit bleibe es dem Antragsgegner jedenfalls unbenommen, auf der Grundlage nachvollziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, bei denen die Verhän­gung einer Quarantäne gerechtfertigt sei. Überdies dürfte es nicht ausgeschlossen sein, wenn er aus Drittländern Einreisende verpflichte, sich unverzüglich bei den je­weils zuständigen Infektionsschutzbehörden zu melden, um dann möglicherweise weitere Infektionsschutzmaßnahmen einzuleiten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

  1. Abi-Bälle in Berlin nur in kleinem Rahmen

Nach einer Entscheidung des VG Berlin dürfen Abi-Bälle weiter nur mit beschränkter Teilnehmendenzahl stattfinden. In der Pressemitteilung des Gerichts v. 08.06.2020 heißt es:

Abi-Bälle dürfen in Berlin nach einem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts vorerst weiterhin nur mit einer Teilnehmendenzahl von bis zu 150 Personen stattfinden.

Die Antragstellerin veranstaltet Abi-Bälle. Für den 11. Juni 2020 plant sie die Ausrichtung eines Abi-Balls für ein Gymnasium in Berlin-Altglienicke mit 269 Teilnehmenden. Bis Ende Juni 2020 hat sie 50 weitere, ebenfalls im Land Berlin stattfindende Abi-Bälle in vergleichbarer Größenordnung (200 bis über 300 Personen) geplant. Mit ihren Eilanträgen wollte sie gerichtlich festgestellt wissen, dass die Durchführung dieser Veranstaltungen bei Einhaltung strenger Abstands- und Hygieneregeln ? insbesondere bei Verzicht auf jeglichen Tanz – zulässig ist.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag unter Berufung auf die Regelung der aktuellen Corona-Eindämmungsmaßnahmenverordnung abgelehnt. Danach sind nicht rein private oder familiäre Veranstaltungen und Zusammenkünfte in Innenräumen in der Zeit vom 2. bis 29. Juni 2020 nur mit bis zu 150 Personen zulässig; erst ab dem 30. Juni 2020 erhöht sich die zulässige Personenanzahl auf bis zu 300. Diese Einschränkungen seien nicht zu beanstanden. Es sei plausibel, dass größere Menschenansammlungen regelmäßig ein deutlich erhöhtes Infektions- und Verbreitungsrisiko mit sich brächten. Hinsichtlich der Wahl der Mittel zur Reduzierung dieses Risikos stehe dem Verordnungsgeber ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zu. Die beanstandete Begrenzung der Personenanzahl für Indoor-Veranstaltungen stelle vorliegend einen Baustein innerhalb eines Gesamtkonzepts zur schrittweisen Lockerung der zur Bekämpfung der epidemischen Lage getroffenen Einschränkungen dar. In diesem Zusammenhang erscheine die Entscheidung des Verordnungsgebers gerechtfertigt, nicht sämtliche zuvor beschlossenen Einschränkungen zeitgleich und/oder in gleicher Weise zu lockern, sondern zunächst bestimmte Lebensbereiche auszuwählen, bei denen eine Lockerung nach der Beurteilung des Verordnungsgebers als besonders dringlich und gleichzeitig vertretbar erscheine. Auch sei derzeit kein milderes Mittel zur Bekämpfung der besonderen Infektionsgefahren ersichtlich. Bei lebensnaher Betrachtung sei nicht auszuschließen, dass es im Rahmen von Abi-Bällen aufgrund der engen persönlichen Beziehungen zwischen den Teilnehmenden – auch ohne Tanz – zu häufigen haushaltsübergreifenden sozialen, darunter auch physischen Kontakten komme, welche vom Veranstalter nicht durchgehend kontrolliert werden könnten. Daher sei die Einschätzung des Verordnungsgebers rechtlich nicht zu beanstanden, dass allein die Einhaltung selbst strengster Hygiene- und Abstandsregelungen nicht als zur Infektionseindämmung gleich geeignetes Mittel anzusehen sein dürfte wie die Untersagung von großen Veranstaltungen. Auch wenn Gaststätten demgegenüber zwischenzeitlich wieder ohne Begrenzung der Zahl der Gäste öffnen dürften, liege hierin keine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung. Denn einerseits ergebe sich aus den in der Verordnung enthaltenen Abstandsvorgaben für Tische und Stühle auch für Gaststätten eine größenmäßige Beschränkung, andererseits beschränke sich in Gaststätten die soziale Interaktion der anwesenden, nicht näher miteinander bekannten Personen typischerweise auf kleine Gruppen, z.B. Tischgenossenschaften aus einem oder zwei Haushalten.

Gegen den Beschluss ist bereits Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt worden.

Die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.06.2020 – OVG 1 S 58.20).

  1. Anbieten von Shisha-Pfeifen in Shisha-Bars bleibt verboten

Das VG Aachen ist der Auffassung, dass das coronabedingte Verbot des Anbietens von Shisha-Pfeifen in Shisha-Bars rechtmäßig ist (VG Aachen, Beschl. v. 05.06.2020 – 7 L 367/20 u.a.).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

Zur Begründung führt das Gericht aus, das Anbieten von Shisha-Pfeifen sei – ebenso wie das Anbieten anderer Genussmittel – auch nach der Coronaschutz-Verordnung in der Fassung vom 30. Mai 2020 verboten. Gemäß deren § 14 Abs. 1 Satz 1 seien gastronomische Betriebe verpflichtet, die in der Anlage festgelegten Hygiene- und Infektionsstandards einzuhalten. Die Anlage enthalte ein explizites Verbot hinsichtlich des Gebrauchs von Shisha-Pfeifen. Die Kammer habe auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung. Insbesondere ließe sich kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot erkennen. Die Zielrichtung von Shisha-Bars – der Konsum von Genussmitteln und ein längeres Verweilen – sei eine andere als die anderer Gastronomiebetriebe, denen es primär um die Verköstigung ihrer Gäste gehe. Dem Verordnungsgeber sei es im Rahmen der Wiedereröffnung von Gastronomiebetrieben erkennbar darum gegangen, einen längeren Verbleib möglichst zu unterbinden. Daher sei beispielsweise auch die Nutzbarmachung von Spielgeräten untersagt. Im Übrigen seien die Anforderungen an die Gleichbehandlung angesichts des dynamischen Pandemiegeschehens selbst bei Annahme einer Vergleichbarkeit weniger streng. In Situationen, in denen aus Gründen des Infektionsschutzes nur begrenzte Lockerungen zu vertreten seien, könnten wegen ihrer Vielzahl nicht alle Angehörigen vergleichbarer Gruppen einbezogen werden.

Gegen die Beschlüsse können die Antragsteller Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.

  1. Kein Whisky-Tasting in NRW!

Das VG Aachen hat entschieden, dass die coronabedingte Untersagung von sog. Whisky-Tastings rechtmäßig ist (VG Aachen, Beschl. v. 08.06.2020 – 7 L 366/20). Damit hat das VG den Eilantrag einer Whiskyhändlers abgelehnt, der wieder Verkostungen in seinem Ladenlokal anbieten wollte.

  1. 5. Bayerische InfektionsschutzmaßnahmenVO weitgehend rechtmäßig

Der Baye­ri­sche Ver­fas­sungs­ge­richts­hof hat im Rahmen eines Eilverfahrens mit einer Entscheidung v. 09.06.2020 entschieden, dass die ak­tu­el­len Co­ro­na-Maß­nah­men, rechtlich begründet durch die Fünf­te Baye­ri­sche In­fek­ti­ons­schutz­maß­nah­men­ver­ord­nung (5. BayIfS­MV) vom 29.05.2020, weitgehend rechtmäßig sind. Nur eine den Sport be­tref­fen­de Ord­nungs­wid­rig­keits­vor­schrift hat er teil­wei­se außer Voll­zug ge­setzt (BayVerfGH, Beschl. v. vom 09.06.2020 – Vf. 34-VII-20).

  1. Heranziehung eines Lehrers zum Präsenzunterricht

Das Arbeitsgericht (ArbG) Mainz, hält die Heranziehung eines Lehrers zum Präsenzunterricht unter den konkreten Bedingungen des entschiedenen Einzelfalls für rechtmäßig (ArbG Mainz, – 4 Ga 10/20).

In der Presseerklärung des Gerichts v. 10.06.2020 heißt es:

„Das Arbeitsgericht Mainz hat den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung abgelehnt, mit der ein 62jähriger Lehrer unter Berufung auf sein Alter seinem Arbeitgeber, einer Berufsschule mit Förderunterricht, verbieten lassen wollte, ihn während der Corona-Pandemie zu Präsenzunterricht heranzuziehen. Er meint, sich damit unzumutbarerweise gesundheitlichen Risiken auszusetzen, obwohl ein Interesse an solchem Präsenzunterricht nicht ersichtlich sei.

In seinem Beschluss hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Schulen einen Ermessensspielraum haben, wie sie den Gefahren der Corona-Pandemie begegnen wollen, und es nicht Aufgabe der Gerichte ist, vorab zu entscheiden, welcher Lehrer wie eingesetzt werden könne.

Im konkreten Fall kam hinzu, dass der Antragsteller Einzelunterricht in einem 25qm großen Raum erteilen soll, wo nach Einschätzung des Gerichts hinreichend Abstand gewahrt werden kann. Die Auffassung des Diplom-Pädagogen, es bestehe kein Interesse an seinem Präsenzunterricht, konnte das Gericht nicht nachvollziehen, da er benachteiligten Schülern Förderunterricht erteilt, die typischerweise nicht aus Akademikerhaushalten stammen, wo sie problemlos Internetzugang und Unterstützung durch ihre Eltern haben.“

  1. Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde

In einer Entscheidung 03.06.2020 betont das Bundesverfassungsgericht noch einem den Grundsatz der Subsidiarität, d. h. der Nachrangigkeit der Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschluss vom 03.06.2020 – 1 BvR 990/20). Damit blieb die erhobene Beschwerde erfolglos.

Siehe zur Frage der vorherigen Erschöpfung des Rechtsweges auch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs NRW (VerfGH NRW, Beschl. vom 29.05.2020 – VerfGH 67/20.VB-1).

  1. Bordelle in Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen bleiben geschlossen!

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass in Hessen Bordelle coronabedingt weiterhin geschlossen bleiben müssen (Hessischer VGH/VGH Kassel, Beschl. v. 08.06.2020 – 8 B 1446/20).

In der Presseerklärung des Gerichts Nr. 27/2020 v. 09.06.2020 heißt es:

„Mit soeben den Beteiligten bekanntgegebenem Beschluss vom 8. Juni 2020 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Bestimmungen der Hessischen Corona-Verordnung über die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten nicht außer Vollzug gesetzt werden. Ein entsprechender Eilantrag wurde abgelehnt.

Die Antragstellerin betreibt in Offenbach am Main ein Bordell und muss ihren Betrieb aufgrund der Corona-Pandemie seit dem 18. März 2020 geschlossen halten. Sie begehrte deshalb den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrolleilverfahren gegen die nachfolgend genannte Vorschrift der Hessischen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung vom 7. Mai 2020.

Die streitige Regelung, die bis zum 5. Juli 2020 gültig ist, lautet:

„§ 2 Schließung und Betrieb von Einrichtungen, Sportbetrieb

(1) Der Betrieb folgender Einrichtungen und folgende Angebote sind für den Publikumsverkehr untersagt:
1. Tanzlokale, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen,
2. Prostitutionsstätten im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), geändert durch Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626), Bordelle, Prostitutionsveranstaltungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes und ähnliche Einrichtungen,
…“

Die Antragstellerin hat ihren Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass ein absolutes Verbot des Betriebs von Prostitutionsstätten ohne die Möglichkeit der Zulassung im Einzelfall aufgrund eines Hygienekonzeptes nicht länger zu rechtfertigen sei. Insbesondere liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren, Massagesalons und Fitnessstudios vor, die in Hessen seit Mai wieder geöffnet hätten.

Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Eilantrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die angegriffene Regelung erweise sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der vom Senat anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten.

Angesichts des nach wie vor fragilen epidemiologischen Geschehens in Deutschland sowie des in Prostitutionsstätten typischerweise einem ständigen Wechsel unterliegenden Aufenthalts von Personen in geschlossenen Räumen sei die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.

Das von der Antragstellerin vorgelegte Hygienekonzept, welches unter anderem Schutzmaßnahmen wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Gebot der Einhaltung des Mindestabstands, Temperaturmessungen bei ihren Kunden sowie die Aufnahme ihrer Kontaktdaten beinhaltet, konnte den Senat nicht überzeugen. Weder die Betreiberin noch die Ordnungsbehörden seien in der Lage, die Einhaltung dieser Hygienevorgaben effektiv zu kontrollieren. Zudem bestünden Zweifel daran, dass die Kunden ihre Kontaktdaten wahrheitsgemäß hinterließen, um bei einem Auftreten von Infektionsfällen ihre Nachverfolgung im Zusammenhang mit der Einleitung notwendiger Quarantänemaßnahmen zu ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund sei die Ungleichbehandlung von Prostitutionsstätten gegenüber anderen körpernahen Dienstleistungen sachlich gerechtfertigt.

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.“

Für das Bundesland Niedersachsen ebenso entschieden hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.06.2020 – 13 MN 185/20, 13 MN 204/20, 13 MN 211/20) und für das Bundesland Baden-Württemberg der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH Mannheim, Beschl. v. 09.06.2020 – 1 S 1617/20, 1 S 1629/20).

Am 11.06.2020 hat in diesem Sinne auch das VG Hamburg entschieden (VG Hamburg, Beschl. v. 11.06.2020 – 9 E 2258/20).

  1. Abweichung vom Mindestabstandsgebot in sächsischen Grundschulen ist rechtmäßig

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden und den angegriffenen § 2 Abs. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 3. Juni 2020 (SächsGVBl. S. 262) nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Bautzen, Beschl. v. 11.06.2020 – 3 B 194/20). Die Abweichung vom Mindestabstandsgebot von 1,5 m in sächsischen Grundschulen ist demnach rechtmäßig.

  1. Kein Paartanz in Hamburg

Das Verwaltungsgericht Hamburg bestätigt eine Verordnung der Freien und Hansestadt Hamburg, wonach Paartanz in Tanzschulen untersagt ist (VG Hamburg, Beschl. v. 11.06.2020 – 9 E 2073/20).

  1. Keine Quarantäne bei Rückreise aus den USA

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat einem Eilantrag, der sich gegen die sich aus der Hamburger Corona-Verordnung folgenden Anordnung der häuslichen Quarantäne für aus bestimmten Staaten (hier USA) Ein- und Rückreisende richtete, stattgegeben (VG Hamburg, Beschl. v. 11.06.2020 – 2 E 2353/20).

  1. Einschränkungen im Breiten- und Freizeitsport in NRW gelten weiterhin

„Das OVG Münster hat entschieden, dass die coronabedingten Einschränkungen im Breiten- und Freizeitsport in NRW weiterhin gelten (OVG Münster, Beschl. v. 10.06.2020 – Aktenzeichen: 13 B 617/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute in einem Eilverfahren entschieden, dass die in der Coronaschutzverordnung des Landes geregelten Einschränkungen des Sport-, Trainings- und Wettkampfbetriebs im Breiten- und Freizeitsport derzeit voraussicht­lich rechtmäßig sind. Insbesondere verstoße es nicht gegen den Gleichheitsgrund­satz, dass es für den Spitzen- und Profisport Sonderregelungen gebe.

Der in Düsseldorf lebende Antragsteller hatte geltend gemacht, die geltenden Be­schränkungen stellten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die allgemeine Hand­lungsfreiheit dar. Er und seine Kinder seien Mitglieder in mehreren Sportvereinen. Dort betrieben sie unter anderem regelmäßig Mannschaftssport, woran sie zur Zeit weitgehend gehindert seien. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen den allgemei­nen Gleichheitsgrundsatz vor. Die Ungleichbehandlung zwischen Berufssportlern, etwa im Fußballbereich, und den Breiten- und Freizeitsportlern, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Die angegriffenen Regelungen seien voraussichtlich noch erforderlich und angemessen und damit verhältnismäßig. Ziel der generellen Untersagung des nicht-kontaktfreien Sport- und Trainingsbetriebs sei es, der davon ausgehenden erhöhten Infektionsgefahr zu begegnen. Die erhöhte Gefährdung  folge aus den zwangsläufig sich ergebenden physischen Nahkontakten zwischen den Sporttreibenden, zumal aktive sportliche Betätigungen grundsätzlich mit einer intensiveren Atmung verbunden seien und deshalb vermehrt potentiell virushaltige Tröpfchen und/oder Aerosole in die Luft abgegeben werden könnten. Vor diesem Hintergrund sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verord­nungsgeber davon ausgehe, dass aus Gründen des Infektionsschutzes der nicht-kontaktfreie Sport- und Trainingsbetrieb grundsätzlich nur im Freien und für Gruppen von regelmäßig maximal  zehn Personen zulässig sei. Im Ergebnis Entsprechendes gelte in Bezug auf den Wettkampfbetrieb, der – auch bei kontaktfreien Sportarten – nach näherer Maßgabe der Coronaschutzverordnung ausschließlich im Freien er­laubt sei. Damit dürfte der Verordnungsgeber vorrangig dem Umstand Rechnung tragen, dass Wettkämpfe typischerweise mit einer längeren Verweildauer einer größeren Anzahl an – ggf. auch wechselnden – Personen an einem bestimmten Ort einhergingen, sodass deren Durchführung etwa in Sporthallen ein erhöhtes Infek­tionsrisiko insbesondere über Aerosole, die beim Ausatmen in die Umgebungsluft abgegeben werden, berge. In ihrer Eingriffsintensität mildere, zur Zielerreichung aber gleich geeignete Beschränkungsmaßnahmen drängten sich derzeit nicht auf. Vor diesem Hintergrund trete das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gegen­über dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zurück. In der Summe seien auch im Breiten- und Freizeitsport sportliche Betätigungen (wieder) in einem substantiellen Umfang möglich, sodass die verbleibenden Restriktionen weiterhin hinnehmbar erschienen.

Es stelle keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, wenn der Verord­nungsgeber für einen eng umgrenzten Personenkreis des Spitzen- und Profisports Sonderregelungen geschaffen habe, die einen weitgehend uneingeschränkten Trai­ningsbetrieb ermöglichen und Wettbewerbe in Profiligen und im Berufsreitsport sowie Pferderennen erlauben. Die Zulassung erweiterter Trainings- und Wettkampfmög­lichkeiten für Spitzen- und Profisportler betreffe eine gemessen an der Anzahl der im Bereich des Breiten- und Freizeitsports Aktiven nur vergleichsweise geringe Zahl an Personen. Das damit einhergehende Infektionsrisiko sei dementsprechend für die Gesellschaft deutlich niedriger. Hinzu komme, dass sich dieser Personenkreis zu­sätzlich auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit berufen könne. Im Übrigen habe der Antragsgegner auf die im professionellen Sportbetrieb vorhandene Infrastruktur und die insbesondere mit dem Sportbetrieb verbundene medizinische Betreuung verwiesen, die sich maßgeblich von den Bedingungen im Breiten- und Freizeitsport unterscheide. Die mit der Sportausübung verbundenen Infektionsrisiken ließen sich vor diesem Hintergrund im professionellen Sportbetrieb durch geeignete Hygiene- und Schutzkonzepte weitaus besser eingrenzen. Dass die bestehenden Konzepte grundsätzlich ungeeignet oder nur vorgeschoben seien, sei nicht zu erse­hen und durch den vom Antragsteller angeführten „Fall Hertha BSC“ auch nicht be­legt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht für den öffentlichen Personenverkehr und Verkaufsstätten in Sachsen-Anhalt rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass die Anordnung einer sog. Maskenpflicht für den öffentlichen Personenverkehr und Verkaufsstätten rechtmäßig ist (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11.06.2020 – 3 R 102/20). In der Pressemitteilung Nr.: 013/2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, der gegen das Verwenden einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Personenverkehr und in Ladengeschäften gerichtet war.

Hierfür hatte das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der §§ 2, 3 und 7 der „Sechsten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt (Sechste SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 6. SARS-CoV-2-EindV)“ in der Fassung vom 26. Mai 2020 zu überprüfen, wonach jede Nutzerin und jeder Nutzer des ÖPNV und öffentlicher Fernverkehrsmittel sowie Kunden und Besucher von Ladengeschäften jeder Art eine textile Barriere im Sinne einer Mund-Nasen-Bedeckung nach § 2 Abs. 2 zu tragen haben. 

Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, diese Maßnahme sei geeignet, Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst zu verhindern bzw. die Verbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen und damit den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrag für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu erfüllen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers, im ÖPNV kämen eine Vielzahl von Menschen auf engem Raum zusammen und ein Mindestabstand von 1,5 Metern könne nicht immer eingehalten werden und auch in Ladengeschäften sei die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern nicht immer möglich, seine plausibel und hielten sich im Rahmen des Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers. Da es sich bei Covid-19 um eine hauptsächlich durch Tröpfcheninfektionen übertragene Atemwegserkrankung handele, die Übertragung also durch Husten, Niesen, Aussprache und Atmung stattfinde, verringere das konsequenten Tragen des textilen Schutzes einer Mund-Nasen-Bedeckung an den genannten Orten das Risiko der Weiterverbreitung des Virus, indem beim Husten, Niesen und Sprechen ein Teil der Tröpfchenpartikel aufgefangen würden.

Die Eignung sog. „Alltags-“ oder „Community-Masken“ als Mittel zur Verringerung des Ansteckungsrisikos und damit der Infektionszahlen sei zwar bisher nicht wissenschaftlich zweifellos nachgewiesen. Allerdings empfehle das nach dem Infektionsschutzgesetz besonders zur Beurteilung der epidemiologischen Lage berufene Robert-Koch-Institut ein generelles Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum, in denen mehrere Menschen zusammentreffen und sich dort länger aufhalten oder der physische Abstand von mindestens 1,5 m nicht immer eingehalten werden kann (z.B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel), um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck zu reduzieren. Die Schutzfunktion der Community-Masken sei nach Einschätzung des Instituts jedenfalls „plausibel“ und ihre Verwendung ein zusätzlicher Baustein neben anderen Maßnahmen – wie den allgemein geltenden Abstands- und Hygieneregeln.

Vor dem Hintergrund dieser den aktuellen Erkenntnis- und Forschungsstand berücksichtigenden und nachvollziehbar begründeten Einschätzung könne der Verordnungsgeber die Anordnung einer sog. Maskenpflicht für den öffentlichen Personenverkehr und Verkaufsstätten derzeit ohne Rechtsfehler als geeignetes Mittel zur Unterbindung von Infektionsketten ansehen.“

  1. Kino darf öffnen

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück dürfen zwei Kinos vorläufig wieder öffnen (VG Osnabrück, Beschl. v. 12.06.2020 – 3 B 43/20). Die Corona-Verordnung im Bundesland Niedersachsen stehe dem nicht entgegen. In der Presseinformation Nr. 08/2020 des Gerichts v. 12.06.2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück vorläufig und bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festgestellt, dass die aktuelle Niedersächsische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dem Betrieb zweier Kinos in Osnabrück unter Einhaltung der dortigen Hygiene-, Abstands- und Höchstbelegungskonzepte – Höchstbelegung bis zu 33 vom Hundert der Sitzplatzkapazität – nicht entgegensteht. Zunächst wurde den Beteiligten nur ein entsprechender Tenor zugestellt.

Die Betreiber der beiden Lichtspielhäuser hatten sich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Osnabrück gewandt, um die Öffnung beider Kinos zu erreichen. Antragsgegner ist das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, das von der Unzulässigkeit des Antrags ausgeht, weil es sich in der Sache um einen Normenkontrollantrag handele, für den das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zuständig sei. In der Sache halte es auch das Andauern der Schließung von Kinos für gerechtfertigt, weil mit dem Betrieb von Kinos – anders als etwa bei Kneipen, Zügen des ÖPNV oder Gaststätten – ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergehe und die notwendige Dunkelheit des Kinos die Einhaltung von Hygieneregeln nicht kontrollierbar mache.

Zur Begründung des stattgebenden Beschlusses führte die Kammer (mündlich) aus, auch außerhalb einer Normenkontrolle könne einstweiliger und effektiver Rechtsschutz bis zur Entscheidung der in der Hauptsache zu erhebenden Feststellungsklage gewährt werden. Inhaltlich sieht die Kammer im Zeitpunkt ihrer Entscheidung in dem noch unbeschränkt geltenden Verbot der Öffnung von Lichtspielhäusern einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Anders als dem parlamentarisch legitimierten Gesetzgeber stehe der Verwaltung kein gerichtlich nicht oder nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zur Verfügung. Vielmehr sei die Verwaltung auch bei Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an die Grundrechte und an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebunden. Schränke der Verordnungsgeber die Grundrechte ein, so habe er dies ständig auf das Fortbestehen der Erforderlichkeit hin zu überprüfen. Hieraus folge, dass auch eine ursprünglich zulässige Maßnahme durch Zeitablauf und tatsächliche Entwicklungen rechtswidrig werden könne. Da in Niedersachsen mittlerweile weite Teile des öffentlichen Lebens wieder der Normalität angenähert seien, insbesondere Läden, Kneipen, Gaststätten, der ÖPNV und Fitnessstudios wieder geöffnet hätten, bei deren Betrieb ein signifikant geringeres Infektionsrisiko nicht ersichtlich oder gar belegt sei, sei ein sachlicher Grund, demgegenüber den Betrieb von Lichtspielhäusern unter Einhaltung einer Höchstbelegung und eines Hygienekonzepts ausnahmslos zu verbieten, nicht ersichtlich.

Der Beschluss (3 B 43/20) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Gründe an die Beteiligten mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.“

Zu einem zur Entscheidung des VG Osnabrück im Gegensatz stehenden Beschluss siehe die nachfolgende Entscheidung des VG Braunschweig.

  1. Kino darf nicht öffnen

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat entschieden, dass Kinos vorerst noch geschlossen bleiben müssen (VG Braunschweig, Beschl. v. 12.06.2020 – 4 B 209/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Das Betriebsverbot für Kinos ist derzeit aus Gründen des Infektionsschutzes weiterhin rechtmäßig. Die entsprechende in der Corona-Verordnung („Niedersächsische Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus“) vorgesehene Regelung ist noch mit dem Gesetz und der Verfassung, dem Grundgesetz, vereinbar. Dies hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts am 12.06.2020 in einem Eilverfahren entschieden (Aktenzeichen 4 B 209/20).

Die Antragstellerin betreibt neben einem Kino in Salzgitter weitere Kinos in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Seit dem 17. März 2020 ist ihr in Salzgitter betriebenes Kino nach der Corona-Verordnung geschlossen. Die Antragstellerin hatte einen Hygieneplan vorgelegt, der unter anderem Maßnahmen zur Trennung der Besucherströme vorsieht sowie eine verstärkte regelmäßige Zwischenreinigung, eine Verringerung der Sitzplätze und eine ausgedehntere Belüftung der Kinosäle. Darüber hinaus sollten die Tickets grundsätzlich nur online verkauft werden und die Besucher eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Antragstellerin hat vor Gericht geltend gemacht, ihr Umsatzverlust betrage für den Zeitraum vom Beginn der Betriebsschließung bis zur Antragstellung bei Gericht am 8. Juni 2020 deutlich mehr als 200.000 Euro. Die Ungleichbehandlung von Kinos im Vergleich zu Restaurants und anderen Freizeitangeboten halte sie nicht für gerechtfertigt.

Das Gericht hat den gegen das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gerichteten Eilantrag abgelehnt. Die Richter führen dazu im Einzelnen aus, dass das Betriebsverbot mit den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes vereinbar ist. Auch Grundrechte der Antragstellerin seien nicht verletzt. Derzeit bestünde bei der Öffnung von Kinos auch unter Beachtung eines Hygieneplans, wie ihn die Antragstellerin vorgelegt habe, weiterhin die Gefahr einer Verbreitung des Corona-Virus. Die Nutzung der Kinosäle werde voraussichtlich dazu führen, dass der Mindestabstand zwischen den Besuchern regelmäßig unterschritten werde. Aufgrund des engen Durchgangs in den Sitzreihen sei es nicht möglich, beim Aufsuchen des Sitzplatzes und auf dem Weg zur Toilette den erforderlichen Abstand einzuhalten. Das Hygienekonzept der Antragstellerin lasse nicht erkennen, ob sie diesen Umstand überhaupt beachtet und hierfür eine praktische Lösung gefunden habe.

Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Freizeitangeboten sei durch wesentliche Unterschiede gerechtfertigt. Museen, Ausstellungen und Galerien müssten im Unterschied zu Kinos eine durchschnittliche Verkehrsfläche von 10 Quadratmetern je anwesende Person vorhalten. Außerdem könnten die Mindestabstände in derartigen Einrichtungen leichter eingehalten werden, da sich die Besucher hier nicht zwangsläufig an anderen Besuchern „vorbeidrängen“ müssten. In Speisewirtschaften könne eine räumliche Trennung der Gäste durch die Platzierung an Tischen gewährleistet werden.

Dem Antragsgegner stehe ein Einschätzungsspielraum zu hinsichtlich der Frage, welche Betätigungen er im Rahmen des Stufenplanes zunächst wieder zulässt und welche erst später wieder zugelassen werden. Die Pandemie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Sachlage noch nicht hinreichend geklärt sei, zugleich aber zügige Entscheidungen des Verordnungsgebers erforderlich würden. Insofern dürfe der Verordnungsgeber zunächst bestimmte Bereiche versuchsweise öffnen und erst wenn sich herausgestellt hat, ob diese versuchsweise Öffnung erfolgreich ist, weitere Bereiche öffnen bzw. bereits geöffnete Bereiche wieder schließen.

Gegen die Entscheidung der Kammer ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.“

  1. Keine sofortige Rückkehr zum Regelunterricht in NRW

Nach einem Beschluss des OVG Münster wird es in NRW keine sofortige Rückkehr zum Regelunterricht geben (OVG Münster, Beschl. v. 12.06.2020 – 13 B 779/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.06.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag gegen die nordrhein-westfälische Coronabetreuungsverordnung abgelehnt, mit dem die Antragsteller aus Euskirchen die sofortige Wiederaufnahme des regulären Präsenzunterrichts in den Grund- und weiterführenden Schulen erreichen wollten. Dabei hat der 13. Senat die noch bis zum 14. Juni 2020 geltende Rechtslage zugrunde gelegt. Über die am kommenden Montag in Kraft tretenden Änderungen der Coronabetreuungsverord­nung hatte er nicht zu entscheiden. Ab dem 15. Juni 2020 muss ‑ unab­hängig von der Schulform ‑ im Kern nur noch gewährleistet sein, dass durch Bildung fester Lern­gruppen ein näherer Kontakt auf einen begrenzten und bestimmbaren Personenkreis reduziert wird; Mindestabstände sind im Unterricht dann nicht mehr einzuhalten.

Vier Kinder im Alter von acht bis 15 Jahren, von denen zwei die Primarstufe und zwei ein Gymnasium besuchen, und deren Eltern hatten sich gegen die Coronabetreu­ungsverordnung in ihrer noch bis zum 14. Juni 2020 gültigen Fassung gewandt. Da­nach muss durch organisatorische Maßnahmen unter anderem sichergestellt sein, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Schülerinnen, Schülern, Lehrkräften und anderen Personen mit Zutritt zum Schulgebäude während des Schulbetriebs eingehalten wird. Hierzu sind die Nutzungskonzepte für die Klassen- und Kursräume entsprechend anzupassen. Diese Vorgaben haben zur Folge, dass der Unterrichtsbetrieb derzeit grundsätzlich nur eingeschränkt stattfindet.

Die Antragsteller hatten im Wesentlichen geltend gemacht, die aktuelle Beschulung begründe einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch die Landesverfassung ge­schützte Recht auf Bildung und Erziehung der betroffenen Schüler sowie das verfas­sungsrechtlich verbürgte Elternrecht. Weder das praktizierte rollierende System noch die digitalen Unterrichtsformen stellten eine ordnungsgemäße Beschulung oder indi­viduelle Förderung der Schüler dar. Bei der Abwägung der betroffenen Güter sei zu­dem zu berücksichtigen, dass die Infektionsrate in Nordrhein-Westfalen erheblich gesunken sei und weder an ihren Schulen noch am Wohnort bestätigte Infektionsfäl­le bekannt seien. Es gebe zudem keine wissenschaftlichen Gutachten, die bestätig­ten, dass Kinder das Virus übertrügen oder Kinder sich gegenseitig ansteckten. Dar­über hinaus bedeute der fehlende Präsenzunterricht einen hohen ökonomischen Schaden, weil die betroffenen Schüler später am Arbeitsmarkt weniger verdienten.

Dieser Argumentation ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Die derzeit gel­tenden Vorgaben der Coronabetreuungsverordnung seien voraussichtlich noch ver­hältnismäßig. Die den angegriffenen Regelungen zugrunde liegende Annahme, dass vom Schulbetrieb unter Normalbedingungen eine erhöhte Infektionsgefahr ausgehe, sei voraussichtlich nicht zu beanstanden. Die Einschätzung des Infektionsrisikos von Kindern und Jugendlichen sowie deren Relevanz bei der Übertragung des Virus auf andere Personen lasse sich nach den Feststellungen des Robert Koch-Instituts noch nicht abschließend beurteilen. Angesichts des anhaltenden wissenschaftlichen Dis­kurses und der Dynamik des Infektionsgeschehens komme dem Verordnungsgeber nach wie vor ein Beurteilungsspielraum zu. Diesen habe er auch nicht dadurch über­schritten, dass er aufgrund einer Neubewertung der Lage (erst) ab dem 15. Juni 2020 die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern in Unterrichtssituationen in den Klassen- bzw. Kursräumen nicht mehr für erforderlich halte. Der Beurteilungs­spielraum des Verordnungsgebers beziehe sich nicht nur auf Art und Umfang der für notwendig erachteten Beschränkungen, sondern auch auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Maßnahme im Anschluss an eine solche Neubewertung gelockert werde. Zwar sei nicht ausgeschlossen, dass die zunächst verordnete Schul­schließung ab dem 16. März 2020 sowie der daran anschließende, seit dem 7. Mai 2020 schrittweise auf alle Jahrgänge ausgeweitete, eingeschränkte Präsenzunter­richt zum Teil gravierende soziale und auch ökonomische Folgen für Schüler und Eltern haben könne. Diese nachteiligen Folgen würden aber zumindest in Teilen durch digitale Unterrichts- und Lernangebote (sogenanntes Lernen auf Distanz) ab­gefedert. Hinzu komme, dass die vorliegend angegriffenen Bestimmungen der Ver­ordnung bereits zum 15. Juni 2020 durch Neuregelungen ersetzt würden, die wegen des Verzichts auf Mindestabstände ein deutliches Mehr an Präsenzunterricht in den Schulen ermöglichten.

Dass im Anschluss an die Neuregelung der infektionsschutzrechtlichen Rahmenbe­dingungen zum 15. Juni 2020 die Schulen der Primarstufe nach den Erklärungen des Schulministeriums wieder zu einem Regelbetrieb zurückkehrten, sei nicht Gegen­stand des vorliegenden Verfahrens. Es bedürfe deshalb keiner Entscheidung, was daraus gegebenenfalls zukünftig für die Frage des Präsenz­unterrichts an den allge­meinbildenden weiterführenden Schulen folge. Lediglich vorsorglich sei darauf hin­zuweisen, dass die Vorgaben der Coronabetreuungsverordnung einer Ausweitung des Präsenzunterrichts insoweit aus Rechtsgründen nicht entgegenstehen dürften. Ab dem 15. Juni 2020 müsse ‑ unab­hängig von der Schulform ‑ im Kern nur noch gewährleistet sein, dass durch Bildung fester Lerngruppen ein näherer Kontakt auf einen begrenzten und bestimmbaren Personenkreis reduziert wird. Dies dürfte bei entsprechender schulorganisatorischer Ausgestaltung in einem substantiellen Um­fang (zumindest) auch in der Sekundarstufe I möglich sein.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht in Thüringen bestätigt

Das OVG Thüringen hat die Maskenpflicht im Bundesland Thüringen bestätigt (OVG Weimar, Beschl. v. 13.06.2020 – 3 EN 374/20). Die ent­spre­chen­de Ver­ord­nung des Bundeslandes wird demnach  nicht außer Voll­zug ge­setzt.

  1. Schulunterricht ohne Mindestabstand geht in Ordnung

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg billigt einen Schulunterricht ohne Mindestabstand (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 15.06.2020 – 3 R 111/20.

In der Pressemitteilung Nr.: 014/2020  des Gerichts v. 15.06.2020 heißt es:

„Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 15. Juni 2020 den Antrag eines Grundschullehrers, die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 der Sechsten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus (6. SARS-CoV-2-EindV) außer Vollzug zu setzen, abgelehnt. § 15 der 6. SARS-CoV-2-EindV regelt die schrittweise Öffnung von allgemeinbildenden Schulen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 kann, soweit für den Schulbetrieb erforderlich, von der Einhaltung des allgemein geltenden Mindestabstands von 1,50 m abgewichen werden.

Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Regelung über die Abweichung vom Mindestabstand nicht die staatliche Pflicht zum Schutz der Gesundheit der betroffenen Lehrer und Schüler verletze. Auch wenn die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland noch als hoch einzuschätzen sei, bewegten sich die Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt fortdauernd auf niedrigem Niveau im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die Landesregierung sei aufgrund ihres gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums berechtigt, den Katalog von Maßnahmen zur Eindämmung des Virus fortwährend anzupassen und nicht mehr für notwendig erachtete Schutzmaßnahmen zurückzunehmen.

Eine konkrete Gefährdung von Schülern und Lehrkräften bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,50 m sei bislang wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen. Auch die jüngsten Infektionsfälle in der Landeshauptstadt Magdeburg, die zu Schließungen mehrerer allgemeinbildender Schulen und Jugendeinrichtungen geführt hätten, begründeten keine landesweite Pflicht zur Einhaltung der Abstandsregeln. Die Fälle hätten gezeigt, dass die zuständige Infektionsschutzbehörde den für Schüler und Lehrkräfte bestehenden Gefahren zügig durch Maßnahmen vor Ort begegne. Die staatliche Schutzpflicht sei zudem durch das Recht der Kinder auf Bildung und den Schutz von Familien beschränkt. Die fortdauernde Beschulung und Betreuung zu Hause hindere Eltern zudem daran, ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ein Gesundheitsschutz für Lehrkräfte und Schüler, der die Infektionsgefahr vollständig ausschließe, sei nicht zu verlangen. Die Landeregierung habe bei der Entscheidung zur Umsetzung der Regelbeschulung mit ihrem Maßnahmebündel (u.a. Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten durch Unterricht im festen Klassenverband, Hygienehinweise, ausreichende Lüftung, Befreiung vom Präsenzunterricht, Reinigungsverhalten nach Hygiene- und Reinigungsplänen) den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, Schulen teilweise vom Schutzkonzept der 6. SAR-CoV-2-EindV auszunehmen, sei willkürfrei und verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Lebensbereichen sei gerechtfertigt.“

  1. Berufsschüler in Hessen nicht vom Präsenzunterricht befreit

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Gießen v. 16.06.2020 sind Berufsschüler nicht vom Präsenzunterricht befreit (VG Gießen, Beschl. v. 16.06.2020 – 7 L 2117/20.GI).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Zwei Berufsschülerinnen sind heute mit ihrem Antrag beim Verwaltungsgericht Gießen unterlegen, sie bis zu den Sommerferien vom Präsenzunterricht an ihrer Berufsschule im Wetteraukreis zu befreien.

Die beiden Schülerinnen hatten geltend gemacht, die Teilnahme an dem seit dem 25. Mai 2020 wieder einmal wöchentlich durchgeführten Präsenzunterricht sei ihnen nicht zumutbar und verletze ihr verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die 2. Hessische Corona-Verordnung sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff. Außerdem unterlägen sie als Auszubildende zu medizinischen Fachangestellten außerhalb der Berufsschule schon einem erhöhten Risiko, mit an Covid-19 erkrankten Personen in Kontakt zu kommen. Die Antragstellerinnen befürchteten, dass die von der Schulleitung selbst gerügte mangelhafte Disziplin anderer Schüler dazu führe, dass die Hygieneregeln nicht eingehalten werden könnten.

Das Verwaltungsgericht Gießen hat den Eilantrag der Schülerinnen abgelehnt, die selbst nicht zu den von der 2. Hessischen Corona-Verordnung von der Präsenzpflicht ausgenommenen Personen gehören. Die Schulpflicht ergebe sich aus dem Hhessischen Schulgesetz und sei vom hessischen Verordnungsgeber nur für bestimmte Personenkreise und unter den in der Corona-Verordnung bestimmten Auflagen ausgesetzt. Zu einer weitergehenden Regelung, wie sie die Antragstellerinnen fordern, sei der hessische Gesetzgeber nicht verpflichtet. Er komme mit den Regelungen der 2. Corona-Verordnung seiner Pflicht zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Schüler ausreichend nach. Insbesondere stelle die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Verordnung eine ausreichende gesetzliche Grundlage dar. Die in der Verordnung vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Mindestabstand, Gruppengröße, Beachtung der Hygieneregeln des RKI) stellten zusammen mit dem vom Kultusministerium erstellten „Hygieneplan-Corona“ geeignete und ausreichende Schutzmaßnahmen dar, um das Risiko einer Ansteckung grundsätzlich auf ein vertretbares und zumutbares Maß zu begrenzen. Das derzeitige Infektionsgeschehen biete keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem so gestalteten Präsenzunterricht ein unzumutbares Gesundheitsrisiko verbunden sei. Der Wetteraukreis verzeichne derzeit keine Neuinfektionen und die Schule sei im Übrigen gewillt die Einhaltung der Hygienemaßnahmen durch geeignete Maßnahmen durchzusetzen. Als Auszubildende im Ausbildungsberuf der medizinischen Fachangestellten sei außerdem davon auszugehen, dass die Antragstellerinnen durch ihre Praxiserfahrung besonders verantwortungsvoll im Umgang mit den Hygieneregelungen agieren könnten.

Der Beschluss (vom 16. Juni 2020, 7 L 2117/20.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.“

  1. Beschränkung der Bewirtungszeiten in Bayern außer Vollzug gesetzt

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschränkung der Bewirtungszeiten in gastronomischen Betrieben vorläufig außer Vollzug gesetzt (BayVGH, Beschl. v. 19.06.2020 – 20 NE 20.1127). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat demnach die bis zum 21. Juni 2020 geltende Regelung der 5. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, wonach die Abgabe von Speisen und Getränken sowohl in den Innenräumen von Gaststätten als auch auf Freischankflächen nur in der Zeit von 6 bis 22 Uhr erlaubt ist, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als nicht rechtskonform erachtet. Die weiter bestehende Schließung von Bars, Clubs, Diskotheken, Bordellbetrieben und sonstigen Vergnügungsstätten werde durch die Entscheidung nicht berührt, so der BayVGH.

  1. Kontaktpersonennachverfolgung im Bereich der Gastronomie, des Friseurhandwerks und der Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Kontaktpersonennachverfolgung im Bereich der Gastronomie, des Friseurhandwerks und der Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig ist (OVG Münster, Beschl. v. 23.06.2020 – 13 B 695/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 23.06.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden, dass die in der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung vorgesehene Datenerhebung zum Zweck der Kontaktpersonennachverfolgung im Bereich der Gastronomie, des Friseurhandwerks und der Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig ist.

Zur Rückverfolgbarkeit möglicher Infektionsketten sieht die Coronaschutzverordnung für bestimmte Wirtschaftsbereiche die papiergebundene Erfassung der Kundenkontaktdaten (Name, Adresse, Telefonnummer, Zeitraum des Aufenthalts bzw. Zeitpunkt von An- und Abreise) vor. Die Kontaktdaten sind vier Wochen aufzubewahren und danach zu vernichten. Eine Weitergabe an die für die Nachverfolgung zuständige Behörde erfolgt nur auf deren Verlangen.

Gegen die Regelungen zur Kontaktdatenangabe in Restaurants, Fitnessstudios und Friseursalons hatte sich ein Bochumer Rechtsanwalt gewandt und geltend gemacht, die Datenerhebung verletze ihn in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Maßnahme sei insbesondere unverhältnismäßig und verstoße zudem gegen datenschutzrechtliche Vorgaben.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die angegriffenen Regelungen voraussichtlich rechtmäßig seien. Mit der vorsorglichen Erhebung der Kundendaten solle sichergestellt werden, dass bei Nachweis einer Neuinfektion die Kontaktpersonen des Betroffenen leichter durch die Gesundheitsämter identifiziert werden könnten. Angesichts der inzwischen weitgehenden Öffnung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens sei es voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber die Kontaktdatenerhebung in bestimmten kontaktintensiven Bereiche als – milderes Mittel – nutze, um Infektionsketten aufzudecken und zu unterbrechen. Das durch die Regelungen in erster Linie betroffene Recht auf informationelle Selbstbestimmung trete gegenüber dem Schutz von Leben und Gesundheit vorübergehend zurück. Dabei sei unter anderem zu berücksichtigen, dass weder der Besuch einer gastronomischen Einrichtung noch das Aufsuchen eines Fitnessstudios oder der Besuch eines Friseursalons der Deckung elementarer Grundbedürfnisse diene und zudem Alternativen zur Verfügung stünden. Der sichere Umgang mit den erhobenen personenbezogenen Daten werde durch die zu beachtenden Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung voraussichtlich gewährleistet.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“ 

  1. Shisha-Bars in Niedersachsen weiterhin geschlossen

Nach Niedersächsische OVG lehnt eine vorzeitige Öffnung von Shisha-Bars ab (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.06.2020 – 13 MN 229/29). In der Pressemitteilung des Gericht heißt e:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 23. Juni 2020 einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Schließung von Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, abgelehnt (Az.: 13 MN 229/20). Die Antragstellerin betreibt ein Restaurant in Hannover, in dem auch Shisha-Pfeifen angeboten werden. Sie wendet sich gegen die in § 1 Abs. 3 Nr. 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 19. Juni 2020, angeordnete Schließung von Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden.

Ob die Schließung von Shisha-Bars eine notwendige infektionsschutzrechtliche Maßnahme sei, vermochte der 13. Senat im Rahmen des Eilverfahrens nicht verlässlich zu klären. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung habe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlegen können, wonach die Infektionsgefahr beim Ausstoß von Atemluft beim Konsum einer Shisha-Pfeife gegenüber dem gewöhnlichen Ausatmen in relevanter Weise erhöht sei. Die Infektionsgefahr beim Teilen einer Shisha-Pfeife könne möglicherweise auch durch weniger belastende Beschränkungen, etwa die Untersagung der gemeinsamen Nutzung von Shisha-Pfeifen durch mehrere Personen, gebannt werden. Aufgrund dieser offenen Fragen seien die Folgen einer Stattgabe gegenüber einer Ablehnung abzuwägen. Diese Abwägung führe zu einer Ablehnung des Eilantrags. Auf der einen Seite sei der Gesundheitsschutz der Bevölkerung ein überragend wichtiger Gemeinwohlbelang, auf der anderen Seite sei die Antragstellerin durch die Schließung nicht in ihrer Existenz bedroht, da sie Gastronomie und Unterhaltung anbieten könne. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die verordnete Schließung am 5. Juli 2020 außer Kraft trete. Entgegen der Kommunikation des Ministeriums sei keine „neue Normalität“ eingetreten, sondern es sei laufend zu überprüfen, ob weiterhin verordnete Verbote und Beschränkungen in Anbetracht neuerer Erkenntnisse noch Bestand haben könnten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Bordelle in Berlin bleiben coronabedingt geschlossen

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin müssen Bordelle in Berlin coronabedingt weiterhin geschlossen bleiben (VG Berlin, Beschl. v. 23.06.2020 – VG 14 L 158/20). In der Pressemitteilung Nr. 35/2020 des Gerichts v. 24.06.2020 heißt es:

„Prostitutionsstätten in Berlin dürfen immer noch nicht öffnen. Das Verwaltungsgericht Berlin hat das derzeit geltende Betriebsverbot in einem Eilverfahren bestätigt.

Die Antragstellerin betreibt in Berlin-Schöneberg ein Bordell. Der Betrieb ist nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin in ihrer aktuellen Fassung weiterhin bis zumindest 4. Juli 2020 untersagt.

Der auf die Öffnung ihres Bordells gerichtete Eilantrag der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der 14. Kammer stellt das Verbot allerdings einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar. Dieser Eingriff sei aber bei summarischer Prüfung gegenwärtig noch gerechtfertigt. Das Verbot diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Die Untersagung des Angebots sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt erscheine auch geeignet, die Erreichung des Ziels zu fördern. Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass angesichts der typischen Rahmenbedingungen der Erbringung sexueller Dienstleistungen in geschlossenen Räumen regelmäßig ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Diese seien im Allgemeinen gekennzeichnet durch engen, intensiven Körperkontakt, ständig wechselnde Beteiligte, erhöhte Atemfrequenz und -tiefe infolge körperlicher Anstrengung und sexueller Erregung, einen erhöhten Ausstoß von Tröpfchen und Aerosolen in der Atemluft sowie von der Arbeit in kleinen, schlecht belüfteten Räumen.

Die Antragstellerin dürfe das Bordell auch dann nicht öffnen, wenn sie ihr Angebot auf erotische Massagen beschränke. Denn auch dabei sei von einem erhöhten Aerosolausstoß in typischerweise eher kleinen, unzureichend mit Frischluft versorgten Arbeitsräumen auszugehen, woraus sich in Verbindung mit dem ständigen Wechsel der Beteiligten (Kunden und ggf. auch Prostituierte) ein insgesamt deutlich erhöhtes Infektionsrisiko ergebe. Zudem bestehe die Gefahr, dass eine unbemerkt infizierte Prostituierte selbst im Laufe nur eines einzigen Arbeitstages bereits viele Kunden anstecken könnte, die das Virus dann wiederum in ihr familiäres und soziales Umfeld weitertragen könnten. Bei lebensnaher Betrachtung erscheine es auch durchaus wahrscheinlich, dass einerseits nicht wenige Kunden auf das gewohnte erweiterte „Leistungsspektrum“ und/oder günstigere Bedingungen, wie etwa den Verzicht auf das durchgängige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung beider Beteiligter, drängen und andererseits Prostituierte – zumal beim Bestehen eines entsprechenden finanziellen Anreizes – versucht sein könnten, diesen Kundenwünschen nachzukommen. Eine effektive Kontrolle sei ersichtlich schon deshalb nicht möglich, weil die sexuellen Dienstleistungen naturgemäß hinter „verschlossenen Türen“, d.h. außerhalb des Wahrnehmungsbereichs von Kontrollpersonen oder sonstigen Dritten, erbracht würden. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber zulässigen körpernahen Dienstleistungen (z.B. Friseur, klassische Massage) bestehe nicht, weil der Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums die Infektions- und Ausbreitungsgefahr bei diesen als vergleichsweise geringer habe einschätzen dürfen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

Ebenso hatte bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 08.06.2020 entschieden (VGH Hessen, Beschl. v. 08.06.2020 – 8 B 1446/20.N). Das gilt auch im Bundesland Nordrhein-Westfalen (siehe dazu OVG Münster, Beschl. v. 25.06.2020 – 13 B 800/20.NE).

  1. Lockdown im Kreis Gütersloh ist rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt den „Lockdown“ im Kreis Gütersloh (OVG Münster, Beschl. v. 29.06.2020 – 13 B 911/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 29.06.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen Eilantrag eines Bürgers aus dem Kreis Gütersloh gegen die Coronaregionalverordnung abgelehnt.

Nach einem Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh mit über 1.500 Infizierten hat das Land Nordrhein-Westfalen die bis zum 30. Juni 2020 geltende Coronaregionalverordnung erlassen. Sie sieht weitreichende Beschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und den benachbarten Kreis Warendorf vor. Danach dürfen im öffentlichen Raum grundsätzlich nur noch zwei Personen oder Menschen aus einem Familien- oder Haushaltsverbund zusammentreffen. Darüber hinaus werden erneut – über die landesweit gültigen Regelungen der Coronaschutzverordnung hinaus – zahlreiche Kultur- und Freizeitaktivitäten eingeschränkt. So müssen etwa Museen, Theater, Kinos, Fitnessstudios und Hallenbäder wieder schließen.

Der aus Schloß Holte-Stukenbrock stammende Antragsteller hat die vorläufige Außervollzugsetzung der Coronaregionalverordnung für die im Kreis Gütersloh gelegenen Kommunen Versmold, Borgholzhausen, Werther, Halle (Westf.), Steinhagen und Schloß Holte-Stukenbrock beantragt. In den genannten Städten und Gemeinden seien allenfalls sehr geringe Infektionszahlen festgestellt worden, und dort lebten auch nur wenige oder gar keine Beschäftigten des betroffenen Schlachtbetriebs mit ihren Familien. Angesichts dessen sei die Coronaregionalverordnung räumlich zu weit gefasst und damit unverhältnismäßig. Sie führe überdies zu einer Stigmatisierung und verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Die angegriffenen Regelungen seien, soweit sie den Kreis Gütersloh beträfen, voraussichtlich rechtmäßig. Wegen der Vielzahl der in dem Schlachtbetrieb tätigen positiv getesteten Personen und des Umstands, dass diese sich bis zur Anordnung der häuslichen Quarantäne für alle Mitarbeiter im Kreisgebiet Gütersloh frei bewegt hätten, bestehe die hinreichend konkrete Gefahr, dass sich das Virus weitgehend unbemerkt unter der übrigen Bevölkerung des Kreises Gütersloh verbreitet haben könnte. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die hohe Infektiosität des Virus habe das Land den ihm zuzubilligenden Ermessensspielraum voraussichtlich nicht überschritten, als es Schutzmaßnahmen für den gesamten Kreis Gütersloh ergriffen habe. Die vom Antragsteller sinngemäß vorgeschlagene Möglichkeit, im Falle steigender Neuinfektionszahlen in den kreisangehörigen Kommunen konkrete Maßnahmen vor Ort zu ergreifen, stelle kein ebenso effektives Mittel dar wie die in der Coronaregionalverordnung vorgesehenen kreisweiten Kontaktbeschränkungen und Untersagungsanordnungen für bestimmte Kultur- und Freizeitaktivitäten. Der beabsichtigte Verordnungszweck stehe derzeit nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Verordnung mit einer Geltungsdauer von (zunächst) nur einer Woche zeitlich sehr eng befristet sei und die vorgesehenen Schutzmaßnahmen mit einer deutlichen Ausweitung von Testungen der Kreisbevölkerung auf das Coronavirus einhergingen. Auf diese Weise könne voraussichtlich nach relativ kurzer Zeit eine belastbare Abschätzung des tatsächlichen Infektionsgeschehens getroffen werden, um auf dieser Grundlage über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden. Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Corona­regionalverordnung Ursache einer Stigmatisierung der im Kreis Gütersloh wohnenden Bevölkerung sei. Die von anderen Bundesländern für ihren Zuständigkeitsbereich eingeführten Quarantäneregelungen und Beherbergungsverbote knüpften nicht an die Coronaregionalverordnung an, sondern daran, dass die Zahl der Neuinfektionen in dem Heimatkreis der Reisenden in den vergangenen sieben Tagen vor der Anfahrt pro 100.000 Einwohner mehr als 50 betragen habe. Eine Ungleichbehandlung des Kreises Gütersloh gegenüber anderen Regionen Nordrhein-Westfalens sei schließlich angesichts des massiven Corona-Ausbruchs in Rheda-Wiedenbrück und der daraus folgenden Unsicherheiten sachlich gerechtfertigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe aber auch nachfolgend Punkt 142!

  1. Kein Vollstreckungsschutz bei einem bereits vor der Pandemie beantragten Insolvenzverfahren

Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (CoVInsAG) i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 19.03.2020 S 0336/19/10007:002 auf aktuell drohende Insolvenzreife abzielt und daher keinen Anspruch darauf begründet, dass bereits bestehende und fortwirkende Maßnahmen aufgehoben werden (FG Kassel, Beschl. v. 08.06.2020 – 12 V 643/20).

  1. Kontenpfändung durch Finanzamt – einzelfallabhängig – wegen Corona unbillig

Das Finanzgericht (FG) ist der Auffassung, dass eine durch das Finanzamt angestrengte Kontenpfändung aufgrund der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Folgen unbillig und damit einstweilen zu unterlassen ist (FG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2020 – 9 V 754/20 AE). In den Entscheidungsgründen heißt es:

„aa) Der Anordnungsanspruch der Antragsteller ergibt sich aus § 258 AO.

Nach § 258 AO kann die Finanzbehörde als Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben, soweit die Vollstreckung im Einzelfall unbillig ist. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Unbilligkeit im Sinne von § 258 AO anzunehmen, wenn die Vollstreckung oder einzelne Vollstreckungsmaßnahmen dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 18.11.2010 XI B 56/10, BFH/NV 2011, 199; Beschluss vom 21.04.2009 I B 178/08, BFH/NV 2009, 1596). Das der Finanzbehörde durch § 258 AO eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und muss die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 5 AO)

(1) Die Vollstreckung in die Bankguthaben der Antragsteller ist angesichts der derzeitigen Situation unter besonderer Berücksichtigung der durch die Corona-Pandemie erwirkten Einschränkungen für die Antragsteller unbillig.

Die Unangemessenheit der Nachteile für die Antragsteller ergibt sich dabei nicht aus der Ausbringung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an sich, denn Nachteile sind diesen innewohnend und daher nicht für sich unangemessen. Durch die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen in der derzeitigen Situation ergeben sich jedoch Nachteile besonderer Art, die sie unangemessen und damit unbillig werden lassen. Sie bewirken nämlich eine besondere Doppelbelastung für die Antragsteller. Denn die Pfandverstrickung und das ausgesprochene Verfügungsverbot führen zu einem faktischen Liquiditätsentzug in Höhe der gepfändeten Bankguthaben und haben zur Folge, dass die Antragsteller ihren Lebensunterhalt und die zur Bewirtschaftung der Vermietungsobjekte notwendigen finanziellen Mittel, darunter auch die Zahlung von Finanzierungszinsen, soweit vorhanden aus anderweitigen Quellen bestreiten müssten. Die zu anderer Zeit regelmäßigen Mietzahlungen, die eine stetige Liquidität sicherstellen können, fallen angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation aus, weil sich die Antragsteller Mieteinbehaltungen unter anderem für April 2020 und gegebenenfalls darüber hinaus ausgesetzt sehen, zugleich aber daran gehindert sind, die ihnen sonst bei Nichtzahlung von Mieten zustehenden Kündigungsrechte geltend zu machen. So sieht Art. 5 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht zwar vor, dass die Mietverpflichtungen den Zeitraum April 2020 bis Juni 2020 weiterhin fällig bleiben und auch Verzugszinsen entstehen können. Auch müssen die rückständigen Mieten aus dem Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 bis zum 30.06.2022 beglichen werden. Für den Moment führt dieser vorübergehende Mieterschutz indes zu Benachteiligungen für Vermieter wie die Antragsteller, die Liquiditätseinbußen zu tragen haben und umso mehr auf vorhandene Liquidität angewiesen sind, denen aber durch Kontopfändungen gerade Liquidität entzogen wird.

(2) Das dem Finanzamt in § 258 AO grundsätzlich eingeräumte Ermessen wird durch Ziff. 3 des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 in einer die Verwaltung selbstbindender Weise dahin gelenkt, dass bei nicht nur unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen, zu denen die Antragsteller gehören, von der Vollstreckung fälliger Steuerforderungen abgesehen werden soll. Dies begründet für die Antragsteller über Art. 3 Abs. 1 GG einen auch vom Senat zu beachtenden Anspruch auf Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen.

  • 258 AO sieht die Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung sowie die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme vor, die bei Unbilligkeit im Einzelfall von der Vollstreckungsbehörde angeordnet werden kann. Durch die Verlautbarung in Ziff. 3 des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 wird dieses grundsätzlich eingeräumte Ermessen („kann“) dahingehend eingeschränkt, als dass das Bundesfinanzministerium und die obersten Finanzbehörden der Länder hiermit die regelmäßig bestehende Bandbreite der Ermessensausübung der einzelnen Finanzbehörde jedenfalls bis zum 31.12.2020 einengen und vorgeben, dass der Regelfall der Ermessensausübung nunmehr die Nichtdurchführung von Vollstreckungsmaßnahmen ist. Durch den hiermit neu gesetzten Regelfall der Ermessensausübung soll in Anbetracht der wirtschaftlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie nunmehr das Absehen von der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen das regelmäßige Ergebnis der Ermessensausübung sein. Denn anders als in § 258 AO vorgegeben, wonach eine Vollstreckungsmaßnahme eingestellt, beschränkt oder aufgehoben werden kann, weist das BMF-Schreiben nunmehr gerade an, dass von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden „soll“.

(3) Die vorgenommene Einschränkung durch die obersten Finanzbehörden der Länder ist für alle nachgeordneten Behörden und damit auch für das FA zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung zulasten der Antragsteller ist mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren.

Ein „Absehen“ von Vollstreckungsmaßnahmen im Sinne des Finanzamts, wonach nunmehr für den Regelfall keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen mehr ergriffen werden, bisherige Vollstreckungsmaßnahmen aber fortbestehen und jedenfalls bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen effektiv weiter betrieben werden, führt zu nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren Ungleichbehandlungen. Die Belastung mit einer Vollstreckung wird für die in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehenden Gruppen von Steuerpflichtigen von nicht in ihrem Einflussbereich liegenden zeitlichen Momenten abhängig gemacht, ohne dass die unterschiedliche Behandlung eine sachliche Rechtfertigung erhält. Dabei sind denjenigen Steuerpflichtigen einerseits, gegen die ab Beachtung des BMF-Schreibens nicht mehr vollstreckt wird, diejenigen Steuerpflichtigen andererseits gegenüberzustellen, gegen die noch vor dem ersten Geltungstag der Ermessenseinschränkung Vollstreckungsmaßnahmen ausgebracht werden. Nur letztere Gruppe, zu der auch die Antragsteller gehören, wird dadurch von einer sie begünstigenden Regelung ausgeschlossen, wohingegen Steuerpflichtige, gegen die ebenfalls die Vollstreckung wegen rückständiger Steuerforderungen angezeigt wäre und die daher mit den Antragstellern in einer vergleichbaren Situation sind, unter Beachtung des BMF-Schreibens nunmehr bis zum 31.12.2020 keine Vollstreckungsmaßnahmen zu fürchten haben. Das Problem des zeitlichen Moments und die hieraus resultierende Ungleichbehandlung wird im Falle der Antragsteller umso deutlicher, als dass die gegen sie ergangenen Pfändungs- und Überweisungsverfügungen ebenso wie das BMF-Schreiben vom 19.03.2020 stammen und die Antragsteller damit bei unterstellter Kenntnisnahme des BMF-Schreibens durch das FA ebenfalls am 19.03.2020 möglicherweise keine Vollstreckungsmaßnahmen hätten befürchten müssen. Ein weiteres Problem des zeitlichen Moments ergibt sich ferner daraus, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen gegen die Antragsteller sogar erst nach dem 19.03.2020 ihre rechtliche Wirksamkeit entfaltet haben. Denn zwar wurden die Maßnahmen am 19.03.2020 verfügt, den Drittschuldnern (Bank C und Bank D) wurden die Verfügungen jedoch erst am 25.03.2020 zugestellt. Die Zustellung an den Drittschuldner ist dabei jedoch der rechtlich maßgebliche Zeitpunkt, weil erst mit der zwingend notwendigen Zustellung an den Drittschuldner die Pfändung bewirkt ist (§ 309 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein „Absehen“ von der Zwangsvollstreckung i.S.d. BMF-Schreibens gebietet daher auch die Beendigung noch laufender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (so zuletzt auch Rothbächer, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2020, 1014, 1020).

  1. bb) Zugunsten der Antragsteller liegt auch ein Anordnungsgrund für die einstweilige Anordnung vor. Er besteht in den glaubhaft gemachten, erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Antragsteller durch die Corona-Krise, die das FA –wie dargelegt– unter Gleichheitsgesichtspunkten zu einer entsprechenden Rücksichtnahme verpflichtet. Das Interesse der Antragsteller an der vorläufigen Beendigung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen überwiegt das öffentliche Interesse an der zwangsweisen Geltendmachung der Steuerforderung.

Für den Regelfall eines Anordnungsgrunds wird gefordert, dass die einstweilige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens notwendig erscheint. Das private Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Regelung muss das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustands überwiegen und die vorläufige Maßnahme muss unumgänglich sein, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Antragstellers zu verhindern (Stapperfend, in: Gräber, FGO, 9. Auflage 2019, § 114 Rn 56 mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Die für den Erlass einer Anordnung geltend gemachten Gründe müssen jedenfalls ähnlich gewichtig und bedeutsam sein wie die im Gesetz ausdrücklich genannten (BFH-Beschluss vom 27.01.2016 VII B 119/15, BFH/NV 2016, 1586; Beschluss vom 24.05.2016 V B 123/15, BFH/NV 2016, 1253).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zu berücksichtigen, dass unter regulären Umständen für die Finanzbehörde die Verpflichtung besteht, fällige Steuerforderungen notfalls im Vollstreckungswege beizutreiben. Hierdurch kommt das von Gesetzes wegen ausgedrückte Interesse an einem Steuervollzug zum Ausdruck, dass regelmäßig das Interesse des Steuerpflichtigen an einer Verschonung von der Steuerbelastung überwiegt.

Anders ist die Interessenverteilung jedoch vor dem Hintergrund der sich durch die Corona-Einschränkungen ergebenden Auswirkungen auf die Wirtschaftsteilnehmer, die letztlich auch ausschlaggebend für den Erlass des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 waren. Denn anders als die unter gewöhnlichen Umständen zu erwartenden Nachteile durch die Steuervollstreckung und die hierauf beruhenden Kontopfändungen sehen sich die Antragsteller ohne Beendigung der Kontopfändungen zusätzlichen Nachteilen ausgesetzt. Ihnen wird nicht nur der Zugriff auf Ihr Bankguthaben verwehrt, sondern ihre Liquidität wird durch Ausbleiben der Mieteinnahmen noch darüber hinaus geschmälert. Zur Vermeidung solcher Doppelbelastungen durch wirtschaftliche Einbußen durch die Corona-Pandemie einerseits und die ungeachtet dessen fortbestehende Verpflichtung zur Entrichtung fälliger Steuerverbindlichkeiten ist die Steuerverwaltung im Weisungswege vorgegangen und hat zur Liquiditätsstärkung der Wirtschaftsteilnehmer in großzügiger Weise die Verpflichtung zur definitiven Steuerzahlung zeitlich bis zum 31.12.2020 hinausgeschoben.

Die Interessenabwägung muss auch deshalb zugunsten der Antragsteller ausfallen, weil sie bei fortwährender Kontopfändung und Nichtbeachtung der Regelungen des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 einem gleichheitswidrigen Grundrechtseingriff ausgesetzt sind, der über das reguläre, durch das Interesse am Steuervollzug gerechtfertigte Maß hinausgeht. Bei Vorliegen eines nicht gerechtfertigten Grundrechtseingriffs ist die Interessenabwägung stets zugunsten des Grundrechtsträgers auszuüben.

  1. cc) Die den Anordnungsanspruch sowie den Anordnungsgrund darstellenden Tatsachen haben die Antragsteller glaubhaft gemacht.

Die Vorlage unter anderem der Korrespondenz mit einigen Mietern der Antragsteller, in der zum Teil ausdrücklich ein Mieteinbehalt wegen der Corona-Pandemie angekündigt wird und zum Teil eine Beendigung des Mietvertrags in Aussicht gestellt wird, wenn der Antragsteller seinem Mieter für die Mietzahlungen während der Corona-Krise nicht entgegenkommt, legen zusammen mit der eidesstattlichen Versicherung zur Überzeugung des Senats eine Betroffenheit der Antragsteller schlüssig dar, um zu dem Kreis der von dem BMF-Schreiben Begünstigten zu gehören.

  1. dd) Wegen der im BMF-Schreiben vom 19.03.2020 angeordneten zeitlichen Geltungsdauer des Absehens von Vollstreckungsmaßnahmen bis zum 31.12.2020 war anzuordnen, dass das FA jedenfalls nicht vor Ablauf dieses Tages erneute Kontopfändungen vornimmt.
  2. Die angeordnete Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist zur Durchsetzung des Anspruchs der Antragsteller die notwendige Regelung.

Nach § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks der Regelungsanordnung erforderlich sind. Hierdurch wird dem Gericht eine eigene echte Ermessensentscheidung eingeräumt. Die angeordnete Maßnahme muss zur Erreichung des Zwecks nötig, jedoch auch ausreichend sein. Als Maßnahmen zur Regelung stehen Gebote oder Verbote an die Finanzbehörde zur Verfügung.

Der Anspruch der Antragsteller auf Beendigung der Kontopfändungen ist einzig durch Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen durchzusetzen. Die Anordnung einer dahingehenden Verpflichtung des FA durch das Gericht ist ermessensfehlerfrei.

  1. Die Anordnung der Sicherheitsleistung beruht auf § 114 FGO i.V.m. § 921 Satz 2 ZPO. Hiernach steht es im Ermessen des Finanzgerichts, den Ausspruch der einstweiligen Anordnung von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen.

Für die Ausübung dieses Ermessens dahingehend, die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 380.000 Euro anzuordnen, ist das Ergebnis der Abwägung des Sicherungsbedürfnisses des FA einerseits gegenüber dem Regelungsbedürfnis der Antragsteller andererseits maßgeblich.

Bei der Abwägung ist zugunsten der Antragsteller ihr Interesse an der Beendigung der Zwangsvollstreckung und der andernfalls damit verbundenen Rechtsverletzung zu berücksichtigen. Auch ist in die Abwägung einzubeziehen, dass die Vollstreckungssumme zu ca. 15% (112.095 Euro) auf Säumniszuschläge zurückzuführen ist, die in Höhe von 80.286 Euro aus der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 resultieren soll. Der Säumniszuschlag für die Einkommensteuerfestsetzung 2010 beträgt damit ca. das Doppelte der Steuerforderung für 2010 und ist seiner Entstehung und der Höhe nach für den Senat nach summarischer Prüfung nicht nachvollziehbar.

Zugunsten des FA ist neben der Höhe der vollstreckten Steuerforderung auch zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um Steuerschulden aus bereits länger zurückliegenden Jahren handelt. Ebenfalls in die Betrachtung einzubeziehen ist das Risiko des FA, bei einer zukünftigen Vollstreckung gegen die Antragsteller wegen der derzeit nicht absehbaren wirtschaftlichen Situation der Antragsteller in der Zukunft ein geringeres vollstreckbares Vermögen vorzufinden. Dieses Risiko ist durch die Sicherheitsleistung zu reduzieren.

Unter Abwägung dieser gegenseitigen Interessen hält es der Senat für interessengerecht, die einstweilige Beendigung der Zwangsvollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von ca. 50% des Vollstreckungsbetrags auszusprechen.“

  1. Keine Verschiebung der Kommunalwahl in NRW wegen Corona

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat entschieden, das die für 2020 anstehenden Kommunalwahlen in NRW nicht wegen der Corona-Pandemie verschoben werden müssen (VerfGH NRW, Beschl. v. 30.06.2020 – VerfGH 76/20; VerfGH 63/20.VB-2). In der Pressemitteilung v. 06.07.2020 heißt es:

„Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Beschlüssen vom 30. Juni 2020 eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, die die Durchführung der Kommunalwahlen 2020 betrafen.

Sachverhalt

Die aktuelle Kommunalwahlperiode endet am 31. Oktober 2020. Die allgemeinen Kommunalwahlen finden nach § 14 Abs. 2 Satz 3 des Kommunalwahlgesetzes im vorletzten oder letzten Monat der laufenden Wahlperiode statt; den genauen Wahltag bestimmt das Ministerium des Innern (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Kommunalwahlgesetz). Der Termin für die Kommunalwahlen 2020 wurde unter Beachtung dieser Vorgaben im September 2019 auf den 13. September 2020 festgesetzt.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 des Kommunalwahlgesetzes müssen Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen, die nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder aufgrund eines Wahlvorschlags aus dem Land im Bundestag vertreten sind, je nach Größenordnung des Wahlbezirks von bis zu 20 Wahlberechtigten aus dem jeweiligen Wahlbezirk persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die Wahlvorschläge müssen spätestens am 59. Tag vor der Wahl (hier ursprünglich am 16. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Kommunalwahlgesetz).

Mit Erlass vom 20. Mai 2020 teilte das Ministerium des Innern mit, dass die Kommunalwahlen wie geplant am 13. September 2020 stattfinden sollen. Am 3. Juni 2020 trat das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 in Kraft, mit dem der Landesgesetzgeber auf mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die anstehenden Kommunalwahlen reagierte. Nach § 6 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 können Wahlvorschläge nicht nur bis zum 59. Tag, sondern bis zum 48. Tag vor der Wahl (hier: 27. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Ferner wurde die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für Wahlbezirksvorschläge und Reservelisten auf 60 % des sonst erforderlichen Quorums gesenkt (vgl. §§ 7 und 8 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020).

Der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren VerfGH 63/20.VB-2 beabsichtigte die Gründung einer örtlichen Wählervereinigung, die zwischenzeitlich erfolgt ist. Bei dem Antragsteller im Verfahren VerfGH 76/20 handelt es sich um den Landesverband der Familien-Partei Deutschlands, der in der Hauptsache – über die noch nicht entschieden ist – ein Organstreitverfahren anhängig gemacht hat und darüber hinaus den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte. Der Beschwerdeführer und der Antragsteller trugen im Wesentlichen vor, Kontaktsperren sowie Versammlungs- und Reiseverbote machten es unmöglich, die Fristen für die Aufstellung der Kandidierenden, die Einreichung der Wahlunterlagen und das Sammeln von Unterstützungsunterschriften einzuhalten. Auch der Wahlkampf sei insbesondere für die kleinen Parteien und Wählervereinigungen stark eingeschränkt. Dies verletze den Grundsatz der Chancengleichheit. Die Absenkung des Unterschriftsquorums und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge seien nicht ausreichend, um die pandemiebedingten Nachteile auszugleichen. Der Beschwerdeführer machte mit seiner Verfassungsbeschwerde geltend, der Termin der Kommunalwahlen sei deshalb auf den 1. November 2020 oder das Frühjahr 2021 zu verschieben. Ferner müsse auf das Erfordernis zur Beibringung der Unterstützungsunterschriften unter den aktuellen Bedingungen verzichtet werden. Der Antragsteller im Organstreitverfahren begehrte mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Ministerium des Innern die Verschiebung des Wahltermins aufzugeben.

Wesentliche Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Die Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen damit begründet, dass der Gesetzgeber auf die pandemiebedingten Erschwernisse bei der Sammlung der sogenannten Unterstützungsunterschriften durch die Absenkung der Quoren und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise reagiert habe. Auch die Verlängerung der Wahlperiode durch den Gesetzgeber – die bei einer Verschiebung der Wahlen über den 31. Oktober 2020 hinaus notwendig sei – sei verfassungsrechtlich nicht zwingend erforderlich. Die Durchführung der Kommunalwahlen am Ende der laufenden Wahlperiode sei durch das im Demokratieprinzip wurzelnde Gebot der Periodizität von Wahlen gerechtfertigt. Mit der Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde hat sich der vom Beschwerdeführer ebenfalls gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.

Zur Begründung der Ablehnung des Antrags der Familien-Partei Deutschlands auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Verfassungsgerichtshof vor allem ausgeführt, dass sich der in der Hauptsache anhängige Organstreit bei summarischer Prüfung als voraussichtlich unbegründet erweise. Die Entscheidung für den konkreten Wahltermin am 13. September 2020 habe das Ministerium des Innern im Wesentlichen darauf gestützt, dass bei einem Wahltermin ab dem 27. September 2020 entweder der Haupt- oder der Stichwahltermin in die Herbstferien falle. Ferienbedingte Abwesenheiten wirkten sich nachteilig sowohl auf die Wahlorganisation als auch auf die Wahlteilnahme aus. Eine Verschiebung über den 31. Oktober 2020 hinaus sei dem Ministerium des Innern aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht möglich. Die mit diesen Erwägungen begründete Entscheidung für die Beibehaltung des Wahltermins verstoße weder gegen das Willkürverbot noch gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Darüber hinaus gehe auch die – von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige – Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.“

  1. Eilantrag gegen „Lockdown“ im Kreis Gütersloh erfolgreich

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am 06.07.2020 entschieden, dass die weitere Aufrechterhaltung des Lockdowns im Kreis Gütersloh voraussichtlich rechtswidrig sei (OVG Münster, Beschl. v. 06.07.2020 – 13 B 940/20.NE).

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss die für das Gebiet des Kreises Gütersloh geltende nordrhein-westfälische Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Regionen mit besonderem Infektionsgeschehen (Coronaregionalverordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

„Nach einem Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh mit über 1.500 Infizierten hatte das Land Nordrhein-Westfalen eine erste Coronaregionalverordnung erlassen. Diese sah befristet für die Dauer einer Woche weitreichende Kontaktbeschränkungen sowie Einschränkungen im Kultur- und Freizeitbereich für die Kreise Gütersloh und Warendorf vor. Während die Maßnahmen betreffend den Kreis Warendorf mit Ablauf des 30. Juni 2020 ausgelaufen sind, hat das Land diese hinsichtlich des Kreises Gütersloh mit einer zweiten Coronaregionalverordnung für eine weitere Woche bis zum 7. Juli 2020 fortgeschrieben. Ein Eilantrag eines Bürgers aus dem Kreis Gütersloh gegen die erste Coronaregionalverordnung blieb ohne Erfolg (siehe Pressemitteilung vom 29. Juni 2020). Gegen die zweite Coronaregionalverordnung hat sich nunmehr eine GmbH aus Oelde gewandt, die im Kreis Gütersloh unter anderem in Schloß Holte-Stukenbrock und Versmold Spielhallen betreibt.

Der 13. Senat hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angegriffene Coronaregionalverordnung nach der Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig sei. Es sei nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht mehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, dass sich ihr Geltungsbereich auf das gesamte Gebiet des Kreises Gütersloh erstrecke. Zwar sei es zu Beginn des in Rheda-Wiedenbrück lokalisierten Ausbruchsgeschehens nicht zu beanstanden gewesen, dass der Verordnungsgeber für den gesamten Kreis kurzfristig strengere Schutzmaßnahmen als für andere Regionen Nordrhein-Westfalens ergriffen habe. Er habe so Zeit für Aufklärungsmaßnahmen gewinnen dürfen, um anschließend auf belastbarer Grundlage über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden können. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der jetzigen gerichtlichen Entscheidung sei es aber möglich und erforderlich gewesen, eine differenziertere Regelung zu erlassen. Ausweislich der Ergebnisse der seit Entdeckung des Ausbruchs durchgeführten Massentestungen unter den Einwohnern des Kreises Gütersloh variiere die Verteilung der bestätigten Neuinfektionen innerhalb der kreisangehörigen Städte und Gemeinden erheblich. Insbesondere in den im Norden und Osten des Kreises gelegenen Städten seien nur wenige Neuinfizierungen festgestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei nicht (mehr) ersichtlich, dass sich die dortige Gefährdungslage signifikant von derjenigen in anderen außerhalb des Kreisgebietes gelegenen Städten und Gemeinden vergleichbarer Größenordnung unterscheide.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht zur Corona-Bekämpfung in Rheinland-Pfalz rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz hat entschieden, dass die Maskenpflicht zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz rechtmäßig ist (OVG Reinland-Pfalz, Beschl. v. 06.06.2020 – 6 B 10669/20.OVG). In der Pressemitteilung des OVG v. 07.07.2020 heißt es:

„Die in der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2020 angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (sog. Maskenpflicht) in öffentlichen und gewerblichen Einrichtungen ist rechtmäßig. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der Antragsteller, ein Mann aus dem Landkreis Mayen-Koblenz, wandte sich mit einem Eilantrag gegen die in der Neunten ebenso wie in der aktuellen Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz angeordnete Verpflichtung, in den in der Verordnung genannten öffentlichen und gewerblichen Einrichtungen, d.h. insbesondere beim Einkaufen eine Mund-Nasen-Bedeckung zur tragen. Das Verwaltungsgericht Mainz lehnte den Eilantrag ab. Das Oberverwaltungsgericht wies seine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück.

Die Corona-Pandemie begründe eine ernstzunehmende Gefahrensituation, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG weiterhin gebiete. Auch wenn sich das Infektionsgeschehen aufgrund der ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt habe und insbesondere die Anzahl der festgestellten Neuinfektionen rückläufig sei, bestehe die Gefahr der Verbreitung der Infektion und daran anknüpfend einer Überlastung des Gesundheitswesens mit gravierenden Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung fort. Nach den maßgeblichen Feststellungen des Robert Koch-Instituts handele es sich immer noch um eine sehr dynamische Situation. Die Gefährdung für die Bevölkerung werde deshalb nach wie vor als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen sogar als sehr hoch. Dem Antragsgegner – dem Land Rheinland-Pfalz – komme bei der Erfüllung der Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Bevölkerung ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu. Dies gelte auch für die schrittweisen Lockerungen der bisherigen strengeren Ge- und Verbote unter Beachtung der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens. Eine Verletzung der sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Schutzpflicht sei erst dann gegeben, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen habe oder offensichtlich die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das Schutzziel zu erreichen. Die in der jüngeren Vergangenheit schrittweise erfolgte Aufhebung von Schutzmaßnahmen bedinge einen Anstieg an persönlichen und sozialen Kontakten, der von einschränkenden Schutzmaßnahmen flankiert werden müsse, welche das Ziel verfolgten, Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst zu verhindern und die Verbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen bzw. die Infektionsdynamik zu verzögern. Dabei stellten sich angesichts der weitgehenden Lockerungen (auch der Regelungen zu Kontaktbeschränkungen) inzwischen das Abstandsgebot sowie die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung neben allgemeinen Hygieneregeln als die zentralen Instrumente zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dar. Eine Mund-Nasen-Bedeckung in Form einer Einwegmaske oder (selbstgenähten) Stoffmaske (sog. Alltags- oder Community-Masken), eines Schals oder Tuches sei geeignet, das angestrebte Schutzziel zu erreichen. Sie unterstütze zielführend das staatliche Bestreben, mittels eines Fremdschutzes die Verbreitung des Coronavirus durch die Verhinderung von Neuinfektionen zu verlangsamen.“

  1. Clubs und Diskotheken in NRW bleiben geschlossen!

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass Clubs und Diskotheken in NRW coronabedingt weiterhin geschlossen bleiben müssen (OVG Münster, Beschl. v. 08.07.2020 – 13 B 870/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 08.07.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss vom heutigen Tag entschieden, dass die Betriebsuntersagung für Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen nach der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen voraussichtlich rechtmäßig ist.

Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform der KG eine Diskothek in Köln. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die fortdauernde Anordnung der Betriebsschließung ohne angemessenen finanziellen Ausgleich rechtswidrig sei.

Der zuständige 13. Senat hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn das Land annehme, dass mit dem Betrieb von Clubs und Diskotheken bei generalisierender Betrachtung ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergehe. So werde das Risiko einer schnelleren Verbreitung des Coronavirus durch Tröpfcheninfektionen und potenziell virushaltige Aerosole vor allem durch den Umstand begünstigt, dass in diesen Einrichtungen regelmäßig viele wechselnde Gäste, in üblicherweise schlecht belüfteten Räumen und zumeist über eine nicht unerhebliche Verweildauer, dicht gedrängt beieinander stünden, säßen oder tanzten. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass eine Öffnung von Clubs und Diskotheken unter Einhaltung von Hygiene- und Infektionsschutzstandards, wie sie bei anderen Freizeit- und Vergnügungsstätten vorgesehen seien, eine geeignete Maßnahme darstelle, um die Eindämmung des Virus zu erreichen. Eine konsequente Umsetzung dieser Standards, die regelmäßig auch das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung und die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern beinhalteten, erscheine in einer Club- und Disko-Atmosphäre, in der die Gäste unbeschwert feiern wollten und bei der Nähe und Kontakt zum Geschäftsmodell gehörten, nicht realistisch. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass in der branchenweiten Betriebsschließung eine gleichheitswidrige oder unverhältnismäßige Belastungssituation zu sehen sei, deren Verfassungsmäßigkeit nur noch bei Bestehen entsprechender Entschädigungs- oder Ausgleichsansprüche zu bejahen wäre. Hiergegen spreche sowohl die bisherige Dauer der Maßnahmen als auch der Umstand, dass über die von Bund und Ländern aufgelegten Soforthilfeprogramme beispielslosen Ausmaßes derzeit zumindest eine gewisse Kompensation erfolge, auch wenn die dortigen Leistungen perspektivisch nicht ausreichen dürften, die wirtschaftliche Existenz der von längerfristigen Betriebsschließungen betroffenen Unternehmen zu sichern.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

145. Reduzierter Betreuungsumfang in Kindertageseinrichtungen in NRW voraussichtlich rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass der reduzierte Betreuungsumfang in Kindertageseinrichtungen in NRW voraussichtlich rechtmäßig ist (OVG Münster, Beschl. v. 10.07.2020 – 13 B 855/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 10.07.2020 heißt es:

„Mit Eilbeschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der eingeschränkte Regelbetrieb in Kindertageseinrichtungen nach der Coronabetreuungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen derzeit voraussichtlich rechtmäßig ist.

Die Coronabetreuungsverordnung erlaubt Kindertageseinrichtungen, in denen ab dem 16. März 2020 nur eine Notbetreuung von Kindern zulässig war, unter Berücksichtigung bestimmter Hygiene- und Infektionsschutzstandards die Aufnahme eines eingeschränkten Regelbetriebs, um wieder allen Kindern Bildung, Betreuung und Erziehung in einem Angebot der Kindertagesbetreuung zuteilwerden zu lassen. Der vertraglich geschuldete Betreuungsumfang ist für jedes Kind um 10 Wochenstunden reduziert. Eine Notbetreuung findet nicht mehr statt. Dagegen wandten sich die Antragsteller, ein Ehepaar aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die im Wesentlichen geltend gemacht haben, aufgrund des zeitlich eingeschränkten Regelbetriebs bei gleichzeitiger Abschaffung der Notbetreuung könnten sie ihren beruflichen Tätigkeiten nicht mehr in vollem Umfang nachgehen.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber annehme, dass der Regelbetrieb in Kindertagesstätten mit einem erhöhten Infektionsrisiko einhergehe, und er hierauf mit der Einführung von zusätzlichen Hygiene- und Infektionsschutzstandards reagiere. Es sei auch nicht erkennbar fehlerhaft, dass er weiter davon ausgehe, dass die effektive Umsetzung dieser Standards in der Mehrzahl der Betreuungseinrichtungen erst durch eine erhebliche Reduzierung der Betreuungszeiten ermöglicht werde. Diese Annahme basiere im Wesentlichen auf der Prämisse, dass durch den eingeschränkten Betreuungsumfang gestaffelte Bring- und Abholzeiten festgelegt werden könnten und durch diese zeitliche Entzerrung sowie die eröffnete Gelegenheit zur flexibleren Verteilung der Betreuungszeiten auch Einfluss auf die Zahl der gleichzeitig vor Ort zu betreuenden Kinder genommen werden könne. Auch sei nachvollziehbar, dass die erhöhten Hygienemaßnahmen typischerweise einen intensiveren Betreuungsaufwand erforderten und zusätzliche personelle Ressourcen beanspruchten. Schließlich erscheine es auch nicht unangemessen, wenn die Coronabetreuungsverordnung neben dem eingeschränkten Regelbetrieb keine zusätzliche Notbetreuung vorschreibe, weil dadurch die mit der Reduzierung des Betreuungsumfangs geschaffenen und bei generalisierender Betrachtung erforderlichen Zeit- und Personalkapazitäten zu Lasten der effektiven Umsetzung von Hygiene- und Infektionsschutzstandards verringert würden. Dabei habe der Verordnungsgeber auch den berechtigten Interessen der Eltern Rechnung tragen dürfen, die keinen Anspruch auf Notbetreuung gehabt hätten. Die Wiederaufnahme der Betreuung für alle Kinder dürfte insoweit unter Wahrung des infektionsschutzrechtlich Notwendigen zu einem sachgerechten Interessenausgleich führen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Kein Anspruch auf Entschädigung bei allgemeinen Betriebsschließungen, angeordnet durch ein Bundesland

Das Landgericht (LG) Hannover hat entschieden, dass Geschäftsinhabern nach einer Betriebsschließung durch ein Bundesland, gestützt auf § 28 IfSG, grundsätzlich kein Anspruch auf Entschädigung zusteht (LG Hannover, Urt. v. 09.07.2020 – 8 O 2/20, NJW 2020, 3469). In den Entscheidungsgründen heißt es:

“1. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Zahlungsanspruch aus § 56 Abs. 1a IfSG.

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1 IfSG ist, dass der Anspruchsteller einen Verdienstausfall erlitten hat, weil er als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern einem infektionsschutzrechtlichen Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt (…). Es ist unstreitig, dass der Kläger nicht zu diesem in § 2 IfSG definierten Personenkreis gehört, so dass § 56 Abs. 1 IfSG nicht einschlägig ist.

  • 56 Abs. 1a IfSG gewährt einen Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall, der dadurch entsteht, dass aus Infektionsschutzgründen Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen werden und die Sorgeberechtigten betreuungsbedürftiger Kinder daher nicht arbeiten können. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
  1. Auch ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Entschädigung aus § 65 Abs. 1 IfSG besteht nicht.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass aufgrund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 IfSG ein Gegenstand vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in seinem Wert gemindert oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht worden ist. Anspruchsberechtigt ist dabei gem. § 65 Abs. 1 Satz 1, 2. HS IfSG nur derjenige, der von der seuchenhygienischen Maßnahme als Nichtstörer betroffen ist (…).

  1. a) Diese Tatbestandsvoraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Anspruchsbegründende Maßnahmen sind nur solche gem. § 16 oder § 17 IfSG, während die streitgegenständlichen Verordnungen des beklagten Landes jeweils auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützt worden sind, so dass § 65 Abs. 1 IfSG nach dem insoweit unzweideutigen Wortlaut auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar ist (…).

Die Heranziehung von § 28 IfSG als Rechtsgrundlage stellt dabei entgegen der Auffassung des Klägers auch keine rein redaktionelle Nennung des beklagten Landes dar, sondern entsprach der tatsächlichen Lage, da sich die Covid-19-Krankheit zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Rechtsverordnungen bereits in Deutschland ausgebreitet hatte. Die WHO hatte am 12.03.2020 den COVID-19-Ausbruch zur Pandemie erklärt und für Europa bereits mehr als 20.000 bestätigte Fälle mit knapp 1.000 Todesfällen gezählt (…).

Da Covid-19 eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 IFSG ist (…), waren damit zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider im Sinne von §§ 2 Nrn. 3 ff., 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt, so dass das beklagte Land auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht nur zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen berechtigt, sondern sogar verpflichtet war (…).

  1. b) Der Einwand, § 65 IfSG müsse erweiternd ausgelegt werden, da Verhütungsmaßnahmen nach § 16 IfSG und Bekämpfungsmaßnahmen nach § 28 IfSG nicht medizinisch exakt zu trennen seien und Maßnahmen der Infektionsprophylaxe oftmals zugleich auch der Bekämpfung der Weiterverbreitung des Virus dienten (…), greift angesichts von Wortlaut, Systematik und gesetzgeberischem Willen nicht durch.

Das Infektionsschutzgesetz unterscheidet wie schon das frühere Bundesseuchengesetz zwischen Maßnahmen zur Verhütung und Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Diese Unterscheidung zeigt sich systematisch darin, dass der 4. Abschnitt des IfSG die Verhütung übertragbarer Krankheiten zum Gegenstand hat und der 5. Abschnitt des IfSG die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten regelt. § 16 IfSG stellt dabei die Generalklausel für Verhütungsmaßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten dar, § 28 IfSG die Generalklausel für Bekämpfungsmaßnahmen (…).

Zwar ist richtig, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten zugleich auch deren Weiterverbreitung verhindern. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ändert dies jedoch nichts an der grundlegenden Unterscheidung beider Begriffe. Danach gehören zu den Bekämpfungsmaßnahmen solche, die an das Auftreten einer übertragbaren Krankheit, eines Krankheitsverdachts, eines Ansteckungsverdachts oder eines Ausscheidungsverdachts anknüpfen; für diese Fälle sollte ausschließlich der 5. Abschnitt gelten. Die im 4. Abschnitt geregelten Verhütungsmaßnahmen betrafen dagegen nur Maßnahmen zur Entstehung übertragbarer Krankheiten, nicht aber die Verhinderung der Verbreitung bereits aufgetretener Krankheiten (…).

Daraus folgt, dass die Rechtsgrundlagen des § 16 Abs. 1 IfSG einerseits und des § 28 Abs. 1 IfSG andererseits in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander stehen (…).

Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 65 IfSG sind somit nicht erfüllt.

  1. Der Kläger kann seinen Zahlungsanspruch auch nicht aus einer analogen Anwendung der im Infektionsschutzgesetz geregelten Entschädigungstatbestände gem. § 56 bzw. § 65 IfSG herleiten.

Voraussetzung für eine Analogie ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass im Gesetz eine planwidrige Regelungslücke besteht. Diese Lücke muss sich aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (…).

  1. a) In der Literatur wird teilweise eine derartige planwidrige Regelungslücke mit dem Argument bejaht, der Gesetzgeber sowohl des Bundesseuchengesetzes als auch des Infektionsschutzgesetzes habe bei der Schaffung der gesetzlichen Entschädigungstatbestände derartige auf § 28 IfSG gestützte kollektive Betriebs- bzw. Gewerbeuntersagungen im Rahmen einer Epidemie überhaupt nicht im Blick gehabt. Daher müsse im Wege eines Erst-Recht-Schlusses auch den von einer Bekämpfungsmaßnahme betroffenen Nichtstörern ein Ausgleich ihrer Vermögensnachteile gewährt werden, da sie keinen Anlass für die Infektionsschutzmaßnahmen gesetzt hätten und schicksalhaft zu Geschädigten geworden seien (…).
  2. b) Sowohl die historische Betrachtung des Gesetzgeberwillens als auch die Analyse der aktuellen gesetzgeberischen Tätigkeit stehen jedoch der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegen.

(…).

  1. Dem Kläger steht auch kein Zahlungsanspruch aus dem allgemeinen Polizeirecht gem. § 80 NPOG i.V.m. § 8 NPOG zu.

(…).

  1. Dem Kläger steht auch kein Zahlungsanspruch aus dem Rechtsinstitut des enteignenden Eingriffs zu.

(…).

  1. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Der allgemeine Aufopferungsanspruch gilt nicht für hoheitliche Eingriffe in das Eigentum, sondern nur für Eingriffe in nichtvermögenswerte Rechtsgüter (…). Da die streitgegenständlichen Rechtsordnungen rechtmäßig waren, kann der Kläger schließlich auch keinen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz oder einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff geltend machen.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 214.

  1. Einreise aus der Türkei: Corona-Verordnung über Quarantänepflicht bleibt anwendbar

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat entschieden, dass die Corona-Verordnung über eine Quarantänepflicht bei einer Einreise nach Deutschland aus der Türkei anwendbar bleibt (VGH Mannheim, Beschl. v. 16.07.2020 – 1 S 1792/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 17.07.2020 heißt es:

„Die Corona-Verordnung Einreise Quarantäne bestimmt eine Pflicht für Einreisende aus Risikogebieten, dass sie sich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit begeben und dort für 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen. Die Türkei gehört zu den vom Antragsgegner festgelegten Risikogebieten. Die Pflicht, sich in Quarantäne zu begeben, besteht nicht, wenn der Einreisende aus einem Risikogebiet einen negativen Coronatest vorlegen kann, der höchstens 48 Stunden vor der Einreise nach Deutschland vorgenommen worden ist.

Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen als Rechtsanwalt in Stuttgart tätig und betreibt eine Einzelkanzlei. Er habe auch Mandanten in der Türkei, die er betreue. Er beabsichtige, sowohl aufgrund von geschäftlichen als auch privaten Gründen, um Urlaub zu machen, vom 21.07.2020 bis zum 04.08.2020 in die Türkei zu verreisen. Er habe hierfür ein Flugticket gebucht. In diesem Zeitraum wolle er sich in Izmir aufhalten. Dort habe er eine Unterkunft angemietet. Diese werde sorgfältig gereinigt und desinfiziert. Aufgrund der Corona-Verordnung Einreise Quarantäne bestehe für die Rückreise aus der Türkei eine Quarantänepflicht. Diese sei rechtswidrig. Die Türkei habe ein Zertifizierungsprogramm mit sehr umfassenden Kriterien für Flughäfen, Flugzeuge, Touristenfahrzeuge, Unterkünfte und Restaurants gestartet. Die Zertifizierung erfolge überwiegend durch deutsche Unternehmen, insbesondere den TÜV Süd, um den deutschen Standards zu entsprechen. Die Türkei sei hinsichtlich der Anzahl der Intensivbetten und Beatmungsgeräte sehr gut auf den Kampf gegen Covid-19 vorbereitet.

Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er aus: Es sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Pflicht zur Quarantäne an die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet anzuknüpfen. Denn die Einreise aus anderen Ländern mit einem erheblichen Infektionsgeschehen stelle eine bedeutende Gefahrenquelle für eine Weiterverbreitung des Coronavirus in Deutschland dar. Es sei jedoch offen und bedürfte einer vertieften Klärung in einem Hauptsacheverfahren, ob die Einstufung der Türkei als Risikogebiet hinreichend auf konkret nachvollziehbare Tatsachen gestützt sei.

Nach den offiziellen Zahlen der Türkei liege die Zahl der Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen zwischen 10 und 15 und damit unter dem Schwellenwert von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern. Ob der Antragsgegner gleichwohl von einer Überschreitung des Werts von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ausgehe, da – so sein Vorbringen – unterschiedliche Testkapazitäten und symptomlos verlaufende Erkrankungen dazu führten, dass von einer noch höheren Dunkelziffer ausgegangen werden müsse, lege der Antragsgegner nicht dar. Nähere Ausführungen zu den vom Antragsgegner angeführten weiteren qualitativen Bewertungskriterien – lokal begrenzter oder flächendeckender Ausbruch, Testkapazitäten, durchgeführte Tests pro Einwohner, ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens – fehlten in der Antragserwiderung des Antragsgegners gänzlich. Unklar bleibe auch, worauf die Ausführungen des Antragsgegners fußten, dass die Verlässlichkeit der Angaben des Gesundheitsministers der Türkei zum Infektionsgeschehen nicht als hoch eingestuft werde und es hierzu unterschiedliche Angaben und Wahrnehmungen vor Ort gebe.

Dem Senat dränge sich jedoch nicht auf, dass für die Einschätzung der Türkei als Risikogebiet jegliche Grundlage fehle. Selbst die offiziellen Infektionszahlen der Türkei seien im Verhältnis zu den deutschen Infektionszahlen hoch. Die Zahl der Fälle von Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen in Deutschland habe am 16. Juli 2020 – bei nahezu identischer Einwohnerzahl wie die Türkei – 2.304 betragen und sei damit erheblich geringer als die für die Türkei anzunehmende 7-Tages-Inzidenz von jedenfalls etwa 7.000 bis 8.000. Auch zeige die Statistik des Robert-Koch-Instituts, dass ein nicht zu vernachlässigendes Risiko von Infektionen durch Einreisen aus der Türkei bestehe. Zum 15. Juli 2020 sei die Türkei unter den Ländern, aus denen Personen mit dem Coronavirus nach Deutschland kommen, das mit dem vierthöchsten absoluten Wert.

Bei diesen offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache komme es im vorliegenden Eilverfahren auf eine Abwägung der betroffenen Interessen an. Der Antragsteller könne durch die Vorlage eines negativen Coronatests, der höchstens 48 Stunden vor Einreise nach Deutschland vorgenommen worden sei, die Pflicht zur häuslichen Quarantäne abwenden. In der Türkei könnten Coronatests ohne Weiteres, insbesondere an Flughäfen, durchgeführt werden. Ein solcher Test sei dem Antragsteller angesichts der geringen hierfür anfallenden Kosten von weniger als 15,– EUR auch zumutbar. Das Testergebnis liege bei der Einreise höchstwahrscheinlich vor, wenn der Test am Tag vor der Abreise durchgeführt werde. Möglich sei zudem auch die Durchführung eines Coronatests direkt nach Ankunft in Deutschland am Flughafen oder bei direkter Fahrt dorthin am Ort der Unterbringung. Daher müssten die Interessen des Antragstellers hinter denen des allgemeinen Gesundheitsschutzes zurücktreten. Aus diesen Gründen sei sein Antrag abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 1 S 1792/20).“

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung des Abstandsgebots auf Kutschen

Das OVG Lüneburg hat entschieden, dass das Abstandsgebot auf Kutschen in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug zu setzen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.07.2020 – 13 MN 261/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 17. Juli 2020 § 12 Abs. 3 Satz 2 der Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 – Niedersächsische Corona-Verordnung – vom 10. Juli 2020 (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az.: 13 MN 261/20). Die Bestimmung ordnet an, dass beim Besteigen und Verlassen einer Kutsche sowie zwischen dem Sitzplatz einer Person und dem Sitzplatz jeder anderen Person auf einer Kutsche das allgemeine Abstandsgebot nach § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Corona-VO einzuhalten ist. Dieses allgemeine Gebot fordert, zu anderen Personen einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten, es sei denn, diese anderen Personen gehören zu dem Hausstand der pflichtigen Person oder zu einem weiteren Hausstand oder zu einer Gruppe von nicht mehr als 10 Personen.

Die Antragstellerin übt in einer niedersächsischen Gemeinde eine Nebenerwerbstätigkeit aus, die auch die Durchführung touristischer Kutschfahrten umfasst. Mit ihrem Normenkontrolleilantrag hat sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung touristischer Kutschfahrten gegenüber touristischen Busfahrten geltend gemacht, für die das allgemeine Abstandsgebot nicht gelte.

Der 13. Senat ist dem gefolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das allgemeine Abstandsgebot nach der Corona-VO für touristische Busreisen nur gelte, „soweit die Zahl der Fahrgäste dies zulässt“. Damit stehe die Einhaltung des allgemeinen Abstandsgebots unter einem Vorbehalt, den der Busunternehmer durch die Zahl von Fahrgästen und die Kapazität des Busses beeinflussen könne. Die vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gegebene Erläuterung, der Vorbehalt solle nur die kurzzeitige Unterschreitung des Mindestabstandes beim notwendigen Toilettengang zur und von der Bordtoilette des Reisebusses in Abhängigkeit vom gegebenen Besetzungsgrad des Busses ermöglichen, habe im Text der aktuellen und auch der davor geltenden Verordnung keinerlei Niederschlag gefunden. Die danach gegebene Ungleichbehandlung touristischer Kutschfahrten, für die das Abstandsgebot gelte, gegenüber touristischen Busreisen, für die das Abstandsgebot unter einen vom Busunternehmer zu beeinflussenden Vorbehalt gestellt sei, beruhe nicht auf Sachgründen. Anders als in geschlossenen Reisebussen, in denen regelmäßig auch zeitlich längere Fahrten als in Kutschen absolviert würden, dürfte in Kutschen wegen ihrer regelmäßig offenen Bauweise ein Aufenthalt an frischer Luft während der Fahrt gewährleistet und damit ein vergleichsweise geringeres Infektionsrisiko gegeben sein.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

 

  1. Hygiene- und Infektionsschutzstandards in der Gastronomie in NRW bleiben einstweilen unverändert

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die coronabedingten Hygiene- und Infektionsschutzstandards in der Gastronomie in NRW vorerst unverändert bleiben (OVG Münster, Beschl. v. 22.07.2020 – 13 B 886/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.07.2020 heißt es:

„Mit Eilbeschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die in der Coronaschutzverordnung für den gastronomischen Betrieb vorgeschriebenen Hygiene- und Infektionsschutzstandards voraussichtlich rechtmäßig sind. Ein traditionelles Brauhaus aus Köln hatte sich gegen die damit verbundenen Beschränkungen gewandt.

Die Coronaschutzverordnung sieht unter anderem die Einhaltung von Mindestabständen zwischen den Tischen und zur Theke, eine Sitzplatzpflicht sowie die Verpflichtung zur ausreichenden Belüftung der Gast- und Geschäftsräume vor. Zudem darf der gemeinsame Besuch von Gaststätten und die gemeinsame Nutzung eines Tisches nur Personen gestattet werden, die von den Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum ausgenommen sind, dies sind im Wesentlichen Familien oder Gruppen von bis zu 10 Personen.

Der zuständige 13. Senat hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die streitigen Hygiene- und Infektionsschutzstandards seien Teil eines Gesamtkonzepts des Verordnungsgebers zur fortwährenden Beschränkung infektionsbegünstigender sozialer und persönlicher Kontakte. Dieses Konzept umfasse aus seiner voraussichtlich nicht zu beanstandenden Sicht die gegenwärtig notwendigen Beschränkungen des gastronomischen Betriebs, weil von diesem bei zulässiger generalisierender Betrachtung eine erhöhte Infektionsgefahr ausgehe. So berge nicht nur die gemeinsame Anwesenheit vieler Gäste auf begrenztem Raum das Risiko einer schnellen Verbreitung des Virus durch Tröpfcheninfektionen und virushaltige Aerosole, sondern auch die üblicherweise nicht unerhebliche Verweildauer zahlreicher wechselnder Besucher. Zusätzlich könnten Schmierinfektionen durch Nahkontakte zwischen den Gästen und mit dem Personal sowie das zwangsläufig gemeinsame Berühren von Gegenständen, mit denen gegessen oder getrunken werde, nach gegenwärtiger Erkenntnislage nicht ausgeschlossen werden. Die Regelungen seien unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen derzeit auch noch angemessen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass den gastronomischen Betrieben neben dem eingeschränkten Tagesgeschäft unter anderem die Möglichkeit verbleibe, Feste mit einem herausragenden Anlass (z. B. Hochzeits- und Geburtstagsfeiern) in abgetrennten und gut zu durchlüftenden Räumen mit bis zu 150 Teilnehmern ohne Einhaltung des Abstandsgebots und ohne Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auszurichten. In der Summe bleibe ein gastronomischer Betrieb in substanziellem Umfang möglich, sodass die verbleibenden Restriktionen angesichts des mit ihnen bezweckten Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung aktuell weiterhin hinnehmbar erschienen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Ausnahmsloses Verbot von Autokino-Veranstaltungen voraussichtlich rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin Brandenburg hat eine ausnahmslose Untersagung von Autokino-Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern als voraussichtlich rechtswidrig eingestuft (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.07.2020 – OVG 11 S 65.20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.07.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit einem Eilbeschluss vom gestrigen Abend auf den Antrag des Betreibers eines Autokinos § 1 Satz 1 der brandenburgischen Großveranstaltungsverbotsverordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach auch Autokino-Großveranstaltungen ohne die Möglichkeit der Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall untersagt sind.

Zur Begründung hat der 11. Senat ausgeführt, dass die ausnahmslose Untersagung auch von Autokino-Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Anwesenden bei der im Eilverfahren nur möglichen Prüfung keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes darstelle. Die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass bei Großveranstaltungen mit 1.000 und mehr Personen regelmäßig davon ausgegangen werden müsse, dass die nach der SARS-CoV-2-Umgangsverordnung erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln nicht durchgehend eingehalten würden und dies auch von der Veranstalterin oder dem Veranstalter nicht sichergestellt werden könne, erscheine zwar grundsätzlich plausibel. Autokino-Veranstaltungen wiesen allerdings Besonderheiten auf, die die Einhaltung, Überwachung und Durchsetzung von infektionsschutzrechtlichen Auflagen auch bei einer größeren Teilnehmerzahl erleichterten. Die Besucherinnen und Besucher reisten im eigenen PKW an und ab und hielten sich während der Veranstaltung nahezu durchgängig in ihrem Fahrzeug auf. Es erscheine deshalb durchaus möglich, im konkreten Einzelfall durch geeignete Schutzauflagen sicherzustellen, dass von einer Autokino-Veranstaltung auch bei mehr als 1.000 gleichzeitig Anwesenden keine relevante Erhöhung des Infektionsrisikos ausgehe. Ein vollständiges, keinerlei Ausnahmemöglichkeit eröffnendes Verbot solcher Veranstaltungen stelle deshalb voraussichtlich einen nicht mehr verhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit dar.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht bei Klausur an der Uni Köln rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hält die Maskenpflicht während einer Klausur an der Uni Köln für rechtmäßig (VG Köln, Beschl. v. 17.07.2020 – 6 L 1246/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.07.2020 heißt es:

„Ein Jurastudent der Universität zu Köln hat keinen Anspruch auf eine Befreiung von der Verpflichtung, während einer Klausur eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 17.07.2020 entschieden und einen Eilantrag gegen die Maskenpflicht abgelehnt.

Für die zum Abschluss des Sommersemesters 2020 erforderlichen Präsenzprüfungen traf das Rektorat der Universität Köln im Juni verschiedene Hygiene- und Infektionsschutzregelungen, um Infektionen der Prüflinge mit COVID-19 zu vermeiden. Hierzu gehört auch die Verpflichtung, während der Prüfung am Sitzplatz eine behelfsmäßige Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Der Antragsteller hatte bei der Universität erfolglos beantragt, zwei Klausuren im Fach Jura schreiben zu dürfen, ohne die Maskenpflicht befolgen zu müssen. Mit seinem Eilantrag hat er das Begehren weiter verfolgt und unter anderem geltend gemacht, es müsse ausreichen, von den Prüflingen die Einhaltung des Abstandsgebots zu anderen Personen zu verlangen und ggf. entsprechende Plexiglasscheiben aufzubauen.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat die Maskenpflicht für verhältnismäßig gehalten. Es hat ausgeführt, das Erfordernis, in den Aufsichtsarbeiten eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, diene gemeinsam mit dem Abstandsgebot zu anderen Personen von mindestens 1,50 m und einer ausreichenden Raumbelüftung dem legitimen Ziel, Infektionen während der Prüfungen zu vermeiden, und schütze damit die Gesundheit sowohl der Prüfungsbeteiligten als auch der Allgemeinheit.

Auch wenn die Eignung sogenannter Behelfsmasken als Mittel zur Verringerung der Infektionszahlen bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei, habe sich die Universität im Rahmen ihres Einschätzungsspielraums auf die aktuelle Empfehlung des Robert-Koch-Instituts berufen und davon ausgehen dürfen, dass durch das Tragen einer Maske eine Ansteckungsgefahr durch Tröpfchen und Aerosole jedenfalls reduziert werde. Plexiglasscheiben könnten demgegenüber nicht ebenso effektiv eine Verbreitung insbesondere von Aerosolen während des etwa vierstündigen Aufenthalts mit 85 bzw. 95 Prüflingen in geschlossenen Räumen verringern.

Die Beeinträchtigung des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Prüfungsrechts des Antragstellers müsse hinter dem verfolgten Ziel des Schutzes von Leben und Gesundheit der anderen Prüflinge (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zurücktreten. Für die Angemessenheit der Maskenpflicht spreche auch, dass derzeit nach den Regelungen der Universität eine nicht bestandene Prüfung als nicht unternommen gelte und wiederholt werden könne. Schließlich bestehe bei gesundheitlichen Einschränkungen die Möglichkeit, die Prüfung in einem gesonderten Raum abzulegen.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.“

  1. Erotische Massagen und BDSM-Studios in Berlin wieder zulässig

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass erotische Massagen und BDSM-Studios in Berlin trotz Coronavirus zulässig sind (VG Berlin, Beschl. v. 22.07.2020 – VG 14 L 163/20 und VG 14 L 173/20). In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 39/2020 v. 23.07.2020 heißt es:

„Das absolute Verbot der Erbringung sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt in der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung (SARS-CoV-2-IfSV) des Landes Berlin verstößt gegen den Gleichheitssatz. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in zwei Eilverfahren entschieden und damit den Betreiberinnen eines erotischen Massagesalons bzw. eines sog. BDSM-Studios die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeiten unter strengen Auflagen gestattet.

Die Antragstellerin im Verfahren VG 14 L 173/20 betreibt ein Studio für erotische Massagen; die Antragstellerinnen im Verfahren VG 14 L 163/20 sind Inhaberinnen eines sog. BDSM-Studios. Beide Betriebe unterfallen dem Prostitutionsschutzgesetz. Die SARS-CoV-2-IfSV untersagt gegenwärtig die Erbringung jeglicher sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt.

Die hiergegen gerichteten Eilanträge hatten jeweils Erfolg. Die 14. Kammer bewertete das absolute Verbot als gleichheitswidrig. Die Betriebe würden jeweils zu Unrecht mit Bordellen gleichgestellt, in denen der Geschlechtsverkehr ausgeübt werde, mit dem aber ein ungleich höheres Infektionsrisiko verbunden sei. Ein besonders enger Körperkontakt zwischen den Dienstleistenden und den Empfängerinnen und Empfängern der Dienstleistung bleibe bei den Betrieben der Antragstellerinnen gerade aus. Das Angebot beschränke sich – allenfalls – auf Berührungen mit der Hand, weshalb zwischen den Beteiligten in der Regel ein größerer Abstand bestehe. Ferner sei auch die körperliche Aktivität in beiden Teilbranchen sexueller Dienstleistungen unterschiedlich, weil die Durchführung des Geschlechtsverkehrs mit einer intensiven körperlichen Aktivität verbunden sei. Durch die regelmäßig deutlich erhöhte Atemfrequenz und -tiefe sei hierbei die Viruslast erhöht, weshalb die Infektionsgefahr größer sei. Mit den Angeboten der Antragstellerinnen, welches den erlaubten Angeboten nichtmedizinischer eingelegt Massagen und vergleichbaren körpernahen Dienstleistungen deutlich näher stehe, sei schließlich eine Maskenpflicht besser vereinbar als bei herkömmlichen Bordellen. Das Gericht stellte in beiden Fällen klar, dass die Antragstellerinnen ihre Leistungen jeweils nicht im vollen bisherigen Umfang anbieten dürfen und überdies die jeweiligen Schutz- und Hygienekonzepte einhalten müssen.

Gegen die Beschlüsse kann jeweils Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg werden.“

  1. Schließung von Shisha-Bars in Niedersachsen außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen hat die Schließung von Shisha-Bars in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.07.2020 – 13 MN 272/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 27. Juli 2020 in einem Normenkontrolleilverfahren § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der (6.) Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen sind (Az.: 13 MN 272/20).

Die Antragstellerin betreibt in Hannover ein Restaurant, in welchem in der Vergangenheit auch Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten worden sind. Mit ihrem Normenkontrolleilverfahren hat sie geltend gemacht, die vom Land Niedersachsen verordnete vollständige Schließung von Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, sei als infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme nicht mehr notwendig. Die niedersächsischen Verordnungsregelungen zu anderen Geschäftsbereichen und die Verordnungsregelungen anderer Bundesländer zu Shisha-Bars zeigten, dass gegebenen Infektionsgefahren durch Hygienekonzepte und andere Beschränkungen hinreichend begegnet werden könne.

Der 13. Senat ist dieser Argumentation im Wesentlichen gefolgt. Dabei hat er deutlich herausgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein staatliches Handeln auch angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens weiterhin erfüllt sind. Die zuständigen Infektionsschutzbehörden sind allerdings verpflichtet, die Schutzmaßnahmen fortlaufend zu überprüfen und zu hinterfragen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, die Schließung unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen weiter zu lockern. Dieser Verpflichtung sei das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung nicht nachgekommen. Es habe die zuletzt in § 1 Abs. 3 Nr. 1 der (5.) Corona-VO angeordnete Schließung von Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der (6.) Corona-VO unverändert fortgeschrieben. Dabei habe das Ministerium aber, wie schon in einem vorausgegangenen Verfahren (Az.: 13 MN 229/20, siehe Pressemitteilung vom 23. Juni 2020, abrufbar unter: https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/) keine wissenschaftlichen Erkenntnisse präsentiert, wonach die Infektionsgefahr beim Ausstoß von Atemluft beim Konsum einer Shisha-Pfeife gegenüber dem gewöhnlichen Ausatmen in relevanter Weise erhöht sei. Das Ministerium habe zudem nicht dargetan, dass etwaigen erhöhten Infektionsgefahren nicht durch gegebenenfalls strenge Auflagen im Rahmen eines Hygienekonzepts (Pflicht zur Begrenzung und Steuerung der Zahl der Besucher, Abstandsregeln, Vorgaben für eine regelmäßige Be- und Entlüftung der Räumlichkeiten, Verbot der gemeinsamen Benutzung ein und derselben Shisha durch mehrere Personen zum Rauchen, Pflicht zur Verwendung neuer (Einweg-)Mundstücke und -schläuche bei jedem Nutzer sowie zur Reinigung und Desinfektion jeder Shisha nach Ende des Gebrauchs, Kontaktdatenerhebungs- und -dokumentationspflicht) hinreichend effektiv begegnet werden könne. Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass Shisha-Bars sogenannte Hotspots der Virusverbreitung sein könnten, ergäben sich weder aus bisherigen Ereignissen in Niedersachsen noch in anderen Bundesländern, in denen die Shisha-Bars seit geraumer Zeit wieder mit Beschränkungen öffnen dürften.

Die einstweilige Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Bayerische Hotels dürfen vorerst alle Touristen aus dem Inland beherbergen

Der Verwaltungsgerichthof (VGH) München hat entschieden (VGH München, Beschl. v. 28.07.2020 – 20 NE 20.1609):

„Die Anknüpfung des in § 14 Abs. 2 Satz 1 6. BayIfSMV verankerten Beherbergungsverbotes allein an die in den letzten sieben Tagen vor dem Tag der geplanten Anreise im Bereich eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadtgemeldete Neuinfektionsquote von über 50pro 100.000 Einwohner verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Verweisung in § 14 Abs. 2 Satz 1 6. BayIfSMV auf die „Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts (RKI)“ ist mit dem Publizitätsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht vereinbar, da der Normadressat den Inhalt der Norm in der jeweils gültigen Fassung nicht verlässlich erkennen kann. Insbesondere fehlt es an der Angabe einer entsprechenden Fundstelle.“

  1. Maskenpflicht („Alltagsmaske“) in NRW ist weiterhin rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden (OVG Münster, Beschl. v. 29.07.2020 – 13 B 675/20 – Presseerklärung des Gerichts v. 28.07.2020):

„Mit Eilbeschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die in der Coronaschutzverordnung angeordnete „Maskenpflicht“ voraussichtlich weiterhin rechtmäßig ist.

Der im Kreis Kleve lebende Antragsteller wendet sich gegen die Verpflichtung, in bestimmten sozialen Situationen, etwa beim Einkaufen oder bei der Benutzung des Personenverkehrs eine textile Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Er beanstandet insbesondere, dass die Alltagsmasken ungeeignet seien, Ansteckungsgefahren zu minimieren, da sie die Viren hustender Menschen nicht aufhalten könnten. Auch sei zu befürchten, dass die Maske dazu führe, dass Abstände nicht mehr eingehalten würden. Überdies entstünden Gesundheitsgefahren dadurch, dass die auf dem Markt angebotenen Masken mit Chemikalien belastet seien.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Wie bereits in früheren Entscheidungen hat der zuständige 13. Senat ausgeführt, es sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber einer aktuellen Empfehlung des Robert Koch-Instituts gefolgt sei. Danach sei bei dem derzeitigen Erkenntnisstand davon auszugehen, dass auch ggf. privat hergestellte textile Mund-Nase-Bedeckungen eine Filterwirkung auf Tröpfchen und Aerosole entfalten könnten, die zu einer Reduzierung der Ausscheidung von Atemwegsviren über die Ausatemluft führen könne. Hierdurch erscheine es möglich, dass ihr Tragen einen Beitrag zur Verlangsamung der Ausbreitung des von Mensch zu Mensch übertragbaren Coronavirus leiste. Dass es unter der Vielzahl wissenschaftlicher Meinungen auch andere Stimmen gebe, die eine Wirksamkeit der einfachen Mund-Nase-Bedeckung gänzlich verneinten, stehe dem nicht entgegen. Der Verordnungsgeber verletze seinen Einschätzungsspielraum grundsätzlich nicht dadurch, dass er bei mehreren vertretbaren Auffassungen einer den Vorzug gebe, solange er dabei nicht feststehende, hiermit nicht vereinbare Tatsachen ignoriere. Es sei voraussichtlich auch unbedenklich, wenn der Verordnungsgeber davon ausgehe, dass unbemerkte Übertragungen des Virus allein durch kontaktbeschränkende Maßnahmen nicht hinreichend zu vermeiden seien, sondern es flankierend zusätzlich des Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung bedürfe. Ferner gehe der Senat unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnislage davon aus, dass die Mund-Nase-Bedeckung keine allgemeinen Gesundheitsgefahren für den Träger hervorrufe. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass sich solche aus der möglichen Schadstoffbelastung der für die Herstellung der Masken verwendeten Textilien ergäben, da insoweit dieselben rechtlichen Vorgaben gelten würden wie bei anderen Kleidungsstücken, und es den Benutzern im Übrigen freistehe, unter den vorhandenen (schadstofffreien) Masken zu wählen. Angesichts der anhaltenden Berichterstattung in den Medien zum Schutzzweck der Mund-Nase-Bedeckung sei auch nicht davon auszugehen, dass diese eine „trügerische Sicherheit“ beim Träger hervorriefen, vielmehr dürfte allgemein bekannt sein, dass weitere Schutzvorkehrungen, wie etwa die Einhaltung des Sicherheitsabstands, durch das Tragen der Maske nicht obsolet würden. Schließlich erschienen die damit verbundenen Einschränkungen angesichts des Schutzzwecks hinnehmbar. Die Trageverpflichtung sei räumlich und zeitlich begrenzt. Geeignete Bedeckungen seien üblicherweise in jedem Haushalt vorhanden oder könnten selbst hergestellt bzw. im örtlichen Handel kostengünstig erworben werden. Zudem gebe es Ausnahmebestimmungen, z. B. für Personen, die aus medizinischen Gründen keine Mund-Nase-Bedeckung tragen könnten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Bundesverfassungsgericht beanstandet Maskenpflicht im Saarland nicht!

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sieht in der Maskenpflicht, die u.a. im Saarland zu beachten ist, keinen Verstoß gegen das Grundgesetz (BVerfG, Beschl. v. 07.07.2020
– 1 BvR 1187/20
).

  1. Die Pflicht, alle Mitarbeiter eines Schlachtbetriebs zweimal pro Woche zu testen, ist unverhältnismäßig

Der VGH Mannheim hat entschieden, dass die Pflicht, alle Mitarbeiter eines Schlachtbetriebs zweimal pro Woche zu testen zu lassen, unverhältnismäßig sei (VGH Mannheim, Beschl. v. 30.07.2020 – 1 S 2087/20). In der Pressemitteilung v. 03.08.2020 heißt es:

„Die Corona-Verordnung Schlachtbetriebe und Fleischverarbeitung bestimmt, dass in Betrieben, deren Betriebsstätte im Schlacht- und Zerlegebereich über mehr als 100 Beschäftigte verfügt, alle Beschäftigten zweimal wöchentlich einer Testung auf den Coronavirus zu unterziehen sind (§ 4 Abs. 2) und dass die Organisation und Finanzierung dieser Testungen dem Betriebsinhaber obliegt (§ 4 Abs. 3). Hiergegen wandte sich ein im Regierungsbezirk Tübingen gelegener Schlachtbetrieb (Antragstellerin) mit einem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO.

Der Antrag hatte teilweise Erfolg. Der 1. Senat des VGH hat die Pflicht, alle Beschäftigten zweimal wöchentlich zu testen (§ 4 Abs. 2 Corona-Verordnung Schlachtbetriebe und Fleischverarbeitung), ab dem 10. August vorläufig außer Vollzug gesetzt. Im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt.

Zur Begründung führt der 1. Senat aus: Nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes kann das Land durch Rechtsverordnung die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus treffen. Die Argumentation der Antragstellerin, die vorgeschriebenen Reihentestungen könnten schon begrifflich keine „Schutzmaßnahmen“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes sein, da es um Beschäftigte gehe, die keine Krankheitssymptome haben, treffe nicht zu. Denn Reihentestungen könnten dazu beitragen, in einer Gruppe von asymptomatischen Menschen Infektionen mit dem Coronavirus frühzeitig zu erkennen, und diese Personen bei Bedarf zu isolieren, um so die andernfalls drohende Weiterverbreitung des Virus verhindern.

Reihentestungen seien auch ein geeignetes Mittel. Es treffe zwar zu, dass das RKI von einer ungezielten Testung von asymptomatischen Personen insbesondere aufgrund der unklaren Aussagekraft eines negativen Ergebnisses, das lediglich eine Momentaufnahme darstelle, und wegen der Schaffung eines trügerischen Sicherheitsgefühls in der Regel abrate. Allerdings weise das RKI auch darauf hin, dass es abweichend von dieser Regel in bestimmten Situationen sinnvoll sein könne, Personen ohne erkennbare Symptome zu testen. Das gelte vor allem für Einrichtungen mit besonderen Infektionsgefahren, weil viele, unter Umständen auch sehr vulnerable Personen dort regelmäßig zusammenkämen, vor Ort erhöhten Infektionsgefahren ausgesetzt seien und ein einzelner Infektionsherd deshalb in kurzer Zeit zu einer sehr schnellen, umfassenden und nicht mehr nachvollziehbaren Weiterverbreitung des Virus führen könne. Zu solchen Einrichtungen zählten Schlachtbetriebe aufgrund der Zahl der dort tätigen Personen, der aus lebensmittelhygienischen Gründen gebotenen Absenkung der Temperatur in den Betriebsstätten, der Schwere der körperlichen Arbeit, die zu einem erhöhten Aerosolausstoß führe, der hohen Fluktuation der vielfach durch Subunternehmer gestellten Mitarbeiter sowie teilweise zusätzlich deren Unterbringung in Sammelunterkünften.

Die starre und einzelfallunabhängige Pflicht zur Testung zweimal pro Woche sei allerdings zu weitgehend. Denn ein die Betriebe weniger belastendes, aber ebenso geeignetes Mittel dürfte eine Vorschrift sein, die Reihentestungen grundsätzlich vorschreibe, den betroffenen Betreibern aber die Möglichkeit eröffne, bei der zuständigen Behörde Ausnahmen von dieser Vorgabe für ihren Einzelfall zu beantragen. Denn es sei möglich, dass Betrieben der Nachweis gelinge, dass in ihrem Einzelfall ein spezifisches Hygienekonzept vorliege und tatsächlich umgesetzt werde, das es erlaube, auf eine anlasslose zweimal wöchentliche Testung von sämtlichen Beschäftigten teilweise zu verzichten. Denkbar sei es beispielsweise, dass in einem Betrieb aufgrund eines Hygienekonzepts – das freilich selbst ein Mindestmaß an anlasslosen Testungen in den besonders gefährdeten Betriebsbereichen und beispielsweise für Urlaubsrückkehrer werde vorsehen müssen – und angesichts der individuellen baulichen und sonstigen Bedingungen sichergestellt sei, dass bestimmte Mitarbeiter etwa aus dem Verwaltungsbereich tatsächlich keinen Kontakt zu Beschäftigten aus den besonders infektionsgefährdeten Betriebsstätten hätten.

Nicht zu beanstanden sei hingegen, dass der Betrieb die Organisation und Finanzierung der Testungen leisten müsse. Denn Kosten von Schutzmaßnahmen nach § 28 Infektionsschutzgesetz müsse grundsätzlich derjenige tragen, der zu den Schutzmaßnahmen verpflichtet werde.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 1 S 2087/20).“

  1. Unverändertes Umgangsrechts während der Coronavirus-Pandemie

Das OLG Braunschweig hatte über das Umgangsrecht eine nicht betreuenden Elternteils mit seinem Kind während der Coroanvirus-Zeiten zu entscheiden (OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.05.2020 – 1 UF 51/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Dass die Corona-Pandemie grundsätzlich nicht dazu führt, dass dem nicht betreuenden Elternteil der Umgang mit seinem Kind verweigert werden kann, entschied der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch Beschluss vom 20. Mai 2020 (1 UF 51/20).

Der Vater des fast sechsjährigen Mädchens hatte beim Familiengericht in Braunschweig eine Umgangsregelung erwirkt, die Kontakte mit seiner Tochter am Wochenende mit Übernachtungen vorsah. Dagegen hatte die Mutter Beschwerde zum Oberlandesgericht eingelegt und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Der Antrag hatte keinen Erfolg. Der 1. Familiensenat entschied, dass der Umgang mit dem Vater dem Kindeswohl diene. Die Mutter sei auch nicht berechtigt, die Kontakte aufgrund der Corona-Pandemie zu verweigern. Die Pandemie biete weder einen Anlass, bestehende Umgangsregeln abzuändern, noch den Umgang auszusetzen.

Auch wenn der Vater und das Kind nicht in einem Haushalt leben würden, sei der Umgang nicht verboten. Der Umgang zwischen einem nicht betreuenden Elternteil und seinem Kind gehöre zu dem absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte, betonte der 1. Familiensenat.

Etwas Anderes gelte nur dann, wenn der Kontakt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sei, etwa wegen Quarantäne, Ausgangssperre oder der nachweislichen Infektion des umgangsberechtigten Elternteils oder eines Angehörigen seines Haushalts mit Covid 19. Die Erkrankung des Kindes selbst stehe einem Umgang dagegen grundsätzlich nicht entgegen, weil auch der zum Umgang berechtigte Elternteil sein krankes Kind versorgen und pflegen könne.“

  1. Ohne Zustimmung des mitsorgeberechtigten Elternteils keine Reise nach Mallorca

Das OLG Brauschweig hat entschieden: Beabsichtigt ein ge­trennt­le­ben­der El­tern­teil mit den ge­mein­sa­men Kin­dern aktuell nach Mal­lor­ca in die Fe­ri­en zu flie­gen, benötigt er die Zu­stim­mung des mit­sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern­teils; während der Corona-Pandemie han­de­le es sich bei einer derartigen Reise nicht um eine An­ge­le­gen­heit des täg­li­chen Le­bens (OLG Braunschweig, Beschl. v. 30.07.2020 – 2 UF 88/20). Gegebenenfalls muss das Familiengericht entscheiden.

  1. Lungenkranke Lehrerin muss wegen COVID-19 nicht unterrichten

Eine Leh­re­rin in Schles­wig-Hol­stein muss wegen einer Lun­gen­er­kran­kung vor­erst kei­nen Prä­senz­un­ter­richt erteilen; das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Schles­wig un­ter­sag­te Kie­ler Bil­dungs­mi­nis­te­ri­um, die Leh­re­rin bis zu einer end­gül­ti­gen Ent­schei­dung wie ge­plant ein­zu­set­zen (VG Schleswig, Beschl. v. 06.08.2020).

  1. Kein umfassendes Prostitutionsverbot im Saarland („kleine Prostitutionsstätten“)

Ein Eilantrag gegen das umfassendes Verbot zur Erbringung sexueller Dienstleistungen in der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie des Saarlandes war vor dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes erfolgreich (OVG Saarbrücken, Beschl. v. 06.08.2020 – 2 B 258/20). In der Pressemitteilung heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Beschluss vom 6.8.2020 dem Antrag der Betreiberin einer Prostitutionsstätte (Antragstellerin) gegen das generelle Verbot der Erbringung sexueller Dienstleistungen sowie der Ausübung des Prostitutionsgewerbes in § 7 Abs. 1 der aktuellen Verordnung der Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stattgegeben (Aktenzeichen 2 B 258/20).

In der im vorläufigen Rechtsschutz ergangenen Entscheidung wurde diese Vorschrift vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit sie ein uneingeschränktes und generelles Verbot sowohl der Erbringung entgeltlicher sexueller Dienstleistungen als auch der Ausübung des Prostitutionsgewerbes im Sinne des § 2 Abs. 3 des ProstSchG enthält, unabhängig von der Frage der Einhaltung spezieller Hygienekonzepte im Einzelfall auch bei kleinen Prostitutionsstätten, in denen eine Begegnung zwischen den Kunden ausgeschlossen und zudem der Kontakt auf eine Dienstleisterin pro Kunde beschränkt ist. Die Antragstellerin betreibt eine solche „kleine Prostitutionsstätte“, hatte einen vorläufigen Verzicht auf die „Betriebssparte Sex“ erklärt und auf für sie weitreichende Folgen durch diese nunmehr seit rund fünf Monaten geltende uneingeschränkte Betriebsuntersagung verwiesen.

Die Antragstellerin hat auf die mit der Verlagerung der Erbringung sexueller Dienstleistungen in „unkontrollierte“ Bereiche einhergehenden erheblichen Infektionsrisiken verwiesen und geltend gemacht, das absolute Verbot der Prostitution sei angesichts der derzeitigen Entwicklung des Infektionsgeschehens im Saarland und mit Blick auf die in der Vergangenheit erfolgten Lockerungen für andere Erbringer körpernaher Dienstleistungen wie Friseure, Nagelstudios, Tattoo- und Kosmetikstudios sowie Massagesalons am Maßstab des vom Verordnungsgeber zur beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatzes inzwischen nicht mehr zu rechtfertigen. Zur Vermeidung von Infektionen hat sie ferner ein auf die konkreten Verhältnisse ihres „überschaubaren“ Betriebs bezogenes umfangreiches Hygienekonzept vorgelegt und erläutert. Diese Maßnahmen schlössen die unter seuchenrechtlichen Aspekten weitgehend zu verhindernden Ansammlungen von Menschen in denselben Räumen aus.

Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts ist dieser Argumentation unter Verweis unter anderem auf die weniger strenge Handhabung in anderen Bundesländern bezogen auf kleine Prostitutionsstätten gefolgt und hat weiter ausgeführt, dass die Sachverhaltsumstände und der Zeitablauf im konkreten Fall auch eine Verletzung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin nach gegenwärtigem Stand nahelegten.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.“

  1. Kein Mindestabstand in Berliner Schulen

Das Berliner Verwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren entschieden, dass im Hinblick auf das Coronavirus an Berliner Schulen kein Mindestabstand eingehalten werden muss (VG Berlin, Beschl. v. 07.08.2020 – VG 14 L 234/20. In der Pressemitteilung Nr. 40/2020 v. 10.08.2020 heißt es:

„Die Schulen in Berlin dürfen ohne den Mindestabstand von 1,5 Metern öffnen, der ansonsten bei physischen sozialen Kontakten in der Öffentlichkeit einzuhalten ist.

Das hat das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden.

Zwei Berliner Schülerinnen und ihre Eltern hatten um Rechtsschutz nachgesucht und geltend gemacht, dass auch in der Schule der Mindestabstand einzuhalten sei, um die Schüler- und Lehrerschaft effektiv vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Dem folgte das Gericht nicht. Das Land Berlin habe den Mindestabstand in den Schulen aufheben dürfen, um dem staatlichen Bildungsauftrag gerecht zu werden. Der Unterricht an öffentlichen Schulen könne effektiv nur als Präsenzunterricht erfolgen. Dieser könne aufgrund personeller und räumlicher Zwänge nur in voller Klassenstärke gewährleistet werden, was nur unter Verzicht auf den Mindestabstand möglich sei.

Es treffe zwar zu, dass das Robert Koch-Institut empfehle, den Mindestabstand von 1,5 Metern stets einzuhalten, um einer Tröpfcheninfektion vorzubeugen. Jedoch habe das Land Berlin eine ausreichende Anzahl anderer Maßnahmen vorgesehen, die geeignet seien, das Infektionsrisiko in der Schule signifikant zu senken und die den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts folgten. Der Musterhygieneplan der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sehe vor, dass zumindest außerhalb des Unterrichts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen sei, die Schulräume regelmäßig gelüftet werden müssten und auf Handhygiene zu achten sei. Unter Berücksichtigung dieser Vorkehrungen erfülle der Staat seine verfassungsrechtlich vorgesehene Pflicht, Leib und Leben zu schützen.
Zudem würden Schülerinnen und Schüler mit einem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Schülerhaushalte mit Risikopersonen durch besondere Regelungen geschützt.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Erfolgreicher Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs in NRW gegen infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat dem Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs aus dem Kreis Warendorf gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vermeidung weiteren Infektionsgeschehens in Großbetrieben der Fleischwirtschaft vom 20.07.2020 stattgegeben (VG Münster, Beschl. v. 06.08.2020 – 5 L 596/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.08.2020 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 6. August 2020 dem Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs aus dem Kreis Warendorf gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vermeidung weiteren Infektionsgeschehens in Großbetrieben der Fleischwirtschaft vom 20. Juli 2020 stattgegeben.

Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung ordnet für Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten in der Produktion insbesondere an, dass die Beschäftigten grundsätzlich mindestens zwei Mal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers auf das Coronavirus getestet werden müssen.

Dem hiergegen gerichteten Eilantrag gab das Gericht statt und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Allgemeinverfügung sei aller Voraussicht nach (offensichtlich) rechtswidrig. Die Gefahrenlage durch die Corona-Pandemie sei zwar allgemein, aber auch konkret in der Fleischindustrie weiterhin als hoch einzustufen. In Bezug auf den Betrieb der Antragstellerin seien die angeordneten Maßnahmen allerdings nicht erforderlich. Fleischverarbeitungsbetriebe wie derjenige der Antragstellerin dürften nicht, jedenfalls nicht ohne nähere Begründung, mit Schlachthöfen und Zerlegebetrieben gleichgestellt werden. Es sei von dem Antragsgegner nichts Belastbares dazu vorgebracht worden, dass die Gefahrenlage der „Fleischindustrie“ auch auf den Betrieb der Antragstellerin zutreffe. Die Produktionsbedingungen der Antragstellerin wichen von den der Allgemeinverfügung zugrunde gelegten ab. Insbesondere werde das bereits zerlegte Fleisch nicht unter denselben „klimatischen“ Bedingungen (Umluftkühlungen) verarbeitet. Für das Gericht sei nur ersichtlich, dass Schlacht- und Zerlegebetriebe sogenannte Hotspots für Infektionsgeschehen darstellen. Der Antragsgegner setze sich durch die generalisierende Anordnung somit in Widerspruch zu seiner selbst bekundeten Einschätzung der Gefahrenlage und der zu ihrer Bewältigung einzusetzenden Mittel, keine besonderen Schutzvorschriften für das gesamte produzierende Gewerbe vorzusehen. Ferner sei die Anordnung auch deswegen rechtswidrig, weil eine ausnahmslose Verpflichtung, ohne die Möglichkeit, den jeweiligen Produktionsbedingungen durch Befreiungstatbestände Rechnung zu tragen, nicht notwendig sei. Schließlich falle auch die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, weil es keine belegbaren Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung der Allgemeinheit durch den Betrieb der Antragstellerin gebe.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

  1. Betrieb einer Dampfsauna in Dresden bleibt untersagt

Das Verwaltungsgericht Dresden hat einen Eilrechtschutzantrag gegen das in der Allgemeinverfügung zum  Vollzug des Infektionsschutzgesetztes vom 14.07.2020 enthaltene Verbot des Betriebs von Dampfbädern und Dampfsaunen abgelehnt (VG Dresden, Beschl. v. 07.08.2020 – 6 L 512/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.08.2020 heißt es:

„Der Betreiber einer Saunaanlage in Dresden kann die Erlaubnis zum Anheizen seiner Dampfsauna nicht vor dem Verwaltungsgericht Dresden erstreiten. Sein Eilrechtsschutzantrag gegen das in der Allgemeinverfügung zum  Vollzug des Infektionsschutzgesetztes vom 14. Juli 2020 enthaltene Verbot des Betriebs von Dampfbädern und Dampfsaunen, wurde von der 6. Kammer des Gerichts mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt (Az. 6 L 512/20).

Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, dass ihr Saunabetrieb keine Gefahr darstelle. In ihrer Dampfsauna könnten vier Personen unter Einhaltung der Abstandsregeln saunieren. Wegen der Betriebsuntersagung blieben viele Kunden aus. Sowohl die Mitarbeiter der Antragstellerin als auch ihre Kunden seien im Umgang mit Hygieneregeln vertraut. Schließlich seien in anderen Bundesländern Dampfsaunen wieder erlaubt.

Das Sächsische Sozialministerium als Antragsgegner hielt den Antrag für unzulässig. Das Verbot von Dampfsaunen ergebe sich bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 der Sächsischen Corona-Schutzverordnung und werde in der angegriffenen Allgemeinverfügung nur noch einmal wiederholt. Zudem werde das ausgesprochene Verbot für erforderlich und verhältnismäßig gehalten. Anders als bei einer Trockensauna, die mit 80 Grad Celsius betrieben werden müsse, wodurch die SARS-CoV-2-Viren abgetötet würden, könne eine Dampfsauna nur mit 60 Grad Celsius beheizt werden. Diese Temperatur  reiche nicht zur Abtötung der Viren aus. Zudem würde durch den Dampf die Verteilung von Aerosolen begünstigt, weshalb auch der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht ausreiche.

Die Kammer folgte in ihrer Entscheidung bereits dem ersten Argument des Antragsgegners. Für den Antrag fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil die Antragstellerin damit nicht den Betrieb ihrer Dampfsauna erreichen könne. Selbst wenn die Kammer die Allgemeinverfügung insoweit aufhebe, verbleibe es bei dem in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung geregelten Verbot.  Das Gericht wies darauf hin, dass zu dessen Aufhebung ein Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu richten wäre.

Gegen den Beschluss kann binnen zwei Wochen Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht erhoben werden.“

  1. Keine Pflicht der Schulbehörde, einen Mund-Nasen-Schutz anzuordnen

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat den Antrag eines Antragstellers, die Schulbehörde zu verpflichten, in Schulen für Schüler und für das Lehrpersonal das Tragen von Mund-Nasen-Schutz auch während des Unterrichts anzuordnen, gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dahingehend  ausgelegt,  dass  er  den  Erlass  einer  solchen  Anordnung durch die zuständige Stelle begehrt; der Antrag hatte keinen Erfolg (VG Hamburg, Beschl. v. 06.08.2020 – 3 E 3336/20).

  1. Erfolgloser Eilantrag auf Triage-Regelung im Zusammenhang mit COVID-19

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Untätigkeit des Gesetzgebers im Zusammenhang mit COVID-19 abgelehnt (BVerfG, Beschl. v. 16.07.2020 – 1 BvR 1541/20). Der Antrag zielte auf die Einsetzung eines Gremiums zur verbindlichen Regelung der Behandlungsentscheidung im Rahmen der Covid-19-Pandemie auf Grundlage der Triage ab. In der Pressemitteilung Nr. 74/2020 v. 14.08.2020 heißt es:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Untätigkeit des Gesetzgebers abgelehnt. Er zielte konkret auf die Einsetzung eines Gremiums zur verbindlichen Regelung der Behandlungsentscheidung im Rahmen der Covid-19-Pandemie auf Grundlage der Triage.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführenden leiden unter verschiedenen Behinderungen und Vorerkrankungen. Sie gehören daher nach der Definition des Robert Koch-Instituts zu der Risikogruppe, bei der im Fall einer Covid-19-Erkrankung mit schweren Krankheitsverläufen zu rechnen ist. Sie befürchten, aufgrund ihrer Behinderung oder Vorerkrankung medizinisch schlechter behandelt oder gar von einer lebensrettenden Behandlung ausgeschlossen zu werden, weil statistisch gesehen bei ihnen die Erfolgsaussichten einer intensivmedizinischen Behandlung schlechter seien. Diese sollen in der Situation der Triage aber nach den bisherigen Empfehlungen entscheidend sein. Sie wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Untätigkeit des Gesetzgebers, der bislang keine Vorgaben für die Triage gemacht habe. Sie sind der Auffassung, der Gesetzgeber müsse seiner Schutzpflicht für Gesundheit und Leben nachkommen. Vorläufig solle die Bundesregierung ein Gremium einsetzen, das die Triage verbindlich regele.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG hat keinen Erfolg. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Sie wirft vielmehr die schwierige Frage auf, ob und wann gesetzgeberisches Handeln in Erfüllung einer Schutzpflicht des Staates gegenüber behinderten Menschen verfassungsrechtlich geboten ist und wie weit der Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Regelungen medizinischer Priorisierungsentscheidungen reicht. Dies bedarf einer eingehenden Prüfung, die im Rahmen eines Eilverfahrens nicht möglich ist. Es kann hier auch offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber überhaupt im Eilverfahren zur Gesetzgebung verpflichtet werden kann. Vorliegend rechtfertigt schon die an den bisherigen strengen Maßstäben für eine einstweilige Anordnung orientierte Folgenabwägung deren Erlass nicht. Das momentan erkennbare Infektionsgeschehen und die intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten lassen es in Deutschland derzeit nicht als wahrscheinlich erscheinen, dass die Situation der Triage eintritt.

Soweit sich der Eilantrag im Übrigen konkret darauf richtet, zunächst durch die Bundesregierung ein Gremium auch mit Interessenvertretungen der Betroffenen benennen zu lassen, das die Verteilung knapper intensivmedizinischer Ressourcen vorläufig regelt, würde dies die Situation der Beschwerdeführenden nicht wesentlich verbessern. Auch ein solches Gremium wäre nicht legitimiert, Regelungen mit der Verbindlichkeit einer gesetzgeberischen Entscheidung zu erlassen, auf die es den Beschwerdeführenden gerade ankommt.“

  1. Keine Hochzeitsfeier mit mehr als 50 Teilnehmern in Niedersachsen!

In Niedersachsen dürfen wegen der Coronavirus-Pandemie und aufgrund einer Verordnung Hochzeitsfeiern mit mehr als 50 Teilnehmern nicht stattfinden; das hat das OVG Niedersachsen bestätigt (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 13.08.2020 – 13 MN 290/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 14.08.2020 heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 13. August 2020 (Az.: 13 MN 290/20) in einem Normenkontrolleilverfahren den Antrag auf Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 5 Nr. 1 der (6.) Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 in der Fassung vom 31. Juli 2020 (im Folgenden: Verordnung) verworfen. Nach dieser Vorschrift ist die Teilnahme an Hochzeitsfeiern in außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten zulässig, jedoch mit jeweils nicht mehr als 50 Personen.

Die Antragstellerin vermietet ein Anwesen, das aus weitläufigen Außenanlagen und mehreren Gebäuden besteht, für Hochzeitsfeiern mit typischerweise 80 bis 120 Gästen. Mit ihrem Normenkontrolleilantrag hat sie geltend gemacht, die Beschränkung auf 50 Personen sei zu restriktiv. Auf ihren weitläufigen Außenanlagen sei die Einhaltung von Sicherheitsabständen problemlos möglich, eine Dokumentation aller Anwesenden sei ohnehin gegeben. Sie werde im Vergleich zu Veranstaltungsorten in anderen Bundesländern benachteiligt, da dort deutlich größere Hochzeitsgesellschaften zulässig seien. Eine weitere Benachteiligung ergebe sich im Hinblick auf die Gastronomie, wo keinerlei Beschränkung der Personenzahl bestehe. Außerdem sei nicht nachzuvollziehen, dass weiterhin Hochzeitsfeiern in der eigenen Wohnung weitgehend ohne Beschränkungen möglich seien.

Der 13. Senat ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Er hat den Antrag als bereits unzulässig verworfen, da sich die Antragstellerin allein gegen den § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Verordnung gewendet habe, der inhaltlich eine Privilegierung von Hochzeitsfeiern gegenüber sonstigen Feiern (z.B. Geburtstagsfeiern) darstelle. Im Rahmen der mit dem gestellten Normenkontrolleilantrag lediglich möglichen vorläufigen Aussetzung der angefochtenen Vorschrift könne nicht die Ausweitung dieser Privilegierung erreicht werden. Eine derartige Neugestaltung sei dem Verordnungsgeber vorbehalten.

Der Senat hat die Begrenzung von Hochzeitsfeiern auf 50 Personen darüber hinaus als voraussichtlich rechtmäßig angesehen. Die Corona-Pandemie rechtfertige es, Feiern, bei denen es typischerweise zu überschwänglichen Handlungen komme, in ihrer Teilnehmerzahl zu beschränken, und zwar unabhängig vom verfügbaren Platzangebot. Bei der Festsetzung der genauen Höchstzahl der Teilnehmer habe das Land Niedersachsen einen Spielraum, der mit 50 Personen nicht überschritten sei. Feiern unterschieden sich etwa von Gastronomiebesuchen dadurch, dass ein engerer und länger andauernder Kontakt zwischen allen Anwesenden stattfinde. Eine Unterschreitung der gebotenen Abstände bei Hochzeitsfeiern entspreche der menschlichen Natur.

Dass das Land Niedersachsen sich dafür entschieden habe, Feiern in privaten Wohnungen als dem elementaren Lebensraum des Einzelnen weitgehend unreguliert zu lassen, sei kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dieser binde den Vorordnungsgeber nur für seinen Zuständigkeitsbereich, sodass eine unterschiedliche Behandlung in verschiedenen Bundesländern zulässig sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Steh-Bier-Verbot in Bamberg voraussichtlich rechtmäßig

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hält das in Bamberg geltende Steh-Bier-Verbot für voraussichtlich rechtmäßig (BayVGH, Beschl. v. 13.08.2020 – 20 CS 20.1821). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Verwaltungsgerichtshof bestätigt vorläufig das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke („Steh-Bier-Verbot“) in Bamberg. Der  Bayerische  Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen  Rechtsschutzes festgestellt, dass das von der Stadt Bamberg verhängte Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke ab 20 Uhr („Steh-Bier-Verbot“) an Wochenenden und während der (ausgefallenen) „Sandkerwa“ in bestimmten Teilen der Bamberger Altstadt voraussichtlich rechtmäßig ist. Er hat einen in erster Instanz ergangenen anderslautenden Beschluss geändert und einen gegen das Verbot gerichteten Eilantrag abgelehnt. Die Betreiberin von drei Gastronomiebetrieben in der Bamberger Altstadt hielt  das mit Allgemeinverfügung vom 27. Juli 2020 verhängte Verbot für unverhältnismäßig. Sie hatte dagegen Klage erhoben und gleichzeitig einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das  Verwaltungsgericht Bayreuth war dem Antrag gefolgt und hatte die aufschiebende  Wirkung  der  Klage zugunsten der Antragstellerin angeordnet  und  diese damit vorläufig vom Verbot der Abgabe alkoholischer Getränke außer Haus befreit. Hiergegen war die Stadt Bamberg mit der Beschwerde vorgegangen. Der BayVGH hat entschieden, dass das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke als notwendige Schutzmaßnahme voraussichtlich auf das  Infektionsschutzgesetz(IfSG) gestützt werden kann. Im  Bereich der Bamberger Altstadt  sei es immer wieder zu wegen der Corona-Pandemie bedenklichen Ansammlungen einer  großen Zahl von Menschen gekommen. Das Verbot sei ein geeignetes, erforderliches und an-gemessenes Mittel, um der Verbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken. Dass das  Verbot geeignet sei, der Entstehung von Menschenansammlungen vorzubeugen, belege insbesondere der Umstand, dass sich die Situation während der Geltung des ersten Verbots  von Anfang Juli deutlich verbessert habe. Der Senat folgte insbesondere nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Stadt Bamberg und die  Polizeibehörden zunächst gegen  einzelne Personen und Gruppen selbst hätte vorgehen müssen. Gegen den Beschluss  des  BayVGH gibt es keine  Rechtsmittel. Bis zur Entscheidung über die Hauptsache durch das Verwaltungsgericht gilt das Verbot damit nun auch wieder für die Antragstellerin.(BayVGH, Beschluss vom 13. August 2020, Az. 20 CS 20.1821).“

  1. Präsenzunterricht an hessischen Schulen kann beginnen!

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel hat entschieden, dass der Präsenzunterricht in Hessen nach dem Ende der Schulferien wie geplant durchgeführt werden darf (VGH Kassel, Beschl. v. 13.08.2020 – 8 B 1912/20.N). In der Pressemitteilung Nr. 31/2020 des Gerichts v. 13.08.2020 heißt es:

„Mit soeben den Beteiligten bekanntgegebenem Beschluss vom heutigen Tage hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass § 3 Abs. 1 der Zweiten Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus nicht außer Vollzug gesetzt wird. Ein entsprechender Eilantrag wurde als unzulässig verworfen.

Die Antragstellerin ist eine Schülerin aus Frankfurt am Main, die ab dem 17. August 2020 ein staatliches Gymnasium besuchen wird. Sie ging deshalb in einem Normenkontroll-Eilverfahren gegen die oben genannte Vorschrift vor, die in ihrer aktuellen Fassung wie folgt lautet:

  • 3

(1) In Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen nach § 33 Nr. 3 des Infektionsschutzgesetzes sind die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Hygiene zu beachten. Die Leiterin oder der Leiter kann allgemein oder für bestimmte Fallgruppen anordnen, dass außerhalb des Präsenzunterrichts im Klassen- oder Kursverband eine Mund-Nase-Bedeckung nach § 1a Satz 2 zu tragen ist. Sie oder er kann vor der Entscheidung über die Anordnung die Beratung durch den schulärztlichen Dienst nach § 1 Nr. 6 der Verordnung über die Zulassung und die Ausgestaltung von Untersuchungen und Maßnahmen der Schulgesundheitspflege vom 19. Juni 2015 (GVBl. S. 270) in der jeweils geltenden Fassung in Anspruch nehmen. § 1a Satz 3 und 4 gilt entsprechend. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung vom 7. Mai 2020 (GVBl. S. 302, 315), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2020 (GVBl. S. 502), findet keine Anwendung.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag im Wesentlichen damit begründet, die angestrebte Schulöffnung führe unstreitig zu einer Erhöhung des Infektionsrisikos. Damit verstoße die angegriffene Regelung gegen Art. 3 GG, da es nicht nachvollziehbar sei, weshalb Schüler sich im Klassenraum ohne Einhaltung eines Abstands von 1,5 m aufhalten dürften, während in nahezu allen anderen Bereichen des täglichen Lebens die Abstandsregel sowie Maskenpflicht gelte.

Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Eilantrag als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Antragstellerin fehle es bereits am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Ein Gericht müsse nicht in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für die Antragstellerin wertlos sei. Dies sei hier der Fall, denn die Antragstellerin könne mit dem vorliegenden Verfahren keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erreichen.

Auch bei Erfolg ihres Antrages wäre die Antragstellerin zur Teilnahme am Präsenzunterricht ohne Einhaltung der Abstandsregelung und auch ohne die Verpflichtung aller Schüler, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, verpflichtet. Denn die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Corona-Kontakt-und-Betriebsbeschränkungsverordnung angeordnete Abstandsregelung gelte lediglich im öffentlichen Raum, wozu jedenfalls die Klassenräume nicht gehörten.

Die von der Antragstellerin in der Sache begehrte Einhaltung der Abstandsregel bzw. die Verpflichtung aller Schüler und Lehrer zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts könne sie daher durch eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm nicht erreichen. Die Antragstellerin bleibe auf Grund der aus § 56 Abs. 1 und 2 HSchulG resultierenden Schulpflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht verpflichtet.“

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.“

  1. Party zum 26. Geburtstag mit 70 Gästen darf in NRW nicht stattfinden

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat mit Beschluss v. 14.08.2020 in einem Eilverfahren entschieden, dass eine private Party zum 26. Geburtstag mit 70 Gästen nicht wie geplant stattfinden darf (VG Münster, Beschl. v. 14.08.2020 – 5 L 684/20). In der Pressemitteilung v. 14.08.2020 heißt es:

„Der in Münster lebende Antragsteller hatte im Vorfeld der Feier seine Nachbarschaft über das Vorhaben informiert. Nachdem das Ordnungsamt der Stadt Münster von der geplanten Feier Kenntnis erlangte, teilte es dem Antragsteller mit, dass nach den Regelungen der Coronaschutzverordnung nur Feiern aus einem herausragenden Anlass (z. B. Jubiläum, Hochzeit-, Tauf-, Geburtstags-, Abschlussfeier) mit höchstens 150 Teilnehmern zulässig seien. Nach dem Sinn der Vorschrift fielen ausschließlich Geburtstagsfeiern zu runden Geburtstagen hierunter. Der 26. Geburtstag sei kein runder Geburtstag.

Den hiergegen gerichteten Eilantrag lehnte das Gericht ab. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Die vom Antragsteller geplante Feier mit ca. 70 Gästen sei in der von ihm vorgesehenen Weise verboten. Die Feier sei als eine Ansammlung mehrerer Personen zu einem gemeinsamen – geselligen – Zweck eine Veranstaltung, die nicht unter eine besondere Regelung der Coronaschutzverordnung falle. Die Durchführung der Feier lediglich mit geeigneten Vorkehrungen zur Hygiene (Desinfektionsmittel etc.) und einfacher Rückverfolgbarkeit sei nicht zulässig. Ein Fest anlässlich einer Feier des 26. Geburtstages stelle auch keinen herausragenden Anlass dar, bei dem das Abstandsgebot und eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht gälten. Soweit der Klammerzusatz das Ereignis „Geburtstag“ ausdrücklich erwähne, ziele dies illustrierend darauf ab, dass auch ein Geburtstag ein herausragendes Ereignis sein könne, z. B. bei runden Geburtstagen. Der 26. Geburtstag des Antragstellers sei nach allgemein üblichem Verständnis kein „runder“. Im Übrigen dürfe der Verordnungsgeber weiterhin davon ausgehen, dass die Corona-Pandemie eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründe und die besondere Gefährdungslage erst recht bei privaten Veranstaltungen mit nahem Kontakt zwischen einer Vielzahl von Personen, lautstarker Unterhaltung, ggf. auch mit Gesang oder gemeinsamem Tanzen vorliege.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde eingelegt werden.“

  1. Erfolgreicher Antrag eines Schülers gegen die Verpflichtung, in der Schule eine Mund-Nase-Maske zu tragen

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig gewährt Eilrechtsschutz gegen die Verpflichtung eines Schülers zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung an einer Kieler Schule (VG, Beschl. v. 19.08.2020 – 9 B 23/20). In der Pressemitteilung v. 19.08.2020 heißt es:

„Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (9. Kammer, Aktenzeichen 9 B 23/20) hat mit Beschluss vom heutigen Tage festgestellt, dass der Widerspruch eines Schülers gegen die von seiner Schule ausgesprochene Verpflichtung der Schülerinnen und Schüler, Mund-Nase-Bedeckungen auch während des Unterrichts zu tragen, aufschiebende Wirkung hat. Das bedeutet, dass diese Verpflichtung ihm gegenüber vorläufig nicht durchgesetzt werden kann. Für andere Schülerinnen und Schüler hat die Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen.

Das Gericht hat die im Hygienekonzept der Schule enthaltene Verpflichtung, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, als Verwaltungsakt eingestuft. Die Verpflichtung greife in relevanter Weise in das Grundrecht der Schüler auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes) ein.

Gegen diesen Verwaltungsakt habe der Antragsteller Widerspruch eingelegt, dem kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukomme. Die Schule habe auch nicht die sofortige Vollziehbarkeit der „Maskenpflicht“ angeordnet. Weil die Schulen auch keine Infektionsschutzbehörden seien, greife die im Infektionsschutzgesetz angeordnete sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten dieser Behörden nicht.

Zu der Frage, ob die Anordnung der „Maskenpflicht“ und der damit verbundene Grundrechtseingriff selbst rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig ist, hat sich das Gericht nicht geäußert.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.“

Siehe aber auch die nachfolgend zitierte Entscheidung des OVG Münster (Nr. 173)!

  1. Keine einseitige Abweichung vom gerichtlich geregelten Umgang wegen Corona durch einen Elternteil

Das OLG Frankfurt a. M. hat entschieden, dass ein Elternteil nicht einseitig von einem gerichtlich geregeltem Umgang allein wegen der Corona-Pandemie abweichen darf (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 08.07.2020 – 1 WF 102/20). In der Presseerklärung Nr. 63/2020 v. 20.08.2020 heißt es:

„Ein familiengerichtlich geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil darf ohne rechtfertigende Änderungsentscheidung des Familiengerichts nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden. Gegen einen Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss.

Der Umgang des gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vaters mit dem 10-jährigen Kind der Eltern war mit Beschluss des Familiengerichts im August 2018 geregelt worden. Demnach bestand zu Gunsten des Vaters ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie ein Ferienumgang mit dem bei der Mutter wohnenden Kind. Bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen diese Regelungen konnte ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 € angeordnet werden.

Im März 2020 kam es zum Konflikt zwischen den Eltern hinsichtlich des Umgangs. Ende März teilte die Mutter dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang zwischen dem Vater und dem Kind aussetze, da im Haushalt Corona-Risikogruppen lebten. Der Vater könne mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen. Mit im Haus, jedoch nicht in derselben Wohnung, wohnen die Großeltern des Kindes.

Auf Antrag des Vaters setzte das zuständige Familiengericht Ende Mai wegen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen die Mutter i.H.v. 300 € fest.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Mutter hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Da die Mutter dem Vater ab Mitte März 2020 bis jedenfalls Ende Mai 2020 keinen persönlichen Kontakt mit ihrem gemeinsamen Kind gewährte, liege eine Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Umgangsregelung vor. Die Mutter habe diese Zuwiderhandlung auch zu vertreten im Sinne von § 89 FamFG. Ohne Erfolg berufe sich die Mutter darauf, dass der gerichtlich geregelte Umgang „wegen der Kontaktbeschränkungen und der Gefahr der Verbreitung des Corona-Virus nicht habe stattfinden können,“ da sie selbst zu einer Risikogruppe gehöre und das Kind mit seinen Großeltern in einem Mehr-Generationenhaus wohne. Der umgangsverpflichtete Elternteil (hier die Mutter) ist ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils (hier der Vater) grundsätzlich nicht befugt, entgegen einer familiengerichtlichen Regelung über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren. Allein der Umstand, dass sich die Mutter irrtümlich hierzu berechtigt gefühlt habe, lasse ihr Verschulden nicht entfallen.

Grundsätzlich hätten zudem die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden können bzw. konnten. Das Bundesministerium für Justiz habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie nicht auszuschließen sei. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehe sich nicht auf die Kernfamilie. Hierzu gehörten auch Eltern in verschiedenen Haushalten. „Der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind gehört zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte und unterfällt damit einem Ausnahmetatbestand“, stellt das OLG heraus.

Ohne Erfolg verweise die Mutter zudem auf eine freiwillige Quarantäne im Hinblick auf ihre eigene Vorerkrankung und das Alter der im Haus lebenden Großeltern. Die Entscheidung, das Kind ebenfalls einer freiwilligen Quarantäne zu unterstellen, hätte von den Eltern gemeinsam im Rahmen ihrer Sorgerechtsbefugnis getroffen werden müssen. Daran fehle es hier.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.“

  1. Eilantrag gegen „Maskenpflicht“ im Unterricht in NRW bleibt erfolglos

Das OVG Münster hat entschieden, dass die Maskenpflicht an den Schulen in NRW als voraussichtlich rechtmäßig einzuschätzen ist (OVG Münster, Beschl. v. 20.08.2020 – 13 B 1197/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.08.2020 heißt es:

„Mit Eilbeschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die in der Coronabetreuungsverordnung angeordnete Pflicht, während des Schulunterrichts grundsätzlich eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, voraussichtlich rechtmäßig ist.

Die Coronabetreuungsverordnung sieht unter anderem vor, dass alle Schüler der weiterführenden und berufsbildenden Schulen, die sich auf dem Schulgelände oder im Schulgebäude aufhalten, verpflichtet sind, auch während des Unterrichts eine sogenannte Alltagsmaske zu tragen. Ausnahmen können aus medizinischen Gründen von der Schulleitung erteilt werden. Zudem können die Masken zeitweise oder in bestimmten Unterrichtseinheiten abgenommen werden, wenn dies aus pädagogischen Gründen erforderlich erscheint. Die drei Antragsteller im Alter zwischen zehn und 15 Jahren besuchen weiterführende Schulen im Kreis Euskirchen. Zur Begründung ihres Eilantrags machen sie im Wesentlichen geltend, dass der Nutzen der Alltagsmaske wissenschaftlich nicht belegt sei. Sie könne allenfalls bei korrekter Anwendung Schutz bieten, diese sei aber bei Kindern bis 14 Jahren nicht zu erwarten. Zudem führe das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung zu Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Schülern, weil sie die Atmung erschwere und bei längerer Tragedauer zu Kopfschmerzen und Konzentrationseinbußen führe. Auch behindere die Maske die Teilnahme am Unterricht, da beispielsweise Wortbeiträge mit höherer Lautstärke vorgetragen werden müssten.

Der 13. Senat hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Verpflichtung, auch während des Unterrichts grundsätzlich eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, sei insbesondere verhältnismäßig. Sie solle dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Schülern und Lehrern sowie deren Bezugspersonen zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung in der Bevölkerung insgesamt einzudämmen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn das Land annehme, dass die Wiederaufnahme des regulären Schulbetriebs mit weitgehendem Präsenzunterricht, die dem für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen bedeutsamen Anspruch auf schulische Bildung und Erziehung Rechnung trage, epidemiologisch mit einer erheblichen Gefahrensituation einhergehe. Zwar lasse sich das Infektionsrisiko von Kindern und Jugendlichen sowie deren Relevanz bei der Übertragung des Virus auf andere Personen noch nicht abschließend beurteilen, es habe aber in den letzten Monaten, auch in Nordrhein-Westfalen, immer wieder Ausbrüche an Schulen gegeben. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor bei der Bewertung des Infektionsgeschehens resultiere gegenwärtig daraus, dass kurz vor Beginn des neuen Schuljahres eine nicht unbeträchtliche Zahl von Schülern und Lehrern von Reisen (auch aus sog. Risikogebieten) zurückgekehrt sei.

Die Maskenplicht im Unterricht sei nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen – auch bei Verwendung privat hergestellter textiler Mund-Nase-Bedeckungen – geeignet, die Verbreitung der Viren einzudämmen. Dass das Tragen der Alltagsmaske Gesundheitsgefahren für die Schüler berge, sei nicht feststellbar. Insbesondere sei zu erwarten, dass den Schülern der Umgang mit der Alltagsmaske bereits aufgrund der seit längerem bestehenden Verpflichtung, diese z. B. beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln zu tragen, geläufig sei. Es lägen auch keine belastbaren Erkenntnisse für die Annahme vor, dass Alltagsmasken die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid objektiv in relevanter Weise beeinträchtigten. Die Schulleitung könne auch aus medizinischen Grün-den Ausnahmen zulassen. Im Übrigen gelte unbeschadet der Regelungen der Coronabetreuungsverordnung weiterhin die sich aus dem Schulverhältnis ergebende Fürsorgepflicht, sodass erforderlichenfalls auch die Lehrer auf akut auftretende Beeinträchtigungen während des Unterrichts (etwa Atemprobleme) in geeigneter, den Infektionsschutz wahrender Weise reagieren könnten.

Die Maskenpflicht im Unterricht sei angesichts der besonderen, die Infektionsausbreitung strukturell begünstigenden Bedingungen des Schulbetriebs auch erforderlich. So könne das Abstandsgebot wegen der begrenzten Raumkapazitäten in den Schulen regelmäßig nicht eingehalten werden. Die zusätzliche Anmietung von geeigneten Räumen erscheine flächendeckend offenkundig nicht umsetzbar. Andere Regelungsmodelle wie das vor den Sommerferien praktizierte „rollierende“ System oder ein „Schichtbetrieb“ seien nur unter gravierenden Einschränkungen bei den (direkten) Bildungs- und Unterrichtsangeboten möglich und stellten unter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit den intensiveren Eingriff dar.

Die auf Ende August befristete Pflicht zum Tragen einer Alltagsmaske auch im Unterricht stelle für die betroffenen Schüler nach der Überzeugung des Senats zwar fraglos eine erhebliche Belastung dar. Diese erscheine in der Abwägung mit den damit verfolgten Zielen jedoch derzeit gleichwohl zumutbar. Dies gelte auch, soweit die Verpflichtung zu Beeinträchtigungen des Schulunterrichts und zu erschwerten Unterrichtsbedingungen führe, weil beispielsweise Wortbeiträge mit höherer Lautstärke vorgetragen werden müssten oder die mimische Kommunikation eingeschränkt werde. Die Anordnung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht leiste aus virologischer Sicht einen wesentlichen Beitrag dazu, in der gegenwärtigen pandemischen Lage in Nordrhein-Westfalen erneute coronabedingte (Teil-)Schließungen von Schulen so weit wie möglich zu vermeiden.

Der Beschluss ist unanfechtbar. (…)

Hinweis

Beim Oberverwaltungsgericht sind weitere elf Eilverfahren anhängig, die die Maskenpflicht an Schulen betreffen.“

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen die Maskenpflicht in Ladengeschäften in Sachsen-Anhalt

Nach einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt gilt die bislang bestehende Mas­ken­pflicht in La­den­ge­schäf­ten vor­erst wei­ter (LVerfG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.08.2020 – LVG 21/20 (K 3)). Sechs Antragsteller sahen sich durch die Pflicht, in Ladengeschäften eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, in ihren Grundrechten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Allgemeine Handlungsfreiheit) und Freizügigkeit verletzt. Die mög­li­chen Nach­tei­le einer Aus­set­zung für den In­fek­ti­ons­schutz und seine Schutz­gü­ter seien im Rah­men einer Fol­gen­ab­wä­gung schwe­rer zu ge­wich­ten, so das Ge­richt.

  1. Weitgehend erfolglose Eilanträge von beamteten Lehrern, die vom Präsenzunterricht befreit werden wollten

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat mehrere Eilanträge von beamteten Lehrern, die vom Präsenzunterricht befreit werden wollten, abgelehnt (VG Schleswig, Beschl. v. 20.08.2020 – 12 B 45/20 u. a.). In der Pressemitteilung v. 20.08.2020 heißt es:

„Mit Beschlüssen vom heutigen Tage hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (12. Kammer, Aktenzeichen 12 B 45/20 u. a.) über Eilanträge von beamteten Lehrerinnen und Lehrern entschieden, die im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie von der Pflicht befreit werden wollten, Präsenzunterricht in ihren Schulen zu geben. Von den insgesamt zehn bei Gericht anhängigen Verfahren hat das Gericht acht Anträge abgelehnt, darunter auch in dem Verfahren, in dem am 7. August 2020 ein sogenannter Hängebeschluss ergangen war. Ein Antragsteller hat seinen Antrag zurückgenommen. In einem Verfahren hat das Gericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für geboten erachtet.

Das Gericht hat festgestellt, dass ein Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Leistung von Präsenzunterricht nur dann besteht, wenn dies den Betroffenen unter Berücksichtigung der getroffenen Schutzmaßnahmen unzumutbar ist. Dafür sei die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Land Schleswig-Holstein) gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern mit deren beamtenrechtlicher Einsatzpflicht abzuwägen.

Die bloße Zugehörigkeit zu einer der Personengruppen, bei denen allgemein häufiger schwere Krankheitsverläufe beobachtet würden, genüge dafür nicht. Es sei in jedem Einzelfall festzustellen, ob der Betroffene der Gruppe der besonders schutzbedürftigen Personen angehöre. Es sei nicht zu beanstanden, dass sich das Land bei der Feststellung des besonderen Schutzbedarfs an den arbeitsmedizinischen Empfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum „Umgang mit aufgrund der SARS-CoV-2‑Epidemie besonders schutzbedürftigen Beschäftigten“ orientiert habe.

Die von den Schulen der erfolglosen Antragsteller auf der Grundlage einer „Handreichung“ des Landes getroffenen allgemeinen Hygienemaßnahmen seien ausreichend. Diese seien teilweise um individuelle Schutzmaßnahmen für diese Antragsteller ergänzt worden.

Damit seien unter Fürsorge- und Arbeitsschutzgesichtspunkten sowohl allgemein als auch individuell ausreichende Maßnahmen getroffen, das Risiko einer Ansteckung auf ein zumutbares Maß zu reduzieren und eine Gefährdung der Lehrerinnen und Lehrer zu minimieren. Diese hätten keinen Anspruch darauf, an ihrer Schule eine „Nullrisiko-Situation“ vorzufinden. Einen allumfassenden Gesundheitsschutz während der aktuellen Pandemielage könne es nicht geben und gebe es auch in zahlreichen anderen Tätigkeitsbereichen nicht.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.“

  1. Bordelle in Rheinland-Pfalz bleiben geschlossen

Nach Einschätzung des OVG Rheinland-Pfalz ist die coronabedingte Schließung der Bordelle in Rheinland-Pfalz rechtmäßig (OVG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2020 – 6 B 10868/20.OVG). In der Pressemitteilung Nr. 22/2020 heißt es:

„Das in der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2020 angeordnete Verbot der Öffnung von Prostitutionsstätten ist rechtmäßig. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die Antragstellerin betreibt eine Prostitutionsstätte in Speyer. Sie wandte sich mit einem Eilantrag gegen die Regelung der aktuellen Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz, wonach die Öffnung von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen untersagt ist. Das Verwaltungsgericht Mainz lehnte den Eilantrag ab. Das Oberverwaltungsgericht wies ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück.

Das Verwaltungsgericht habe insbesondere zutreffend entschieden, dass die fragliche Verordnung nicht deshalb rechtswidrig sei, weil der Verordnungsgeber von der ursprünglich mit Wirkung vom 10. Juni 2020 vorgesehenen Öffnung von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen bereits vor Inkrafttreten dieser Regelung wieder Abstand genommen und die Untersagung der Öffnung dieser Einrichtungen in der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz aufrechterhalten habe. Dem Verordnungsgeber komme bei der ständig zu aktualisierenden Bewertung der infektionsschutzrechtlichen Gefahrenlage ein weiter Einschätzungsspielraum zu, der sich auch auf die Frage erstrecke, zu welchem Zeitpunkt eine Maßnahme im Anschluss an eine solche Neubewertung gelockert werde. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die Lockerung von Beschränkungen (auch) davon abhängig gemacht habe, dass eine gebotene effektive Kontrolle möglich sei, um eine gegebenenfalls notwendige Nachverfolgung von Infektionsketten und -verläufen zu gewährleisten. Bei Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen sei ein drohendes Kontrolldefizit jedenfalls im Zusammenhang mit der Überprüfung von Kontaktdaten nachvollziehbar. Bei der Erbringung sexueller Dienstleistungen bestehe – anders als bei sonstigen körpernahen Dienstleistungen oder im Bereich der Gastronomie – ein erhöhtes Bedürfnis an „Diskretion“, das es für diesen Bereich wahrscheinlicher erachten lasse, dass Kunden unzutreffende Kontaktdaten angeben. Sofern der Verordnungsgeber bei seiner ursprünglichen Entscheidung für eine Öffnung von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in Bezug auf drohende Kontrolldefizite einer Fehleinschätzung unterlegen sein sollte, so würde dieser Umstand ihn nicht daran hindern, die Sachlage unter Berücksichtigung von (berechtigter) Kritik neu zu bewerten und die Verordnung entsprechend zu ändern.“

  1. Abi-Feiern in NRW nicht generell verboten

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat entschieden, dass Abi-Feiern in NRW nicht generell verboten seien (VG Münster, Beschl. v. 21.08.2020 – 5 L 708/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21.08.2020 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom heutigen Tag im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass eine am 22. August 2020 in Emsdetten geplante Abiturfeier mit 95 Personen zuzüglich DJ und Bewirtungspersonal durch die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus in der ab dem 12. August 2020 gültigen Fassung nicht verboten ist.

Die Antragstellerin hatte Ende Juni 2020 an einer Schule in Rheine ihr Abitur bestanden und sich als Vertreterin des Abiturjahrgangs an die Stadt Emsdetten gewandt, um die näheren Einzelheiten der geplanten Feier abzustimmen. Die Stadt Emsdetten vertrat die Auffassung, dass die Abiturfeier nicht mehr zulässig sei, nachdem die Regelung in der Corona-Schutzverordnung über selbstorganisierte Feste von Schulabgangsklassen im Rahmen der Aktualisierung vom 11. August 2020 gestrichen worden sei.

Dem folgt das Verwaltungsgericht jedoch nicht. In dem Beschluss heißt es unter anderem: Die hier geplante Abiturabschlussfeier stelle als einmaliges Ereignis des Schulabschlusses durch den Erhalt des Abiturzeugnisses einen „herausragenden Anlass“ im Sinne der Corona-Schutzverordnung dar. Es bestehe auch noch eine hinreichend enge zeitliche und sachliche Verbindung mit dem Schulabschluss. Die Schulabschlüsse an den Schulen hätten in Nordrhein-Westfalen Ende Juni 2020 stattgefunden. Ein Zeitraum von rund zwei Monaten nach diesem Ereignis sei noch als hinreichend nah zu erachten. Nach der Corona-Schutzverordnung seien private Veranstaltungen nicht durchweg verboten, sondern sie müssten einem besonderen Schutzkonzept folgen. Für bestimmte Ausnahmefälle, sogenannte herausragende Ereignisse, seien einfache Schutzkonzepte ausreichend. Dieses Differenzierungskonzept führe dazu, dass die Durchführung der geplanten Abschlussfeier in der vorgesehenen Weise – lediglich mit geeigneten Vorkehrungen zur Hygiene und einfacher Rückverfolgbarkeit – zulässig sei.

Das Gericht wies abschließend darauf hin, dass, unabhängig von der hier zu entscheidenden Frage, ob die Abiturabschlussfeier in der konkret vorgesehenen Form nach der Corona-Schutzverordnung generell verboten sei – die zuständigen Behörden befugt seien, im Einzelfall auch über die Corona-Schutzverordnung hinausgehende Schutzmaßnahmen anzuordnen. Dies bedürfte allerdings einer einzelfallbezogenen Begründung, die nicht nur pauschal auf die steigenden Infektionszahlen abstelle, sondern die von der konkreten Veranstaltung ausgehende besondere Gefährdungslage näher plausibilisiere.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

  1. Rechtswidriger Ausschluss vom Unterricht wegen Verletzung der Maskenpflicht in der Schule / keine Ausnahme von der Maskenpflicht

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass der Ausschluss vom Unterricht wegen Verletzung der Maskenpflicht in der Schule rechtswidrig sei (VG Düsseldorf, Beschl. v. 25.08.2020 – 18 L 1608/20). Zugleich hat es Gericht abgelehnt, den Schüler treffend die Maskenpflicht vorläufig eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. In der Pressemitteilung des Gerichts v. 25.08.2020 heißt es:

„Zwei Schüler eines Gymnasiums am Niederrhein sind nach der Weigerung, im Unterricht eine geeignete Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, zu Unrecht von der Teilnahme am Präsenzunterricht ausgeschlossen worden. Das hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf am heutigen Tag im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag der Schüler, ihnen betreffend die Maskenpflicht vorläufig eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, lehnte das Gericht jedoch ab.

Das Gericht führte in seinem Beschluss aus, die Schule sei zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die beiden Schüler ihre sich aus § 1 Abs. 3 der aktuellen Coronabetreuungsverordnung ergebende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht verletzt haben. Insbesondere erfülle die von ihnen angebotene Gesichtsmaske aus einem durchlässigen Insektenschutzstoff (Fliegengaze) nicht die Anforderungen an eine Mund-Nase-Bedeckung im Sinne der entsprechenden Verordnung. Jedoch enthalte die Coronabetreuungsverordnung keine Ermächtigung der Schule, auf eine entsprechende Pflichtverletzung mit einem Unterrichtsausschluss zu reagieren. Auch auf Rechtsgrundlagen aus dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen lasse sich die Maßnahme jedenfalls im konkreten Einzelfall nicht stützen. Auf der Grundlage des die Schulgesundheit betreffenden § 54 SchulG NRW könnten Schüler zwar vorübergehend oder dauernd vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, wenn von ihnen eine konkrete Gesundheitsgefahr für andere ausgehe. Allerdings sei für die betreffenden Schüler eine solche konkrete Gefahr, etwa in Form einer bestehenden Infektion, von der Schule nicht geltend gemacht worden. Auch die Vorschrift des § 53 SchulG NRW, die Ordnungsmaßnahmen regelt, sei im Fall der betreffenden Schüler nicht in rechtmäßiger Weise herangezogen worden. Zwar käme der Erlass von Ordnungsmaßnahmen bei Pflichtverletzungen von Schülern grundsätzlich in Betracht. Die hier gewählte Maßnahme des Ausschlusses vom Unterricht könne jedoch (nur) für einen konkreten Zeitraum zwischen einem Tag und zwei Wochen ausgesprochen werden, der zudem hinreichend zu begründen sei. Dies sei im konkreten Fall nicht erfolgt.

Den daneben gestellten Antrag der Schüler, ihnen aus medizinischen Gründen vorläufig zu gestatten, sich in der Schule ohne Mund-Nase-Bedeckung aufzuhalten, lehnte das Gericht jedoch ab. Zur Begründung führte es aus, die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Nr. 2 Coronabetreuungsverordnung lägen (derzeit) nicht vor. Soweit der Schulleiter nach dieser Vorschrift entscheiden könne, dass das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Einzelfall aus medizinischen Gründen oder aufgrund einer Beeinträchtigung ausgeschlossen ist, habe der betreffende Schüler die medizinischen Gründe bzw. die Beeinträchtigung nachvollziehbar darzulegen und glaubhaft zu machen. Dazu bedürfe es in der Regel einer individuellen und aussagekräftigen ärztlichen Bescheinigung, aus der hervorgehe, auf welcher Grundlage der Arzt seine Feststellungen und Aussagen getroffen habe. Diesen Erfordernissen genügten die von den Schülern im konkreten Fall vorgelegten Atteste nicht.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Kein pauschalierter Ausschluss von Geschwisterkindern von der Einschulungsfeier

Das Verwaltungsgericht Bremen hat entschieden, dass der pauschalierte Ausschluss von Geschwisterkindern von der Einschulungsfeier rechtswidrig sei (VG Bremen, Beschl. v. 19.08.2020 – 5 V 1657/20). Im Leitsatz der Entscheidung heißt es:

Der pauschalisierte Ausschluss von Geschwisterkindern an den Einschulungsfeiern am 29.08.2020 im Land Bremen stellt eine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung dar.“

  1. Abstandsgebot in Kinos ist rechtlich nicht zu beanstanden

Das OVG Lüneburg hält das Abstandsgebot in Kinos bzw. Kinosälen für voraussichtlich rechtlich wirksam geregelt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.08.2020 – 13 MN 297/20).

  1. Unzulässiger Antrag gegen die Maskenpflicht in niedersächsischen Grundschulen

Das OVG Lüneburg hat den Antrag als unzulässig verworfen, da sich der Antrag gegen eine Pflicht richtete, die seit Ende Juli 2020 gar nicht mehr galt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.08.2020 – 13 MN 319/20).

  1. Antrag eines Reiserückkehrers gegen Testpflicht scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einen Eilantrag, der sich gegen die Testpflicht für Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten gerichtet hatte, einstimmig abgelehnt (BVerfG, Beschl. v. 25.08.2020 – 1 BvR 1981/20).

  1. Schließung von Prostitutionsstätten wegen des Coronavirus in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das OVG Niedersachsen hat entschieden, dass das bislang geltende Verbot coronabedingter Schließungen von Prostitutionsstätten vorläufig außer Vollzug zu setzen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.08.2020 – 13 MN 299/20 und 13 MN 307/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit zwei Beschlüssen vom 28. August 2020 über Normenkontrolleilanträge entschieden, die sich gegen die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der (6.) Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 (im Folgenden: Corona-VO) angeordnete Schließung von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen sowie der Straßenprostitution richteten.

In einem Verfahren hatte sich ein Vermieter von Prostitutionsfahrzeugen (sog. Lovemobilen) gegen die Schließung gewandt (Az.: 13 MN 299/20). Der 13. Senat hat in diesem Verfahren festgestellt, dass Lovemobile begrifflich nicht unter § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Corona-VO fallen, und diesen Antrag daher mangels Antragsbefugnis des Antragstellers verworfen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass der Verordnungsgeber, wenn er die Bereitstellung von Prostitutionsfahrzeugen verbieten wollte, den entsprechenden Rechtsbegriff aus § 2 des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) hätte verwenden müssen, der unter dem Oberbegriff „Prostitutionsgewerbe“ Prostitutionsstätten, Prostitutionsfahrzeuge, Prostitutionsveranstaltungen und Prostitutionsvermittlung regele.

Der Antragsteller des zweiten Verfahrens betreibt in Braunschweig eine derzeit geschlossene Prostitutionsstätte (Az.: 13 MN 307/20). Er hat seinen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass das vollständige und ausnahmslose Verbot, Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen sowie die Straßenprostitution für den Publikumsverkehr und Besuche zu öffnen, eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den seit längerem unter Schutz- und Hygieneauflagen zugelassenen sog. körpernahen Dienstleistungen darstelle und daher gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoße.

Dieser Antrag hatte Erfolg. Der Senat hat die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Corona-VO enthaltene Regelung vorläufig und mit allgemeinverbindlicher Wirkung außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung hat er zunächst herausgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein staatliches Handeln auch angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens weiterhin erfüllt seien. Die zuständigen Infektionsschutzbehörden seien allerdings verpflichtet, die Schutzmaßnahmen fortlaufend zu überprüfen und zu hinterfragen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden könne, die Schließung unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen weiter zu lockern. In Bezug auf die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Corona-VO enthaltene vollständige und ausnahmslose Schließungsanordnung spreche Überwiegendes dafür, dass diese Anordnung jedenfalls nicht mehr erforderlich sei, weil den Betreibern derartiger Einrichtungen mildere Beschränkungen auferlegt werden könnten, die den Gesundheitsschutz gleichermaßen fördern könnten. Zu berücksichtigen sei zunächst, dass sich die Schließungsanordnung nur auf bestimmte Einrichtungen und auf die Anbahnung und Erbringung sexueller Dienstleistungen auf den und im Umfeld der öffentlichen Straßen und Anlagen (Straßenprostitution) beziehe, während die Ausübung der Prostitution z.B. in Privatwohnungen oder Hotelzimmern ebenso wenig verboten sei wie die Bereitstellung von Prostitutionsfahrzeugen. Vor diesem Hintergrund könne es nur um eine Minimierung, nicht um einen völligen Ausschuss einer Infektionsgefahr im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen gehen. Dieser Zweck könne auch durch spezielle Hygienekonzepte sowie der Erhebung der Kontaktdaten erreicht werden. Den von dem Antragsgegner vorgetragenen Bedenken, wonach von vornherein wegen des im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen vorstellbaren erhöhten Bedürfnisses der Kunden nach Diskretion eine Einhaltung derartiger Vorgaben nicht kontrollierbar sei, ist der Senat mit eingehender Begründung nicht gefolgt. Die vollständige Schließung von Prostitutionsstätten sei daher unverhältnismäßig und verletze den Antragsteller in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Ob zugleich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vorliege, könne daher offen gelassen werden.

Die vorläufige Außervollzugsetzung habe zur Folge, dass bis zu einer möglichen Neuregelung durch den Verordnungsgeber für sexuelle Dienstleistungen auch die in § 8 Abs. 1 der Corona-VO enthaltenen allgemeinen Regelungen für körpernahe Dienstleistungen (Erstellung eines Hygienekonzepts, Einhaltung von Abstand zwischen den Kunden, Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Desinfektion nach jedem Kunden, Dokumentation der Kontaktdaten) Anwendung fänden.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

Siehe auch die nachfolgenden Entscheidungen Nr. 196 und Nr. 212.

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen das Verbot einer Dauermahnwache in Berlin

Ein Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot einer Dauermahnwache in Berlin bleibt erfolglos (BVerfG, Beschl. v. 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20). In der Pressemitteilung Nr. 82/2020 des Gerichts v. 30.08.2020 heißt es:

„Anlässlich eines von der zuständigen Versammlungsbehörde verfügten Verbots einer in Berlin auf der Straße des 17. Juni für den Zeitraum zwischen dem 30. August und dem 14. September 2020 geplanten Dauermahnwache zum Protest gegen staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie hat die 1. Kammer des Ersten Senats heute einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zuvor hatte schon das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Verbot der Dauermahnwache bestätigt.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig.

Er genügt nicht dem auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren geltenden Grundsatz der Subsidiarität, wonach vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zunächst fachgerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen sind.

Der Antragsteller trägt vor, er habe seine ursprüngliche Anmeldung der Dauermahnwache vom 22. August 2020 nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg am 29. August 2020 konkretisiert. Damit beruft sich der Antragsteller auf einen in wesentlicher Hinsicht neuen Sachverhalt, den das Oberverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen konnte. Der Antragsteller war deshalb gehalten, vor dem Hintergrund der veränderten Umstände zunächst erneut um fachgerichtlichen Eilrechtsschutz nachzusuchen.

2. Der Antrag ist überdies auch unbegründet.

Entgegen der Einschätzung des Antragstellers sind die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde nicht derart offensichtlich, dass hier allein schon deshalb in der Nichtgewährung von Rechtsschutz ein schwerer Nachteil für das gemeine Wohl im Sinne von § 32 Abs. 1 BVerfGG läge.

Das hier in Rede stehende Verbot des Protestcamps wurde auf § 15 Abs. 1 VersG gestützt. Nach der von dem Oberverwaltungsgericht bestätigten Einschätzung der Versammlungsbehörde stünde bei Durchführung des Camps eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Wesentlichen deshalb zu befürchten, weil die Veranstaltungsteilnehmer aus Gründen des Infektionsschutzes gebotene Mindestabstände nicht einhalten würden. Im Vergleich zu einem Verbot mildere, zur Gefahrenabwehr ebenso geeignete Maßnahmen stünden nach den gegebenen Umständen nicht zu Verfügung. Diese Einschätzung ist nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend.

Es steht im Grundsatz außer Zweifel, dass ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Art. 8 Abs. 1 GG zum Schutz des Grundrechts Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gerechtfertigt werden kann. Unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit können zum Zweck des Schutzes vor Infektionsgefahren auch versammlungsbeschränkende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören grundsätzlich auch Versammlungsverbote, die allerdings nur verhängt werden dürfen, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen und soweit der hierdurch bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG insgesamt nicht außer Verhältnis steht zu den jeweils zu bekämpfenden Gefahren. In Betracht kommen namentlich Auflagen mit der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände, aber auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl, um eine Unterschreitung notwendiger Mindestabstände zu verhindern. Darüber hinaus kommt auch in Betracht, im Wege einer Auflage im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG eine Verpflichtung der Versammlungsteilnehmer zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung anzuordnen, die nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts jedenfalls zu einer Verlangsamung des Infektionsgeschehens beitragen kann. Als weitere Regelungen der Modalitäten einer Versammlung kommen etwa die Durchführung als ortsfeste Kundgebung anstelle eines Aufzugs oder die Verlegung an einen aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vorzugswürdigen Alternativstandort in Betracht.

Weil danach nach den vorliegenden Umständen nicht offenkundig ist, dass das hier in Rede stehende Verbot die Versammlungsfreiheit des Antragstellers unverhältnismäßig beschränkt, ist eine Folgenabwägung geboten, die zum Nachteil des Antragstellers ausgeht.

Wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, sich nach Durchführung eines Hauptsacheverfahrens jedoch herausstellte, dass das Verbot des Camps verfassungswidrig ist, wäre der Antragsteller in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG verletzt. Diese Grundrechtsverletzung wäre von erheblichem Gewicht nicht nur im Hinblick auf den Antragsteller, sondern angesichts der Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine freiheitliche Staatsordnung auch im Hinblick auf das demokratische Gemeinwesen insgesamt. Erginge demgegenüber eine einstweilige Anordnung und würde sich später herausstellen, dass das Verbot des Camps rechtmäßig ist, wären grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen.

Die gebotene Abwägung der jeweils berührten Interessen geht zum Nachteil des Antragstellers aus. Anders wäre dies allenfalls, wenn eine Durchführung des Camps unter Bedingungen gewährleistet wäre, die ein hinreichendes Maß an Schutz vor möglichen Infektionsgefahren sicherstellten. Hierzu bedürfte es eines geeigneten Hygienekonzepts. Das von dem Antragsteller anlässlich einer bereits gestern von ihm angemeldeten und durchgeführten Kundgebung vorgelegte Hygienekonzept setzt unter Verzicht auf das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen auf eine konsequente Einhaltung der gebotenen Mindestabstände, die insbesondere durch den Einsatz von Ordnern und Deeskalationsteams sichergestellt werden soll. Mit Blick auf nach Durchführung der gestrigen Versammlung nunmehr vorliegende Erfahrungen musste sich der Antragsteller dazu veranlasst sehen, die praktische Eignung seines Konzepts zu bewerten und dieses erforderlichenfalls anzupassen. Dass dies geschehen ist, ist indes weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Im Übrigen ist das Konzept auf eine an einem einzelnen Tag stattfindende Versammlung zugeschnitten. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass es auch für das nunmehr über einen Zeitraum von 14 Tagen geplante Camp realisierbar ist.“

  1. Keine Sonntagsladenöffnungen in zwei Städten in NRW wegen Corona

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat in zwei Verfahren entschieden, dass der Einzelhandel in den Innenstädten von Lemgo und Bad Salzuflen nicht an vier Sonntagen im 2. Halbjahr 2020 öffnen darf, um den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die örtlichen Einzelhandelsstrukturen und zentralen Versorgungsbereiche entgegenzuwirken. Entsprechende Verordnungen vom 19. und 20. August 2020 hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW auf Anträge der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di außer Vollzug gesetzt (OVG Münster, Beschl. v. 28.08.2020 – 4 B 1260/20.NE und 4 B 1261/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 28.08.2020 heißt es weiter:

„Die Entscheidungen betreffen in Bad Salzuflen die Sonntage am 30. August, 13. und 27. September sowie 11. Oktober, und in Lemgo am 30. August, 18. Oktober sowie 6. und 27. Dezember 2020. Beide Städte hatten sich eng an einem Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW vom 9. Juli 2020, aktualisiert am 14. Juli 2020, orientiert, in dem entsprechende Verordnungen wegen der landesweiten gravierenden Auswirkungen der Pandemie auf den stationären Einzelhandel nach örtlicher Prüfung für zulässig gehalten worden waren.
Der 4. Senat hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verordnungen seien nach dem gebotenen strengen Maßstab für die Aussetzung von Rechtsnormen offensichtlich rechtswidrig und nichtig. Sie würden dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes gewährleiste und für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiere, zweifelsfrei nicht gerecht.
Nach ständiger und kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht auch für die Anwendung des Ladenöffnungsgesetzes NRW bestätigter höchstrichterlicher Rechtsprechung dürfe der Gesetz- und Verordnungsgeber Ausnahmen von der regelmäßigen Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nur zulassen, wenn sie durch einen zureichenden Sachgrund von ausreichendem Gewicht bezogen auf den zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang der jeweiligen Sonntagsöffnung gerechtfertigt und für das Publikum am betreffenden Tag als Ausnahme von der sonntäglichen Arbeitsruhe zu erkennen seien.

Bezogen auf die hier unter anderem angeführten gesetzlich ausdrücklich geregelten Ziele (Erhalt eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots und zentraler Versorgungsbereiche sowie Belebung der Innenstädte) sei bereits letztinstanzlich für das Landesrecht geklärt, dass sie in der Regel allenfalls dann das verfassungsrechtlich erforderliche Gewicht aufweisen könnten, wenn aus anderen Gründen ohnehin mit einem besonderen Besucherinteresse zu rechnen sei und über den davon erfassten Bereich hinaus zum Ausgleich besonderer örtlicher Problemlagen oder struktureller Standortnachteile der Freigabebereich auf hiervon betroffene Bereiche erweitert werden solle.

Die angegriffenen Regelungen trügen dem verfassungsrechtlich geforderten Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht ausreichend Rechnung. Sie stellten bereits nicht sicher, dass die für die Verkaufsstellenfreigabe angeführten Sachgründe für das Publikum während der freigegebenen Zeiten als gerechtfertigte Ausnahmen von der sonntäglichen Arbeitsruhe zu erkennen seien. Stattdessen prägten die beschlossenen sortimentsübergreifenden Sonntagsöffnungen den Charakter des jeweiligen Tages in den ganzen Innenstadtgebieten der Antragsgegnerinnen in besonderer Weise. Sie dienten erklärtermaßen der Zielsetzung, an den festgesetzten Sonntagen Kaufkundschaft in die Innenstadt zu locken und hierdurch Ladeninhabern dort die Möglichkeit zu bieten, nach Verlusten und ausgefallenen verkaufsoffenen Sonntagen während der Corona-Krise Umsatz nachzuholen. Von ihnen gehe eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit und Betriebsamkeit aus, die typischerweise den Werktagen zugeordnet werde.
Im Wesentlichen seien Sachgründe angeführt worden, die das Ministerium im ganzen Land gleichermaßen als gegeben ansehe, die bis Ende des Jahres praktisch überall für jeden Sonntag angeführt werden könnten und die schon deswegen das verfassungsrechtlich erforderliche Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht wahren und zur Begründung einer auch am Gleichheitssatz zu messenden örtlichen Ausnahmeregelung ungeeignet seien. Damit werde die Darlegungs- und Beweislast für die Zulässigkeit von Sonntagsöffnungen abweichend vom verfassungsrechtlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt. Die bloße Beschränkung der Zahl der freigegebenen Sonntage stelle nach höchstrichterlicher Rechtsprechung noch keinen hiervon zu unterscheidenden Sachgrund dar.

Die Annahme, die Einnahmemöglichkeiten durch Ladenöffnungen von Montag bis Samstag reichten zur Bekämpfung der Gefährdungslage nicht aus, greife ebenfalls nicht durch. Zwar hätten einige Branchen, die in den jeweiligen Innenstädten besonders vertreten seien, über viele Wochen im Frühjahr 2020 wegen der Krise schließen müssen und keine Umsätze generieren können. Die an Werktagen bereits seit einigen Monaten wieder unbegrenzt verfügbaren Öffnungszeiten ließen aber für die Befriedigung des Erwerbsinteresses der Einzelhandelsbetriebe – auch soweit hieran gesellschafts- oder standortpolitische Interessen geknüpft seien – umfassend Raum. Nach vorliegenden Einzelhandelsstatistiken für Bund und Land habe der Einzelhandelsumsatz im ersten Halbjahr 2020 insgesamt sogar leicht zugenommen, wobei einzelne Wirtschaftszweige von der Krise besonders profitiert hätten (z. B. Lebens-mittel, Bau- und Heimwerkerbedarf, Sportartikel, Fahrräder sowie Geräte der IT-Technik) und andere erhebliche Einbußen zu verzeichnen hätten (z. B. Bekleidung, Schuhe, Bücher und Kraftstoffe). Neben dem Versandhandelsumsatz, der besonders stark gewachsen sei, habe in NRW aber auch der Umsatz im Einzelhandel in Verkaufsräumen, der hier besonders gefördert werden solle, trotz fortbestehender Hygieneauflagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt, wenn auch nur leicht, real zugenommen.

Während den geltend gemachten Gefährdungen von Einzelhandelsstrukturen zielgerichteter auf andere Weise grundsätzlich an Werktagen begegnet werden könne, habe der Schutz des grundsätzlich arbeitsfreien Sonntags gerade angesichts der in der noch nicht überwundenen Corona-Krise zunehmend erfolgten Verwischung von Alltagsrhythmen weiterhin besonderes Gewicht.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht auf dem Schulgelände verletzt Erziehungsrecht nicht

Das OVG Schleswig hat entschieden, dass die in der schleswig-holsteinischen Corona-Bekämpfungsverordnung angeordnete Pflicht für Schülerinnen und Schüler auf dem Schulgelände außerhalb des Unterrichts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG), das auch umfasst, das Kindeswohl zu schützen, nicht verletzt (OVG Schleswig, Beschl. v. 28.08.2020 – 3 MR 37/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 28.08.2020 heißt es weiter:

„Durch das Tragen einer Maske ist keine Kindeswohlgefährdung zu befürchten; denn in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) wird dadurch nicht eingegriffen. Dies hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts heute entschieden und den Eilantrag von Eltern eines Schülers der zweiten Klasse abgewiesen.

Die Maskenpflicht gilt in Schleswig-Holstein auf dem Gelände von Schulen, aber nicht im Unterrichtsraum, auf dem Schulhof oder der Mensa, wenn die „Kohortenregel“ oder ein Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden kann. Die Antragsteller hatten beantragt, diese Pflicht – geregelt in § 12 Abs. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 der Corona-Bekämpfungsverordnung – vorläufig außer Kraft zu setzen. Der Senat bezweifelt, ob das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit durch die Maskenpflicht an den Schulen überhaupt berührt werde. Es bestünden derzeit keine belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule geeignet wäre, maßgebliche allgemeine Gesundheitsgefahren für Schülerinnen und Schüler hervorzurufen. Angesichts des Wiederanfahrens des öffentlichen Lebens und der aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts wäre eine auch für den Schulbetrieb geltende Maskenpflicht jedenfalls nicht unverhältnismäßig, sondern im Gegenteil geboten und erforderlich, um einem weiteren raschen Wiederanstieg der Infektionszahlen und einem damit möglicherweise einhergehenden (erneuten) Herunterfahren gesellschaftsrelevanter Bereiche entgegenzuwirken. Mildere Mittel, etwa eine Maskenpflicht nur für Rückkehrer aus Risikogebieten, seien – so der Senat – wegen der Übertragbarkeit des Coronavirus vor Symptombeginn nicht gleich wirksam.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 3 MR 37/20).“

  1. Maskenpflicht im Saarland ist verfassungsgemäß / Kontaktnachverfolgung wird beanstandet

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat entschieden, dass die Vorschrift zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.  Die Vorschrift zur Kontaktnachverfolgung hat der Verfassungsgerichtshof dagegen für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschrift gilt jedoch bis zu einer Neuregelung durch den Landtag unter strengen Auflagen – längstens bis zum 30. November 2020 – fort (Saarländischer VerfGH, Beschl. v. 28.08.2020 – Lv 15/20). In der Pressemitteilung vom 28.08.2020 heißt es:

„I.

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat mit Beschluss vom heutigen Tage auf eine Verfassungsbeschwerde eines im Saarland lebenden Bürgers entschieden, dass die Vorschrift zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung)  verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.  Die Vorschrift zur Kontaktnachverfolgung (§ 3 der Corona-Verordnung) hat der Verfassungsgerichtshof dagegen für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschrift gilt jedoch bis zu einer Neuregelung durch den Landtag unter strengen Auflagen – längstens bis zum 30. November 2020 – fort.

II.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde hat sich der Beschwerdeführer gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 13. Mai 2020 gewandt, mit dem sein Antrag auf Außervollzugsetzung der saarländischen Corona-Verordnung zurückgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer sieht sich durch die Vorschriften zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sowie zur Kontaktnachverfolgung in seinen Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit und auf Datenschutz verletzt.

III.

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die Vorschrift zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung) verfassungsgemäß ist. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgeführt, dass der mit der „Maskenpflicht“ verbundene Grundrechtseingriff gering ist. Die „Maskenpflicht“ ist zeitlich eng begrenzt, verlangt einen geringen Aufwand und kann im Wesentlichen als lästig betrachtet werden, führt aber nicht zu ins Gewicht fallenden Einschränkungen der Fortbewegungs- und Entfaltungsfreiheit. Angesichts der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, wonach das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung geeignet ist, Infektionen Anderer mit dem Corona-Virus einzudämmen und so zur Stabilität des Gesundheitssystems beizutragen, stellt sich die durch Art. 2 § 2 der Corona-Verordnung getroffene Regelung als eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie dar.

IV.

Der Verfassungsgerichtshof hat weiter entschieden, dass Art. 2 § 3 der saarländischen Corona-Verordnung mit der Verfassung des Saarlandes unvereinbar ist. Durch die Vorschrift wird die Erhebung persönlicher Informationen nicht nur im Rahmen von Gaststättenbesuchen, sondern auch beispielsweise von Gottesdiensten, politischen und gesellschaftlichen Zusammenkünften, bewirkt. Damit ist die Pflicht zur Gewährleistung einer Kontaktnachverfolgung durchaus geeignet, Bürgerinnen und Bürger von der Ausübung grundrechtlicher Freiheiten entscheidend abzuhalten und Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen.

Über einen solchen Eingriff dürfe nicht die Exekutive alleine entscheiden. Vielmehr sei das Parlament berufen, in öffentlicher, transparenter Debatte Für und Wider abzuwägen, vor allem aber die Verwendung der Informationen rechtssicher zu regeln.

Der durch die Vorschrift ermöglichte Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten dauert bereits länger an und wird angesichts der Infektionslage voraussichtlich weitere Monate andauern. Damit ist der Grundrechtseingriff von einer derartigen Intensität, dass nur ein Parlamentsgesetz – nicht aber eine Rechtsverordnung der Landesregierung – ihn rechtfertigen kann. Da Art. 2 § 3 der Corona-Verordnung dem legitimen Ziel der Pandemie-Eindämmung dient, hat der Verfassungsgerichtshof von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Vorschrift bis zu einer Neuregelung durch den Landtag des Saarlandes  vorübergehend – längstens bis zum 30. November 2020 – in Kraft zu lassen. Personenbezogene Daten, die nach der Vorschrift erhoben werden, dürfen jedoch nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung an die Gesundheitsbehörden übermittelt werden.“

  1. Pauschales Verbot von Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 250 Personen rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Bremen hat entschieden, dass ein pau­scha­les Ver­bot von Ver­an­stal­tun­gen in ge­schlos­se­nen Räu­men mit mehr als 250 gleich­zei­tig an­we­sen­den Per­so­nen gegen das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot verstößt, da es für den Ein­zel­han­del keine sol­che pau­scha­le Be­schrän­kung der Per­so­nen­zahl gäbe. Der Eil­an­trag einer Mes­se­ver­an­stal­te­rin blieb aber man­gels Dar­le­gung un­zu­mut­ba­rer Nach­tei­le er­folg­los (VG Bremen, Beschl. v. 28.08.2020 – 5 V 1672/20).

  1. Quarantäne an Kölner Grundschule wegen Ansteckungsgefahr rechtens

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hält eines durch die Stadt angeordnete zweiwöchige Quarantäne für rechtens (VG Köln, Beschl. v. 31.08.2020 – 7 L 1540/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 31.08.2020 heißt es:

„Die Stadt Köln durfte eine zweiwöchige häusliche Quarantäne für einen Schüler einer Kölner Grundschule anordnen, der mit einem mit dem Corona-Virus infizierten Mitschüler bei der Nachmittagsbetreuung engen Kontakt gehabt hatte. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit heutigem Beschluss entschieden und einen Eilantrag des betroffenen Viertklässlers abgelehnt.

Nachdem an einer Kölner Grundschule zwei Schüler aus verschiedenen Klassen positiv auf das Corona-Virus getestet worden waren, hatte die Stadt Köln am 24.08.2020 angeordnet, dass die Mitschüler aus beiden Schulklassen sich jeweils für zwei Wochen ab dem letzten Kontakt in häusliche Quarantäne zu begeben hätten. Hiergegen wandte sich einer der betroffenen Mitschüler mit einem Eilantrag an das Gericht und machte geltend, dass die gemeinsame Unterrichtsteilnahme mit einem der infizierten Schüler nur mit einem geringen Infektionsrisiko verbunden gewesen sei.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Es hat den Antrag abgelehnt, weil die Quarantäneanordnung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes rechtmäßig sei. Zwar stufe das Robert-Koch-Institut Personen, die sich in demselben Raum, z.B. einem Klassenzimmer, mit einem bestätigten COVID-19-Infizierten aufhielten, ohne mit ihm einen mindestens 15-minütigen face-to-face-Kontakt gehabt zu haben, grundsätzlich als Kontaktpersonen mit einem geringeren Infektionsrisiko (Kategorie II) ein und halte für diese keine Quarantänemaßnahmen für erforderlich. Jedoch sei im entschiedenen Einzelfall zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht nur während des gemeinsamen Unterrichts, sondern auch während des gemeinschaftlichen Besuchs der OGS (Offene Ganztagsschule) nahen Kontakt zu dem infizierten Mitschüler gehabt habe. In der Ganztagsbetreuung habe es keine festen Sitzplätze gegeben, alle teilnehmenden Schüler hätten sich ohne Abstandsgebot und Maskenpflicht in denselben Räumlichkeiten frei bewegen und miteinander spielen dürfen. Daher habe die Stadt Köln die Mitschüler des infizierten Kindes zu Recht als Personengruppe mit einem höheren Infektionsrisiko (Kategorie I) eingestuft. Hierzu zähle das RKI unter anderem Kontaktpersonen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einer relevanten Konzentration von Aerosolen ausgesetzt waren, wie etwa bei Feiern, gemeinsamem Singen oder Sporttreiben in Innenräumen. Hiermit sei die OGS-Betreuung vergleichbar.

Die aus dieser Einstufung folgende Quarantäneanordnung sei auch verhältnismäßig. Denn die mit der zeitlich befristeten Maßnahme verbundene Beeinträchtigung der persönlichen und schulischen Entwicklung der Viertklässler sei im Interesse der Allgemeinheit hinzunehmen, insbesondere auch um den generellen Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.

Das Gesundheitsamt sei schließlich auch nicht gehalten gewesen, die Quarantäne nur bis zur Vorlage eines negativen Corona-Tests anzuordnen, da diese Tests fehleranfällig und bei dem hohen Verbreitungsrisiko durch Personen der Kategorie I nicht ausreichend zuverlässig seien, um eine Quarantäne entbehrlich zu machen.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.“

  1. Unverhältnismäßigkeit des nächtlichen Alkoholkonsumverbots in München

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat die Beschwerde der Landeshauptstadt München zurückgewiesen und damit die am Freitag ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, das einem Eilantrag des Antragstellers gegen das Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit stattgab (BayVGH, Beschl. v. 01.09.2020 – 20 CS 20.1962). In der Pressemitteilung v. 01.09.2020 heißt es:

„Die Stadt hatte mit Allgemeinverfügung vom 27. August 2020 angeordnet, dass ab dem Tag, an dem ein 7-Tages-Inzidenzwert für Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 von mindestens 35 pro 100.000 Einwohner in München erreicht wird, für die Dauer von 7 Tagen der Konsum von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum zwischen 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr des Folgetages verboten ist.

Das Verwaltungsgericht ordnete im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage des Antragstellers gegen das Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit an. Die von der Landeshauptstadt hiergegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Der BayVGH führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass das Verbot des Alkoholkonsums im öffentlichen Raum als notwendige Schutzmaßnahme voraussichtlich auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützt werden könne. Sie sei zwar ein geeignetes Mittel, um der Verbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken, weil sie dazu beitrage, Menschenansammlungen zu verhüten. Hinzu komme, dass Alkoholkonsum im Einzelfall aufgrund seiner enthemmenden Wirkung zu im Hinblick auf den Infektionsschutz problematischen Verhaltensweisen (Schreien, lautes Reden, geringere Distanz zwischen Einzelpersonen etc.) im Rahmen einer Ansammlung führen könne. Die Regelung der Allgemeinverfügung erweise sich aber als nicht erforderlich und damit als unverhältnismäßig, soweit sie sich auf das gesamte Stadtgebiet erstrecke. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Beschränkung des Konsumverbots für alkoholische Getränke auf einzelne stark frequentierte Örtlichkeiten des öffentlichen Raums („Hotspots“) ein gleich geeignetes, den Adressatenkreis weniger belastendes Mittel darstelle. Der Stadt stehe es frei, einer etwaigen Verlagerung auf „Ausweichflächen“ durch Anpassung des räumlichen Geltungsbereichs der zeitlich ohnehin kurz befristeten Allgemeinverfügung Rechnung zu tragen.

Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Unverhältnismäßigkeit eines umfassenden Grillverbots auf öffentlichen Plätzen und Anlagen

Der BayVGH hat § 2 Abs. 2 der 6. BayIfSMV vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit nach dieser Vorschrift das Grillen auf öffentlichen Plätzen und Anlagen unabhängig von den anwesenden Personen untersagt wurde; die Vorschrift erweise sich als nicht mit höherrangigem Recht vereinbar (BayVGH, Beschl. v. 01.09.2020 – 20 NE 20.1754).

  1. Kein Recht einer Schule, eine dringende Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Unterricht auszusprechen/Empfehlung der Corona-Warn-App rechtens

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat am 24.08. zu verschiedenen Aspekten eines Umganges mit dem Coronavirus an einer Schule entschieden (VG Wiesbaden, Beschl. v. 24.08.2020 – 6 L 938/20.WI). In der Pressemitteilung 11/2020 v. 02.08.2020 heißt es:

„In einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden wandte sich ein Schüler gegen die von seiner Schule ausgesprochene dringende Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch im Unterricht. Er wandte sich außerdem gegen die in dem schulischen Hygieneplan enthaltene Empfehlung zur Installation der Corona-Warn-App und gegen die Dokumentations- und Meldepflicht für externe Besucher.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gab diesem Eilantrag durch Beschluss vom 24.08.2020 insoweit statt, als der Schüler die Feststellung der Unzulässigkeit der durch die von ihm besuchten Schule ausgesprochenen dringenden Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch im Unterricht begehrt hat. Im Übrigen lehnte die 6. Kammer den Eilantrag ab.

Zwar sei die Schule aufgrund der Regelungen zum Infektionsschutzgesetz verpflichtet, einen eigenen Hygieneplan aufzustellen und darin innerschulische Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festzulegen. Für die dringende Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch im Unterricht gäbe es allerdings keine Rechtsgrundlage. Die dringende Empfehlung der Schule gehe hier über eine einfache Bitte oder Empfehlung hinaus. Denn es würde eine Form von Zwang ausgeübt, die dazu führe, dass im Falle einer Abweichung mit „Sanktionen“ oder gar diskriminierendem Verhalten durch den Lehrkörper mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei. Die Schule habe insbesondere missachtet, dass nach der aktuellen Verordnung ein Mund-Nasen-Schutz im Unterricht gerade nicht zwingend zu tragen sei. Der Präsenzunterricht im Klassen- oder Kursverband würde von einer für das übrige Schulgelände geltenden Maskenpflicht durch den Verordnungsgeber ausdrücklich ausgeklammert werden. Das Tragen von Masken im Unterricht habe damit eine Ausnahme zu sein und nicht der Regelfall. Der einzelnen Schule stünde die Kompetenz zur Abweichung hiervon nicht zu.

Soweit sich der Schüler gegen eine vermeintlich verpflichtende Installation der Corona-Warn-App durch alle Schülerinnen und Schüler gewandt habe, sei der Antrag bereits deshalb abzulehnen, weil es sich im Hygieneplan lediglich um eine Empfehlung und nicht um eine Verpflichtung gerade der Schülerinnen und Schüler handele.

Hinsichtlich der Dokumentations- und Meldepflicht für externe Besucher war der Antrag nach Auffassung der Kammer bereits deshalb abzulehnen, weil der Schüler durch diese Regelung ersichtlich nicht in eigenen Rechten betroffen sein konnte.

Gegen den Beschluss (Az.: 6 L 938/20.WI) können die Beteiligten binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.“

  1. Studierende in Niedersachsen müssen an Präsenzprüfungen teilnehmen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen hat entschieden, dass ein Studierender eine Klausur nicht in Form der begehrten Online-Klausur am Heimarbeitsplatz, sondern nur als Präsenzprüfung ablegen darf (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 02.09.2020 – 2 ME 349/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 02.09.2020 heißt es:

„Der Antragsteller betreibt an der Leuphana Universität Lüneburg ein Masterstudium, in dessen Rahmen eine Klausur stattfindet. Die Universität hatte seinen Antrag abgelehnt, diese Klausur angesichts der Corona-Pandemie nicht wie geplant als Präsenzklausur, sondern als Online-Prüfung von zu Hause aus durchzuführen. Sie hatte zur Begründung ausgeführt, dass es ihr nach der Niedersächsischen Corona-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen (wieder) erlaubt sei, Präsenzprüfungen abzuhalten. Sie habe ihre internen Regelungen entsprechend angepasst und ein Hygienekonzept entwickelt. In dem konkreten Fall hätten die Prüfer entschieden, dass von der nach wie vor bestehenden Möglichkeit der Online-Prüfung kein Gebrauch gemacht werden solle. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte dies für rechtens gehalten und einen Eilantrag des Antragstellers abgelehnt (Az.: 6 B 102/20).

Dem ist der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts gefolgt und hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Die Beurteilung, in welcher Form die Klausur im Grundsatz zu erbringen sei, obliege den Prüfern. Ihnen komme bei der Erstellung der Aufgabe und der Auswahl der Prüfungsthemen im Rahmen der rechtlichen Vorgaben ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, der hier nicht überschritten sei. Weder das angesichts überschaubarer Infektionszahlen in Norddeutschland und nach dem Stand der Wissenschaft aufgrund wirksamer Schutzmaßnahmen eng begrenzte Gesundheitsrisiko einer Präsenzklausur noch die Tatsache, dass in anderen Fächern Online-Prüfungen abgenommen würden, rechtfertigten eine gegenteilige Einschätzung. Nichts anderes ergebe sich daraus, dass der Antragsteller als Raucher einer der vom Robert-Koch-Institut definierten Risikogruppen angehöre.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Jobmesse Braunschweig 2020 ist unter Auflagen zulässig

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat der Stadt Braunschweig vorläufig ein Einschreiten gegen die Jobmesse Braunschweig 2020 in der Volkswagenhalle untersagt (VG Braunschweig, Beschl. v. 03.09.2020 – 4 B 294/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 03.09.2020 heißt es:

„Die Antragstellerin veranstaltet seit 2004 bundesweit mit der „jobmesse deutschland tour“ an 22 Standorten sogenannte Recruitingmessen, auf denen sich Besucher über Arbeits-, Aus- und Weiterbildung-, sowie Studienangebote informieren können. Die Antragstellerin beabsichtigt, am kommenden Wochenende in der Volkswagenhalle in Braunschweig die „jobmesse braunschweig 2020“ zu veranstalten. Sie rechnet damit, dass etwa 60 Unternehmen an der Messe teilnehmen werden. Für die „jobmesse braunschweig 2020“ hat sie ein ausführliches Schutz- und Hygienekonzept entwickelt.

Die Kammer hat dem Eilantrag der Betreiberin stattgegeben. Die Stadt Braunschweig dürfe nicht gegen die Messe einschreiten, das Hygienekonzept der Antragstellerin sei überzeugend. Die Ausstellungsfläche betrage 2.000 m². Damit stehe bei einer Höchstgrenze von 286 Besuchern pro Besucher mindestens eine Fläche von 7 m² zur Verfügung. Jeder Messeteilnehmer müsse sich am Eingang elektronisch registrieren. Es seien Abstandsmarkierungen, ein Wegführungskonzept und mobile Trennungsmöglichkeiten vorgesehen. Über den gesamten Ausstellungsbereich seien Spender mit Desinfektionsmitteln aufgestellt. Die Messegänge seien durchgängig 3 m breit. Während des Besuches der Messe müsse eine Mund-Nasen-Schutz getragen werden. In der Gastronomie würden transparente Abtrennungen aufgestellt. Geschulte Mitarbeiter und geschultes Sicherheitspersonal werde die Einhaltung der Infektionsschutzvorschriften überwachen. Die Volkswagenhalle verfüge über eine Lüftungsanlage, die keine Umluft beimenge, sondern lediglich Frischluft zuführe. Bei dieser Sachlage sei ein vollständiges Verbot von Messen gerade im Vergleich zu großflächigen Verkaufsstellen sachlich nicht begründet, nicht mehr verhältnismäßig und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Gegen die Entscheidung der Kammer ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.“

  1. Eilantrag gegen Maskenpflicht an Schulen in Bayern abgelehnt

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat einen Eilantrag gegen die Maskenpflicht an weiterführenden Schulen in Bayern abgelehnt (BayVGH, Beschl. v. 07.09.2020 – 20 NE 20.1981). Der BayVGH begründet seine Entscheidung damit, dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich nicht erfolgreich sein werde. Die zu treffende Folgenabwägung führe darüber hinaus dazu, dass eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen nicht dringend geboten erscheine. Die Masken-pflicht im Unterricht könne als notwendige Schutzmaßnahme voraussichtlich auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützt werden.

  1. Prostitutionsverbot in NRW außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Untersagung des Angebots von sexuellen Dienstleistungen in und außerhalb von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in der Coronaschutzverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen sei (OVG Münster, Beschl. v. 08.09.2020 – 13 B 902/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 08.09.2020 heißt es:

„Mit Eilbeschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht die Untersagung des Angebots von sexuellen Dienstleistungen in und außerhalb von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in der Coronaschutzverordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht hat damit dem Antrag eines Unternehmens stattgegeben, das in Köln ein Erotik-Massagestudio betreibt.

„Zur Begründung hat der 13. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die vollständige Untersagung aller sexuellen Dienstleistungen verstoße voraussichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil es sich in der gegenwärtigen Situation nicht mehr um eine notwendige Schutzmaßnahme handele, die die damit verbundenen Grundrechtseingriffe rechtfertige. Zwar sei das Infektionsgeschehen weiterhin dynamisch und der Erlass von Schutzmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung daher grundsätzlich gerechtfertigt. Allerdings habe der Verordnungsgeber mittlerwei­le weitgehende Lockerungen in nahezu allen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen zugelassen und begegne dem daraus resultierenden Infektionsrisiko im Grundsatz durch die Anordnung bestimmter Hygiene- und Infektionsschutzregeln. Angesichts dessen sei nicht ersichtlich, warum im Gegensatz dazu bei der Erbringung sexueller Dienstleistungen – gleich welcher Art sie seien und unter welchen Umständen sie erfolgten – nach wie vor ein vollständiger Ausschluss von Infektionsgefahren erforderlich sei. Bei den regelmäßig auf zwei Personen beschränkten sexuellen Kontakten dürfte die Gefahr zahlloser Infektionsketten, auf deren Vermeidung es dem Verordnungsgeber offenbar ankomme, wohl nicht in glei­chem Maße bestehen wie bei einigen der von ihm zugelassenen Veranstaltungen. Zu einer vom Land NRW angesprochenen erhöhten Atemaktivität und dem damit verbundenen vermehrten Ausstoß von möglicherweise virushaltigen Aerosolen komme es gleichermaßen in Sportstätten, wo die Ausübung nicht-kontaktfreier Sportarten gestattet sei, und in Fitnessstudios. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das mit dem Ausstoß von Aerosolen verbundene Risiko der Ansteckung bei sexuellen Handlungen zweier Personen deutlich größer sei als bei privaten Feiern mit bis zu 150 Personen, die zum Teil durch eine ausgelassene Atmosphäre mit Musik, Tanz und dem Konsum alkoholischer Getränke geprägt seien und nach Angaben des Robert Koch-Instituts landesweit als Ursache größerer und kleinerer Ausbruchsge­schehen gelten würden. Den Infektionsgefahren bei der Erbringung sexueller Dienst­leistungen könne durch begleitende Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen begegnet werden. Dass Infektionsschutzkonzepte regelmäßig nicht umgesetzt werden könnten, sei nicht feststellbar.

Die Untersagung sexueller Dienstleistungen in der Coronaschutzverordnung sei in vollem Umfang vorläufig außer Vollzug zu setzen. Der festgestellte Mangel erfasse das Regelungskonzept des Verordnungsgebers in Gänze, weil er sexuelle Dienstleis­tungen, allein an die Tätigkeit anknüpfend, umfassend verbiete.

Zuvor hatte der Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2020 – 13 B 800/20.NE – entschieden, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn der Verordnungsgeber die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen, wie sie üblicherweise in Bordellen angeboten würden, untersage, um die Weiterverbreitung des Coronavirus einzudämmen (vgl. Pressemitteilung vom 25. Juni 2020). Mit Blick auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens und das nunmehr bestehende Gesamtkonzept des Verordnungsgebers ist die vollständige Untersagung aller sexuellen Dienstleistungen nach Auffassung des Gerichts aktuell nicht mehr gerechtfertigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch die nachfolgende Entscheidung Nr. 212.

  1. Kein pauschaler Anspruch auf „Homeschooling“

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat entschieden, dass auch angesichts der Coronavirus-Pandemie kein Anspruch eines Schülers auf ein sog. Homeschooling besteht (VG Hannover, Beschl. v. 10.09.2020 – 6 B 4530/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Die Antragstellerin verfolgte mit ihrem Eilrechtsantrag die Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht zur Ermöglichung der Teilnahme am „Homeschooling“. Zur Begründung berief sie sich darauf, dass ihr Vater der Coronavirus-Risikogruppe zuzuordnen sei.

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2020 abgelehnt. Zur Begründung führt die Kammer aus, dass eine Befreiung vom Besuch der Schule in besonders begründeten Ausnahmefällen zwar möglich sei, ein solcher im Falle der Antragstellerin aber nicht gegeben sei. Das Vorliegen eines entsprechenden Ausnahmefalls erfordere – gemäß den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Niedersächsischen Kultusministeriums zur Befreiung vom Präsenzunterricht bei vulnerablen Angehörigen vom 03.09.2020 – unter anderem neben der Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit des Angehörigen zu einer Risikogruppe, dass vom Gesundheitsamt für einen bestimmten Zeitraum eine Infektionsschutzmaßnahme an der Schule verhängt wurde. Im Falle der Antragstellerin fehle es an letzterer Voraussetzung. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Befreiung vom Präsenzunterricht daran geknüpft werde, ob das Gesundheitsamt eine entsprechende Infektionsschutzmaßnahme verhängt habe. Diese Verwaltungspraxis diene in legitimer Weise der Umsetzung der staatlichen Verpflichtung zum Schutze des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Sofern sie das Vorliegen der Verhängung einer Infektionsmaßnahme an der Schule erfordere, differenziere sie damit in zulässiger Weise zwischen einer (bloß) abstrakten, allgemeinen Gefährdungslage sowie der konkreten Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus im Falle einer bereits nachgewiesenen Neuinfektion seitens des zuständigen Gesundheitsamtes. Die Schule habe bereits besondere Hygieneregelungen, wie beispielsweise die grundsätzliche Maskenpflicht im Schulgebäude, für den Schulbesuch im Schuljahr 2020/2021 aufgestellt. Sofern allerdings trotz dieser Schutz- und Hygienevorschriften die allgemein abstrakte Gefährdungslage im Falle einer nachgewiesenen Neuinfektion und einer hiermit einhergehenden Verhängung einer Infektionsschutzmaßnahme eine Konkretisierung erfahre, ermögliche diese Verwaltungspraxis die Befreiung eines Schülers/einer Schülerin von der Teilnahme am Präsenzunterricht zur Teilnahme am „Homeschooling“ für den Zeitraum, für den die Infektionsschutzmaßnahme verhängt worden sei. Eine derart ausdifferenzierte Regelung bringe die widerstreitenden Interessen zwischen der grundsätzlich in Form einer Schulbesuchspflicht bestehenden Schulpflicht (§ 63 Abs. 1 Satz 1 NSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 2 NV) und dem staatlichen Schutzauftrag aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sowie – wie im vorliegenden Fall vulnerabler Angehöriger – der Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG in verfassungskonformer Weise zu einem möglichst schonenden Ausgleich.

Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.“

Im Ergebnis ebenso VG Lüneburg, Beschl. v. 14.09.2020 – 4 B 49/20 [Kein Anspruch auf „Homeschooling“, weil die Mutter eines Schülers an Asthma leidet].

  1. Gesichtsvisier – sog. „Face Shield“ – kein zulässiger Ersatz für eine Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz)

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a.d. Weinstraße hat entschieden, dass ein Gesichtsvisier – sog. „Face Shield“ – kein zulässiger Ersatz für eine Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz) ist (VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschl. v. 10.09.2020 – 5 L 757/20.NW).

In der Pressemitteilung Nr. 15/20 des Gerichts heißt es:

„Ein Schüler einer Schule in Speyer darf auf dem Schulgelände kein Gesichtsvisier („Face Shield“) statt einer Alltagsmaske tragen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden.

Der Antragsteller ist seit dem Schuljahr 2020/2021 Schüler eines Gymnasiums in Speyer. Zu Beginn des Schuljahres trug er wie alle anderen Klassenkameraden eine Mund-Nasen-Bedeckung. Nach einigen Tagen erschien er mit einem Gesichtsvisier in der Schule. Nachdem er von der Schulleitung gebeten worden war, stattdessen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, wies sein Vater mit Schreiben vom 2. September 2020 an den Schulleiter des Gymnasiums unter Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 1. September 2020 darauf hin, dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen könne. Er bitte darum, dass der Antragsteller mit einem Visier am Unterricht teilnehmen könne.

Mit Bescheid vom 3. September 2020 lehnte der Schulleiter des Gymnasiums den Antrag mit der Begründung ab, das vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Attest erscheine derzeit nicht geeignet, um von der Maskenpflicht zu befreien, da es an einer schlüssigen ärztlichen Begründung fehle. Es werde anheimgestellt, die bestehenden Bedenken zu zerstreuen.

Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und suchte ferner mit der Begründung um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, das Face-Shield sei eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (10. CoBeLVO). Im Übrigen ergebe sich aus dem ärztlichen Attest vom 1. September 2020, dass er aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Maske tragen könne und die Verwendung eines Face-Shields ausreichend sei.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach den Bestimmungen der 10. CoBeLVO und dem Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz in der seit dem 17. August 2020 geltenden Fassung gelte grundsätzlich die Maskenpflicht für alle Personen auf dem Schulgelände. Diese Pflicht umfasse alle Räume und Flächen im Schulgebäude und im freien Schulgelände. Ausnahmen gebe es u.a. für Schülerinnen und Schüler, sobald sie ihren Sitzplatz im Unterrichtsraum erreicht hätten. Darüber hinaus seien vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung u.a. alle Personen befreit, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich oder unzumutbar sei. Dies sei durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen.

Vorliegend halte sich der Antragsteller nicht an die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Entgegen seiner Auffassung sei die Verwendung eines Gesichtsvisiers nicht mit einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der 10. CoBeLVO gleichzusetzen. Mund-Nasen-Bedeckungen, auch Alltagsmasken oder Community-Masken genannt, hätten unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie die Funktion, als mechanische Barriere dazu beizutragen, die Verbreitung durch virushaltige Tröpfchen in die unmittelbare Umgebung, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstoße, zu reduzieren und dadurch andere Personen zu schützen (Fremdschutz). Deshalb müsse die Mund-Nasen-Bedeckung möglichst eng anliegen und gut sitzen, um das Vorbeiströmen von Luft an den Rändern der Maske zu verringern. Unter den Begriff der „Mund-Nasen-Bedeckung“ fielen nach dem Sinn und Zweck der Maskenpflicht Masken, die aus handelsüblichen Stoffen genäht würden. Ein Gesichtsvisier könne – zumindest nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand – nicht als Mund-Nasen-Bedeckung bzw. als Alternative zur Mund-Nasen-Bedeckung angesehen werden. Aktuelle Studien wiesen darauf hin, dass die Rückhaltewirkung von Visieren auf ausgestoßene respiratorische Flüssigkeitspartikel deutlich schlechter sei. Denn Visiere könnten in der Regel maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen.

Der Antragsteller habe auch die Befreiungsvoraussetzungen nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe er das nach dem Hygieneplan-Corona erforderliche ärztliche Attest vorgelegt. Diesem fehle es jedoch an Aussagekraft. Aus dem Attest müsste sich nachvollziehbar mindestens ergeben, auf welcher Grundlage der Hausarzt seine Diagnose gestellt habe und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstelle. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller während des Unterrichts gerade keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müsse, so dass sich die Nutzungspflicht lediglich auf die Zeit außerhalb des Unterrichts (Pausen, Aufsuchen anderer Unterrichtsräume oder des Sekretariats) beschränke, hätte der Hausarzt darlegen müssen, aus welchen konkreten Gründen es dem Antragsteller unzumutbar sein soll, in diesem relativ kurzen Zeitraum auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.“

  1. RKI-Berichte verletzen Bürger nicht in ihren Rechten

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass Bürger hinsichtlich der RKI-Lageberichte (= Lageberichte des Robert Koch Instituts) keine Änderungen beanspruchen können (VG Berlin, Beschl. v. 10.09.2020 – VG 14 L 382/20) . In der Pressemitteilung Nr. 45/2020) v. 14.09.2020 heißt es:

„Die vom Robert-Koch-Institut (RKI) herausgegebenen täglichen Lageberichte zur COVID-19-Erkrankung können von Einzelpersonen nicht gerichtlich beanstandet werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem RKI bestimmte Äußerungen in seinen täglichen Lageberichten zur COVID-19-Erkrankung untersagt werden sollen. Sie meint im Wesentlichen, das RKI übertreibe darin das tatsächliche Infektionsgeschehen. Hierdurch werde ihre Menschenwürde „mit den Füßen getreten“; die Berichte weckten in ihr Urängste und seien geeignet, sie potenziell zu traumatisieren. Sowohl die Regierenden als auch die Gerichte machten die RKI-Bewertungen „zum Maß aller Dinge“. Das RKI „bestimme damit faktisch seit Monaten das Schicksal des Landes und seiner Bürger“.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag als unzulässig zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen bestehe unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt. Eine Verletzung von Grundrechten komme nicht in Betracht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht biete allenfalls Schutz vor einer personenbezogenen Berichterstattung, an der es in den RKI-Berichten fehle. Eine Verletzung der Menschenwürde setze voraus, dass der einzelne zum Objekt staatlichen Handelns gemacht werde; hierfür habe die Antragstellerin nichts dargetan. Im Gegenteil ziele das Informationshandeln des RKI gerade auf den subjektiven Schutz der Bürger ab. Dies wäre auch dann nicht ernsthaft in Frage gestellt, wenn einzelne Äußerungen sich als diskutabel erweisen sollten. Eine körperliche Beeinträchtigung, insbesondere die behauptete posttraumatische Belastungsstörung, als Folge der RKI-Veröffentlichungen habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Schüler müssen auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat entschieden, dass Schüler auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen (VG Koblenz, Beschl. v. 07.09.2020 – 4 L 764/20.KO). In der Pressemitteilung Nr. 35/2020 des Gerichts v. 14.09.2020 heißt es:

„Lehrkräfte können den Kontakt mit anderen Schülern auf dem Schulgelände unterbinden, wenn ein Schüler auf dem Schulgelände keine geeignete Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) trägt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und lehnte den Eilantrag einer Schülerin ab.

Die Grundschülerin war auf dem Schulgelände mit einer Maske aus Gaze bzw. Spitzenstoff erschienen. Daraufhin durfte sie in der Pause nicht mit anderen Schülern in Kontakt kommen. Hiergegen richtete sich der Eilantrag der Schülerin, mit dem sie vortrug, sie werde durch die Maßnahmen der Schulleitung diskriminiert. Das Tragen einer anderen als der von ihr verwendeten MNB führe bei ihr zu gesundheitlichen Schäden.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Die Schulleitung könne auf Grundlage ihres Hausrechtes durchsetzen, dass alle Schüler auf dem Schulgelände eine MNB trügen. Dabei könne sie sich auf die 10. Corona-Bekämpfungsverordnung in Verbindung mit dem „Hygieneplan-Corona für die Schulen“ stützen, wonach diese generelle Pflicht zum Tragen einer MNB auf dem Schulgelände gelte und nur in Ausnahmefällen, z. B. aus gesundheitlichen Gründen, hiervon eine Befreiung erteilt werden könne. Einen solchen Ausnahmefall habe die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Darüber hinaus müsse der verwendete Stoff überhaupt geeignet sein, eine Weiterverbreitung des Coronavirus zu verhindern bzw. zu erschweren. Dies sei nur dann der Fall, wenn durch die Dichtigkeit des textilen Stoffes eine Filterwirkung hinsichtlich feiner Tröpfchen und Partikel bewirkt werden könne. Dies sei bei der von der Antragstellerin verwendeten MNB nicht der Fall.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.“

  1. AfD scheitert vor dem BayVerfGH mit einem Eilantrag gegen die Maskenpflicht im Bayerischen Landtag

Die AfD ist mit einem Eilantrag gegen die Maskenpflicht im Bayerischen Landtag vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) gescheitert (BayVerfGH, Beschl. v. 14.09.2020 – Vf. 70-IVa-20). In einer Pressemitteilung v. 15.09.2020 fasst der BayVerfGH die wesentlichen Umstände des Falles und der Entscheidung des Gerichts zusammen.

  1. Kein Anspruch eines Schülers auf weitergehende Schutzmaßnahmen in Schulen

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat entschieden, dass Schüler und Schülerinnen keinen Anspruch auf weitergehende Schutzmaßnahmen in Schulen gegen das Land Baden-Württemberg sowie den Schulträger zusteht (VG Freiburg, Beschl. v. 14.09.2020 – 2 K 2971/20).

In der Pressemitteilung v. 15.09.29020 heißt es:

„Das Land Baden-Württemberg ist nicht verpflichtet, weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf die Gefahr einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus zu treffen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Freiburg in einem von einer Schülerin angestrengten Eilverfahren (Beschluss vom 14.09.2020 – 2 K 2971/20 -).

Die Schülerin hatte mit ihrem am 11. September 2020 beim Gericht gestellten und sowohl gegen den Träger der im Ortenaukreis gelegenen Schule als auch gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten Antrag erreichen wollen, dass alle Klassenzimmer dauerhaft belüftet werden, in allen Klassenzimmern lediglich mit einem Mindestabstand von 1,5 m und mit der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beschult sowie in allen Klassenzimmern eine Luftqualitätsüberwachung installiert wird. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Der Staat sei zwar verpflichtet, sich schützend und fördernd vor das Leben der Einzelnen zu stellen sowie vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit zu schützen. Diese Schutzpflicht sei aber nur verletzt, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen seien, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückblieben. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Vielmehr habe das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport mit der Verordnung über den Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen (CoronaVO Schule) sowie den Hygiene-Hinweisen für die Schulen in Baden-Württemberg Schutzmaßnahmen getroffen.

Zwar gelte kein Abstandsgebot zu den Schülerinnen und Schülern und zwischen ihnen. Lehrkräfte, Eltern, Beschäftigte und andere Personen müssten aber untereinander einen Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten. Zudem seien alle Räume, die dem Aufenthalt von Personen dienten, mehrmals täglich, Unterrichtsräume mindestens alle 45 Minuten, durch das Öffnen der Fenster zu lüften, es sei denn, dass der Luftaustausch über eine geeignete raumlufttechnische Anlage erfolge. Auch nach den Hygiene-Hinweisen sei eine Vielzahl von Schutzvorkehrungen vorgesehen, insbesondere Abstandsgebot (soweit nicht Schülerinnen und Schüler betroffen sind), konstante Gruppenzusammensetzungen, gründliche Händehygiene, Husten- und Niesetikette, Mund-Nasen-Bedeckung außerhalb des Klassenzimmers und Raumhygiene.

Diese Maßnahmen seien auch nicht völlig unzulänglich und blieben auch nicht erheblich hinter dem gebotenen Schutzziel zurück. Es werde nicht verkannt, dass mit Leben und körperlicher Unversehrtheit überragend wichtige Rechtsgüter in Rede stünden. Allerdings könne sich die öffentliche Gewalt nicht darauf beschränken, einen möglichst effektiven Infektionsschutz für Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Vielmehr müsse sie gleichzeitig dem Bildungsauftrag des Staates und dem Bildungsanspruch jedes einzelnen Kindes hinreichend Rechnung tragen. Im Rahmen einer Abwägung sei die Erfüllung der Schutzpflichten mit dem verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Ausgehend hiervon sei der Gestaltungsspielraum des Landes Baden-Württemberg nicht in einer Weise beschränkt, dass die Antragstellerin weitergehende Schutzmaßnahmen, etwa einen Mindestabstand zu und zwischen den Schülerinnen und Schülern verlangen könne. Die Durchsetzung des Bildungsauftrags sowie des Rechts auf Bildung könne nur dann effektiv erfolgen, wenn der Unterricht an allgemeinbildenden Schulen unter Berücksichtigung des Lehrplans als Präsenzunterricht erfolge. Der Präsenzunterricht in voller Klassenstärke könne angesichts Lehrermangels und sächlicher Zwänge wie räumlich bedingter Kapazitätsgrenzen nur unter Verzicht auf den Mindestabstand erfolgen.

Aus der Schutzpflicht des Staates folge auch keine Verpflichtung, in den Klassenzimmern der Schule zusätzlich eine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes anzuordnen. Nach den Hygiene-Hinweisen sei zwar im Unterricht das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht erforderlich, gleichwohl aber zulässig. Für Schülerinnen und Schüler sei ab Klasse 5 das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auf dem gesamten Schulgelände außerhalb des Klassenzimmers verpflichtend. Unabhängig davon bleibe es der Antragstellerin unbenommen, in den Klassenzimmern zu ihrem Eigenschutz einen Mund-Nasen-Schutz oder eine FFP2/FFP3-Maske zu tragen.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg in Mannheim einlegen.“

  1. Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice / kein Anspruch auf Einzelbüro

ArbG Augsburg, Urt. v. 07.05.2020 – 3 Ga 9/20 [Entscheidungsgründe]:

„Unabhängig davon besteht aber auch in der Sache selber kein Anspruch des Klägers auf einen Arbeitsplatz an seinem Wohnsitz (Homeoffice), ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Vertrag noch aus Gesetz.

Es obliegt allein dem Arbeitgeber, wie er seinen Verpflichtungen aus § 618 BGB gerecht wird und sie ermessensgerecht durch entsprechende Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechtes umsetzt, um das Ziel zu erreichen, den hausärztlichen Empfehlungen des Klägers zu entsprechen.

  1. Der weitergehende Antrag, der unter Bedingungen und somit hilfsweise gestellt ist, ist ebenfalls mangels Verfügungsanspruch abzuweisen.

Ein Anspruch des Klägers auf ein Einzelbüro besteht nicht, auch insoweit fehlt es an einer vertraglichen bzw. gesetzlichen Regelung, welche den Anspruch des Klägers stützen könnte.

Auch insoweit ist jedoch der Arbeitgeber verpflichtet, die notwendigen und erforderlichen Schutzmaßnahmen zu Gunsten des Klägers auf Grund § 618 BGB zu ergreifen, umso mehr eine entsprechende hausärztliche Empfehlung vorliegt. Dies kann auch ein Büro mit mehreren Personen sein, wenn entsprechende Schutzvorkehrungen vorhanden sind. Im Ergebnis kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da nach dem Sachvortragt der Beklagten, sobald seine Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt ist, in einem Büro alleine beschäftigt wird. Mehr kann der Kläger nicht verlangen.“

  1. Quarantäneanordnung gegenüber Schüler einer Grundschule ist rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Saarlouis hat entschieden, dass das Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises eine zweiwöchige häusliche Quarantäne für einen Schüler einer Homburger Grundschule anordnen durfte (VG Saarlouis, Beschl. v. 18.09.2020 – 6 L 977/20). Der Schüler hatte mit einem mit dem Coronavirus infizierten Schüler der Parallelklasse die Nachmittagsbetreuung besucht.

  1. Befreiung von der „Maskenpflicht“ erfordert eine aussagekräftige ärztliche Bescheinigung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Befreiung von der „Maskenpflicht“ eine aussagekräftige ärztliche Bescheinigung erfordere (OVG Münster, OVG Münster, Beschluss vom 24.09.2020 – 13 B 1368/20).

In der Presseerklärung des Gerichts v. 24.09.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom heutigen Tag eine Beschwerde zurückgewiesen, mit der zwei Schüler aus Bocholt eine vorläufige Befreiung von der Maskenpflicht während ihres Aufenthalts in den Schulgebäuden und auf dem Schulgelände erlangen wollten.

Die Coronabetreuungsverordnung sieht unter anderem vor, dass alle Personen, die sich im Rahmen der schulischen Nutzung in einem Schulgebäude oder auf einem Schulgrundstück aufhalten, verpflichtet sind, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Ausnahmen von dieser Verpflichtung sind unter anderem für Schülerinnen und Schüler vorgesehen, während sie im Unterrichtsraum auf ihren Sitzplätzen sitzen oder in Pausenzeiten bei der Aufnahme von Speisen und Getränken. Darüber hinaus kann die Schulleitung aus medizinischen Gründen, die auf Verlangen nachzuweisen sind, eine Befreiung von der Maskenpflicht erteilen.

Die Antragsteller sind Schüler einer weiterführenden Schule in Bocholt. Zur Begründung ihrer Befreiungsanträge reichten sie jeweils zwei für beide Antragsteller gleichlautende ärztliche Bescheinigungen ein. In dem ersten Attest hieß es, dass das ganztägige Tragen eines Mund-Nase-Schutzes im Unterricht aus gesundheitlicher Sicht nicht zu befürworten sei, weil dadurch Konzen­tration, Aufmerksamkeit und Lernerfolg der Antragsteller negativ beeinflusst würden. Das zweite Attest beschränkte sich auf die Feststellung, dass die Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit seien. Die Schulleitung erteilte keine Befreiung von der Maskenpflicht. Den Eilantrag der Antragsteller lehnte das Verwaltungsgericht Münster ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsteller das Vorliegen von medizinischen Gründen, die eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung rechtfertigten, nicht glaubhaft gemacht hätten. Um der Schule bzw. dem Gericht eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen, bedürfe es grundsätzlich der Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attests, das gewissen Mindestanforderungen genügen müsse. Aus dem Attest müsse sich regelmäßig nachvollziehbar ergeben, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf Grund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in der Schule alsbald zu erwarten seien und woraus diese im Einzelnen resultierten. Soweit relevante Vorerkrankungen vorlägen, seien diese konkret zu bezeichnen. Darüber hinaus müsse im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt sei. Diese Anforderungen erfüllten die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ersichtlich nicht. Unabhängig davon stellten die angeführten allgemeinen Beeinträchtigungen auch keine medizinischen Gründe im Sinne des Befreiungstatbestandes dar, weil sie als Folgen einer langen Tragedauer im Grundsatz bei allen Schülerinnen und Schülern auftreten könnten. Die Erteilung einer Befreiung verlange nach Sinn und Zweck der Coronabetreuungsverordnung aber grundsätzlich über diese allgemeinen Beeinträchtigungen hinausgehende physische und/oder psychische Erkrankungen, die in der Person des jeweiligen Antragstellers begründet seien.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Hochzeitsfeier mit 250 Gästen darf in einer gemieteten Eventhalle nicht stattfinden

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat entschieden, dass eine Hochzeitsfeier mit 250 Gästen in einer gemieteten Eventhalle nicht stattfinden darf (VG Koblenz, Beschl. v. 25.09.2020 – 3 L 849/20.KO). In der Pressemitteilung Nr. 38/2020 v. 25.09.2020 heißt es:

„Mieten Privatpersonen eine Eventhalle für eine Hochzeitsfeier, unterliegen sie und ihr Vermieter den Beschränkungen der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung für Veranstaltungen nicht gewerblicher Art mit zuvor eindeutig festgelegtem Teilnehmerkreis; die Teilnehmerzahl ist damit auf 75 Personen begrenzt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und lehnte einen Eilantrag des Inhabers einer Eventhalle ab.

Der Antragsteller begehrte mit seinem Eilantrag vom Antragsgegner die Feststellung, dass er als Inhaber einer Eventhalle berechtigt sowie ihm die entsprechende Erlaubnis zu erteilen sei, Hochzeitsfeiern und andere Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit bis zu 250 gleichzeitig anwesenden Personen unter Beachtung bestimmter Maßgaben durchzuführen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht Koblenz ab, da es sich bei den genannten Hochzeitsfeiern um private Veranstaltungen handele, für die in der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung nur ein zuvor festgelegter Teilnehmerkreis von bis zu 75 Personen zulässig sei. Veranstalter dieser Feiern sei nämlich nicht der Antragsteller als Gewerbetreibender, sondern seien die die Hochzeit ausrichtenden Personen. Dies ergebe sich aus der Systematik der Bestimmungen der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung.

Soweit der Antragsteller hilfsweise eine Ausnahmegenehmigung begehre, habe sein Eilantrag auch diesbezüglich keinen Erfolg. Denn diese sei nur dann zu erteilen, wenn dies aus epidemiologischer Sicht vertretbar sei und den Zweck der Verordnung nicht beeinträchtige. Diese Voraussetzungen lägen schon deshalb nicht vor, weil sich in dem Landkreis, in dem sich die Eventhalle des Antragstellers befinde, das Infektionsgeschehen seit einigen Wochen verschlechtere und zudem in den Räumen des Antragstellers Hochzeitsveranstaltungen stattgefunden hätten, auf die aller Wahrscheinlichkeit nach insgesamt bisher sechs Infektionsfälle in dem Landkreis zurückzuführen seien.

Abgesehen davon führte die beantragte allgemeine Ausnahmegenehmigung dazu, dass der Zweck der Verordnung – die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf bis zu 75 Personen wegen der bei privaten Veranstaltungen erhöhten Gefahr der Nichtbeachtung der allgemeinen Regelungen zur Reduzierung des Ansteckungsrisikos – beeinträchtigt würde.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.“

  1. Anordnung häuslicher Quarantäne eines Schülers ist trotz negativen Coronatests zu Recht erfolgt

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat am 29.09.2020 zur Rechtmäßigkeit der Anordnung einer häuslichen Quarantäne eines Schülers entschieden (VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2020 – 7 L 1939/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 30.09.2020 heißt es:

„Ein Schüler, der gemeinsam mit einem positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getesteten Schüler dieselbe Schulklasse besucht hat, muss auf Anordnung des Gesundheitsamtes 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben. Das hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden und den gegen die Quarantäneanordnung gerichteten Antrag des Schülers im Eilverfahren abgelehnt.

Das Gericht hat sich in der Begründung seiner Entscheidung auf die Erkenntnisse und Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gestützt und ist dessen wissenschaftlicher Beurteilung gefolgt. Danach werden Personen, die sich – wie der Antragsteller – in relativ beengter Raumsituation oder schwer zu überblickender Kontaktsituation mit dem bestätigten COVID-19-Fall (z.B. Kitagruppe, Schulklasse) befunden haben, unabhängig von der individuellen Risikoermittlung, als Kontaktpersonen der Kategorie I eingestuft, für die das RKI eine häusliche Quarantäne von 14 Tagen empfiehlt. Zwar habe der Antragsteller sich nach dem Kontakt mit dem infizierten Mitschüler selbst – mit negativem Ergebnis – auf SARS-CoV-2 testen lassen. Dadurch werde die Quarantänezeit aber nicht verkürzt, weil ein Testergebnis während der Inkubationszeit lediglich eine Momentaufnahme darstelle. Auch eine Abwägung der betroffenen Grundrechte und Rechtsgüter führe zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherung des Gesundheitssystems eine kurzzeitige Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit rechtfertige.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften im Präsenzbetrieb für Rechtsreferendare in NRW zumutbar

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften im Präsenzbetrieb für Rechtsreferendare in NRW zumutbar ist (VG Düsseldorf, Beschl. v. 06.10.2020 – 10 L 1954/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.10.2020 heißt es:

„Eine Rechtsreferendarin, die im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf ihren juristischen Vorbereitungsdienst leistet, kann nicht unter Hinweis auf eine Gefährdung ihrer Eltern, mit denen sie in Haushaltsgemeinschaft lebt, verlangen, von der Präsenzpflicht in der Arbeitsgemeinschaft befreit zu werden. Das hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden und den Antrag der Referendarin, den Präsidenten des Oberlandesgerichts im Eilverfahren zu einer derartigen Befreiung zu verpflichten, abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, der Antrag sei bereits unzulässig, weil die Antragstellerin es versäumt habe, vor Anrufung des Gerichts beim OLG-Präsidenten die Befreiung von der Anwesenheitspflicht zu beantragen. Dieser sei nach dem Juristenausbildungsgesetz für die Entscheidung über Ausnahmen von der Pflicht zur Teilnahme an den Übungsstunden der Arbeitsgemeinschaft zuständig. Mit Schreiben des Präsidenten des zuständigen Landgerichts vom 3. September 2020 sei die Wiedereinführung des Präsenzbetriebs und die Anwesenheit aller Rechtsreferendare in den Arbeitsgemeinschaften ab Anfang Oktober 2020 angeordnet worden. Nach Erhalt des Schreibens habe die Antragstellerin sich lediglich bei dem Ausbildungsleiter des Landgerichts erkundigt, ob es eine Möglichkeit zur Befreiung von der Präsenzpflicht bzw. alternative Ausbildungsoptionen gebe, jedoch nach Verneinung dieser Frage keinen förmlichen Antrag beim OLG-Präsidenten gestellt.

Die Kammer hat weiter darauf hingewiesen, dass der Antrag auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Denn das Landgericht habe die Unterrichtsräume unter anderem mit Plexiglaswänden zwischen den Sitzplätzen ausgestattet und ein umfangreiches Hygienekonzept entwickelt. Diese Maßnahmen seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausreichend, um das Risiko einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus auf ein zumutbares Maß zu reduzieren.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Antrag gegen Maskenpflicht für Schüler im Landkreis Neuwied erfolglos

Die Anordnung des Landkreises Neuwied, dass Schülerinnen und Schüler in allen Schulen auch während des Unterrichts Masken tragen müssen, ist vorläufig zu beachten. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz und lehnte einen Eilantrag zweier Geschwister, die ein Gymnasium besuchen, ab (VG Koblenz, Beschl. v. 06.10.2020 – 3 L 873/20.KO). In der Pressemitteilung Nr. 40/2020 des Gerichts v. 08.10.2020 heißt es weiter:

„Nach einem starken Anstieg der Infektionsfälle mit dem Coronavirus ordnete der Landkreis Neuwied mit Allgemeinverfügung vom 1. Oktober 2020 unter anderem an, dass an allen Schulen im Landkreis auch während der gesamten Unterrichtszeit eine Maskenpflicht gilt. Hiermit waren die Antragsteller nicht einverstanden, erhoben beim Landkreis Widerspruch und beantragten gleichzeitig vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht. Sie machten geltend, die Maßnahme sei unverhältnismäßig.

Ihr Antrag hatte keinen Erfolg. Es sei derzeit offen, so die Koblenzer Richter, ob die für die gesamte Unterrichtszeit geltende Maskenpflicht für alle Schulen im Gebiet des Landkreises rechtmäßig sei. Die diesbezügliche Beurteilung sei unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens im Landkreis und der bestehenden Hygienepläne einer vertieften Prüfung in einem Hauptsacheverfahren zu unterziehen. Eine abschließende Klärung der Rechtmäßigkeit der Verfügung in diesem Eilverfahren sei daher nicht möglich.

Wegen der von daher offenen Sach- und Rechtslage nahm das Gericht eine Interessenabwägung vor, die zugunsten des Antragsgegners ausging. Es führte aus, das öffentliche Interesse am Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit und Gesundheit der Allgemeinheit und Einzelner sowie an der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens überwiege das Interesse der Antragsteller, von der angeordneten Maskentragungspflicht verschont zu sein. Nach der Bewertung des Robert-Koch-Instituts sei die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit insgesamt als hoch einzuschätzen. Zudem habe der Antragsgegner dargetan, dass im Kreisgebiet erst kürzlich zahlreiche Infektionen festgestellt worden seien; der maßgebliche 7-Tage-Inzidenzwert von 35 Fällen pro 100.000 Einwohner werde derzeit überschritten. Außerdem lägen keine hinreichend belastbaren medizinischen Erkenntnisse vor, wonach die Mund-Nasen-Bedeckung die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid objektiv in relevanter Weise beeinträchtige. Angesichts dessen hätten die Belange des Gesundheitsschutzes hier Vorrang vor den Interessen der Antragsteller, zumal diese nicht vorgebracht hätten, in besonderer, individueller Weise von der Maskentragungspflicht betroffen zu sein.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.“

  1. Anfechtung einer Personalratswahl wegen Corona-bedingter Einschränkungen bei der Stimmabgabe erfolglos

Die Wahl des Personalrats der Zentrale der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) muss nicht wiederholt werden. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte in einem Wahlanfechtungsverfahren mit Beschluss vom heutigen Tag den Antrag ab, die Wahl für ungültig zu erklären. Die Antragsteller hatten geltend gemacht, aufgrund von Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie sei die Stimmabgabe am 19.03.2020 nicht ordnungsgemäß verlaufen (VG Köln, Beschl. v. 06.10.2020 – 33 K 1757/20.PVB).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.10.2020 heißt es weiter:

„Der örtliche Wahlvorstand hatte den Wahltag im Januar 2020 festgelegt. Angesichts des zunehmenden Infektionsgeschehens wurden Mitte März zahlreiche Beschäftigte in Telearbeit geschickt. Der Wahlvorstand informierte die Wahlberechtigten in den Tagen vor der Wahl mehrfach per E-Mail darüber, dass sie ihre Stimme weiterhin bereits vorab per Briefwahl abgeben könnten. Auch eine persönliche Stimmabgabe am Tag der Wahl sei unter Beachtung der erforderlichen Hygienemaßnahmen möglich. Einigen Wahlberechtigten war der Zutritt zur Dienststelle am Wahltag nicht erlaubt, da sie Kontakt zu einer Kollegin hatten, bei der es nach einem Auslandsaufenthalt einen Corona-Verdacht gab. Die Wahlbeteiligung lag in der Gruppe der Beamten bei 61 Prozent, in der Gruppe der Arbeitnehmer bei 45 Prozent. Bei der Personalratswahl im Jahr 2016 lag sie bei 77 bzw. 64 Prozent.

Die Antragsteller sind wahlberechtigte Beschäftigte bei der BImA und haben die Wahl gerichtlich angefochten. Zur Begründung machten sie geltend, die Folgen der Corona-Pandemie hätten einen massiven Einbruch der Wahlbeteiligung bewirkt und zu einer unzulässigen Beschränkung der Wahl geführt. Zahlreiche Beschäftigte seien aufgrund ihrer Abwesenheit vom Büro für Informationen des Wahlvorstands nicht erreichbar gewesen. Das Verbot für bestimmte Beschäftigte, die Dienststelle zu betreten, stelle eine Wahlbehinderung dar. Der Wahlvorstand sei angesichts des Pandemie-Geschehens verpflichtet gewesen, die Stimmabgabe zu verschieben.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die Anordnung von Telearbeit habe nicht zu einer Wahlrechtsbeschränkung geführt. Die Betroffenen seien nicht gehindert gewesen, ihre Stimme per Briefwahl oder persönlich am Wahltag abzugeben. Auch das Betretungsverbot für bestimmte Beschäftigte führe nicht zum Erfolg des Antrags. Es habe sich lediglich mittelbar auf die Wahl ausgewirkt. Solche mittelbaren Erschwernisse seien nur dann eine Wahlbehinderung, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls bei objektiver Betrachtung auf eine Erschwerung der Wahl gerichtet seien. Daran fehle es hier. Die Maßnahme habe offenkundig dem Infektionsschutz gedient. Auch seien die Beschäftigten hinreichend informiert gewesen. Eine Verpflichtung des Wahlvorstands, die Wahl zu verschieben, habe nicht bestanden. Es seien im Vorfeld der Wahl jedenfalls keine Schwierigkeiten von solchem Gewicht und Umfang absehbar gewesen, dass nur noch eine Verschiebung rechtlich zulässig gewesen wäre, zumal eine entsprechende Regelung für den Pandemie-Fall seinerzeit nicht existiert habe und eine Verschiebung nach der damaligen Rechtslage nur bis Ende Mai zulässig gewesen wäre. Wie sich die Pandemie-Situation bis dahin entwickeln würde, sei nicht absehbar gewesen.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.“

  1. Kinosäle im Sexkino dürfen derzeit ohne Einhaltung des Mindestabstands auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt hat entschieden, dass Kinosäle im Sexkino derzeit ohne Einhaltung des Mindestabstands auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden dürfen (VG Neustadt, Beschl. v. 06.10.2020 – 5 L 783/20.NW). In der Pressemitteilung Nr. 20/20 v. 07.10.2020 heißt es:

„Der Betreiber eines Sexkinos ist nicht daran gehindert, in seinen Kinosälen auch Personen aus zwei Hausständen ohne Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern zuzulassen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden.

Der Antragsteller betreibt in Ludwigshafen ein sog. Erlebniskino, in welchem es während der Vorführung von Filmen in mehreren einzelnen Kinosälen auch zu sexuellen Kontakten/Handlungen kommen kann. Bei einer Kontrolle des Betriebs wiesen Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen den Antragsteller darauf hin, es dürften nur Personen aus dem gleichen Haushalt oder Einzelpersonen jeweils einen Raum belegen. Bei sexueller Betätigung komme es zu einem erhöhten Aerosolausstoß, so dass die Vorgaben des Hygienekonzeptes nur bei Einzelbelegung der Zimmer oder mit Paaren aus einem Haushalt eingehalten werden könnten.

Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Verwaltungsgericht und machte geltend, nach den einschlägigen Vorschriften der Elften Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 11. September 2020 (im Folgenden: 11. CoBeLVO) könnten die einzelnen Kinosäle gleichzeitig auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden.

Die 5. Kammer des Gerichts hat dem Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung stattgegeben:

Der Antragsteller habe einen Anspruch auf die vorläufige Feststellung, dass die Kinosäle in seinem Erlebniskino gleichzeitig auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden können. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Denn der Antragsteller würde eine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn er Personen aus verschiedenen Haushalten gleichzeitig den Zutritt zu den Kinosälen gestatten würde, obwohl ihm dies nach der 11. CoBeLVO untersagt wäre. Ein von einem möglichen Bußgeldverfahren Betroffener habe ein schutzwürdiges Interesse daran, die Klärung einer verwaltungsrechtlichen Streitfrage „nicht auf der Anklagebank“ zu erleben, sondern in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren herbeizuführen.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 11. CoBeLVO seien u.a. Kinos unter Beachtung der allgemeinen Schutzmaßnahmen geöffnet. Es gelte nach § 15 Abs. 1 Satz 2 der 11. CoBeLVO u.a. das Abstandsgebot nach § 1 Abs. 2 Satz 1. Dieser bestimme, dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum, vorbehaltlich der Regelungen in Satz 3 und 4, nur unter Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zu anderen Personen erlaubt sei. Satz 1 gelte gemäß Satz 3 Nr. 1 jedoch nicht für Zusammenkünfte von bis zu zehn Personen oder einer Zusammenkunft der Angehörigen zweier Hausstände.

Auf diese Vorschriften könne sich der Antragsteller berufen. Sein Erlebniskino sei keine Prostitutionsstätte, da darin keine sexuellen Dienstleistungen angeboten würden. Ein Sexkino, welches überwiegend oder ausschließlich Filme pornografischen Inhalts zeige, sei vielmehr ein Kino im Sinne der 11. CoBeLVO.

Zwar sei für den Aufenthalt im Kino bzw. den einzelnen Kinosälen grundsätzlich das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen zwei Personen einzuhalten. Der Mindestabstand von 1,5 Metern gelte jedoch ausdrücklich nicht bei Zusammenkünften von bis zu zehn Personen oder einer Zusammenkunft der Angehörigen zweier Hausstände. Dies bedeute, dass entweder zehn Personen aus bis zu zehn verschiedenen Hausständen oder eine unbegrenzte Anzahl von Personen aus zwei verschiedenen Hausständen zusammenkommen dürften, ohne den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten zu müssen. Mit der Lockerungsstufe, die der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber ab dem 10. Juni 2020 (Inkrafttreten der 9. CoBeLVO u.a. mit der Erweiterung um einen „weiteren“ Hausstand) betreten habe, habe er ersichtlich ein abstandsloses Treffen aller Personen zweier Haushalte ermöglichen wollen. Denselben Zweck dürfte nunmehr auch die seit dem 1. Oktober 2020 geltende Regelung des § 6a der 11. CoBeLVO haben, wonach der Betrieb von Prostitutionsstätten und von Prostitutionsvermittlungen unter Einhaltung der allgemeinen Schutzmaßnahmen zulässig sei, soweit an den angebotenen sexuellen Dienstleistungen nicht mehr als zwei Personen beteiligt seien. Die beiden Personen dürften bei lebensnaher Betrachtungsweise ebenfalls verschiedenen Hausständen angehören.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.“

  1. Schließung von Prostitutionsstätten in Baden-Württemberg inzwischen rechtswidrig!

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat einem Eilantrag gegen die Schließung von Prostitutionsstätten durch die Corona-Verordnung der Landesregierung (Antragsgegner) stattgegeben und das Betriebsverbot in § 13 Nr. 2 der Corona-Verordnung mit Wirkung vom 12. Oktober 2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 06.10.2020 – 1 S 2871/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.10.2020 heißt es:

„Die Antragstellerin betreibt eine Prostitutionsstätte in Karlsruhe. Sie wendet sich gegen die Schließung ihres Betriebs durch die Corona-Verordnung. Die vollständige Untersagung aller sexuellen Dienstleistungen verstoße in der gegenwärtigen Lage gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie beabsichtige im Erfolgsfall nur erotische Massagen und sexuelle Dienstleistungen im BDSM-/Domina-Bereich ohne Geschlechtsverkehr zuzulassen und das „Hygienekonzept für erotische Dienstleistungen in Bezug auf die Covid19-Präventuion“ des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. einzuhalten.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Ziel der sexuellen Dienstleistungen sei stets die Herbeiführung einer sexuellen Erregung des Kunden. Diese gehe mit einem verstärkten Aerosolausstoß in geschlossenen Räumen einher. Der Verordnungsgeber sehe die Infektionsgefahr, die von einer Öffnung des Betriebs von Prostitutionsstätten ausgehe, zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin als nicht beherrschbar an. Die Zahl der Neuinfektionen steige derzeit bundes- und landesweit in besorgniserregendem Umfang an. Es könne kein „Weiter so“ mit Lockerungsmaßnahmen geben. Die Sicherstellung der Nachverfolgung von Infektionsrisiken sei von zentraler Relevanz. Eine schnelle, zuverlässige und lückenlose Rückverfolgung von Infektionsketten über die Erhebung von Kundendaten sei in Prostitutionsstätten aber weiterhin lebensfremd. Die Erfahrungen der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass die Durchsetzung von dahingehenden Pflichten schwierig sei, weil Besucher von Restaurants teils Fantasienamen angegeben hätten.

Der 1. Senat des VGH hat dem Antrag stattgegeben. Zur Begründung führt er aus: Das Verbot des Betriebs von Prostitutionsstätten sei wegen des sehr engen Körperkontakts bei sexuellen Dienstleistungen und der damit verbundenen gesteigerten Atemaktivität sowie den Schwierigkeiten der Nachverfolgung von Infektionsketten im von Diskretion geprägten Erotikgewerbe bisher nicht zu beanstanden gewesen (vgl. Pressemitteilung Nr. 31 vom 09.06.2020). Das Verbot, das einzelfallunabhängig und nahezu ohne Ausnahmemöglichkeit gelte und seit knapp sieben Monaten in Kraft sei, sei inzwischen jedoch unverhältnismäßig.

Der Antragsgegner verfolge den Schutz von hochrangigen Rechtsgütern. Das Betriebsverbot diene dazu, Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren. Den von dem Antragsgegner verfolgten Eingriffszwecken komme nach wie vor ein sehr hohes Gewicht zu. Das Gericht gehe insbesondere davon aus, dass die Gefahren, deren Abwehr die angefochtene Vorschrift diene, weiterhin bestünden und sich ohne auch normative Gegenmaßnahmen in kurzer Zeit exponentiell vergrößern könnten.

Auch unter Berücksichtigung dieses hohen Gewichts steht der Eingriffszweck im gegenwärtigen Zeitpunkt gleichwohl nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Vorschrift verursachten Eingriffsintensität. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin wiege außerordentlich schwer. Es handele sich um ein Totalverbot, das keine Ausnahmen zulasse und seit der ersten Corona-Verordnung vom 16. März 2020 gelte. Aktuell sei ein erneuter Anstieg der Übertragung des Coronavirus in der Bevölkerung zu beobachten. Dies rechtfertige es zweifellos, weiterhin auch normative und mit Grundrechtseingriffen verbundene Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Fallhäufungen bei Infektionen kämen nach Erkenntnissen des Robert Koch-Instituts insbesondere im Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis sowie unter anderem in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Einrichtungen für Asylbewerber und Geflüchtete, Gemeinschaftseinrichtungen, verschiedenen beruflichen Settings und im Rahmen religiöser Veranstaltungen sowie in Verbindung mit Reisen bzw. Reiserückkehrern vor. Es sei vom Antragsgegner jedoch nicht substantiiert dargelegt, dass sich Prostitutionsstätten in vergleichbarer Weise typischerweise zu „Superspreadern“ entwickeln. Für Letzteres sei – auch mit Blick auf die in anderen Bundesländern bereits seit geraumer Zeit erfolgte Wiederöffnung solche Betriebe – derzeit auch sonst nichts erkennbar. Das gelte umso mehr, als die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen in der Regel auf die Anwesenheit von zwei Personen beschränkt sei und einen begrenzten Zeitraum umfasse, womit sie sich jeweils von Konstellationen wie Feiern in Familienkreis oder anderen Großveranstaltungen unterscheide.

In Prostitutionsbetrieben würden im Falle der Wiedereröffnung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit infektionsschutzrechtliche – nicht zuletzt mit Blick auf die Kontaktdatenerfassung spezifische – Gefahren entstehen. Diese Gefahren könnten Maßnahmen des Verordnungsgebers unterhalb der Schwelle zu einem vollständigen und ausnahmslosen Verbot rechtfertigen. Als geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen kämen insoweit insbesondere normative Vorgaben zur Aufstellung und Umsetzung von nachprüfbaren Hygienekonzepten sowie insbesondere zur möglichst effektiven und kontrollierbaren Erfassung von Kundendaten, Letzteres möglicherweise durch die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Kontrolle und Erfassung von Personalausweisen durch Betreiber oder gegebenenfalls Verwendung von geeigneten Apps.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 1 S 2871/20).“

  1. Rechtmäßige Notenvergabe im Realschulzeugnis – Abschlussprüfung trotz Unterrichtsausfalls wegen Corona rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat einen Eilantrag einer Schülerin gegen eine Realschule abgelehnt (VG Braunschweig, Beschl. v. 07.07.2020 – 6 B 160/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Mit Beschluss vom 7. Oktober 2020 hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts den Eilantrag einer im Landkreis Peine wohnenden Schülerin gegen ihr Realschul-Abschlusszeugnis abgelehnt (Aktenzeichen 6 B 160/20). Die Schülerin hatte geltend gemacht, der Unterricht sei wegen der Corona-Pandemie unzureichend gewesen, deshalb sei sie nicht ausreichend auf die Abschlussprüfungen vorbereitet gewesen. Außerdem hätte die Schule bei der Vergabe der Abschlussnoten wegen der besonderen Umstände ihrer Ansicht nach eine pädagogische Bewertung vornehmen müssen. Daher sei es nicht in Ordnung, dass die Schule ihr nur den Realschulabschluss und nicht den Erweiterten Sekundarabschluss zuerkannt habe. Für diesen Abschluss hätte sie in den Pflichtfächern Deutsch, Englisch und Mathematik eine Durchschnittsnote von mindestens 3,0 erreichen müssen, erhalten hatte sie aber nur in Mathematik eine 3, in den anderen Fächern dagegen eine 4.

Nach dem Beschluss des Gerichts ist die Entscheidung der Schule nach der in einem Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin habe die aus ihrer Sicht bestehenden Mängel in der Prüfungsvorbereitung schon nicht rechtzeitig gerügt und könne sich deswegen nicht mehr darauf berufen. Um die Chancengleichheit aller Prüflinge zu wahren, müssten angebliche Mängel in der Prüfungsvorbereitung vor Beginn der Prüfungen gerügt werden. Die Antragstellerin hatte die Rüge aber erst erhoben, nachdem sie das Zeugnis erhalten hatte.

Unabhängig davon, so das Gericht weiter, habe die Schule bei der Prüfungsvorbereitung aber auch keine Rechtsfehler begangen. Schülerinnen und Schüler müssten die sich aus der Pandemie ergebenden Beeinträchtigungen der Prüfungsvorbereitung grundsätzlich hinnehmen. Beeinträchtigungen in der Vorbereitungszeit führten nur dann zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung, wenn eine angemessene, dem Gebot der Chancengleichheit entsprechende Vorbereitung auf die Prüfungen schlechterdings nicht möglich war. Dies sei an der betroffenen Schule aber nicht der Fall gewesen. Die Schule habe vor und nach den Schulschließungen im März und April Präsenzunterricht durchgeführt; während der Schließungen habe Online-Unterricht stattgefunden, die Schülerinnen und Schüler hätten umfangreich Kontakt mit den Lehrkräften aufnehmen können.

Von den Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen habe die Schule darüber hinaus während der pandemiebedingten Schulschließungen ein gesteigertes Maß an Selbstdisziplin und Eigeninitiative bei der Erarbeitung des Lernstoffes fordern dürfen. Dies sei auch deswegen gerechtfertigt, weil das Kultusministerium und die Schulen den Schülerinnen und Schülern trotz der schwierigen Umstände der Corona-Krise eine reguläre Prüfung ermöglichen wollten. Die Schülerinnen und Schüler sollten nicht durch eine Verschiebung der Prüfungen oder die Erteilung von Not-Abschlüssen langfristig in ihrer Bildungsbiographie und bei Bewerbungen benachteiligt werden.

Für die Abschlussnoten habe die Schule zutreffend allein die von den Schülerinnen und Schülern erbrachten Leistungen berücksichtigt. Die Schulen dürften diese Noten nicht aus pädagogischen Gründen anheben. Von diesen Pflichten würden die Schulen auch nicht durch die Erschwernisse entbunden, die bei der Prüfungsvorbereitung aufgrund der COVID-19-Pandemie entstehen.

Gegen die Entscheidung der Kammer ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.“

  1. Kein Anspruch auf finanzielle Entschädigung gegen das Land Berlin wegen coronabedingter Schließung einer Kneipe

Das Landgericht (LG) Berlin hat die Klage eines Gastwirts gegen das Land Berlin auf finanzielle Entschädigung wegen der coronabedingten Schließung seiner Kneipe in erster Instanz abgewiesen (LG Berlin, Urt. v. 13.10.2020 – 2 O 247/20).

In der Pressemitteilung Nr. 66/2020 des Gerichts v. 13.10.2020 heißt es:

„Die Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2020 in dem heute in öffentlicher Sitzung verkündeten und dabei mündlich kurz begründeten Urteil die Klage eines Gastwirts gegen das Land Berlin auf finanzielle Entschädigung wegen der coronabedingten Schließung seiner in Berlin betriebenen Kneipe in erster Instanz abgewiesen.

Der Kläger hat dazu vorgetragen, ihm seien aufgrund von Maßnahmen des Landes Berlin nach dem Infektionsschutzgesetz und der „Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 in Berlin“ in Bezug auf die allgemeinen Einschränkungen bzw. Beschränkungen des Gaststättenbetriebes Gewinne entgangen. Der Kläger hat das Land Berlin dafür mit der vorliegenden Klage auf Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 5.001,00 EUR in Anspruch genommen.

Die Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin hat die Abweisung der Klage bei der heutigen mündlichen Urteilsverkündung damit begründet, dass der Kläger unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Aspekt einen Entschädigungsanspruch gegen das Land Berlin habe. Die Anordnung der Schließung von Gaststätten sei rechtmäßig gewesen. Die mit der Schließungsanordnung verbundene Einschränkung der Gaststättenbetreiber, über einen Außer-Haus-Verkauf hinaus Verkäufe tätigen zu können, sei unter besonderer Berücksichtigung der damaligen Erkenntnislage durch den damaligen „Lock-Down“ veranlasst und als verhältnismäßig anzusehen.

Zwar sei es grundsätzlich möglich, Gaststättenbetreibern auch für die Folgen einer rechtmäßigen Gaststättenschließung eine Entschädigung zu zahlen, wenn die erlittenen Beeinträchtigungen als sogenanntes unzumutbares „Sonderopfer“ anzusehen wären. Im konkreten Fall – so der Vorsitzende bei der heutigen Urteilsverkündung – seien aber die durch die vorübergehende Gaststättenschließung im Zeitraum vom 14. März 2020 bzw. 23. März 2020 bis zum 9. Mai 2020 erlittenen Nachteile regelmäßig nicht als ein solches unzumutbares Sonderopfer anzusehen und würden sich im Bereich eines tragbaren allgemeinen Lebens- und Unternehmerrisikos bewegen.

Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.“

Siehe auch oben Nr. 146.

  1. Kein Anspruch auf „Homeschooling“ wegen vulnerabler Eltern

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschwieg hat entschieden, dass Schüler, deren Eltern zur Corona-Risikogruppe gehören, derzeit nicht schon deswegen einen Rechtsanspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht haben (VG Braunschweig, Beschl. v. 08.10.2020 – 6 B 187/20). Die Schule dürfe die Befreiung ablehnen, wenn dort noch keine Infektionsschutz-Maßnahme angeordnet werden musste. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

„Bei den Antragstellern handelt es sich um Geschwister, die die 12. und die 9. Klasse eines Braunschweiger Gymnasiums besuchen. Ihre Eltern hatten der Schule ärztliche Atteste vorgelegt, nach denen sie zur Coronavirus-Risikogruppe gehören. Den Antrag auf Befreiung vom Präsenzunterricht hatte die Schule unter Berufung auf eine Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums abgelehnt. Danach können Schüler, deren Eltern der Risikogruppe angehören, nur dann vom Unterricht befreit werden, wenn schon eine Infektionsschutz-Maßnahme an der Schule ergriffen werden musste, z.B. wegen der Infektion eines anderen Schülers. Dies sei an der Schule aber noch nicht der Fall gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat den gegen die Entscheidung der Schule gerichteten Eilantrag abgelehnt.

Derzeit sei die Vorschrift des Kultusministeriums rechtlich nicht zu beanstanden. Die sich aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes ergebende staatliche Pflicht zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit sei nicht verletzt. Das Grundgesetz gebiete keinen vollkommenen staatlichen Schutz vor jeglichen Gesundheitsgefahren. Bei den Schutzmaßnahmen habe der Staat auch anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten Rechnung zu tragen. Die Schutzpflicht sei nur dann verletzt, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben. Dies sei derzeit an dem Gymnasium nicht der Fall.

Aufgrund der Corona-Verordnung und des Niedersächsischen Hygieneplans für Schulen habe die Schule schon eine Reihe von Schutzmaßnahmen getroffen. Dazu gehörten unter anderem die Anordnung, grundsätzlich einen Mund-Nase-Schutz auf dem gesamten Schulgelände außerhalb des Unterrichts zu tragen, und das „Prinzip der offenen Türen“, um das mit dem Berühren von Türen oder Türklinken verbundene Risiko zu verringern. Diese Maßnahmen seien angesichts der im Entscheidungszeitpunkt im Vergleich zu anderen Regionen noch moderaten Infektionszahlen für die Stadt Braunschweig auch nicht völlig unzulänglich. Bei den Schutzmaßnahmen müssten die Schulen auch den Bildungsauftrag des Staates und den Bildungsanspruch der Schüler berücksichtigen. Die Schulbesuchspflicht sei in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Nur sie gewährleiste ausreichende Bildungsgerechtigkeit und eine umfassende Abdeckung der Lehrpläne über die reine Wissensvermittlung hinaus. Im Hinblick darauf differenzierten die Schulen derzeit in zulässiger Weise zwischen einer bloß abstrakten, allgemeinen Gefährdungslage sowie der konkreten Gefahr einer Infektion mit dem Coronavirus im Falle einer bereits nachgewiesenen Neuinfektion. Das sich laufend verändernde Infektionsgeschehen verlange allerdings, die Risikobeurteilung immer wieder zu überprüfen.

Die Schule verstoße derzeit auch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, indem sie Schülern, die selbst zur Risikogruppe gehören, „Homeschooling“ genehmige. Die unterschiedliche Behandlung sei gerechtfertigt, weil es wissenschaftlich basierte, deutliche Hinweise darauf gebe, dass vulnerable Schüler im Vergleich zu vulnerablen Angehörigen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind.

Gegen die Entscheidung der Kammer steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.“

  1. Beherbergungsverbot in Baden-Württemberg ist rechtwidrig

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat einem Eilantrag gegen das baden-württembergische Beherbergungsverbot für Gäste aus deutschen Regionen, in denen die 7-Tage-Inzidenz von 50 neu gemeldeten SARS-CoV-2-Fällen pro 100.000 Einwohner überschritten wurde, stattgegeben (VGH Mannheim, Beschl. v. 15.10.2020 – 1 S 3156/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 15.10.2020 heißt es:

„§ 2 Abs. 1 der Corona-Verordnung Beherbergungsverbot des Wirtschafts- und Sozialministeriums vom 15. Juli 2020 (in der ab 29. August 2020 geltenden Fassung) untersagt die Beherbergung von Gästen, die sich in einem Land-, Stadtkreis oder einer kreisfreien Stadt innerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten oder darin ihren Wohnsitz haben, in dem der Schwellenwert von 50 neu gemeldeten SARS-CoV-2-Fällen pro 100.000 Einwohner in den vorangehenden sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz) überschritten wurde. Die Verordnung sieht eine Ausnahme von diesem Beherbergungsverbot vor, wenn die Gäste einen negativen Coronatest vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 3 CoronaVO Beherbergungsverbot).

Die Antragsteller haben für die Zeit vom 16. Oktober 2020 bis zum 23. Oktober 2020 einen Urlaubsaufenthalt im Landkreis Ravensburg gebucht. Am 10. Oktober 2020 wurde im Kreis Recklinghausen, in dem die Antragsteller wohnen, die 7-Tage-Inzidenz von 50 neu gemeldeten Sars-CoV-22 Fällen pro 100.000 Einwohner überschritten. Sie wenden sich gegen das Beherbergungsverbot und tragen vor, dieses mache den Aufenthalt in der gebuchten Unterkunft – die über 2.000 € gekostet habe – unmöglich und sei daher unverhältnismäßig und willkürlich. Die Möglichkeit zur Vorlage eines negativen Coronatests diskriminiere Gäste aus Regionen mit schlechten Testkapazitäten und Familien. Es sei bei vorangehenden Testungen in der Familie nie gelungen, das Testergebnis innerhalb von weniger als 72 Stunden zu erlangen. Weiterhin müsse der Test privat bezahlt werden und belaste die Antragsteller mit ihren drei Kindern mit Gesamtkosten von 774,55 € (154,91 € pro Test) erheblich.

Die Landesregierung (Antragsgegner) ist dem Antrag entgegengetreten. Das Beherbergungsverbot sei verhältnismäßig. Zahlreiche Ferienregionen, unter anderem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hätten im Hinblick auf die Eindämmung des Infektionsgeschehens in der jüngeren Vergangenheit sehr gute Erfahrungen mit Reisebeschränkungen gemacht. Angesichts von mehr als 5.000 nachgewiesenen Neuinfektionen pro Tag sei aktuell nicht die Zeit, Beschränkungen zurückzunehmen.

Der 1. Senat des VGH hat dem Antrag stattgegeben und §§ 2 und 3 der CoronaVO Beherbergungsverbot mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung führt er aus: Das Beherbergungsverbot greife in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG ein und sei daher voraussichtlich verfassungswidrig. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Der Antragsgegner verfolge mit der Eindämmung der Pandemie den Schutz von hochrangigen Rechtsgütern. Die Vorschrift diene dazu, Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen.

Jedoch habe der Antragsgegner bereits nicht dargelegt, dass im Zusammenhang mit der Beherbergung ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe, dem mit so drastischen Maßnahmen begegnet werden müsste. Derzeit seien trotz steigender Fallzahlen in Deutschland keine Ausbruchsgeschehen in Beherbergungsbetrieben bekannt. Vielmehr sei aktueller „Treiber“ der Pandemie das Feiern in größeren Gruppen oder der Aufenthalt in Bereichen, wo die Abstands- und Hygieneregeln aufgrund räumlicher Enge, z.B. in der Schule oder in verschiedenen Wohnsituationen (z.B. Pflegeheimen oder Flüchtlingsunterkünften) nicht eingehalten würden. Die Landesregierung sei verpflichtet, fortlaufend und differenziert zu prüfen, ob konkrete Grundrechtseingriffe auch weiterhin zumutbar seien und ob das Gesamtkonzept von Beschränkungen und Lockerungen noch in sich stimmig und tragbar sei. Bis auf Clubs und Discotheken seien sämtliche Geschäfte, Freizeit- und Sporteinrichtungen, Gaststätten, Bars und Vergnügungsstätten wieder – wenn auch mit Schutzvorkehrungen – geöffnet. Dass gerade Beherbergungsbetriebe, in denen nicht zwangsläufig eine große Zahl fremder Menschen aufeinanderträfen, sondern Gäste in abgeschlossenen Räumlichkeiten ggf. mit einer überschaubaren Personenanzahl übernachteten und deren Kontaktdaten hinterlegt seien, davon ausgenommen würden, erschließe sich nicht.

Es sei den Antragstellern nicht zumutbar, sich auf die Möglichkeit verweisen zu lassen, negative Coronatests vorzulegen. Nach derzeitiger Sachlage erscheine es nicht hinreichend gewährleistet, dass ein solcher Test von Reisenden überhaupt so kurzfristig erlangt werden könne. Schon aus rein organisatorischer Sicht sei fraglich, ob dieses enge Zeitfenster, in dem eine Abstrichentnahme durch medizinisches Fachpersonal, der Transport der Proben ins Labor sowie die Übermittlung des Ergebnisses und schließlich das Erscheinen des Gastes im Beherbergungsbetrieb stattfinden müsse, überhaupt eingehalten werden könne.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 1 S 3156/20).“

  1. Beherbergungsverbot in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG)  hat mit Beschluss vom 15.10.2020 in einem Normenkontrolleilverfahren die § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Beherbergungsverbote zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Beherbergungs-Verordnung) vom 9. Oktober 2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 15.10.2020 – 13 MN 371/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 15.10.2020 heißt es:

„Der Antragsteller betreibt in Niedersachsen einen Ferienpark. Dort vermietet er auch Ferienhäuser. Mit einem Normenkontrolleilantrag vom 13. Oktober 2020 beantragte er die vorläufige Außervollzugsetzung des in § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Beherbergungs-Verordnung angeordneten grundsätzlichen Verbots, in Hotels, Pensionen, Jugendherbergen und ähnlichen Beherbergungsbetrieben sowie Ferienwohnungen, Ferienhäusern und Campingplätzen Personen aus einem vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung festgelegten und veröffentlichten Risikogebiet zu touristischen Zwecken zu beherbergen (sog. Beherbergungsverbot). Er macht geltend, die Verbotsregelungen seien zu unbestimmt und das Verbot als solches sei zur Verhinderung weiterer Corona-Infektionen nicht geeignet, nicht notwendig und auch nicht angemessen.

Dieser Antrag hatte Erfolg. Der 13. Senat stellte deutlich heraus, dass auch angesichts der derzeit stark steigenden Infiziertenzahlen in vielen Teilen des Bundesgebiets und Niedersachsens die gesetzlichen Voraussetzungen für ein staatliches Handeln durch infektionsschützende Maßnahmen erfüllt seien.

Das in der Niedersächsischen Corona-Beherbergungs-Verordnung konkret angeordnete Beherbergungsverbot erweise sich bei summarischer Prüfung aber als rechtswidrig. Das Verbot sei schon nicht hinreichend bestimmt. Es erfasse Personen „aus“ Risikogebieten, ohne festzulegen, ob diese Personen dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssten oder ein kurzzeitiger Aufenthalt genüge.

Das Verbot stelle sich auch nicht als notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme dar. Angesichts des engen Anwendungsbereichs (Übernachtungen zu touristischen Zwecken in Beherbergungsbetrieben, nicht aber bloße Einreisen und Aufenthalte ohne Übernachtungen zu jedweden Zwecken, unter anderem Fahrten von Berufspendlern und Heimreisen niedersächsischer Bürgerinnen und Bürger aus Urlauben in innerdeutschen Risikogebieten) und zahlreicher Ausnahmen (unter anderem negativer Corona-Test, „triftiger Reisegrund“ und Einzelfallausnahmen des Gesundheitsamts) erfasse das Verbot von vorneherein nur einen sehr begrenzten Ausschnitt des Reisegeschehens und könne auch nur insoweit überhaupt eine Wirkung auf das Infektionsgeschehen entfalten. Es sei zweifelhaft, ob ein derart begrenztes Verbot geeignet und erforderlich sei. Das Beherbergungsverbot beziehe sich auch auf Sachverhalte, die jedenfalls nicht offensichtlich mit einer erhöhten Infektionsgefahr verbunden seien. Dies gelte für die Beherbergung als solche, aber auch für die eigentlichen Reisen. Der Antragsgegner habe auch auf Nachfrage des Senats keine nachvollziehbaren tatsächlichen Erkenntnisse dazu präsentieren können, welche Zahl von infizierten Personen in den letzten Wochen im Bundesgebiet und in Niedersachsen auf Reisen innerhalb des Bundesgebiets zurückzuführen seien. Aber auch die in der Verordnung vorgenommene schlichte Anknüpfung an Infiziertenzahlen in einem Gebiet sei nicht ausreichend, um für alle Personen in einem solchen Gebiet eine einheitliche Gefahrenlage anzunehmen und diesen gegenüber unterschiedslos generalisierende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zu treffen. Der Verordnungsgeber müsse vielmehr vorhandene oder zumutbar zu ermittelnde tatsächliche Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen in dem betroffenen Gebiet, etwa bei zu lokalisierenden und klar eingrenzbaren Infektionsvorkommen, in einer differenzierten Betrachtung berücksichtigen. Gegenüber Personen aus einem Risikogebiet, das außerhalb Niedersachsens liege, könne das Verbot auch tatsächlich kaum vollzogen werden. Für diesen Personenkreis gelte das Verbot nach § 1 Abs. 3 der Verordnung nur dann, wenn spätestens im Zeitpunkt ihrer Einreise nach Niedersachsen das Gebiet, aus dem sie einreisen, vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung als Risikogebiet veröffentlicht worden sei. Der danach maßgebliche Zeitpunkt der Einreise nach Niedersachsen werde aber weder dokumentiert noch sei er vom Betreiber eines Beherbergungsbetriebs nachzuprüfen.

Unter Berücksichtigung dieser Zweifel an der Eignung und Erforderlichkeit des Verbots greife dieses jedenfalls unangemessen in die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit der Betreiber von Beherbergungsbetrieben ein. Das Verbot bewirke eine gravierende organisatorische Belastung und könne zu erheblichen finanziellen Einbußen führen. Die Verbotswirkungen würden durch die Ausnahmen nicht deutlich gemildert. Insbesondere die Möglichkeit, eine Ausnahme von dem Verbot durch einen negativen Corona-Test zu erlangen, dürfte angesichts nur begrenzter theoretischer und bereits heute tatsächlich weitgehend ausgenutzter Testkapazitäten praktisch kaum zum Tragen kommen und auch der erstrebten Priorisierung von Testungen nach der Infektionswahrscheinlichkeit widersprechen.

Die vorläufige Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, d.h. die außer Vollzug gesetzten Regelungen sind von den darin genannten Beherbergungsbetrieben mit sofortiger Wirkung nicht mehr zu beachten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Eilantrag von Bar- und Diskothekenbetreibern gegen Sperrzeitregelung der Stadt Frankfurt am Main erfolglos

Der Eilantrag von Bar- und Diskothekenbetreibern gegen die Sperrzeitregelung der Stadt Frankfurt am Main blieb vor dem Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. erfolglos (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 14.10.2020 – 2 L 2667/20.F und 2 L 2671/20.F und 2 L 2672/20.F).

In der Pressemitteilung Nr. 12/2020 v. 14.10.2020 heißt es:

„Mit heute zugestellten Beschlüssen hat die für das Gaststättenrecht zuständige 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main drei Eilanträge von Bar- und Diskothekenbetreibern gegen die Allgemeinverfügung zur Verlängerung der Sperrzeit abgelehnt.

Im Zusammenhang mit der derzeitigen durch das Corona-Virus (SARS-CoV-2) bedingten Pandemielage hat die Stadt Frankfurt am Main mit Allgemeinverfügung vom 8.10.2020 die Sperrzeit für das Gaststättengewerbe sowie für öffentliche Vergnügungsstätten mit Ausnahme der Spielhallen bis einschließlich 18.10.2020 auf 23 Uhr festgesetzt.

Die Antragstellerinnen sind Inhaber von Bars und Diskotheken und wenden sich gegen diese Allgemeinverfügung. Sie sind der Auffassung, dass die Sperrzeitverlängerung schon nicht auf einer belastbaren Tatsachengrundlage beruht. Vielmehr bewirke die Sperrzeitverlängerung eine weitere Gefährdung, weil Sozialkontakte in Richtung Feiern in privaten Räumen ohne Hygienekonzept verdrängt würden. Wissenschaftlichen Studien zufolge sei die Gastronomie, insbesondere die Eventgastronomie, mit den vorhandenen Hygienekonzepten kein relevanter Risikofaktor in der Pandemieentwicklung.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt. Mit Erreichen der Eskalationsstufe 4 (Rot) gemäß dem Eskalationskonzept des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration sei ein öffentliches Bedürfnis für die Sperrzeitregelung uneingeschränkt zu bejahen. Die Kammer hält die Verhältnismäßigkeit der Schutzmaßnahme – wie bereits im Beschluss vom 12. Oktober 2020 – für gegeben. Dem Verweis der Antragsteller auf wissenschaftliche Studien, die die These aufstellen, dass die Eventgastronomie kein relevanter Risikofaktor sei, soweit geeignete Hygienekonzepte vorliegen, vermochte das Gericht nicht zu folgen. Damit werde die Relevanz der steigenden Infektionszahlen verkannt. Dass bewährte Hygienekonzepte in der Vergangenheit einen Betrieb sicherstellen konnten, könne angesichts der aktuell steigenden Infektionszahlen, die die Eskalationsstufe 4 auslösten, der Erforderlichkeit „weiterer Maßnahmen“ nicht entgegengehalten werden. Denn nach dem Eskalationskonzept seien nun zusätzliche, d.h. über die Hygienekonzepte hinausgehende Maßnahmen erforderlich.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

Siehe auch die nachstehende Nr. 219!

  1. Berliner Sperrstunde für Gaststätten vorerst außer Vollzug gesetzt

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat die Berliner Sperrstunde gekippt (VG Berlin, Beschl. v. 15.10.2020 – VG 14 L 422/20 und VG 14 L 424/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 49/2020 v. 16.10.2020 heißt es:

„Die mit der Berliner SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung verhängte Sperrstunde für Gaststätten hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in zwei Eilverfahren entschieden.

Nach § 7 Abs. 4 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung in der Fassung vom 6. Oktober 2020 sind Gaststätten in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages zu schließen (Sperrstunde). Hiergegen setzten sich die Antragsteller, insgesamt elf Gastronomen, in zwei Eilverfahren zur Wehr.

Den Eilanträgen hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts verfolgt die Maßnahme zwar das legitime Ziel, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern und damit eine Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Ziels sei eine Sperrstunde auch möglicherweise geeignet. Bei summarischer Prüfung sei aber nicht ersichtlich, dass die Maßnahme für eine nennenswerte Bekämpfung des Infektionsgeschehens erforderlich sei. Nach den vom Robert Koch-Institut veröffentlichten Daten hätten Gaststätten unter den bislang geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen keinen derart wesentlichen Anteil am Infektionsgeschehen gehabt, dass wegen der nunmehr zu verzeichnenden starken Zunahme von Neuinfektionen eine Sperrstunde als weitere Maßnahme erforderlich sei. Der Antragsgegner habe bereits mildere Mittel in Form von vielfältigen Schutz- und Hygienemaßnahmen und nunmehr auch eines Alkoholausschankverbots ergriffen, die für die Bekämpfung des von Gaststätten ausgehenden Infektionsrisikos bei einer prioritär gebotenen konsequenten Durchsetzung dieser Maßnahmen in gleicher Weise geeignet schienen. Nach den Feststellungen des Robert Koch-Instituts seien aktuelle Fallhäufungen insbesondere im Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis sowie u.a. in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Einrichtungen für Asylbewerber und Geflüchtete, Gemeinschaftseinrichtungen, fleischverarbeitenden Betrieben und im Rahmen religiöser Veranstaltungen sowie in Verbindung mit Reisen bzw. Reiserückkehrern beobachtet worden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum es infektionsschutzrechtlich gerechtfertigt sein solle, gastronomische Betriebe – die ansonsten geöffnet bleiben dürften – nach 23 Uhr zu schließen. Auch die Gefahr einer alkoholbedingten „Enthemmung“ nach 23 Uhr bestehe nicht, weil die Verordnung nunmehr ein von den Antragstellern nicht angegriffenes Alkoholausschankverbot nach diesem Zeitpunkt enthalte. Gastwirten könne nicht pauschal unterstellt werden, dass sie diese Vorgaben typischerweise nicht einhielten. Allein die bessere Kontrollmöglichkeit einer Sperrstunde könne daher hier nicht zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden. Schließlich stelle sich die Maßnahme wegen der untergeordneten Bedeutung des Infektionsumfelds „Gaststätte“ als unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

Das OVG hat auf die Beschwerde der Senatsverwaltung keine Zwischenverfügung erlassen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.2020 – I- 33/20). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.10.2020 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht hat in zwei Eilverfahren auf Antrag von elf Gastronomen mit Beschlüssen vom 15. Oktober 2020 die mit der Berliner SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung verhängte Sperrstunde für Gaststätten ausgesetzt (vgl. Pressemitteilung Nr. 49/2020 des Verwaltungsgerichts Berlin). Hiergegen hat die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung am heutigen Nachmittag Beschwerde eingelegt, die noch nicht begründet wurde. Zugleich hat sie beantragt, eine Zwischenverfügung zu erlassen, mit der die aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde angeordnet werden soll. Hiermit sollte verhindert werden, dass die elf Antragsteller ihre Gaststätten bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde über die Sperrstunde von 23.00 Uhr hinaus geöffnet halten.

Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat dem Antrag auf Erlass der begehrten Zwischenverfügung nicht entsprochen. Das Verwaltungsgericht habe nachvollziehbar begründet, dass von einer Öffnung von Gaststätten über die Sperrstunde hinaus keine die Anordnung einer Sperrstunde rechtfertigende Gefahr ausgehe. Gaststätten hätten unter den geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen keinen wesentlichen Anteil am Infektionsgeschehen. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen dürften Begegnungen auf engstem Raum eher die Ausnahme bleiben. Da lediglich die elf Gaststätten der Antragsteller über die Sperrstunde hinaus geöffnet bleiben dürfen, sei auch nicht mit einer großen Zahl von Besuchern zu rechnen. Zudem gelte ab 23.00 Uhr ein Alkoholausschankverbot.“

Siehe aber auch die vorstehende Nr. 218!

  1. Touristisches Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein vorerst rechtmäßig

Das Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat einen gegen das „Beherbergungsverbot“ der Landesregierung von Schleswig-Holstein gerichteten Eilantrag als unbegründet abgelehnt (Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 15.10.2020 – 3 MR 45/20). Gestellt wurde der Antrag von einer Familie aus dem Kreis Recklinghausen, die auf Sylt Urlaub machen wollten.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.10.2020 heißt es weiter:

„In Anbetracht der gegebenen Eilbedürftigkeit beurteilt der Senat die für den Eilantrag maßgeblichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen. Insbesondere die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Anknüpfung des Beherbergungsverbots des § 17 Abs. 2 der Corona-Bekämpfungsverordnung an die „Sieben-Tage-Inzidenz“ von SARS-CoV-2-Neuinfektionen bezogen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner lasse sich angesichts der äußerst knappen Frist nicht abschließend beantworten.

Die deshalb vorgenommene Folgenabwägung ging zulasten der antragstellenden Familie aus. Würde der Vollzug der Verordnung jetzt ausgesetzt, könnten Personen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen, was in Anbetracht der heute veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen zu relativ umgehenden Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen könne, zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar erfolge. Angesichts des bundesweit rasanten Anstiegs der Infektionen sei die Landesregierung nicht gehalten, zuzuwarten, bis sich die Situation in Schleswig-Holstein in ähnlicher Weise entwickele wie in den ausgewiesenen inländischen Risikogebieten. Auch wegen der Erfahrungen mit dem „Lockdown“ des vergangenen Frühjahrs sowohl für jeden einzelnen als auch und insbesondere für die Wirtschaft – einschließlich der Beherbergungsbetriebe – überwiege bei einer Gesamtbetrachtung das Interesse der Gesamtbevölkerung am Schutz vor einer Weiterverbreitung des Coronavirus gegenüber den Interessen der antragstellenden Familie an einer touristischen Reise. Denn sie hätten es in der Hand, durch den Nachweis einer entsprechenden negativen Testung den geplanten Aufenthalt auf Sylt zeitnah zu realisieren. Die vorherige Testung sei ihnen finanziell wie auch im Übrigen zumutbar. Das Erfordernis eines solchen Attestes sei nach vorläufiger Einschätzung ein hinzunehmender Eingriff in die geltend gemachten Grundrechte.“

Siehe aber die Entscheidung Nr. 235!!

  1. Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht in Schleswig-Holstein hat vorerst Bestand

Das Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat entschieden, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht, auf dem Gelände von Schulen und bei schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes nach der Schulen-Coronaverordnung des Bildungsministeriums vorerst Bestand hat (Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 15.10.2020 – 3 MR 43/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.10.2020 heißt es weiter:

„Nach den angegriffenen Regelungen besteht eine Ausnahme von der Maskenpflicht im Unterrichtsraum nur im Falle von Prüfungen und Vorträgen, wenn ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden kann. Entsprechendes gilt in der Mensa und auf dem Schulhof sowie bei schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes.

Antragstellerin in diesem Verfahren ist eine Schülerin der Sekundarstufe I, die geltend macht, dass die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmen von der Maskenpflicht zu streng seien. Der 3. Senat weist demgegenüber darauf hin, dass sich die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht unterhalb der Schwelle einer Schulschließung als Maßnahme zur Ermöglichung des Präsenzunterrichts darstelle und vom Infektionsschutzgesetz gedeckt sei. Zulässigerweise eröffne das Gesetz der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen, da sich die Bandbreite der bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommenden Schutzmaßnahmen nicht im Vorfeld bestimmen lasse. Die hier getroffenen Anordnungen seien zur Erreichung des Ziels, einer Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus vorzubeugen, geeignet, erforderlich und auch angemessen. Dass es bei Kindern und Jugendlichen durch das mehrstündige Tragen einer Alltagsmaske zu gravierenden körperlichen Einschränkungen komme, sei medizinisch nicht belegt. Im Übrigen habe der Verordnungsgeber dem Schutzgut der körperlichen Unversehrtheit dadurch Rechnung getragen, indem er für Personen mit körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung eine Ausnahme zulasse. Schließlich sei es Sache der Eltern und der Lehrerschaft, das richtige Aufsetzen der Maske zu üben und die Kinder anzuhalten, die Masken regelmäßig zu wechseln. Dies sei auch zehnjährigen Kindern vermittelbar. Psychische Beeinträchtigungen vermochte die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert darzulegen. Im Übrigen bestehe die Maskentragungspflicht nur im schulischen Kontext und hier auch nur für die ersten zwei Wochen nach den Herbstferien. Der Vergleich zu den in anderen Bundesländern bestehenden Regelungen ergebe keine andere Bewertung, weil der Normgeber des jeweiligen Landes nur innerhalb seines Herrschaftsbereiches den Gleichheitssatz zu wahren habe.“

  1. Erfolgreicher Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin gegen coronabedingte Isolationsanordnung

Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hat dem Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin (Kreis Lippe) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW zum Schutz von Pflegeeinrichtungen vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Viren unter Berücksichtigung des Rechts auf Teilhabe und sozialer Kontakte der pflegebedürftigen Menschen (CoronaAVPflegeundBesuche) stattgegeben (VG Minden, Beschl. v. 14.10.2020 – 7 L 729/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 14.10.2020  heißt es:

„Gemäß Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche vom 31. August 2020 sind pflegebedürftige Menschen, bei denen aufgrund eines konkret darzulegenden Anlasses eine SARS-CoV-2-Infektion nicht ausgeschlossen werden kann, nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts getrennt von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung unterzubringen, zu pflegen, zu betreuen und zu versorgen (Isolierung).

Dem Antrag, die aufschiebende Wirkung einer gegen diese Regelung erhobenen Klage anzuordnen, hat die 7. Kammer mit Beschluss vom 14. Oktober 2020 stattgegeben. Das private Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der Hauptsache (7 K 2326/20) insoweit angefochtenen Allgemeinverfügung. Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche erweise sich nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig.

Für die umstrittene Isolierungsanordnung fehle es an einer tauglichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die vom Ministerium herangezogene Generalermächtigung aus § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) komme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil in § 30 IfSG spezialgesetzliche Regelungen enthalten seien, sodass ein Rückgriff auf die Generalklausel ausgeschlossen sei.

Darüber hinaus fehle es bei der von Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 CoronaAVPflegeundBesuche geregelten Isolierungsanordnung an einer behördlichen Einbeziehung. Nach derzeitiger Ausgestaltung der Regelung solle die Pflegeeinrichtung selbst entscheiden, wer isoliert werde. Eine solche Entkoppelung von einem behördlichen Entscheidungsprozess erweise sich im konkreten Fall als rechtswidrig. Die zuständige Behörde müsse nach den Regelungen des IfSG selbst prüfen, ob die Voraussetzungen einer Isolierung vorliegen und dürfe dies nicht der jeweiligen Einrichtungsleitung überlassen. Eine Präzisierung, wann von einem „konkreten Anlass“ ausgegangen werden könne, enthalte die Allgemeinverfügung nicht.

Wegen des hochwertigen Schutzguts der Gesundheit des menschlichen Lebens sei es zwar grundsätzlich denkbar, die Pflegeeinrichtung bei der Umsetzung einer Isolierung einzubeziehen. Dazu hätte es jedoch einer Präzisierung bedurft, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten eine Isolierung zu erfolgen hat.

(Beschluss vom 14. Oktober 2020 – 7 L 729/20 -, nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG NRW statthaft.)“

  1. Eilantrag gegen Beherbergungsverbot in Hamburg bleibt erfolglos

Mit Beschluss vom 16.10.2020 hat das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg den Eilantrag eines Ehepaares aus Nordrhein-Westfalen abgelehnt, mit dem sich dieses gegen das sog. Beherbergungsverbot gewandt hat (VG Hamburg, Beschl. v. 16.10.2020 – 6 E 4297/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.10.2020 heißt es:

„Nach der Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der seit dem 12. Oktober 2020 gültigen Fassung müssen Gäste von Beherbergungsbetrieben mit touristischem Aufenthaltszweck schriftlich bestätigen, dass sie sich in den vorangegangenen 14 Tagen nicht in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt aufgehalten haben, in dem oder in der nach den Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen höher als 50 ist (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung). Abweichend hiervon ist die Bereitstellung von Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken für Personen, die sich in einem entsprechenden Gebiet aufgehalten haben nur zulässig, wenn die betreffenden Personen bei Ankunft der Betreiberin oder dem Betreiber des Übernachtungsangebots ein ärztliches Zeugnis vorlegen, das bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus vorhanden sind (§ 16 Abs. 4 der Verordnung).

Der hiergegen gerichtete Eilantrag der in Köln wohnhaften Antragsteller, die heute ihren Erholungsurlaub in Hamburg antreten wollen, blieb vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Frage, ob das sog. Beherbergungsverbot verfassungsgemäß sei, offen. Die in dieser Situation vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragsteller aus. Das Interesse an der öffentlichen Gesundheit und des Infektionsschutzes und damit letztlich das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen überwiege das für sich genommen durchaus gewichtige Interesse der Antragsteller an der Durchführung eines bereits geplanten Erholungsurlaubes. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Situation in einem Stadtstaat wie der Freien und Hansestadt Hamburg – mit einer Vielzahl von Menschen und insbesondere auch touristischen Besuchern auf engem Raum – anders zu bewerten sein könnte als dies in Flächenstaaten wie etwa Baden-Württemberg oder Niedersachsen angezeigt sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller in zumutbarer Weise selbst helfen könnten, indem sie ein ärztliches Zeugnis bei ihrer Ankunft vorlegen.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können die Antragsteller Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.“

  1. Brandenburger Beherbergungsverbot vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat in zwei Eilverfahren § 7 Abs. 2 der aktuellen SARS-CoV-2-Umgangsverordnung des Landes Brandenburg im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.10.2020 – OVG 11 S 87/20 u. 88/20). Die Vorschrift regelt, dass Beherbergungsbetriebe keine Gäste aufnehmen dürfen, die aus einem Landkreis, einer kreisfreien Stadt oder einem Stadtstaat der Bundesrepublik anreisen oder dort ihren Wohnsitz haben, in dem oder in der in den letzten sieben Tagen vor der Anreise mehr als 50 Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner vorgelegen haben.

In der Pressemitteilung 34/20 v. v. 16.10.2020 heißt es weiter:

„Die Antragstellerinnen, ein Hotelbetrieb im Landkreis Dahme-Spree und eine Vermieterin von Ferienwohnungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, hatten unter anderem geltend gemacht, dass die genannte Regelung für sie zu erheblichen Einnahmeverlusten führe und ihre verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit verletze.

Der 11. Senat ist dieser Argumentation im Ergebnis gefolgt. Das Beherbergungsverbot sei voraussichtlich unverhältnismäßig. Das Maß, in dem es voraussichtlich zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitrage, stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der daraus folgenden Einschränkungen der Berufsfreiheit der Antragstellerinnen, aber auch der verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit der Personen aus Risikogebieten, denen ein Übernachtungsaufenthalt oder Urlaub in Brandenburg verwehrt werde. Das Infektionsgeschehen könne innerhalb der Beherbergungsbetriebe etwa durch ein Hygienekonzept deutlich verringert werden. Zudem würden Gäste in Hotelzimmern oder Ferienwohnungen im Allgemeinen allein oder gemeinsam mit Personen ihres eigenen Haushalts übernachten. Der Besuch eines Hotelrestaurants unterscheide sich nicht ersichtlich vom Besuch gastronomischer Einrichtungen außerhalb des Beherbergungsbetriebs, der nicht untersagt sei. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass die Verordnung auch Tagesbesuche aus Risikogebieten nicht ausschließe. So könnten Familien mit schulpflichtigen Kindern aus der Millionenstadt Berlin den ausgefallenen Urlaub in Brandenburg durch entsprechende Tagesausflüge kompensieren, dabei unterschiedliche Ziele ansteuern und das Infektionsrisiko in der Fläche noch breiter streuen. Zudem gebe es einen erheblichen Anteil von Pendlern zwischen Berlin und Brandenburg. Hinter die damit verbundene Gefahr des Einschleppens von Infektionen nach Brandenburg trete die Infektionsgefahr, die mit der angegriffenen Regelung verhindert werden soll, zurück.

Die Unverhältnismäßigkeit des Beherbergungsverbots entfalle auch nicht dadurch, dass sich potentielle Gäste durch Vorlage eines negativen Coronatests von dem Verbot befreien lassen könnten. Zum einen seien solche Tests insbesondere für Familien mit mehreren Kindern mit erheblichen, möglicherweise abschreckenden Kosten verbunden. Zum anderen sei es angesichts der derzeitigen Auslastung der Testkapazitäten zweifelhaft, ob ein entsprechendes Testergebnis fristgerecht zu erhalten sei. Im Übrigen habe auch das Robert-Koch-Institut bereits darauf hingewiesen, dass ein negativer Virus-Nachweis nur eine Momentaufnahme darstelle, die nicht zu einem falschen Sicherheitsgefühl führen dürfe, und dass der zusätzliche Testbedarf durch Urlauber die Belastungssituation der Labore weiter verschärft habe.“

  1. Anordnung häuslicher Quarantäne für Schüler wegen infizierter Lehrerin rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Schüler, der eine Unterrichtsstunde (45 Minuten) mit einer positiv auf den Krankheitserreger SARS-CoV-2 getesteten Lehrkraft in einem durchgängig gelüfteten Klassenzimmer verbracht hat, auf Anordnung des Gesundheitsamtes der Stadt Düsseldorf 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben muss (VG Düsseldorf, Beschl. v. 16.10.2020 – 7 L 2038/20). Damit hat das Gericht den gegen die Quarantäneanordnung gerichteten Antrag des Schülers im Eilverfahren abgelehnt.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.10.2020 heißt es weiter:

„Zur Begründung hat sich die Kammer auf die Erkenntnisse und Orientierungshilfen des Robert-Koch-Instituts (RKI) gestützt und ist dessen wissenschaftlicher Beurteilung gefolgt. Danach werden Personen, die sich gemeinsam mit einer infizierten Person in einem Zeitraum von mehr als 30 Minuten innerhalb eines geschlossenen Raumes mit schlechter Belüftung aufgehalten haben, unabhängig vom Abstand zu der Person und vom Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung den Kontaktpersonen der Kategorie I zugeordnet, für die das RKI eine häusliche Quarantäne von 14 Tagen empfiehlt. Der Schüler sei vom Gesundheitsamt zu Recht als Kontaktperson der Kategorie I eingestuft worden. Es sei zwar möglich, dass wegen des konstanten Lüftens des Klassenraumes durch das Offenhalten jeweils eines Flügels von drei Flügelfenstern und der gegenüberliegenden Klassenzimmertüre eine gewisse Reduktion des Infektionsrisikos erreicht worden sei. Ob die Lüftung ausreichend gewesen sei, könne im Rahmen der effektiven Gefahrenabwehr aber nicht beurteilt werden. So hänge der durch Lüftung erreichbare Luftaustausch von der Witterung und dem konkreten Verhalten ab. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass durch die Kontaktdauer von 45 Minuten der vom RKI vorgegebene Wert von 30 Minuten um 50% überschritten worden sei. Zudem dürfte es zu einer Aerosolverbreitung durch menschliche Bewegung bei Umhergehen der Lehrkraft im Klassenzimmer trotz Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung gekommen sein.

Darüber hinaus führe eine Abwägung der betroffenen Grundrechte und Rechtsgüter zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherung des Gesundheitssystems eine kurzzeitige Einschränkung der Bewegungsfreiheit rechtfertige.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Gericht stoppt Beherbergungsverbot in Mecklenburg-Vorpommern

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Mecklenburg Vorpommern hat die Vorschriften der Corona-Lockerungsverordnung MV die Einreise und den Aufenthalt von Beherbergungsgästen nach und in Mecklenburg-Vorpommern betreffend teilweise außer Vollzug gesetzt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.10.2020 – 2 KM 702/20 OVG).

In der Pressemitteilung des Gerichts 12/2020 v. 20.10.2020 heißt es weiter:

„Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald hat mit Beschluss vom heutigen Tag Vorschriften der Corona-Lockerungsverordnung MV die Einreise und den Aufenthalt von Beherbergungsgästen nach und in Mecklenburg-Vorpommern betreffend teilweise außer Vollzug gesetzt (Az.: 2 KM 702/20 OVG).

Die Antragstellerinnen, zwei Hotelbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern, hatten mit ihrem Eilantrag geltend gemacht, dass sie durch die angegriffenen Vorschriften in ihrer Existenz bedroht seien und diese nicht verfassungsgemäß seien.

Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Es ist der Auffassung, dass § 5 Abs. 12 Corona-LockerungsVO MV insoweit nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist, als Beherbergungsgäste, die aus sog. Risikogebieten nach Mecklenburg-Vorpommern einreisen, anders als die in § 5 Abs. 3 bis 11 Corona-LockerungsVO MV genannten, ebenfalls aus einem sog. Risikogebiet einreisenden Personen, einen sog. Negativ-Attest vorweisen müssen. Ein sachlicher Grund, Beherbergungsgäste aus sog. Risikogebieten anders zu behandeln als z.B. Schüler, Studenten, Berufspendler und andere in der Verordnung genannten Personen, die ebenfalls aus sog. Risikogebieten einreisen und sich in Mecklenburg-Vorpommern aufhalten dürfen, sei nicht überzeugend dargelegt.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.“

  1. Bundesverfassungsgericht prüft Beherbergungsverbot inhaltlich nicht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein abgelehnt (BVerfG, Beschl. v. 22.10.2020 – 1 BvQ 116/20). Der Antrag scheitert an einer ungenügenden Begründung. In den Gründen der Entscheidung heißt es:

„Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, ein landesrechtliches Beherbergungsverbot als Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie außer Vollzug zu setzen, hat keinen Erfolg. Er genügt nicht den an die Begründung eines solchen Antrags zu stellenden Anforderungen. Insbesondere haben die Antragsteller jenseits eines pauschalen Verweises auf Medienberichterstattung nicht dargelegt, warum es ihnen nicht möglich wäre, vor ihrer Abreise am Heimatort oder im zumutbaren Umkreis einen Test in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus zu erlangen.“

  1. Versicherungsnehmer gewinnt gegen den Versicherer einer Betriebsschließungsversicherung

Das Landgericht (LG) München hat den Versicherer, der mit seinem Versicherungsnehmer eine Betriebsschließungsversicherung vereinbart hatte, angesichts der Coronaviruspandemie und dadurch entstandener finanzieller Einbußen des Versicherungsnehmers zu Leistungen aus der Versicherung verurteilt (LG München I, Urt. v. 22.10.2020 – 12 O 5868/20). Es ging um beinahe 430.000,00 EUR.

Siehe auch LG München I, Urt. v. 01.10.2020 – 12 O 5895/20, NJW 2020, 3461 und nachfolgend Nr. 300 und 369.

Siehe dazu auch unser gesondertes Dienstleistungsangebot zur Betriebsschließungsversicherung.

  1. Keine Befreiung vom Präsenzunterricht für Internatsschüler wegen Corona-Pandemie

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt hat den Antrag eines Internatsschülers auf Befreiung vom Präsenzunterricht wegen des Coronavirus abgelehnt (VG Neustadt, Beschl. v. 15.10.2020 – 5 L 827/20.NW).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 22/20 v. 21.10.2020 heißt es:

„Ein Internatsschüler einer Schule in Kaiserslautern hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Fernunterricht wegen der Corona-Pandemie. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom 15. Oktober 2020 entschieden.

Der aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz stammende Antragsteller besucht als Internatsschüler eine Klasse hochbegabter Schülerinnen und Schüler in einem Gymnasium in Kaiserslautern. Mitte September 2020 beantragte er die Befreiung vom Präsenzunterricht und die Erteilung von Fernunterricht mit der Begründung, er leide an Asthma bronchiale und gehöre daher zu einer Risikogruppe für die Erkrankung COVID-19. Gleiches gelte für Angehörige des Antragstellers, bei denen teilweise erhebliche Vorerkrankungen vorlägen.

Diesen Antrag lehnte das Land Rheinland-Pfalz ab, woraufhin der Antragsteller um vorläufigen gerichtlichen Rechtschutz nachsuchte. Zur Begründung führte er aus, das von der Schule vorgelegte spezielle Konzept („geschützter Präsenzunterricht“) sei nicht geeignet, den gesundheitlichen Gefahren und den pädagogischen und psychologischen Anforderungen gerecht zu werden. Da er eine Schule für Hochbegabte besuche, sei er eigenständiges Lernen gewohnt und könne Aufgaben zu Hause allein bearbeiten und anschließend der Schule übermitteln. Eine Entfremdung von der Klassengemeinschaft sei nicht zu befürchten, da er gut integriert sei und zwischenzeitlich Kontakte pflege. Gefährdungen sei er nicht nur in der Schule ausgesetzt, sondern auch auf dem Weg von seinem weiter entfernten Heimatort nach Kaiserslautern in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Ein Anspruch des Antragstellers darauf, aus gesundheitlichen Gründen vom Präsenzunterricht befreit zu werden, folge nicht aus der derzeit geltenden 11. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz in Verbindung mit dem „Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz“.

Die Schulbesuchspflicht entfalle nur für solche Schülerinnen und Schüler, die nicht schulbesuchsfähig seien. Diese Voraussetzung habe der Antragsteller aber auch unter Berücksichtigung des vorgelegten ärztlichen Attests vom 7. Oktober 2020 nicht hinreichend nachgewiesen. Die Prüfung der Schulbesuchsfähigkeit unter Pandemiebedingungen erfolge im Fall von Schülerinnen und Schülern mit Grunderkrankungen bzw. mit Angehörigen mit risikoerhöhenden Grunderkrankungen nach den Vorgaben des „Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz“. Hierfür bedürfe es der Vorlage eines ärztlichen Attests. Aus dessen Inhalt müsse sich regelmäßig nachvollziehbar ergeben, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund des Schulbesuchs alsbald zu erwarten seien und woraus diese im Einzelnen resultierten. Darüber hinaus müsse im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt sei. Das Gericht müsse aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig zu prüfen. Dies gelte in besonderer Weise für ärztliche Atteste, die als Grundlage für eine wegen der Corona-Pandemie zu gewährende Befreiung vom Präsenzunterricht dienen sollten. Diesen Anforderungen werde das vorgelegte Attest in keiner Weise gerecht. Es werde zwar eine Diagnose genannt, in der Konsequenz jedoch lediglich erklärt, dass eine „Sonderbeschulung“ notwendig sei, ohne dass klargestellt werde, was darunter zu verstehen sei.  Angesichts des derzeit nicht vorhersehbaren Endes der Pandemiesituation lasse das Attest nicht erkennen, dass der behandelnde Arzt die Folgen einer längerfristigen Isolation für den Antragsteller mit in seine Beurteilung einbezogen habe.

Die geltend gemachten Erkrankungen seiner Angehörigen ließen keine andere Bewertung des geltend gemachten Anspruchs zu. Die Nichtteilnahme von Schülerinnen und Schülern am Präsenzunterricht könne zum Schutz ihrer Angehörigen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Dies setze voraus, dass ein ärztliches Attest des betreffenden Angehörigen vorgelegt werde, aus dem sich die Corona-relevante Vorerkrankung ergebe.  Entsprechende Nachweise, die den erforderlichen „eng begrenzten“ Ausnahmefall belegten, fehlten.

Ein Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht lasse sich nicht aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit herleiten. Die Verfassung gebiete keinen vollkommenen Schutz vor jeglicher Gesundheitsgefahr. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelte dies im Zusammenhang mit der SARS-CoV2-Pandemie umso mehr, als ein „gewisses Infektionsrisiko mit dem neuartigen Corona-Virus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre“. Vorliegend sei auch zu berücksichtigen, dass die Schule dem Antragsteller mit den schriftlich formulierten besonderen Maßnahmen das im Hygieneplan vorgegebene Konzept der geschützten Präsenz konsequent umgesetzt habe. Die Befreiung von Sport- und Ethikunterricht zeige ebenso wie die Internatsunterbringung in einem Einzelzimmer die Bereitschaft, den gesamten Schulalltag auf besondere Ansteckungsrisiken des Antragstellers hin zu überprüfen und insoweit auf seine gesundheitlichen Probleme einzugehen. Die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m im Klassenraum sei gesichert, der ohnehin mit einer Größe von 60 m² bei der Klassenstärke von nur 15 Schülerinnen und Schülern unter dem Aspekt des Ansteckungsrisikos nach allgemeiner Einschätzung äußerst vorteilhaft sei. Zwar werde damit das Ansteckungsrisiko nicht auf Null reduziert, zumal der Antragsteller offenbar wöchentlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen seinem Heimatort und Kaiserslautern pendeln müsse. Dies beruhe allerdings auf der individuellen Entscheidung des Antragstellers und seiner Eltern für die weit entfernt gelegene Schule.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.“

  1. Keine Außervollzugsetzung der Regelungen zur Erfassung von Kontaktdaten in Bayern

In Bay­ern sind bei Ver­an­stal­tun­gen, in Re­stau­rants und Ho­tels vor­erst wei­ter Kon­takt­da­ten zu er­he­ben; der Baye­ri­sche Ver­fas­sungs­ge­richts­hof (BayVerfGH) hat es ab­ge­lehnt, die ent­spre­chen­den Re­ge­lun­gen der Sieb­ten Baye­ri­schen Co­ro­na-Ver­ord­nung vor­läu­fig außer Voll­zug zu set­zen (BayVerfGH, Beschl. v. 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20). Das Gericht sieht im In­fek­ti­ons­schutz­ge­setz eine aus­rei­chen­de Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge und im Rah­men der Fol­gen­ab­wä­gung den Ge­sund­heits­schutz über­wie­gen.

  1. Eilantrag gegen Maskenpflicht im Unterricht in Baden-Württemberg erfolglos

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat entschieden, dass in baden-württembergischen Schulen auch weiterhin ab Klasse 5 eine Maske getragen werden muss (VGH Mannheim, Beschl. v. 22.10.2020 – 1 S 3201/20).

Siehe auch VGH Mannheim, Beschl. v 04.11.2020 – 1 S 3318/20.

  1. Begrenzung der Anzahl von Gästen in Privatwohnungen aus formellen Gründen fehlerhaft

Die Begrenzung der Anzahl von Gästen in Privatwohnungen in Frankfurt am Main ist aus formellen Gründen fehlerhaft; die Entscheidung des Gerichts wirkt aber nur für Antragsteller. Das hat das Verwaltungsgericht a. M entschieden (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 22.10.2020 – 5 L 2765/20.F). In der Presseerklärung des Gerichts Nr. 14/2020 v. 22.10.2020 heißt es weiter:

„Mit heute zugestelltem Beschluss hat die für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ein gegen die Allgemeinverfügung Stadt Frankfurt am Main gerichtetes Eilrechtsschutzbegehren einer Privatperson stattgegeben.

Im Zusammenhang mit der derzeitigen durch das Corona-Virus (SARS-CoV-2) bedingten Pandemielage hat die Stadt Frankfurt mit Nr. 9 der Allgemeinverfügung vom 15. Oktober 2020 geregelt:

Feiern im privaten Raum (insbesondere in Wohnungen) mit mehr als zehn Personen oder Personen aus mehr als zwei Haushalten sind untersagt.

Der Antragsteller wendet sich gegen diese Regelung. Sie sei evident rechtwidrig und ermögliche es ihm nicht, zu „Feiern“ in seiner eigenen Wohnung drei Personen einzuladen, wenn diese mehr als zwei Haushalten angehörten.

Die Kammer hat dem Antrag stattgegeben. Die allein angegriffene Nr. 9 der Allgemeinverfügung verfolge zwar ein legitimes Ziel. Allerdings sei die Bestimmung in sich nicht schlüssig. Gebildet würden zwei Vergleichsgruppen – zum einen „mehr als zehn Personen“ und zum anderen „Personen aus mehr als zwei Haushalten“. Diese hätten aber eine unterschiedlich große Zahl von Kontaktmöglichkeiten. Bei „Personen aus mehr als zwei Haushalten“ könnten mehr als zehn Personen zusammenkommen.

Weiter sei die Regelung insofern nicht nachvollziehbar, als sie bloß „Feiern“ erfasse, nicht aber andere Formen privater Zusammenkünfte.

Die Kammer betont, dass die aufschiebende Wirkung allein nur den Antragsteller persönlich trifft und nicht etwa sämtliche Bürgerinnen und Bürger des Stadtgebietes.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

  1. Keine Befreiung von der Maskenpflicht ohne aussagekräftiges Attest

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass eine Be­frei­ung von der Pflicht zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung auf dem Schul­ge­län­de aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den nur er­fol­gen kann, wenn ein ärzt­li­ches At­test vor­ge­legt wird, aus dem nach­voll­zieh­ba­re Be­fund­tat­sa­chen und eine Dia­gno­se her­vor­ge­hen (VGH München, Beschl. v. 27.10.2020 – 20 CE 20.2185).

Weitere Einzelheiten zu der Entscheidung enthält eine Pressemitteilung des Gerichts vom 26.10.2020.

  1. Pandemiebedingte Sperrzeit für Gaststätten und Vergnügungsstätten gerichtlich bestätigt

Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe hat den in der Stadt Mannheim angeordneten, vorgezogenen Sperrzeitbeginn für Gaststätten und Vergnügungsstätten bestätigt (VG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2020 – 1 K 4274/20). Das Gericht hat auf den Antrag einer Gaststättenbetreiberin entschieden, dass die von der Stadt Mannheim angeordnete Verlängerung der Sperrzeit für Gaststätten und öffentliche Vergnügungsstätten bestehen bleibt.

  1. Schleswig-Holsteinisches Beherbergungsverbot außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat das dort bislang geltende Beherbergungsverbot außer Vollzug gesetzt (OVG Schleswig, Beschl. v. 23.10.2020 – 3 MR 47/20). In der Pressemitteilung v. 23.10.2020 heißt es:

„Der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat heute entschieden, dass das per Landesverordnung erlassene Beherbergungsverbot rechtswidrig ist und bis zu einer Entscheidung über den in der Hauptsache gestellten Normenkontrollantrag außer Vollzug gesetzt wird. Dieser Beschluss ist allgemein verbindlich, so dass sich jede Person darauf berufen kann und künftig auch von Gerichten und Behörden zu beachten ist.

Veranlasst ist die Entscheidung durch die dringende Notwendigkeit, schwere wirtschaftliche Nachteile für die im Land existierenden Beherbergungsbetriebe abzuwehren. Dazu zählen auch die von den beiden Antragstellerinnen betriebenen Resorts bzw. Hotels in Travemünde, Grömitz und auf Sylt.

Nach summarischer Prüfung sei davon auszugehen, dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache Erfolg haben werde. Das von der Landesregierung durch Änderung der Corona-Bekämpfungsverordnung zum 9. Oktober 2020 erlassene Beherbergungsverbot gelte nur für Personen, die zu touristischen Zwecken nach Schleswig-Holstein kämen, sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem inländischen „Hochinzidenzgebiet“ aufgehalten hätten und kein Negativattest vorlegten. Dies verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG. Angesichts der neuesten Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts nehme die Ausbreitung des Corona-Virus gerade in privaten Haushalten und bei privaten Begegnungen zu, während Ansteckungen in Hotels eher selten seien. Unter diesen Umständen erweise sich das allein für die Anreise von Beherbergungsgästen zu touristischen Zwecken geltende Verbot als eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber solchen Personen, die zu anderen als touristischen, aber ebenfalls privaten Zwecken anreisten, etwa um die Familie zu besuchen, ein Sorge- und Umgangsrecht wahrzunehmen oder um sich um schutzbedürftige Personen zu kümmern. Hinzu komme, dass Hotels und Beherbergungsstätten im Gegensatz zu privaten Quartieren über entsprechende Hygienekonzepte verfügten, sodass der Aufenthalt dort für die Verbreitung des Virus nicht (erheblich) ursächlich sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 3 MR 47/20).“

  1. Beherbergungsverbot in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat das Beherbergungsverbot in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.10.2020 – 3 R 205/20),

In der Pressemitteilung 19/2020 v. 27.10.2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in einem Normenkontrollverfahren § 5 Abs. 1 Satz 5 bis 8 der Achten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 15. September 2020 (8. SARS-CoV-2-EindV) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Der Antragsteller ist Inhaber und Betreiber von Ferienwohnungen in Naumburg. Mit einem Normenkontrollantrag vom 19. Oktober 2020 beantragte er die vorläufige Außervollzugsetzung des in § 5 Abs. 1 Satz 5 der 8. SARS-CoV-2-EindV angeordneten Verbots der Beherbergung von Personen zu touristischen Zwecken, die ihren ersten Wohnsitz in einer Region (Landkreis oder kreisfreien Stadt) innerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, in der innerhalb eines Zeitraums von 7 Tagen vor dem Tag der Anreise die Rate der Neuinfektionen mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 laut der Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts kumulativ höher als 50 von 100 000 Einwohnern ist (sog. Beherbergungsverbot). Er macht geltend, die Verbotsregelung begegne bereits formal-rechtlichen Bedenken und sei darüber hinaus weder geeignet noch erforderlich, um das Ziel der Eindämmung der Corona-Pandemie zu erreichen.

Der Antrag hatte nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gebotenen summarischen Prüfung Erfolg. Nach Auffassung des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts spricht derzeit Überwiegendes dafür, dass das in § 5 Abs. 1 Satz 5 der 8. SARS-CoV-2-EindV geregelte Beherbergungsverbot rechtswidrig ist und wegen der damit einhergehenden Verletzung des Antragstellers in seinem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit für unwirksam zu erklären sein wird. Der mit Beherbergungsverbot verbundene Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 geschützte Berufsausübungsfreiheit genüge voraussichtlich nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zur Begründung hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt:

Zwar bestehe nach der für die aktuell geltende 8. SARS-CoV-2-EindV maßgeblichen Einschätzung des Robert-Koch-Instituts in der aktuellen Risikobewertung (Stand: 7. Oktober 2020) auch in Deutschland unverändert eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Dies zugrunde gelegt möge das Verbot von Beherbergungen zu touristischen Zwecken von Personen, die ihren ersten Wohnsitz in einem sog. innerdeutschen Risikogebiet haben, für sich gesehen als geeignet anzusehen sein, um das legitime Ziel der Vermeidung von neuen Infektionsketten und damit verbunden der Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zum Schutz von Leben und Gesundheit zu erreichen. Das touristische Beherbergungsverbot in seiner konkreten Ausgestaltung dürfte angesichts des Fehlens eines milderen Mittels auch erforderlich sein, um das verfolgte Ziel zu erreichen. Etwaige alternative – mildere – Maßnahmen wie die bereits in der 8. SARS-CoV-2-EindV normierten und im Beherbergungsgewerbe anzuwendenden Hygienevorschriften seien nicht ebenso effektiv wie ein Beherbergungsverbot, das den potentiellen Eintrag von Infektionen am Beherbergungsort durch Touristen in Gänze ausschließt.

Die Regelung sei jedoch selbst unter Berücksichtigung der weiten Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Die vorzunehmende Zweck-Mittel-Relation offenbare, dass die mit der Maßnahme erreichbare Wirkung in Bezug auf den Eingriffszweck in keinem angemessenen Verhältnis zu dem hiermit verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit stehe. Ziel des Beherbergungsverbots solle es – neben der Eindämmung der Ausbreitung des Virus – auch sein, zu verhindern, dass das Coronavirus aus stark von Neuinfektionen betroffenen Regionen innerhalb Deutschlands über den Tourismus nach Sachsen-Anhalt eingebracht werde. Inwieweit dieses (Teil-)Ziel mit der getroffenen Regelung tatsächlich erreicht werde, sei jedenfalls nicht ohne Weiteres feststellbar. Denn die zentrale Lage des Landes Sachsen-Anhalt innerhalb der Bundesrepublik ermögliche auch einen ungehinderten Tagestourismus aus benachbarten Bundesländern, die ihrerseits wiederum über keine einschränkenden Regelungen zur Beherbergung von innerdeutschen Touristen aus Risikogebieten verfügten. Personen aus Risikogebieten sei damit die Einreise bzw. der Aufenthalt zu (tages-)touristischen Zwecken (ohne Übernachtung) weiterhin gestattet. Auch die daneben bestehende Möglichkeit, private Übernachtungsmöglichkeiten (bei Familien und Freunden) zu nutzen, ermögliche Personen aus einem innerdeutschen Risikogebiet sogar einen fortlaufenden Aufenthalt zu touristischen Zwecken. Daneben bestünden weitere Möglichkeiten zur Einreise aus Risikogebieten und eines hieran anknüpfenden Aufenthalts im Land Sachsen-Anhalt.

Dies zugrunde gelegt handele es sich bei dem Beherbergungsverbot um eine Maßnahme, die nur eingeschränkt zu einer Reduzierung des touristisch veranlassten Bewegungsstroms aus innerdeutschen Risikogebieten in das Land Sachsen-Anhalt führen könne, obgleich der Verordnungsgeber an anderer Stelle der Einreise und dem Aufenthalt von Personen aus einem innerdeutschen Risikogebiet zu touristischen und sonstigen Zwecken nicht begegne. Dass gerade Beherbergungsbetriebe, in denen nicht zwangsläufig eine große Zahl fremder Menschen aufeinandertreffen, sondern Gäste in abgeschlossenen Räumlichkeiten ggf. mit einer überschaubaren Personenanzahl übernachten und deren Kontaktdaten hinterlegt sind, davon ausgenommen sind, Reisende aus innerdeutschen Risikogebieten zu empfangen, erschließe sich nicht. Das Land Sachsen-Anhalt habe auch nicht dargelegt, dass im Zusammenhang mit der Beherbergung ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe.

Dagegen gingen vom Beherbergungsverbot gravierende negative Auswirkungen für die Berufsausübung der betroffenen Betreiber von Beherbergungsbetrieben aus. Diese seien verpflichtet, sich fortlaufend über die täglich aktualisierte Veröffentlichung des Robert-Koch-Institutes zu innerdeutschen Risikogebieten zu informieren und hierbei den Erstwohnsitz und Anreisezeitpunkt zu überprüfen sowie durch Stornierungen gebuchter Aufenthalte und durch Abweisung Reisewilliger aus Risikogebieten das Verbot umzusetzen, um einen mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 EUR bewehrten Rechtsverstoß zu vermeiden. Die sich aus diesem erheblichen Organisationsaufwand ergebenden Belastungen würden noch erhöht durch finanzielle Einbußen, die sich aus Stornierungen und mangelnde Wiederbelegungen ergeben können. Neben den die Betreiber von Beherbergungsbetrieben betreffenden beträchtlichen Folgen seien auch die Auswirkungen für betroffene Reisewillige und die Allgemeinheit in die Betrachtung einzubeziehen. Denn das Beherbergungsverbot greife in die allgemeine Handlungsfreiheit der Reisenden und Reisewilligen nach Art. 2 Abs. 1 GG ein.

Aufgrund der gegebenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache und der von dem Antragsteller glaubhaft gemachten – im Übrigen auf der Hand liegenden – beträchtlichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteile infolge des in Beherbergungsverbotes in seiner konkreten Ausgestaltung liege der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach alldem im überwiegenden Interesse des Antragstellers.

Wegen des bestehenden engen Regelungszusammenhangs zwischen der hier streitbefangenen Norm des § 5 Abs. 1 Satz 5 der 8. SARS-CoV-2-EindV und den Sätzen 6 bis 8 der Vorschrift waren auch diese (nichtselbstständigen) Teilregelungen vorläufig außer Vollzug zu setzen.“

  1. Gastronom im Landkreis Berchtesgadener Land scheitert mit seiner Klage gegen den verhängten, regionalen Lockdown

Ein Gas­tro­nom ist mit sei­ner Klage gegen den Lock­down im Land­kreis Berch­tes­ga­de­ner Land in Bay­ern vor dem Verwaltungsgericht (VG) München ge­schei­tert (VG München, Beschl. v. 28.10.2020 – M 26b SE 20.5311). Der Eil­an­trag des Re­stau­rant­be­sit­zers ab­ge­lehnt. Der Un­ter­neh­mer woll­te er­rei­chen, dass er wäh­rend des vom Land­rats­amt an­ge­ord­ne­ten re­gio­na­len Lock­downs Gäste be­wir­ten darf.

  1. Reisepreis muss vom Veranstalter innerhalb von 14 Tagen nach Stornierung rückerstattet werden

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Reisepreis vom Veranstalter innerhalb von 14 Tagen nach Stornierung rückerstattet werden muss (AG Frankfurt a. M., Urt. v. 15.10.2020 – 32 C 2620/20 (18)).

In der Pressemitteilung Nr. 15/2020 v. 28.10.2020 heißt es:

„Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Reiseveranstalter verschuldensunabhängig in Zahlungsverzug gerät, wenn er dem Kunden die von ihm angezahlten Reisekosten nicht innerhalb von 14 Tagen nach Stornierung zurückzahlt (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urt. v. 15.10.2020, Az.: 32 C 2620/20 (18)).

Im zugrundeliegenden Verfahren buchte der Kläger bei einem in Frankfurt ansässigen Reiseunternehmen einen Pauschalurlaub nach Spanien. Wegen der Corona-Pandemie stornierte die Veranstalterin die Reise aber noch vor deren Beginn. Sie erstattete dem Kläger den gezahlten Reisepreis in Höhe von 2.381,35 Euro jedoch nicht zurück, sondern gewährte ihm lediglich Reisegutscheine in entsprechender Höhe. Eine Rückzahlung des Reisepreises erfolgte auch nicht nach vorgerichtlicher Einschaltung und Fristsetzung durch einen Anwalt. Der Kläger hat deswegen Klage mit der Begründung erhoben, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung seines Geldes und nicht bloß auf den Erhalt von Gutscheinen habe. Das nun beklagte Reiseunternehmen erkannte die Klage in Höhe von 2.381,35 Euro an. Es ist jedoch der Auffassung, dass es weder Verzugszinsen noch vorgerichtliche Anwaltskosten als Schaden des Klägers erstatten müsse. Die Beklagte sei mit der Rückzahlung des Reisepreises nicht in Verzug gewesen. Insbesondere sei ihr die Rückzahlung wegen unvorhersehbarer Liquiditätsschwierigkeiten und nicht zu bewältigendem Organisationsbedarf nicht möglich gewesen.

Das Amtsgericht Frankfurt hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte sei nach nationalem und europäischem Recht 14 Tage nach Stornierung der Reise automatisch in Verzug geraten. Daran ändere auch ein Angebot von Gutscheinen oder die Tatsache nichts, dass sich der Veranstalter in Liquiditäts- und Organisationsschwierigkeiten wegen der Corona-Krise befinde. Nach dem Grundsatz „Geld hat man zu haben“ müsse die Beklagte verschuldensunabhängig für die Rückzahlung ihrer Geldschuld einstehen. Insbesondere berechtige sie die durch den Bundestag gewählte sog. „freiwillige Gutschein-Lösung“ nicht, zu Lasten des Kunden ihre Rückzahlungspflicht auszusetzen. Das durch den Gesetzgeber im Rahmen der Krise auf einigen Bereichen eingeführte Zahlungsmoratorium gelte im Zusammenhang mit dem Pauschalreiserecht gerade nicht.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.“

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen Maskenpflicht in Kirchen in Frankfurt am Main

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main hat den Antrag eines Priesters, der sich gegen die Maskenpflicht in Kirchen in Frankfurt am Main gerichtet hat, zurückgewiesen (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 27.10.2020 – 5 L 2749/20.F). In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 16/2020 v. 27.10.2020 heißt es:

„Mit heute zugestelltem Beschluss hat die für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main einen Eilantrag eines Priesters gegen die mit Allgemeinverfügung der Stadt Frankfurt am Main angeordnete Maskenpflicht bei Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften abgelehnt.

Im Zusammenhang mit der derzeitigen durch das Corona-Virus (SARS-CoV-2) bedingten Pandemielage hat die Stadt Frankfurt mit Nr. 5 der Allgemeinverfügung vom 15. Oktober 2020 geregelt:

Bei Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften zur gemeinschaftlichen Religionsausübung sowie Trauerfeierlichkeiten und Bestattungen nach § 1 Abs. 2a CoKoBeV wird für alle Teilnehmenden das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung angeordnet.“

Hiergegen wendet sich der Antragsteller. Er macht geltend, in allen katholischen Gottesdiensten würden alle geltenden Corona-Schutzbestimmungen beachtet. In der katholischen Kirche käme den Gläubigen – im Vergleich zu anderen Glaubensgemeinschaften – eine lediglich passive Teilhabe zu und seien die räumlichen Gegebenheiten ausreichend.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt. Sie hat betont, dass die Maskenpflicht Priester unbestritten in ihrer religiösen und seelsorgerlichen Tätigkeit und damit in ihrer grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit berührt. Eine Folgenabwägung ergebe aber, dass die vom Antragsteller angeführten Einschränkungen hinter dem öffentlichen Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung und der Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems zurücktreten müssten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die katholische Kirche selbst das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung anordne und damit die vom Antragsteller angeführte „würdige Durchführung aller Gottesdienste“ als gewährleistet ansehe. Eine vom Antragsteller geforderte Differenzierung nach den räumlichen Gegebenheiten oder der Gestaltung der jeweiligen Zusammenkünfte – passiv oder aktive Teilnahme –, mithin eine Differenzierung nach Glaubensgemeinschaften würde dem verfassungsrechtlichen Neutralitätsgebot zu widerlaufen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

  1. Eilantrag gegen Sperrstunde in Bayern bleibt ohne Erfolg

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat es abgelehnt, die Regelungen der 7. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen (VGH München, Beschl. v. 29.10.2020 – 20 NE 20.2360). Allerdings weist das Gericht zugleich darauf hin, dass sich mit der zeitlichen Dauer und der Intensität der bislang nur im Rahmen von Rechtsverordnungen der Exekutive geregelten Maßnahmen zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie die Anforderungen des Parlamentsvorbehalts aus Art.80 Abs.1 Satz1 und 2 GG verschärfen.

  1. Pirmasenser Zeitung hat keinen Anspruch auf Auskunft über Infektionszahlen in Ortsgemeinden

Nach einer Entscheidung des VG Neustadt an der Weinstraße steht der Pirmasenser Zeitung kein Anspruch auf Auskunft über Infektionszahlen in Ortsgemeinden zu (VG Neustadt a. d. Weinstr., Beschl. v. 29.10.2020 – 5 L 930/20.NW).

In der Pressemitteilung Nr. 24/20 v. 30.10.2020 heißt es:

„Die Pirmasenser Zeitung hat gegenüber dem Landkreis Südwestpfalz keinen Anspruch auf Auskunft über die Corona-Infektionszahlen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises Südwestpfalz. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom gestrigen Tage entschieden.

Die Antragstellerin ist Herausgeberin der in Pirmasens erscheinenden Regionalzeitung „Pirmasenser Zeitung“. Ihren beim Landkreis Südwestpfalz (im Folgenden: Antragsgegner) gestellten Antrag, ihr die Corona-Infektionszahlen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises Südwestpfalz mitzuteilen, lehnte der Antragsgegner mit der Begründung ab, auf Empfehlung des Landesdatenschutzbeauftragten würden keine Infektionszahlen auf Ebene der Ortsgemeinde bekanntgegeben.

Am 26. Oktober 2020 hat die Antragstellerin um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz mit der Begründung nachgesucht, es sei ein Informationsbedürfnis der Bürger über das Infektionsgeschehen in ihrem Heimatort und regionalen Umfeld vorhanden, und zwar nicht nur aus Neugierde, sondern auch deshalb, weil sich jeder dann besser schützen könne, wenn er wisse, ob evtl. ein Infektionsgeschehen im direkten Umfeld vorhanden sei. Mit den erwünschten Auskünften sei eine individuelle Zuordnung von Zahlen zu konkret Betroffenen auch in kleinen Ortsgemeinden nicht möglich. Die begehrte Aufschlüsselung führe auch nicht dazu, dass aus der Berichterstattung Rückschlüsse auf bestimmte Personen möglich seien. Sie berufe sich auf das grundgesetzliche geschützte Selbstbestimmungsrecht der Presse.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Antragstellerin habe keinen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegen den Antragsgegner auf Erteilung der begehrten Auskünfte über die Gesamtzahl der seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie dokumentierten Infektionszahlen, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden bzw. entsprechende Zahlen aktiver Infektionen im Landkreis Südwestpfalz.

Die Antragstellerin könne sich für ihr Begehren zunächst ohne Weiteres auf den grundgesetzlich geschützten Auskunftsanspruch der Presse stützen, indem sie darauf hinweise, dass gebietsbezogene Informationen zu den Corona-Fallzahlen aktuell auf ein sehr hohes öffentliches Interesse treffen. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass vielfach diskutierte Eindämmungsstrategien derzeit auch an aktuelle, gebietsbezogene Infektionsfallzahlen anknüpften. Damit böten die umstrittenen Daten zweifellos eine Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung.

Zwar veröffentliche das zuständige Gesundheitsministerium des Landes Rheinland-Pfalz nur Zahlen auf der Ebene der Landkreise. Es müsse allerdings der Presse unbenommen bleiben, selbst zu entscheiden, welche Datengrundlage sie für ihre Berichterstattung heranziehe. Eine Bewertung und Gewichtung des Informationsinteresses der Presse komme grundsätzlich nicht in Betracht.

Jedoch könne der Antragsgegner die begehrten Auskünfte verweigern, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Dies sei hier der Fall. Die Kammer sehe eine beachtliche Gefahr, dass die Veröffentlichung der Infektionszahlen auf Ortsgemeindeebene zu einer Bestimmbarkeit der betroffenen Personen führen werde. Maßgeblich dafür sei vor allem die äußerst kleinteilige Gemeindestruktur im Landkreis Südwestpfalz. So hätten die betreffenden Ortsgemeinden etwa in den Verbandsgemeinden Thaleischweiler-Wallhalben oder Hauenstein zum Teil weniger als 200 Einwohner, die Ortsgemeinde Hirschthal in der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland habe sogar weniger als 100 Einwohner. Dementsprechend gering seien die Infektionszahlen. Angesichts dessen sei es nicht nur wahrscheinlich, dass infizierte Personen in den kleinteiligen Gemeinden insbesondere über den Austausch in sozialen Netzwerken bestimmbar seien, sondern dass von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht werde.

Die bisherige Entwicklung seit dem Ausbruch der Pandemie habe nämlich gezeigt, dass im Zuge der zunehmend angespannten politischen Diskussion über den richtigen Umgang auch immer wieder versucht worden sei, anknüpfend an Statistiken darüber zu spekulieren, ob sich infizierte bzw. unter Quarantäne stehende Einzelpersonen, einzelne Familien oder auch bestimmte Gruppen – möglicherweise zu Unrecht – nicht an die vorgeschriebenen bzw. empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen hielten. Gerade die sehr geringen (absoluten) Infektionszahlen in den maßgeblichen kleinen pfälzischen Ortsgemeinden könnten zu einer solchen Vorgehensweise herausfordern. Damit setze sich der Schutzanspruch der Betroffenen hier gegenüber dem Informationsrecht der Presse durch.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.“

Achtung: Diese Entscheidung wurde durch das Oberverwaltungsgericht aufgehoben; das OVG bejaht den Auskunftsanspruch (OVG Koblenz, Beschl. vom 23.11.2020 – 2 B 11397/20). Siehe dazu nachfolgend Nr. 277.

  1. Quarantäneanordnungen müssen zeitlich befristet werden

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, dass Quarantäneanordnungen zeitlich befristet werden müssen (VG Koblenz, Urt. v. 05.10.2020, 3 K 489/20.KO).

In der Pressemitteilung Nr. 42/2020 des Gerichts v. 30.10.2020 heißt es:

„Eine unbefristete Quarantäneanordnung verstößt in der Regel gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist damit rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und gab einer entsprechenden Klage statt.

Die Klägerin, welche als Qualitätsmanagerin in der Verwaltung einer Seniorenresidenz arbeitet, erhielt im Mai dieses Jahres eine Quarantäneanordnung. Zuvor war es in dieser Seniorenresidenz zu Infektionen mit dem Coronavirus bei Mitarbeitern und Bewohnern – bei letzteren teilweise mit tödlichem Ausgang – gekommen. Die Anordnung wurde „bis auf weiteres“ ausgesprochen und sollte erst dann aufgehoben werden, wenn in der Arbeitsstätte der Klägerin keine weiteren Infektionen mit dem Coronavirus mehr nachgewiesen würden sowie für die Klägerin ein negatives Abstrichergebnis vorliege. Mit ihrer gegen den Bescheid erhobenen Klage begehrte die Klägerin u. a. die Feststellung, dass die – zwischenzeitlich wieder aufgehobene – Quarantäneanordnung rechtswidrig gewesen ist.

Die Klage hatte insoweit Erfolg. Zwar habe der Beklagte, so die Koblenzer Richter, seine Anordnung im Nachhinein dahingehend präzisiert, dass diese aufgehoben werde, wenn in der Einrichtung der Klägerin seit der letztmalig festgestellten Infektion mit dem Coronavirus 14 Tage vergangen seien und weiterhin im Falle der Klägerin ein negatives Abstrichergebnis vorliege. Dies stelle allerdings keine Befristung im Sinne des Gesetzes dar. Denn dadurch sollte die Rechtswirkung der Quarantäneanordnung gerade nicht automatisch zu einem zukünftigen gewissen Zeitpunkt enden, sondern vielmehr noch von einer behördlichen Aufhebungsentscheidung abhängen. Die Quarantäneanordnung müsse aber in zeitlicher Hinsicht aufgrund der mit ihr verbundenen Grundrechtseingriffe möglichst kurz bemessen werden. Sie sei vorliegend nicht den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes gerecht geworden, welches eine Quarantänedauer von 14 Tagen (gerechnet ab dem letzten Tag des Kontaktes zu einer ansteckenden Person) empfohlen habe. Von daher sei die unbefristete Quarantäneanordnung zu weitgehend und damit nicht erforderlich und unverhältnismäßig gewesen.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.“

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung einer Verordnung über die Anordnung einer Sperrzeit und eines Alkohol-Außer-Haus-Verkaufsverbots in Gastronomiebetrieben in Niedersachsen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat die vorläufige Außervollzugsetzung einer infektionsschutzrechtlichen Verordnung über die Anordnung einer Sperrzeit und eines Alkohol-Außer-Haus-Verkaufsverbots in Gastronomiebetrieben angeordnet (OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.10.2020 – 13 MN 393/20). In der Begründung der Entscheidung des OVG heißt es:

„Nach summarischer Prüfung erweisen sich die in § 10 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Sperrzeit und die Untersagung des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in ihrer konkreten Ausgestaltung aber nicht als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG.“

  1. Beschwerden der Querdenken-Bewegung zurückgewiesen

Der BayVGH weist Beschwerden der Veranstalter der Querdenken-Versammlungen in München zurück. Der  Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat Beschwerden von Veranstaltern zweier Demonstrationen der Querdenken-Bewegung in München zurückgewiesen und damit die von der Landeshauptstadt verfügten Beschränkungen für eine stationäre Versammlung auf der Theresienwiese sowie die vollständige  Untersagung eines  Aufzugs zur Theresienwiese bestätigt (VGH München, Beschl. v. 01.11.2020 – 10 CS 20.2449; 10 CS 20.2450). Näheres enthält die Pressemitteilung des Gerichts v. 01.11.2020.

  1. Tennisverein scheitert mit Eilantrag

Ein Ten­nis­ver­ein ist mit einem Eil­an­trag gegen das ab dem 02.11.2020 in Rheinland-Pfalz be­stehen­de Schlie­ßungs­ge­bot für seine Ten­nis­hal­le ge­schei­tert. Nach Auffassung des Ver­wal­tungs­ge­richts (VG) Mainz be­stehen zwar Be­den­ken an einer aus­rei­chen­den ge­setz­li­chen Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge und der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Maß­nah­me. Der An­trag sei aber mit Blick auf die Eil­be­dürf­tig­keit nicht sub­stan­ti­iert genug (VG Mainz, Beschl. v. 01.11.2020 – 1 L 843/20). D. h.: Die Sache hätte für den Tennisverein erfolgreich verlaufen können, dazu hätte es aber einer ausführlicheren Begründung gegenüber dem Gericht bedurft.

  1. Teil-Lockdown (touristisches Beherbergungsverbot) in Sachsen-Anhalt verhältnismäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hält das im Rahmen des „Teil-Lockdowns“ von der Landesregierung verordnete touristische Beherbergungsverbot für verhältnismäßig (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 04.11.2020 – 3 R 218/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 04.11.2020 heißt es:

„Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 4. November 2020 den Antrag einer großen Hotelkette auf Außervollzugsetzung mehrerer Regelungen der Achten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus (8. SARS-CoV-2-EindV) abgelehnt. Diese Regelungen betreffen die Untersagung von Veranstaltungen und Versammlungen, das Beherbergungsverbot von Personen zu touristischen Zwecken, die Schließung von Gaststätten für den Publikumsverkehr und die Untersagung des Sportbetriebs auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie Schwimmbädern bis zum 30. November 2020.

Das Oberverwaltungsgericht hat es zwar als offen angesehen, ob die Verordnungsregelungen dem Parlamentsvorbehalt gerecht werden. Bei derart offenen Erfolgsaussichten habe aber eine Folgenabwägung stattzufinden, die eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht dringend erforderten.

Das touristische Beherbergungsverbot wie auch die übrigen Maßnahmen (Untersagung des Veranstaltungswesens, Schließung der Gastronomie und der Sportstätten) seien bei derzeitiger (summarischer) Betrachtung eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes. Der mit dieser Maßnahme in erster Linie verbundene Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Betreiber von Beherbergungsbetrieben und die von Art. 14 GG geschützte Eigentumsgarantie genüge dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn es sei legitimes Ziel der Maßnahme, den exponentiellen Anstieg des Infektionsgeschehens (insgesamt) durch Kontaktreduzierung zu stoppen, um eine Überforderung des Gesundheitssystems zu verhindern. Die Schutzrichtung des Verordnungsgebers umfasse dabei nicht nur Risikogruppen, deren Gesundheitsgefährdung durch das Corana-Virus als sehr hoch eingeschätzt wird, sondern nehme die als insgesamt hoch eingeschätzte Gefährdung für die Gesundheit der gesamten Bevölkerung in Deutschland in den Blick. Angesichts des weiten Entscheidungsspielraums des Verordnungsgebers sei es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber mit seinem Einschreiten nicht nur Risikogruppen betrachte und nicht allein diesen in besonderem Maße Schutz zu teil werden lasse bzw. nur insoweit auf das Infektionsgeschehen Einfluss nehme.

Auch wenn zutreffend sei, dass nach Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts das Beherbergungsgewerbe nicht zum Treiber der Pandemie zähle, seien auch nach den Statistiken des Robert-Koch-Institutes die Ansteckungsumstände im Bundesdurchschnitt in mehr als 75% der Fälle zwischenzeitlich unklar. Insofern sei nicht ausgeschlossen, dass es auch in Beherbergungsbetrieben zu Virusübertragungen komme.

Im Übrigen ziele das Beherbergungsverbot auch nicht vordringlich darauf ab, Infektionen gerade in den betroffenen Unterkünften zu unterbinden. Vielmehr diene es dem Zweck, durch Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche zu senken. Die Unterbindung touristischer Beherbergungen wirke massiv auf die Bewegungsströme der Gäste ein. Sie sorge dafür, dass die Zahl der touristischen Aufenthalte und die damit im Zusammenhang stehenden Sozialkontakte (Reiseweg, Aufenthalt am Ort und im Beherbergungsbetrieb, touristische Nutzung öffentlicher Angebote) reduziert würden und diene damit auch der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten. Den mit touristischen Aufenthalten verbundenen Risiken aufgrund der Vielzahl von Kontaktmöglichkeiten könne allein durch die Anwendung auch konsequenter Abstands- und Hygieneregeln innerhalb der Beherbergungsbetriebe nicht wirksam begegnet werden.

Zudem werde der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und das Eigentumsrecht der Betreiber von Beherbergungsbetrieben dadurch gemildert, dass sog. „Neue Corona-Hilfen für betroffene Unternehmen“, die von der zielgerichteten, zeitlich befristeten Maßnahme, dem „Teil-Lockdown“ betroffen sind, geschaffen worden seien, die über die bestehenden bisherigen Unterstützungsprogramme deutlich hinausgingen.“

  1. Nächtliche Maskenpflicht für Teile der Koblenzer Innenstadt ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat entschieden, dass die nächtliche Maskenpflicht für Teile der Koblenzer Innenstadt rechtswidrig ist (VG Koblenz, Beschl. v. 02.11.2020 – 3 L 976/20.KO).

In der Pressemitteilung Nr. 43/2020 des Gerichts v. 04.11.2020 heißt es:

„Die in einer Allgemeinverfügung geregelte Maskenpflicht für Teile der Koblenzer Innenstadt ist nach derzeitiger Beurteilung rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und gab einem hiergegen gerichteten Eilantrag eines Koblenzer Bürgers statt.

Die Stadt Koblenz hatte für die Zeit von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit für die Stadtteile Altstadt, Mitte und Süd verfügt. Diese Regelung sei unverhältnismäßig, so die Koblenzer Richter. Zwar sei diese grundsätzlich geeignet, einer Weiterverbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken. Die Stadt Koblenz habe aber nicht geprüft, ob mildere Mittel als eine generelle Maskenpflicht für die genannten Stadtteile zur Verfügung stünden. Mittlerweile sei die 12. Corona-Bekämpfungsverordnung in Kraft getreten. Angesichts der sich hierin befindlichen Regelungen sei nicht ersichtlich, dass sämtliche Bereiche der drei betroffenen Stadtteile in den Abend- und Nachtstunden durch Personen stark frequentiert würden. Von daher verbiete sich die Annahme, aufgrund der Unübersichtlichkeit der Örtlichkeit oder der Dynamik des Geschehens sei in allen betroffenen Bereichen mit einer Unterschreitung des Mindestabstandes zu rechnen. Soweit die Stadt auf die oftmals mit dem Konsum von Alkohol verbundenen Ansammlungen junger Menschen verweise, so basierten diese Erfahrungen auf Vorkommnissen in den Sommermonaten. Es werde nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen im Monat November ebenfalls mit solchen Ansammlungen – auch an Werktagen – gerechnet werden müsse.“

  1. Konzertverbot in Berlin einstweilen nicht zu beanstanden

Das Verwaltungsgericht Berlin hält das in der Stadt bestehende Konzertverbot für vorläufig rechtmäßig (VG Berlin, Beschl. v. 03.11.2020  – VG 14 L 508.20).

In der Pressemitteilung Nr. 50/2020 v. 03.11.2020 heißt es:

„Nach der zum 2. November 2020 in Kraft getretenen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin (VO) sind u.a. Konzerte verboten. Hiergegen wandten sich u.a. ein sechsjähriger Pianist und eine erwachsene Pianistin, die gemeinsam am Abend des 3. November 2020 zwei Konzerte im Apollo-Saal der Staatsoper Unter den Linden zu geben beabsichtigen.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei nicht mit der erforderlichen sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Verbot in einem etwaigen Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Vielmehr erscheine der Ausgang eines solchen Verfahrens als offen. Die VO beruhe auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage und verstoße weder gegen den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsprinzip noch gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Verordnungsermächtigungen. Angesichts der dem Gericht zur Prüfung des Rechtsschutzantrages nur zur Verfügung stehenden, äußerst kurzen Zeitspanne sei vorerst nur eine grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich. Danach stelle sich der in Rede stehende Eingriff in die Kunstfreiheit als nicht offenkundig rechtswidrig dar. Das Verbot diene im Zusammenwirken mit anderen in der VO normierten Maßnahmen und Vorgaben dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit der Krankheit COVID-19 soweit als möglich vorzubeugen, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit zu verringern und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitssystems zu schützen. Hierzu erscheine das Verbot auch geeignet, denn es verhindere, dass Menschen – und zwar sowohl künstlerisch Tätige als auch Publikum – aus Anlass der in Rede stehenden Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, im räumlichen Umfeld der Konzertstätte sowie auf den vor und nach dem Konzert zurückzulegenden Wegen aufeinanderträfen. Die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass das Verbot nicht erforderlich sei. Auch die von den Antragstellern angeführte Untersuchung eines Live-Konzerts am 22. August 2020 in Leipzig belege nicht, dass von Konzerten keinerlei Infektionsrisiko ausgehen könne. Im Gegenteil deute die Untersuchung darauf hin, dass bei einer unzureichenden Raumlufttechnik bereits von einer einzigen infizierten Person selbst in einem sehr großen Veranstaltungsraum ein ganz erhebliches Infektionsrisiko ausgehen könne. Die mit der Kunstfreiheit kollidierenden Grundrechte Dritter und die sonstigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgüter habe der Verordnungsgeber hier nicht in offenkundig rechtswidriger Weise miteinander in Ausgleich gebracht. Das Verbot diene dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes/jeder Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens und damit Individual- und Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang. Zudem sei es bis zum 30. November 2020 befristet, und eine Bewertung und ggf. Anpassung der aktuell ergriffenen Maßnahmen solle bereits Mitte November erfolgen. Den Antragstellern verbleibe zudem die Möglichkeit das Konzert – sei es „live“ oder als Aufzeichnung – in Ton und Bild auf elektronischem Wege sowie über geeignete Speichermedien dem interessierten Publikum zugänglich zu machen. Die Ungleichbehandlung verbotener Konzertveranstaltungen vor Publikum einerseits und den für das Publikum weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen, etwa des Einzelhandels, sei nicht offenkundig sachwidrig. Nachteilige wirtschaftliche Folgen würden schließlich durch von der öffentlichen Hand bereitgestellte finanzielle Hilfen möglichst weitgehend abgefedert.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Freispruch, weil Kontaktbeschränkungen ein förmliches Gesetz erfordern

Das AG Dort­mund hat drei Män­nern frei­ge­spro­chen, die gegen die Im Frühjahr gel­ten­den Kon­takt­be­schrän­kun­gen ver­sto­ßen haben sol­len; nach Einschätzung des Gerichts erfordert ein der­art weitreichender Grund­rechts­ein­griff ein förm­li­ches Parlamentsge­set­z und nicht lediglich eine Regierungsver­ord­nung (AG Dortmund, Urt. v. 02.11.2020 – 733 Owi 64/2).

  1. Sechs erfolgslose Eilanträge gegen Betriebsschließungen im Rahmen des zweiten Lockdowns (erfolglose Anträge eines Restaurantbetreibers, eines Hotels mit Sauna, Schwimmbad und Restaurant, eines Bistros, eines Fitnessstudios, eines Kosmetik- und Nagelstudios sowie eines Berufsmusikers und Konzertveranstalters)

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat sechs Eilanträge gegen Betriebsschließungen im Zusammenhang mit dem zweiten Lockdown abgelehnt; das Gericht sieht die Schließungen wegen staatlicher Maßnahmen zur Umsatzkompensation als voraussichtlich verhältnismäßig an.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.11.2020 heißt es:

„Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat heute sechs Eilanträge gegen Betriebsschließungen durch die seit dem 2. November geltende Corona-Verordnung der Landesregierung abgelehnt. Geklagt hatten ein Restaurant (Az. 1 S 3388/20), ein Hotel mit Sauna, Schwimmbad und Restaurant (Az. 1 S 3386/20), ein Bistro (Az. 1 S 3390/20), ein Fitnessstudio (Az. 1 S 3382/20), ein Kosmetik- und Nagelstudio (Az. 1 S 3430/20) und ein Berufsmusiker und Konzertveranstalter (Az. 1 S 3448/20). Keiner der Anträge hatte Erfolg.

Der 1. Senat führt zur Begründung in seinen Beschlüssen von heute aus, insbesondere in einer Pandemielage mit diffusem Infektionsgeschehen könne es – zur Vermeidung eines vollständigen „Lockdowns“ – sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen geben. Im Eilverfahren offen sei allerdings, ob solche Differenzierungen, für die es keine rein infektionsschutzrechtlichen Gründe gebe, vom Verordnungsgeber oder nur vom parlamentarischen Gesetzgeber vorgenommen werden dürfen. Diese Frage stelle sich umso dringlicher, wenn die Landesregierung Ungleichbehandlungen zu einem Zeitpunkt vornehme, zu dem die Grundrechtsträger bereits über einen längeren Zeitraum erheblichen Grundrechtseingriffen zur Bekämpfung einer Pandemie ausgesetzt gewesen seien.

Ob die Betriebsuntersagungen für die genannten Antragsteller in den sechs Verfahren den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG und des Parlamentsvorbehaltsgenüge, sei daher offen. Denn die Landesregierung müsse sich grundsätzlich an infektionsschutzrechtlichen Gründen ausrichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehme. Zu diesen infektionsschutzrechtlichen Gründen, die Ungleichbehandlungen rechtfertigen könnten, träten überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls hinzu, die Ungleichbehandlungen ebenfalls erlauben könnten. Solche überragend wichtigen Gründe des Gemeinwohls könnten beispielsweise für eine bevorzugte Öffnung des Einzelhandels für solche Güter – wie z.B. Lebensmittel – sprechen, die der unmittelbaren Grundversorgung der Bevölkerung dienten. Auch pädagogisch, nicht rein infektionsschutzrechtlich begründete Differenzierungen im Schulbereich könnten zulässig sein.

Die Landesregierung habe mit ihren neuen Maßnahmen jedoch zwischen den nicht näher definierten „Kernbereichen der (nicht publikumsintensiven) Wirtschaft“ auf der einen Seite und sonstigen „(Rand-)Bereichen der Wirtschaft“ auf der anderen Seite differenziert. Das führe beispielsweise dazu, dass der Einzelhandel anders als die Betriebe der Antragsteller bei möglicherweise vergleichbaren infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslagen keinem „Lockdown“ unterworfen werde. Damit habe die Landesregierung das Gebiet von streng infektionsschutzrechtlichen Unterscheidungsgründen verlassen und sich auch nicht mehr auf eine Differenzierung nach überragend wichtigen Gründen des Gemeinwohls beschränkt.

Die mit den Betriebsschließungen einhergehenden Nachteile seien für die Betriebsinhaber von sehr erheblichem Gewicht. Der Eingriff in das Grundrecht der Betriebsinhaber auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei jedoch wegen der von der Bundesregierung beschlossenen Entschädigungsleistungen voraussichtlich verhältnismäßig. Den gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands komme in der Abwägung mit den Belangen der betroffenen Betriebsinhaber ein größeres Gewicht zu.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Gastronomiebetrieben in Niedersachsen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat mit mehreren Beschlüssen v. 06.11.2020 Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der grundsätzlichen Schließung von Gastronomiebetrieben durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 abgelehnt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 06.11.2020 – 13 MN 411/20 u.a.).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.11.2020 heißt es:

„Nach der genannten Regelung sind mit Wirkung vom 2. November 2020 „Gastronomiebetriebe im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes, insbesondere Restaurants, die Freiluftgastronomie, Bars einschließlich Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, Imbisse und Cafés, allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen, jeweils ausgenommen der Außer-Haus-Verkauf und die Abholung von Speisen zum Verzehr außerhalb der jeweiligen Einrichtung und mit Ausnahme von Gastronomiebetrieben in Heimen nach § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über unterstützende Wohnformen (NuWG) zur Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner, von Gastronomiebetrieben in Beherbergungsstätten und Hotels zur Versorgung der zulässig beherbergten Gäste,“ für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen. Gegen diese grundsätzliche Schließung hatten sich mehrere Betreiberinnen und Betreiber niedersächsischer Gastronomiebetriebe mit Normenkontrolleilanträgen gewandt und geltend gemacht, dass die Schließung infektionsschutzrechtlich nicht notwendig sei und den allgemeinen Gleichheitssatz verletze.

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat diese Anträge nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Für den Senat sei derzeit offen, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären sei. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens ergebe die Folgenabwägung, dass der durch die Schließungsanordnung bewirkte Eingriff gegenwärtig hinzunehmen sei.

Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass diese Verordnungsregelung auf einer tragfähigen und dem Parlamentsvorbehalt genügenden Rechtsgrundlage beruhe. Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit bestünden auch nicht mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns und die Notwendigkeit der infektionsschutzrechtlichen Maßnahme als solcher. Der Verordnungsgeber habe die Erforderlichkeit der Betriebsschließungen ‑ anders als bei den zuvor angeordneten Beherbergungsverboten (siehe Pressemitteilung Nr. 49/20 v. 15.10.2020) und Sperrzeiten im Gastronomiebereich (siehe Pressemitteilung Nr. 51/20 v. 29.10.2020) ‑ nicht nur anhand der 7-Tage-Inzidenz, also der Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen, beurteilt. Er habe vielmehr, wie in dem von der Niedersächsischen Landesregierung erstellten „Handlungskonzept zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens in der COVID 19 Pandemie“ vorgesehen, auch alle anderen für das Infektionsgeschehen relevanten Umstände in seine Bewertung einbezogen. Im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung (landesweit diffuses Infektionsgeschehen, mangelnde Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten, starker Anstieg der Zahl Neuinfizierter und der Zahl insbesondere intensivmedizinisch behandlungsbedürftiger Erkrankter) durfte der Antragsgegner den vollzogenen Strategiewechsel weg von bisherigen bloßen Betriebsbeschränkungen hin zu weitreichenden Betriebsschließungen und ergänzenden Betriebsbeschränkungen für erforderlich erachten.

Die Gastronomiebetriebe hätten sich demgegenüber nicht erfolgreich darauf berufen können, dass es in ihrem Umfeld bisher nicht nachweislich zu Infektionen gekommen sei. Denn der dieser Annahme zugrundeliegende Bericht des RKI zum „Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland“ vom 17. September 2020 und die täglichen Lageberichte wiesen nur einen geringen Erkenntniswert auf, da der weit überwiegende Teil der Infektionsorte nicht festgestellt werden könne. Dahinstehen könne, ob der Verordnungsgeber alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen habe, um bessere Erkenntnisse über die Verbreitungswege und Infektionsumfelder zu erlangen. Denn selbst verneinendenfalls führe dies nicht dazu, dass infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahmen auf der seit Pandemiebeginn nahezu unverändert dürftigen Erkenntnislage gar nicht mehr getroffen werden dürften und die Infektionsschutzbehörden gehalten wären, dem Geschehen seinen Lauf zu lassen.

Gegenüber der Betriebsschließung mildere Mittel seien nicht auszumachen. Der Senat erkenne durchaus, dass die Betreiberinnen und Betreiber der Gastronomiebetriebe in den vergangenen Monaten erhebliche Arbeitskraft und finanzielle Mittel in die Umsetzung von Hygienekonzepten investiert hätten. Eine gewisse Wirksamkeit der Konzepte sei zwar nicht zu leugnen. Es sei angesichts der derzeitigen Infektionsdynamik aber nicht festzustellen, dass diese Konzepte infektionsschutzrechtlich eine vergleichbare Effektivität aufwiesen, wie die Betriebsschließungen. Zudem könne die Wirksamkeit der Konzepte mangels belastbarer tatsächlicher Erkenntnisse zum konkreten Infektionsumfeld nicht konkretisiert werden.

Der Senat vermochte im Eilverfahren nicht abschließend zu beurteilen, ob die Verordnungsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren sei. Die Betriebsschließungen beruhten jedenfalls auf der nicht sachfremden Erwägung, dass ein ganz erheblicher Teil der für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte von vorneherein verhindert werden müsse. Diese Verhinderung könne neben den ganz erheblichen Beschränkungen von Kontakten im privaten Bereich am gemeinwohlverträglichsten durch Verbote und Beschränkungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Unterhaltung und körpernaher Dienstleistungen erreicht werden.

Diese schlichte Beachtung des Willkürverbots sei angesichts des Umfangs der angeordneten Schließungen und der damit verbundenen erheblichen Eingriffe in Grundrechte der Betriebsinhaber aber nicht ausreichend, um eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes verneinen zu können. Es bedürfe vielmehr einer weitergehenden Prüfung, ob der Verordnungsgeber mit der getroffenen Auswahl von zu schließenden oder zu beschränkenden Betrieben unter Berücksichtigung des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeiten und aller sonstigen relevanten Belange eine auf hinreichenden Sachgründen beruhende und angemessene Differenzierung tatsächlich erreicht habe. Die Beantwortung dieser Frage sei schon angesichts der Vielzahl und Vielgestaltigkeit der Fallkonstellationen nicht einfach und müsse daher einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die wegen der danach offenen Erfolgsaussichten gebotene Folgenabwägung führe dazu, dass die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die vorläufige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe nicht überwögen. Die Betriebsschließungen griffen zwar tief und wiederholt in die Berufsausübungsfreiheit ein. Das Gewicht dieses Eingriffs werde aber dadurch gemildert, dass ihnen staatlicherseits Kompensationen für die zu erwartenden Umsatzausfälle in durchaus erheblichem Umfang in Aussicht gestellt worden seien. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie einer Überlastung des Gesundheitswesens sei dieser Eingriff daher gegenwärtig hinzunehmen.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Kein Anspruch auf Anwesenheit von Eltern und Trauzeugen bei Trauung im Standesamt Rellingen

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig verneint einen Anspruch auf Anwesenheit von Eltern und Trauzeugen bei einer Trauung im Standesamt Rellingen (VG Schleswig, Beschl. v. 06.11.2020 – 3 B 132/20).

In einer Pressemitteilung v. 06.11.2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom 6. November 2020 hat das Verwaltungsgericht Schleswig (Az.: 3 B 132/20) es abgelehnt, die Gemeinde Rellingen zu verpflichten, die Teilnahme von Eltern und Trauzeugen eines Brautpaars bei einer an diesem Tag um 12:00 Uhr im dortigen Standesamt stattfindenden Trauung zu ermöglichen.

Der mit dem Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus begründete Ausschluss von für die Eheschließung nicht erforderlichen Personen von der Trauung sei vom Hausrecht der Gemeinde gedeckt. Das insoweit bestehende weite Ermessen habe die Gemeinde nicht fehlerhaft ausgeübt. Es bestehe deshalb kein Anspruch, Eltern bzw. Trauzeugen des Brautpaars die Teilnahme an der geplanten Eheschließung zu ermöglichen.

Die Gemeinde hatte dies unter Verweis auf die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie abgelehnt. Die örtlichen Standesbeamtinnen und Standesbeamten hätten in Abstimmung mit dem Bürgermeister entschieden, dass zu Eheschließungen im November nur noch der für die Eheschließung gesetzlich notwendige Personenkreis zugelassen werde. Dies diene der Kontaktreduzierung. Darüber hinaus verwies die Gemeinde auf eine Empfehlung des Landesverbands der Standesbeamtinnen und Standesbeamten vom 2. November 2020.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass diese Praxis der Gemeinde nicht zu beanstanden sei. Ihr Hausrecht umfasse insbesondere Maßnahmen, um die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie von Besucherinnen und Besuchern zu gewährleisten.

Die Gemeinde verstoße auch nicht gegen den grundrechtlichen Schutz der Ehe. Eheschließungen würden weiter durchgeführt. Gesetzlich erforderlich sei die Hinzuziehung von Trauzeugen dafür nicht. Die Gemeinde komme durch die Reduzierung der bei der Trauung anwesenden Personen ihrem durch das Grundgesetz vorgegebenen Auftrag zum Schutz von Leben und Gesundheit der anwesenden Personen und der Fürsorgepflicht gegenüber den Standesbeamtinnen und Standesbeamten nach.

Aus der Corona-Verordnung der Landesregierung ergebe sich ebenfalls kein Anspruch auf Zulassung von Eltern und Trauzeugen. Diese enthalte nur Mindestanforderungen an den zu gewährleisten Infektionsschutz. Im Einzelfall könnten jedoch – wie hier durch die Gemeinde – im Rahmen des Hausrechts von Behörden weitergehende Maßnahmen getroffen werden.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung an die Beteiligten Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingereicht werden.“

  1. Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf zum Tragen einer Gesichtsmaske ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf zum Tragen einer Gesichtsmaske rechtswidrig ist (VG Düsseldorf, Beschl. v. 09.11.2020 – Aktenzeichen: 26 L 2226/20). Zu beachten ist, dass die Entscheidung nur zugunsten des Antragstellers wirkt.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.11.2020 heißt es:

„Die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf vom

  1. November 2020, mit der eine gesamtstädtische Pflicht zum Tragen von Alltagsmasken angeordnet wurde, ist rechtswidrig. Das hat die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden und damit dem gegen die Stadt Düsseldorf gerichteten Antrag eines Düsseldorfer Bürgers im Eilverfahren entsprochen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht ausgeführt, die Allgemeinverfügung sei unbestimmt. Unter Punkt 1 heiße es: „Auf öffentlichen Straßen und Wegen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile von Düsseldorf ist eine Alltagsmaske zu tragen, sofern und solange nicht aufgrund von Tageszeit, räumlicher Situation und Passantenfrequenz objektiv ausgeschlossen ist, dass es zu Begegnungen mit anderen Personen kommen kann, bei denen ein Abstand von fünf Metern unterschritten wird.“ Für den Bürger sei nicht eindeutig erkennbar, wo und wann er der Maskenpflicht unterliege. Vielmehr müsse er anhand der unbestimmten Begriffe „Tageszeit, räumliche Situation und Passantenfrequenz“ selbst über das Vorliegen einer Situation entscheiden, in der ein Begegnungsverkehr „objektiv ausgeschlossen“ sei. Dem Bestimmtheitsgebot sei nicht genügt, wenn der Bürger – wie hier – nicht ohne weiteres in der Lage sei zu erkennen, welches Verhalten von ihm gefordert werde, zumal dann, wenn ein Verstoß bußgeldbewehrt sei.

Die Kammer hat außerdem Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festlegung einer Abstandsregelung von fünf Metern geäußert. Diese gehe deutlich über die Vorgaben in § 2 der aktuellen Coronaschutzverordnung hinaus (Mindestabstand von 1,5 Metern). Auf welchen Erkenntnissen die weitergehende Regelung beruhe, sei nicht ersichtlich.

Die gerichtliche Entscheidung wirkt sich nur im Verhältnis zum Antragsteller aus. Dessen Pflicht, im Stadtgebiet eine Alltagsmaske zu tragen, ist ausgesetzt. Alle anderen Personen, die sich in Düsseldorf bewegen, müssen die Allgemeinverfügung beachten.

Gegen die Entscheidung kann die Stadt Düsseldorf Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erheben.“

  1. Gaststätten im Land Berlin bleiben geschlossen

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin bleiben die Gaststätten im Land Berlin geschlossen (VG Berlin, Beschl. v. 09.11.2020 – VG 4 L 476/20).

In der Pressemitteilung  Nr. 52/2020 v. 10.11.2020 heißt es:

„Nach SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin (im Folgenden: Verordnung) dürfen Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes vom 2. bis zum 30. November 2020 nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Hiergegen wandten sich 22 Gastwirte mit einem Eilverfahren, mit dem sie im Wesentlichen geltend machten, dem Verbot fehle es an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Das Verbot sei nicht notwendig, weil Gaststätten keine „Treiber der Pandemie“ seien. Ein milderes Mittel sei die Einhaltung der für Gaststätten geltenden Hygieneregeln. Schließlich liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, weil Friseurgeschäfte und der Einzelhandel auch mit nicht lebensnotwendigen Artikeln geöffnet bleiben dürften und auch religiöse Veranstaltungen gestattet blieben.

Die 4. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Verbot in einem etwaigen Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Die Verordnung beruhe auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage und verstoße weder gegen den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsprinzip noch gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Verordnungsermächtigungen. Das Verbot diene dem legitimen Ziel der Bekämpfung der Krankheit COVID-19, die sich insbesondere in Berlin in kürzester Zeit dramatisch verbreitet habe. Im Bezirk Neukölln, wo drei der Antragsteller ihre Gaststätten betrieben, liege die Inzidenz aktuell mit 332 Fällen pro 100.000 Einwohnern bundesweit sogar an erster Stelle. Die Aussage, Gaststätten trügen nicht wesentlich zur Verbreitung der Pandemie bei, sei nicht haltbar. Auch wenn das Robert Koch-Institut viele Ansteckungen auf den privaten Bereich zurückführe, ließen sich drei Viertel der Erkrankungen nicht mehr auf eine bestimmte Quelle zurückführen. Als eine Maßnahme eines Gesamtpakets zur Bekämpfung der Pandemie sei das Verbot daher geeignet. Es sei auch erforderlich, weil allein die Einhaltung der für Gaststätten bislang geltenden Hygienekonzepte nicht ausreiche. Die Gastronomie sei davon geprägt, dass Menschen nicht nur zur bloßen Nahrungsaufnahme zusammenkämen, sondern typischerweise auch, um Geselligkeit zu pflegen, zu kommunizieren und neue Kontakte zu knüpfen. Dies und die Tatsache, dass Gäste in Gaststätten keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssten, habe der Verordnungsgeber zulässigerweise in seine Abwägung einstellen dürfen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit sei wegen der vom Bund für die Einnahmeausfälle zugesagten finanziellen Entschädigung der Betriebe auch angemessen. Die Ungleichbehandlung mit weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen verstoße schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Das Verbot, Mund-Nasen-Schutz bei Versammlungen mit anderen Accessoires zu kombinieren, ist rechtswidrig

Nach einem Beschluss des VG Koblenz ist das Verbot, Mund-Nasen-Schutz bei Versammlungen mit anderen Accessoires zu kombinieren, rechtswidrig (VG Koblenz, Urt. v. 19.10.2020 – 3 K 371/20.KO).

In der Pressemitteilung Nr. 45/2020 v. 10.11.2020 heißt es:

„Die Anordnung einer Maskenpflicht für Versammlungsteilnehmer ist zum Zwecke der Verhinderung der Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus zulässig. Diesen darf hingegen nicht ohne Weiteres verboten werden, zusätzlich zur Mund-Nasen-Bedeckung andere Accessoires, wie eine Sonnenbrille oder Kopf­bedeckung, zu tragen. Dies entschied das Verwaltungsgerichts Koblenz und gab einer gegen entsprechende Auflagen gerichteten Klage teilweise statt.

Der Kläger meldete im April 2020 eine Versammlung an. Die Stadt Koblenz erteilte ihm daraufhin unter anderem die Auflage, zur Verhinderung der Ausbreitung der Virusinfektion müssten alle Teilnehmer der Versammlung einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Dieser dürfe nicht der Verhinderung einer Identitätsfeststellung dienen und nicht mit zusätzlichen Accessoires wie zum Beispiel Sonnenbrillen, Kopfbedeckungen oder einer kompletten Gesichtsmaske kombiniert werden.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Zwar sei die Anordnung der Maskenpflicht rechtmäßig, entschieden die Koblenzer Richter. Bei gemeinsamen Kundgebungen stelle sie eine notwendige Ergänzung zu den Abstandsregeln dar, um eine weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus zu verhindern. Versammlungen hätten ihre eigene Dynamik. Bei ihnen würden oftmals lautstark Parolen gerufen. Die Mund-Nasen-Bedeckung könne in diesem Fall als mechanische Barriere dazu beitragen, die Verbreitung des Virus durch Aerosole zu reduzieren. Unzulässig sei hingegen das Verbot, die Mund-Nasen-Bedeckung mit anderen Accessoires im Gesicht zu kombinieren. Zwar gelte auch im Falle der Anordnung einer Maskenpflicht das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot. Ein Verstoß hiergegen setze aber stets voraus, dass die Verhüllung des Gesichts gerade in der Absicht erfolge, die eigene Identität zu verschleiern. Ein generelles und von den Absichten der jeweiligen Versammlungsteilnehmer losgelöstes Verbot, die Mund-Nasen-Bedeckung mit anderen Accessoires zu kombinieren, sei deshalb nicht erforderlich, um Verstößen gegen das Vermummungsverbot vorzubeugen. So sei dieses beispielsweise dann nicht verletzt, wenn eine Versammlungsteilnehmerin neben ihrem Mund-Nasen-Schutz aus religiösen Gründen einen Schleier anlegen oder Versammlungsteilnehmer bei Sonnenschein eine Sonnenbrille aufsetzen würden.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.“

  1. Pauschale Versammlungsbeschränkungen durch Allgemeinverfügung der Stadt Köln unzulässig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass pauschale Versammlungsbeschränkungen durch Allgemeinverfügung der Stadt Köln unzulässig sind (OVG Münster, Beschl. v. 10.11.2020 und 11.11.2020 – 13 B 1765/20 und 13 B 1771/20; I. Instanz: VG Köln 20 L 2065/20 und 20 L 2103/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 11.11.2020 heißt es:

„Die Allgemeinverfügung der Stadt Köln, wonach an einer Versammlung im Stadtgebiet nicht mehr als 100 Personen teilnehmen dürfen, eine Maskenpflicht für alle teilnehmenden Personen (mit Ausnahme der Rednerinnen und Redner während der Rede) gilt sowie Aufzüge verboten sind, ist rechtswidrig. Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit zwei Eilbeschlüssen von gestern Abend und heute Vormittag entschieden.

Das Oberverwaltungsgericht hat damit den Beschwerden von zwei Antragstellern stattgegeben, die für heute verschiedene Kundgebungen und einen Aufzug in Köln angemeldet haben.

Zur Begründung hat der für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat ausgeführt: Gründe für derart pauschale Beschränkungen der Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Grundgesetz seien der Allgemeinverfügung nicht zu entnehmen und von der Stadt Köln in Bezug auf den gesamten Geltungsbereich der Allgemeinverfügung auch ansonsten nicht dargetan worden. Je nach Ort und Anlass der Versammlung oder des Aufzugs könne eine Beschränkung der Teilnehmerzahl erforderlich sein oder auch nicht. Dies bedürfe jedoch einer Einzelfallprüfung, die nicht durch den Erlass einer Allgemeinverfügung ersetzt werden könne. Gleiches gelte für die angeordnete Maskenpflicht für alle Versammlungsteilnehmer unabhängig von der Größe der Versammlung und der Möglichkeit zur Einhaltung von Abständen. Der nordrhein-westfälische Verordnungsgeber habe in Kenntnis der derzeitigen Pandemielage in diesem Bundesland für Teilnehmer an Versammlungen unter freiem Himmel mit einer Teilnehmerzahl von nicht mehr als 25 Personen keine Maskenpflicht angeordnet. Es bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation in Köln so wesentlich von der landesweiten unterscheide, dass diese eine pauschal abweichende Regelung erfordere. Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass es der Stadt unbenommen sei, in Würdigung der Umstände des Einzelfalls der für den heutigen Tag geplanten Versammlungen notwendige infektionsrechtliche Schutzmaßnahmen anzuordnen.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Schließung von Fitnessstudios in Hamburg rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat entschieden, dass die coronabedingte Schließung eines Fitnessstudios in Hamburg rechtswidrig ist und einstweilen sanktionsfrei zu dulden ist (VG Hamburg, Beschl. v. 10.11.2020 – 13 E 4550/20). Dies gilt mit der Maßgabe, dass die Antragstellerin (= Betreiber des Fitnessstudios) ihr Sicherheits- und Hygienekonzept nebst dessen Anlage 1 sowie der gesonderten Anlage für die Stadt Hamburg – als Anlage dem gerichtlichen Beschluss beigefügt – einhält. Im Kern begründet das VG seine Entscheidung damit, dass es für eine derartige Untersagung des Geschäftsbetriebs eines Unternehmers einer hinreichenden gesetzlichen Regelung bedarf. Diese könne nicht durch eine auf das IfSG gestützte Verordnung ersetzt werden.

  1. Vollständige Schließung von Fitnessstudios in Bayern verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat am 12.11.2020 einem Eilantrag des Inhabers eines Fitnessstudios zum Teil stattgegeben und die Regelung in der 8. Bayerischen   Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV), die den Betrieb von Fitnessstudios vollständig untersagt, außer Vollzug gesetzt (BayVGH, Beschl. v. 12.11.2020 – 20 NE 20.2463).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.11.2020 heißt es weiter:

„Einrichtungen des Freizeitsports dürfen nach den seit 2. November 2020 geltenden Beschränkungen im Bereich der Freizeitgestaltung nur für den Individualsport und nur allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands genutzt werden. In Fitnessstudios ist dies derzeit nicht erlaubt. Sie müssen vollständig schließen. Der 20. Senat geht in seiner Entscheidung davon aus, dass Inhaber von Fitness-studios durch diese Regelung benachteiligt würden, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt sei. Die Regelung verstoße daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die vollständige Schließung von Fitnessstudios sei nicht verhältnismäßig. Der Verordnungsgeber sei bei Erlass der Einschränkungen davon ausgegangen, dass Individualsport im genannten Umfang zulässig bleiben solle. Diese Erwägung müsse auch für Fitnessstudios gelten. Im Übrigen hat der Senat den Antrag auf Außervollzugsetzung der restlichen Beschränkungen des Freizeitindividualsports im Rahmen einer Folgenabwägung abgelehnt. Das derzeitige Infektionsgeschehen rechtfertige aus Gründen des Schutzes von Leben und Gesundheit die für den Bereich des Freizeitsports getroffenen Beschränkungen, auch wenn die wirtschaftliche Betätigung in Einrichtungen des Sportbetriebs stark beschränkt werde. Damit ist auch der Betrieb von Fitnessstudios nur in einem stark eingeschränkten Umfang möglich. Die Zulässigkeit des Berufs- und Leistungssports bleibt von dieser Entscheidung unberührt.“

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Eilantrag einer Kino- und Restaurantbetreiberin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die bayerischen Coronaregeln abgelehnt (BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20). Zwar sei die erzwungene Schließung des Restaurants ein Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit. Jedoch seien die Maßnahmen befristet, weswegen sie die Betreiberin nicht unbedingt in ihrer Existenz bedrohten.

  1. Verfassungsgericht lehnt Eilantrag einer Kino- und Restaurantbetreiberin ab

Die Betreiberin eines Kinos sowie eines Restaurants aus Bayern ist gegen die Corona-Maßnahmen des Bundeslandes vorgegangen und hat erfolglos einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt (BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20).

  1. Verwaltungsgericht erlaubt Betrieb einer kosmetischen Fußpflegepraxis im Saarland

Das VG Saarlouis gestattet den Betrieb einer kosmetischen Fußpflegepraxis (VG, Beschl. v. 11.11.2020 – 6 L 1372/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 11.11.2020 heißt es:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss (Az: 6 L 1372/20) hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes dem Eilantrag des Betreibers einer kosmetischen Fußpflegepraxis stattgegeben, mit dem dieser sich gegen die Betriebsuntersagung in § 7 Abs. 4 Satz 1 der aktuellen Verordnung der Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) gewandt hat.

Nach der Vorschrift des § 7 Abs. 4 Satz 1  VO-CP ist die Erbringung körperlicher Dienstleistungen wie sie in Kosmetikstudios, Massage-Praxen, Tattoo-Studios oder ähnlichen Betrieben erfolgt, untersagt. Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe sind von den Betriebsuntersagungen ausdrücklich ausgenommen. Der Betrieb von Friseursalons ist im Rahmen der bestehenden Hygienekonzepte weiterhin zulässig.

Der Antragsteller betreibt in Saarbrücken eine kosmetische Fußpflegepraxis, zu deren Angebot neben der normalen Fußpflege, wie etwa Kürzen der Zehennägel und Entfernen von Hornhaut auch die Behandlung von Pilzerkrankungen gehört. Der Antragsteller sieht in dem weiterhin erlaubten Betrieb von Friseursalons insbesondere einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.

Nach Auffassung des Gerichts spricht bereits Vieles dafür, dass die berufliche Tätigkeit des Antragstellers als Fußpfleger ungeachtet dessen, dass es sich nicht um den Bereich der medizinischen Fußpflege (Podologie) handelt, als Ausübung eines Gesundheitsberufes der Ausnahmeregelung von § 7 Abs. 4 Satz 2 VO-CP unterfällt. Jedenfalls sei die Betriebsuntersagung hinsichtlich der Fußpflegepraxis des Antragstellers auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 Satz 1 VO-CP insbesondere mit Blick auf die Privilegierung von Friseursalons (§ 7 Abs. 4 Satz 3 VO-CP) voraussichtlich nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG vereinbar. Dass von der Durchführung von Fußpflegebehandlungen eine eigenständige Infektionsgefahr ausgehe, sei dem aktuellen COVID-19 Lagebericht des Robert Koch-Instituts nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund sei es unter dem Blickwinkel von Art. 3 GG nicht zu rechtfertigen, dass die der Gesundheit dienenden Behandlungsleistungen des Antragstellers anders als die der gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 VO-CP privilegierten Friseursalons, bei denen das Risiko mit einer COVID-19-Infektion aus Sicht des Verordnungsgebers hinnehmbar erscheine, nicht weiter angeboten werden dürften. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung sei nicht erkennbar. Nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sei bereits die geltend gemachte Systemrelevanz von Friseuren aus Hygienegesichtspunkten. Jedenfalls sei aber ein spezifischer Beitrag von Friseuren zur Wahrung der allgemeinen Körperhygiene nicht anders zu bewerten als der diesbezügliche Beitrag der Fußpflege.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu.“

  1. Corona-Beschränkungen gelten auch für Laternenumzug und Kindergeburtstag

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass die Corona-Beschränkungen auch für einen Laternenumzug und einen Kindergeburtstag gelten (VG Berlin, Beschl. v. 10.11.2020 – 14 L 561/20).

In der Pressemitteilung Nr. 54/2020 des Gerichts v. 13.11.2020 heißt es:

„Nach § 1 Abs. 4 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin (SARS-CoV-2-IfSG) ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum im Freien nur allein, im Kreise der in § 1 Absatz 3 genannten Personen (Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partner, Angehörige des eigenen Haushalts und für Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht) oder für Angehörige des eigenen Haushaltes und zwei weitere Personen aus verschiedenen Haushalten oder eines weiteren Haushaltes gestattet. Es gilt zudem eine Personenobergrenze von höchstens zehn zeitgleich anwesenden Personen. Hiergegen wandte sich der Antragsteller, der ein Laternenfest im Freien mit einer Gruppe von maximal zehn Kindern aus einer gemeinsamen Kindertagesstätte mit jeweils einem Elternteil sowie die Geburtstagsfeier seiner Tochter plant.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen, mit dem der Antragsteller festgestellt wissen wollte, dass die vorgenannten Regelungen auf die beiden Aktivitäten keine Anwendung finden. Es sei nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich § 1 Abs. 4 SARS-CoV-2-IfSG in einem etwaigen Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verordnungsgebers seien – wie bereits in einer Vielzahl von Fällen durch die Kammer entschieden – gegeben. Die Erstreckung von Beschränkungen auf jegliche Art von privaten Zusammenkünften und damit auch der hier in Rede stehenden Aktivitäten sei geeignet, den Zweck der Maßnahme – die allgemeine Kontaktreduzierung und die Vermeidung möglicher Ansteckungsfälle – zu fördern. Die Beschränkung sei auch angemessen. Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sei von geringem Gewicht; das Interesse des Antragstellers, „ein Stück Normalität“ zu erlangen und soziale Kontakte zu pflegen, müsse vorläufig hinter dem Ziel des Schutzes des Lebens und der Gesundheit zurücktreten. Die Ungleichbehandlung mit weiterhin möglichen Versammlungen sei vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit gerechtfertigt.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Maskenpflicht in „Verdichtungszonen“ im Rems-Murr-Kreis voraussichtlich rechtswidrig

Das VG Stuttgart hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in sog. Verdichtungszonen voraussichtlich rechtswidrig ist (VG Stuttgart, Beschl. v. 10.11.2020 – 16 K 5206/20). Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis hatte wegen der gestiegenen Zahl von SARS-CoV-2-Infektionen mit sofort vollziehbarer Allgemeinverfügung vom 17./20.10.2020 eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in sog. Verdichtungszonen, die von den kreisangehörigen Gemeinden und Städten auszuweisen sind, angeordnet. Hiergegen legte ein Bürger Widerspruch ein und beantragte beim VG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Das VG Stuttgart hat dem Eilantrag stattgegeben.

  1. Keine Kürzung der Gewerberaummiete wegen coronabedingter Ladenschließung

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Mieter einer Gewerberaumfläche im Hinblick auf coronabedingte Umsatzausfälle grundsätzlich nicht berechtigt sei, einseitig die Miete zu kürzen (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 05.10.2020 – 2-15 O 23/20.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.11.2020 heißt es:

„Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass die staatlich verordnete Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im Zuge der Corona-Pandemie keinen Mangel darstellt und keine Mietminderung rechtfertigt. Eine Mieterin kann in dieser Situation auch nicht wegen einer sog. Störung der Geschäftsgrundlage eine Vertragsanpassung und eine Reduzierung der Miete von der Vermieterin verlangen, solange sie nicht ausnahmsweise in ihrer Existenz bedroht ist.

Die beklagte Mieterin verkauft Kleidung und Textilien und betreibt in Deutschland viele Filialen. Eines ihrer Einzelhandelsgeschäfte in Frankfurt musste sie vom 18. März 2020 bis zum 20. April 2020 wegen einer Anordnung des Landes Hessen im Zuge der Corona-Pandemie schließen. Dadurch entstand ihr im März ein Umsatzrückgang von 54 % und im April von 41 % im Vergleich zu den beiden Vorjahren. Die Beklagte verzeichnete eine so erhebliche Liquiditätslücke, dass sie die Miete für das Geschäft in Frankfurt im April 2020 zunächst nicht begleichen konnte.

Vor dem Landgericht Frankfurt am Main klagte die Vermieterin auf Zahlung der Miete für diesen Monat in Höhe von rund 6.000 €. In einem Urteil vom 5. Oktober 2020 gab die 15. Zivilkammer des Landgerichts ihrer Klage statt.

Zwar könnten auch öffentlich-rechtliche Einschränkungen oder Verbote gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen grundsätzlich einen Mietmangel darstellen. Dafür müsse die Ursache der staatlichen Nutzungsuntersagung aber in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt begründet sein. Das sei bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nicht der Fall. „Die hoheitlichen Maßnahmen dienen dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allgemein an deren Nutzungsart sowie dem Umstand, dass in den Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dadurch Infektionen begünstigt werden“, entschied die Kammer des Landgerichts.

Die Mieterin könne von der Vermieterin auch keine Vertragsanpassung und keine Reduzierung der Miete wegen einer sog. Störung der Geschäftsgrundlage verlangen. Bei unvorhersehbaren Ereignissen könne eine Mietpartei zwar grundsätzlich eine Änderung der vereinbarten Mietzahlungen einfordern, wenn „dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden (…) Ergebnisses unabweislich erscheint“, so das Landgericht. Einen solchen extremen Ausnahmefall, der nur bei existenziell bedeutsamen Folgen gegeben sei, habe die beklagte Mieterin aber nicht dargelegt. Ihre Liquiditätsengpässe reichten dafür nicht, zumal sie durch eine kurzfristige Gesetzesänderung vor einer Kündigung wegen Corona-bedingter Zahlungsschwierigkeiten geschützt worden sei. Außerdem habe die Beklagte in allen Filialen Kurzarbeit eingeführt und dadurch beträchtliche Einsparungen verbuchen können.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 5. Oktober 2020, Aktenzeichen 2-15 O 23/20, ist nicht rechtskräftig. Es ist unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.“

  1. Schornsteinfegerarbeiten müssen auch während der COVID-19-Pandemie durchgeführt werden

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat entschieden, dass Schornsteinfegerarbeiten auch während der COVID-19-Pandemie durchgeführt werden müssen (VG Hannover, Urt. v. 09.11.2020 – 13 A 4340/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 09. November 2020 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Klage eines Ehepaares gegen eine kostenpflichtige schornsteinfegerrechtliche Anordnung abgelehnt.

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstückes, für welches Schornsteinfegerarbeiten bis zum 31. Mai 2020 durchzuführen waren. Nach Ablauf der Frist wandten sich die Kläger an den Bezirksschornsteinfeger und baten unter Verweis auf ihre Zugehörigkeit zu einer von der COVID-19-Pandemie gefährdeten Risikogruppe um eine Verschiebung des Prüftermins. Die beklagte Region Hannover und der Bezirksschornsteinfeger lehnten eine Verlegung des Termins unter Verweis auf näher beschriebene Schutzvorkehrungen ab.

Nach Verstreichen einer weiteren Frist forderte die Beklagte die Kläger mit dem in diesem Verfahren angegriffenen kostenpflichtigen Bescheid auf, die erforderliche Abgaswege-Abgasleitungsüberprüfung zu veranlassen. Diese ließen die Kläger anschließend durchführen. Sie suchen nunmehr Rechtsschutz gegen die Verfügung der Beklagten und halten die gebührenpflichtige Anordnung der Untersuchung für nicht veranlasst, da sie lediglich um eine Verlegung des Prüftermins gebeten hätten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe gegenüber den Klägern einen Aufschub der Arbeiten abgelehnt, ihnen eine angemessene Nachfrist gesetzt und sie über die kostenpflichtigen Folgen der weiteren Missachtung der Eigentümerpflichten hingewiesen. Die Durchführung der Arbeiten sei den Klägern auch im Hinblick auf die mit der COVID-19-Pandemie einhergehenden Infektionsrisiken nicht unzumutbar gewesen. Schornsteinfegerarbeiten seien nicht verzichtbar, denn sie dienten dem Erhalt der Betriebs- und Brandsicherheit der Anlage. Dem Infektionsschutz sei daher ausreichend Rechnung getragen, wenn der Schornsteinfeger und seine Mitarbeiter Handschuhe und Mund-Nase-Schutz verwendeten. Eine Anwesenheit der Kläger während der Arbeiten sei überdies nicht erforderlich.

Die Entscheidung ist noch nicht Rechtskräftig und kann vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angegriffen werden.“

  1. „Beerdigungskaffee“ in NRW derzeit nicht erlaubt

Das Verwaltungsgericht (VG) hat entschieden, dass Beerdigungskaffees in NRW derzeit nicht erlaubt sind (VG Aachen, Beschl. v. 13.11.2020 – 6 L 848/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 13.11.2020 heißt es:

„Nach einem Beschluss der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen vom heutigen Tag sind Beerdigungskaffees, also das im Anschluss an eine Beerdigung – häufig in einem Restaurant oder einer ähnlichen gastronomischen Einrichtung – erfolgende gemeinschaftliche Speisen der Trauergäste, nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung nicht erlaubt. Der Antragsteller hatte mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen wollen, im Anschluss an die bevorstehende Bestattung seiner Ehefrau in einem angemieteten Saal für etwa 30 Trauergäste einen solchen Beerdigungskaffee ausrichten zu können. Hierfür hatte er eigens ein Hygienekonzept erstellt und sich vor allem darauf berufen, der beabsichtigte Beerdigungskaffee gehöre typischerweise zur Beerdigung, die nach der Corona-Schutzverordnung privilegiert sei und für die weder das Abstandsgebot gelte noch der Teilnehmerkreis zahlenmäßig beschränkt sei.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Zur Begründung führt die 6. Kammer aus, Beerdigungen seien zwar nach wie vor unter Beachtung bestimmter Abstands- und Hygieneregeln zulässig. Der Begriff der „Beerdigung“ im Sinne der aktuellen Corona-Schutzverordnung erfasse aber nicht auch den anschließenden Beerdigungskaffee. Dieser gehöre zwar nach dem Verständnis der Allgemeinheit mit Blick auf eine verbreitete Tradition neben dem förmlichen Akt der Beisetzung auf dem Friedhof zur Beerdigung dazu. Der Verordnungsgeber sei aber erkennbar von einem engeren und auf den eigentlichen Akt der Beisetzung begrenzten Begriff der Beerdigung ausgegangen. Eine enge Auslegung entspreche auch dem Ziel der aktuellen Corona-Schutzverordnung, die derzeitige Infektionsdynamik schnellstmöglich zu unterbrechen und so weit zu reduzieren, dass es in der Weihnachtszeit keiner weitreichenden Beschränkungen der persönlichen Kontakte und wirtschaftlichen Tätigkeiten bedürfe. Dieser Zielsetzung entspreche es, ein Zusammentreffen von Personen aus verschiedenen Haushalten im Rahmen eines Beerdigungskaffees nicht zu den ausnahmsweise zulässigen Veranstaltungen zu zählen.

Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.“

  1. Teillockdown in Bayern rechtmäßig

Nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (VerfGH Bayern) kommt eine Außervollzugsetzung von Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht in Betracht (VerfGH Bayern, Entscheidung v. 16.11.2020 – Vf. 90-VII-20). Das Gericht hält den Teillockdown für rechtmäßig. Der Verfassungsgerichtshof kann keine Gründe erkennen, die im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen und eine vollständige oder teilweise Außervollzugsetzung der in diesem Eilverfahren angegriffenen Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung rechtfertigen.

  1. Kosmetikstudio und Massagepraxis im Saarland dürfen öffnen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes hat Eilanträgen gegen Betriebsverbote für Kosmetikstudios und Massage-Praxen in der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stattgegeben (OVG Saarlouis, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 B 337/20 und 2 B 340/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 24/20 v. 16.11.2020 heißt es:

„Eilanträge gegen Betriebsverbot für Kosmetikstudios und Massage-Praxen in der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgreich

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Beschlüssen vom heutigen Tag den Anträgen von Betreibern von Massage-Praxen und Kosmetikstudios gegen die Betriebsuntersagung in § 7 Abs. 4 Satz 1 der aktuellen Verordnung der Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stattgegeben (Aktenzeichen 2 B 337/20 und 2 B 340/20). Die einschlägige Regelung in § 7 Abs. 4 der Rechtsverordnung untersagt die Erbringung körpernaher Dienstleistungen, wie sie in Kosmetikstudios, Massage-Praxen und ähnlichen Betrieben erfolgt. Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe sind von den Betriebsuntersagungen ausgenommen. Der Betrieb von Friseursalons und Tattoo- bzw. Piercing-Studios ist im Rahmen der bestehenden Hygienekonzepte weiterhin zulässig.

Die Antragsteller hatten geltend gemacht, die generelle Untersagung des Betriebs von Kosmetikstudios und Massage-Praxen sei mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nicht vereinbar. Auch liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor, soweit Friseurbetriebe geöffnet bleiben dürften. Der Betrieb unter den vorgegebenen Hygieneanforderungen stelle ein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Infektionsgefahren dar als die Betriebsschließung.

Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat entschieden, dass das umfassende Betriebsverbot für Kosmetikstudios und Massage-Praxen unter Berücksichtigung der von den Antragstellern dargelegten umfangreichen Sicherungsmaßnahmen und Hygienekonzepten voraussichtlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen in der Verordnung zugelassenen „körpernahen Dienstleistern“ darstellt. Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts zu den Infektionsgeschehen lasse sich keine Relevanz von Kosmetikstudios und Massagepraxen für die Weiterverbreitung des Corona-Virus entnehmen. Sachlich nicht zu rechtfertigen sei die in dem § 7 Abs. 4 S. 3 der Rechtsverordnung enthaltene Privilegierung des Weiterbetriebs von Friseursalons und Tattoo- bzw. Piercing-Studios im Verhältnis zu den einem vollständigen Verbot unterworfenen Gewerben der Antragsteller. Vergleiche man die von den Antragstellern geschilderten, strengen Hygienevorgaben unterliegenden Arbeits- und Betriebsabläufe insbesondere mit den durch einen deutlich höheren Kundendurchlauf geprägten Friseursalons sei es nicht nachvollziehbar, warum unter dem hier maßgeblichen Kriterium der Pandemiebekämpfung Massage-Praxen und Kosmetikstudios vorläufig geschlossen werden müssten, wohingegen die Friseurgeschäfte aus Sicht des Verordnungsgebers hinnehmbar erschienen.

 Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar.“

  1. Keine Aufnahme im Krankenhaus ohne vorherigen Coronavirus-Test

Das Landgericht (LG) Dortmund hat entschieden, dass ein Krankenhaus einen behandlungsbedürftigen Patienten nicht stationär aufnehmen muss, wenn dieser die Mitwirkung an einem Corona-Test verweigert (LG Dortmund, Beschl. v. 04.11.2020 –  4 T 1/20, NJW 2021, 1251). Diese gelte jedenfalls dann, wenn keine akute Lebensgefahr vorliege.

  1. Maskenpflicht im Bundestag gilt – die AfD verliert!

Die Maskenpflicht gilt nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin auch für Mitarbeiter der AfD-Fraktion (VG Berlin, Beschl. v. 19.11.2020 – VG 2 L 179/20).

In der Pressemitteilung Nr. 61/20 des Gerichts v. 20.11.2020 heißt es:

„Die Verpflichtung, im Deutschen Bundestag eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ist nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin rechtmäßig.

Mit Allgemeinverfügung vom 5. Oktober 2020 ordnete der Präsident des Deutschen Bundestages unter Anordnung sofortiger Vollziehung das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Gebäuden des Bundestages an. Hiergegen wandten sich neun Mitarbeiter der AfD-Fraktion.

Die 2. Kammer hat den Eilantrag abgelehnt. Die Anordnung sei bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Sie genüge den an eine Allgemeinverfügung zu stellenden formellen Erfordernissen. In der Sache beruhe die Entscheidung auf Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, wonach der Präsident des Bundestages das Hausrecht ausübt. Diese Vorschrift gebe dem Präsidenten die Befugnis für den Erlass hausrechtlicher Maßnahmen, ohne dass es eines konkretisierenden Gesetzes bedürfe. Die Anordnung sei hinreichend bestimmt. Der Begriff der „Mund-Nasen-Bedeckung“ sei auch unter Berücksichtigung des Ziels der Allgemeinverfügung, die Gefahr einer Übertragung von COVID-19 durch Aerosol-Partikel zu verringern, eindeutig. Die Maßnahme diene dem Ziel, den von der Pandemielage ausgehenden Gefahren für die Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages zu begegnen. Die Antragsgegnerin habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass Infektionen von Abgeordneten und sonstigen Beschäftigten im Deutschen Bundestag hinreichend wahrscheinlich seien und dass die Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit der Erkrankten sowie die erforderlichen infektionsschutzrechtlichen Folgemaßnahmen (z.B. Quarantäne ganzer Abteilungen) den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb beeinträchtigen würden. Die Maßnahme, die auf den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts beruhe, sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen. Ein milderes Mittel stehe nicht zur Verfügung, und der Eingriff sei auch angemessen. Im Verhältnis zur grundgesetzlich verankerten Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages hätten die von der Maskenpflicht ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen ein geringes Gewicht und müssten deswegen zurücktreten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Keine Quarantäne für Reiserückkehrer in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat per Eilbeschluss wesentliche Teile der nordrhein-westfälischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende (Coronaeinreiseverordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2020 – 13 B 1770/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.11.2020 heißt es weiter:

„Nach der Coronaeinreiseverordnung müssen Personen, die aus dem Ausland nach Nordrhein-Westfalen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, sich unverzüglich für zehn Tage in häusliche Quarantäne begeben (Absonderung). Sie dürfen in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht ihrem Hausstand angehören. Der in Bielefeld wohnhafte Antragsteller hielt sich bis zum 13. November 2020 auf Ibiza auf und reiste dann weiter nach Teneriffa. Er beabsichtigt, am 22. November 2020 nach Deutschland zurückzukehren, und machte geltend, man könne nicht aufgrund eines Aufenthalts auf den Balearen als ansteckungsverdächtig qualifiziert werden, wenn die 7-Tage-Inzidenz dort deutlich niedriger liege als am heimischen Wohnort.

Der 13. Senat ist dem gefolgt und hat zur Begründung ausgeführt: Die Anordnung einer Absonderung für grundsätzlich alle Urlaubsrückkehrer und sonstige Einreisende aus Risikogebieten sei voraussichtlich rechtswidrig, weil sie gegen den Gleichbe­handlungsgrundsatz verstoße und unverhältnismäßig sei. Die Regelung lasse unberücksichtigt, ob durch die Einreise zusätzliche Infektionsgefahren begründet würden. In der aktuellen Pandemielage seien das Land Nordrhein-Westfalen und ein Großteil der übrigen Bundesrepublik nach den in der Coronaeinreiseverordnung benannten Kriterien als Risikogebiete einzustufen. Das von den Rückkehrern ausgehende Infektionsrisiko stelle sich jedenfalls bei vergleichbaren Inzidenzwerten nicht anders dar, als wenn sie daheim geblieben wären. Dies sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte. Die angefochtenen Regelungen seien insoweit auch unverhältnismäßig. Eine Absonderungspflicht für Rückreisende sei nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leisten, wenn in den Gebieten des jeweiligen Aufenthalts kein höheres Ansteckungsrisiko als hierzulande bestehe. Die Außervollzugsetzung der voraussichtlich rechtswidrigen Norm sei auch wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs geboten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. “Querdenken“-Kundgebung in Bochum darf nur ortsfest stattfinden

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am 22.11.2020 entschieden, dass die “Querdenken“-Kundgebung in Bochum nur ortsfest stattfinden darf (OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2020 – 15 B 1822/20 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen ­ 20 L 1602/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.11.2020 heißt es:

„Die Stadt Bochum hat aus Gründen des Infektionsschutzes zu Recht angeordnet, dass der von der Initiative “Querdenken 234-Bochum“ für den 21. November 2020 geplante Aufzug in Bochum nur als ortsfeste Versammlung stattfinden darf. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute durch Beschluss entschieden.

Die Antragstellerin zeigte bei der Stadt Bochum an, am 21. November 2020 eine Kundgebung mit anschließendem Aufzug durchführen zu wollen, der vom Kirmesplatz in Richtung Bochumer Innenstadt und schließlich auf anderer Strecke zurück zum Ausgangspunkt führen soll. Die Stadt ordnete gestützt auf das Infektionsschutzrecht an, dass die angemeldete Versammlung lediglich als ortsfeste Kundgebung durchgeführt werden dürfe. Die Untersagung des Aufzugs sei eine notwendige Schutzmaßnahme zur Einhaltung der Mindestabstände unter den Teilnehmern. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen lehnte den gegen die Ordnungsverfügung der Stadt gerichteten Eilantrag der Antragstellerin ab. Ihre Beschwerde blieb ebenfalls erfolglos.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Die angegriffene Verfügung der Stadt finde im Infektionsschutzgesetz voraussichtlich eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Anders als von der Antragstellerin eingewandt gehe es nicht um ein Versammlungsverbot, sondern um eine Auflage. Es treffe auch nicht zu, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung es entbehrlich mache, Mindestabstände unter den Versammlungsteilnehmern einzuhalten. Nach der Coronaschutzverordnung des Landes gelte die Verpflichtung, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, bei Versammlungen unter freiem Himmel und mit mehr als 25 Teilnehmern zusätzlich zu dem Gebot, im öffentlichen Raum einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen zu wahren. Ausgehend davon sei die Beschränkung der Versammlung auf eine ortsfeste Kundgebung nicht zu beanstanden. Die Stadt habe einzelfallbezogen und konkret dargelegt, dass bei dem geplanten Aufzug die Gefahr bestehe, dass die für den Infektionsschutz erforderlichen Mindestabstände unterschritten würden. Soweit die Antragstellerin auf die Möglichkeit der Reduzierung der (von ihr zuletzt mit 750 angegebenen) Teilnehmerzahl verweise, begegne die praktische Durchsetzbarkeit einer solchen Beschränkung bei der hier in Rede stehenden Größenordnung erheblichen Zweifeln. Ungeachtet dessen lasse auch ein Aufzug von weniger Teilnehmern nicht die Prognose zu, dass die Einhaltung der Mindestabstände zu gewährleisten sei. Dagegen spreche vor allem die Dynamik eines mobilen Aufzugs über eine längere Strecke.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. „Querdenken“-Kundgebung in Duisburg verboten

Das von der Stadt Duisburg verfügte Verbot einer für den 22. November 2020 angemeldeten Kundgebung bleibt bestehen; das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster durch Beschluss entschieden (OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2020 – 15 B 1834/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf ­ 24 L 2335/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.11.2020 heißt es weiter:

„Der zur „Querdenken“-Bewegung gehörende Antragsteller zeigte bei der Stadt Duisburg an, am 22. November 2020 eine Versammlung durchführen zu wollen, die als Aufzug von der Mülheimer Straße durch die Innenstadt bis zum Rathaus führen soll. Die Stadt verbot die Versammlung gestützt auf das Infektionsschutzrecht. Bei der vom Antragsteller angegebenen Zahl von 5.000 Teilnehmern bestünden erhebliche Zweifel, dass der erforderliche Mindestabstand von 1,5 Metern während des Aufzugs eingehalten werde. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnte den gegen die Ordnungsverfügung der Stadt gerichteten Eilantrag des Antragstellers ab. Seine Beschwerde blieb ebenfalls erfolglos.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Es spreche Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit des Verbots. Einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers habe die Beschwerde nicht dargelegt. Mildere Mittel zur Gefahrenabwehr in Form einer Beschränkung der Teilnehmerzahl oder Anordnung einer ortsfesten Kundgebung kämen nicht in Betracht, weil sie nicht gleichermaßen wirksam seien. Die Gefahr von Unterschreitungen des infektionsschutzrechtlich gebotenen Abstands sei auch gegeben, wenn die vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren genannte Teilnehmerzahl von 2.000 Personen zugrunde gelegt werde, die im Hinblick auf das Mobilisierungspotential der Veranstaltung realistisch erscheine. Bei einem Aufzug über eine längere Strecke komme es regelmäßig zu (unerwarteten) Stockungen, Beschleunigungen und Verschiebungen innerhalb der Teilnehmer der Versammlung. Auch mit nur 2.000 Teilnehmern könne nicht von einem jederzeit übersichtlichen Versammlungsgeschehen ausgegangen werden. Die Problematik der Einhaltung des gebotenen Abstands könne sich zusätzlich dadurch verschärfen, dass sich im innerstädtischen Bereich spontan weitere Personen der Versammlung anschlössen oder Interaktionen der Versammlungsteilnehmer mit Passanten entstünden. Es sei nicht davon auszugehen, dass eine weitere Begrenzung der Personenzahl im Wege einer Auflage zu einem geringeren Zulauf führen würde und in der Praxis wirksam durchgesetzt werden könnte, ohne dass es zu vielfachen Unterschreitungen des rechtlich gebotenen Mindestabstands käme. Auch die Anordnung einer ortsfesten Kundgebung anstelle eines Aufzugs scheide aus. Eine ausreichend große Fläche im Stadtgebiet, auf der bei einer Teilnehmerzahl von 2.000 Personen die erforderlichen Abstände eingehalten werden könnten, stehe aktuell nicht zur Verfügung und sei vom Antragsteller auch nicht benannt worden.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. BayVGH setzt Pflicht zur wöchentlichen Testpflicht für Grenzgänger außer Kraft

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat einem Eilantrag zweier  österreichischer Schüler stattgegeben und die Regelung der Einreise-Quarantäneverordnung  (EQV),wonach sich Grenzgänger wöchentlich einem Corona-Test unterziehen müssen, vorläufig außer Vollzug gesetzt (BayVGH, Beschl. v. 24.11.2020 – 20 NE 20.2605).

  1. Keine landesweite Ladenöffnung an den Adventssonntagen in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat einem Eilantrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gegen die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung stattgegeben (OVG Münster, Beschl. v. 24.11.2020 – 13 B 1712/20.NE). Die außer Vollzug gesetzte Regelung sieht vor, dass zur Vermeidung von Infektionsgefahren durch einen unregulierbaren Kundenandrang Verkaufsstellen des Einzelhandels ausnahmsweise zur Entzerrung des Einkaufsgeschehens am 29. November 2020, 6., 13. und 20. Dezember 2020 sowie am 3. Januar 2021 auch sonntags zwischen 13.00 Uhr und 18.00 Uhr öffnen dürfen.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 24.11.2020 heißt es weiter:

„Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angegriffene Regelung sei aller Voraussicht nach rechtswidrig und würde in einem Hauptsacheverfahren für unwirksam erklärt werden. Maßstab für die Überprüfung sei ausschließlich das Infektionsschutzrecht. Die in der Coronaschutzverordnung landesweit zugelassenen Sonntagsöffnungen seien voraussichtlich keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel, auf die das Land sie gestützt habe. Das für sich genommen legitime Ziel des Verordnungsgebers, das Einkaufsgeschehen an den vier Adventssamstagen und am ersten Samstag im neuen Jahr zu entzerren, rechtfertige jedenfalls keine landesweite Sonntagsöffnung des Einzelhandels. Dass an diesen Samstagen landesweit oder jedenfalls in der überwiegenden Zahl der nordrhein-westfälischen Innenstädte mit einem so großen Kundenandrang zu rechnen sei, dass aus infektionsschutzrechtlicher Sicht eine Entzerrung erforderlich wäre, habe der Verordnungsgeber selbst nicht geltend gemacht und sei auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil spreche alles dafür, dass in vielen, insbesondere ländlichen Gegenden und vor allem in kleineren Städten der Kundenandrang auch an den Adventssamstagen überschaubar bleiben werde. Angesichts dessen könne offen bleiben, inwieweit die Lage in den größeren Städten möglicherweise eine andere sei. Selbst wenn man jedoch für diese einen verstärkten Kundenzustrom unterstelle, bestünden erhebliche Zweifel an der Eignung der Sonntagsöffnung, das Infektionsrisiko einzudämmen. Es könne nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass sich dadurch lediglich das Kundenaufkommen des Samstags nunmehr auf diesen und auf den folgenden Sonntag verteilen werde. Vielmehr erscheine es nicht zuletzt mit Blick auf den derzeitigen Mangel an anderen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zumindest ebenso naheliegend, dass durch die Öffnung am Sonntag zusätzliche Kunden dazu animiert würden, sich in die Innenstädte zu begeben. In diesem Fall aber wäre ein infektionsschutzrechtlich unerwünschtes erhöhtes Kundenaufkommen in den größeren Städten und Einkaufszentren sowohl am Samstag als auch am Sonntag zu verzeichnen. Die hiermit verbundenen zusätzlichen Sozialkontakte nicht nur in den Innenstädten, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr auf dem Weg dorthin stünden im Widerspruch zu dem ansonsten vom Verordnungsgeber verfolgten Konzept, aus Infektionsschutzgründen soziale Kontakte vor allem in der Freizeit weitgehend einzuschränken. Mit Blick auf öffentlich geäußerte Erwartungen aus Kreisen des Einzelhandels hat der Senat darauf hingewiesen, dass das pandemiebedingt große wirtschaftliche Interesse an den Sonntagsöffnungen zwar verständlich sei, infektionsschutzrechtlich aber keine Rolle spielen könne.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Befreiung vom Präsenzunterricht in Zeiten der Corona-Pandemie – Verwaltungsgericht nennt Anforderungen an die Glaubhaftmachung

Das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück hat sich in einem Beschluss v. 18.11.2020 mit den Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Befreiung vom Präsenzunterricht in der Schule in Zeiten des Coronavirus befasst (VG Osnabrück, Beschl. v. 18.11.2020 – 1 B 36/20).

In der Presseinformation Nr. 33/2020 des Gerichts heißt es:

„In einem Einstellungsbeschluss vom 18.11.2020 hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück sich zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung für den Anspruch eines Schülers auf die Befreiung vom Präsenzunterricht aufgrund der Zugehörigkeit eines Elternteils zu einer Risikogruppe geäußert.

Das ursprünglich anhängige Eilverfahren (Az. 1 B 36/20) konnte eingestellt werden, weil die im Emsland liegende Schule dem Antrag der Eltern letztlich nachgekommen war.

Nach den Ausführungen des Gerichts reiche die Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem die Zugehörigkeit eines Elternteils zu einer Risikogruppe im Sinne der Definition des Robert-Koch-Instituts hervorgehe, zur Glaubhaftmachung aus. Genau dies fordere der Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums „Befreiung vom Präsenzunterricht für Schülerinnen und Schüler, die mit Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, bei denen gemäß Definition des Robert-Koch-Instituts das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs besteht“ vom 28.10.2020. Der Erlass knüpfe außerdem (unter anderem) an eine Sieben-Tages-Inzidenz von 35 oder mehr am Standort der Schule oder am Wohnort des Schülers oder der Schülerin sowie die fehlende Möglichkeit der innerhäuslichen Isolation an.

Entgegen der Ansicht der Landesschulbehörde und auch einer anderen Kammer des Gerichts (s. insoweit die Presseinformation Nr. 22/2020) sei die Nennung einer konkreten Diagnose nicht erforderlich.

Das Gericht hat offengelassen, ob es die genannten (untergesetzlichen) Grundlagen für die Entscheidung der Schule über die Befreiung vom Präsenzunterricht angesichts der im Niedersächsischen Schulgesetz verankerten Schulpflicht für ausreichend erachtet. Es hat aber angedeutet, dass die Befreiung derzeit im Niedersächsischen Schulgesetz selbst keine Grundlage finden dürfte und es Aufgabe des Gesetzgebers sei, hier für Klarheit zu sorgen.“

  1. Maskenpflicht unter freiem Himmel in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die in der Stadt Krefeld bestehende Maskenpflicht unter freiem Himmel in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes rechtmäßig sei (VG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.2020 – 24 L 2232/20).

In der Pressemitteilung v. 23.11.2020 heißt es:

„Die Allgemeinverfügung der Stadt Krefeld vom 30. Oktober 2020 in der Fassung vom 18. November 2020, mit der diese eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung unter freiem Himmel in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes in der Zeit von 7:00 bis 20:00 Uhr angeordnet hat, ist rechtmäßig. Das hat die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 19. November 2020 – den Beteiligten jetzt zugestellt – entschieden und damit den Eilantrag eines Krefelder Bürgers abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens sei die Maskenpflicht verhältnismäßig. Legitimes Ziel seien die Verhinderung der weiteren Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und speziell der Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren eines massenhaften Infektionsgeschehens. Hierzu sei die angeordnete Maskenpflicht geeignet, weil so zumindest ein Beitrag zum Ansteckungsschutz geleistet werden könne. Nach der Lebenserfahrung könne insbesondere in den von der Stadt bezeichneten Fußgängerzonen der zum Infektionsschutz erforderliche Mindestabstand nicht zuverlässig eingehalten werden. Dabei sei auch in den Blick zu nehmen, dass dort regelmäßig einzelne Personen unnötig dicht an anderen Personen vorbeigingen oder stehenblieben, um z.B. in Schaufenster zu sehen. Die Maßnahme führe zwar zu Beschränkungen des Grundrechts des Bürgers auf allgemeine Handlungsfreiheit und unter Umständen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben in Gestalt der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung weiterer Personen, der Überlastung der Krankenhäuser bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen müssten diese Grundrechte des Bürgers aber einstweilen zurücktreten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Corona-Infektionszahlen zu Ortsgemeinden müssen an die Presse herausgegeben werden

In Rheinland-Pfalz müssen die Behörden Auskünfte zu SARS-CoV2-Infektionszahlen an die Presse grundsätzlich auch dann erteilen, wenn diese heruntergebrochen auf die Ebene der Ortsgemeinden begehrt werden; dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.11.2020 – 2 B 11397/20).

In der Pressemitteilung Nr. 30/2020 des Gerichts v. 24.11.2020 heißt es weiter:

„In Rheinland-Pfalz müssen die Behörden Auskünfte zu SARS-CoV2-Infektionszahlen an die Presse grundsätzlich auch dann erteilen, wenn diese heruntergebrochen auf die Ebene der Ortsgemeinden begehrt werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren.

Die Antragstellerin, Herausgeberin der Pirmasenser Zeitung, begehrte mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße von dem Landkreis Südwestpfalz Informationen sowohl über die seit Beginn der Pandemie insgesamt ver­zeichneten Infektionszahlen wie auch über die Anzahl der aktiven SARS-CoV2-Fälle, jeweils aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises. Das Ver­waltungsgericht lehnte den Eilantrag am 29. Oktober 2020 ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungs­gerichts auf und gab dem Eilantrag statt.

Mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angeordneten Verpflichtung des Landkreises werde zwar die Hauptsache vorweggenommen. Die einstweilige Anord­nung könne vorliegend aber ergehen, da eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anspruchs der Antragstellerin bestehe. Sie könne sich für ihr Begehren auf den einfachrechtlich in § 12a Abs. 1 des Landesmediengesetzes normierten Aus­kunftsanspruch stützen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts würden durch die Übermittlung der angefragten Zahlen keine schutzwürdigen privaten Interes­sen verletzt, insbesondere liege hierin kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung infizierter Personen. Ungeeignet sei bereits der auch vom Landes­beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) Rheinland-Pfalz in einer erstinstanzlich vorgelegten Stellungnahme gewählte Anknüpfungspunkt der „Orts­gemeinde“ als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung von Auskunftsbegehren. Orts­gemeinden wiesen bei der Einwohnerzahl große Unterschiede auf. Teilweise erreichten Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz die Größe von Verbandsgemeinden, für die Infektionszahlen zur Verfügung gestellt würden. Aber auch bei sehr kleinen Orts­gemeinden begründeten die abgefragten Informationen für sich genommen keine hin­reichende Wahrscheinlichkeit für eine Personenidentifizierbarkeit. Dass es in einer Ortsgemeinde (aktive) SARS-CoV2-Infektionen gebe, lasse ohne Zusatzwissen keinen Rückschluss auf die konkret betroffene(n) Person(en) zu. Bei lebensnaher Betrachtung müsse gerade in kleinen Ortsgemeinden vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine Identifizierbarkeit konkreter Personen allein anhand von vor Ort erfolgter und wahr­nehmbarer Maßnahmen wie Quarantäneanordnungen oder Schul- und Kitaschließungen erfolge. Einer amtlichen Mitteilung über die Zahl der aktiven oder zurückliegenden Corona-Fälle bedürfe es für diese Erkenntnis und die Herstellung eines Personenbezugs hingegen nicht.“

  1. Regelung zur häuslichen Quarantäne für Ein- und Rückreisende war mit der Bayerischen Verfassung vereinbar

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VerfGH Bayern) hat entschieden (VerfGH Bayern, Entscheidung v. 23.11.2020 – Vf. 59-VII-20):

„1. Die Regelung zur häuslichen Quarantäne für Ein- und Rückreisende in der vom 10. April bis zum 15. Mai 2020 geltenden Fassung war mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.

  1. Sie verstieß nicht wegen einer offensichtlichen und gravierenden Abweichung von den Vorgaben der bundesrechtlichen Ermächtigung im Infektionsschutzgesetz gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV).
  2. Ebenso wenig wurden Grundrechte der Bayerischen Verfassung, wie insbesondere das Recht auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV), in unzulässiger Weise eingeschränkt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Normgeber dem Schutz von Leben und Gesundheit höheres Gewicht eingeräumt hat als den durch die Pflicht zur Absonderung hervorgerufenen Beeinträchtigungen.“
  3. Corona-Pandemie rechtfertigt keine Beschränkung der Personenzahl auf einer Eigentümerversammlung

AG Kassel, Urt. v. 27.09.2020 – 800 C 2563/20 (Orientierungssatz):

„Die Corona-Pandemie rechtfertigt regelmäßig keine Beschränkung der Personenanzahl auf einer Eigentümerversammlung auf einen Wert unterhalb der teilnahmeberechtigten Eigentümer incl. Verwalter. Spricht die Einladung zu einer Versammlung ohne ausreichende Rechtfertigung eine solche Beschränkung aus, so sind die auf der Versammlung getroffenen Beschlüsse wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungseigentums nichtig. Vorrangig ist ein Raum zu organisieren, in dem die Vorgaben der landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen eingehalten werden können.“

  1. Minderung der Miete von Gewerberaum die Miete wegen einer coronabedingten Ladenschließung

LG München I, Endurteil v. 22.09.2020 – 3 O 4495/20, L&L 2021, 233 [Entscheidungsgründe]:

„Die Beklagte konnte die Miete teilweise und in Abstufungen der jeweils geltend gemachten Mietmonate mindern.

  1. Geminderter Mietzahlungsanspruch
  2. Gem. § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten, während der Vermieter gem. § 535 Abs. 1 BGB durch den Mietvertrag verpflichtet ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Dies bedeutet, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten hat. Die aktuelle Fassung entspricht damit weitgehend der Ursprungsfassung des BGB in den ehemaligen §§ 535, 536 BGB, wonach der Vermieter die vermietete Sache dem Mieter in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauche geeigneten Zustand zu überlassen hat und dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren hat.
  3. Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten, wobei eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit außer Betracht bleibt (vgl. § 536 Abs. 1 BGB). Ähnlich formuliert ist § 537 BGB in der Ursprungsfassung: „Ist die vermietete Sache zur Zeit der Überlassung an den Mieter mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert oder entsteht im Laufe der Miete ein solcher Fehler, so ist der Mieter für die Zeit, während deren die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit, für die Zeit, während die Tauglichkeit gemindert ist nur zur Entrichtung eines nach …zu bemessenden Teiles des Mietzinses verpflichtet. Das gleiche gilt, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt…“
  4. a) Zunächst ist seit der Frühzeit der Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt, dass aufgrund Verbots der Öffnung von Verkaufsstellen für den Einzelhandel oder des Gastgewerbes ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen kann, weil die Tauglichkeit der Mieträume für den vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist (vgl. beispielsweise Bieber, Grundeigentum 2020, 657 bis 658 nach juris). Soweit ersichtlich hat dies das Reichsgericht in vier Entscheidungen stabil bestätigt:
  5. aa) So führte das Reichsgericht (JW 1913, Seite 596, Nr. 10) aus, die auf einem gesetzlichen Verbot beruhende Unbenutzbarkeit der Mieträume zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauche bilde einen Mangel im Sinne der §§ 537, 538 BGB a.F. Im damals gegenständlichen Fall ging es um Räume, welche zum Betrieb einer Fabrik vermietet waren, wobei dieser Fabrikbetrieb den Mietern durch die örtliche Polizeibehörde untersagt wurde. Das Reichsgericht führte aus, der Begriff des Sachmangels sei bei der Miete im allgemeinen „kein anderer als beim Kaufe“, wenn sich auch ein Unterschied daraus ergebe, dass nur die Fehler in Betracht kommen, welche die Tauglichkeit der Sache „zu dem vertragsgemäßen Gebrauche aufheben oder mindern“. Die Unbrauchbarkeit der Sache zu dem vertragsgemäßen Gebrauche müsse daher bei der Miete ebenso wie beim Kaufe auch dann als Sachmangel angesehen werden, wenn sie auf Bestimmungen des öffentlichen Rechts beruht.
  6. bb) In einer weiteren Entscheidung vom 9.11.1915, Rep. III.145/15 äußerte sich das Reichsgericht in Bezug auf ein Restaurantetablissement, das jedenfalls im nicht unwesentlicher Weise als Tanzbar betrieben war, wobei nach Beginn des 1. Weltkriegs Tänze polizeilich sehr eingeschränkt wurden. Hier führte das Reichsgericht aus, dass, so „der Tanzbetrieb die eigentliche Quelle des Erwerbs aus der Gastwirtschaft“ zur Zeit des Vertragsschlusses bildete, so der Minderungsanspruch der Kläger gerechtfertigt sei. Ein einschränkendes Verbot beeinträchtige die Möglichkeit des Pächters zur Fruchtziehung und nehme die Möglichkeit die vertragsgemäßen Nutzungen zu gewähren. Insoweit führte das Reichsgericht sogar aus, es sei ohne Bedeutung, wenn der Tanzbetrieb im schriftlichen Vertrage nicht erwähnt ist. Es habe somit ein behördliches Tanzverbot „den Pachtgegenstand selbst“ betroffen, die zum Tanzbetrieb eingerichteten und ihm seit langen Jahren dienenden Räume; sie wurden dadurch der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt und waren so mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler behaftet.
  7. cc) In einer weiteren Entscheidung vom 15.2.1916, Rep. III.333/15 äußerte sich das Reichsgericht zur Ermäßigung des Pachtzinses einer als Nachtlokal betriebenen Weinwirtschaft, wenn die Polizeistunde allgemein neu festgesetzt wird und dadurch der Nachtbetrieb zum großen Teil unmöglich gemacht wird. Seinerzeit wurde nach Beginn des 1. Weltkriegs die Polizeistunde allgemein vorverlegt. Hier führte das Reichsgericht aus, der Verpächter sei verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte während der Pachtzeit zu gewähren, wobei es im entschiedenen Fall feststellte, dass „die Wirtschaftsräume für den Nachtbetrieb bestimmt und nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien unter Vereinbarung einer dieser Art des Betriebs entsprechenden hohen Vergütung verpachtet worden“ waren. Durch die Vorverlegung der Polizeistunde könne von einem Nachtbetrieb in dem gewöhnlichen und auch im Sinne des Vertrags entsprechenden Sinne nicht gesprochen werden. Damit sei der Pachtgegenstand selbst in seiner Eigenschaft als Nachtwirtschaft getroffen und der vertragsgemäße Gebrauch insoweit entzogen.
  8. dd) In einer weiteren Entscheidung führte das Reichsgericht mit Urteil vom 26.10.1917 Rep. III 212/17 zu der Miete eines Ladens in einem Badeort zum Geschäftsbetrieb mit den Badegästen nach Erlass eines Verbots des Badebetriebs durch die zuständige Militärbehörde aus, dass dies für den vermieteten Laden „einen Fehler, einen Mangel“ herbeigeführt habe, der „die Tauglichkeit des Ladens zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt“. Weiter führte das Reichsgericht aus, dass die Mieter des Ladens sich nicht darauf verweisen lassen müssten, sie könnten den Laden zu Verkaufszwecken weiter benutzen, nämlich für Zwecke guter Geschäfte wegen der neuen starken Kriegsgarnison am Ort, da ein solcher Geschäftsbetrieb nach dem Gegenstand der Betriebsart ein völlig anderer wäre als der beiderseits zum Vertragsschlusse gemeinte und gewollte.

In den Entscheidungen des Reichsgerichts ist offenkundig, dass die Begrifflichkeit „Mangel“ und „Fehler“ synonym und gleichbedeutend gebraucht werden.

  1. b) Auch in der jetzt aufkommenden Literatur gibt es starke Stimmen, welche vorrangig das Mietminderungsrecht zur Lösung von coronabedingten Konflikten von Mietparteien heranziehen (so beispielsweise Krepold, WM 2020, 726 – 734 oder auch Horst, MK 2020, 089-092). Die Autoren gehen jeweils vom Vermietungszweck aus, beispielsweise eines Hotel- oder Gaststättengewerbes (Krepold, a.a.O. 731) oder sogar von einer Unmöglichkeit der Vertragsfortführung bei Nutzungsverboten (Horst a.a.O.), wobei eine Mietminderung zu 100% in aller Regel in Betracht komme, was der gesetzlichen Automatik der genannten Garantiehaftung des Vermieters entspreche.

Im übrigen ist ohnehin anerkannt, dass öffentlich rechtliche Beschränkungen als rechtliche Verhältnisse einen Mangel darstellen können, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankommt und die Beschränkung grundsätzlich bestehen muss (Palandt, BGB, 2020, § 536 Rd.Ziffer 18).

  1. c) Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht die vorliegenden Beschränkungen der Mietsache als Mietmangel im Sinne von § 536 BGB an.

Schriftlich festgelegter (§ 1 Mietvertrag) und überdies deutlich von den Parteien vorausgesetzter Mietzweck war der Betrieb zur Nutzung als Möbelgeschäft mit Wohnaccessoires zum Zwecke des Einzelhandels. Dieser Mietzweck konnte nach den öffentlich rechtlichen Beschränkungen infolge der Corona Epidemie nicht mehr eingehalten werden. Diese Beschränkungen fallen nicht in den Risikobereich der beklagten Mieterin. Soweit vertragsgemäß (§ 1 1.1) festgehalten ist, dass die Mieterin verpflichtet ist, auf ihr Risiko alle weiteren etwaigen für ihren Betrieb erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen und aufrechtzuerhalten, führt dies zu keiner anderen Risikoverteilung, da dies nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nur baurechtliche oder ggf. arbeitsrechtliche Genehmigungen sein konnten; die Parteien haben sich sicherlich zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrags keine Gedanken um Nutzungseinschränkungen in der Innenstadt wegen seuchenrechtlicher Maßnahmen gemacht. Damit trifft die behördliche Einschränkung die vertragsgemäß vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit der Mietsache selbst, da nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien gerade ein Ladengeschäft für hochwertige Möbel und hochwertige Möbelaccessoires in zentraler Münchner Lage betrieben werden sollte. An diesem Mietzweck muss sich auch die Vermieterin festhalten lassen, der zudem gelegen war eine hochwertige Umgebung für das Gesamtensemble zu erhalten. Damit unterscheidet sich die Situation auch grundsätzlich von der Situation einer Gaststätte, die von durch Volksentscheid herbeigeführter Bayerischen Rauchverbotsregelung betroffen ist. Eine Gaststätte kann nämlich weiterbetrieben werden, wobei durch Unterlassen von Rauchen ein stärkerer Kunden-, Gästewie auch insbesondere Arbeitsschutz für Bedienungen und Mitarbeiter zu erwarten ist. Derartige, letztendlich ins Arbeitsrecht hineingehende Schutzbestimmungen muss aber ein Gaststättenbetreiber immer hinnehmen, sie haben mit dem vereinbarten Mietzweck allenfalls in ungewöhnlichen Sondersituationen zu tun. Vorliegend ist aber der vereinbarte und von beiden Parteien vorausgesetzte Nutzungszweck der Mietsache, auf dem die Fruchtziehung der Beklagten beruht, erheblich gestört. Dies begründet in der vorliegenden Gewerbemiete mit oben angeführten Darlegungen einen Mietmangel.

  1. In der Folge des Vorhandenseins des Mangels war ein Minderungsbetrag zu bemessen, da der vorhandene Mangel nicht nur bagatellhafter Art ist. Entsprechend Mietvertrag geht das Gericht insgesamt von einer geschuldeten Bruttogesamtmiete einschließlich der Nebenkosten und Heizungskosten von 76.003,22 € aus. Die – wenn auch relativ geringfügig – abweichenden Beträge, welche die Klageseite angibt (Bl. 36 d.A) erschließen sich dem Gericht nicht. Der Zahlbetrag selbst war jeweils zwischen den Parteien umstritten (Beklagte Bl. 52) und ist auch anhand der internen Kontoverrechnungsanlage der Klagepartei (K 5) für das Gericht nicht nachvollziehbar.

Die Minderung tritt ein, ohne dass sich der Mieter darauf berufen muss. Es ist eine angemessene Herabsetzung proportional zur Tauglichkeitsminderung durch Schätzung eines prozentualen Abschlags vorzunehmen, bei erheblicher Minderfläche entsprechend der prozentualen Flächenabweichung. Bei gewerblichen Räumen ist primär auf die Störung der Betriebsausübung abzustellen, wobei bei einer periodischen Störung die Minderung nur mit dem Zeitraum der Störung eintritt (Palandt, BGB, 2020, § 536, Rd.Ziffer 33). Auch bei ergänzenden vertraglichen Regelungen konnte die Beklagte hier sich auf die gesetzlich geminderte Miete berufen, da einen etwa überzahlten Betrag die Klagepartei ansonsten wieder an sie herausgeben müsste (dolo fazit qui petit, quod statim redditurus est, § 242 BGB).

Dadurch ergeben sich folgende Bemessungen:

  1. aa) April Miete 2020

Im April 2020 war wegen der weitgehenden Schließung des Ladenlokals durch die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen und Allgemeinverfügungen ein verkaufender Geschäftsbetrieb für den Publikumsverkehr fast unmöglich. Zur Verfügung standen die Räumlichkeiten im Prinzip für Mitarbeiter, die Aufrechterhaltung der Verwaltung oder Inventararbeiten, ggf. für einen Versandhandel.

Daher geht das Gericht von einem weitgehenden Minderungsbetrag von 80% aus. Dies bedeutet, dass die Klagepartei ausgehend von einem Mietzahlungsanspruch einschließlich Steuern und Nebenkosten von 76.003,22 € ein Zahlungsanspruch i.H.v. 15.200,64 € hat.

  1. bb) Mai Miete 2020

Im Monat Mai konnte bis zum 11.5.2020 nur eine Fläche bis 800 Quadratmeter als Verkaufsfläche für Erdgeschoß und Untergeschoß genutzt werden (von insgesamt 2.929 Quadratmetern). Ab 11. 5.2020 bestanden ohne Beschränkung der Verkaufsfläche weiterhin Beschränkungen des Publikumsverkehrs. Dies bedeutet, dass im ersten Drittel des Mai nur gut 25% der an sich gemieteten Fläche zur Verfügung standen, die auch noch mit Aufwand abgegrenzt werden mussten. In den letzten zwei Dritteln des Mai war eine Kundenbeschränkung vorhanden, wobei Anpassungsaufwand anfiel. Daher schätzt das Gericht für den Monat Mai die Mietminderung mit 50% ein, so dass noch 38.001,61 € geschuldet sind.

  1. cc) Juni Miete 2020

Für den Monat Juni 2020 geht das Gericht ausgehend von geschuldeten 76.003,22 € von einer deutlich abgeschmolzenen Mietminderung aus, da das Geschäft ohne Flächenbegrenzung wieder betrieben werden konnte, jeweils aber eine erhebliche Einschränkung der aufzunehmenden Kunden mit ein Kunde pro 20 Quadratmeter unter Einhaltung eines Hygienekonzepts vorzunehmen war. Hier bemisst das Gericht die Minderung auf 15%, so dass insoweit 64.602,74 € geschuldet sind.

  1. Störung der Geschäftsgrundlage

In vorliegender Konstellation ist eine Störung der Geschäftsgrundlage gegeben, da die Parteien die Folgen einer eintretenden Coronapandemie und Infektionsschutzmaßnahmen durch den Staat offenkundig nicht bedacht haben und so den Vertrag kaum geschlossen hätten (vgl. § 313 Abs. 1, Abs. 2 BGB). In den Rechtsfolgen wäre die Anpassung ganz offenkundig in einer reduzierten Miete gelegen, wobei die Höhe der gesetzlichen Minderung entspräche. Indes erscheint die Anwendung der Mängelhaftungsregelungen vorrangig (Palandt a.a.O., § 313, Rd.Ziffern 12, 61).“

Siehe auch oben Nr. 263 sowie nachfolgend Nr. 287 und Nr. 356!

  1. Kein Outdoor-Training in Kleingruppen in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass coronabedingt in NRW einstweilen kein Outdoor-Training in Kleingruppen stattfinden darf (OVG Münster, Beschl. v. 25.11.2020 – 13 B 1780/20.NE).

In der Pressemitteilung v. 26.11.2020 heißt es dazu:

„Ein Fitnesstrainer aus Dortmund ist beim Oberverwaltungsgericht mit seinem Eilantrag gescheitert, die Coronaschutzverordnung außer Vollzug zu setzen, soweit sie den Betrieb eines Outdoor-Sportangebots für kontaktloses Training in Kleingruppen mit bis zu 12 Teilnehmern plus Trainer untersagt. Mit heute bekannt gegebenem Beschluss vom 25. November 2020 hat das Oberverwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt und damit seine Entscheidung vom 13. November 2020 zum Verbot des Freizeit- und Amateursports bestätigt.

Nach der aktuellen nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung ist Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Fitnessstudios, Schwimmbädern und ähnlichen Einrichtungen bis zum 30. November 2020 unzulässig. Ausgenommen davon ist lediglich der Individualsport allein, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes außerhalb geschlossener Räumlichkeiten von Sportanlagen.

Zur Begründung seines Beschlusses hat der Senat auf seine Entscheidung vom 13. November 2020 zum Fußballspielen Bezug genommen (vgl. Pressemitteilung vom 13. November 2020) und ergänzend ausgeführt: Kommerzielle Betreiber von Sporteinrichtungen und sonstige gewerbliche Anbieter würden durch das Verbot des Freizeit- und Amateursports zwar in ihrer Berufsfreiheit tiefgreifend beeinträchtigt. Dies sei aber auch angesichts der angekündigten außerordentlichen Wirtschaftshilfen des Bundes (sog. Novemberhilfen) vorübergehend hinnehmbar und stehe nicht außer Verhältnis zu dem mit der Regelung verfolgten Zweck, ganz erhebliche Gefahren für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen im Falle einer unkontrollierten Infektionsausbreitung zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Antragstellers erlaubten die Entwicklung der positiven Testungen insgesamt sowie die daraus abgeleiteten Inzidenz- und R-Werte und die steigende Zahl der stationär behandelten COVID-19-Patienten einen belastbaren Rückschluss auf die Dynamik des Infektionsgeschehens. Der geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht deshalb anzunehmen, weil der Verordnungsgeber sein Konzept der Kontaktbeschränkungen durchbrochen habe, etwa indem er Gastronomiebetrieben die Abgabe von Speisen und Getränken erlaube und Menschen zum Training auf denselben Wegen gelangten, wie etwa zum Friseur oder in die Fußgängerzonen, um dort einzukaufen. Hier handele es sich schon nicht um vergleichbare Sachverhalte, weil der Verordnungsgeber Einkäufe und Friseurbesuche der Grundversorgung zurechne und insoweit ein gesellschaftliches Bedürfnis anerkenne. Die Offenhaltung dieser Bereiche halte der Verordnungsgeber deshalb für dringender als die Ermöglichung sportlicher Betätigung, die im Übrigen – wenn auch unter Beschränkungen – stattfinden könne (etwa Individualsport, Sportunterricht, Rehabilitationssport).

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Schließung von Wettannahmestellen in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg hat die Schließung von Wettannahmestellen in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Magdeburg, Beschl. v. 27.11.2020 – 3 R 226/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 24/2020 v. 27.11.2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom 27. November 2020 hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in einem Normenkontrollverfahren durch einstweilige Anordnung die in § 4a Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Achten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt in der Fassung vom 30. Oktober 2020 (8. SARS-CoV-2-EindV) bestimmte Schließung von Wettannahmestellen vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragstellerin betreibt in Sachsen-Anhalt mehrere Wettannahmestellen, in denen sie Sportwetten an ein in Malta ansässiges Wettunternehmen vermittelt. Sie wendet gegen die Schließung von Wettannahmestellen in der Zeit vom 2. bis zum 30. November 2020 unter anderem ein, es sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, dass die Landesregierung als Verordnungsgeber den Betrieb von Freizeit-, Spiel- und Vergnügungseinrichtungen vollständig untersage, ohne danach zu differenzieren, wie hoch das Infektionsrisiko in den einzelnen Betrieben überhaupt sei, zugleich aber gesellschaftlich als nützlich anerkannte Tätigkeiten weiterhin ermögliche, obwohl dort mitunter ein deutlich höheres Infektionsrisiko als in den untersagten Bereichen bestehe. In Wettannahmestellen sei allein ein mögliches Verweilen von Kunden mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Den damit verbundenen Gefahren könne mit einer Beschränkung des Aufenthalts in Wettannahmestellen auf den zur Abgabe der Wette notwendigen Zeitraum begegnet werden. Zudem würden in den Lotto-Annahmestellen des Landes neben Waren und/oder Dienstleistungen weiterhin Sport- sowie Ergebnis- und Auswahlwetten angeboten.

Der Antrag hatte nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gebotenen summarischen Prüfung Erfolg. Nach Auffassung des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts spricht derzeit Überwiegendes dafür, dass das in § 4a Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der 8. SARS-CoV-2-EindV geregelte Verbot der Öffnung von Wettannahmestellen nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist und wegen der damit einhergehenden Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten für unwirksam zu erklären sein wird. Der mit dem Öffnungsverbot verbundene Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Betreiber von Wettannahmestellen genüge voraussichtlich nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zwar komme dem Verordnungsgeber in der gegenwärtigen durch zahlreiche Unsicherheiten geprägten epidemischen Lage bei der Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen er für geeignet, erforderlich und angemessen halten darf, um das legitime Ziel der Vermeidung von neuen Infektionsketten und damit verbunden der Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Es sei daher voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden, wenn er sich bei der Entscheidung, welche Lebensbereiche zum Zweck des Gesundheitsschutzes vordringlich geschlossen werden müssen, von der Priorität der Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens und des Bildungsbereichs leiten lasse und auch in diesen Bereichen bestehende Infektionsgefahren in einem gewissen Umfang in Kauf nehme. Allerdings müsse sich die konkret im Streit stehende Schutzmaßnahme schlüssig in das Gesamtkonzept einfügen, mit dem der Verordnungsgeber dem Infektionsgeschehen begegne. Dies sei gegenwärtig in Bezug auf Wettannahmestellen nicht der Fall.

Die Schließung von Wettannahmestellen sei zwar Teil eines Maßnahmenbündels, nach dem zahlreiche Kultur-, Freizeit-, Spiel- und Vergnügungseinrichtungen zu schließen sind, um freizeitorientierte Bewegungsströme der Bevölkerung zu regulieren bzw. im Wesentlichen zu stoppen und so das mit Sozialkontakten in diesen Bereichen verbundene Infektionsrisiko deutlich zu reduzieren. Die staatlichen Lotto-Annahmestellen seien aber nach wie vor geöffnet. Aufgrund der dort – neben einem Waren- und/oder Dienstleistungsangebot – eröffneten Möglichkeiten zur Abgabe von Wetten werde Kunden zumindest ein zusätzlicher Anreiz gegeben, diese Annahmestellen eigens aufzusuchen oder dort vor oder nach dem Konsum von Waren oder Dienstleistungen noch für die Dauer des Wettvorgangs zu verweilen. Gerade die durch derartige Anreize geschaffenen vermehrten sozialen Kontakte wolle der Verordnungsgeber mit der Schließung von Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen wie Wettannahmestellen aber an sich reduzieren. Es erscheine daher nicht widerspruchsfrei, wenn der Verordnungsgeber einerseits die vollumfängliche Schließung privater Wettannahmestellen bestimme, es andererseits aber trotz der damit verbundenen zusätzlichen sozialen Kontakte hinnehme, dass Kunden die Abgabe von Wetten in Annahmestellen von staatlichen Unternehmen ermöglicht werde. Das erklärte Ziel, das Infektionsgeschehen durch eine Verminderung der persönlichen Kontakte im Freizeit- und Vergnügungsbereich effektiv zu begrenzen, werde bei dieser gegenwärtigen Sachlage in Bezug auf die von Wettannahmestellen ausgehenden Kundenanreize gerade nicht konsequent verfolgt. Es sei vor diesem Hintergrund nach summarischer Betrachtung unverhältnismäßig, privaten Wettannahmestellen nicht zumindest – wie in einigen anderen Bundesländern – die Möglichkeit zu geben, ihren Betrieb dergestalt aufrechtzuerhalten, dass eine reine Abgabe von Wetten ohne darüber hinausgehendes Verweilen möglich ist.“

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung (Quarantänepflicht für Reiserückkehrer)

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat es abgelehnt, Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen; dabei ging es um die bestehende Quarantänepflicht für Reiserückkehrer (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2020 – 13 MN 520/20).

In der Pressemitteilung v. 01.12.2020 heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 30. November 2020 einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Quarantänepflicht für Reiserückkehrer nach § 1 Abs. 1 bis 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 6. November 2020 abgelehnt (Az.: 13 MN 520/20).

Nach § 1 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung sind Personen, die aus dem Ausland nach Niedersachsen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, verpflichtet, sich unverzüglich in eine zehntägige Quarantäne zu begeben. Sie müssen die zuständigen Behörden informieren und unterliegen der Beobachtung durch diese. Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung durch das Robert Koch-Institut (RKI), nachdem das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat darüber entschieden haben.

Gegen diese Regelungen, die auf der Muster-Quarantäneverordnung von Bund und Ländern basieren, hatte sich ein Antragsteller mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt, der im ländlichen Teil Spaniens, einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet, eine Ferienwohnung besitzt. Er hält die Quarantäne für unverhältnismäßig. In dem Gebiet, in dem sich seine Ferienwohnung befinde, sei das Infektionsrisiko geringer als in seiner niedersächsischen Heimat und anderen Regionen Deutschlands.

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat diesen Antrag nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Für den Senat sei derzeit offen, ob § 1 Abs. 1 bis 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären sei.

Der Senat gehe zwar davon aus, dass die Verordnungsregelungen auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage beruhten und formell rechtmäßig seien. Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit bestünden angesichts des aktuellen weltweiten Infektionsgeschehens auch nicht mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns. Auch dass möglicherweise am Rückkehrort, in Teilen oder gar in der gesamten Bundesrepublik ein gleiches oder höheres Infektionsrisiko wie in einem Risikogebiet bestehe, schließe die Anordnung einer Quarantäne tatbestandlich nicht aus. Die Feststellung, Ansteckungsverdächtiger zu sein, sei nicht in Abhängigkeit von dem durchschnittlichen Infektionsrisiko in der Bevölkerung zu sehen, sondern liege immer dann vor, wenn aufgrund von Tatsachen angenommen werden könne, dass die betroffene Person Krankheitserreger aufgenommen habe. Die hier vorgenommene Festlegung von Risikogebieten beruhe auf einer hinreichend aussagekräftigen Tatsachengrundlage. Die Einstufung als Risikogebiet, die nicht der Verordnungsgeber vornehme und die deshalb als solche nicht der Normenkontrolle unterliege, erfolge nicht allein anhand von Infektionszahlen, sondern unter Berücksichtigung diverser Faktoren (z. B. Rate der SARS-CoV-2-Neuinfektionen, Testpositivität, Testrate, Testkapazitäten, Infektionsgeschehen vor Ort, Art von Ausbrüchen und ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens).

Es sei aber offen, ob die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Art und Umfang als notwendige Schutzmaßnahmen anzusehen seien, insbesondere ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege und die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei. Die Pandemielage sei aktuell dadurch gekennzeichnet, dass der Aufenthalt in Niedersachsen und einem Großteil der übrigen Bundesländer mit einer vergleichbaren Infektionsgefahr verbunden sein dürfte wie der Aufenthalt in einem gemäß der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung benannten Risikogebiet. Vor diesem Hintergrund sei die Argumentation, Auslandsreisen würden eine signifikante zusätzliche Infektionsgefahr nicht begründen, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen (so das OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.11.2020 – 13 B 1770/20.NE -, juris Rn. 36 ff.). Dass dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und damit einen Verstoß gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz darstelle, sei jedoch nicht zwingend anzunehmen. Eine unterschiedliche Behandlung von Rückkehrern aus dem Ausland könne auch nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen grundsätzlich gerechtfertigt sein, wenn und soweit mit Blick auf Unklarheiten der Reisewege, das Zusammentreffen einer Vielzahl von unbekannten Reisenden oder unklaren Infektionslagen in Drittländern ein sachlicher Differenzierungsgrund bestehe. Das Bewegungs- und damit Kontaktprofil von Auslandsreisenden unterscheide sich typischerweise von dem Daheimgebliebener. Durch die stärkere Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlicher Infrastruktur (Flughäfen, Beherbergungsbetriebe) und die bei Auslandsreisen oft eintretende Kontaktaufnahme mit Personen, die nicht dem alltäglichen Umfeld entstammten, sei das Verhalten von Auslandsreisenden typisierbar eher gefahrengeneigt. Dies unterscheide sich auch gegenüber innerdeutsch Reisenden, da hierzulande etwa Beherbergungsbetriebe für touristische Zwecke, Gastronomie- und Kulturbetriebe vollständig geschlossen sind. Ein Vergleich der Infektionsgefahren für Reisende aus dem Ausland einerseits und Daheimgebliebene anderseits sei damit nur durch Berücksichtigung vieler Faktoren möglich. Eine Quarantäne-Verordnung müsse nicht alle diese Faktoren abbilden. Würde sie es tun, wäre sie voraussichtlich unübersichtlich und schwer handhabbar und würde damit ihren infektionsschützenden Zweck verfehlen. Gesichtspunkte der Praktikabilität und der Einfachheit des Rechts könnten generalisierende Regelungen rechtfertigen. Verbleibende ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen könnten durch Befreiungen überwunden werden. Dies sei jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung nicht als von vorneherein untaugliches Mittel zur Sicherstellung des Gleichheitsgrundrechts anzusehen. Die Niedersächsische Quarantäne-Verordnung enthalte in § 1 Abs. 9 eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall. Die abschließende Klärung der Rechtmäßigkeit bzw. Unwirksamkeit von § 1 Abs. 1 bis 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung müsse insoweit aber einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die danach gebotene Folgenabwägung führe mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens dazu, dass der Antragsteller den durch die Quarantäneanordnung bewirkten Eingriff gegenwärtig hinzunehmen habe.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Querdenken-Demonstration in Bremen darf nicht stattfinden

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hat entschieden, dass eine angemeldete Demonstration der sog. Querdenker nicht stattfinden darf (OVG Bremen, Beschl. v. 04.12.2020 – 1 B 385/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 04.12.2020 heißt es:

„Die für den 5. Dezember 2020 angemeldete Versammlung der „Querdenker“ auf der Bremer Bürgerweide darf nicht stattfinden. Das OVG Bremen weist die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 2. Dezember 2020 zurück. Das Oberverwaltungsgericht führt zur Begründung aus, dass die Antragsgegnerin das Versammlungsverbot zu Recht auf die Prognose  gestützt habe, dass die Durchführung der geplanten Versammlung mit einer erheblichen Infektionsgefahr für die Versammlungsteilnehmer, Polizeibeamten und Passanten verbunden sein werde, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Schäden an Leib und Leben führen könne.“

Siehe auch die nachfolgende Nr. 285.

  1. „Querdenker“-Demonstrationen in Mannheim bleiben verboten

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat entschieden, dass die für angemeldeten „Querdenker“-Versammlungen verboten bleiben (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.12.2020 -1 S 3891/20).

In der Pressemitteilung v. 05.12.2020 heißt es:

„Der Antragsteller, der eine Homepage unter „Querdenken 621 – Mannheim“ innehat, meldete für den heutigen Samstag in Mannheim eine Versammlung von 09.00 bis 18.30 Uhr mit dem Motto „Wir – Für das Grundgesetz“ an. Die Stadt Mannheim (Antragsgegnerin) gab dem Antragsteller mit Bescheid vom 2. Dezember aus infektionsschutzrechtlichen Gründen auf, den Teilnehmerkreis auf 200 Personen zu beschränken, beschränkte den Versammlungsort auf eine stationäre Kundgebung und gab ihm auf, für die Einhaltung der Abstandsvorschriften und der Maskenpflicht zu sorgen. In der Nacht zum 3. Dezember meldete der Antragsteller eine weitere Versammlung für heute von 16.00 bis 22.00 Uhr für den Marktplatz in Mannheim, ebenfalls mit dem Motto „Wir – Für das Grundgesetz“ an. Mit Bescheid vom 3. Dezember verbot die Antragsgegnerin beide Demonstrationen und jede weitere Versammlung des Antragstellers am heutigen Samstag im Mannheimer Stadtgebiet. Der Antragsteller habe durch seine Werbung für die Versammlungen klar gemacht, dass er nicht bereit sei, auf eine strikte Umsetzung der Auflagen hinzuwirken, und den Eindruck erweckt, die Versammlung finde als „Großdemo“ und ohne Vorgaben zur Teilnehmerzahl statt.

Einen gegen das Versammlungsverbot gerichteten Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe gestern Abend gegen 21.00 Uhr ab. Die Prognose, dass die konkrete Gefahr bestand, dass gegen den Straftatbestand des § 25 Abs. 2 VersG bzw. den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG verstoßen werde, weil durch den Antragsteller die im Bescheid vom 2. Dezember getroffenen Auflagen nicht beachtet würden, sei voraussichtlich nicht zu beanstanden. Insofern seien die im Internet veröffentlichten Angaben des Antragstellers zwar durchaus nicht eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er ausdrücklich erkläre, auch eine gerichtliche Beschränkung der Teilnehmerzahl nicht beachten zu wollen. Sie seien aber derart widersprüchlich, dass für den angesprochenen Teilnehmerkreis gerade nicht deutlich werde, dass eine Beschränkung erfolgen und konsequent durchgesetzt werden solle. Hinzu komme, dass die zumindest widersprüchlichen Angaben des Antragstellers auch vor dem Hintergrund des angesprochenen Adressatenkreises der Teilnehmer an Versammlungen der „Querdenker“-Bewegung zu sehen seien, bei deren Versammlungen es bislang wiederholt zu Verstößen gegen behördliche Beschränkungen, insbesondere hinsichtlich der Maskenpflicht und von Abstandsvorgaben gekommen sei. Die dargestellten Umstände rechtfertigten daher die Annahme, dass vom Antragsteller jedenfalls billigend in Kauf genommen werde, dass die Teilnehmerzahl überschritten und somit gegen § 25 Abs. 2 VersG und § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG verstoßen werde.

Die vom Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts kurz nach Mitternacht eingelegte Beschwerde wies der VGH heute früh zurück. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht im Wesentlichen entschieden, dass der Antragsteller sich bei der gebotenen Zusammenschau seiner Erklärungen öffentlich in einer Weise widersprüchlich und vage geäußert habe, die durchgreifende Zweifel an seinem Willen begründeten, Auflagen, die als milderes Mittel im Vergleich zu einem Versammlungsverbot in Betracht kämen, ernsthaft durchzusetzen. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass ein Versammlungsverbot angesichts der Bedeutung der Versammlungsfreiheit nur unter Zugrundelegung strenger Maßstäbe als letztes Mittel in Betracht komme, sei der Verbotsbescheid der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden.

Der Beschluss ist unanfechtbar (1 S 3891/20).“

  1. Regelungen über eine Einreise-Quarantäne in Baden-Württemberg bleiben anwendbar

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit Beschlüssen v. 04.12.2020 drei Eilanträge gegen die Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne des Ministeriums für Soziales und Integration (Antragsgegner) vom 17. November 2020 abgelehnt.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 04.12.2020 heißt es:

„Die Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne (CoronaVO EQ) bestimmt, dass Personen, die aus dem Ausland in das Land Baden-Württemberg einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem – vom Robert-Koch-Institut festgelegten – ausländischen Risikogebiet aufgehalten haben, verpflichtet sind, sich unverzüglich nach der Einreise für einen Zeitraum von zehn Tagen abzusondern. Die Dauer dieser Quarantäne verkürzt sich ab dem fünften Tag nach der Einreise, wenn ein negativer Coronatest vorgelegt wird.

Im ersten Verfahren brachten die Antragsteller vor, sie seien Eigentümer eines Ferienhauses auf Mallorca. Sie müssten regelmäßig nach Mallorca reisen, um sich um ihr Eigentum zu kümmern. Aktuell seien Bauarbeiten zur Installation eines Notstromaggregats geplant, denn es komme immer wieder zu Stromausfällen. Sie hätten auch Sorge, dass sich Obdachlose in ihrem unbewohnten Haus einquartieren könnten (1 S 3737/20). Im zweiten Verfahren machte der Antragsteller geltend, er könne die famlieneigene Ferienwohnung in Österreich nicht nutzen (1 S 3757/20). Im dritten Verfahren wendet sich eine in Baden-Württemberg wohnende Informatikerin gegen die Quarantänepflicht. Sie trägt vor, sie befinde sich seit Mitte November zur Unterstützung ihres Lebensgefährten, der dort eine Ferienwohnung unterhalte, sowie zu Urlaubszwecken in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (V.A.E.). Sie beabsichtige, am 9. Dezember nach Deutschland zurückzukehren, und müsse am 10. Dezember ihre Arbeit wiederaufnehmen. Da die V.A.E. seit dem 23. September als Risikogebiet eingestuft seien, müsse sie sich in Quarantäne begeben, obwohl die Infektionszahlen in den V.A.E. niedriger seien als in Deutschland (1 S 3849/20).

Der 1. Senat des VGH hat die Anträge auf Außervollzugsetzung der Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne in jedem der drei Verfahren abgelehnt. Zur Begründung führt er aus: Es sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Pflicht zur Quarantäne an die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet anzuknüpfen. Denn die Einreise aus anderen Ländern mit einem erheblichen Infektionsgeschehen stelle eine bedeutende Gefahrenquelle für eine Weiterverbreitung des Coronavirus in Deutschland dar. Dies hätten die Erfahrungen dieses Sommers gezeigt, in dem von Rückkehrern aus ausländischen Risikogebieten erhebliche Eintragungen des SARS-CoV-2-Virus nach Deutschland ausgegangen seien. Nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts habe in der Anfangsphase der COVID-19-Epidemie in der ersten Märzhälfte (11. Meldewoche) der Anteil von Fällen mit Ansteckung im Ausland bei 46% gelegen und sei im Zuge der Reisebeschränkungen stetig gefallen, auf 0,4% Anfang Mai (19. Meldewoche). Seit Mitte Juni (25. Meldewoche) habe es erste Grenzöffnungen, zunächst in Europa, gegeben und der Anteil der Fälle mit Angabe eines wahrscheinlichen Infektionslandes im Ausland sei wieder angestiegen. Er habe seinen Höhepunkt Mitte August (34. Meldewoche) mit 49% erreicht und nehme seitdem kontinuierlich wieder ab.

Die Pflicht zur Quarantäne nach Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet sei auch nicht im Hinblick auf die auch in Deutschland hohen und zum Teil höheren Infektionszahlen als in ausgewiesenen Risikogebieten zu beanstanden. Der seit dem 2. November in Deutschland angeordnete „lockdown light“ schränke die gesamte Mobilität als auch den Reiseverkehr innerhalb der Bundesrepublik massiv ein. Es bestehe ein Beherbergungsverbot für touristische Reisen. Gaststätten sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen seien geschlossen. Darüber hinaus bestünden verschärfte Kotaktbeschränkungen und eine Maskenpflicht im öffentlichen Bereich. All diese Maßnahmen seien Teil des aktuellen Gesamtkonzepts zur Pandemiebekämpfung, zum Schutz der Bevölkerung vor individuellen Gesundheitsgefahren sowie der Vermeidung der Überlastung des gesamten Gesundheitswesens. Sie beträfen alle Personen, die sich im Bundesgebiet aufhielten, und zielten darauf, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.

Der Normgeber könne diese Beschränkungen des öffentlichen Lebens und individueller Freiheiten allerdings nur für seinen territorialen Hoheitsbereich treffen. Auf Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung im Ausland habe er hingegen keinen Einfluss. Für den Verordnungsgeber sei nicht nachprüfbar, welchen Infektionsrisiken Einreisende ausgesetzt gewesen seien. Daher sei die Quarantänepflicht gerechtfertigt und keine Ungleichbehandlung im Vergleich zu innerdeutschen Reisen.

Im Fall der in den V.A.E. weilenden Informatikerin komme hinzu, dass sie sich Mitte November und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne bereits gegolten habe und die V.A.E. als Risikogebiet eingestuft gewesen seien, zu einem Flug dorthin entschieden und die damit verbundenen Konsequenzen bewusst selbst in Kauf genommen habe.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Mietmangel bei staatlich verordneter Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts?

Hierzu gibt es inzwischen weitere, widersprüchliche Entscheidungen:

Das LG Frankfurt am Main hat entschieden, dass in der staatlich verordneten Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts wegen der Covid-19-Pandemie kein Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB liege, entschied das Landgericht (LG) Frankfurt am Main (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 05.10.2020 – 2-15 O 23/20, L&L 2021, 233). Eine Mietminderung sei demnach nicht gerechtfertigt. Das Gericht verneinte auch eine Störung der Geschäftsgrundlage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im Ergebnis ebenso LG Heidelberg, Urt. v. 30.07.2020 – 5 O 66/20 – und LG Zweibrücken, Urt. v. 11.09.2020 – HK O 17/20. Die Gerichte schlossen sich damit der Argumentation des Bundesgerichtshofs an (BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 297/97). Solange die gemietete oder gepachtete Fläche grundsätzlich weiter uneingeschränkt genutzt werden kann, läge somit kein Mietmangel.

Auch das LG Lüneburg sieht keine Möglichkeit der Mietminderung und damit keine Möglichkeit der einseitigen Verlagerung des Nutzungsrisikos auf den Vermieter (LG Lüneburg, Urt. v. 17.11.2020 – 5 O 158/20).

Anders wiederum das LG München I (LG München I, Urt. v. 05.10.2020 – 34 O 6013/20). Hier wurde die vollständige Schließung durch die Allgemeinverfügung als unzumutbare Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs bewertet.

Das LG Mönchengladbach schließlich sieht keinen Mangel der Mietsache, wohl aber eine Störung der Geschäftsgrundlage (LG Mönchengladbach, Urt. v. 02.11.2020 – 12 O 154/20).

Siehe auch oben Nr. 263 und nachfolgend Nr. 356.

  1. Schüler wegen der Weigerung, eine Maske zu tragen, vom Schulbesuch ausgeschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat entschieden, dass ein Schüler, der sich weigert, in der Schule eine Maske zu tragen, vom Schulbesuch ausgeschlossen werden kann (VG Münster, Beschl. v. 04.12.2020 – 5 L 1019/20; 5 L 1027/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.12.2020 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Münster hat mit Beschlüssen vom 4. Dezember 2020 die Rechtmäßigkeit der Entscheidung einer Grundschule in Coesfeld bestätigt, zwei Schüler wegen der Weigerung, eine Alltagsmaske zu tragen, vom Schulbesuch auszuschließen.

Die Schüler hatten der Schule mehrere ärztliche Atteste vorgelegt, wonach bei ihnen „eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physiologischen Atem- und Kreislauffunktion“ bestehe, „die durch ständiges Einatmen von CO2-reicher Luft unter der Mund-/Nasenbedeckung“ entstehe, es „aus gravierenden medizinischen Gründen“ nicht möglich beziehungsweise nicht zumutbar sei, „eine Gesichtsmaske oder ein Face-Shield zu tragen“ beziehungsweise es „bedingt durch eine Hauterkrankung nicht möglich sei, eine Mund-/Nasenbedeckung zu tragen“. Diese Atteste hatte die Schule unter anderem mit dem Hinweis darauf als nicht hinreichend erachtet, dass die Schüler in der Schule bislang keine Maske getragen hätten, und die Schüler mit sofortiger Wirkung vom Schulbesuch ausgeschlossen, solange sie keine Alltagsmaske gemäß der Coronaschutzverordnung NRW trügen oder von der Schule eine Befreiung von der Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske aus medizinischen Gründen ausgesprochen worden sei.

Diese Entscheidung bestätigte das Gericht nunmehr und lehnte die gegen den Ausschluss vom Schulbesuch gerichteten Eilanträge ab. In den Gründen der Beschlüsse heißt es jeweils unter anderem: Sämtliche vorgelegten Atteste erfüllten nicht die Mindestanforderungen an ein ärztliches Attest zur Befreiung von der sogenannten Maskenpflicht. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bedürfe es, um der Schule eine sachgerechte Entscheidung über die Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen zu ermöglichen, grundsätzlich der Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attests, aus dem sich regelmäßig jedenfalls nachvollziehbar ergeben müsse, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule alsbald zu erwarten seien und woraus diese im Einzelnen resultierten. Soweit relevante Vorerkrankungen vorlägen, seien diese konkret zu bezeichnen. Darüber hinaus müsse im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt sei. Diesen Anforderungen genügende Atteste seien hier nicht vorgelegt worden. Insbesondere seien die angenommenen und dargelegten gesundheitsschädigenden Folgen des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung weder fundiert belegt noch werde sich damit auseinandergesetzt, ob die angenommenen Beeinträchtigungen auch bei der für Grundschüler relativ kurzen Tragedauer zu befürchten seien. Das Tragen einer Maske werde nur ganz allgemein beurteilt, ohne einen Bezug zum Schulalltag herzustellen.

Gegen die Beschlüsse kann jeweils innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

  1. Gericht gibt Eilantrag eines Bewohners einer Seniorenresidenz gegen Quarantäne-Anordnung statt

Das Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt gibt dem Eilantrag eines Bewohners einer Seniorenresidenz gegen eine Quarantäne-Anordnung statt (VG Darmstadt, Beschl. v. 11.12.2020 – 4 L 1947/20.DA). In der Pressemitteilung v. 10.12.2020 heißt es:

„Die unter anderem für Infektionsschutzrecht zuständige 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt hat in einem Eilverfahren dem Antrag eines Bewohners einer Seniorenresidenz Recht gegeben, mit dem sich dieser gegen ihn in seiner Bewegungsfreiheit einschränkende Quarantäne-Maßnahmen gewendet hat.

Das zuständige Gesundheitsamt der Stadt Darmstadt hatte aufgrund bestätigter COVID-19-Infektionen in der Seniorenresidenz gegenüber dieser verschiedene Quarantäne-Maßnahmen verfügt, unter anderem die sogenannte Absonderung sämtlicher nicht infizierter Personen des Hauses sowie die Anordnung, diesen Personen ein Verlassen ihrer Zimmer „bis mindestens zum 26.11.2020“ nicht zu gestatten.

Hiergegen wandte sich ein Bewohner im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht mit Erfolg. So beanstandete das Gericht zunächst die entsprechende Anordnung in zeitlicher Hinsicht als zu unbestimmt, weil für die Betroffenen unklar bleibe, ob die angeordnete Maßnahme („bis mindestens 26.11.2020“) am 26.11.2020 ende oder gegebenenfalls darüber hinaus wirksam bleibe. Weiter habe sich die Behörde zu Unrecht an die Seniorenresidenz als Adressatin der Quarantäne-Anordnung gewandt, statt sich an die in ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit unmittelbar betroffenen einzelnen Bewohner/Mieter der Residenz zu wenden. Schließlich sei auch rechtlich unzulässig, der Seniorenresidenz aufzugeben, den in Quarantäne befindlichen Personen ein Verlassen ihrer Zimmer zu untersagen. Eine Übertragung solcher hoheitlichen Befugnisse auf Dritte sehe das Infektionsschutzgesetz nicht vor, zumal es sich hierbei um einen erheblichen Eingriff in Freiheitsrechte handle.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach Kassel eingelegt werden.“

  1. Unzumutbare Akteneinsicht während der Corona-Pandemie in vollgestelltem 13 m² großen Kellerraum

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass es eine unzumutbare Akteneinsicht darstellt, wenn während der Corona-Pandemie zur Einsicht lediglich ein vollgestellter 13 m² großer Kellerraum zur Verfügung gestellt wird (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 01.12.2020 – 21 W 137/20).

In der Pressemitteilung Nr. 90/2020 des Gerichts v. 14.12.2020 heißt es weiter:

„Die Verpflichtung, einem Gesellschafter zusammen mit zwei hierzu Bevollmächtigten Einsicht in Handelsbücher und Geschäftsunterlagen zu gewähren, wird während der Corona-Pandemie nicht durch die Bereitstellung eines 13 m² großen, mit zahlreichen, nicht beschrifteten Kartons und weiteren Möbelstücken zugestellten Kellerraumes erfüllt. Die GmbH hätte für die längere Zeit dauernde Einsichtnahme andere Räumlichkeiten bereitstellen müssen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) wies deshalb mit heute veröffentlichtem Beschluss eine Beschwerde der GmbH gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes zurück.

Die Antragstellerin ist Gesellschafterin der auf Auskunftserteilung in Anspruch genommenen GmbH. Gegenstand der GmbH war die Verwaltung eigenen Vermögens.

Die GmbH war verurteilt worden, der Antragstellerin sowie zwei von ihr Bevollmächtigten Einsicht in die vollständigen Handelsbücher und Geschäftsunterlagen für die Jahre 2008-2019 zu gewähren. Die GmbH ermöglichte die Einsicht am 15.5.2020 in ihrem 13 m² großen Kellerraum, der mit zahlreichen Kartons vollgestellt war und in dem sich darüber hinaus ein Schreibtisch, ein Computertisch sowie eine Couch mit einem weiteren Tisch befanden. Die Vertreter der Antragstellerin brachen den Termin ohne Einsichtnahme wegen Unzumutbarkeit dieser Bedingungen ab.

Das Landgericht hat daraufhin ein Zwangsgeld i.H.v. 5.000 € gegen die GmbH verhängt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der GmbH hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die GmbH habe ihre Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nicht durch die bloße Bereitstellung der Unterlagen in zahlreichen Kartons in dem 13 m² großen Raum erfüllt, begründet das OLG. In Anbetracht der damaligen Pandemiesituation sei es nicht zumutbar gewesen, die Einsicht in die Geschäftsbücher dort vorzunehmen. Zwar habe die Einsichtnahme grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zu erfolgen. Hier habe aber wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung der Einsichtnehmenden ein anderer, geeigneterer Ort bestimmt werden müssen, „um – mangels des Bereitstellens anderer, überzeugender Hygienekonzepte – …(der) Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nachzukommen.“ Nur in externen Räumen hätte der nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts einzuhaltende Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden können. Die im Keller eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten oder das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung seien auch keine Alternative gewesen, da von einer längeren Zeit für die Einsichtnahme auszugehen gewesen sei. Die Unterlagen hätten sich in deutlich mehr als 10 Umzugskartons sowie einem Aktenschrank befunden, ohne dass eine Ordnung der zahlreichen Aktenordner nach Jahren oder Inhalt erkennbar gewesen wäre.

Angesichts der im Raum stehenden gesundheitlichen Folgen einer Ansteckung sei der GmbH die Bereitstellung eines externen Raumes unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zumutbar gewesen.“

  1. Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat entschieden, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulunterricht vor dem Hintergrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie auch inzidenzunabhägig angeordnet werden kann. Die Pflicht muss nicht vom Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes an Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen in einem Gebiet abhängig gemacht werden (OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.12.2020 – 2 ME 463/20).

  1. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hotspots bleibt erfolglos

Der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH) lehnt einen Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hotspots ab (BayVGH, Beschl. v. 14.12.2020 – 20 NE 20.2907).

Der  Bayerische  Verwaltungsgerichtshof hat  es  in  einem  Normenkontrolleilverfahren  abgelehnt,  die Regelungen der Zehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (10. BayIfSMV) zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen in  Hotspots vorläufig  außer  Vollzug zu setzen. Damit gewährt das Gericht dem Gesundheitsschutz Vorrang gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit. Letztlich sei die Ausgangsbeschränkung keine freiheitsentziehende Maßnahme.

  1. Desinfektionskosten einer Kfz-Werkstatt im Zusammenhang mit COVID-19 als ersatzfähiger Schaden

Das Amtsgericht (AG) München hat entschieden, dass Desinfektionskosten einer Kfz-Werkstatt im Zusammenhang mit COVID-19 als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen seien (AG München, Urt. v. 05.11.2020 – 333 C 17092/20).

  1. Keine unzumutbare Härte, wenn die Fahrerlaubnis während der Corona-Pandemie entzogen wird

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat entschieden, dass es keine unzumutbare Härte darstelle, wenn die Fahrerlaubnis während der Corona-Pandemie entzogen wird (VG Koblenz, Beschl. v. 01.12.2020 – 4 L 1078/20.KO). Das gelte auch dann, wenn der Betroffene wegen der Corona-Pandemie besonders auf das Führen eines Kraftfahrzeuges angewiesen sei.

  1. Eilantrag gegen Untersagung des Betriebes eines EMS-Studios in Hessen abgelehnt

Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat den Eilantrag einer Inhaberin eines EMS-Studios im Wetteraukreis abgelehnt; dieser richtete sich gegen die Untersagung des Betriebs des Studios (VG Gießen, Beschl. v. 16.11.2020 – 4 L 3823/20.GI).

In der Pressemitteilung v. 16.11.2020 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht hat mit einem soeben den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss der 4. Kammer vom 16. November 2020 den Eilantrag einer Inhaberin eines EMS-Studios im Wetteraukreis abgelehnt.

In einem EMS-Studio wird ein zur elektronischen Muskelstimulation verwendetes Gerät bereitgestellt, welches dem Trainierenden während der von ihm ausgeführten Übungen angelegt wird und so der körperlichen Ertüchtigung dient.

Die Antragstellerin macht in dem Eilverfahren zum einen geltend, dass ein EMS-Studio nicht als ähnliche Einrichtung zu einem Fitnessstudio zu sehen sei und daher überhaupt nicht von der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung untersagt sei. Ein EMS-Studio sei viel kleiner als Fitnessstudios und weniger stark frequentiert. Es sei eher mit einem Personal Trainer vergleichbar, welcher seine Tätigkeit aktuell ausführen dürfe. Das angebotene EMS-Training sei zudem gesundheitsfördernd.

Darüber hinaus zweifelt die Antragstellerin die Rechtmäßigkeit und die Verfassungsmäßigkeit der hessischen Verordnung an.

Das Verwaltungsgericht Gießen führt in seiner Entscheidung aus, dass ein EMS-Studio eine dem Fitnessstudio ähnliche Einrichtung sei und teilweise sogar als Fitnessstudio bezeichnet werde. In beiden Einrichtungen bestünden Angebote um die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern und hierfür würden jeweils auch Geräte bereitgestellt. Es komme insbesondere nicht auf die Größe des Studios an, weil es bereits eine Vielzahl sogenannter „Mikro-Fitnessstudios“ gebe, die ebenfalls deutlich kleiner und weniger stark frequentiert sind als „klassische“ Fitnessstudios und sich teilweise spezialisieren.

Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der CoKoBeV bewertet die Kammer die Erfolgsaussichten hinsichtlich der in der Rechtsprechung aktuell unterschiedlich vertretenen Auffassungen als offen. Eine daher zu treffende Folgenabwägung gehe zu Ungunsten der Antragstellerin aus.

Gegenüber dem Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) würden die Folgen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie und der damit einhergehenden ernstzunehmenden Gefahr für das Schutzgut Leben und Gesundheit von Menschen aus Art. 2 Abs. 2 GG und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems gravierender erscheinen.“

  1. Eilanträge gegen Schließung der Eislaufbahn vor dem Monheimer Rathaus erfolglos

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat Eilanträge, die sich gegen die Schließung der Eislaufbahn vor dem Monheimer Rathaus richteten, abgewiesen (VG Düsseldorf, Beschl. . 16.12.2020 – 26 L 2457/20, 26 L 2520/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.12.2020 heißt es:

„Die vom Land NRW angeordnete Schließung der Eislaufbahn vor dem Rathaus der Stadt Monheim am Rhein ist nicht vorläufig außer Vollzug zu setzen. Das hat die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschlüssen vom heutigen Tag – den Beteiligten jetzt zugestellt – entschieden und damit Eilanträge der Stadt Monheim am Rhein und ihres Bürgermeisters abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Soweit die Stadt in ihrer Funktion als staatliche Ordnungsbehörde von ihrer vorgesetzten Aufsichtsbehörde angewiesen worden sei, die Eislaufbahn zu schließen, sei der hiergegen gestellte Eilantrag bereits unzulässig, weil die Stadt Monheim insoweit Teil der Landesverwaltung und das kommunale Selbstverwaltungsrecht nicht betroffen sei.

Der weitere Eilantrag gegen die gegenüber der Stadt und ihrem Bürgermeister ergangene Verbotsverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) vom 10. Dezember 2020 sei dagegen zwar zulässig, aber unbegründet. Zwar könne die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung im Eilverfahren nicht abschließend beurteilt werden. Zweifel bestünden etwa an der Zuständigkeit des MAGS NRW. Die in einer solchen Situation im Eilverfahren erforderliche Interessen- und Folgenabwägung führe jedoch zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Würde der Stadt vorläufig erlaubt, die Eislaufbahn bis zum 3. Januar 2021 weiter zu betreiben, bestünde die Gefahr, dass sich das Coronavirus unter den Nutzern der Eislaufbahn sowie Schaulustigen, die durch den Betrieb der Eislaufbahn angezogen werden und sich in deren unmittelbarer Umgebung für eine gewisse Zeit aufhalten, um das Geschehen zu beobachten (insbesondere Eltern und Großeltern der Schlittschuhfahrer), unkontrolliert weiter verbreite. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass aufgrund des nunmehr in Kraft getretenen Lockdowns die meisten Einkaufsmöglichkeiten geschlossen seien und auch sonst die Freizeitgestaltung außerhalb der eigenen Wohnung – wenn überhaupt – nur noch stark eingeschränkt möglich sei, sei es nicht von der Hand zu weisen, dass die Eislaufbahn geeignet sei, größere Menschenansammlungen anzuziehen. Dies würde dem Sinn und Zweck des Lockdowns, Kontakte auf das absolut notwendige Minimum zu beschränken, direkt zuwiderlaufen würde.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Erfolgloser Eilantrag gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einem Rechtsanwaltsbüro

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hält die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einem Rechtsanwaltsbüro für voraussichtlich rechtmäßig (VG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2020 – 20 E 5003/12).

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung des Feuerwerksverbots in Niedersachsen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachen hat das sogenannte „Feuerwerksverbot“ in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der zuletzt am 15. Dezember 2020 geänderten Fassung vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Niedersachsen, Beschl. .v 18.11.2020 – 13 MN 568/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 18.11.2020 heißt es:

„§ 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Corona-VO verbieten den Verkauf, die Abgabe, das Mitführen und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen. Ausgenommen von diesem Verbot sind nach § 10a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 Corona-VO nur pyrotechnische Gegenstände, die als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr zugelassen sind oder der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dienen. Das Verbot gilt landesweit vom 16. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021.

Gegen dieses Verbot hat sich ein Antragsteller, der in einer niedersächsischen Gemeinde lebt, am 16. Dezember 2020 mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Er hat geltend gemacht, dass das Feuerwerksverbot keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme sei, insbesondere sei eine umfassende Erstreckung auf alle Arten von Feuerwerkskörpern und alle Orte nicht erforderlich.

Der 13. Senat hat dem Antrag stattgegeben.

Das Verbot nach § 10a Corona-VO sei umfassend und erstrecke sich auf alle Arten von Feuerwerkskörpern (beginnend beim Kleinst- und Jugendfeuerwerk, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk, über das Kleinfeuerwerk, das in der Zeit vom 28. bis 31. Dezember erworben werden und in der Silvesternacht verwendet werden dürfe, bis zum erlaubnispflichtigen Großfeuerwerk) und grundsätzlich alle Arten von pyrotechnischen Gegenständen, die in Fahrzeugen (bspw. in Airbags), für Bühnen und Theater oder für andere technische Zwecke vielfältige Verwendung fänden. Zudem gelte das Verbot landesweit.

Ein derart umfassendes Feuerwerksverbot sei keine objektiv notwendige Infektionsschutzmaßnahme, die auf der Grundlage der §§ 32, 28 des Infektionsschutzgesetzes verordnet werden dürfe. Mit Infektionsschutzmaßnahmen dürften von vorneherein nur infektionsschutzrechtlich legitime Ziele verfolgt werden, etwa die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden. Hierzu zählten nicht die spezifischen Gefahren, die sich aus dem Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ergäben. Insoweit seien die bundesrechtlichen Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes und der hierzu erlassenen Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz abschließend und entfalteten grundsätzlich Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber.

Zur Erreichung der danach allein relevanten infektionsschutzrechtlichen Ziele sei das Verbot kaum geeignet, nicht erforderlich und auch nicht angemessen.

Das untersagte „Abbrennen“ von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen setze einen infektionsrelevanten Kontakt verschiedener Personen nicht voraus und führe auch nicht zwingend zu einem solchen. Es bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass das Abbrennen von jedweden Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zu infektionsschutzrechtlich unerwünschten Personenansammlungen führe. Etwas Anderes gelte für das Veranstalten von Feuerwerken gerade für die Öffentlichkeit, wie es in dem nicht streitgegenständlichen § 10a Abs. 3 Corona-VO vorgesehen sei. Im Übrigen seien die unerwünschten Personenansammlungen nach der Niedersächsischen Corona-Verordnung bereits verboten oder auf das infektionsschutzrechtlich noch hinzunehmende Maß beschränkt. Der Senat stellte nicht in Abrede, dass der Umgang mit Feuerwerkskörpern gerade in der Silvesternacht zu zahlreichen behandlungsbedürftigen Verletzungen führen könne und in der Vergangenheit auch geführt habe. Hierdurch (kurzzeitig) gebundene medizinische Behandlungskapazitäten reduzierten erforderliche medizinische Kapazitäten zur Behandlung COVID-19-Erkrankter aber nicht und führten auch nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems.

Ein umfassendes Verbot aller Arten von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sei nicht erforderlich. Jedenfalls Feuerwerkskörper der Kategorie F1 (sog. Kleinst- und Jugendfeuerwerk, das ab dem 12. Lebensjahr ganzjährig erworben und verwendet werden darf, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk) hätten kein Potenzial, infektionsrelevante Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen zu provozieren, und kaum Potenzial, in nennenswerter Zahl krankenhausbehandlungsbedürftige Behandlungen zu verursachen. Die schlichte Verhinderung allein subjektiv zu beurteilender Vergnügungen sei kein legitimes Ziel staatlichen Handelns. Die vom Verbot darüber hinaus umfassten „anderen pyrotechnischen Gegenstände“ (etwa pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge als Komponente von Airbags, für Bühnen und Theater oder für andere technische Zwecke) ließen jedweden Bezug zu infektionsschutzrechtlich relevanten Geschehen vermissen.

Ein landesweites Verbot sei ebenfalls nicht erforderlich. Einer Gefahr infektionsrelevanter Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen könne in gleicher Weise effektiv dadurch vorgebeugt werden, dass das Verbot auf solche Orte beschränkt werde, an denen diese angenommene Gefahr überhaupt oder jedenfalls typischerweise bestehe. Diese Einschätzung liege offenbar auch dem auf der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13. Dezember 2020 gefassten Beschluss (dort Nr. 4 Satz 2 f.: „Darüber hinaus gilt ein Feuerwerksverbot auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen…“) und anderen diesen Beschluss umsetzenden Regelungen in anderen Bundesländern zugrunde. Das Land Niedersachsen habe im Normenkontrolleilverfahren weder eine nachvollziehbare noch eine überzeugende Begründung für seine abweichende Beurteilung der Erforderlichkeit präsentiert.

Unter Berücksichtigung der kaum gegebenen Eignung und mangelnden Erforderlichkeit sei das Verbot unangemessen. Es habe ersichtlich gravierende negative wirtschaftliche Auswirkungen für die Unternehmen, die pyrotechnische Gegenstände erzeugten oder vertrieben. Hinzu kämen nicht zu vernachlässigende Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit auf der Nachfrageseite, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen stünden, und die deshalb – auch während einer Pandemie – nicht hinzunehmen seien.

Die vorläufige Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Nächtliche Ausgangssperre in Bayern ist voraussichtlich verfassungsgemäß

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VerfGH) München hat entschieden, dass die in Bayern geltende nächtliche Ausgangssperre voraussichtlich verfassungsgemäß ist und daher nicht außer Vollzug gesetzt wird (BayVerfGH, Entscheidung v. 17.12.2020 – 110-VII-20).

  1. Betriebsschließungsversicherung muss nicht in allen Fällen zahlen!

Das Landgericht (LG) Köln hat sich in einer Vielzahl von Fällen mit der Frage befasst, ob eine Betriebsschließungsversicherung den Betreibern von Lokalen und Gaststätten eine Entschädigung zahlen muss, wenn die Betriebe wegen Corona geschlossen bleiben müssen (LG Köln, Urt. v. 26.11.2020, 02.12.2020 und 09.12.2020 – 24 O 252/20; 24 O 262/20; 24 O 268/20; 24 O 263/20; 20 O 139/20; 20 O 206/20; 20 O 194/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.12.2020 heißt es:

„Die Betreiber verschiedener Lokale und Gaststätten machen gegen die beklagten Versicherer Leistungen aus ihrer Betriebsschließungsversicherung  geltend, weil sie ihre Lokale vom 16.03.2020 bis zum 19.04.2020 während des ersten Corona  bedingten Lockdowns schließen mussten. Sie fordern Entschädigungsleistungen zwischen 8.250,00 € und 162.000,00 €. Beim Landgericht Köln sind zwei Zivilkammern für die Klagen der Gastronomie gegen Versicherungen aus Betriebsschließungsversicherungen zuständig. Die beiden Kammern haben bereits erste Entscheidungen erlassen. Die Richter haben die Klagen überwiegend abgewiesen. In einem Rechtsstreit wurde festgestellt, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Zur Höhe wird dieser Rechtsstreit später fortgesetzt. Die klagenden  Gastwirte verlangen eine Entschädigung für die Schließungstage. Die Kläger sind der Auffassung, die Versicherungsbedingungen würden auf die jeweils aktuelle Version des Infektionsschutzgesetzes Bezug nehmen, so dass das neuartige Virus eingeschlossen sei. Die Versicherungen sind der Meinung, dass sie keine Entschädigung zahlen müssen. Das neuartige Coronavirus sei nicht in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgeführt.  Die behördlichen Anordnungen der Städte und Gemeinden für die Schließung der Lokale  seien unwirksam gewesen. Schließlich hätte durch die Möglichkeit, die viele Lokale angeboten haben, dass Gäste Essen abholen können, keine vollständige Betriebsschließung vorgelegen.

Die Richter des Landgerichts haben in allen Verfahren die einzelnen Klauseln der jeweils zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsverträge genau geprüft und bei den klagabweisenden Urteilen ausgeführt, dass Deckungsschutz nur für die im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und  Krankheitserreger  bestehe. Der  Erreger  Covid  19/SARS-Cov-2 sei bei Abschluss dieser Verträge nicht bekannt und daher auch in den Bedingungen  nicht enthalten  gewesen. Die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen hielten jeweils einer Inhaltskontrolle stand. Sie seien auch ausreichend klar und deutlich formuliert. Für die Versicherungsnehmer sei erkennbar, dass es sich um eine abschließende Aufzählung von versicherten Krankheiten handele. Auch entstehe dadurch keine unangemessene Benachteiligung. Anders als in den klageabweisenden Entscheidungen hat das Gericht in einem Fall dem Gastwirt Schadensersatz dem Grunde nach zugesprochen. Die Richter waren der Auffassung, dass in diesem Fall eine vertraglich versicherte Betriebsschließung vorgelegen habe. Der Gastwirt habe einen Anspruch auf Versicherungsleistungen, weil die von der Versicherung verwendeten Versicherungsbedingungen zumindest mehrdeutig seien und dies zu deren Lasten gehe. Zwar sei der Wortlaut der in einer Klausel  namentlich  genannten Krankheiten und Erreger abschließend und  dies sei auch eindeutig erkennbar.  Allerdings ist an anderer  Stelle geregelt, dass der Versicherer für den Fall leistet, „dass von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten  beim Menschen“ der Gastbetrieb geschlossen wird. Daher entstehe beim  Versicherungsnehmer in diesem Fall der Eindruck, dass sämtliche  Betriebsschließungen  aufgrund des Infektionsschutzgesetzes umfasst seien. Es seien daher beide Auslegungen des Vertrages denkbar. Diese Zweifel an der Auslegung führten dazu, dass der Versicherungsvertrag auch die Betriebsschließung zur Verhütung der Ausbreitung des Corona Virus umfasst. Unerheblich sei dabei, ob die Schließungsanordnung öffentlich-rechtlich rechtmäßig sei, da in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen danach nicht unterschieden werde. Zur genauen Höhe wird dieser Rechtsstreit fortgesetzt, da Kriterien zur Bemessung des Schadensersatzes noch unklar seien.“

Siehe auch LG Bochum, Urt. v. 15.07.2020 – 4 O 215/20:

„Der Verfügungsklägerin [= Versicherungsnehmerin] steht kein Verfügungsanspruch zu. Sie hat keinen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte [= Versicherer] auf bedingungsgemäße Versicherungsleistungen aus der Betriebsschließungsversicherung.

Es gibt keine allgemeingültige rechtliche Bewertung von Ansprüchen aus Betriebsschließungsversicherungen im Hinblick auf die Corona-Problematik. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung der Versicherungsverträge, insbesondere der jeweils verwendeten Vertragsbedingungen im konkreten Einzelfall notwendig.

Nach den im Streitfall wirksam einbezogenen Versicherungsbedingungen ABF FirmenPlus, Stand 5.2018, fehlt es schon deshalb an einem Versicherungsfall, weil das Corona-Virus nicht zu dem mit dem Versicherungsvertrag abgedeckten Katalog meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger gehört.

Maßgeblich ist die Bedingung in Ziff. 8.2.2 ABF, die eine enumerative Auflistung der einzelnen Krankheiten (8.2.2.1) und Krankheitserreger (8.2.2.2) beinhaltet, auf die sich der Versicherungsschutz beziehen soll. Der Einleitungssatz in Ziff. 8.2.2 enthält mit dem Wort „nur“ eine ausdrückliche Erklärung, wonach eben nur die im Folgenden aufgeführten meldepflichtige Krankheiten oder meldepflichtigen Krankheitserreger solche im Sinne dieses Vertrages sind. Das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannte Corona-Virus ist in dieser enumerativen Auflistung nicht enthalten.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin kommt eine Auslegung dieser Klausel dahingehend, dass auch künftige, erst später in das Infektionsschutzgesetz aufgenommene Krankheiten oder Krankheitserreger dem Versicherungsschutz unterfallen, nicht in Betracht.

Maßstab für die Auslegung ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die jeweilige Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Zusammenhangs verstehen muss, ein individuelles Sonderwissen eines Versicherungsnehmers ist zu berücksichtigen, die Entstehungsgeschichte der Bedingung hingegen nicht (vgl. BGH, VersR 2004, 1039; BGH, VersR 2002, 1503). Verbleibende Zweifel gehen nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.

Legt man diesen Maßstab an, kann angesichts des klaren Wortlauts und des eindeutigen Sinnzusammenhangs der Klauseln zu Ziff. 8.2. ff. ABF ein Verständnis dahin, dass auch weitere, etwa erst zum Zeitpunkt der Betriebsschließung bekannte und in das Infektionsschutzgesetz aufgenommene Krankheiten oder Krankheitserreger vom Versicherungsschutz umfasst seien, obwohl sie in der Auflistung nicht genannt sind, nicht angenommen werden. Anders als in dem vom Landgericht Mannheim entschiedenen Fall (LG Mannheim, Urteil vom 29.04.2020, Az. 11 O 66/20, Beck RS 2020, 7522 = COVuR 2020,195 = r+s 2020, 338) stellt sich bei der hier einschlägigen Klausel schon gar nicht die Auslegungsfrage, ob eine statische oder dynamische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz gegeben ist. Denn die Klauseln zu Ziff. 8.2 ff. ABF beinhalten überhaupt keine Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz, sondern listen eigenständig die vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger auf. Aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts der abschließenden Auflistung, welcher einleitend noch durch die Bezeichnung „nur“ verstärkt wird, verbietet sich eine Auslegung dahin, dass die Aufzählung etwa lediglich beispielhaft gemeint sein könnte.

Die Klausel ist auch interessengerecht. Die klare enumerative Auflistung ermöglicht es dem Versicherungsnehmer wie auch dem Versicherer gleichermaßen, den Umfang des Versicherungsschutzes klar nachzuvollziehen und möglichen Streitigkeiten hierüber von vornherein aus dem Weg zu gehen. Nicht zuletzt ist auch der Risikoeinschätzung des Versicherers, insbesondere in Bezug auf die Prämienhöhe bei der eher als Nischenprodukt zu bezeichnenden Betriebsschließungsversicherung im Hinblick auf den Schutz der Versichertengemeinschaft Rechnung zu tragen, was für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer durchaus erkennbar ist.

Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der Klausel im Rahmen einer AGB-Kontrolle sind nicht ersichtlich. Derartiges ist von der Verfügungsklägerin auch nicht gerügt worden.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 369.

  1. Vollstreckungsschutz gilt auch für Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat entschieden (FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2020 – 10 V 10146/20):

„1. BMF-Corona gilt auch für Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie. Die Rückstände brauchen nicht die Folge der Pandemiebetroffenheit zu sein.

  1. Während der Pandemie soll bei von der Pandemie wirtschaftlich nachteilig Betroffenen regelmäßig nicht vollstreckt werden.
  2. Für einen Vollstreckungsaufschub bis zum 31. 12. 2020 ist es nicht erforderlich, darzulegen, dass die Rückstände bis zum 31. 12. 2020 getilgt werden können. Unverändert muss der Steuerschuldner aber seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und nicht nur seine Gewinneinbußen durch die Pandemie offen legen, denn BMF-Corona soll nur zahlungsunfähige Stpfl. vor der Vollstreckung, nicht aber (möglicherweise) zahlungsfähige Stpfl. vor der Steuerzahlung schützen.
  3. BMF-Corona gilt nicht für die Gewerbesteuer.“
  4. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangssperre in Brandenburg ohne Erfolg

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat am 18. Dezember 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend das in § 4 Abs. 2 der 3. SARS-CoV-2-EindV vom 15. Dezember 2020 enthaltene Verbot, zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr des Folgetages draußen Sport zu treiben, abgelehnt (VerfG Bbg, Entscheidung vom 18.12.2020 – VfGBbg 23/20 EA). In einer Pressemitteilung des Gericht v. 21.12.2020 heißt es weiter:

„Das Verfassungsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen, weil der Antragsteller dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt habe. Nach diesem Grundsatz kann das Verfassungsgericht erst angerufen werden, wenn nicht anderweitig – insbesondere vor den Fachgerichten – in zumutbarer Weise effektiver Rechtsschutz erlangt werden kann. Eine solche Möglichkeit habe hier bestanden. Der Antragsteller hätte sich zunächst im Wege einer Normenkontrolle (§ 47 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wenden können, das grundsätzlich befugt sei, die angegriffene Regelung der Verordnung aufzuheben und nach § 47 Abs. 6 VwGO auch vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.“

  1. Keine Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Beschränkungen für private Zusammenkünfte in Niedersachsen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der in § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2020 (im Folgenden: Corona-VO), angeordneten Beschränkungen für private Zusammenkünfte und Feiern abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20).

In der Pressemitteilung des Gericht heißt es weiter:

„§ 6 Abs. 1 Corona-VO regelt, dass private Zusammenkünfte und Feiern, die in der eigenen Wohnung oder anderen eigenen geschlossen Räumlichkeiten, auf eigenen oder privat zur Verfügung gestellten Flächen unter freiem Himmel oder in der Öffentlichkeit stattfinden, nur mit Angehörigen sowie mit Personen, die dem eigenen oder einem weiteren Hausstand angehören, höchstens aber mit insgesamt nicht mehr als fünf Personen zulässig sind. § 6 Abs. 1a Corona-VO enthält eine Sonderregelung für die Zeit vom 24. bis zum 26. Dezember 2020. In diesem Zeitraum sind private Zusammenkünfte und Feiern auch mit den Personen des eigenen Hausstands und bis zu vier weiteren Personen des engsten Familienkreises, jeweils einschließlich der Mitglieder des jeweiligen Hausstandes zulässig. Kinder bis einschließlich 14 Jahren sind nicht einzurechnen.

Gegen die Beschränkungen des § 6 Abs. 1 Corona-VO hat sich ein in Lübeck wohnhafter Antragsteller mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Er hat geltend gemacht, dass er seinen in Niedersachsen wohnhaften Vater in dessen aus vier Personen bestehenden Haushalt gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner zweijährigen Tochter außerhalb der Zeit vom 24. bis zum 26. Dezember 2020 besuchen wolle. Die angegriffenen Regelungen verletzten ihn in seinen Grundrechten zum Schutze der Familie, der Menschenwürde und der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Der 13. Senat hat den Antrag abgelehnt.

Die Corona-VO sei auf eine taugliche Rechtsgrundlage gestützt und formell rechtmäßig. Die in § 6 Abs. 1 Corona-VO angeordneten Kontaktbeschränkungen seien notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetzes. Nach dem zur Risikobewertung berufenen Robert-Koch-Institut bestehe weltweit und in Deutschland eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation mit steigenden Fallzahlen. Private Haushalte bildeten dabei einen Schwerpunkt der Ausbruchsgeschehen. Die angeordneten Kontaktbeschränkungen seien auch notwendig. Sie verfolgten das legitime Ziel, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden. Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollten die Kontakte in der Bevölkerung drastisch reduziert werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken. Angesichts der hohen Infektiosität und der Übertragungswege stehe für den Senat auch außer Zweifel, dass Beschränkungen von Zusammenkünften und Ansammlungen mehrerer Personen geeignet seien, die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern. Mildere Mittel seien nicht erkennbar. Die konkret verordneten Beschränkungen seien auch angemessen. Zwar griffen sie in den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein. Sie stellten aber einen angemessenen Ausgleich zwischen diesen Grundrechten der Betroffenen und den legitimen Zielen des Verordnungsgebers dar. Die Beschränkung privater Zusammenkünfte und Feiern gäbe nicht vor, wie in einem Hausstand lebende Personen ihren Alltag in den eigenen vier Wänden gestalten dürften. Zudem ermöglichten die Regelungen bei wechselnden Teilnehmerkreisen, dass sich die Adressaten mit jeder gewünschten Person treffen könnten. Die Festsetzung der Höchstzahl auf fünf Personen sei vom Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers umfasst. Der so verstandene Eingriff sei angesichts der Bedeutung der Kontaktbeschränkung als wichtigster Grundbaustein bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen zur Verhinderung der Corona-Pandemie gerechtfertigt.

Dass der Verordnungsgeber in § 6 Abs. 1a Corona-VO eine günstigere Regelung für den Zeitraum vom 24. bis 26. Dezember 2020 getroffen habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die insoweit gegebene Bevorzugung der Weihnachtsfeiertage sei einerseits wegen des grundgesetzlichen Schutzes der staatlich anerkannten Feiertage (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) und des Schutzes des familiären Zusammenlebens (Art. 6 Abs. 1 GG) und andererseits wegen des offensichtlich in weiten Teilen der Gesellschaft bestehenden besonderen Gemeinschaftsbedürfnisses in den Weihnachtstagen sachlich gerechtfertigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Allgemeinverfügung der Stadt Solingen zu Ausgangsbeschränkungen rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung der Stadt Solingen zu Ausgangsbeschränkungen rechtmäßig sei (VG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2020 – 26 L 2603/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.12.2020 heißt es:

„Die Allgemeinverfügung der Stadt Solingen vom 15. Dezember 2020, mit der diese im gesamten Stadtgebiet eine nächtliche Ausgangsbeschränkung für die Zeit zwischen 22:00 Uhr abends bis 05:00 Uhr früh am Folgetag angeordnet hat, ist rechtmäßig. Das hat die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden und damit den Eilantrag eines Solinger Bürgers abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Es spreche Überwiegendes dafür, dass die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung vorliegen. Die 7-Tages-Inzidenz in Solingen liege seit Wochen oberhalb von 200. In den bisher geltenden Coronaschutzverordnungen geregelte Schutzmaßnahmen hätten nicht dazu geführt, die 7-Tages-Inzidenz auch nur annähernd auf den vom Gesetzgeber zur Aufrechterhaltung der Nachverfolgbarkeit sowie der Versorgungskapazitäten der Krankenhäuser angestrebten Wert von zumindest weniger als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen zu reduzieren. Da die Infektionswege nicht lokalisierbar bzw. auf bestimmte Ereignisse eingrenzbar seien, erscheine es nur konsequent, persönliche Kontakte der Menschen auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Bei den in der Allgemeinverfügung geregelten Zeiten der Ausgangsbeschränkung handele es sich um solche, in denen sich der „Normalbürger“ üblicherweise in seiner Wohnung aufhalte. Aufenthalte außerhalb der Wohnung zu Freizeit-/Vergnügungszwecken im weiteren Sinne, z.B. zu Kinobesuchen u.ä., seien aufgrund der Regelungen in der aktuell geltenden Coronaschutzverordnung ohnehin nicht zulässig. Dies gelte erst Recht für Partys und vergleichbare Feiern vor Beginn der Ausgangsbeschränkung.

Die Allgemeinverfügung vom 15. Dezember 2020 sei auch nicht mit Blick auf die vorgesehenen Lockerungen an den Weihnachtstagen und zu Silvester inkonsequent. Zwar möge aus Sicht eines Virologen eine strengere Regelung auch an diesen Tagen für erforderlich gehalten werden. Das Infektionsschutzgesetz ordne diesbezüglich allerdings an, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen seien, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Virus-Krankheit vereinbar sei. Ob dies der Fall sei, sei letztlich eine Frage der Güterabwägung. Die Entscheidung der Stadt Solingen trage insoweit der kulturellen Prägung des überwiegenden Teils der in Deutschland lebenden Menschen Rechnung und könne sich daher auf die vorgenannte Regelung stützen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Pflegeheime dürfen Besuch ohne negativen Schnelltest verweigern

Das VG Aachen hat entschieden, dass Pflegeheime Besuch ohne negativen Schnelltest verweigern dürfen (VG Aachen, Beschl. v. 23.12.2020 – 6 L 949/20.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 23.12.2020 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 6. Kammer dem Eilantrag eines Pflegeheims aus Würselen stattgegeben. Das Pflegeheim hatte sich mit dem Antrag gegen eine Regelung in der Allgemeinverfügung „Pflege und Besuche“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales gewendet. Die beanstandete Regelung sieht – im Gegensatz zu ihrer bis zum 20. Dezember 2020 geltenden Fassung – vor, dass einer Besucherin bzw. einem Besucher, die bzw. der einen angebotenen Corona-Schnelltest ablehnt, der Besuch mit Verweis auf diese Ablehnung nicht verweigert werden darf. Das Pflegeheim hatte sich darauf berufen, dass nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Testpflicht für Besucher einer Pflegeeinrichtung ausdrücklich empfohlen werde. Eine Besuchserlaubnis allein für Angehörige, die einen aktuellen negativen Schnelltest vorweisen könnten, entspreche auch dem Beschluss der Ministerpräsidenten vom 13. Dezember 2020. Werde hierauf verzichtet, führe dies zu einer massiven Verschlechterung des Infektionsschutzes in der Pflegeeinrichtung und zu Gefahren für die Heimbewohner und das Pflegepersonal.

Die 6. Kammer ist der Argumentation des Pflegeheims gefolgt. Es sei schon nicht nachvollziehbar, warum die Einrichtungsleitung ausdrücklich ermächtigt werde, den Besuch der Einrichtung bei Verweigerung eines Kurzscreenings (auf Erkältungssymptome, SARS-CoV-2-Infektion, Kontakt mit Infizierten oder Kontaktpersonen ersten Grades gemäß der Richtlinie des RKI) zu versagen, Gleiches bei Verweigerung eines angebotenen Schnelltestes, der eine höhere Sicherheit aufweise, aber nicht gelten solle. Ein im Einzelfall zu erlassendes Besuchsverbot bei verweigerter Schnelltestung greife nach Abwägung mit den Rechten der anderen Bewohner auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht unzumutbar in Rechte des betroffenen Heimbewohners (insbesondere) auf Teilhabe ein.“

  1. Eilantrag der Anbieterin von Meditations- und Qigong-Kursen abgelehnt

Das VG Aachen hat einen Eilantrag der Anbieterin von Meditations- und Qigong-Kursen abgelehnt (VG Aachen, Beschl. v. 23.12.2020 – 6 L 913/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 23.12.2020 heißt es:

„Ebenfalls mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 6. Kammer den Eilantrag der Anbieterin von Meditations- und Qigong-Kursen abgelehnt, mit dem diese eine vorläufige Erlaubnis zur Durchführung von Gruppenkursen erstreiten wollte. Die Kammer hat klargestellt, dass derartige Kurse nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung untersagt seien. Insbesondere gehöre ihre Durchführung nicht zu den ausnahmsweise erlaubten Tätigkeiten von Angehörigen der Heilberufe mit Approbation und sonstigen Personen, die zur Ausübung der Heilkunde befugt sind.“

  1. Zur Ausgangsbeschränkung im Kreis Euskirchen I

Die VG Aachen hat sich mit einer am 22.12.2020 in Kraft getretenen Allgemeinverfügung des Kreises Euskirchen zur Umsetzung von Schutzmaßnahmen, die der Verhütung und Bekämpfung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus auf dem Gebiet des Kreises Euskirchen dienen, zu beschäftigt. Mit Beschluss v. 22.12.2020 hat das Gericht entschieden, dass es für die Regelungen der Allgemeinverfügung schon deswegen an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehle, weil zum Zeitpunkt ihres Erlasses der sog. 7-Tages-Inzidenzwert im Kreis Euskirchen den maßgeblichen Schwellenwert von 200 noch nicht überschritten habe. Dies sei nach der Corona-Schutzverordnung aber Voraussetzung für den Erlass zusätzlicher Schutzmaßnahmen im Wege einer Allgemeinverfügung (VG Aachen, Beschl. v. 22.12.2020 – 7 L 948/20).

  1. Zur Ausgangsbeschränkung im Kreis Euskirchen II

Im Anschluss an die zuvor durch das VG Aachen beanstandete Allgemeinverfügung hat der Kreis Euskirchen am 23.12.2020 die beanstandete Allgemeinverfügung erneut bekanntgegeben. Diese Fassung, die am 24.12.2020 in Kraft treten sollte, wurde u. a. damit begründet, dass der Inzidenzwert inzwischen die maßgebliche Schwelle überschritten habe. Aktuell liege er in Euskirchen bei 209,1. Die Allgemeinverfügung sah – ähnlich wie dies für den Kreis Düren bereits gilt und für Stadt und Städteregion Aachen erwartet wird – u. a. eine nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr sowie weitere Einschränkungen für private Zusammenkünfte vor. Der Antragsteller, der bereits den stattgebenden Beschluss zum Aktenzeichen 7 L 948/20 erstritten hatte, hat sich auch gegen die Neuregelung mit einem Eilantrag gewendet.

Die 7. Kammer hat diesem Antrag mit Beschluss vom 23.12.2020 Tag teilweise stattgegeben (VG Aachen, Beschl. v. 23.12.2020 – 7 L 951/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 23.12.2020 heißt es:

„Zur Begründung hat sie [= die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen] ausgeführt, die Regelung betreffend die nächtliche Ausgangsbeschränkung sei voraussichtlich rechtswidrig. Es sei bereits ernstlich zweifelhaft, ob der Kreis eine derart einschränkende und eine Vielzahl von Lebenssachverhalten betreffende Regelung im Wege einer Allgemeinverfügung habe treffen können. Es spreche Vieles dafür, dass es hierfür des Erlasses einer Rechtsverordnung bedurft hätte, für die aber nicht der Kreis, sondern das für Gesundheit zuständige Landesministerium zuständig gewesen wäre. Überdies bestünden erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Ausgangsbeschränkung. Die Allgemeinverfügung ziele offenkundig darauf ab, das Treffen mehrerer Personen im privaten Raum aus Infektionsschutzgründen nach Möglichkeit zu unterbinden. Dies könne aber bereits erreicht werden durch die geregelten Beschränkungen dieser Treffen. Einer Ausgangssperre, für die überdies nur wenige Ausnahmetatbestände formuliert seien, bedürfe es daneben nicht.

Die Kontaktbeschränkungen für Treffen im privaten Raum (u. a. Beschränkung auf den eigenen Hausstand und die Angehörigen eines weiteren Hausstandes mit höchstens insgesamt fünf Personen) seien demgegenüber voraussichtlich nicht zu beanstanden. Ihre Geeignetheit, zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beizutragen, könne nicht bezweifelt werden. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die es vor einer ungebremsten Ausbreitung der COVID-19-Erkrankung zu schützen gelte, um eine Vielzahl von teils schweren Erkrankungen und Todesfällen sowie eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, erwiesen sich diese Beschränkungen als verhältnismäßig. Die Beschränkungen seien zudem zeitlich bis zum 10. Januar 2020 begrenzt.“

  1. Eilanträge gegen Feuerwerksverbot in Hamburg ohne Erfolg

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat am 28.12.2020 entschieden, dass das coronabedingte Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in Hamburg rechtlich nicht zu beanstanden sei (VG Hamburg, Beschl. v. 28.12.2020 – 14 E 5238/20, 15 E 5246/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 28. Dezember 2020, 16:00 Uhr, heißt es dazu weiter:

„Das Verwaltungsgericht Hamburg hat mit heute veröffentlichten Beschlüssen zwei Eilanträge abgelehnt, mit denen sich die Antragsteller jeweils gegen das Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen gewandt haben (14 E 5238/20, 15 E 5246/20).

(…).

Nach der Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der ab dem 23. Dezember 2020 gültigen Fassung ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zum Zweck der Durchführung eines Feuerwerks oder vergleichbarer Vergnügungen untersagt. Dieses Verbot gilt auch im privaten Wohnraum und dem dazugehörigen befriedeten Besitztum, nicht aber für pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F1 (Kleinstfeuerwerk, § 4f Abs. 2 der Verordnung).

Gegen diese Regelung haben sich die Antragsteller, die jeweils beabsichtigen, zu Silvester Feuerwerkskörper in einem privaten Rahmen abzubrennen, mit Eilanträgen vor dem Verwaltungsgericht gewandt. Die Eilanträge sind jeweils ohne Erfolg geblieben. Nach Auffassung der zuständigen Kammern dürfte sich das Feuerwerksverbot als notwendige Schutzmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie erweisen. Das Verbot diene vorrangig der Reduzierung menschlicher Kontakte und sei auch geeignet, Ansammlungen von Personen zu verhindern. Das gelte auch für den privaten Raum. Die Begrenzung des Feuerwerksverbots auf die Veranstaltung von Feuerwerken in der Öffentlichkeit bzw. für die Öffentlichkeit wie auch ein bloßes Verkaufsverbot stellten keine gleich geeigneten Mittel dar. Das Verbot sei von vergleichsweise geringer Eingriffsintensität und verhältnismäßig, auch wenn es aufgrund anderer Infektionsschutzmaßnahmen (z.B. Abstandsgebot, Kontaktbeschränkung, Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper) für sich betrachtet nur geringen Einfluss auf die Pandemie haben sollte.

Einer der Antragsteller hat bereits Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erhoben.“

  1. Verkaufsverbot für Silvester-Feuerwerk in zweiter Instanz bestätigt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat durch Beschlüsse v. 28.12.2020 das Verkaufsverbot für Silvester-Feuerwerk in zweiter Instanz bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.12.2020 – 11 S 134.20, OVG 11 S 135.20 u. OVG 11 S 136.20).

In der Pressemitteilung des Gerichts 47/20 v. 28.12.2020 heißt es:

„Nach der am 22. Dezember 2020 in Kraft getretenen Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz dürfen pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 (z.B. Raketen und Böller) im Jahr 2020 auch in der Zeit vom 29. bis 31. Dezember nicht an Verbraucher überlassen werden. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte von Pyrotechnikherstellern und -händlern gestellte Anträge, diese Vorschrift vorläufig außer Vollzug zu setzen, zurückgewiesen (vgl. dortige Pressemitteilung Nr. 64/2020).

Die hiergegen eingelegten Beschwerden der Antragsteller blieben ohne Erfolg. Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat zur Begründung ausgeführt: Die besondere Eilbedürftigkeit der Verfahren lasse eine hinreichend verlässliche Einschätzung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelung nicht zu. Die deshalb vorzunehmende Folgenabwägung gehe zulasten der Antragsteller aus. Zwar greife das in diesem Jahr geltende Überlassungsverbot gravierend in deren Berufsausübungsfreiheit ein. Es überwiege aber der mit der Verordnungsregelung verfolgte Zweck, einer weiteren Belastung der infolge der Corona-Pandemie ohnehin angespannten medizinischen Versorgungssituation insbesondere in den Krankenhäusern entgegenzuwirken. Nach allgemeiner langjähriger Erfahrung sei damit zu rechnen, dass unsachgemäßer Gebrauch von Silvester-Feuerwerk zu akut behandlungsbedürftigen Verletzungen führe. Eine medizinische Versorgung durch niedergelassene Ärzte sei zum Jahreswechsel in der Regel nicht zu erlangen. Die Behandlung der Verletzten würde somit das zurzeit ohnehin in besonderer Weise in Anspruch genommene Krankenhauspersonal zusätzlich treffen und die Behandlung der zahlreichen COVID-19-Patienten potenziell beeinträchtigen.

Diese Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Demonstrationen über Silvester bleiben in Berlin verboten

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in einem Eilverfahren entschieden, dass Demonstrationen über Silvester in Berlin verboten bleiben (VG Berlin, Beschl. v. 29.12.2020 – VG 1 L 458/20.

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 66/2020 v. 30.12.2020 heißt es:

„Das in Berlin am 31. Dezember 2020 und 1. Januar 2021 geltende Versammlungsverbot ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

In § 26 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin (im Folgenden: Verordnung) werden Versammlungen an Silvester und Neujahr untersagt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin, die für den 31. Dezember 2020 eine Versammlung am Brandenburger Tor plant. Sie begehrt mit einem Eilantrag die Feststellung, dass die Norm generell, d.h. gegenüber jedermann nicht anwendbar sei. Hilfsweise will sie festgestellt wissen, dass das Verbot jedenfalls ihr gegenüber nicht gelte.

Die 1. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Der Hauptantrag sei schon unzulässig, weil eine Normenkontrolle, d.h. ein Angriff gegen die allgemein-verbindliche Geltung einer Rechtsnorm, vom Landesgesetzgeber für Fälle dieser Art nicht vorgesehen sei. Der Hilfsantrag sei demgegenüber zwar zulässig, aber nicht begründet. Bei summarischer Prüfung im Eilverfahren sei nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Verbot in einem etwaigen Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei die Verordnung hinreichend begründet und auch sonst formell rechtmäßig. In materieller Hinsicht bestünden gleichfalls keine durchgreifenden Rechtmäßigkeitsbedenken. Das Versammlungsverbot beruhe auf § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die dortigen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere sei bundesweit die sog. Inzidenzschwelle deutlich überschritten. Die Entscheidung des Verordnungsgebers für ein Versammlungsverbot wahre außerdem den Ermessensrahmen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde beachtet. So diene das Verbot von Versammlungen legitimen Zwecken, namentlich dem Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Das Versammlungsverbot sei zudem angemessen. Dabei werde nicht verkannt, dass Versammlungen nur unter strengen Voraussetzungen verboten werden dürften. Ein solcher Ausnahmefall liege hier allerdings vor. An Silvester und Neujahr existiere eine besondere Gefährdungslage, weil sich an diesen Tagen eine Vielzahl von Personen, die den Jahreswechsel begehen wollten, auf der Straße befinde. Das gelte erst Recht für den von der Antragstellerin gewählten Versammlungsort, das Brandenburger Tor, das erfahrungsgemäß große Menschenmengen gerade zu Silvester anziehe. Ein Hinzutreten weiterer Personen aufgrund von Versammlungen berge unter Eindämmungsgesichtspunkten erhebliche zusätzliche Risiken. In Anbetracht dieser Umstände müsse die verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit hier zurücktreten. Bei dieser Rechtsgüterabwägung sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass das Versammlungsverbot nur für 48 Stunden gelte und Versammlungen ansonsten – auch in Zeiten der Pandemie – grundsätzlich erlaubt blieben.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Golfplätze in NRW bleiben geschlossen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass Golfplätze in Nordrhein-Westfalen weiterhin geschlossen bleiben müssen (OVG Münster, Beschl. v. 23.12.2020 – 13 B 1983/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 23.12.2020 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute den Eilantrag eines Golfspielers abgelehnt, das Verbot des Amateur- und Freizeitsports auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Nach der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes in der seit dem 16. Dezember 2020 geltenden Fassung ist der Freizeit- und Amateursportbetrieb unter anderem auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen unzulässig. Anders als bis dahin ist jetzt auch der im Freien stattfindende Individualsport auf Sportanlagen nicht mehr möglich. Die Antragsteller, der Mitglied in einem Düsseldorfer Golfclub ist, hatte geltend gemacht, von Individualsport im Freien und insbesondere von Golf gehe keine Gefahr der Verbreitung einer Infektion mit dem Coronavirus aus.

Zur Begründung seines Eilbeschlusses hat der für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Das angegriffene Verbot sei voraussichtlich verhältnismäßig. Dass die Infektionszahlen trotz des Teil-Lockdowns im November nicht gesunken seien, sondern sich zunächst auf hohem Niveau stabilisiert hätten und anschließend seit Anfang Dezember wieder deutlich angestiegen seien, belege, dass die bisherigen Maßnahmen zwar grundsätzlich Wirkung gezeigt hätten, aber für sich genommen nicht ausreichten, um das Infektionsgeschehen nachhaltig abzubremsen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber nunmehr einen umfassenderen Ansatz gewählt habe, der auf die Reduzierung nicht zwingend erforderlicher persönlicher Kontakte durch ein weitgehendes “Herunterfahren“ des öffentlichen Lebens ziele. In diese Grundentscheidung füge sich die streitige Regelung schlüssig ein. Die Öffnung öffentlicher und privater Sportanlagen schaffte Anreize bzw. Gelegenheit zu Kontakten. Das gelte grundsätzlich auch in Bezug auf Individualsportarten wie Golf. Diese seien zwar nicht in hohem Maße infektionsbegünstigend, aber auch nicht gänzlich unbedenklich. Hierbei gehe es nicht allein um den Kontakt zu einem möglichen Mitspieler, sondern auch zu anderen Spielern, die die Anlagen zum gleichen Zeitpunkt nutzten und denen man etwa auf dem Parkplatz oder am Eingang begegne. Eine solche Begegnung könne – weil sich viele Mitglieder eines Vereins oder Clubs auch kennen dürften – den Anreiz bieten, zu einem Gespräch zu verweilen. Speziell beim Golf seien Kontakte auf dem Platz und in der Umgebung des Platzes nicht ausgeschlossen. Der mit dem Verbot verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Sportler sei gemessen an dem damit bezweckten Gesundheitsschutz der Bevölkerung voraussichtlich gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die gravierenden und teils irreversiblen Folgen zu berücksichtigen, die ein weiterer unkontrollierter Anstieg der Zahl von Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte. Demgegenüber falle auch nicht ausschlaggebend ins Gewicht, dass sportliche Betätigung selbst einen Wert für die physische und psychische Gesundheit habe. Das angegriffene Verbot schließe nicht jede sportliche Betätigung aus. Individualsport im Freien außerhalb von privaten und öffentlichen Sportanlagen (etwa Joggen, Walken, Radfahren, Inlineskaten, Gymnastik) bleibe weiter möglich. Dass hierbei vorübergehend auf andere Sportarten ausgewichen werden müsse, sei angesichts des mit dem Verbot verfolgten Schutzzwecks hinnehmbar. Hinsichtlich des Eingriffs in die Rechte der privaten Anlagenbetreiber sei schließlich in Rechnung zu stellen, dass diese staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen könnten, die etwaige finanzielle Einbußen in gewissem Maß abfederten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Weiterhin kein Betrieb von Hundeschulen in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass in NRW weiterhin keine Hundeschulen betrieben werden dürfen (OVG Münster, Beschl. v. 30.12.2020 – 13 B 1787/20.NE). In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 30.12.2020 heißt es:

„Die Einzel- und Gruppenausbildung in Hundeschulen darf weiterhin nicht stattfinden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht heute entschieden und damit den Antrag der Betreiberin einer Hundeschule aus Marl abgelehnt, die Coronaschutzverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit danach sämtliche außerschulischen Bildungsangebote in Präsenz untersagt sind.

Zur Begründung seines Eilbeschlusses hat der 13. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelung sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Nachdem frühere Beschränkungen allein auf die Generalklausel des Infektionsschutzgesetzes gestützt worden waren und daran zunehmend verfassungsrechtliche Bedenken bestanden hatten, stützt sich die derzeit geltende Coronaschutzverordnung unter anderem auf die vom Bundesgesetzgeber neu geschaffene Ermächtigungsgrundlage in § 28a Infektionsschutzgesetz. Es bestehen nach Auffassung des 13. Senats keine offensichtlich durchgreifenden Einwände dagegen, dass diese Neuregelungen dem Vorbehalt des Gesetzes genügen. Die Rolle des Gesetzgebers sei im Vergleich zur alten Rechtslage in signifikantem Umfang gestärkt worden. Die potentielle inhaltliche Reichweite der Maßnahmen und Instrumente sei mit unmittelbarer demokratischer Legitimation durch das Parlament versehen. Dass dem Verordnungsgeber bei der Entscheidung über den Erlass von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung weiterhin ein weiter Gestaltungsspielraum verbleibe, sei angesichts der Dynamik des Infektionsgeschehens und der schnelleren Reaktionsmöglichkeiten der Exekutive grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Inhaltlich sei die angegriffene Regelung voraussichtlich rechtmäßig. Unter den weit zu verstehenden Begriff außerschulischer Bildungsangebote falle auch der Betrieb einer Hundeschule, in der es um die Unterrichtung von und Wissensvermittlung gegenüber den Hundehaltern gehe. Soweit etwa in „Welpenkursen“ auch die Sozialisierung mit Artgenossen oder das Erlernen spezifischer Verhaltensweisen durch den Hund eine Rolle spiele, ändere dies nichts daran, dass auch hierbei eine Anleitung der Hundehalter im Umgang mit dem Hund erforderlich sein dürfte. Das Verbot außerschulischer Bildungsangebote in Form von Einzel- und Gruppentraining in Hundeschulden sei bei vorläufiger Prüfung im Eilverfahren eine notwendige Schutzmaßnahme, die voraussichtlich weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass die Coronaschutzverordnung die Unterschreitung des Mindestabstands beim Zusammentreffen von bis zu fünf Personen aus zwei Hausständen zulasse, das Einzeltraining in der Hundeschule hingegen nicht. Der Verordnungsgeber dürfe im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts der Kontaktvermeidung unterschiedliche Regelungen treffen und neben dem infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrad auch die Relevanz bestimmter Bereiche für das öffentliche Leben berücksichtigen. Zu den von der Antragstellerin befürchteten Auswirkungen auf die Entwicklung und das Verhalten der betroffenen Hunde und die damit einhergehenden Belange des Tierwohls und gegebenenfalls auch der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wies der Senat darauf hin, dass digitale Formate weiterhin möglich seien und – auch von der Antragstellerin – angeboten würden.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch OVG Münster, Beschl. v. 04.01.2021 – 13 B 1892/20, NJW 2021, 799 [Verbot des Betreibens einer Hundeschule] sowie nachfolgend Nr. 402 eine Entscheidung des Niedersächsischen OVG.

Zum Betrieb eines Hundesalons siehe auch nachfolgend Nr. 354.

  1. OVG Münster kippt Demonstrationsverbot an Silvester in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster kippt das Demonstrationsverbot an Silvester in NRW (OVG Münster, Beschl. v. 30.12.2020 – 13 B 2070/20.NE). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 01.01.2021, 12:37 Uhr, heißt es:

„Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat ein vom Land verhängtes Demonstrationsverbot für Silvester kurzfristig aufgehoben. Ein pauschales Verbot sei voraussichtlich rechtswidrig und unverhältnismäßig, entschieden die Richter des 13. Senats in einem Eilverfahren. Die Behörden könnten den Infektionsschutz auch ohne das pauschale Versammlungsverbot gewährleisten, heißt es nach Angaben des Gerichts in dem Beschluss vom 30. Dezember. Die Antragstellerin hatte für den letzten Tag des Jahres von 14.00 bis 15.00 Uhr eine Versammlung auf der Haupteinkaufsstraße in Dortmund geplant. Motto: «Grundrechte erhalten – Pandemie eindämmen» (Az.: 13 B 2070/20.NE).

Die Landesregierung hatte in der Corona-Schutzverordnung für den 31.12. und den 1.1. Demonstrationen grundsätzlich untersagt. Dahinter stand die Sorge, dass angemeldete Versammlungen missbraucht werden könnten, um das Verbot von Silvesterfeiern zu umgehen.

Die Polizeidienststellen im Land seien deshalb kurz vor dem Jahreswechsel über die neue Rechtslage informiert worden, bestätigte ein Ministeriumssprecher am 31. Dezember. Sollten Demonstrationen nun noch kurzfristig angemeldet werden, würde die Polizei als Aufsichtsbehörde sie entsprechend überwachen.

In den größeren NRW-Städten Köln, Düsseldorf und Dortmund waren bis zum Mittag keine Demonstrationen für Neujahr angemeldet worden. Auch die Veranstaltung auf dem Westenhellweg am 31. Dezember fand nach Angaben der Dortmunder Polizei nicht statt.

Nach Ansicht der obersten NRW-Verwaltungsrichter in Münster reichen die Vorschriften in der Corona-Schutzverordnung der Landes völlig aus, um eine Weiterverbreitung der Pandemie speziell an Silvester «wirksam einzudämmen». Das OVG verweist ausdrücklich auf die im Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte zum Thema Versammlungsfreiheit. Eine pauschale Unterstellung, dass Versammlungen an Silvester «nur als Vehikel zur Umgehung des Feierverbotes» genutzt werden, sei nicht möglich. Die Entscheidung des OVG wirke sich nicht nur auf die Antragstellerin zu der Versammlung in Dortmund aus, so das Gericht, sie sei allgemeinverbindlich.“

  1. AfD Schleswig-Holstein scheitert mit Antrag gegen Veranstaltungsverbote

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat einen Eilantrag des AfD-Lan­des­ver­bandes Schles­wig-Hol­stein gegen das in der Co­ro­na-Ver­ord­nung des Lan­des ent­hal­te­ne Ver­an­stal­tungs­ver­bot, das auch Lan­des­par­tei­ta­ge er­fasst, zurückgewiesen (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.12.2020 – 3 MR 88/20. Der Ver­band ist nach Einschätzung des Gerichts nicht an­trags­be­fugt. Er habe nicht dar­ge­legt, dass er bis zum Au­ßer­kraft­tre­ten der Ver­ord­nung am 10.01.2021 einen Lan­des­par­tei­tag ab­hal­ten wolle.

  1. Ausgangsbeschränkung im Kreis Gütersloh gilt weiterhin

Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hat entschieden, dass Ausgangsbeschränkungen im Kreis Gütersloh weiterhin Gültigkeit haben (VG Minden, Beschl. v. 30.12.2020 – 7 L 1099/20).

In der Pressemitteilung heißt es:

„Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen Eilantrag gegen die Ausgangsbeschränkung im Kreis Gütersloh abgelehnt. Nach der Allgemeinverfügung des Kreises ist der Aufenthalt außerhalb der Wohnung in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe, wie beispielsweise die unaufschiebbare Inanspruchnahme medizinischer oder vererinärmedizinischer Versorgungsleistungen und die Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten, erlaubt.

Der Antragsteller aus Rietberg wendet gegen diese Regelung u.a. ein, dass sie nicht erforderlich sei. Zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sei es ausreichend, dass im Kreisgebiet Zusammenkünfte im privaten und öffentlichen Raum auf zwei Hausstände bzw. 5 Personen über 14 Jahre beschränkt seien.

Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht Minden nicht gefolgt. Zwar sei u.a. offen und gegebenenfalls in einem (bisher noch nicht anhängigen) Hauptsacheverfahren zu klären, ob die Ausgangsbeschränkung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genüge. Insoweit sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, dass im Kreisgebiet neben der Ausgangsbeschränkung auch eine Kontaktbeschränkung für private Zusammenkünfte gelte. Jedenfalls würden mit der Ausgangsbeschränkung gesellige Zusammenkünfte in den Abend- bzw. Nachtstunden, die ein erhöhtes Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus bergen, unterbunden und könne die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen effektiver kontrolliert werden. Klärungsbedürftig sei aber, ob der Eingriff insbesondere in das Recht der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) angemessen sei, weil die Maßnahme auch eine Vielzahl von Situationen erfasse, in denen ein gesteigertes Infektionsrisiko nicht zu erkennen sei, wie z.B. Spazierengehen oder sonstige von Einzelpersonen oder Angehörigen desselben Hausstandes an der frischen Luft verübte Aktivitäten. Die danach gebotene, von den Erfolgsaussichten unabhängige, umfassende Folgenabwägung gehe aber zu Lasten des Antragstellers aus. Würde der Vollzug der Ausgangsbeschränkung ausgesetzt, erwiese sich diese aber in einem noch anzustrengenden Klageverfahren als rechtmäßig, so könnten in der Zwischenzeit durch eine weitere Zunahme der Infektionszahlen schwerwiegende und erhebliche Schädigungen eines überragenden Schutzgutes – der menschlichen Gesundheit – eintreten. Dagegen habe der Antragsteller nicht geltend gemacht, selbst in besonderer Weise von der Maßnahme betroffen zu sein oder ein gesteigertes Interesse daran zu haben, seine Wohnung während der Geltung der Ausgangsbeschränkung zu verlassen.“

  1. Elfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bleibt in Kraft

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat es abgelehnt, die Elfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (11. BayIfSMV) v. 15.12.2020 (BayMBl 737, BayRS 2126-1-15-G) durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen (BayVerfGH, Entscheidung v. 30.12.2020 – 96-VII-20). Näheres ist einer Pressemitteilung des Gerichts v. 30.12.2020 zu entnehmen.

  1. Kein Arbeiten ohne Maske!

Das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass Arbeitgeber das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Arbeitszeit anordnen dürfen (ArbG Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 – 4 Ga 18/20). Näheres enthält die Pressemittelung 1/2021 des Arbeitsgerichts v. 04.01.2021.

Siehe auch zur Entscheidung in der Hauptsache nachfolgend Nr. 617.

  1. Befreiung von der Maskenpflicht – Anforderungen an ein ärztliches Attest

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat sich mit den Anforderungen an ein ärztliches Attest im Zusammenhang mit der Befreiung von der Maskenpflicht befasst (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 04.01.2021 – OVG 11 S 132/20 und 06.01.2021 – OVG 11 S 138/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 2/21 v. 07.01.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in zwei Eilverfahren über die Regelung der 3. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg betreffend das Attest für eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entschieden.

In dem Verfahren OVG 11 S 132/20 hat der 11. Senat diese Regelung insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt, als das zum Nachweis vorzulegende ärztliche Zeugnis die konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigung (Diagnose) sowie konkrete Angaben beinhalten muss, warum sich hieraus eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens lasse eine hinreichend verlässliche Einschätzung der Rechtmäßigkeit dieser Regelung nicht zu. In Frage stehe bereits, ob der hiermit verbundene datenschutzrechtliche Eingriff im Infektionsschutzgesetz eine hinreichende Rechtsgrundlage findet. Die deshalb vorzunehmende Folgenabwägung gehe zulasten des Antragsgegners aus. Die Versagung des begehrten vorläufigen Rechtsschutzes habe für den Antragsteller zur Folge, dass er seine konkrete Diagnose und sich daraus ergebene Folgen an einer Vielzahl von nicht-öffentlichen Stellen (Geschäfte, öffentliche Verkehrsmittel, Arbeits- und Betriebsstätten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Versammlungen unter freiem Himmel, religiöse Veranstaltungen) vor Ort offenbaren müsse. Hierbei handele es sich aber um personenbezogene Gesundheitsdaten, die besonders sensibel seien und daher einem besonders hohen Datenschutz unterfielen. Soweit der Antragsteller befürchte, seine Gesundheitsdaten könnten durch Mund-Propaganda im Dorf schnell die Runde machen, sei dies nicht von der Hand zu weisen. Denn die Verordnung selbst bestimme nicht, dass die Personen, gegenüber denen der Nachweis zu erbringen sei, Stillschweigen über die Gesundheitsdaten zu bewahren haben. Auch sei die Preisgabe der erhobenen Gesundheitsdaten danach nicht bußgeldbewehrt.

Den Eilantrag eines weiteren Antragstellers gegen die Regelung, dass die Befreiung aus gesundheitlichen Gründen durch ein ärztliches Zeugnis „im Original“ nachzuweisen ist, hat der 11. Senat zurückgewiesen (OVG 11 S 138/20). Nach summarischer Prüfung erweise sich diese Regelung nicht als offensichtlich rechtwidrig, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an ihrer Verhältnismäßigkeit. Selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache gehe die Folgenabwägung hier zulasten des Antragstellers aus. Das Mitführen des Original-Attestes führe zu keiner nennenswerten Belastung. Der Antragsteller könne der Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung des Originals durch sorgfältige Behandlung entgegenwirken und sich ggf. ohne unverhältnismäßigen Aufwand ein Ersatz-Attest ausstellen lassen. Die bloße Vorlage einer Kopie würde hingegen die Kontrolle der Echtheit des Zeugnisses erschweren und die Gefahr eines Missbrauchs erhöhen, was mit Blick auf den gegenwärtigen Stand der Pandemie nicht gerechtfertigt sei.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Gericht bestätigt Verbot touristischer Übernachtungen in Berlin

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt das Verbot touristischer Übernachtungen in Berlin (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08.01.2021 – OVG 1 S 156/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 3/21 v. 08.01.2021 heißt es:

„Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin sind touristische Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben weiterhin untersagt. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte den noch gegen die zuvor geltende Bestimmung gerichteten Eilantrag einer Vermieterin von 228 Ferienappartements mit Beschluss vom 18. November 2020 (VG 14 L 580/20) abgelehnt (vgl. Pressemitteilung Nr. 60/2020 des VG Berlin). Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit Blick auf die neue Regelung bestätigt.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 1. Senat u.a. ausgeführt: Die gesetzliche Ermächtigung in §§ 28, 32 i.V.m. § 28a Abs. 1 Ziff. 12 des Infektionsschutzgesetzes sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht offensichtlich verfassungswidrig. Insbesondere sei sie hinreichend bestimmt und genüge dem Gesetzesvorbehalt. Soweit nach den Bestimmungen der SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Übernachtungen anlässlich von Dienst- und Geschäftsreisen und aus notwendigen privaten Gründen vom Beherbergungsverbot ausgenommen seien, sei die Antragstellerin nicht verpflichtet, tatsächliche Reise- bzw. Übernachtungsgründe zu überprüfen. Vielmehr hätten die Gäste vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die Betreiber der Einrichtungen müssten vor Abschluss eines Vertrages lediglich den Zweck der Beherbergung erfragen und dokumentieren. Das Verbot touristischer Übernachtungen beuge der Gefahr vor, dass noch nicht festgestellte Infektionen nach Berlin getragen werden könnten, wodurch auch die Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten erschwert werde. Angesichts des diffusen Infektionsgeschehens könne die Pandemiebekämpfung nicht mehr nur bei vermeintlichen „Haupttreibern“ ansetzen. Diese nicht zu beanstandende Einschätzung des Verordnungsgebers sei geeignet, die weitere Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Das auch im Übrigen erforderliche und verhältnismäßig erscheinende Beherbergungsverbot verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die von der Antragstellerin vermieteten Unterkünfte anders als ausschließlich selbstgenutzte Zweit- und Ferienwohnungen typischerweise einen großen, ständig wechselnden Nutzerkreis aufwiesen. Dies rechtfertige eine abweichende Behandlung.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Eilantrag gegen Coronaeinreiseverordnung in NRW abgelehnt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat einen Eilantrag gegen die Coronaeinreiseverordnung in NRW abgelehnt (OVG Münster, Beschl. v. 07.01.2021 – 13 B 2046/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.01.2021 heißt es:

„Wer aus ausländischen Risikogebieten nach Nordrhein-Westfalen zurückkehrt, muss sich weiterhin grundsätzlich in Quarantäne begeben, aus der er sich – mit Ausnahme der Einreise aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika – bereits vor Beginn durch eine freiwillige Testung bei der Einreise oder eine unmittelbar nachfolgende Testung befreien kann. Das Oberverwaltungsgericht hat heute den Antrag des Eigentümers eines Motorschiffs in der Normandie abgelehnt, die entsprechenden Regelungen der nordrhein-westfälischen Coronaeinreiseverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Mit Beschluss vom 20. November 2020 hatte das Oberverwaltungsgericht wesentliche Teile der damals geltenden Coronaeinreiseverordnung außer Vollzug gesetzt, die für Reiserückkehrer aus dem Ausland eine zehntägige häusliche Quarantäne vorsah (vgl. Pressemitteilung vom 20. November 2020). In Reaktion auf den Nachweis unterschiedlicher Mutationen des Coronavirus im Vereinigten Königreich und in Südafrika hat das Land am 20. Dezember 2020 eine neue Coronaeinreiseverordnung erlassen und darin eine zehntägige Quarantäne für Reiserückkehrer aus diesen Ländern vorgesehen. Die Bestimmungen wurden einige Tage später um eine Regelung ergänzt, mit der Einreisende aus anderen ausländischen Risikogebieten zur Vornahme eines PCR- oder eines Schnelltests vor oder unmittelbar nach der Einreise verpflichtet wurden. Hiergegen hatte sich der Antragsteller zunächst gewandt. Nachdem während des Verfahrens Zweifel entstanden waren, ob die vom Land in Anspruch genommene Verordnungsermächtigung des Infektionsschutzgesetzes zu Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit ermächtigt, wie sie mit der Verpflichtung zur Vornahme eines Coronatests mittels Abstrichs aus dem Nasen- und/oder Rachenraum voraussichtlich verbunden sind, hat das Land die Coronaeinreiseverordnung Anfang Januar 2021 erneut geändert. Danach gilt nunmehr auch für Einreisende aus anderen Risikogebieten als dem Vereinigten Königreich oder Südafrika eine Absonderungspflicht, deren Eintreten aber bereits vor dem Beginn durch eine freiwillige Testung bei der Einreise oder eine unmittelbar nachfolgende Testung ausgeschlossen werden kann.

Hiergegen richtete sich zuletzt der Eilantrag des Antragstellers, der eine Reise zu seinem Boot in die Normandie beabsichtigt, die derzeit als Risikogebiet ausgewiesen ist. Er machte unter anderem einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend. Für Personen, die Nordrhein-Westfalen nicht verlassen oder sich in einem anderen Bundesland mit vergleichbaren Inzidenzwerten aufgehalten hätten, bestehe jedenfalls keine geringere Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, als für Personen, die nach Frankreich reisten.

Der 13. Senat lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung unter anderem aus: Es sei voraussichtlich unbedenklich, dass der Verordnungsgeber von einem dringenden Handlungsbedarf ausgehe und die Absonderungspflicht mit Freitestungsmöglichkeit als einen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Pandemie sehe. Sie solle dazu dienen, den Eintrag von Infektionen – auch solchen mit neuen Virusstämmen – nach Deutschland zu entdecken, um sodann Schutzmaßnahmen gegen eine Weiterverbreitung ergreifen zu können. Die Situation stelle sich im Hinblick auf den nunmehr im gesamten Bundesgebiet geltenden sogenannten strengen Lockdown und die zwischenzeitlich im Vereinigten Königreich entdeckte, möglicherweise deutlich ansteckendere Virusmutante anders dar als noch im November, als der Senat eine allgemeine Absonderungspflicht für sämtliche Einreisende aus Risikogebieten noch beanstandet hatte. Die Einschätzung, dass eine Reise in der Regel mit mehr Kontakten und damit einer höheren Infektionsgefahr verbunden sei als ein Verbleib im Bundesgebiet, erscheine unter den gegenwärtigen Umständen plausibel. Eine Reisetätigkeit könne bei zulässiger typisierender Betrachtung häufige und vielfältige zwischenmenschliche Kontakte zur Folge haben, die bei einem Verbleib im Bundesgebiet unter den gegenwärtigen Bedingungen mit der nahezu vollständigen Schließung des Einzelhandels, von Kultur, Sport- und Freizeitstätten, der Gastronomie und der Beherbergungsbetriebe sowie einschneidenden Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich weitgehend ausgeschlossen seien. Die Regelungen seien auch nicht deshalb ungeeignet, weil man sich auch durch einen Schnelltest „freitesten“ könne. Auch durch Maßnahmen, die keine vollständige Sicherheit böten, Folgeansteckungen zu vermeiden, könne ein nennenswerter Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet werden. Die mit der Absonderungspflicht einhergehenden Beeinträchtigun­gen könnten – auch schon im Vorhinein – durch die Durchführung eines (Schnell-)Tests abgewendet werden, der ein nur niedrigschwelliger, in der Regel folgenloser Eingriff sei. Die vom Einreisenden zu tragenden Kosten von etwa 30 bis 40 Euro bewegten sich – jedenfalls wenn man sie ins Verhältnis zu einer Reisetätigkeit setze – in einem sehr überschaubaren Umfang. Ein Gleichheitsverstoß ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass die vom Verordnungsgeber unterstellten typischen infektionsbegünstigenden Reisekontakte nicht bei jeder Art von Reise in jedes erdenkliche Zielland bestünden. Der Verordnungsgeber dürfe seiner Regelung vielmehr eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde legen, die insbesondere den gegenwärtig hoch belasteten Gesundheitsämtern eine einfache Durchsetzung und Überprüfung der geltenden Vorgaben für Reiserückkehrer ermögliche.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Ausschluss eines Auszubildenden vom Präsenzunterricht in der Berufsschule bei Verstoß gegen die Maskenpflicht / zur Aussagekraft eines ärztlichen Attests

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat entschieden, dass ein Aus­zu­bil­den­der vom Prä­senz­un­ter­richt in der Be­rufs­schu­le aus­ge­schlos­sen wer­den kann, wenn er ohne aus­sa­ge­kräf­ti­ges At­test keine Mund-Nasen-Be­de­ckung trägt (OLG Dresden, OLG Dresden, Beschl. v. 06.01.2021 – 6 W 939/20, NJW 2021, 1104.) Ein etwaig vorhandenes At­test müsse eine Aus­nah­me von der Tra­ge­pflicht nach­voll­zieh­bar ma­chen und dazu auch re­le­van­te Vor­er­kran­kun­gen kon­kret be­zeich­nen.

  1. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung für 84-jähriges Ehepaar

Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hat entschieden, dass ein 84-jähriges Ehepaar keinen Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung besitzt (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 11.01.2021 – 20 L 1812/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 11.01.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen einen auf unverzüglichen Erhalt einer Corona-Schutzimpfung gerichteten Eilantrag eines in Essen wohnhaften Ehepaares abgelehnt.

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass über 80‐jährige dem höchsten Risiko ausgesetzt seien, an einer Infektion mit dem Coronavirus zu versterben oder unheilbar zu erkranken. Es sei daher rechtswidrig, dass in der Stadt Essen zunächst alle Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime und die dort tätigen Personen geimpft würden und zwar auch diejenigen, die das achtzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Mit ihrem Eilantrag haben die Antragsteller von der Stadt Essen daher die unverzügliche Verschaffung einer Möglichkeit zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus, hilfsweise die unverzügliche Vergabe zumindest eines Termins für die Impfung oder jedenfalls die Bekanntmachung einer Priorisierung gefordert, aus der ersichtlich werde, in welcher Reihenfolge der vorhandene Impfstoff innerhalb der Gruppe der Anspruchsberechtigten höchster Priorität im Sinne des § 2 der Coronavirus-Impfverordnung verimpft werde.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt. Die Antragsteller müssten auf die Öffnung des Impfzentrums und die Freischaltung der Telefonnummer für die Terminvergabe warten. Ein Anspruch auf Impfung bestehe nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe. Es stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass innerhalb der Gruppe der Anspruchsberechtigten höchster Priorität im Sinne des § 2 der Coronavirus-Impfverordnung der vorhandene Impfstoff zunächst primär durch die dem Impfzentrum angegliederten mobilen Impfteams in Pflegeheimen eingesetzt werde. Das Schutzbedürfnis sei dort ungleich höher. Dies entspreche den Erkenntnissen und Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Die über 80-jährigen, die noch in häuslicher Umgebung wohnten, seien deutlich weniger Kontakten ausgesetzt als die Bewohnerinnen und Bewohner eines Heims. Jedenfalls sei es Personen in Gemeinschaftseinrichtungen nicht gleichermaßen möglich, zum Eigenschutz die Kontakte soweit wie möglich zu reduzieren.

Die Hilfsanträge der Antragsteller seien, soweit sie gegen die Antragsgegnerin gerichtet seien, bereits unzulässig. Die Terminvergabe erfolge in Nordrhein-Westfalen nicht durch die Kreise und kreisfreien Städte. Der Stadt sei es weder rechtlich noch tatsächlich möglich, in die Terminvergabe einzugreifen. Auch zu der begehrten Priorisierung sei die Antragsgegnerin nicht befugt. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen habe sich die Konkretisierung der Priorisierungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission ausdrücklich selbst vorbehalten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

Siehe auch nachfolgende Nr. 345.

  1. Verkauf privilegierter Waren durch zwei Einkaufsmärkte gestattet

Weil sie schwer­punkt­mä­ßig so­ge­nann­te pri­vi­le­gier­te Waren ver­kau­fen, dür­fen zwei Ein­kaufs­märk­te in ihren Ver­kaufs­räu­men trotz des „Lock­downs“ in Rheinland-Pfalz vor­läu­fig ihr ge­sam­tes Wa­ren­sor­ti­ment und damit auch Be­klei­dung und Spiel­wa­ren an­bie­ten; das hat das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Ko­blenz entschieden (VG Koblenz, Beschl. v. 28.12.2020 – 3 L 1189/20.KO). Ohne Bedeutung ist nach Meinung des Gerichts, ob die Einkaufsmärkte im Gegensatz zu früher und ggf. gerade im Hinblick auf den Lockdown das Warensortiment umstrukturiert haben. Über die innerbetriebliche Organisation, insbesondere über Aufbau und Umfang der Warensortimente in den Läden, könnten die Märkte grundsätzlich selbst bestimmen, wenn sie nur die gesetzlichen Vorgaben ausreichend beachten.

  1. Hunde dürfen in NRW trotz Lockdowns weiter frisiert werden

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat entschieden, dass die Ausübung der beruflichen Tätigkeit als Hundefrisörin in einem Hundesalon nicht durch die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2021 verboten sei (VG Münster, Beschl. v. 11.01.2021 – 5 L 7/21, NJW 2021, 800)

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 13.01.2021 heißt es:

„Mit dem Beschluss hat das Gericht dem Eilantrag einer Hundefrisörin aus Emsdetten stattgegeben. Die Stadt Emsdetten hatte der Antragstellerin am 17. Dezember 2020 auf Anfrage mitgeteilt, nach den Regelungen des neuerlichen Lockdowns, nach denen das öffentliche Leben bis auf die Versorgung mit Lebensmitteln und wichtigen Gütern des täglichen Bedarfs praktisch komplett herunter zu fahren sei, sei der Hundefriseursalon der Antragstellerin vorläufig bis zum 10. Januar 2021 zu schließen. Hiergegen hatte sich die Antragstellerin mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Verwaltungsgericht Münster gewandt.

Die 5. Kammer des Gerichts gab dem Antrag nunmehr mit der Begründung statt: Die Coronaschutzverordnung – auch in der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 7. Januar 2021 – verbiete die Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Antragstellerin nicht. Hiernach seien Dienstleistungen und Handwerksleistungen untersagt, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden nicht eingehalten werden könne, insbesondere Friseurdienstleistung, Gesichtsbehandlung, Kosmetik, Nagelstudios, Maniküre, Massage, Tätowieren und Piercen. Im Übrigen blieben Einrichtungen des Handwerks und des Dienstleistungsgewerbes, zum Beispiel Reinigungen, Waschsalons, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Autovermietung, geöffnet. Die Antragstellerin biete als Hundefrisörin Dienst- bzw. Handwerksleistungen an. Der Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden werde nach ihrem substantiierten Vortrag eingehalten. Danach werde der Hund des Kunden unter Wahrung eines Abstands von 1,5 Metern an der Tür in Empfang genommen und das Entgelt in einer vor dem Haus auf einer Bank liegenden Dose deponiert, wobei sich einzelne Kunden nicht begegneten. Soweit in der Coronaschutzverordnung exemplarisch aufgeführt sei, dass Friseurdienstleistungen untersagt seien, beziehe sich dies allein auf Friseurdienstleistungen, die an Menschen erbracht würden. Dies werde durch den Vergleich zu den ebenfalls aufgeführten Beispielen in der Verordnung bestätigt, wonach z. B. Kfz- und Fahrradwerkstätten geöffnet blieben. Auch hier komme es notwendigerweise zu einem Kontakt zwischen Dienstleister bzw. Handwerker und Kunde, wobei aber bei der Übergabe der zu reparierenden Sache die Unterschreitung eines Abstands von 1,5 Metern zur Erfüllung der Dienstleistung nicht erforderlich sei. Ebenso verhalte es sich bei der Übergabe eines Hundes zu Zwecken des Frisierens und Krallenschneidens.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

  1. Rückforderung der Corona-Soforthilfe bei bestehender Zahlungsunfähigkeit

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass die Rückforderung einer ausgezahlten Corona-Soforthilfe von einem Solo-Selbständigen rechtmäßig ist, wenn dieser sich bereits bei Beantragung des Zuschusses in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat (VG Düsseldorf, Urt. v. 12.01.2021 – 20 K 4706/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.01.2021 heißt es:

„Die Rückforderung einer ausgezahlten Corona-Soforthilfe von einem Solo-Selbständigen ist rechtmäßig, wenn dieser sich bereits bei Beantragung des Zuschusses in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit am heutigen Tage verkündetem Urteil entschieden. Es hat damit eine Klage eines selbständigen freischaffenden Künstlers gegen die Zurücknahme eines Bewilligungsbescheides und die Rückforderung der Soforthilfe in Höhe von 9.000,– Euro durch die Bezirksregierung Düsseldorf abgewiesen.

Zur Urteilsbegründung hat die 20. Kammer des Gerichts ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses hätten bei Erlass des Bewilligungsbescheides nicht vorgelegen. Grundlage für die Bewilligung seien das „Corona Soforthilfeprogramm des Bundes“ und die Richtlinie „NRW-Soforthilfe 2020“ gewesen. Hiernach erfolge die Soforthilfe, wenn Unternehmen auf Grund von Liquiditätsengpässen infolge der Coronakrise in ihrer Existenz bedroht seien. Diese dürften sich nicht bereits am 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben. Dementsprechend müsse der jeweilige Antragsteller versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten sei. Eine solche Erklärung habe der Solo-Selbständige hier bei Antragstellung abgegeben, obgleich er bereits zum Stichtag 31. Dezember 2019 zahlungsunfähig gewesen sei. Denn er habe fällige Steuerverbindlichkeiten von insgesamt 360.000,– Euro nicht beglichen und sei auch nicht in der Lage, diese zu begleichen. Der Kläger gehe fehl in seiner Auffassung, für ihn als Solo-Selbständiger sei nicht erkennbar gewesen, dass er das Merkmal „Unternehmen in Schwierigkeiten“ prüfen müsse. Es habe ihm oblegen zu eruieren, ob er insoweit antragsberechtigt sei. Dies hätte er durch eine Nachfrage bei der Bezirksregierung klären können.

Gegen die Entscheidung kann die Zulassung der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster beantragt werden.“

  1. Zum Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) in den Zeiten von Corona

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass wäh­rend einer co­ro­na­be­ding­ten Aus­gangs­sper­re Zu­schau­er an Haupt­ver­hand­lun­gen teil­neh­men können und dieses Recht auch nicht im Hinblick auf die Coronavirus-Pandemie eingeschränkt werden darf (BGH, Beschl. v. 17.11.2020 – 4 StR 390/20).

  1. Erfassen der persönlichen Daten von Besuchern einer Gerichtsverhandlung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat entschieden (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.11.2020 – 9 LA 115/20, NJW 2021, 650):

„Die Kontaktdatenerfassung stellt eine für Besucher einer Gerichtsverhandlung im Interesse des Gesundheitsschutzes hinzunehmende Beeinträchtigung dar, die den Zugang zum Gerichtssaal für die jeweils Betroffenen obendrein allenfalls psychisch, nicht aber physisch hemmt. Dies steht einer verfassungsrechtlich unzulässigen Verweigerung des Zutritts nicht gleich (Anschluss an OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 27.5.2020 – OVG 11 S 43/20 – juris Rn. 24).“

  1. 15 Kilometer Radius wirksam!

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat einen Eilantrag gegen die 4. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg abgelehnt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.01.2021 – OVG 11 S 3/21).

In der Pressemitteilung Nr. 4/21 des Gerichts v. 14.01.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den Eilantrag eines Brandenburgers zurückgewiesen, mit dem dieser die 4. SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung insoweit vorläufig außer Vollzug setzen lassen wollte, als bestimmte Freizeitaktivitäten über einen Umkreis von 15 Kilometern über seinen Heimatlandkreis hinaus untersagt sind.

Nach der 4. SARS-CoV-2-EindV ist Individualsport unter freiem Himmel sowie Bewegung an der frischen Luft nur bis zu einem Umkreis von 15 Kilometern der Grenze eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt gestattet, wenn innerhalb der letzten sieben Tage pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern kumulativ mehr als 200 Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus vorliegen und die zuständige Behörde die Überschreitung in geeigneter Weise öffentlich bekanntgegeben hat.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 11. Senat ausgeführt, dass die Maßnahme, mit der der Tagestourismus innerhalb des Landes Brandenburg eingeschränkt werden soll, nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig sei. Sie sei insbesondere dem Ziel förderlich, die Verbreitung des Virus aus Gebieten mit sehr hohen Inzidenzwerten einzudämmen, auch wenn unter freiem Himmel eine geringere Ansteckungsgefahr bestehe. Dass die Sperrung von tagestouristischen Anziehungspunkten zumindest gleich effektiv wäre, lasse sich im Rahmen summarischer Prüfung nicht feststellen. Die Maßnahme sei auch nicht unangemessen. Denn die von der angegriffenen Vorschrift Betroffenen seien lediglich in einem überschaubaren Bereich ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Dem stünden die besonders hochwertigen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit gegenüber. Angesichts des gegenwärtigen Standes des Infektionsgeschehens mit landesweiten Höchstwerten der Inzidenzen, der damit verbundenen starken Belastung des Gesundheitssystems, namentlich der intensivmedizinischen Abteilungen der Krankenhäuser und der Gefahr der Verbreitung von Virusmutationen mit einer nochmals höheren Infektiosität seien diese Schutzgüter in besonderem Maße gefährdet. Mit Blick auf diese erhebliche und akute Gefahrenlage erschienen die mit der Maßnahme verbundenen Einschränkungen auch dann angemessen, wenn sie nur in beschränktem Umfang zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen.

Vor diesem Hintergrund falle auch eine Folgenabwägung zulasten des Antragstellers aus.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Maskenpflicht an Schulen ist rechtmäßig, Unterrichtsausschluss ist unwirksam

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg hat dem Eilantrag eines Oberstufenschülers einer Hamburger Stadtteilschule in zweiter Instanz stattgegeben, mit dem er sich gegen das Verbot, die Schule ohne Maske zu betreten, gewandt hat (OVG Hamburg, Beschl. v. 15.01.2021 – 1 Bs 237/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 15.01.2021 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte den Eilantrag des Schülers und seiner Eltern abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: die Frage der Rechtmäßigkeit des Verbots, ohne Maske am Unterricht teilzunehmen, sei derzeit als offen einzuschätzen, in einer Folgenabwägung überwiege aber der durch die Maskenpflicht bezweckte Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung die betroffenen Interessen und Rechtsgüter der Antragsteller. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat diese Entscheidung auf die Beschwerde der Antragsteller geändert und dem Eilantrag stattgegeben. Zwar bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Maskenpflicht an den Schulen während der Schulzeit. Die Anordnung der Maskenpflicht finde jedenfalls in der seit dem 8. Januar 2021 geltenden Fassung der Coronavirus-Eindämmungsverordnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3) eine hinreichende Rechtsgrundlage und stelle einen verhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der hiervon betroffenen Schülerinnen und Schüler dar. Derzeit fehle es jedoch an einer gesetzlichen Grundlage für den auf unbestimmte Zeit andauernden Unterrichtsausschluss eines Schülers, der sich weigert, der Maskenpflicht nachzukommen. Weder die Coronavirus-Eindämmungsverordnung noch das Schulgesetz enthielten eine entsprechende Anordnungsbefugnis.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebot in NRW gelten auch bei Menschen, die an einer Depression leiden!

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat einen Eilantrag abgelehnt, mit dem sich ein Mann aus Wuppertal gegen die geltenden Kontaktbeschränkungen und die Pflicht zur Einhaltung eines Mindestabstands zu anderen Personen im öffentlichen Raum gewandt hatte (OVG Münster, Beschl. v. 15.01.2021 – 13 B 1899/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 15.01.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag abgelehnt, mit dem sich ein Mann aus Wuppertal gegen die geltenden Kontaktbeschränkungen und die Pflicht zur Einhaltung eines Mindestabstands zu anderen Personen im öffentlichen Raum gewandt hatte.

Nach der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes muss im öffentlichen Raum zu allen anderen Personen grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Ein Zusammentreffen von mehreren Personen ist regelmäßig nur dann zulässig, wenn der Mindestabstand unterschritten werden darf. Das ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Dazu gehören insbesondere Treffen innerhalb eines Hausstands und Treffen von Personen eines Hausstands mit maximal einer weiteren Person, die von zu betreuenden Kindern aus ihrem Hausstand begleitet werden kann.

Der Antragsteller hatte geltend gemacht, er sei an einer Depression erkrankt und zwingend auf seine üblichen sozialen Kontakte angewiesen. In der Vergangenheit habe er regelmäßig zwei Freundinnen mit jeweils eigenem Hausstand gemeinsam in der Öffentlichkeit getroffen. Dies sei ihm nun vorübergehend nicht mehr möglich, weshalb ihm eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands drohe. Er werde als allein lebende Person durch die angegriffenen Regelungen benachteiligt, weil es Mitgliedern eines Hausstands ohne Personenbegrenzung erlaubt sei, sich in der Öffentlichkeit zu treffen. Die Beschränkungen seien zudem unverhältnismäßig.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Das Abstandsgebot und die Kontaktbeschränkungen seien voraussichtlich verhältnismäßig. Angesichts der aktuellen Entwicklung der Infektionslage überschreite der Verordnungsgeber seinen Einschätzungsspielraum insbesondere nicht dadurch, dass sich im öffentlichen Raum derzeit grundsätzlich nur noch Angehörige eines Hausstands mit maximal einer weiteren Person treffen dürften. Mit der Anzahl der Hausstände bzw. Personen, die sich treffen dürften, stiegen die Verbreitungsmöglichkeiten des Virus erheblich an. Mit jeder Ansteckung drohe die Gefahr eines Eintrags der Infektion in das jeweilige soziale Umfeld des Betroffenen, was wiederum eine Vielzahl neuer Infektionsketten zur Folge haben könne. Der mit den Maßnahmen verbundene Grundrechtseingriff sei angesichts der gravierenden und teils irreversiblen Folgen, die ein weiterer unkontrollierter Anstieg der Zahl von Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte, vorübergehend hinnehmbar.

Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Abstandsgebot und die Kontaktbeschränkungen nur Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum beträfen, Treffen in häuslicher Umgebung (mit Ausnahme von Partys und vergleichbaren Feiern) hingegen nicht verboten seien. Darüber hinaus gebe es eine Reihe von Ausnahmen etwa bei Begleitung oder Beaufsichtigung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen, aus betreuungsrelevanten Gründen, bei zwingenden Zusammenkünften zur Berufsausübung und zwischen nahen Angehörigen bei Beerdigungen und standesamtlichen Trauungen. Der Verordnungsgeber handele voraussichtlich auch nicht gleichheitswidrig, wenn er bei der Regelung zulässiger persönlicher Kontakte im öffentlichen Raum an das Kriterium des „Hausstands“ anknüpfe und diesen insoweit gleichsam als infektionsschutzrechtliche Einheit betrachte. Angesichts des primären Übertragungswegs des Coronavirus mittels Tröpfcheninfektion und der räumlichen Nähe im privaten Wohnbereich bestehe typischerweise eine erhöhte Ansteckungswahrscheinlichkeit innerhalb des eigenen Hausstands.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Diebstahl von Desinfektionsmitteln während der Coronavirus-Pandemie kann die außerordentliche und fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen

Der Diebstahl von Desinfektionsmitteln während der Coronavirus-Pandemie kann die außerordentliche und fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (LAG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2021 – 5 Sa 483/20). In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Der Kläger war seit dem Jahr 2004 bei einem Paketzustellunternehmen, der Beklagten, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen, wobei der Kläger seinen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei der stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle am 23.03.2020 gegen 07.50 Uhr fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt ca. 40,00 Euro. Es kam damals bei der Beklagten immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurde. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte am 24.03.2020 der fristlosen Kündigung des Klägers nach Befragung von Zeugen abschließend zu, welche die Beklagte am 25.03.2020 aussprach.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei. Die Arbeitgeberin hat behauptet, dass der Kläger dem Werkschutz gesagt habe, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat wie bereits das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers sind nicht glaubhaft. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen. Auch in Ansehung der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. In Ansehung dieser Umstände musste ihm klar sein, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser Umstände zu Lasten des Klägers aus.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.“

  1. Verbot einer Versammlung in Stein bei Nürnberg gerichtlich bestätigt

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH bzw. BayVGH) München bestätigt das Verbot der Versammlung in Stein bei Nürnberg (BayVGH, Beschl. v. 16.01.2021 – 10 CS 21.166).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat die Beschwerde des Veranstalters einer in Stein bei Nürnberg geplanten Versammlung unter dem Motto „Söder wir kommen wieder! Friede, Freiheit & Demokratie“ zurückgewiesen und damit – wie bereits zuvor das Verwaltungsgericht Ansbach – das Versammlungsverbot des Landratsamts Fürth bestätigt. Zur Begründung führte der für das Versammlungsrecht zuständige 10. Senat aus, dass die Versammlungsbehörde aufgrund von Erfahrungen mit vergleichbaren Versammlungen der Querdenken-Szene zu Recht davon ausgegangen sei, es werde bei Durchführung der Versammlung zu infektionsschutzrechtlich unvertretbaren Zuständen kommen. Der Veranstalter habe kein Hygienekonzept vorgelegt. Das in der Beschwerdeschrift offensiv zur Schau gestellte Unverständnis des Antragsstellers und seines Bevollmächtigten für infektiologische und epidemiologische Sachverhalte und Zusammenhänge einschließlich des aus Sicht des Senats befremdlichen Vortrags zur angeblichen nicht gegebenen Übersterblichkeit und zur angeblich nicht drohenden Überbelastung des Gesundheitssystems bestätige die Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde zusätzlich. Angesichts des aktuellen pandemischen Geschehens überwiege der Schutz des Lebens und der Gesundheit Einzelner und der Allgemeinheit die individuellen Interessen des Antragsstellers. Die vom Antragsteller angeführten Grundrechte der Europäischen Grundrechtecharta seien bereits nicht anwendbar und würden auch im Falle ihrer Anwendbarkeit zu keinem anderen Ergebnis führen. Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es kein Rechtsmittel.“

  1. Personenbegrenzung in großflächigen Lebensmittelmärkten zur Corona-Bekämpfung nicht gleichheitswidrig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Personenbegrenzung in großflächigen Lebensmittelmärkten zur Corona-Bekämpfung nicht gleichheitswidrig sei (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.01.2021 – 6 B 11642/20.OVG). In der Pressemitteilung Nr. 2/2021 des Gerichts heißt es:

„Die bei Einzelhandelsbetrieben für Lebensmittel nach der Fünfzehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 8. Januar 2021 angeordnete Personen­begrenzung von einer Person pro 20 qm Verkaufsfläche auf der 800 qm übersteigenden Fläche verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren.

Die Antragstellerin betreibt drei großflächige Lebensmittelmärkte in Trier. Sie wandte sich mit einem Eilantrag gegen die genannte Regelung der Personenbegrenzung in großflächigen Einzelhandelsbetrieben für Lebensmittel, die inhaltsgleich sowohl in der Vierzehnten als auch in der aktuellen Fünfzehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz enthalten war bzw. ist. Im Unterschied dazu ist in Einzelhandelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche zulässig. Das Verwaltungsgericht Mainz gab dem Eilantrag statt und stellte im Wege der einstweiligen Anordnung fest, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet sei, bei der Steuerung des Zutritts zu den von ihr in Trier betriebenen Lebensmittelmärkten die in der Verordnung festgelegte Personenbegrenzung zu beachten. Auf die Beschwerde des Landes Rheinland-Pfalz hob das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf und lehnte den Eilantrag ab.

Die in der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz geregelte Personenbegrenzung für Verkaufsflächen in Lebensmittelmärkten über 800 qm sei bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung recht­lich nicht zu beanstanden. Sie erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes und erweise sich auch als verhältnismäßig zur Erreichung des damit verbundenen Regelungszwecks, die Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 und die damit einhergehenden Folgen einzudämmen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei mit der in der Corona-Bekämpfungsverordnung angeordneten Begrenzung von einer Person pro 20 qm Verkaufsfläche für die 800 qm übersteigenden Fläche eines Einzelhandelsbetriebs für Lebensmittel auch keine verfassungsrechtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu Lasten der Antragstellerin verbunden. Denn die unterschiedliche Behandlung der ersten 800 qm Verkaufsfläche eines Handelsbetriebs, bei der eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche zulässig sei, gegenüber der darüber hinausgehenden Fläche bei der Regelung der Personenbegrenzung sei sachlich gerechtfertigt. Großflächige Einzelhandelsbetriebe wiesen typischerweise ein breiteres Angebot auf als Handelseinrichtungen gleicher Art mit weniger Verkaufsfläche und seien naturgemäß in der Lage, mehr Kunden aufzunehmen, die potenziell aufeinanderstoßen und zu einer Übertragung der Infektion beitragen könnten. Dies gelte auch für den Lebensmitteleinzelhandel. Die Attraktivität eines solchen Angebots werde gerade während des Lockdowns eine große Kundenzahl anziehen, die sich zwar rein rechnerisch auf der 800 qm überschreitenden Verkaufsfläche genauso verteilen könne wie auf der Verkaufsfläche bis zu 800 qm. Bei lebensnaher Betrachtung des Einkaufsgeschehens komme es jedoch an bestimmten Stellen, z.B. an Bedientheken, bei besonderen Warenangeboten bzw. Sonderverkaufsflächen und im Kassenbereich zu Ansammlungen (Warteschlangen), die umso größer seien, je mehr Kunden sich in dem Lebensmittelmarkt aufhielten. Die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Abstandsgebots als eine der zentralen Schutzmaßnahmen im Gesamtkonzept des Antragsgegners zur Eindämmung der Corona-Pandemie steige mit der Personenzahl einer Kundenansammlung, die in großflächigen Lebensmittelmärkten deutlich höher ausfallen könne als in kleineren Märkten. Bereits diese Erwägung rechtfertige die verschärfte Begrenzung der Kundenzahl für großflächige Lebensmittelmärkte.“

  1. Alkoholverbot im öffentlichen Raum in Bayern unwirksam

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss v. 19.01.2021 Tag das bayernweite Alkoholverbot im öffentlichen Raum (§ 24 Abs. 2 der 11. BayIfSMV) vorläufig außer Vollzug gesetzt und damit dem Eilantrag einer Privatperson aus Regensburg insoweit stattgegeben; die weiter beantragte Außervollzugsetzung der Regelungen über Kontaktbeschränkungen, über die Schließung von Bibliotheken und Archive sowie über die 15-km-Regelung für tagestouristische Ausflüge hat er abgelehnt (BayVGH, Beschl. v. 19.01.2021 – 20 NE 21.76).

In der Pressemitteilung v. 19.01.2021 heißt es:

„Zur Begründung führte der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, dass nach § 28a des Infektionsschutzgesetzes(IfSG) Alkoholverbote nur an bestimmten öffentlichen Plätzen vorgesehen seien. Die Anordnung eines Alkoholverbots für die gesamte Fläche des Freistaats Bayern überschreite daher die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers. Die Entscheidung des Senats gilt insofern allgemein und ab sofort bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Das Gericht hat es hingegen abgelehnt, die vom Antragsteller auch angegriffenen Regelungen über Kontaktbeschränkungen, wonach sich Angehörige eines Hausstandes nur noch mit einer Person eines anderen Hausstandes treffen dürfen, vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Kontaktbeschränkungen seien vom IfSG gedeckt, hinreichend bestimmt und angesichts des aktuellen pandemischen Geschehens auch verhältnismäßig. Hinsichtlich der Schließung von Bibliotheken und Archiven sah es der Senat als offen an, ob diese angesichts fehlender Ausnahmen für Bring- und Abholdienste verhältnismäßig sei. Bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache überwiege aber das öffentliche Interesse an der Eindämmung der Corona-Pandemie das individuelle Interesse des Antragstellers an der Nutzung von Bibliotheken und Archiven. Den Antrag des Antragstellers, die 15-km-Regelung für tagestouristische Ausflüge außer Vollzug zu setzen, hat der Senat als unzulässig abgewiesen. Der Antragsteller sei von der Regelung derzeit nicht betroffen, weil die Regelung erst ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von 200 gelte und Regensburg derzeit eine viel niedrigere Inzidenz aufweise. Der Senat traf damit keine Aussage über die Rechtmäßigkeit der 15-km-Regelung.Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schulschließungen in Niedersachsen

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg wird es in Niedersachsen keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schulschließungen geben (OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.01.2021 – 13 MN 8/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 19.01.20201 heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit einem Beschluss vom 18. Januar 2021 einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der in § 13 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 8. Januar 2021 angeordneten Schulschließung abgelehnt (Az.: 13 MN 8/21).

Nach der genannten Regelung ist der Schulbesuch bis Ende Januar 2021 untersagt. Ausnahmen hiervon sind für Prüfungen, Abschlussjahrgänge und ab dem 18. Januar 2021 für Grund- und Förderschüler vorgesehen. Gegen die Schulschließung hat sich ein zwölfjähriger Schüler gewandt, der die siebte Klasse eines Gymnasiums besucht. Er hat beantragt, ein abgestuftes Modell der Schulöffnung je nach aktuellem Inzidenzwert einzuführen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Schulschließung unverhältnismäßig sei, da sie negative schulische und psychische Folgen habe, die in keinem Verhältnis zu dem hierdurch erreichten Zweck stünden.

Der 13. Senat hat den Antrag abgelehnt. Der Antrag, ein alternatives Modell der Schulöffnungen gerichtlich durchzusetzen, sei unzulässig. Im Rahmen einer Normenkontrolle könne nur die Außervollzugsetzung der bestehenden Regelung, nicht aber die Umsetzung einer alternativen Regelung begehrt werden.

Der Senat hat sich aber auch zur Rechtmäßigkeit der Schulschließung geäußert und diese bei summarischer Prüfung bejaht. Zunächst hat er festgestellt, dass ein verfassungsrechtlich verankerter Anspruch auf Präsenzunterricht oder auf die bestmögliche Unterrichtsart nicht bestehen dürfte. Zwar bleibe die Qualität des Fernunterrichts in vielen Schulen hinter der von Präsenzunterricht zurück, dies dürfte jedoch der konkreten Umsetzung geschuldet sein, nicht der Unterrichtsart an sich. Schulschließungen blieben damit ein Eingriff in das Recht auf möglichst ungehinderte Entwicklung der Persönlichkeit, Anlagen und individuellen Befähigungen im Bereich der Schule aus Art. 2 Abs. 1 GG und stellten in der jetzigen Situation durchaus eine der gravierendsten Maßnahmen dar, mit denen die betroffenen Schüler konfrontiert würden. Durch die Schulschließung verlören Kinder und Jugendliche eine der letzten Möglichkeiten, einen unmittelbaren Kontakt zu ihren Altersgenossen herzustellen. Dabei dürfte nicht die Untersagung des Schulbesuchs an sich für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen gravierende Auswirkungen haben, sondern der Umstand, dass aktuell außerhalb der Schule keine oder kaum Gelegenheit bestehe, persönlichkeitsprägende unmittelbare Erfahrungen mit anderen Menschen und Menschengruppen zu machen und so zu einem integrierten Mitglied der Gesellschaft heranzureifen. Das Land Niedersachsen versuche aber auf verschiedene Art, diesen Eingriff abzumildern. So seien bereits in der Vergangenheit Schulen privilegiert worden und es stehe zu erwarten, dass ein besonderer Augenmerk auf die Wiederöffnung des Schulbesuchs gelegt werde. Des Weiteren finde Fernunterricht und eine Kommunikation innerhalb des Klassenverbandes tatsächlich statt. Das Land biete damit Plattformen an, damit auch der Antragsteller seine bisherigen schulischen Kontakte weiter pflegen könne. Mehr noch als andere Bevölkerungsgruppen dürften Schüler an weiterführenden Schulen in der Lage sein, digitale Dienste zu nutzen und auf diese Weise Kontakte zu Mitschülern aufrechtzuerhalten. Der gleichwohl verbleibende Eingriff wiege zwar schwer, sei angesichts der mit der vorübergehenden Schulschließung verfolgten legitimen Ziele, die Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung von Covid-19 und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu schützen, aber nicht unangemessen und daher hinzunehmen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der verschärften coronabedingten Kontaktbeschränkungen in Niedersachsen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat eine vorläufige Außervollzugsetzung der verschärften coronabedingten Kontaktbeschränkungen in Niedersachsen abgelehnt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.01.2021 – 13 MN 11/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 19.01.2021 heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 18. Januar 2021 einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der durch eine Änderungsverordnung vom 8. Januar 2021 verschärften Kontaktbeschränkungen in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung abgelehnt (Az.: 13 MN 11/21).

Durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) sind die in der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 geregelten Kontaktbeschränkungen für den öffentlichen und privaten Raum noch einmal deutlich verschärft worden. § 2 Abs. 1 Satz 1 der zuvor geltenden Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 (in der Fassung vom 22. Dezember 2020) beschränkte den Aufenthalt mit anderen Personen auf insgesamt fünf Personen, die dem eigenen oder einen weiteren Hausstand angehörten, wobei Kinder bis einschließlich 14 Jahren nicht einzurechnen waren. Eine entsprechende Beschränkung enthielt § 6 Abs. 1 Satz 1 der zuvor geltenden Verordnung für private Zusammenkünfte und Feiern. Durch die Änderungsverordnung vom 8. Januar 2021 ist es grundsätzlich nur noch gestattet, dass sich ein Hausstand mit einer weiteren Person in der Öffentlichkeit aufhält bzw. eine entsprechende private Zusammenkunft oder Feier stattfindet. Dabei sind auch Kinder jedweden Alters von der Beschränkung erfasst.

Gegen diese Verschärfung hat sich ein in Niedersachsen in einem gemeinsamen Hausstand lebendes Ehepaar mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Zur Begründung hat es geltend gemacht, dass die Verschärfung der Kontaktbeschränkung ohne jedwede Ausnahme für Familien sie in ihrem Grundrecht aus Art. 6 GG verletze. Es werde ihnen unmöglich gemacht, ihren vier erwachsenen, in eigenen Hausständen lebenden Kindern gleichzeitig die gebotene Hilfe und Unterstützung zu gewähren.

Der 13. Senat hat den Antrag nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Zwar sei für den Senat zweifelhaft, ob die Verschärfung der Kontaktbeschränkungen auf grundsätzlich nur noch eine hausstandsfremde Person in Gänze eine notwendige Schutzmaßnahme darstelle, allerdings ergebe eine Folgeabwägung, dass die insoweit bestehenden Zweifel eine umfassende Außervollzugsetzung der Bestimmungen nicht rechtfertige.

Die Verschärfung verfolge mehrere legitime Ziele. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Maßnahmen darauf gerichtet seien, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden.

Die Verschärfung der Kontaktbeschränkung habe der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des ihm zukommenden Einschätzungsspielraums auch noch für erforderlich halten dürfen. Der private Haushalt stelle den Raum dar, in welchem die meisten Ausbruchsgeschehen stattfänden. Die zuvor verordnete Beschränkung auf insgesamt nicht mehr als fünf Personen (zuzüglich Kindern bis 14 Jahren) habe der Verordnungsgeber angesichts weiterhin hoher Infektionszahlen zwar nicht als völlig wirkungslos, aber doch als unzureichend ansehen dürfen. Mildere, aber in ihrer Wirkung gleich effektive Mittel, die auch die Allgemeinheit oder Dritte nicht stärker belasteten, drängten sich dem Senat nicht auf.

Die Verschärfung könne, auch wenn sie die Intensität der Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 6 GG und Art. 2 Abs. 1 GG deutlich erhöhe, grundsätzlich noch als angemessener Ausgleich zwischen den Grundrechten der Betroffenen und den legitimen Zielen des Verordnungsgebers angesehen werden. Die Kontaktbeschränkung schreibe unverändert nicht vor, wie in einem Hausstand lebende Personen ihren Alltag gestalten dürften. Die Betroffenen seien auch nach der Verschärfung nicht gehindert, sich mit jeder beliebigen Person ohne Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen individuell privat zu treffen. Als Alternativen für die Zusammenkunft mit mehreren Personen stünden die jederzeit möglichen Kontaktaufnahmen über Fernkommunikationsmittel zur Verfügung. Bestehe in einer Person ein dringender besonderer Anlass, eine größere Anzahl hausstandsfremder Personen zu treffen, so könne dies jedenfalls nacheinander erfolgen.

Erhebliche Zweifel an der Angemessenheit der Verschärfung bestünden aber zum einen dort, wo die Kontaktbeschränkung den von ihr Betroffenen die Teilhabe am sozialen Leben in der Gemeinschaft vollständig unmöglich mache oder unzumutbar erschwere, zum anderen, wo tatsächlich bestehende familiäre Strukturen nicht angemessen berücksichtigt würden. Zwar habe der Verordnungsgeber diese Problematik erkannt, er habe sie aber für einzelne Fallgestaltungen nur unzureichend gelöst. So seien erforderliche Ausnahmen für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit geregelt worden. Nicht geregelt habe der Verordnungsgeber indes die Fallgestaltungen, in denen etwa kleinen Kindern eine soziale Teilhabe nur mittels einer Begleitperson möglich sei. Nach der Verschärfung sei es etwa ausgeschlossen, dass ein kleines Kind, das zwingend auf die Begleitung durch jedenfalls ein Elternteil angewiesen sei, die in einem anderen Hausstand lebenden Angehörigen oder Dritten gemeinsam jedenfalls mit dem es begleitenden Elternteil aufsuche oder sich mit diesen gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalte. Dies grenze dieses kleine Kind von jedweder sozialen Teilhabe aus. Diese Ausgrenzung dürfte auch angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens unangemessen sein.

Der Senat hat nach einer Folgenabwägung gleichwohl eine Außervollzugsetzung der Verschärfung der Kontaktbeschränkungen abgelehnt. Dabei hat er berücksichtigt, dass die Verschärfung, deren Angemessenheit zweifelhaft sei, de Antragsteller selbst nicht beträfen und der Verordnungsgeber insoweit bereits eine Änderung der Verordnungsregelungen in Aussicht gestellt habe. Jedenfalls ergebe die Folgeabwägung, dass eine Außervollzugsetzung, die umfassend und allgemeingültig wirkte, im Hinblick auf die lediglich für einzelne Fallgestaltungen unzureichende Ausgestaltung der Kontaktbeschränkung nicht angezeigt sei.

Hierbei sei mit einzustellen, dass es sich bei den in weit überwiegendem Maße rechtmäßigen Kontaktbeschränkungen um einen zentralen und wichtigen Baustein in der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie handele.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Zur „Zimmervermietung“ umgestaltetes Bordell in Speyer bleibt geschlossen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass ein zur „Zimmervermietung“ umgestaltetes Bordell in Speyer geschlossen bleiben muss (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.01.2021 – 6 B 11589/20.OVG).

In der Pressemitteilung Nr. 3/2021 des Gerichts heißt es:

„Die Stadt Speyer hat gegenüber den Betreibern eines zur „privaten Zimmervermietung“ umgestalteten Bordells zu Recht eine Nutzungsuntersagung verfügt. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren.

Die Antragstellerinnen betrieben in Speyer ein Bordell, das sie nach dem Verbot von Prostitutionsstätten durch die 13. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz im November 2020 ihren eigenen Angaben zufolge so umgestalteten, dass seitdem in den ursprünglich von den Prostituierten genutzten Räumen eine private Zimmervermietung betrieben werde. Ob die Mieter der zur Verfügung gestellten Zimmer Prostitutionsleistungen in Anspruch nähmen, sei ihnen nicht bekannt. Nach Durchführung von Kontrollen in dem Anwesen untersagte die Stadt Speyer die Nutzung der Räume zu Prostitutionszwecken, weil nach Würdigung der Verhältnisse vor Ort nach wie vor ein Bordell betrieben werde. Die Antragstellerinnen erhoben dagegen Widerspruch und wandten sich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit der Begründung, sie betrieben lediglich eine private Zimmervermietung. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße Nr. 31/2020). Das Oberverwaltungsgericht wies ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück.

Das Oberverwaltungsgericht teile die Bewertung der Vorinstanz, dass die Antragstellerinnen eine nach der Dreizehnten ebenso wie nach der aktuellen Fünfzehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 8. Januar 2021 untersagte Prostitutionsstätte betrieben, indem sie ursprünglich als Arbeitszimmer von Prostituierten genutzte Räume des Bordells nunmehr unter der Bezeichnung „Schweden-Hostel“ stundenweise an Dritte vermieteten. Es fehle jedenfalls an der Einrichtung eines Beherbergungsgewerbes durch eine Zimmervermietung, wenn der Schwerpunkt der Leistung nicht in der Überlassung zu Wohn- oder Schlafzwecken liege, sondern damit bewusst die Möglichkeit eingeräumt werden solle, in den Räumen sexuelle Dienstleistungen von Prostituierten in Anspruch zu nehmen. Dies sei hier nach den Gesamtumständen der Fall. Die Zimmervermietung finde innerhalb der Räumlichkeiten des eingerichteten Bordellbetriebs statt, dessen Infrastruktur trotz formeller Betriebsschließung nach Aktenlage fortbestehe. Über eine Verlinkung auf einer Website werde weiterhin eine Kontaktaufnahme zu Prostituierten ermöglicht. Zudem hielten sich innerhalb des Betriebsgebäudes Prostituierte in (tageweise für 10 € angemieteten) Ruheräumen bzw. zur Ver­meidung von Obdachlosigkeit derzeit sogar wohnhaft auf. Sämtliche Anfragen von Interessenten der Zimmervermietung bezögen sich auf eine online geschaltete Anzeige mit dem Betreff „Stundenzimmer für Dein Rendezvous“. Das Bereitstellen dieser räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienstleistungen ziele daher offensichtlich darauf ab, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen (zumindest) in Form von Mieteinnahmen zu erzielen.“

  1. Jobcenter muss die Kosten für eine internetfähigen Computer übernehmen

Das Landessozialgericht (LSG) Thüringen hat entschieden, dass das Job­cen­ter in den Zei­ten aus­fal­len­den Prä­senz­un­ter­richts die Kos­ten für einen in­ter­net­fä­hi­gen Com­pu­ter für eine Schü­le­rin über­neh­men muss, wenn diese Hartz-IV-Emp­fän­ge­rin ist (LSG Thüringen, Beschl. v. 08.01.2021 – L 9 AS 862/20 B ER). Nach Auffassung des Gerichts stellen die gel­tend ge­mach­ten Kos­ten einen nach § 21 Abs. 6 SGB II an­zu­er­ken­nen­den un­ab­weis­ba­ren lau­fen­den Mehr­be­darf dar, der vom Re­gel­be­darf nicht ab­ge­deckt sei.

  1. Allgemeinverfügung des Landkreises Limburg-Weilburg teilweise rechtswidrig (15 km Radius) / nächtliche Ausgangsbeschränkung wirksam

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hält die Allgemeinverfügung des Landkreises Limburg-Weilburg für teilweise rechtswidrig; dabei geht es um den Bewegungsradius von (15 km (VG Wiesbaden, Beschl. v. 15.01.2021 – 7 L 31/21.WI).

In der Pressemitteilung Nr. 01/2021 des Gerichts v. 19.01.2021 heißt es:

„Die 7. Kammer des VG Wiesbaden hat mit Beschluss vom 15. Januar 2021 Eilrechtsschutz gegen die „Allgemeinverfügung zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus im Landkreis Limburg-Weilburg im sozialen und betrieblichen Bereich“ gewährt, soweit dort der Bewegungsradius für tagestouristische Ausflüge auf den Umkreis von 15 km des Wohnortes (politische Gemeinde) beschränkt wird. Insoweit hat die von dem Antragsteller noch zu erhebende Klage aufschiebende Wirkung.

Nach Auffassung der Kammer fehlt es insoweit an der hinreichenden Bestimmtheit der Allgemeinverfügung, die erfordert, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Bedenklich sei bereits die Verwendung des Begriffs „politische Gemeinde“, da dieser Begriff für einen Großteil der Bevölkerung aus sich heraus nicht verständlich sein dürfte. In Gemeinden mit mehreren, eventuell weit verstreuten Ortsteilen werde so für deren Bewohner nicht hinreichend klar ersichtlich, ob die Grenzen des jeweiligen Ortsteils oder der Gesamtgemeinde gemeint seien.

Unklar bleibe auch, wie die 15 km ab dem Wohnort zu messen seien. Soweit der Landkreis Limburg-Weilburg argumentiert habe, es sei ab dem Punkt der Stadt- oder Gemeindegrenze zu messen, der dem avisierten Ziel am nächsten liege, lasse sich dies dem Wortlaut der Allgemeinverfügung in keiner Weise entnehmen. Nach der Formulierung in der Allgemeinverfügung sei es auch beispielsweise durchaus denkbar, dass eine Berechnung des „Bewegungsradius“ ab dem Mittelpunkt der jeweiligen Gemeinde zu erfolgen habe. Auch habe der Landkreis Limburg-Weilburg darauf verzichtet, Erklärungen oder Auslegungshinweise zu der Allgemeinverfügung zu veröffentlichen, die zur Konkretisierung und zum besseren Verständnis der Regelung hätten beitragen können.

Zudem sei aus dem Wortlaut und der Begründung der Allgemeinverfügung nicht klar erkennbar, ob die 15 km-Grenze bei Überschreiten der Grenzen des Landkreises auch gelten solle, sich also auf das räumliche Hoheitsgebiet des Landkreises beschränken oder sich auch außerhalb dessen fortsetzen solle. Schließlich werde der Begriff „tagestouristischer Ausflug“ weder im Wortlaut der Allgemeinverfügung, beispielsweise durch die Aufzählung von Regelbeispielen, noch in der Begründung der Allgemeinverfügung näher erklärt. Soweit der Landkreis vorgetragen habe, bei tagestouristischen Ausflügen handele es sich nach seinem Verständnis um alle Unternehmungen, die der Freizeitgestaltung ohne Übernachtung dienten, sei diese Auslegung des Begriffs keineswegs zwingend. Dies zeige sich anschaulich bereits darin, dass der Begriff des tagestouristischen Ausfluges in anderen hessischen Gemeinden, die ihn in ihren Allgemeinverfügungen ebenfalls verwendeten, anders verstanden werde. So falle in der Allgemeinverfügung des Landkreises Vogelsberg die Wintersportausübung gerade nicht unter den Begriff des tagestouristischen Ausflugs und im Landkreis Fulda stelle eine Wanderung in der Rhön als freizeitsportliche Aktivität keinen tagestouristischen Ausflug dar. Gerade die Frage, ob sportliche Aktivitäten oder Spaziergänge unter den Begriff der tagestouristischen Ausflüge fallen sollen oder nicht, sei für die Adressaten der Allgemeinverfügung des Landkreises Limburg-Weilburg nicht erkennbar, was insoweit zu deren Rechtswidrigkeit führe.

Zudem habe das Gericht erhebliche Zweifel daran, ob die Beschränkung des Bewegungsradius für tagestouristische Ausflüge ernsthaft zur Senkung der Infektionsfälle im Landkreis Limburg-Weilburg beitragen könne. Stattdessen dürfte diese Maßnahme dazu führen, dass sich viele Bewohner des Landkreises Limburg-Weilburg, weil sie zumindest nach dem Verständnis des Antragsgegners keine freizeitsportlichen Aktivitäten oder Spaziergänge außerhalb des 15 Kilometer Radius unternehmen dürften, in geschlossenen Räumen mit dritten Personen treffen würden, was das Infektionsrisiko nicht senken, sondern erhöhen würde. Die Einhaltung des 15 km-Radius sei im Einzelfall auch nur schwer überprüfbar und das Aussprechen von Betretungsverboten für bekannte Touristenmagneten stelle eine mildere und zugleich effektivere Maßnahme dar, um überlaufene touristische Ziele zu vermeiden.

Die Kammer erachtete im Übrigen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen in Nr. 1 und 2 der Allgemeinverfügung für rechtmäßig. Insbesondere stelle die Veröffentlichung der Allgemeinverfügung auf der Internetseite eine zulässige Form der öffentlichen Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung dar. Die Feststellung einer epidemischen Lage nationaler Tragweite sei durch den Bundestag mit Beschluss vom 27. März 2020 erfolgt. Daher könnten insbesondere die im Infektionsschutzgesetz beispielhaft aufgezählten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ergriffen werden, zu denen auch eine Ausgangs- oder Kontaktbeschränkung im öffentlichen und privaten Raum und die Einschränkung touristischer Reisen zählten. Die nächtliche Ausgangsbeschränkung im Zeitraum von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr sei zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie geeignet, da sie allgemein die Kontaktmöglichkeiten in der Bevölkerung während dieses Zeitraums beschränkten.

Es reiche hierfür aus, dass die zutreffende Maßnahme „ein Schritt in der richtigen Richtung“ sei.

So könnten durch die nächtliche Ausgangsbeschränkung private Treffen und Feiern in Familien- und Freundeskreis verhindert werden. Ein weniger belastendes Mittel, das den Erfolg mit gleicher Sicherheit gewähre, sei nicht ersichtlich. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger, der sich lediglich auf eine Dauer von 8 Tagesstunden erstrecke, die zu großen Teilen in der üblichen Schlafenszeit zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr gelegen seien, stünden erhebliche Gefahren für hochrangige Schutzgüter wie das Leben, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell sehr großen Zahl von Menschen gegenüber. Angesichts der hohen Infektionszahlen und zunehmenden Anzahl von Todesfällen bestehe aktuell die Gefahr, dass ohne die Beachtung, Überwachung und Durchsetzung einfachster Hygiene-Regeln, zu denen insbesondere die Kontaktbeschränkungen und Einhaltung eines Mindestabstands gehörten, die Infektionszahlen noch weiter ansteigen, das Gesundheitssystem überlastet und die Zahl der Todesfälle noch dramatischer ansteigen würde. Durch die in Nr. 2 der Allgemeinverfügung vorgesehenen Ausnahmen sei die Ausgangsbeschränkung auch verhältnismäßig.

Gegen den Beschluss (Az.: 7 L 31/21.WI) steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel offen.“

  1. Regelung der Corona-Verordnung zu Kontaktbeschränkungen im Saarland teilweise außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes hat mit Beschluss vom 20.01.2021 den § 6 Abs. 1 der aktuellen Corona-Verordnung (VO-CP) vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit er Kontaktbeschränkungen auch für den familiären Bezugskreis vorsieht (OVG Saarlouis, Beschl. v. 20.01.2021 – 2 B 7/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.01.2021 heißt es weiter:

„In § 6 Abs. 1 VO-CP ist geregelt, dass private Zusammenkünfte auf einen Haushalt und eine nicht in diesem Haushalt lebende Person beschränkt werden. Die Antragstellerin des Normenkontrolleilverfahrens sieht sich dadurch gehindert, ihre Enkel gemeinsam mit ihrem Mann und mit deren Eltern zu treffen oder zu besuchen bzw. Besuch von diesen zu empfangen.

Das Oberverwaltungsgericht hat wegen des Widerspruchs zwischen den Regelungen des § 6 Abs. 1 VO-CP und des § 1 Abs. 2 VO-CP einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Gebot der Bestimmtheit von Normen angenommen. Eine Vorschrift muss so formuliert sein, dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Vorliegend ist für die Rechtsbetroffenen nicht klar, ob für sie die (durchaus weit gefasste) Regelung in § 1 Abs. 2 VO-CP mit der Ausnahme vom Kontaktverbot für den familiären Bezugskreis oder die (erheblich strengere) Norm des § 6 Abs. 1 VO-CP (Kontaktbeschränkung auf einen Haushalt und eine weitere Person) gilt. Es ist Sache des Verordnungsgebers, eine Klärung des Verhältnisses zwischen diesen beiden Normen herbeizuführen. bzw. sich für eine der beiden Vorschriften zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG auch familiäre Bindungen zwischen Großeltern und Enkelkind umfasst.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.“

  1. Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe in Zeiten der Corona-Krise

Das Sozialgericht (SG) Speyer hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass der Rentenversicherungsträger während der Covid-19-Pandemie verpflichtet sein kann, einer Versicherten ein eigenes Kraftfahrzeug anstelle der Zusage eines Beförderungsdienstes zur Verfügung zu stellen (SG Speyer, Beschl. v. 21.12.2020 – S 8 R 528/20 ER).

In der Pressemitteilung 1/2021 des Sozialgerichts Speyer v. 20.01.2021 heißt es:

„Das SG Speyer hatte im Rahmen eines Eilverfahrens über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Rentenversicherungsträger während der Covid-19-Pandemie verpflichtet ist, einer Versicherten ein eigenes Kraftfahrzeug anstelle der Zusage eines Beförderungsdienstes zur Verfügung zu stellen.

Die 37-jährige, an den Rollstuhl gebundene Antragstellerin hatte beim zuständigen Rentenversicherungsträger im Rahmen der Kfz-Hilfe ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug beantragt, welches ihr dem Grunde nach bereits bewilligt worden war, als sie ihre Anstellung als Bürokauffrau verlor. Da sie bis dahin noch kein Fahrzeug angeschafft hatte, zog der Rentenversicherungsträger die Zusage mit der Begründung zurück, im Rahmen der Teilhabeleistungen sei Kfz-Hilfe nur zur Ausübung und Aufrechterhaltung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses zu gewähren.

Das SG Speyer entschied, dass diese Rücknahme rechtswidrig gewesen ist. Die im Eilverfahren von der Rentenversicherung getroffene Zusage, der Antragstellerin auch die Kosten eines Beförderungsdienstes für Fahrten zur Anbahnung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses zu übernehmen, habe unter den herrschenden Pandemiebedingungen nicht ausgereicht, um den Bedürfnissen der Antragstellerin gerecht zu werden. Denn in der aktuell nicht beherrschten Pandemielage sei es der Antragstellerin nicht zuzumuten, für jedes in Frage kommende Beförderungsanliegen auf ein Taxiunternehmen zurückzugreifen. Hierbei gewichtete das SG, dass die Antragstellerin aufgrund beeinträchtigter Zungenmotorik unter teilweiser Luftnot beim Atmen und Sprechen und auch unter wiederkehrenden Bronchitiden zu leiden hat und daher als Risikopatientin anzusehen ist, der eine laufende Kontaktaufnahme zu ständig wechselndem Beförderungspersonal nicht zumutbar sei (Beschluss SG Speyer vom 21. Dezember 2020, Az.: S 8 R 528/20 ER).

Die Entscheidung ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.“

  1. Keine Rundfunkgebührenpflicht für Angehörige einer Risikogruppe?

Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat entschieden, dass ein Schwer­be­hin­der­ter mit ein­ge­schränk­ter Lun­gen­funk­ti­on nicht al­lein wegen sei­ner Zu­ge­hö­rig­keit zu einer Ri­si­ko­grup­pe von der Rund­funk­ge­büh­ren­pflicht be­freit wer­den müsse (SG Osnabrück, Entscheidung v. 07.12.2020 – S 30 SB 245/18).

  1. Wirksame nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Rhein-Pfalz-Kreis

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt, hat entschieden, dass die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen im Rhein-Pfalz-Kreis als wirksam einstufen sind (VG Neustadt, Beschl. v. 19.01.2021 – 5 L 18/21.NW).

In der Pressemitteilung Nr. 1/21 v. 19.01.2021 heißt es:

„Ein Bewohner aus der Ortsgemeinde Fußgönheim im Rhein-Pfalz-Kreis hat sich ohne Erfolg gegen die vom Kreis am 11. Januar 2021 verfügte Ausgangsbeschränkung von 21 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages zur Wehr gesetzt. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom heutigen Tage hervor.

Der Rhein-Pfalz-Kreis (im Folgenden: Antragsgegner) erließ am 11. Januar 2021 eine vorerst bis zum 31. Januar 2021 geltende Allgemeinverfügung. Danach ist täglich im Zeitraum zwischen 21 Uhr und 5 Uhr des Folgetages das Verlassen einer im Gebiet des Rhein-Pfalz-Kreises gelegenen Wohnung oder Unterkunft und der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung oder Unterkunft grundsätzlich untersagt. Ferner ist während des genannten Zeitraums der Aufenthalt im Gebiet des Rhein-Pfalz-Kreises grundsätzlich auch Personen untersagt, die nicht dort sesshaft sind. Ausnahmen gelten nur bei Vorliegen von triftigen Gründen, die beispielhaft aufgezählt werden.

Der in Fußgönheim wohnhafte Antragsteller wendet sich mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht gegen die angeordneten Ausgangsbeschränkungen und führt aus, nach der 15. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz – 15. CoBeLVO – vom 11. Januar 2021 sei der Erlass einer Aufenthaltsbeschränkung erst ab einer Inzidenz von 200 zulässig. Da der Wert im Rhein-Pfalz-Kreis seit dem 26. Dezember 2020 permanent darunterliege, sei die Verfügung unverhältnismäßig bzw. könne nicht auf die 15. CoBeLVO gestützt werden.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Der Antrag könne keinen Erfolg haben. Der Antragsteller habe in keiner Weise dargelegt, inwiefern er von den umstrittenen nächtlichen Ausgangsbeschränkungen persönlich betroffen sein könnte, weil er beabsichtige, sich innerhalb des Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung im Zeitraum zwischen 21:00 Uhr und 5:00 Uhr des Folgetages außerhalb seiner Wohnung aufzuhalten, ohne dass ein Ausnahmefall wegen eines triftigen Grundes im Sinne der Ziff. 4 der Allgemeinverfügung vorliege. Der Antragsteller beschränke sich in seiner Antragsbegründung nur darauf, allgemein auf die gesunkenen Inzidenzwerte im Landkreis zu verweisen. Dies genüge nach Auffassung der Kammer nicht, um die Antragsbefugnis zu begründen.

Ungeachtet dessen entspreche die angefochtene Allgemeinverfügung voraussichtlich den rechtlichen Vorgaben; auch müsse eine reine Interessenabwägung eindeutig zulasten des Antragstellers ausfallen.

Die Vorgaben der einschlägigen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes seien gewahrt. Die in Ziff. 3 der Allgemeinverfügung getroffene Ausgangsbeschränkung während der Nachtzeit sei ausführlich damit begründet worden, dass die Mobilität und zugleich die nicht essentiell notwendigen Kontakte am späten Abend und in der Nacht zu beschränken seien. Insbesondere sei darauf abgestellt worden, dass sich die Fallzahlen gegenüber der Zeit kurz vor Weihnachten 2020 zwar verringert hätten, jedoch nicht in einem solchen Maße, als dass bereits von einer nachhaltigen Entspannung gesprochen werden könne, die dann auch weniger einschränkende Maßnahmen ermöglichen würde. Die Lage in den Krankenhäusern sei sehr angespannt. Eine Überlastung des Gesundheitswesens sei noch immer vorhanden und drohe sich auch vor dem Hintergrund der neu aufgetretenen Mutation zu verschärfen.

Die vom Antragsteller in Bezug genommene Regelung in § 23 Abs. 3 der 15.CoBeLVO stehe der angefochtenen Allgemeinverfügung nicht entgegen. Danach stimmten die Landkreise und kreisfreie Städte, in denen die 7-Tages-Inzidenz über einem Wert von 200 liege, im Einvernehmen mit dem für die gesundheitlichen Angelegenheiten zuständigen Ministerium über diese Verordnung hinausgehende zusätzliche Schutzmaßnahmen ab. Damit begründe § 23 Abs. 3 CoBeLVO zwar eine Verpflichtung zur Abstimmung zusätzlicher Schutzmaßnahmen erst ab einem Inzidenzwert von 200. Dass wie hier – im Einvernehmen mit dem Ministerium – auch nach Unterschreiten dieses Werts an zusätzlichen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung festgehalten werde, bleibe jedoch unberührt.

Es ergäben sich ferner derzeit keine Anhaltspunkte für eine unverhältnismäßige Beschränkung der Grundrechte des Antragstellers aufgrund der von ihm beanstandeten Maßnahmen. Auch wenn die Wirksamkeit von Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie auf politischer Ebene nach wie vor unterschiedlich bewertet würden, lägen mittlerweile verfassungs- bzw. obergerichtliche Entscheidungen betreffend die Verhältnismäßigkeit landesweiter Ausgangsbeschränkungen in anderen Bundesländern vor.

Selbst wenn man –  im Falle der Bejahung der Antragsbefugnis des Antragstellers – von offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren ausgehen würde, fiele die erforderliche Güterabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus. Der Antragsgegner habe nämlich eine umfassende Ausnahmeregelung in Ziff. 4 der angefochtenen Allgemeinverfügung des Antragsgegners getroffen. Die beispielhafte Aufzählung triftiger Gründe für eine Ausnahme von der nächtlichen Ausgangsbeschränkung zeige, dass er nicht nur berufliche oder gesundheitliche, sondern auch sonstige private Interessen habe umfassend berücksichtigen wollen.

Demgegenüber fielen die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Ausgangsbeschränkung erheblich schwerer ins Gewicht. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die es vor einer ungebremsten Ausbreitung der COVID-19-Erkrankung zu schützen gelte, um eine Vielzahl von teils schweren Erkrankungen und Todesfällen sowie eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, und angesichts der weiterhin zeitlich begrenzten Geltungsdauer der Regelungen bis 31. Januar 2021 überwögen die mit den ausgesprochenen Anordnungen verfolgten öffentlichen Interessen und der Schutz der Grundrechte Dritter die Interessen des Antragstellers eindeutig.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.“

  1. Kein Anspruch auf vorgezogene Corona-Impfung für 73-jährigen herzkranken Mann

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat entschieden, dass ein 73-jähriger, herzkranker Mann keinen Anspruch auf eine vorgezogene Corona-Impfung hat (SG Oldenburg, Beschl. v. 21.01.2021 – S 10 SV 1/21 ER).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21./22.01.2021 heißt es:

„Ein 73-jähriger Mann ist in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Oldenburg mit seinem Eilantrag nicht durchgedrungen, das niedersächsische Gesundheitsministerium zu verpflichten, ihm sofort eine Impfung gegen das Corona-Virus zu verschaffen.

Der Antragsteller leidet unter einer schweren Herzerkrankung und damit unter einer gesteigerten Gefährdung für einen schweren Verlauf im Falle einer Corona-Erkrankung. Seine Anfrage, bei dem für seinen Wohnort zuständigen Impfzentrum, wurde abschlägig beschieden und er wurde darauf hingewiesen, dass er nicht zu dem Personenkreis gehöre, für die gegenwärtig Impfungen durchgeführt werden. Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung (Antragsgegner) und machte geltend, dass er einen Anspruch auf sofortige Impfung gegen das Corona-Virus habe, da er aufgrund seines Alters und der schweren Gesundheitsstörungen ein signifikant erhöhtes Risiko trage, nach einer Infektion mit dem Virus schwer zu erkranken oder zu versterben. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit dem Hinweis darauf ab, dass die gültige CoronaImpfV eine Impfung des Antragstellers erst ermögliche, sobald alle unter die Gruppe nach § 2 CoronaImpfV fallenden Personen (Schutzimpfungen mit höchster Priorität, 1. Gruppe) vollständig geimpft seien und erst danach eine Impfung der -wie der Antragsteller- unter § 3 CoronaImpfV fallenden Gruppe (Schutzimpfungen mit hoher Priorität, 2. Gruppe) erfolgen könne. Der Antragsgegner sei an diese in der CoronaImpfV vorgenommene Priorisierungsentscheidung des Verordnungsgebers gebunden.

er Antragsteller wandte sich im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zunächst an das Verwaltungsgericht Oldenburg, das den Rechtsstreit am 11. Januar 2021 an das Sozialgericht Oldenburg verwies, weil es die Auffassung vertrat, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei.

Das Sozialgericht Oldenburg lehnte mit Beschluss vom 21.01.2021 (Az. S 10 SV 1/21 ER) den Eilantrag des Antragstellers auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Verschaffung einer unverzüglichen Impfung gegen das Corona-Virus bzw. einer Durchführung der Impfung nach Abschluss der Impfungen in Alten- und Pflegeheimen ab.

Nach der derzeit gültigen CoronaImpfV habe der Antragsteller keinen Anspruch auf sofortige Impfung oder auf Impfung nach Abschluss der Impfungen in den Alten- und Pflegeheimen, da er nicht der zuerst zu impfenden Gruppe von Personen nach § 2 CoronaImpfV angehöre. Eine Öffnungsklausel, die es möglich machen würde, den Antragsteller, der auf Grund seines Alters der Gruppe nach § 3 CoronaImpfV zuzuordnende sei, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung der Gruppe von Personen nach § 2 CoronaImpfV zuzuordnen, sei in der Verordnung nicht enthalten.

Nach Auffassung des Gerichtes sei es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zur Wahrung der dem Gesetzgeber und der Exekutive nach Art. 2 und 3 Grundgesetz obliegenden Schutzpflichten nicht zwingend erforderlich, für den Antragsteller die gewünschte vorgezogene Impfung sicherzustellen. Die vom Verordnungsgeber in den §§ 2-4 CoronaImpfV normierten Priorisierungsentscheidungen würden die Schutzpflichten hinreichend wahren. Der Gesetzgeber und auch die vollziehende Gewalt hätten bei der Ausgestaltung der Maßnahmen zur Erfüllung der Schutzpflichten aus dem Grundgesetz einen weiten Einschätzungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielraum, der Raum lasse, etwa mit dem Schutz des Individualinteresses konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die in der CoronaImpfV getroffenen Priorisierungsentscheidungen, zur Frage der Reihenfolge der Impfung gegen das Corona-Virus, hielten sich in diesem weiten Gestaltungsspielraum.

Teilhabeansprüche der Bürger könne der Gesetzgeber grundsätzlich nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel verwirklichen. Da gegenwärtig Corona-Impfstoffe noch nicht ausreichend verfügbar seien, sei es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber zunächst die in § 2 CoronaImpfV genannten Personen impfen würde. Einerseits würden die dieser Gruppe zuzuordnen Personen (über 80 Jahre) ein extrem hohes Risiko tragen, an einer Corona- Erkrankung zu versterben. Die priorisierte Impfung dieser Personengruppe diene nicht allein deren individuellem Schutz, sondern gerade auch in hohem Maße dem Schutz der Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen. Denn bei erkrankten Personen über 80 Jahren und in Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen bestehe ein signifikant erheblich größeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, sodass eine besondere Belastung der Intensivkapazitäten in den Kliniken zu erwarten sei. Die übrigen in der ersten Priorisierungsgruppe nach § 2 CoronaImpfV genannten Personen unterlägen individuell einem erhöhten Erkrankungsrisiko aufgrund ihrer pflegerischen Tätigkeiten und würden andererseits im Falle einer Erkrankung an dem Corona-Virus, die von ihnen betreuten besonders gefährdeten Personen zusätzlich gefährden. Ihr krankheitsbedingter Ausfall würde zudem ebenfalls die Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen gefährden.

Die in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom Antragsteller glaubhaft zu machende besondere Eilbedürftigkeit der Impfung sah das Sozialgericht Oldenburg ebenfalls nicht als hinreichend belegt an. Es sei dem Antragsteller zumutbar, sich vor einer Ansteckung durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung zu schützen und sich nach Möglichkeit ohne Kontakt zu dritten Personen in seinem Haus oder seiner Wohnung aufzuhalten. Dieses sei ihm auch deshalb zumutbar, weil er zeitnah mit einer Impfung rechnen könne. Er sei der Gruppe nach § 3 CoronaImpfV (2. Gruppe) zuzuordnen, für die nach Abschluss der laufenden Impfungen für die Personen nach § 2 CoronaImpfV (1. Gruppe) eine Impfung erfolgen würde.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Oldenburg ist nicht rechtskräftig.“

  1. Anspruch auf Notbetreuung beim paritätischen Wechselmodell

Das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus anerkennt einen Anspruch auf Notbetreuung auch im Rahmen eines von getrennt lebenden Eltern praktizierten sog. paritätischen Wechselmodells (VG Cottbus, Beschl. v. 21.01.2021 – VG 8 L 12/21)

Die ETL Rechtsanwälte GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft erzwingt vor dem Verwaltungsgericht Cottbus für ihren Mandanten erfolgreich die Notbetreuung in Form einer Hortbetreuung. Der Mandant und die Mutter des gemeinsamen Kindes leben getrennt voneinander und betreuen das Kind im sog. paritätischen Wechselmodell.

Die Besonderheit des Falles lag darin, dass die Antragsgegner (Bürgermeister und Landrat) bestritten hatten, dass beim paritätischen Wechselmodell der Kindesvater gleichermaßen als alleinerziehend zu werten sei. Insoweit konnten sie sich auf eine entsprechende Mitteilung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg v. 13.01.2021 stützen. Das Gericht hält die Einschätzung des Ministeriums für falsch und ist der Argumentation der ETL Rechtsanwälte GmbH gefolgt.

Die Entscheidung ist für die Frage der Notbetreuung bei Eltern, die das Wechselmodell praktizieren, von ausschlaggebender Bedeutung.

  1. Golfplätze und Friseursalons in Schleswig-Holstein bleiben geschlossen

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Schles­wig hat Eil­an­trä­ge eines Fri­seur­sa­lons gegen das Ver­bot von Dienst­leis­tun­gen mit Kör­per­kon­takt und einer Golf­platz­be­trei­be­rin gegen das Ver­bot zum Be­trieb von Sport­an­la­gen ab­ge­lehnt (OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 21.01.2021 – 3 MR 1/21; 3 MR 2/21). Nach Einschätzung des Gerichts spricht vie­les dafür, dass die an­ge­grif­fe­nen Re­ge­lun­gen der Co­ro­na-Be­kämp­fungs­ver­ord­nung v. 08.01.2021 einer recht­li­chen Über­prü­fung im Haupt­sa­che­ver­fah­ren stand­hal­ten wür­den.

  1. Verbot körpernaher Dienstleistungen während der Corona-Pandemie in Schleswig-Holstein rechtmäßig / § 28a IfSG verfassungsgemäß

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat entschieden, dass das Verbot körpernaher Dienstleistungen währen der Corona-Pandemie in Schleswig-Holstein als rechtmäßig anzusehen ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 22.01.2021 – 3 MR 4/21). Das OVG hat einen An­trag auf vor­läu­fi­ge Au­ßer­voll­zug­set­zung der ver­schärf­ten Co­ro­na-Kon­takt­be­schrän­kun­gen nach der am 24.01.2021 ab­ge­lau­fe­nen schles­wig-hol­stei­ni­schen Co­ro­na-Ver­ord­nung ab­ge­lehnt. Zwar be­stehen nach Einschätzung des Gerichts mit Blick auf Här­te­fäl­le Zwei­fel an der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Re­ge­lung. Im Hinblick auf die er­for­der­li­che Fol­gen­ab­wä­gung über­wie­ge aber der Ge­sund­heits­schutz. Im Übrigen heißt es im Leitsatz:

„Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) eingefügten § 28 a IfSG.“

  1. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eines Krankenhauses bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts in Zeiten der Corona-Pandemie

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat entschieden, dass dem Betriebsrat eines Krankenhauses bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts in Zeiten der Corona-Pandemie ein Mitbestimmungsrecht zusteht (LAG Köln, Beschl. v. 22.01.2021 – 9 TaBV 58/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.01.2021heißt es:

„Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts für ein Krankenhaus während der SARS-CoV-2-Pandemie mitzubestimmen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln am 22.01.2021 entschieden.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus und hatte im Zuge der Corona-Pandemie ohne Beteiligung des bei ihr gebildeten Betriebsrats ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Auf Antrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht Siegburg eine Einigungsstelle zur Regelung des Besuchskonzepts eingesetzt. Das von der Arbeitgeberin daraufhin angerufene Landesarbeitsgericht Köln hat den Beschluss des Arbeitsgerichts am 22.01.2021 bestätigt, die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bejaht.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz bezieht sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Eine solche Rahmenvorschrift, die auch den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezweckt, stellt nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln § 5 Abs. 1 der Coronaschutzverordnung NRW dar. Nach dieser Vorschrift hat das Krankenhaus die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Coronaviren zu erschweren. Besuche sind (nur) auf der Basis eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts zulässig, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz umsetzt. Entscheidet sich der Krankenhausträger für die Zulassung von Besuchen, trifft ihn nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts die entsprechende Verpflichtung zum Gesundheitsschutz auch gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für die Umsetzung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts bestehe– anders etwa als bei einer auf das Krankenhaus bezogen konkreten ordnungsbehördlichen Regelung – ein Gestaltungsspielraum, der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eröffne.

Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.“

  1. 83-Jährige Essener haben keinen Anspruch auf unverzügliche Impfung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Beschwerde von 83-jährigen Eheleuten aus Essen gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen abgelehnt, nach dem diese keine unverzügliche Corona-Schutzimpfung beanspruchen können (OVG Münster, Beschl. v. 22.01.2021 – 13 B 58/21; I. Instanz: VG Gelsenkirchen 20 L 1812/20).

In der Pressemitteilung v. 22.01.2021 heißt es:

„Das im eigenen Hausstand lebende Ehepaar hatte geltend gemacht, aufgrund seines Alters gehöre es zu der Gruppe von Personen, die nach der Coronavirus-Impfverordnung des Bundes mit höchster Priorität einen Anspruch auf Impfung hätten. Es sei daher rechtswidrig, dass in der Stadt Essen zunächst alle Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime, auch wenn diese das achtzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, und die dort tätigen Personen geimpft würden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen lehnte am 11. Januar 2021 den Eilantrag der Eheleute ab, mit dem sie erreichen wollten, dass die Stadt Essen ihnen unverzüglich eine Möglichkeit zur Corona-Schutzimpfung verschafft. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung hat der 13. Senat in Auseinandersetzung mit den mit der Beschwerde dargelegten Gründen ausgeführt: Die Priorisierung zugunsten der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sei nicht zu beanstanden. Zwar gehörten die über 80-Jährigen ebenso wie die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen der Impfgruppe mit höchster Priorität an. Die Coronavirus-Impfverordnung sehe aber ausdrücklich vor, dass innerhalb dieser Gruppe auf Grundlage infektiologischer Erkenntnisse bestimmte Anspruchsberechtigte vorrangig berücksichtigt werden könnten. Danach habe die Landesregierung darauf abstellen dürfen, dass die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen typischerweise ein höheres Expositionsrisiko hätten, weil sie im Alltag auf eine Vielzahl von Kontakten als notwendige Hilfestellungen angewiesen seien und sich nicht auf den selbstgewählten Kontakt zu Angehörigen oder anderen nahestehenden Personen beschränken könnten. Dass zeitgleich auch die in diesen Einrichtungen tätigen Personen die Impfung erhalten könnten, sei in der Coronavirusimpfverordnung selbst angelegt. Diese fasse Bewohner und Personal als einheitliche Untergruppe von Impfberechtigten zusammen. Das sei dem naheliegenden Umstand geschuldet, dass so ein möglichst umfassender Schutz der besonders gefährdeten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen erreicht werden könne, wenn ‑ wie erhofft ‑ eine Impfung tatsächlich die Weitergabe des Virus verhindere. Ob die Eheleute mit ihrem Begehren richtigerweise die Stadt Essen als untere Gesundheitsbehörde in Anspruch genommen haben, hat der Senat danach offen gelassen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 355.

  1. Weiterhin kein Präsenzunterricht in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen Eilantrag gegen die Coronabetreuungsverordnung des Landes abgelehnt, mit dem die Antragstellerin die sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht erreichen wollte (OVG Münster, Beschl. v. 22.01.2021 – 13 B 47/21.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.01.2021heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag gegen die Coronabetreuungsverordnung des Landes abgelehnt, mit dem die Antragstellerin die sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht erreichen wollte. Nach der aktuellen Coronabetreuungsverordnung ist in der Zeit vom 11. bis 31. Januar 2021 die schulische Nutzung von öffentlichen Schulen, Ersatzschulen und Ergänzungsschulen unter anderem zu Unterrichtszwecken untersagt.

Hiergegen wandte sich eine Zweitklässlerin aus Köln mit der Begründung, die Schließung der Schulen verletze ihr Recht auf Bildung und schulische Förderung. Der derzeit praktizierte Distanzunterricht stelle zumal für Grundschüler keine geeignete Unterrichtsform dar.

Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat hat zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung ausgeführt, die verordneten Schulschließungen seien in der derzeitigen Lage voraussichtlich verhältnismäßig. Angesichts der landesweit nach wie vor hohen Zahl an Neuinfizierungen überschreite der Verordnungsgeber auch unter Berücksichtigung des besonderen Bildungsauftrags von Grundschulen den ihm zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht, wenn er aktuell dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Gesundheitsschutz der Bevölkerung den Vorrang einräume. Die mit der Schließung der Schulen einhergehenden Folgen für die betroffenen Schüler und deren Eltern in sozialer, psychischer und auch ökonomischer Hinsicht seien zwar zum Teil gravierend. Diese würden aber zumindest teilweise durch digitale oder analoge Unterrichts- und Lernangebote abgefedert, auch wenn das „Lernen auf Distanz“ gerade bei jüngeren Schülern kein vollwertiges Äquivalent zu einem Präsenzunterricht darstelle. Im Übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber zunächst mit dem sogenannten Teillockdown ab Anfang November letzten Jahres anderen Maßnahmen den Vorzug gegeben und versucht habe, durch starke Einschränkungen in anderen Bereichen eine Eindämmung der Infektionstätigkeit zu erreichen, um den normalen Schulbetrieb aufrechterhalten zu können. Erst als sich gezeigt habe, dass sich die Verbreitung des Virus dadurch nicht in der erhofften Weise eindämmen ließ, habe er neben weiteren Verschärfungen auch die (zeitweise) Umstellung auf Distanzunterricht eingeführt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. FFP2-Maskenpflicht in Bayern bestätigt / 15-Kilometer-Regel vorläufig außer Vollzug gesetzt

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit zwei Beschlüssen zu Fragen des Schutzes vor der weiteren Verbreitung des Coronavirus entschieden (BayVGH, Beschl. v. 26.01.2021 – 20 NE 21.171 und 20 NE 21.162, NJW 2021, 872).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 26.01.2021 heißt es:

„Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat es mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt, die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in FFP2-Qualität beim Einkaufen oder bei der Benutzung von Verkehrsmitteln des Öffentlichen Personennahverkehrs vorläufig außer Vollzug zu setzen und damit den entsprechenden Eilantrag einer Privatperson aus dem Regierungsbezirk Schwaben zurückgewiesen. FFP2-Masken böten voraussichtlich gegenüber medizinischen oder sogenannten Community-Masken einen erhöhten Selbst- und Fremdschutz. Deshalb bestünden gegen ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keine Bedenken. Gesundheitsgefährdungen seien insbesondere wegen der regelmäßig begrenzten zeitlichen Tragedauer nicht zu erwarten. Grundsätzlich seien die Aufwendungen für die Anschaffung der Masken zumutbar. Offengelassen hat der Senat die Frage, ob aus der Verpflichtung zur Nutzung von FFP2-Masken sozialhilferechtliche Ansprüche für Bedürftige entstehen können.

Mit weiterem Beschluss vom heutigen Tage hat der BayVGH das Verbot touristischer Tagesausflüge für Bewohner von sog. Hotspots (§ 25 Abs. 1 Satz 1 der 11. BayIfSMV) vorläufig außer Vollzug gesetzt und damit einem Eilantrag eines Antragstellers aus Passau stattgegeben. Zur Begründung führte der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, dass das Verbot aller Voraussicht nach gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoße. Für die Betroffenen sei der räumliche Geltungsbereich des Verbots touristischer Tagesausflüge über einen Umkreis von 15 km um die Wohnortgemeinde hinaus nicht hinreichend erkennbar. Die textliche Festlegung eines 15-km-Umkreises sei nicht deutlich und anschaulich genug. Auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme kam es deswegen im Eilverfahren nicht mehr an. Die Entscheidung des Senats gilt allgemein und ab sofort bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Im Hinblick auf die vom Antragsteller ebenfalls angegriffene Befugnis der betroffenen Kommunen, eine Einreisesperre für touristische Tagesausflüge anzuordnen (§ 25 Abs. 1 Satz 4 11. BayIfSMV) hat der Senat den Eilantrag dagegen abgelehnt. Gegen die Beschlüsse des Senats gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Freispruch vom Vorwurf des Verstoßes gegen Kontaktbeschränkungen

Das Amtsgericht (AG) Weimar hat in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren entschieden (AG Weimar, Urt. v. 11.01.2021 – 6 Owi 523 Js 202518/20). In dem Ordnungswidrigkeitsverfahren ging es um einen Verstoß gegen die Kontaktbeschränkungen nach § 2 der 3.Thür-SARS-CoV-2- EindmaßnVO). Das AG hat den Betroffenen freigesprochen. Zwar sah das AG den Tatbestand  des Verstoßes gegen  die angeordneten Kontaktbeschränkungen als gegeben an. Allerdings hielt das Gericht  die entsprechenden  Normen  der Verordnung für verfassungswidrig. In einer umfangreichen Begründung führt das Gericht aus, dass die Maßnahmen der Kontaktbeschränkung aus verschiedenen Gründen gegen Verfassungsrecht verstoßen.

Stellungnahme von Rechtsanwalt Axel Möller, Jena:

Dieses umfangreich begründete Urteil ist nicht unumstritten und wird in der Öffentlichkeit  heftig diskutiert. Hinzuweisen ist darauf, dass sich das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in mehreren Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes mit den zur Begründung des Freispruches vorgetragenen verfassungsrechtlichen Argumenten summarisch auseinandergesetzt hat. Das Thüringer OVG hat die Verfassungswidrigkeit der Verordnung zumindest im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht gesehen (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 03.07.2020 – 3 EN 391/20).

  1. Hundesalons in Baden-Württemberg dürfen kontaktlose Dienstleistungen mit festem Zeitfenster anbieten

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg darf die Inhaberin eines Hundesalons (Antragstellerin) in Baden-Württemberg kontaktlose Dienstleistungen mit festem Zeitfenster anbieten; damit hat der VGH einem Eilantrag gegen die ausnahmslose Betriebsuntersagung nach der Corona-Verordnung der Landesregierung (Antragsgegner) stattgegeben (VGH Mannheim, Beschl. v. 22.01.2021 – 1 S 139/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.01.2021 heißt es:

„Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss von heute dem Eilantrag der Inhaberin eines Hundesalons (Antragstellerin) gegen die ausnahmslose Betriebsuntersagung nach der Corona-Verordnung der Landesregierung (Antragsgegner) stattgegeben.

Die Vorschrift in der Corona-Verordnung, die den Betrieb von Hundesalons und Hundefriseurläden verbietet (§ 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 12 CoronaVO), ist mit sofortiger Wirkung insoweit außer Vollzug gesetzt worden, als Dienstleistungsangebote auch dann untersagt werden, wenn eine kontaktlose Übergabe der Hunde innerhalb fester Zeitfenster erfolgt.

Die Antragstellerin hat mit ihrem gegen die Betriebsuntersagung von Hundesalons und Hundefriseurläden gerichteten Eilantrag vorgetragen, in ihrem Salon fänden keine einen Infektionsweg begründenden Kontakte zwischen Menschen statt. Sie habe bereits im März 2020 einen „Schleusenbetrieb“ zur Übergabe der Tiere eingerichtet, der einen direkten Kontakt zwischen ihr und den Kunden verhindere. Die Bezahlung erfolge auf Rechnung oder über andere Wege des kontaktlosen Zahlens. Termine würden mit Pufferzeit so vergeben, dass es keine Kontakte zwischen Kunden gebe.

Der Eilantrag der Antragstellerin hatte Erfolg. Der 1. Senat des VGH führt zur Begründung aus, die Sachlage sei mittlerweile eine andere als Anfang Januar, als ein Eilantrag eines anderen Hundesalons beim VGH erfolglos blieb (damals Beschluss vom 4. Januar 2021, Az. 1 S 4171/20). Denn inzwischen seien für den geschlossenen Einzelhandel Abholangebote (Click&Collect) zugelassen. Vergleichbares Hundesalons nicht zu gestatten, verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein sachlicher, im Infektionsschutz wurzelnder Grund dafür, Einzelhandelsbetrieben Vertriebsformen, die in der Art von „Click & Collect“-Angeboten weitgehend kontaktlos und ohne einen Kundenbesuch im Ladeninneren stattfänden, zu gestatten, Inhabern von Hundesalons und Hundefriseurbetrieben ähnliche Möglichkeiten zur Dienstleistungserbringung aber ausnahmslos zu verbieten, sei nicht erkennbar.

Insbesondere gingen das Robert-Koch-Institut und die Bundesregierung gegenwärtig übereinstimmend davon aus, dass es bisher keine Hinweise darauf gebe, dass Haustiere das neuartige Coronavirus übertragen könnten. Bei der Übertragung des Virus sei der Kontakt von Mensch zu Mensch ausschlaggebend. Das unterscheide Hundefrisiersalons auch von Friseurbetrieben für Menschen, die weiterhin ausnahmslos geschlossen sind.“

  1. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung für 83-Jährigen in Niedersachsen

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat entschieden, dass ein 83-jähriger Antragsteller keinen Anspruch auf den Erhalt einer unverzüglichen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 hat (VG Hannover, Beschl. v. 25.01.2021 – 15 B 269/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 26.01.2021 heißt es:

„Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er ist der Auffassung, aufgrund seines Lebensalters, seiner Vorerkrankungen sowie seiner Lebenssituation als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern einen Anspruch auf eine unverzügliche Impfung gegen das Coronavirus SARS CoV-2 zu haben. Es handele sich um einen Härtefall.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 25. Januar 2021 abgelehnt. Der Antragsteller könne einen Anspruch auf sofortige Schutzimpfung gegen das Niedersächsische Gesundheitsministerium – den Antragsgegner – weder aus der Coronavirus-Impfverordnung noch aus Teilhabeansprüchen herleiten.

Nach Auffassung der 15. Kammer gehöre der Antragsteller zwar der Impfgruppe mit höchster Priorität an. Ein Anspruch auf Impfung bestehe aber nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe. Da dem Land derzeit nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehe, um alle Personen, die der Gruppe mit höchster Impfpriorität angehören, zu impfen, sei die Entscheidung, zunächst Bewohner von Alten- und Pflegeheimen mit dem Impfstoff zu versorgen, nicht zu beanstanden. Die Coronavirus-Impfverordnung sehe ausdrücklich vor, dass innerhalb der Impfgruppen auf Grundlage infektiologischer Erkenntnisse bestimmte Anspruchsberechtigte vorrangig berücksichtigt werden könnten. Danach sei es zulässig, zunächst Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, die ein deutlich erhöhtes Risiko hätten, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und an COVID-19 zu versterben, zu impfen. Die priorisierte Impfung diene einerseits dem persönlichen Schutz dieser Personen, andererseits aber auch der Wahrung der Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen. So könnten Ausbruchsgeschehen in Pflege- und Altenheimen aufgrund des Risikos der raschen Verbreitung des Virus innerhalb der Einrichtung zu besonderen Belastungen der Intensivbettkapazitäten in den Kliniken führen.

In der Person des Antragstellers liege auch kein besonderer Härtefall vor. Seine Situation sei im Vergleich zu anderen impfberechtigten Personen nicht derart verschärft, dass eine unverzügliche Schutzimpfung zwingend sei. Es sei ihm möglich und zumutbar, sich durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung vor einer Ansteckung zu schützen und sich weitgehend in seiner häuslichen Umgebung aufzuhalten. Dies unterscheide ihn maßgeblich von anderen pflegebedürftigen Personen, die auf die Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine Pflegeinrichtung angewiesen seien und für die eine Kontaktvermeidung zu Personen außerhalb des eigenen Hausstandes nicht umsetzbar sei. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller Vater zweier schulpflichtiger Kinder sei, ergebe sich nichts anderes. Es erscheine möglich und umsetzbar, dass die Familieneinheit ihre Kontakte nach außen so weit wie möglich reduziere und das Ansteckungsrisiko des Antragstellers dadurch minimiere. Für die Kinder bestünde derzeit zudem keine Verpflichtung, die Schule zu besuchen, da – auch für das jüngere Kind – die Präsenzpflicht aktuell aufgehoben und die Befreiung von der Präsenzbeschulung bereits beantragt worden sei. Die Kammer verkenne nicht, dass sich hieraus sowohl für die Kinder als auch den Antragsteller eine hohe Belastung ergebe; dies gelte derzeit jedoch gleichermaßen für alle Familien mit schulpflichtigen Kindern und gesundheitlich vorbelasteten Haushaltsangehörigen.

Teilhabeansprüche der Bürger seien ebenfalls durch die tatsächlich zur Verfügung stehenden Impfstoffkapazitäten begrenzt, sodass der Antragsteller lediglich eine Verteilung des Impfstoffes nach sachgerechten Maßstäben verlangen könne. Dies sei vorliegend gewährleistet. Die durch den Antragsgegner festgelegte Reihenfolge der Verteilung der Impfstoffe sei sachgerecht und stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Antragstellers mit Bewohnern und Bewohnerinnen von Pflege- und Altenheimen dar.

Gegen die Entscheidung kann der Antragsteller Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erheben.“

Siehe auch oben Nr. 350.

  1. Kein Mietmangel bei pandemiebedingten Nutzungseinschränkungen im Hotelbetrieb

In einer Entscheidung vom 25.01.2021 hat das Landgericht  München I geurteilt, dass  die durch entsprechende Verordnung des bayerischen Gesetzgebers angeordneten Nutzungsbeschränkungen für einen Hotelbetrieb nicht dazu führen, dass der Mieter die Miete bzw. den Mietzins mindern darf (LG München I, Urt. v. 25.01.2021 – 31 O 7743/20).

Das Gericht verneint einen Sachmangel der Mietsache, weil die durch die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben herbeigeführten Nutzungsbeschränkungen ihre Ursache nicht im Mietobjekt selbst haben, sondern gewissermaßen „von außen“ wirken. Das Verwendungsrisiko liege grundsätzlich beim Mieter. Vor diesem Hintergrund  hat das Landgericht München 1 der Klage des Vermieters auf Zahlung der Miete stattgegeben.

Konkret führt das Gericht aus:

„Der Senat ist der Ansicht, dass es nachträglich einen Mangel i.S.d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen kann, wenn sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Pachtverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Pachtobjekts ergeben; dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Objekts in Zusammenhang steht; andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters, denn das Verwendungsrisiko trägt bei der Gewerberaummiete grundsätzlich der Mieter, wozu vor allem das Risiko gehört, Gewinne erzielen zu können.“

Allerdings bejaht das Gericht grundsätzlich auch  die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, sah diese im konkreten Fall  aber nicht als gegeben an.

Siehe auch oben Nr. 263, Nr. 280  und Nr. 287.

  1. Verwaltungsgericht gibt Autogroßhändler in Coronastreitigkeit Recht – Autogroßhändler muss nicht schließen

Das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen hat dem Antrag eines Autogroßhändlers stattgegeben, der sich gegen eine von der Stadt Göttingen aufgrund der Nds. Corona-Verordnung verfügte Betriebsschließung gewendet hatte (VG Göttingen, Beschl. v. 25.01.2021 – 4 B 264/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

„Der Antragsteller kauft Gebrauchtwagen von Privatpersonen an, die er über eine Internetplattform akquiriert. Interessenten geben auf der Internetseite verschiedene Daten zu ihrem Kraftfahrzeug an und erhalten im Gegenzug einen vorläufigen Ankaufspreis. In einer Filiale des Antragstellers werden die Angaben des potentiellen Verkäufers vor Ort überprüft. Ggf. wird ein abweichender, endgültiger Ankaufspreis bestimmt. Ist der Verkäufer mit diesem Preis einverstanden, wird ein Kaufvertrag geschlossen, und das Fahrzeug verbleibt in der Filiale. Die angekauften Fahrzeuge werden über zwei weitere, Internetplattformen verkauft. Diese Plattformen werden von rechtlich selbständigen Unternehmen betrieben. Käufer sind bei der einen Plattform gewerbliche Händler, bei der Anderen Endverbraucher. Im letzteren Fall werden die Fahrzeuge nach Abschluss des Kaufvertrags mit dem Endverbraucher im Internet in der Filiale übergeben oder durch Mitarbeiter des Unternehmens direkt an den Käufer ausgeliefert. Alle drei Unternehmen gehören zu ein und derselben Unternehmensgruppe, die die Gewinne generiert.

Ende Dezember untersagte die Stadt Göttingen dem Antragsteller, in der örtlichen Filiale Kraftfahrzeuge von Privatpersonen anzukaufen, sofern der Kaufvertrag erst nach einer Begutachtung des betroffenen Fahrzeuges vor Ort zustande kommt und nicht bereits im Fernabsatz ein abschließender Kaufvertrag vorliegt, in dessen Rahmen vor Ort nur eine reine Übergabe des betroffenen Fahrzeuges gegen den zuvor im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag festgesetzten Kaufpreis erfolgt. Hiervon ausgenommen seien gewerbliche Kunden. Ebenso sei die Herausgabe eines Fahrzeugs nach vorherigem Kaufvertragsabschluss über die Internetplattform zulässig. Zur Begründung gab die Stadt an, der Geschäftsbetrieb des Antragstellers sei dem Einzelhandel zuzuordnen, weil es sich bei den Verkäufern der Fahrzeuge um Privatpersonen handele. Einzelhandel sei nur mit Ausnahmen zulässig, wozu der Autoan- und -verkauf des Antragstellers nicht gehöre.

Gegen diese Untersagungsverfügung hat der Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig einen vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzantrag gestellt. Diesem hat das Gericht jetzt stattgegeben.

Zur Begründung ist es im Wesentlichen er Argumentation des Antragstellers gefolgt und hat ausgeführt, der Antragsteller betreibe keinen Einzelhandel, sondern einen Großhandel. Für diesen gälten die durch die Nds. Corona-Verordnung verfügten Betriebsschließungen nicht. Zum Einzelhandel gehörten Unternehmen, die das Produkt dem Konsumenten bzw. Endverbraucher unmittelbar vermitteln. Alle anderen in dieser Handelskette vorher tätigen Unternehmen, die nicht an der Produktion der Ware selbst beteiligt waren, seien dem Großhandel zuzuordnen. Da der Antragsteller die Fahrzeuge nicht an die Endverbraucher verkaufe, sondern an rechtlich selbständige Zwischenhändler, betreibe er einen Großhandel. Unerheblich sei, dass der Antragsteller die Autos von Privatpersonen erwerbe. Für die Abgrenzung des Groß- vom Einzelhandel sei nicht maßgeblich von wem der Händler die Ware beziehe, sondern an wen er sie veräußere. Schließlich gebe die Corona-Verordnung für eine Begrenzung des Großhandels auf Produkte des täglichen Bedarfs nichts her.

Gegen diesen Beschluss kann die Stadt Göttingen innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen. Die Klage ist noch vor dem Verwaltungsgericht anhängig.“

  1. Erfolglose Eilanträge auf vorgezogene Schutzimpfung wegen einer Krebserkrankung

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in zwei Eilverfahren einzelner Personen die Anträge auf Verpflichtung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, sie wegen einer Krebserkrankung sofort gegen das Coronavirus zu impfen, abgelehnt (VG Berlin, Beschl. v. 29.01.2021 – VG 14 L 13/21; VG 14 L 33/21).

In der Pressemitteilung Nr. 3/2021 v. 01.02.2021 heißt es:

„Bei den Antragstellenden handelt es sich um nicht stationär behandelte Krebskranke (Lungenkrebs bzw. Knochenkrebs), die sich wegen ihrer Erkrankung und/oder einer therapiebedingten Immunschwäche als durch das Coronavirus besonders gefährdet ansehen und eine sofortige Schutzimpfung dagegen beanspruchen. Sie machen geltend, die dem entgegenstehende Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) sei verfassungswidrig, weil eine derart wesentliche Frage wie die Reihenfolge der Verimpfung der immer noch knappen Impfdosen vom Parlament selbst hätte geregelt werden müssen und nicht der Exekutive hätte überlassen werden dürfen (Wesentlichkeitsgrundsatz). Auch sei es sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, bei der Festlegung der Impfreihenfolge vor allem auf das Lebensalter abzustellen und bestehende Erkrankungen nicht hinreichend zu berücksichtigen.

Die 14. Kammer hat beide Eilanträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellenden könnten diesen nicht aus § 1 Abs. 1 CoronaImpfV ableiten, da sie nicht zur Gruppe der Personen mit höchster Impfpriorität (§ 2 CoronaImpfV) zählten. Auch eine (ermessensfehlerfreie) Einzelfallentscheidung könne nicht beansprucht werden, weil Einzelfallentscheidungen in der Corona-Impfverordnung nicht vorgesehen seien. Aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit könne ebenso wenig ein sofortiger Impfanspruch abgeleitet werden. Der Exekutive komme nämlich bei der Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dieser sei hier nicht überschritten, denn es lasse sich nicht feststellen, dass die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien. Angesichts des noch knappen Impfstoffs ermögliche es der Gestaltungsspielraum ins-besondere, eine Priorisierung vorzunehmen, die bestimmte besonders gefährdete Gruppen bevorrechtige. Zu diesen gehörten nach den aktuellen, wenngleich auch nicht unumstrittenen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den darauf gestützten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission vor allem Menschen, die das 80. Lebensjahr vollendet hätten oder die in stationären Einrichtungen behandelt oder gepflegt würden. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei insoweit nicht erkennbar. Offenbleiben könne letztlich, ob das Parlament eine derart wesentliche Frage wie die der Impfpriorisierung hätte selbst regeln müssen. Selbst wenn dem so wäre, könne aus einer etwaigen Nichtigkeit der Coronavirus-Impfverordnung angesichts der nur sehr begrenzten Anzahl verfügbarer Impfdosen noch kein Anspruch auf sofortige Impfung hergeleitet werden, weil die vom Antragsgegner praktizierte Verfahrensweise jedenfalls keine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

Ebenso im Ergebnis VG Hamburg, Beschl. v. 04.02.2021 – 19 E 373/21.

Siehe auch nachfolgend Nr. 359 und Nr. 360.

  1. Erfolgreicher Antrag eines schwerstbehinderten Antragstellers auf prioritäre Berücksichtigung bei der Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-CoV-2

Das Verwaltungsgerichts (VG) Frankfurt am Main hat einen Eilantrag eines Antragstellers gegen das Land Hessen abgelehnt und einem weiteren Eilantrag gegen die Stadt Frankfurt am Main stattgegeben; es ging um Anträge auf prioritäre Berücksichtigung bei der Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-CoV-2 (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 29.01.2021 – 5 L 182/21.F; 5 L 179/21.F).

In der Pressemitteilung Nr. 02/2021 des Gerichts v. 29.01.2021 heißt es:

„Die Stadt Frankfurt am Main wurde verpflichtet, den Antragsteller bei der nächsten Lieferung von Impfstoffen gegen das Corona Virus (SARS-COV-2) unter Berücksichtigung seiner Vorerkrankung vorrangig zu berücksichtigen und ihm ein dementsprechendes Impfangebot zu unterbreiten.

Der zu 100 % schwerstbehinderte Antragsteller ist unterhalb des Halswirbels gelähmt und verfügt über den Pflegegrad 5. Aufgrund seiner Lähmungen sind auch die Lungenfunktionen eingeschränkt.

Nach vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen gehört er zur Hochrisikogruppe bei einer Covid- 19- Erkrankung und würde mit Sicherheit beatmungspflichtig werden.

Vor dem Hintergrund dieser gesundheitlichen Situation hat sich der Antragsteller sowohl an das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main, als auch an das Hessische Ministerium für Soziales und Integration gewandt und darum gebeten, ihm einen Termin für die jetzige Impfung zu geben.

Für sein Anliegen erklärten sich beide Behörden für unzuständig.

Daraufhin hat der Antragsteller in zwei Eilanträgen, einmal gerichtet gegen das Land Hessen und einmal gerichtet gegen die Stadt Frankfurt am Main um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht.

Wegen der unklaren Zuständigkeitsregelung hat die Kammer dem Antragsteller in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und in Anwendung der allgemeinen infektionsschutzrechtlichen Zuständigkeitsregelungen die Zuständigkeit letztlich bei der Stadt Frankfurt am Main gesehen.

Die Kammer hat Bedenken hinsichtlich der Bildung und Abgrenzung der verschiedenen Gruppen in §§ 2-4 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Corona Virus SARS-COV-2 (Coronavirus-Impfverordnung –CoronaImpfV), wenn man diese Personen mit denjenigen in häuslicher Pflege und /oder eingeschränkter Lungenfunktion vergleicht. Für die Sicherheit des Antragstellers ist es nicht ausreichend, wenn das ihn umgebende Pflegepersonal, aber nicht er selbst geimpft werde.

In der ´Soll´-Vorschrift des § 1 Abs. 2 CoronaImpfV wird den Behörden in atypischen Fällen ein Ermessen eröffnet. Diese haben dann eine eigenständige Einordnung des Antragstellers entsprechend des attestierten ärztlichen Befundes vorzunehmen. Da dies bislang nicht geschehen ist, hat das Gesundheitsamt unter Berücksichtigung aller Erkenntnisse und Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut und der epidemiologischen Lage eine Entscheidung über die Priorisierung des Antragstellers bei der Impfung vorzunehmen.

Gegen die Beschlüsse kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

Siehe auch vorhergehend Nr. 358 und nachfolgend Nr. 360.

  1. Priorität bei der Corona-Schutzimpfung für schwer erkrankte Menschen

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat entschieden, dass der Freistaat Sachsen im Einzelfall einer unter schweren Vorerkrankungen leidenden 35-jährigen Sächsin eine höhere Priorität bei der Corona-Schutzimpfung einräumen muss (VG Dresden, Beschl. v. 29.01.2021 – 6 L 42/21). Die 35-jährige Antragstellerin leidet an einer sehr seltenen Erkrankung, die mit einer ausgeprägten Schwäche der Atemmuskulatur und der Extremitäten einhergeht.

Siehe auch vorhergehend Nr. 358 und Nr. 359.

  1. Untervermietung eines Fitnessstudios an Einzelpersonen verstößt nicht gegen die Niedersächsische Corona-Verordnung

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat entschieden, dass die Untervermietung eines Fitnessstudios an Einzelpersonen nicht gegen die Niedersächsische Corona-Verordnung verstößt und gibt dem Eilantrag einer Fitnessstudiobetreiberin statt (VG Hannover, Beschl. v. 01.02.2021 – 15 B 343/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Die Antragstellerin betreibt ein Fitnessstudio. Sie hat ein Konzept erarbeitet, welches die stundenweise Untervermietung ihres Fitnessstudios an Einzelpersonen oder deren Haushalt vorsieht. Der Untermietvertrag wird dabei im Vorhinein abgeschlossen und der Zugang mittels QR-Code ermöglicht, welcher für die jeweilige Nutzungszeit freigeschaltet wird. Publikumsverkehr sei so ausgeschlossen. Begleitend hat die Antragstellerin ein Hygiene-Konzept erarbeitet, welches regelmäßige Desinfektionszeiten und Reinigungsintervalle vorsieht. Sie ersuchte das Verwaltungsgericht im Wege eines Eilverfahrens festzustellen, dass der Betrieb ihres Fitnessstudios in dieser Form nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Nds. Corona-VO verboten ist. Sie ist der Auffassung, bei dem konzipierten Geschäftsmodell handele es sich nicht mehr um ein Fitnessstudio im herkömmlichen Sinne. Es sei stattdessen als Anlage für Individualsport im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Nds. Corona-VO zu qualifizieren, welche für die Nutzung durch Einzelpersonen oder deren Haushalt bzw. eine Kontaktperson grundsätzlich öffnen dürften.

Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag mit Beschluss vom 01. Februar 2021 stattgegeben.

Nach Auffassung der 15. Kammer verstoße ein Verbot des Fitnessstudiobetriebes in der dargelegten Weise gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dem Verordnungsgeber komme zwar im Rahmen des Infektionsschutzes grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Sein Handeln bedürfe jedoch einer sachlichen Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung bestehe für eine Untersagung des Betriebes eines Fitnessstudios in Form der Untervermietung an Einzelpersonen im Vergleich zu der weiterhin erlaubten Öffnung von Einrichtungen des Individualsportes aber nicht. Es begegne dabei grundsätzlich keinen Bedenken, dass der Verordnungsgeber in § 10 Abs. 1 und 2 der Nds. Corona-VO eine Reihe von Verboten und Beschränkungen erlassen habe mit dem Ziel, für das Infektionsgeschehen relevante soziale Kontakte zu verhindern oder zu reduzieren. Auch die darin enthaltene Schließung von Fitnessstudios sei dem Grunde nach unbedenklich, da dort durch eine Vielzahl von Menschen auf begrenztem Raum und gesteigertem Atemverhalten unter körperlicher Belastung ein erhöhtes Infektionsrisiko angenommen werden könne. Dieses Infektionsrisiko werde jedoch durch das Betriebskonzept der Antragstellerin gerade verhindert.

Soweit der Antragsgegner im Verfahren weiterhin geltend gemacht habe, Ziel der Schließungen sei primär eine Reduktion der Gesamtzahl möglicher Infektionsquellen durch sportliche Betätigung sowie die Begrenzung der sich in der Öffentlichkeit bewegenden Menschen, fehle es an einer sachgerechten Differenzierung. Sofern Ziel der Maßnahme allein die Reduktion der Sportstätten sein solle, sei die Auswahl der zu schließenden Sportstätten beliebig und damit letztendlich willkürlich. Hinzu komme, dass die getroffene Auswahl auch ungeeignet sei, das Personenaufkommen in der Öffentlichkeit zu reduzieren. So weise die Landesregierung in ihren Erläuterungen zur Corona-Verordnung auf ihrer Website selbst darauf hin, dass im Rahmen des erlaubten Individualsportes auch eine Belegung der Anlagen durch eine Mehrzahl von Personen in Betracht komme. So dürften beispielsweise in Tennishallen auch mehrere Plätze von jeweils zwei Menschen gleichzeitig genutzt werden. Weiter heißt es, dass bei Einhaltung des Abstandsgebotes auch die Durchführung von Wettkämpfen in Anlagen zum Individualsport in Betracht komme. Derartige Anlagen und Veranstaltungen dürften die Gesamtzahl der sich in der Öffentlichkeit bewegenden Menschen stärker erhöhen, als das Geschäftsmodell der Antragstellerin.

Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 364.

  1. Elfte Baye­ri­sche Co­ro­na-Ver­ord­nung bleibt vor­erst in Voll­zug

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VerfGH Bayern) hält die Elfte Baye­ri­sche Co­ro­na-Ver­ord­nung vorerst für rechtmäßig; nach Vor­nah­me einer Fol­gen­ab­wä­gung über­wie­gen nach Überzeugung des Gerichts die Be­lan­ge des Ge­sund­heits­schut­zes (VerfGH Bayern, Entscheidung vom 01.02.2021 – Vf. 98-VII-20).

  1. Praktischer Fahrunterricht in Niedersachsen weiterhin zulässig

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat entschieden, dass die Durchführung praktischen Fahrunterrichts derzeit nicht durch § 14a der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.01.2021) verboten ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 03.02.2021 – 13 MN 37/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 03.02.2021 heißt es:

„In dem Verfahren hatte der Antragsteller, der im Landkreis Gifhorn mehrere Fahrschulen betreibt, beantragt, § 14a Corona-VO vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit sich das darin geregelte Verbot von Präsenzunterricht im Bereich der außerschulischen Bildung auf praktischen Fahrunterricht beziehe.

Zwar hat der Senat diesen Antrag als unzulässig verworfen. Dies ist jedoch nur darauf zurückzuführen, dass die Durchführung praktischen Fahrunterrichts nach Auffassung des Senats derzeit nicht durch die angegriffene Norm des § 14a Satz 1 Corona-VO verboten ist. Deshalb könne der Antragsteller im Hinblick auf den allein streitgegenständlichen praktischen Fahrunterricht nicht geltend machen, durch diese Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Für Fahrprüfungen und die Fahrausbildungsberatung folge die Zulässigkeit bereits aus der ausdrücklichen Ausnahme in § 14a Satz 2 Corona-VO. Praktischer Fahrunterricht, der zu Zwecken einer beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung durchgeführt werde (z.B. bei angehenden Berufskraftfahrer/innen), sei ebenfalls zulässig. Denn in der von § 28a Abs. 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes geforderten ursprünglichen Begründung vom 8. Januar 2021 zu dem mit Wirkung vom 10. Januar 2021 eingefügten § 14a Corona-VO habe der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass sich das darin geregelte Verbot nicht auf Präsenzunterricht zu derartigen Zwecken beziehen sollte.

Aber auch der „gewöhnliche“ praktische Fahrunterricht sei weiterhin erlaubt. Denn in der genannten ursprünglichen Verordnungsbegründung sei auch betont worden, dass der sog. „aufsuchende“ Unterricht, zu dem nach einhelliger Auffassung und Verwaltungspraxis der praktische Fahrunterricht gehöre (vgl. Senatsbeschl. v. 22.1.2021 – 13 MN 17/21 -, juris), nicht von dem Verbot des Präsenzunterrichts betroffen sei.

Diesen durch einschränkende Auslegung ermittelten Bedeutungsgehalt des § 14a Corona-VO müsse der Verordnungsgeber weiterhin gegen sich gelten lassen. Der bloße „nachrichtliche“ Hinweis zu § 14a in der Begründung anlässlich der späteren Änderungsverordnung zur Corona-VO vom 22. Januar 2021, demzufolge der Verordnungsgeber ab dem 25. Januar 2021 unter verbotenem „Präsenzunterricht“ auch den „aufsuchenden“ Unterricht (und damit auch den praktischen Fahrunterricht) verstehe, ändere an der dargestellten Rechtslage nichts. Denn diese Änderungsverordnung habe den Text des § 14a Corona-VO unverändert gelassen. Der in dem „nachrichtlichen“ Hinweis zum Ausdruck gekommene Änderungswille des Verordnungsgebers sei damit bislang nicht umgesetzt worden.

Angesichts des Umstandes, dass das Land Niedersachsen als Antragsgegner in Gestalt dieses Hinweises und weiterer Verlautbarungen im Internet gleichwohl suggeriert habe, praktischer Fahrunterricht sei seit dem 25. Januar 2021 durch Landesverordnung verboten, hat ihm der 13. Senat trotz des Unterliegens des Antragstellers mit dem Normenkontrolleilantrag die Verfahrenskosten auferlegt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Corona bedingte Schließung eines Fitnessstudios ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen hat dem Antrag des Betreibers eines Fitnessstudios stattgegeben mit dem dieser sich gegen eine von der Stadt Göttingen verfügte Schließung seines Studios gewehrt hatte (VG Göttingen, Beschl. v. 05.02.2021 – 4 B 22/214 B 22/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 05.02.2021 heißt es:

„Die Stadt Göttingen hatte dem Antragsteller sofort vollziehbar den Betrieb seines Fitnessstudios untersagt und diese Untersagung auf die Nutzung zu Zwecken des Individualsports erstreckt. Das Studio war bis dahin aufgrund eines Hygienekonzeptes so betrieben worden, dass maximal zwei Personen gleichzeitig im Trainingsraum anwesend sein und ohne Anleitung die Geräte benutzen durften. Alle Geräte wurden bei Wechsel der Besucher desinfiziert. Die Stadt stützte sich bei der Untersagung auf die Vorschrift der Nds. Coronaverordnung, wonach Fitnessstudios für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen sind. Es handele sich nicht um Individualsport, der nach der Coronaverordnung allein oder mit einer weiteren Person oder den Personen des eigenen Hausstandes auf und in Sportanlagen zulässig sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Hygienekonzept umgesetzt werde, da dies völlig unwirtschaftlich sei. Da Fitnessstudios anders als z.B. Sportvereine gewinnorientiert arbeiteten, fehle ihnen auch ein Interesse an der Einhaltung eines solchen Konzepts.

Hiergegen hat der Betreiber Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, er betreibe kein Fitnessstudio, sondern biete die Möglichkeit für zulässigen Individualsport. Wollte man das anders sehen, bestünde eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Fitnessstudios und anderen Anlagen, auf denen Individualsport möglich sei.

Das Gericht hat dem Antrag stattgegeben, weil die Schließungsverfügung voraussichtlich rechtswidrig ist. Zwar handele es sich bei dem, was der Antragsteller betreibe um ein Fitnessstudio. Die unterschiedliche Behandlung solcher Studios zu Individualsport auf anderen Sportanlagen verstoße jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Ein Fitnessstudio sei eine besondere Form des Angebots des Freizeit- und Amateursports in privaten Sportanlagen. Da die Infektionsgefahr in beiden Bereichen dieselbe sei, müssten sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung vorliegen. Solche vermochte das Gericht nicht zu erkennen. Soweit der Verordnungsgeber die Zulässigkeit von Individualsport in öffentlichen oder privaten Sportanlagen mit der gesundheitsfördernden Wirkung des Sports begründet, könne diese Wirkung der sportlichen Betätigung in Fitnessstudios nicht abgesprochen werden. Auch sei die Einhaltung der Beschränkungen des Individualsports nicht unterschiedlich schwierig je danach, ob es sich um Sportanlagen oder Fitnessstudios handele. Die von der Stadt vorgebrachten wirtschaftlichen Erwägungen seien rechtlich unmaßgeblich.

Gegen diesen Beschluss kann die Stadt Göttingen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen. Über die weiter anhängige Klage ist noch nicht entschieden.“

Siehe auch oben Nr. 361.

  1. Friseure in Hessen dürfen nicht öffnen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel hat entschieden, dass Friseure weiterhin nicht öffnen dürfen; auch einen mobilen Service untersagt das Gericht (VGH Kassel, Beschl. v. 04.02.2021 – 8 B 215/21.N).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 03/2021 v. 05.02.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom 4. Februar 2021 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Regelung über die Schließung von Frisörbetrieben in der Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona Pandemie (Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung – CoKoBeV) nicht außer Vollzug gesetzt wird. Ein entsprechender Eilantrag wurde abgelehnt.

Der Antragsteller ist Inhaber eines Friseursalons in Seeheim-Jugenheim. Aufgrund der angegriffenen Regelung ist sein Salon seit dem 16. Dezember 2020 geschlossen. Er begehrte deshalb den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, indem er sich direkt gegen die nachfolgend genannte Vorschrift der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung wendete.“

  1. Eilrechtsschutzantrag gegen Verbot des Alkoholkonsums im gesamten öffentlichen Raum des Landes Brandenburg erfolgreich

Der Eilrechtsschutzantrag gegen das Verbot des Alkoholkonsums im gesamten öffentlichen Raum des Landes Brandenburg ist erfolgreich gewesen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.02.2021 – OVG 11 S 10/217/21).

In der Pressemitteilung Nr. 7/21 des Gerichts v. 05.02.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Eilverfahren § 4 Abs. 5 der 5. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vorläufig außer Vollzug gesetzt. Nach dieser Regelung ist der Konsum von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum ganztägig landesweit untersagt. Zur Begründung hat der 11. Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass das Infektionsschutzgesetz lediglich dazu ermächtige, Alkoholkonsum auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder in bestimmten öffentlich zugänglichen Einrichtungen zu verbieten.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe aber auch VG Hamburg, Beschl. v. 27.01.2021 – 2 E 195/21 [Erfolgloser Eilantrag gegen das aus der Corona-Verordnung folgende Alkoholkonsumverbot im öffentlichen Raum]

  1. Nächtliche Ausgangbeschränkungen in Baden-Württemberg ab 11.02.2021 außer Vollzug

Durch eine Entscheidung v. 05.02.2021 hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg die nächtlichen Ausgangbeschränkungen in Baden-Württemberg ab 11.02.2021 außer Vollzug gesetzt (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.02.2021 – 1 S 321/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 08.02.2021 heißt es:

„Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss vom Freitag, den 5. Februar 2021 dem Eilantrag einer Bürgerin aus Tübingen (Antragstellerin) gegen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen nach der Corona-Verordnung der Landesregierung (Antragsgegner) stattgegeben. Die Vorschrift in der Corona-Verordnung, die nächtliche Ausgangbeschränkungen von 20 Uhr bis 5 Uhr regelt (§ 1c Abs. 2 CoronaVO), ist mit Wirkung ab dem 11. Februar, 5 Uhr außer Vollzug gesetzt worden. Sie findet also in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag letztmalig Anwendung.

Zur Begründung führt der 1. Senat aus: Der Antragsgegner habe voraussichtlich den gesetzlichen Voraussetzungen aus § 28a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 IfSG zuletzt nicht mehr entsprochen. Nach § 28a Abs. 2 IfSG seien Ausgangsbeschränkungen nur möglich, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet wäre“. Sie seien daher nicht bereits dann zulässig, wenn ihr Unterlassen zu irgendwelchen Nachteilen in der Pandemiebekämpfung führe, sondern kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe.

Zudem ergebe sich aus § 28a Abs. 3 IfSG, dass der Verordnungsgeber, wenn er Ausgangsbeschränkungen dem Grunde nach für erforderlich halte, auch eingehend zu prüfen habe, ob diese landesweit angeordnet werden müssten oder ob insoweit differenziertere Regelungen in Betracht kämen. Mit § 28a Abs. 3 IfSG habe der Bundesgesetzgeber die Grundentscheidung getroffen, dass bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie grundsätzlich ein differenziertes, gestuftes Vorgehen geboten sei, das sich an dem tatsächlichen regionalen Infektionsgeschehen orientieren solle. Diese Anforderungen bestünden auch im Anwendungsbereich des Satzes 10 des § 28a Abs. 3 IfSG. Der bestimme, dass bei „einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“ seien. Die Vorschrift lasse landesweit einheitliche Vorschriften – also Vorschriften in einer Verordnung, die für alle Stadt- und Landkreise in gleicher Weise gälten – zu. Er setze solche landesweit einheitlichen Maßnahmen aber nicht für jeden Fall einer landesweiten Überschreitung der genannten Inzidenzgrenze von 50 zwingend voraus.

Der Antragsgegner sei für die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2, 3 IfSG begründungspflichtig. Den gesetzlichen Anforderungen für die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen habe der Antragsgegner zuletzt – anders als Ende Dezember und Mitte Januar, als Eilanträge gegen die nächtlichen Ausgangbeschränkungen erfolglos blieben – nicht mehr entsprochen. Der Anwendungsbereich des § 28a Abs. 3 Satz 10 IfSG sei derzeit eröffnet. Denn die landesweite 7-Tages-Inzidenz belaufe sich nach dem Stand vom 4. Februar, 16 Uhr in Baden-Württemberg auf 63,5. Der Antragsgegner habe deshalb derzeit nach wie vor „landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“, dabei aber darzulegen, dass der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen auch bei Berücksichtigung der übrigen Maßnahmen schwerwiegende Folgen für die wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 zur Folge hätte und dass gerade der Erlass von landesweit einheitlichen Regelungen erforderlich sei.

Daran fehle es angesichts des aktuellen Pandemiegeschehens:

Mitte Dezember 2020 sei in Baden-Württemberg auf damals bereits hohem Niveau wieder ein Anstieg der übermittelten Fallzahlen zu beobachten gewesen. Die 7-Tages-Inzidenz habe am 18. Dezember bei 199,1 und der R-Wert bei 1,04 gelegen. Es habe keine Land- und Stadtkreise mit Inzidenzwerten unter 100 gegeben, diese hätten vielmehr durchweg in den Bereichen zwischen 101 und 200 (25 Kreise) oder über 200 (19 Kreise) gelegen. Ab Weihnachten sei bis zum 20. Januar ein Abfall der Fallzahlen zu beobachten gewesen. Die 7-Tages-Inzidenz sei bis dahin auf 98,9 gesunken und der R-Wert habe bei 0,84 gelegen. Stadt- und Landkreise mit Inzidenzwerten über 200 habe es nicht mehr gegeben. Die diesbezüglichen Werte hätten aber gleichwohl noch auf einem landesweit ähnlichen und hohen Niveau gelegen, die sich entweder im Bereich von 51 bis 100 (25 Kreise) oder 101 bis 200 (18 Kreise) bewegt hätten. Lediglich ein Landkreis (Tübingen) habe – allerdings auch nur minimal (49,4) – unter dem Wert von 50 gelegen.

Das Pandemiegeschehen im Land habe sich seither in beachtlichem Umfang verändert. Die 7-Tages-Inzidenz sei weiter gesunken und liege nun bei 63,5. Der R-Wert bleibe mit 0,85 unter 1. Derzeit (Stand 4. Februar, 16 Uhr) wiesen nur noch 5 Kreise 7-Tages-Inzidenzen von mehr als 100 auf und auch diese bewegten sich eher am unteren Ende der Skala zwischen 101 und 150. 26 Kreise lägen im Bereich der Inzidenzen von 51 bis 100, 9 Kreise im Bereich von 36 bis 50 und 4 Kreise unter 35. Das Pandemiegeschehen stelle sich damit im Vergleich zu Mitte Dezember und auch im Vergleich zu dem Stand vor zwei Wochen im Januar bei insgesamt fallenden Zahlen als regional erheblich differenzierter dar. Die vom Landesgesundheitsamt dazu erstellte Übersichtskarte zeige dabei auch, dass die Kreise mit vergleichsweise niedrigen Werten inzwischen nicht etwa bloße „Inseln“, sondern teils zusammenhängende Regionen innerhalb des Landes bildeten.

Der Antragsgegner habe im Wesentlichen vorgetragen, eine „verfrühte“ Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen berge die Gefahr eines erneuten exponentiellen Wachstums. Dieses Vorbringen falle gemessen an den Anforderungen des § 28a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG zu pauschal und undifferenziert aus. Insbesondere setze sich der Antragsgegner nicht damit auseinander, dass Bürger, die in Kreisen mit besonders hohen Inzidenzzahlen wohnten, in denen dann beispielsweise nächtliche Ausgangsbeschränkungen nochmals gezielt durch kommunale (Allgemein-)Verfügungen angeordnet werden könnten, diese Kreise aufgrund der dann regionalen Regelung nicht verlassen dürften. Schon deshalb wäre bei etwaigen kommunalen Ausgangsbeschränkungen nicht mit massenhaften Ausweichtendenzen zu rechnen.“

So wie der VGH Baden-Württemberg hat auch das Verwaltungsgericht (VG) Greifswald entschieden und die infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises Vorpommern- Greifswald vom 22.01.2021 für rechtswidrig erklärt (VG Greifswald, Beschl. vom 29.01.2021 – 4 B 134/21 HGW und 4 B 154/21 HGW). Mit vorgenannter Allgemeinverfügung hatte der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald aus infektionsschutzrechtlichen Gründen für den Landkreis beginnend ab dem 25. Januar 2021 für einen unbestimmten Zeitraum angeordnet, dass der Aufenthalt außerhalb der eigenen häuslichen Unterkunft im Zeitraum von täglich 21:00 Uhr abends bis 6:00 Uhr morgens des Folgetages ohne triftigen Grund untersagt ist (Ziffer 1.) und dass der Aufenthalt außerhalb des Bewegungsradius von 15 Kilometer um den Wohnort (Meldeadresse) im Landkreis Vorpommern-Greifswald ohne triftigen Grund untersagt ist, wobei Ausgangspunkt für die Ermittlung des 15-Kilometer-Radius die Anschrift der Meldeadresse ist (Ziffer 2. Absatz 1).

  1. Aktuell keine Sonderrechte für Geimpfte!

Das Verwaltungsgericht (VG) Greifswald hat entschieden, dass Be­sit­zer von Fe­ri­en­woh­nun­gen in Meck­len­burg-Vor­pom­mern Gäste auch dann nicht be­her­ber­gen dürfen, wenn diese gegen Covid-19 ge­impft oder von einer Covid-19-Er­kran­kung ge­ne­sen sind (VG Greifswald, Beschl. v. 09.02.2021 – 4 B 122/21 HGW). Das Ge­richt weist darauf hin, dass es der­zeit keine ge­si­cher­ten wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­se gebe, dass durch Ge­impf­te oder Ge­ne­se­ne keine Über­tra­gung des Co­ro­na-Virus mehr er­fol­gen könne.

  1. Kein Anspruch aus der Betriebsschließungsversicherung

Das Landgericht (LG) Düsseldorf hat entschieden, das einem Restaurantbetreiber keine Entschädigung aus einer Betriebsschließungsversicherung zusteht, wenn die Versicherungsbedingungen auf das Infektionsschutzgesetz mit Stand 20.07.2000 verweisen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.02.2021 – 9  O 292/20). Mit seiner Klage hatte der Restaurantbetreiber 24.000,00 EUR von der beklagten Versicherung verlangt.

  1. „Ansammlungsverbot“ nach der Coronaschutzverordnung in NRW rechtmäßig

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hält das „Ansammlungsverbot“ nach der im April bzw. Mai 2020 geltenden Coronaschutzverordnung für rechtmäßig; es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (OLG Hamm, Beschl. v. 28.01.2021 – 4 RBs 446/20 und 4 RBs 3/21).

  1. Maskenpflicht im Umfeld von Geschäften in NRW außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Maskenpflicht im Umfeld von Geschäften in NRW außer Vollzug zu setzen sei (OVG Münster, Beschl. v. 10.02.2021 – 13 B 1932/20.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 10.02.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute den Eilantrag einer Antragstellerin aus Gelsenkirchen zur Maskenpflicht nach der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung im Wesentlichen abgelehnt. Erfolg hatte der Antrag allerdings hinsichtlich der Bestimmung, wonach unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands im unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften auf dem Grundstück des Geschäftes, auf den zu dem Geschäft gehörenden Parkplatzflächen und auf den Zuwegungen zu dem Geschäft eine Alltagsmaske zu tragen ist. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht durch seinen Eilbeschluss die Coronaschutzverordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Zur Begründung hat der 13. Senat ausgeführt: Auch wenn der wissenschaftliche Dis­kurs über die Eignung insbesondere von Alltagsmasken als Mittel zur Vermeidung von Infektionen mit SARS-CoV-2 nicht abgeschlossen sei, sei auf der Grundlage der gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisse davon auszugehen, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Mund-Nasen-Schutzes („OP-Maske“) andere vor einer Infektion schütze. Es gebe bislang auch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass durch das ‑ regelmäßig zeitlich begrenzte – Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Mund-Nasen-Schutzes die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid objektiv in gesundheitsgefährdender Weise beeinträchtigt werde. Dass die Coronaschutzverordnung inzwischen für bestimmte, vom Verordnungsgeber als besonders infektionsträchtig identifizierte Bereiche das Tragen einer medizinischen Maske („OP-Maske“ oder nach Wahl des Trägers Masken des Standards FFP2 bzw. KN95/N95) und nicht – als milderes Mittel – weiterhin das Tragen einer Alltagsmaske vorsehe, sei ebenfalls verhältnismäßig. Denn Alltagsmasken erbrächten nicht die in den technischen Normen definierten Leistungsnachweise, wie sie für medizinische Masken vorgesehen seien, und böten deswegen jedenfalls in der Regel weniger Schutz. 

Erfolg hatte der Eilantrag lediglich hinsichtlich der Bestimmung, wonach unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands im unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften auf dem Grundstück des Geschäftes, auf den zu dem Geschäft gehörenden Parkplatzflächen und auf den Zuwegungen zu dem Geschäft eine Alltagsmaske zu tragen ist. Diese Regelung genügt nach Auffassung des 13. Senats nicht den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. Der Begriff des „unmittelbaren Umfelds“ sei nicht hinreichend klar. Der Wortlaut lasse die Auslegung zu, dass es sich dabei nur um einen Radius von vielleicht einigen wenigen Metern vom Eingangsbereich des Geschäfts aus gesehen handele. Denkbar sei aber auch, dass hiermit ein deutlich größerer Bereich – wie ihn der Verordnungsgeber z. B. für das Verzehrverbot in einem Umkreis von 50 Metern um eine gastronomische Einrichtung bei einem Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken gewählt habe – gemeint sei. Auch die Begründung der Verordnung gebe hierüber keinen näheren Aufschluss. Erfasst werden sollten durch die Regelung danach solche Bereiche, in denen es vornehmlich aufgrund räumlicher Gegebenheiten typischerweise dazu kommen könne, dass der Mindestabstand nicht durchgehend eingehalten werde. Dies ermögliche dem Regelungsadressaten keine präzise Bestimmung des Bereichs, in dem die Maskenpflicht vor Einzelhandelsgeschäften gelten solle. Diese Unklarheiten wögen deswegen besonders schwer, weil ein Verstoß gegen die Maskenpflicht bußgeldbewehrt sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Corona-Pandemie ist ein Fall höherer Gewalt

Das Landgericht (LG) Paderborn hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Coronavirus-Pandemie einen Fall höherer Gewalt darstellt und damit die in einem Vertrag bestimmten gegenseitigen Leistungspflichten entfallen lassen (LG Paderborn, Urt. v. 25.09.2020 – 3 O 261/20). Im entschiedenen Fall ging es um einen Vertrag zwischen einem Veranstalter und einen Kunden, in dem eine Klausel enthalten war, nach der im Falle höherer Gewalt die gegenseitigen Leistungspflichten entfallen sollen.  In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Definition der höheren Gewalt bejaht das Landgericht Paderborn das Vorliegen eines von außen kommenden, betriebsfremden Ereignisses. Weil es eine solche Pandemie noch nie gegeben hat, sei diese für den Einzelnen auch nicht vorhersehbar, mit der Folge, dass ein Fall höherer Gewalt vorliege.

Ergänzende Hinweise von RA Axel Möller:

Diese Entscheidung ist zu einem Vertrag getroffen worden, der im Februar 2020 abgeschlossen wurde. Bei Verträgen, die ab März/April 2020 abgeschlossen wurden, dürfte ein entscheidendes Kriterium nicht mehr vorliegen. Die Unvorhersehbarkeit, die laut Definition der Rechtsprechung Bestandteil der höheren Gewalt ist, wäre ab diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr gegeben.

  1. Gericht im Saarland lehnt Eilantrag von Friseurbetrieb gegen coronabedingte Betriebsschließung ab

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes lehnt den Eilantrag eines Friseurbetriebs gegen die coronabedingte Betriebsschließung ab (OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.02.2021 – 2 B 33/21).

In der Pressemitteilung 6/21 des Gerichts v. 11.02.201 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Beschluss vom 10. Februar 2021 den Eilantrag des Inhabers eines Friseursalons auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 7 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) zurückgewiesen (Az.: 2 B 33/21). Nach der genannten Vorschrift ist die Erbringung körpernaher Dienstleistungen untersagt.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung dieser Vorschrift für Friseurbetriebe mit der Begründung zurückgewiesen, die angegriffene Regelung dürfte auch deshalb, weil die Inzidenz im Saarland verglichen mit dem als rückläufig zu verzeichnenden bundesdurchschnittlichen Inzidenzwert vergleichsweise hoch sei, noch verhältnismäßig sein. Die mögliche Verlängerung der Schließung von Friseurbetrieben werde voraussichtlich nur noch für einen begrenzten Zeitraum erfolgen. Aus jetziger Sicht sei zu erwarten, dass in absehbarer Zeit jedenfalls stufenweise Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen umgesetzt würden. Neben der zeitlichen Befristung der Maßnahme sei auch zu berücksichtigen, dass Bund und Land zahlreiche Hilfsmaßnahmen beschlossen hätten, die die Existenz von Unternehmen in der Corona-Krise sichern sollten. Auf eine Gleichbehandlung mit den von der Schließung ausgenommenen körpernahen Dienstleistungen (Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe) könne sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen, da in Friseurbetrieben nicht in diesem Sinn therapeutische bzw. auf ärztlicher Verordnung beruhende Behandlungen erbracht würden.

 Der Beschluss ist nicht anfechtbar.“

  1. C&A muss Ladenmiete zahlen!

Das Landgericht (LG) München I hat die Modehauskette C&A zur Zahlung bzw. Nachzahlung einbehaltener Miete für eine Filiale in der Münchener Innenstadt verurteilt (LG München I, Urt. v. 12.02.2021). Die Coronavirus-Pandemie ändert demnach die vertraglichen Pflichten des Mieters C&A nicht; die Mietsache selbst ist nach Einschätzung des Gerichts mangelfrei.

Ergänzender Hinweis von RA Dr. Uwe P. Schlegel:

Siehe auch Art. 240 § 7 EGBGB:

„§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.“

  1. Bayerns Ausgangsbeschränkungen während des ersten Lockdowns waren verfassungsgemäß

Eine Po­pu­lar­k­la­ge gegen die baye­ri­sche Re­ge­lung zu Aus­gangs­be­schrän­kun­gen wäh­rend des ers­ten Lock­downs im März 2020 ist nun auch im Haupt­sa­cheverfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) gescheitert (BayVerfGH, Entscheidung v. 09.02.2021 – Vf. 6-VII-20). Das Gericht hat ent­schieden, dass die an­ge­grif­fe­nen Vor­schrif­ten mit dem Rechts­staats­prin­zip der Baye­ri­schen Ver­fas­sung ver­ein­bar waren und die Grund­rech­te der Baye­ri­schen Ver­fas­sung nicht in ver­fas­sungs­wid­ri­ger Weise ein­ge­schränkt haben.

  1. Berliner Verbot nicht dringlicher Behandlungen in Notfallkrankenhäusern ist nichtig

Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin hat eine Krankenhaus-Covid-19-Verordnung erlassen; nach deren § 6 Abs. 2 Satz 1 dürfen in allen Notfallkrankenhäusern unter Einhaltung der vorgegebenen Reservierungs- und Freihaltequoten nur noch medizinisch dringliche planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe bei Patientinnen und Patienten durchgeführt werden (Behandlungsverbot). Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin erklärt die Verordnung für nichtig (VG Berlin, Beschl. v. 11.02.2021 – VG 14 L 18/21; VG 14 L 20/21).

In der Pressemitteilung Nr. 7/2021 v. 12.02.2021 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Berlin hat zwei Eilanträgen von Notfallkrankenhaus-Trägerinnen gegen das Verbot, nicht dringliche Behandlungen durchzuführen, stattgegeben.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hat, gestützt auf § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), die Krankenhaus-Covid-19-Verordnung erlassen. Nach deren § 6 Abs. 2 Satz 1 dürfen in allen Notfallkrankenhäusern unter Einhaltung der vorgegebenen Reservierungs- und Freihaltequoten nur noch medizinisch dringliche planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe bei Patientinnen und Patienten durchgeführt werden (Behandlungsverbot). Hiergegen wandten sich Notfallkrankenhaus-Trägerinnen mit gerichtlichen Eilanträgen. Sie begehrten im Wege vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, in ihren Krankenhäusern das Verbot nicht dringlicher Behandlungen zu beachten.

Die 14. Kammer hat den Anträgen auf Erlass einstweiliger Anordnungen stattgegeben. Ein Anordnungsanspruch sei glaubhaft gemacht. Das Behandlungsverbot in der Krankenhaus-Covid-19-Verordnung werde sich in einem Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig und nichtig erweisen, da ihm eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage fehle. Nach Art. 80 Abs. 1 GG könnten durch Bundesgesetz zwar auch Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Die vom Antragsgegner angeführte Ermächtigungsgrundlage (§ 32 Satz 1 i.V.m. §§ 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG) decke das Behandlungsverbot aber nicht ab. Sie erlaube Schutzmaßnahmen und damit auch den Erlass entsprechender Rechtsverordnungen allein zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten wie Covid-19. Die mit dem Behandlungsverbot angestrebte Sicherstellung ausreichender Kapazitäten für eine stationäre Aufnahme und bedarfsgerechte Versorgung von Covid-19-Erkrankten sei von diesem Ermächtigungszweck nicht mehr gedeckt. Für eine erweiternde Auslegung der Ermächtigungsgrundlage dahingehend, dass auch sonstige in der Pandemielage dem Lebens- und Gesundheitsschutz dienliche Maßnahmen darauf gestützt werden könnten, sei wegen des klaren Wortlauts und systematischen Zusammenhangs der Normen kein Raum. Angesichts der geltend gemachten Einnahmeausfälle der Antragstellerinnen und des ihren Krankenhäusern bei der Abweisung von Patienten drohenden Reputationsverlustes sei schließlich auch der erforderliche Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Vorübergehender Anspruch des Hartz-IV-Empfängers auf 20 FFP2-Masken je Woche

Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass Jobcenter zusätzlich zum Regelsatz entweder als Sachleistung wöchentlich 20 FFP2-Masken verschicken oder als Geldleistung hierfür monatlich weitere 129,00 EUR zahlen müssen (SG Karlsruhe, Beschl. v. 11.02.2021 – S 12 AS 213/21 ER).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.02.2021 heißt es:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe dem Eilantrag eines Arbeitsuchenden auf Gewährung eines im Epidemie-bedingten Einzelfall unabweisbaren Hygienebedarfs an FFP2-Masken bis zum Sommeranfang am 21.06.2021 stattgegeben.

Die Kammer meint, ein besonderer Mehrbedarf an wöchentlich 20 FFP2-Masken sei glaubhaft gemacht. Ohne Mund-Nasen-Bedeckungen dieses Standards seien Empfänger:innen von Grundsicherungsleistungen in ihrem Grundrecht auf sozialen Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt. Nach drei Monaten Lockdown müssten Arbeitsuchende wieder am Gemeinschaftsleben in einer dem sozialen Existenzminimum entsprechenden Art und Weise teilnehmen können.

Auf Alltagsmasken oder OP-Masken müssten sie sich nicht verweisen lassen. Diese seien für den Infektionsschutz vor SARS-Cov-2-haltigen Aerosolen in der Straßenbahn, im Supermarkt, im Treppenhaus, im Wartezimmer, in der Leichenhalle, etc. – auch angesichts der Virusvarianten – nicht gut genug geeignet. Wer bei der Verrichtung alltäglicher Erledigungen trotzdem lediglich eine OP-Maske gebrauche und einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit und verstoße gegen das gesetzliche Verbot gefährlicher Körperverletzungen. Dieses verbotswidrige Verhalten sei auch nicht allein deswegen außerhalb von Krankenhäusern oder Pflegeheimen erlaubt, weil die CoronaVO FFP2-Masken lediglich dort vorschreibe und andernorts OP-Masken genügen lasse.

Die Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken diene nicht nur der Befriedigung privater Bedürfnisse. Sie bezwecke den Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus. Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr müsse die Mehrbedarfsgewährung wöchentlich 20 FFP2-Masken umfassen. Dem Infektionsschutz werde ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich ca. zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden. Es sei davon auszugehen, dass wenige Personen bereit und fähig seien, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Diese seien zum Einmalgebrauch für geschultes Medizinpersonal konstruiert. Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden ggfs. über mehrere Tage und Wochen hinweg für den Infektionsschutz ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen. Diese erweckten nur den falschen Anschein des Infektionsschutzes. Der massenhaft irreführende Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre aber dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich.

Der Kammerbeschluss (SG Karlsruhe vom 11.02.2021, Az. S 12 AS 213/21 ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de) ist rechtskräftig.

Nach der online verfügbaren Statistik der Bundesagentur für Arbeit gab es bundesweit im Januar 2021 insgesamt 5.351.000 Empfänger:innen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).“

Siehe aber auch nachfolgend Nr. 430.

  1. Erfolglose Anträge gegen die Quarantänepflicht nach Rückkehr aus einem Risikogebiet (Gran Canaria/Fuerteventura)

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat in zwei Verfahren Anträge gegen die Quarantänepflicht nach Rückkehr aus einem Risikogebiet zurückgewiesen.

In dem Verfahren VG Hamburg – 11 E 92/21 – ging es um einen Rückkehrer aus Gran Canaria (VG Beschluss vom 14.01.2021 – 11 E 92/21), in dem Verfahren – 17 E 5324/20 – ging es um eine Quarantänepflicht nach Aufenthalt auf der Insel Fuerteventura (VG Hamburg, Beschl. v. 07.01.2021 – 17 E 5324/20).

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Friseurbetrieben

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat den Antrag der Inhaber eines Friseurbetriebs abgelehnt, die in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ausgesprochene Schließung von Friseurbetrieben einstweilig außer Vollzug zu setzen (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 15.02.2021 – 13 MN 44/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.02.2021 heißt es:

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 15. Februar 2021 den Antrag der Inhaber eines Friseurbetriebs abgelehnt, die in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) weiterhin ausgesprochene Schließung von Friseurbetrieben einstweilig außer Vollzug zu setzen (Az.: 13 MN 44/21).

Gegen diese Regelung hatten sich die Antragsteller, Betreiber eines Friseursalons im Landkreis Cloppenburg, gewandt. Sie hatten u.a. geltend gemacht, dass in Friseurbetrieben keine Infektionsgefahr bestehe und sich auf die besondere Bedeutung von Friseurbetrieben für die Bevölkerung und die Ungleichbehandlung gegenüber Optikern und Hörgeräteakustikern berufen.

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat den Antrag nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Für den Senat sei derzeit offen, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Corona-VO in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären sei.

Der Senat gehe zwar davon aus, dass die grundsätzliche Anknüpfung der Maßnahmen an eine 7-Tage-Inzidenz von 50 unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Infektionsgeschehens als legitimes Ziel anzusehen sei. Im Hinblick auf künftige Verfahren sei allerdings darauf hinzuweisen, dass die Anknüpfung von Öffnungsschritten an eine 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35, wie es der rechtlich unverbindliche Beschluss der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom 10. Februar 2021 vorsehe, weder mit der Regelung des § 28a Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes übereinstimme, noch der tatsächlichen Fähigkeit der Gesundheitsämter zur Kontaktverfolgung entspreche.

Im vorliegenden Fall bestünden aber Zweifel an der Effektivität und damit an der Erforderlichkeit der Betriebsschließungen, da die aus Infektionsschutzgründen deutlich gefährlichere Frisiertätigkeit in den Wohnungen der Kunden durch die Niedersächsische Corona-Verordnung nicht untersagt worden sei. Es könne indes auch nicht belegt werden, dass das Weitertragen von Infektionen in einem Friseurbetrieb ausgeschlossen sei. Die flächendeckende Schließung der Friseurbetriebe verhindere zudem einen „Frisiertourismus“.

Es lasse sich im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend klären, ob die einschneidenden Betriebsverbote im Hinblick auf die immer gewichtiger werdenden Nachteile für die betroffenen Betriebsinhaber und deren Beschäftigte sowie die gesamte Volkswirtschaft auf der einen Seite und die Gefährdung der zwar hochwertigen aber verfassungsrechtlich nicht absolut geschützten Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auf der anderen Seite noch angemessen seien. Der besonderen Bedeutung der Friseurbetriebe für die Bevölkerung habe der Antragsgegner hingegen dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass deren Öffnung zum 1. März unabhängig von der Erreichung eines Inzidenzwertes vorgesehen sei.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sei nicht erkennbar. Eine weitergehende Gleichstellung mit medizinischen Dienstleistungen dränge sich nicht auf. Die Ungleichbehandlung der Friseure gegenüber Optikern und Hörgeräteakustikern sei gerechtfertigt, da ein Ausgleich von Hör- oder Sehschwächen – anders als ein Friseurbesuch – essentiell für die Bewältigung des Alltags sei.

Insgesamt überwiege bei einer Folgenabwägung derzeit noch das Interesse an der Vermeidung von Infektions-, Erkrankungs- und Todesfällen, zumal finanzielle Ausgleichsleistungen in Aussicht stünden, die Antragsteller ihre Tätigkeit durch Aufsuchen ihrer Kunden fortsetzen dürften und ein fester Öffnungstermin feststehe.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Eilantrag gegen Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg abgelehnt

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat einen Eilantrag gegen Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg abgelehnt (VGH Mannheim, Beschl. v. 18.02.2021 – 1 S 398/21). In der Pressemitteilung v. 18.02.2021 heißt es:

„Die Antragstellerin hat mit ihrem Antrag vorgetragen, sie beschäftige über 5.000 Mitarbeiter und habe 2019 als großes mittelständisches Familienunternehmen einen Umsatz von deutlich über 750 Mio. EUR bei einem positiven Jahresergebnis im zweistelligen Millionenbereich erzielt. Sie müsse ihre Warenhäuser seit dem 16. Dezember 2020 geschlossen halten, ihre dort teilweise vorhandenen Gastronomie- und Friseurbetriebe seien bereits seit November 2020 geschlossen. Sie habe keinen Zugang zu den Förderprogrammen des Bundes. Für die Überbrückungshilfe III seien nur Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 750 Mio. EUR antragsberechtigt. Ihr Umsatz für 2020 liege voraussichtlich darüber.

Die Antragstellerin macht geltend, die Corona-Verordnung führe zu einem rechtswidrigen Eingriff in ihr Eigentumsrecht, der entschädigungspflichtig sei. Die Betriebsschließung sei unverhältnismäßig. Weniger belastende Maßnahmen wie stärkere Zugangsbeschränkungen zu Alten- und Pflegeheimen, intensive Test- und Quarantäneanordnungen oder eine Dienstverpflichtung von medizinischem Personal stellten für die Gesellschaft als Ganzes offenkundig weniger belastende Maßnahmen als ein Lockdown dar. Es erschließe sich nicht, warum von einer unzureichenden Personalausstattung in den Krankenhäusern berichtet werde, wenn zugleich eine Vielzahl von Ärzten Tätigkeiten ausschließlich in Verwaltungsbereichen der Krankenhäuser und Krankenversicherungen oder als freigestellte Personalräte nachgingen. Auch in der Corona-Pandemie gelte es nicht, jedes Leben um jeden Preis zu schützen und alles andere dahinter zurückstehen zu lassen. Dementsprechend komme auch niemand auf die Idee, trotz der Verkehrstoten den motorisierten Straßenverkehr zu verbieten oder trotz des Todes von Kindern auf dem Schulweg allgemein auf ein ´Homeschooling´ umzustellen. Auch verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass ein Supermarkt seine Bekleidungsabteilung weiterhin betreiben dürfe, die Antragstellerin ihre Verkaufshäuser hingegen geschlossen halten müsse.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und trägt vor, die Antragstellerin stelle den Sachverhalt teils unvollständig und teils tendenziös dar. Die Einrichtung von Abholstellen und Lieferdiensten sei der Antragstellerin erlaubt. Ausweislich von Presseberichten erziele sie 30 % ihres Umsatzes mit ihrem sehr gut etablierten Online-Shop. Die Möglichkeiten des Außer-Haus-Verkaufs und von Abhol- und Lieferdienste im Gastronomiebereich unterschlage sie. Der Vortrag der Antragstellerin zur Überbrückungshilfe III sei nicht nachvollziehbar, da sich ihr Umsatz – ausgehend von ihren Angaben zum Jahresumsatz 2019 und zum Umsatzrückgang in 2020 – unter der maßgeblichen Bezugsgröße von 750 Mio. EUR befinde.

Der Antragsgegner macht geltend, es liege kein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht vor. Die Betriebsuntersagung sei zeitlich befristet und gälte ´nur´ für den Publikumsverkehr. Eine Ausgleichpflicht für Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG könne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets nur für Einzelfälle bestehen, nicht aber für Betriebsbeschränkungen, die sämtliche Betreiber der von den pandemiebedingten Maßnahmen betroffenen Einrichtungen in gleicher Weise träfen. Die angegriffenen Regelungen seien weiterhin verhältnismäßig.

Zur Ablehnung des Eilantrags der Antragstellerin führt der 1. Senat des VGH aus, die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für Betriebsschließungen seien gegenwärtig voraussichtlich erfüllt. Die 7-Tages-Inzidenz liege bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. In einer solchen Konstellation seien ´bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“ (§ 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG). Die Entscheidung des Antragsgegners in der Corona-Verordnung, den Betrieb von Einzelhandelsgeschäften grundsätzlich zu untersagen, sei auch Teil einer solchen „bundesweiten Abstimmung´. Denn der Antragsgegner setze damit einen am 10. Februar 2021 in einer Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder gefassten, von ihm dort mitgetragenen Beschluss um.

Bei der Umsetzung einer solchen bundesweit einheitlichen Strategie in Landesrecht habe der Antragsgegner den ausdrücklichen Willen des Bundesgesetzgebers bei der Verabschiedung des § 28a IfSG im November 2020 berücksichtigen dürfen, dass ´mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen´ möglichst ausgeschlossen werden sollen. Daher bestehe gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung von Einzelhandelsgeschäften regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Denn eine punktuelle Öffnung des Einzelhandels in einigen Kreisen führe zu umfangreichen Kundenströmen zwischen einzelnen Kreisen und aus anderen Bundesländern und damit voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren.

Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt inzwischen unterschritten werde, folge nichts anderes. Dieser Umstand zwinge den Antragsgegner insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Denn die Unterschreitung des auf den Landesdurchschnitt bezogenen Inzidenzschwellenwerts ändere nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Satz 9 des § 28a Abs. 3 IfSG weiterhin eröffnet sei. Hinzu komme, dass der Schwellenwert im Land erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten werde.

Die Einschränkungen seien weiterhin verhältnismäßig. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sei insgesamt noch als sehr hoch einzuschätzen. Dies rechtfertige es gegenwärtig, weiterhin Betriebsuntersagungen aufrechtzuerhalten. Die dem entgegenstehenden – grundrechtlich geschützten – Belange der Antragstellerin hätten ein sehr beachtliches Gewicht, müssten jedoch hinter den Belangen des Gesundheitsschutzes zurücktreten. Zum Überwiegen dieser Belange trage derzeit in vielen Fällen auch bei, dass zur Abmilderung der zu erwartenden wirtschaftlichen Einbußen weitgehende staatliche Kompensationsmaßnahmen vorgesehen seien. Dass die Antragstellerin hiervon in keiner Weise profitiere, sei angesichts der undifferenzierten Angaben der Antragstellerin zur Konzernstruktur und zum Umsatz im vorliegenden Eilverfahren nicht plausibel. Gegen einen gänzlichen Ausschluss der Antragstellerin spreche zudem die sinngemäße Verlautbarung des Bundeswirtschaftsministers vom 16. Februar 2021, die Begrenzung der Überbrückungshilfe III auf Unternehmen mit einem Umsatz bis zu 750 Mio. EUR wegfallen zu lassen und einen „Härtefall-Fonds“ einrichten zu wollen.

Zudem sei der Antragstellerin der Betrieb ihrer Einzelhandelsgeschäfte keineswegs vollständig untersagt. Sie könne ihre Waren vielmehr über Abholangebote und Lieferdienste einschließlich solcher des – auch von ihr in erheblichem Umfang betriebenen – Online-Handels anbieten. Dass sie die Möglichkeiten nicht nutzen wolle, weil sie sie etwa aufgrund der räumlichen Gestaltung ihrer Ladengeschäfte für nicht hinreichend praktikabel oder auskömmlich halte, ändere nichts daran, dass die Ausnameregelungen zur Verhältnismäßigkeit der ´nur´ auf den Präsenzbetrieb der Geschäfte gerichteten Schließungsanordnung beitrügen. Die Einschränkungen seien zudem zeitlich befristet. Auch die bundesweit abgestimmte Pandemiebekämpfungsstrategie sehe konkrete Maßgaben für eine zeitnahe Wiederöffnung auch des Einzelhandels vor.

Daher seien die Einschränkungen für die Antragstellerin voraussichtlich selbst dann zumutbar und verhältnismäßig, wenn sie keine staatlichen Kompensationsleistungen erhalten sollte. Daher würden sich die von ihr aufgeworfenen Fragen, ob die angefochtene Verordnungsbestimmung eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstelle und ob der Bundesgesetzgeber verpflichtet gewesen wäre, im Infektionsschutzgesetz eine dahingehende Regelung zu schaffen, im Hauptsacheverfahren nach derzeitigen Erkenntnisstand voraussichtlich nicht stellen.

An einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz fehle es. Die Grundentscheidung des Antragsgegners, den Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke von der grundsätzlichen Schließungsanordnung auszunehmen, sei nicht zu beanstanden. Denn dieser diene der Grundversorgung der Bevölkerung. Dem Lebensmitteleinzelhandel auch den Weitervertrieb von Sortimentsteilen jenseits von Lebensmitteln und Getränken einschließlich von Textilien in untergeordnetem Umfang zu gestatten, sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese Unterscheidung beruhe auf Gründen des Infektionsschutzes. Der Antragsgegner habe davon ausgehen dürfen, dass der Verkauf solcher Produkte durch den Lebensmitteleinzelhandel zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen, eine Öffnung des Textileinzelhandels hingegen zusätzliche Infektionsquellen schaffen würde.

Der Beschluss vom 18. Februar 2021 ist unanfechtbar (…).“

  1. Eilantrag auf höhere Priorisierung für Corona-Impfung eines Nierentransplantierten abgelehnt

Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig hat den Eilantrag eines Nierentransplantierten auf höhere Priorisierung für eine Corona-Impfung abgelehnt (VG Schleswig, Beschl. v. 17.02.2021 – 1 B 12/21). In der Pressemitteilung des Gerichts v. 17.02.2021 heißt es:

„Ein Nierentransplantierter mit chronischer Rejektion des Spenderorgans hat keinen Anspruch auf eine höhere Priorisierung bei der Corona-Schutzimpfung als die in der Coronavirus-Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums für ihn vorgesehene. Dass seine Ehefrau in der Altenpflege tätig ist, führt ebenfalls nicht zu einem solchen Anspruch. Das hat das Verwaltungsgericht Schleswig heute in einem Eilverfahren entschieden (Az.: 1 B 12/21).

Nach der Impfverordnung ist der Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs einer Person auf eine Impfung derzeit abhängig davon, in welche Prioritätsstufe diese Person etwa aufgrund ihres Alters, ihres Berufs oder von Vorerkrankungen fällt. Innerhalb der Personengruppe einer Prioritätsstufe können bestimmte Anspruchsberechtigte auf der Grundlage infektiologischer und epidemiologischer Erkenntnisse vorrangig berücksichtigt werden.

Der Antragsteller hat im Jahr 2008 eine Spenderniere erhalten. Seitdem ist er auf die Einnahme von Immunsuppressiva angewiesen. Seine Ehefrau ist in der Altenpflege tätig. Mit seinem Eilantrag wollte er erreichen, dass ihm das Land Schleswig-Holstein unverzüglich die Möglichkeit einer Corona-Schutzimpfung verschafft.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller keinen Anspruch darauf hat. Er sei wegen seines Gesundheitszustands in die Gruppe derjenigen einzuordnen, die mit „hoher“, nicht jedoch mit „höchster“ Priorität zu impfen seien.

Zwar sei eine vorrangige Berücksichtigung aufgrund individueller medizinischer Diagnosen entgegen dem Wortlaut der Verordnung nicht nur innerhalb einer Prioritätsgruppe möglich. Ein Anspruch auf eine Berücksichtigung mit „höchster“ Priorität bestehe jedoch nur dann, wenn ein mit über 80-jährigen Personen oder Personen, die in Pflegeeinrichtungen leben oder arbeiten, vergleichbar hohes Risiko eines schweren oder tödlichen Krankheitsverlaufs gegeben sei.

Das habe der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt. Das aus der Organtransplantation allgemein folgende Risiko sei bereits durch die Zuweisung einer „hohen“ Priorität in der Verordnung berücksichtigt worden. Dass er auch als Angehöriger einer in der Altenpflege tätigen Person keine höhere Priorisierung erhalte, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Ob die Priorisierung bei der Impfung überhaupt durch eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums geregelt werden kann, oder ob hierzu eine Regelung durch den Bundestag erforderlich ist, hat das Gericht nicht entschieden. Diese Frage müsse einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung an die Beteiligten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Schleswig eingelegt werden.“

  1. Corona-Pflegebonus nur Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen

Das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Mün­chen hat die Kla­gen meh­re­rer Be­schäf­tig­ter auf Aus­zah­lung des Co­ro­na-Pfle­ge­bo­nus ab­ge­wie­sen, da sie nicht in einer für den Bonus erforderlichen Einrichtung beschäftigt seien (VG München, Urt. v. 18.02.2021 – M 31 K 20.4504; M 31 K 20.5587; M 31 K 20.4944; M 31 K 20.4309).

  1. Flug muss durchgeführt werden!

Das Amts­ge­richt (AG) Frank­furt am Main hat ent­schie­den, dass Flug­ge­sell­schaf­ten sich nicht ohne weiteres dar­auf be­ru­fen kön­nen, dass ihnen die Durch­füh­rung von Flü­gen wegen Coronavirus-Pandemie un­mög­lich sei, wenn es dem Kun­den le­dig­lich auf die Be­för­de­rung als sol­che an­kom­me, nicht aber auf einen konkreten Flug (AG Frankfurt a. M., Urt. v. 29.10.2020 – 32 C 1823/20 (86)).

  1. Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafprozess gilt auch während der Pandemie

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die säch­si­sche All­ge­mein­ver­fü­gung zum ers­ten Lock­down nie­man­den daran ge­hin­dert, einen Straf­pro­zess zu be­su­chen; die Gerichte waren auch nicht ver­pflich­tet, die Haupt­ver­hand­lung zu un­ter­bre­chen oder aus­zu­set­zen, um dem Öf­fent­lich­keits­grund­satz wei­ter­ge­hen­de Wir­kung zu ver­schaf­fen (BGH, Beschl. v. 06.01.2021 – 5 StR 363/20, NJW 2021, 216).

  1. Keine Entschädigung eines Gastwirts durch dessen Betriebsschließungsversicherung

Nach Meinung des Landgerichts (LG) Frankenthal, hängt die Frage, ob eine Versicherung für die Folgen von Corona zahlen muss, vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen ab (LG Frankenthal, Urt. v. 21.01.2021 – 3 O 154/20). Sehen die Bedingungen nur dann eine Zahlung vor, wenn bestimmte, in den Bedingungen namentlich aufgezählte Krankheiten und Erreger ausbrechen, müsse das Coronavirus in der Aufzählung erwähnt sein.

  1. Verbotswidrige Ansammlung von Personen als Verstoß gegen die Coronavirus-Prävention in NRW

Mit mehreren Bußgeldbescheiden hatte der Oberbürgermeister einer Stadt in NRW gegen die Betroffenen wegen verbotswidriger Teilnahme an einer Zusammenkunft oder Ansammlung im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 3 Nr. 2 der in Nordrhein-Westfalen erlassenen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 i.V.m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 i.V.m. §§ 32, 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) ein Bußgeld in Höhe von jeweils 200,00 Euro festgesetzt. Das angerufene Oberlandesgericht (OLG) Hamm ist der Meinung, dass sich § 12 Abs. 1 CoronaSchVO als wirksame Rechtsgrundlage darstellt und sich der allein mit der vermeintlichen Nichtigkeit dieser Vorschrift begründete Freispruch der Betroffenen durch die Vorinstanz demnach als rechtsfehlerhaft erweist (OLG Hamm, Beschl. v. 08.02.2021 – 1 RBs 2, 4-5/21). Die Sache ist an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen worden.

  1. Erfolgloser Eilantrag eines Zahnarztes auf Einordnung in die Gruppe mit höchster Priorität bei dem Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung

Das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg hat den gegen das Land Niedersachsen gerichteten Eilantrag eines Lüneburger Zahnarztes, ihn und seine Mitarbeiterinnen in die Gruppe mit der höchsten Priorität bei dem Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 einzuordnen, abgelehnt (VG Lüneburg, Beschl. v. 18.02.2021 – 6 B 6/21).

In der Pressemitteilung des Gericht heißt es:

„Zur Begründung seines Eilantrages trug der Antragsteller unter anderem vor, entgegen der Einschätzung der STIKO sei das Personal in Zahnarztpraxen einem „besonders“ hohen Expositionsrisiko ausgesetzt, da es unmittelbaren Kontakt zum Mund-/Rachenbereich der Patienten habe und für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 relevante aerosolgenerierende Tätigkeiten durchführe.

Dem ist die 6. Kammer nicht gefolgt. Die für das Personal in medizinischen Einrichtungen vorgesehene Priorisierung sei nicht zu beanstanden. Danach werde beispielsweise in Notaufnahmen, bei der medizinischen Betreuung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten, im Rettungsdienst und bei Beschäftigten aus Bereichen, in denen aerosolgenerierende Tätigkeiten an Covid-19-Patientinnen und -Patienten durchgeführt werden, wie z.B. In- und Extubation, von einem besonders hohen Expositionsrisiko ausgegangen. Zwar bestehe auch bei der Tätigkeit des Antragstellers ein hohes Expositionsrisiko aufgrund der Behandlung von bislang unerkannten Covid-19-Patientinnen und Patienten. Im Vergleich dazu seien aerosolgenerierende Tätigkeiten an kranken Covid-19-Patientinnen und Patienten, wie z.B. der Intubation, einem weitaus höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Gerade auf Intensivstationen müssten Patientinnen und Patienten, insbesondere an Covid-19 Erkrankte, oftmals beatmet werden und bedürften einer Intubation. In der Notaufnahme oder aber auch bei Rettungsdiensten müssten ebenfalls regelmäßig wiederbelebende Maßnahmen durchgeführt werden, bei denen es zu deutlich erhöhten Aerosolausstößen komme. Bei den überwiegenden zahnärztlichen Behandlungen und Tätigkeiten sei ein in dieser Form außerordentlich erhöhter Aerosolausstoß hingegen nicht gegeben. Das Personal in medizinischen Einrichtungen in der ambulanten und stationären Versorgung stehe – entsprechend den Ausführungen der STIKO – in vorderster Reihe im Einsatz gegen die Pandemie. Seine Aufgabe sei es, regelmäßig erkannte Covid-19-Erkrankungen mit teilweise sehr schwerem Verlauf zu behandeln. Damit einher gehe auch die Behandlung von höchst vulnerablen Personen. Sowohl Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen als auch Patientinnen und Patienten der Onkologie, der Notaufnahme, des Rettungsdienstes, der Intensivstationen und der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, die erkannt an Covid-19 erkrankt seien, seien auf eine (körpernahe) Pflege bzw. Versorgung von den in solchen Einrichtungen Beschäftigten angewiesen. Einem solchem ständigen Expositionsrisiko sei der Antragsteller indes nicht ausgesetzt. Ihm sei darüber hinaus ein gewisser Selbstschutz, beispielsweise durch Tragen einer FFP2-Maske, möglich, auch wenn die Patientinnen und Patienten während der Behandlung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen könnten und Aerosole ausstießen. Zudem könne er bereits im Vorfeld der Behandlung durch geeignete Maßnahmen (beispielsweise durch einen Aushang an der Tür, der auf mögliche Symptome hinweise und bei Auftreten dieser Symptome von dem Aufsuchen der Praxis abrate) Verdachtsfälle herausfiltern, um zu verhindern, dass möglicherweise an Covid-19 erkrankte Personen seine Praxis beträten. Auch dadurch blieben Personen, die an Covid-19 erkrankt seien oder bei denen ein Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung bestehe, der Praxis fern.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Dem Antragsteller steht binnen zwei Wochen die Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu.“

  1. Verbot der Einreise aus nicht beruflichen Gründen in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald für Zweitwohnungsbesitzer ist rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Greifswald hat entschieden, dass das Verbot der Einreise aus nicht beruflichen Gründen in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald für Zweitwohnungsbesitzer rechtmäßig sei (VG Greifswald, Beschl. v. 18.02.2021 – 4 B 283/21 HGW).

In der Pressemitteilung Nr. 3/2021 des Gerichts v. 19.02.2021 heißt es:

„Das mit Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises Vorpommern- Greifswald vom 8. Februar 2021 angeordnete Verbot der Einreise in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald aus nicht beruflichen Gründen für Zweitwohnungsbesitzer ist rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Greifswald hat mit Beschluss vom 18. Februar 2021 (Az. 4 B 283/21 HGW) einen einstweiligen Rechtsschutzantrag eines Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen das in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises Vorpommern- Greifswald zur Anordnung von Schutzmaßnahmen durch das Gesundheitsamt des Landkreises Vorpommern-Greifswald wegen der Überschreitung des lnzidenzwertes von 150 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen im Landkreis Vorpommern-Greifswald vom 8. Februar 2021 angeordnete Einreiseverbot für den Besuch der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen abgelehnt.

Mit vorgenannter Allgemeinverfügung hat der Landrat des Landkreises Vorpommern- Greifswald aus infektionsschutzrechtlichen Gründen beginnend ab dem 9. Februar 2021 für einen unbestimmten Zeitraum angeordnet, dass die Einreise in das Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald ohne triftigen Grund untersagt ist. Der Besuch der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen ist nach der getroffenen Regelung explizit kein triftiger Grund. Für eine Übergangsfrist von 10 Tagen dürfen Zweitwohnungen aus nicht beruflichen Gründen aufgesucht werden.

Der Antragsteller, der seinen Erstwohnsitz in Berlin hat und Eigentümer einer Wohnung im Seebad Ahlbeck auf Usedom ist, die er auch als Zweitwohnung nutzt, hat bei dem Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald Widerspruch gegen das in der Allgemeinverfügung enthaltene Verbot der Einreise zum Zwecke der Nutzung der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen eingelegt und am 11. Februar 2021 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

In seinem Beschluss hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich die Allgemeinverfügung des Landrates des Landkreises-Vorpommern-Greifswald vom 8. Februar 2021 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen werde.

Nach der Änderung des § 13 Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern am 5. Februar 2021 sei nunmehr die Befugnis für die Landkreise und kreisfreien Städte geschaffen, eine Anordnung wie die streitgegenständliche in der Form der Allgemeinverfügung zu erlassen. Mit dem Einreiseverbot werde ein konkreter Lebenssachverhalt geregelt, wobei der betroffene Personenkreis und mit dem Gebiet des Landkreises Vorpommern-Greifswald auch das Regelungsgebiet eindeutig bestimmbar sei.

Aufgrund der rechtlichen Vorgaben des Bundesinfektionsschutzgesetzes wie auch der Corona-Landesverordnung M-V sei der Landrat wegen der Inzidenz von über 150 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnern in 7 Tagen verpflichtet gewesen, Maßnahmen zu ergreifen. Er sei bei der Bestimmung des Inzidenzwertes nach § 28 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz an die vom Robert-Koch-Institut veröffentlichen Zahlen gebunden.

Das Einreiseverbot sei auch verhältnismäßig. Es diene dem legitimen Ziel, die Zahl der Neuinfektionen deutlich zu reduzieren, die weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern und der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems. Es führe zu Kontaktbeschränkungen und beuge damit der abstrakten Gefahr vor, noch nicht festgestellte Infektionen an einen anderen Ort zu tragen und das Virus dort zu verbreiten.

Das Einreiseverbot sei auch in der Sache erforderlich. Ein Zuwarten, bis das Infektionsgeschehen – auch im Hinblick auf die nach derzeitiger Erkenntnis noch wesentlich ansteckenderen Mutationen – vor Ort derart eskaliere, dass noch drastischere Maßnahmen wie zum Beispiel eine Ausgangssperre ergriffen werden müssten, sei nicht angezeigt. Vor dem Hintergrund, dass innerhalb eines Zeitraumes von ca. 6 Wochen im Landkreisgebiet gleichbleibend hohe Infektionszahlen verzeichnet wurden, sei das Einreiseverbot zumindest als „Schritt in die richtige Richtung“ zu betrachten.

Es sei nicht offensichtlich, dass sich die hohen Inzidenzwerte im Landkreis Vorpommern-Greifswald aufgrund lokal begrenzter Corona-Ausbrüche (in Pflegeheimen) ergäben. Es bestehe derzeit vielmehr eine nicht auf bestimmte Personengruppen oder Örtlichkeiten begrenzte, sondern eine über das Landkreisgebiet verteilte diffuse Infektionslage.

Das angeordnete Einreiseverbot bilde in der Gesamtschau mit den anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Schließung der Schulen und Kindertagesstätten, ein Maßnahmenbündel, bei dem nicht jede Einzelmaßnahme unmittelbar hinsichtlich ihrer quantitativen Auswirkungen auf die Senkung des Infektionsgeschehens überprüft werden könne. Es sei die Gesamtwirkung aller Maßnahmen in den Blick zu nehmen. Dementsprechend dürften die Anforderungen an die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit im engeren Sinne bei jeder Einzelmaßnahme nicht überhöht werden. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben, auch im Hinblick auf eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems, wiege die Einschränkung der persönlichen Freiheit sowie der Freiheit zur Nutzung des Eigentums weniger schwer. Dies gelte insbesondere, weil die Allgemeinverfügung zwar nicht konkret zeitlich befristet sei, jedoch zumindest auf das Vorliegen eines entsprechenden Inzidenz-Grenzwertes begrenzt sei und sich die Erreichung dieses Grenzwertes bei Einhaltung der aktuellen Corona-Maßnahmen zeitnah einstellen dürfte.

Der Antragsteller hat die Möglichkeit, binnen einer Frist von zwei Wochen gegen den Beschluss Beschwerde einzulegen, über die das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald zu befinden hätte.“

  1. Verkaufsstätte eines Gemischtwarenladens in Wetzlar bleibt geschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat entschieden, dass die Verkaufsstätte eines Gemischtwarenladens in Wetzlar geschlossen bleiben muss (VG Gießen, Beschl. v. 18.02.2021 – 4 L 479/21.GI).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 18.02.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen einen Eilantrag abgelehnt, mit dem der Lahn-Dill-Kreis unter anderem festgestellt hat, dass eine Verkaufsstätte einer bundesweit vertretenen Unternehmensgruppe mit Gemischtwarenläden nach der hessischen Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona-Pandemie (CoKoBeV) aktuell zu schließen ist. Das Gesundheitsamt des Lahn-Dill-Kreises stellte aufgrund einer durchgeführten Kontrolle im Januar 2021in einer dort ansässigen Firma fest, dass die Verkaufsstätte geschlossen sein müsste und drohte ein Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung an. Der Landkreis führte in seiner Entscheidung aus, dass es sich bei der antragstellenden Firma um einen Gemischtwarenladen handele und das Sortiment gerade nicht schwerpunktmäßig von der hessischen Verordnung privilegiert werde. Hierzu zog der Landkreis auch den Internetauftritt der Unternehmensgruppe sowie aktuelle Werbeprospekte heran. Die antragstellende Firma hat im Rahmen des Eilverfahrens geltend gemacht, dass ihr Sortiment überwiegend aus Waren bestehe, welche von der hessischen Verordnung privilegiert würden. Insbesondere seien hierunter Lebensmittel, Tierfuttermittel und Drogerieartikel zu fassen. Diese Produkte würden über 50% ihres Sortiments ausmachen. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss die Wertung des Landkreises bestätigt und ausgeführt, dass es sich bei der Verkaufsstätte der Antragstellerin gerade nicht um einen der Ausnahmetatbestände handele, in denen Verkaufsstätten für die Öffentlichkeit geöffnet sein dürften. Ein Sortimentsschwerpunkt im Bereich der Grundversorgung sei aufgrund einer Gesamtbetrachtung und unter Auswertung der

Außendarstellung der Unternehmensgruppe gerade nicht ersichtlich. Insgesamt ähnele der Schwerpunkt des Sortiments vielmehr demjenigen eines Baumarktes.

Die Entscheidung (Beschluss vom 18.02.2021, Az.: 4 L 479/21.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.“

  1. Fitness- und Tattoostudios in Baden-Württemberg bleiben geschlossen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat die Eilanträge eines Fitnessstudiobetreibers und des Inhabers eines Tattoostudios gegen die Untersagung ihres Betriebs durch die Corona-Verordnung der Landesregierung abgelehnt (VGH Mannheim, Beschl. v. 19.02.2021 – 1 S 460/21; 1 S 502/21).

In der Pressemitteilung v. 22.02.2021 heißt es:

„Zur Ablehnung führt der 1. Senat des VGH jeweils aus, die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für Betriebsschließungen seien gegenwärtig voraussichtlich erfüllt. Die 7-Tages-Inzidenz liege bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. In einer solchen Konstellation seien „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“ (§ 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG). Die Entscheidung der Landesregierung in der Corona-Verordnung, den Betrieb solcher Einrichtungen grundsätzlich zu untersagen, sei auch Teil einer solchen „bundesweiten Abstimmung“. Denn die Landeregierung setze damit einen am 28. Oktober 2020 in einer Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder gefassten, von ihr dort mitgetragenen Beschluss um.

Bei der Umsetzung einer solchen bundesweit einheitlichen Strategie in Landesrecht habe der Antragsgegner den ausdrücklichen Willen des Bundesgesetzgebers bei der Verabschiedung des § 28a IfSG im November 2020 berücksichtigen dürfen, dass „mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen“ möglichst ausgeschlossen werden sollen. Daher bestehe gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung solcher Studios regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Denn eine punktuelle Öffnung in einzelnen Kreisen führe zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren über die Kreisgrenzen hinaus.

Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt inzwischen unterschritten werde, folge nichts anderes. Dieser Umstand zwinge den Antragsgegner insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Denn die Unterschreitung des auf den Landesdurchschnitt bezogenen Inzidenzschwellenwerts ändere nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Satz 9 des § 28a Abs. 3 IfSG weiterhin eröffnet sei. Hinzu komme, dass der Schwellenwert im Land erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten werde.

Die Beschlüsse vom 19. Februar 2021 sind unanfechtbar (Az. 1 S 460/21 – Tattoostudio – und 1 S 502/21 – Fitnessstudio).“

  1. Hohe Entschädigung für Barbetreiber in Düsseldorf aus Betriebsschließungsversicherung

Mit Urteil v. 19.02.2021 hat die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (40 O 53/20) eine Versicherung zur Zahlung von Versicherungsleistungen in Höhe von über 750.000,00 EUR verurteilt; die Bars in der Düsseldorfer Altstadt mussten jedenfalls 30 Tage im ersten Corona-Lockdown 2020 geschlossen werden (LG Düsseldorf, Urt. v. 19.02.2021 – 40 O 53/20).

  1. Krebskranker wird nicht bevorzugt geimpft

Ein 78-jäh­ri­ger Krebs­kran­ker ist vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) mit sei­nem Be­geh­ren ge­schei­tert, vor ei­ner Che­mo­the­ra­pie gegen das Co­ro­na­vi­rus ge­impft zu wer­den (BVerfG, Beschl. v. 22.02.2021 – 1 BvQ 15/21). Das BVerfG lehn­te den Eil­an­trag als un­zu­läs­sig ab, da der Antragsteller nicht aus­rei­chend dar­ge­legt habe, warum ihm durch Ab­war­ten ein schwe­rer Nach­teil ent­ste­he.

  1. Betriebsuntersagung für Fahrschulen in Baden-Württemberg ab 01.03.2021 außer Vollzug gesetzt

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat dem Eilantrag einer Fahrschule gegen die teilweise Untersagung ihres Betriebs durch die Corona-Verordnung der Landesregierung stattgegeben (VGH Mannheim, Beschl. v. 23.02.2021 – 1 S 467/21).

In der Pressemitteilung v. 24.02.2021 heißt es:

„Die Vorschrift des § 1d Abs. 8 der Corona-Verordnung untersagt seit dem 10. Januar 2021 teilweise den Betrieb von Fahrschulen. Erlaubt sind weiterhin Onlineunterricht, die Fahrausbildung zu beruflichen Zwecken insbesondere in den Lkw- und Bus-Fahrerlaubnisklassen, die Fahrausbildung für Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, des Rettungsdienstes, des Kataststrophenschutzes und des Technischen Hilfswerkes und die bereits begonnene Fahrausbildung, die unmittelbar vor Abschluss durch die fahrpraktische Fahrerlaubnisprüfung steht.

Die Fahrschule wandte sich erfolgreich gegen die teilweise Betriebsuntersagung. Der VGH setzte mit Wirkung vom 1. März 2021 die Vorschrift des § 1d Abs. 8 der Corona-Verordnung außer Vollzug.

Zur Begründung führt der 1. Senat des VGH aus, die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für die teilweise Betriebsuntersagung seien gegenwärtig voraussichtlich nicht erfüllt. Es handele sich bei dieser Betriebsuntersagung – anders als z.B. bei Fitnessstudios und Tattoostudios – nicht um eine bundesweit zwischen den Ländern abgestimmte Maßnahme, für die bei einer bundesweiten 7-Tages-Inzidenz von über 50 besondere Regeln gälten (s. Pressemitteilung vom 22.01.2021 zu Fitnessstudios und Tattoostudios). Daher habe die Landesregierung zu prüfen und zu begründen, warum es insoweit eines landesweit einheitlichen Vorgehens bedürfe. Die Voraussetzungen für Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 seien zwar dem Grunde nach voraussichtlich weiterhin gegeben. Der Senat teile die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als sehr hoch einzuschätzen sei, insbesondere da sich aktuell der Rückgang der täglichen Fallzahlen nicht fortsetze. Auch in Baden-Württemberg entwickele sich die 7-Tages-Inzidenz derzeit seitwärts bzw. leicht steigend. Auch sei nicht zu verkennen, dass der Betreib von Fahrschulen nicht unerhebliche Infektionsgefahren aufweise. Bei der praktischen Ausbildung könne der Mindestabstand von 1,5 m regelmäßig nicht gewährleistet werden. Über einen Zeitraum von jedenfalls 45 Minuten – oder bei einer Doppelstunde von 90 Minuten – säßen mindestens zwei Personen in einem kleinen geschlossenen Raum zusammen. Die Ausbildungssituation erfordere während des gesamten Zeitraums Kommunikation zwischen diesen Personen.

Die Notwendigkeit eines landesweit einheitlichen Vorgehens sei jedoch weder von der Landesregierung ausreichend dargelegt noch für den Senat offensichtlich. Das Infektionsgeschehen im Land weise nicht unerhebliche Unterschiede auf. Von den 44 Land- und Stadtkreisen habe einer eine 7-Tages-Inzidenz von über 100, zwölf eine zwischen 50 und 100, einundzwanzig eine zwischen 35 und 50 sowie zehn eine unter 35; in sechs dieser zehn Land- und Stadtkreise liege die 7-Tages-Inzidenz sogar unter 30. Bei einer nicht für alle Land- und Stadtkreise geltenden Untersagung des Betriebs von Fahrschulen seien infektionsschutzrechtlich bedenkliche Bewegungen von Fahrschülern und Fahrlehrern über Kreis- oder gar Landesgrenzen hinaus nicht zu erwarten. Die Gruppe der Fahrschüler und derjenigen, die sich derzeit entschließen könnten, sich bei einer Fahrschule anzumelden, mache von vornherein nur einen kleinen Teil der Bevölkerung aus. Diejenigen, die sich bereits in der Fahrschulausbildung befänden, dürften sich typischerweise dafür entscheiden, bei dieser Fahrschule zu bleiben, mit der sie bereits einen Vertrag geschlossen und dabei den üblichen, finanziell erheblichen Grundbetrag bereits bezahlt hätten. Wer derzeit überlege, die Fahrschulausbildung erst zu beginnen, werde zudem – zumal vor einer Entscheidung für eine Fahrschule in einem anderen Stadt- oder Landkreis – überlegen, dieses Vorhaben angesichts einer nicht auszuschließenden deutlichen Verschlechterung der Infektionslage und einer dann ggfs. drohenden erneuten landesweiten Untersagung des Fahrschulbetriebs aufzuschieben und zunächst abzuwarten. Auch dürfte es allenfalls für wenige Fahrschüler und Fahrlehrer praktikabel sein, über Kreisgrenzen hinweg weite Wege zurückzulegen, um Fahrschulleistungen anzubieten oder anzunehmen. Schließlich könne es sich als für solche Wanderungsbewegungen begrenzender Faktor erweisen, dass es bereits aus zeitlichen Gründen für viele Fahrschulen kaum möglich sein dürfte, in größerem Umfang für zusätzliche Fahrschüler Fahrstunden anzubieten.

Der Beschluss vom 23. Februar 2021 ist unanfechtbar (Az. 1 S 467/21).“

  1. Uneingeschränkte Pflicht zur Mietzahlung trotz Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im „Corona-Lockdown“

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat entschieden, dass es für Mieter eine uneingeschränkte Pflicht zur Mietzahlung trotz Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im „Corona-Lockdown“ gibt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 m. Anm. Volkmann/Semmelmayer in DB 2021, 499).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 25.02.2021 heißt es:

„Ein Einzelhändler, dessen Ladenlokal im ´Corona-Lockdown´ für den Publikumsverkehr geschlossen werden musste, kann seine Mietzahlung nicht ohne Weiteres aussetzen oder reduzieren. Mit diesem Urteil vom 24. Februar 2021 hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe unter dem Vorsitz von Dr. Klaus Gehrig eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Heidelberg bestätigt. Die Berufung einer Einzelhandelskette, deren Filiale aufgrund einer behördlichen Anordnung im „ersten Corona-Lockdown“ vom 18. März bis zum 19. April 2020 geschlossen bleiben musste und die daher die vereinbarte Miete für ihr Ladenlokal im April 2020 nicht an ihre Vermieter bezahlte, hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass eine allgemeine coronabedingte Schließungsanordnung keinen Sachmangel des Mietobjekts begründet, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Der Zustand der Mieträume als solcher erlaubte die vertraglich vorgesehene Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts weiterhin, so dass auch unter diesem Aspekt die Mietzahlungspflicht nicht in Wegfall geriet.

Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ grundsätzlich in Betracht kommen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen oder sein wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaubt. Hierfür ist eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, bei der unter anderem der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind. Solche besonderen Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit der Mietzahlung führen könnten, hatte die berufungsführende Einzelhandelskette im jetzt entschiedenen Einzelfall nicht in ausreichender Weise geltend gemacht.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.“

Siehe auch nachfolgen Nr. 395.

  1. Anspruch auf Mietminderung wegen pandemiebedingter Schließung eines Ladenlokals

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat entschieden, dass der Mieter eines Ladenlokals sowie einer Parkplatzfläche einen – teilweisen – Anspruch auf Mietminderung wegen pandemiebedingter Schließung des Lokals haben kann (OLG Dresden, Urt. v. 24.02.2021 – 5 U 1782/20 m. Anm. Volkmann/Semmelmayer in DB 2021, 499).

In den Urteilsgründen der Entscheidung des OLG heißt es:

„Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.“

Siehe auch zuvor Nr. 394.

  1. Regelung über das Verbot von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald hat die Regelung über das Verbot von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Greifswald, Beschl. v. 24.02.2021 – 2 KM 100/21 OV).

In der Pressemitteilung Nr. 4/2021 des Gerichts v. 24.02.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tag hat das Oberverwaltungsgericht in Greifswald § 1 Abs. 1 Satz 7 Corona-LVO M-V, wonach der Verzehr alkoholischer Getränke in der Öffentlichkeit untersagt ist, vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az.: 2 KM 100/21 OVG).

Mit seinem vorläufigen Rechtsschutzantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO hat der Antragsteller geltend gemacht, die angegriffene Regelung sei unverhältnismäßig und somit mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.

Das Gericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, § 1 Abs. 1 Satz 7 Corona-LVO M-V stehe mit der Vorschrift des § 28a Abs. 1 Nr. 9 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht in Einklang. Danach könne zwar für unbestimmte Zeit ein Verbot der Alkoholabgabe und des Alkoholkonsums durch den Verordnungsgeber geregelt werden, nicht jedoch ein unbeschränktes Verbot der Alkoholabgabe und des Alkoholkonsums im gesamten Geltungsbereich einer auf das Infektionsschutzgesetz gestützten Verordnung. Da § 1 Abs. 1 Satz 7 Corona-LVO M-V bereits gegen den ausdrücklichen Wortlaut der Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz verstoße und daher mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei, sei die Vorschrift bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorläufig außer Vollzug zu setzen. Der Verstoß u.a. gegen § 1 Abs. 1 Satz 7 Corona-LVO M-V stelle nämlich eine Ordnungswidrigkeit dar, und dem Verordnungsgeber bleibe es unbenommen, eine den Grenzen der Ermächtigungsgrundlage entsprechende Neuregelung in der Landesverordnung zu erlassen.“

  1. Eine gegen die staatliche Coronapolitik gerichteten Demonstration bleibt verboten

Das Oberverwaltungsgericht Weimar hat eine gegen die staatliche Coronapolitik gerichtete Demonstration verboten (OVG Weimar, Beschl. v. 25.02.2021 – 3 EN 88/21).

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Ebenso wie das Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass das auf § 15 Abs. 1 VersammlG gestützte Verbot rechtmäßig ist.

Hierbei ist zunächst die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit zukommende überragende verfassungsrechtliche Bedeutung zu beachten. Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen. Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. zu allem zuletzt: BVerfG, Beschluss vom 30. August 2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m. w. N.; Beschluss des Senats vom 10. April 2020 – 3 EN 248/20 – juris).

Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig. Solche Eingriffe kommen nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist, d. h. wenn der von der Versammlungsbehörde anzustellenden Gefahrenprognose konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu Grunde liegen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben; bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 1 BvR 2636/04 – juris; Senatsbeschlüsse vom 4. Juli 2021 – 3 EO 467/19 – juris Rn. 10, vom 30. April 2013 – 3 EO 266/13 – n. V. und vom 12. April 2002 – 3 EO 261/02 – juris Rn. 14 m. w. N.). Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17). Dabei liegt, nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts, die auf die Konzeption der Grundrechte als Abwehrrechte abgestimmt sind, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von freiheitseinschränkenden Maßnahmen bei der Behörde (BVerfG, Beschluss vom 4. September 2009 – 1 BvR 2147/09 -, juris Rn. 13).“

  1. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf zum Verweilverbot in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes bleibt erfolglos

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hält den Eilantrag gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf zum Verweilverbot in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes für zulässig und begründet (VG Düsseldorf, Beschl. v. 26.02.2021 – 7 L 376/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 26.02.2021 heißt es:

„Gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf vom 24. Februar 2021, mit der diese das Verweilen in bestimmten Bereichen des Stadtgebietes zu bestimmten Zeiten untersagt, kann nicht mit Erfolg vorgegangen werden. Das hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden und damit den Eilantrag eines Düsseldorfer Bürgers abgelehnt.

Das Gericht hat im Wege einer Abwägung der widerstreitenden Interessen entschieden, dass die Belange des Antragstellers zurücktreten müssen. Die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter der Gesundheit der Bevölkerung während der noch andauernden Pandemie überwiegt gegenüber den privaten Interessen des Antragstellers, dessen Rechte vergleichsweise geringfügig eingeschränkt würden, so das Gericht. Dies gelte mit Rücksicht darauf, dass die Allgemeinverfügung ein räumlich eingegrenztes Gebiet betreffe, zeitlich auf das Wochenende und bestimmte Uhrzeiten beschränkt sei und die Regelungen bis zum 14. März 2021 befristet seien.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden.“

  1. Eilantrag gegen Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg abgelehnt / Landesregierung ist nicht verpflichtet, „Click&Meet“ zu ermöglichen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat unter anderem entschieden, dass die coronavirusbedingte Schließung des Textileinzelhandels in Baden-Württemberg nicht zu beanstanden sei; die Landesregierung sei nicht verpflichtet, „Click&Meet“ zu ermöglichen (VGH Mannheim, Beschluss vom 01.03.2021 – 1 S 555/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 02.03.2021 heißt es:

„Das klagende Unternehmen R. (Antragstellerin) hat mit dem Eilantrag vorgetragen, Damenmode im Premiumsegment herzustellen, diese in zahlreichen Ländern zu verkaufen und eigene Einzelhandelsgeschäfte zu betreiben. Durch den ersten und den zweiten Lockdown sei ihr jeweils ein Schaden im Millionenbereich entstanden. Überbrückungshilfe III würde sie nach den Angaben ihres Steuerberaters voraussichtlich erhalten, es verbleibe aber ein Schaden im Millionenbereich. Die Betriebsuntersagung sei rechtswidrig. Insbesondere seien landesweite Betriebsverbote für den Einzelhandel nicht mehr zulässig.

Zur Ablehnung des Eilantrags der Antragstellerin führt der 1. Senat des VGH aus, die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für Betriebsschließungen seien gegenwärtig voraussichtlich erfüllt. Die 7-Tages-Inzidenz liege bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. In einer solchen Konstellation seien „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“ (§ 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG). Die Entscheidung des Antragsgegners in der Corona-Verordnung, den Betrieb von Einzelhandelsgeschäften grundsätzlich zu untersagen, sei auch Teil einer solchen „bundesweiten Abstimmung“.

Bei der Umsetzung einer solchen bundesweit einheitlichen Strategie in Landesrecht habe der Antragsgegner den ausdrücklichen Willen des Bundesgesetzgebers bei der Verabschiedung des § 28a IfSG im November 2020 berücksichtigen dürfen, dass „mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen“ möglichst ausgeschlossen werden sollen. Daher bestehe gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung von Einzelhandelsgeschäften regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Denn eine punktuelle Öffnung des Einzelhandels in einigen Kreisen führe zu umfangreichen Kundenströmen zwischen einzelnen Kreisen und aus anderen Bundesländern und damit voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren. Auch im Land liege die 7-Tages-Inzidenz wieder über 50; diese sei zuvor nur wenige Tage und nur geringfügig unterschritten worden.

Die Betriebsuntersagung sei auch insoweit rechtmäßig, als der Antragstellerin eine teilweise Öffnung im Wege des „Click&Meet“ nicht möglich sei. In der gegenwärtigen Situation mit nach wie vor diffusem Infektionsgeschehen und einem leichten Anstieg der Neuinfektionszahlen könne sich der Antragsgegner grundsätzlich für ein stufenweises Vorgehen entscheiden, um im Rahmen einer engmaschigen Kontrolle zu beobachten, wie sich einzelne Öffnungsschritte auf das Infektionsgeschehen auswirkten. Da er mit Wirkung vom 22. Februar 2021 den Präsenzbetrieb von Kitas und Einrichtungen der Kinderbetreuung sowie (im Wechselunterricht) von Grundschulen wieder zugelassen und damit – aus für die Allgemeinheit besonders bedeutsamen sozialen und gesellschaftlichen Gründen – eine Vielzahl von Sozialkontakten und Infektionsgefahren in Kauf genommen habe, sei es auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgebots nicht zu beanstanden, dass er für einen Beobachtungszeitraum noch davon abgesehen habe, zeitgleich in einem weiteren Bereich Öffnungsschritte zu unternehmen, die ebenfalls zu einem großen Anstieg von Sozialkontakten und Infektionsgefahren führen würden.

An einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz fehle es. Die Entscheidung des Antragsgegners, Friseurbetriebe wieder zuzulassen, sei willkürfrei. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Dienstleistungsbetrieb eines Friseurs mit einem Einzelhandelsbetrieb vergleichbar sei. Jedenfalls liege ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung aller Voraussicht nach darin, dass Friseurdienstleistungen nach typisierender Betrachtungsweise noch der Grundversorgung der Bevölkerung dienten. Auch im Verhältnis zu Gärtnereien, Blumenläden und ähnlichen Betrieben fehle es an einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Der Antragsgegner habe sich ohne Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dazu entscheiden dürfen, die ersten Schritte zur Lockerung im Bereich des Einzelhandels in der Gartenbaubranche zu unternehmen, die im Vergleich zu dem übrigen Einzelhandel zunächst geringere Kundenströme und zumindest zu einem beachtlichen Teil Kundenkontakte im Freien betreffe.

Der Beschluss vom 1. März 2021 ist unanfechtbar (Az. 1 S 555/21).“

  1. Friseure und Nagelstudios in Flensburg bleiben geschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Flensburg hat entschieden, dass Friseure und Nagelstudios in Flensburg geschlossen bleiben müssen (VG Schleswig, Beschl. v. 01.03.2021 – 1 B 21/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 01.03.2021 heißt es:

„Die Anordnung der Stadt Flensburg, dass Friseure und Nagelstudios dort – anders als im Rest Schleswig-Holsteins – zunächst bis zum 6. März 2021 geschlossen bleiben müssen, bleibt bestehen. Das hat das Verwaltungsgericht Schleswig heute in einem Eilverfahren entschieden (Az. 1 B 21/21).

Nach der aktuellen Corona-Verordnung der Landesregierung können Friseure und Nagelstudios seit heute ihre Dienstleistungen wieder anbieten. Die Stadt Flensburg hatte diese Lockerung jedoch mit Allgemeinverfügung vom 26. Februar 2021 ausgesetzt und ein Verbot des Angebots dieser Dienstleistungen erlassen. Den hiergegen eingereichten Eilantrag der Betreiberin eines Friseursalons in Flensburg hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

Zwar könne die Rechtmäßigkeit des Verbots in der Kürze der Zeit nicht abschließend beurteilt werden. Im Rahmen einer umfassenden Folgenabwägung kamen die Richter jedoch zu dem Ergebnis, dass angesichts der weiterhin hohen Inzidenz und der starken Verbreitung der britischen Variante des Coronavirus in Flensburg weitergehende Schutzmaßnahmen erforderlich seien. Die Verlängerung der Schließung könne ein verhältnismäßiges Mittel darstellen, um der Ausbreitung des überdurchschnittlichen Infektionsgeschehens dort wirksam zu begegnen. Die gegenüber anderen Landesteilen deutlich höheren Inzidenzwerte und die stärkere Ausbreitung der britischen Variante rechtfertigten insoweit auch ein von anderen Landesteilen abweichendes Vorgehen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung an die Beteiligten Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.“

  1. Corona-Schutzmaßnahmen für Alten- und Pflegeheime in Bayern / Testpflicht für Mitarbeiter und Besucher?

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat sich in zwei Beschlüssen vom heutigen Tag mit den infektionsschutzrechtlichen Überwachungsmaßnahmen in Pflege- und Altenheimen auseinandergesetzt. Dabei setzte er die infektionsschutzrechtliche Beobachtung für die Beschäftigten von Pflege- und Altenheimen vorläufig außer Vollzug. Gleichzeitig lehnte er den Eilantrag gegen die Testpflicht für Besucher ab (VGH München, Beschl. v. 02.03.2021 – 20 NE 21.353; 20 NE 21.369).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiter:

„Nach der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung stehen die Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen unter Beobachtung und müssen sich mindestens dreimal wöchentlich auf das Corona-Virus testen lassen. Mit der Beobachtung können für das Personal im Einzelfall weitreichende Grundrechtseingriffe, insbesondere Untersuchungspflichten verbunden sein. Hiergegen wandte sich die bereits gegen das Coronavirus geimpfte Pflegedienstleiterin eines Seniorenzentrums aus Unterfranken mit einem Eilantrag. Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat setzte diese Regelungen mit allgemeiner Wirkung zum 4.März 2021 vorläufig außer Vollzug. Zur Begründung führte er aus, eine behördliche Beobachtung setze nach dem Infektionsschutzgesetz den Verdacht voraus, dass sich die betroffene Person angesteckt habe. Ein solcher Verdacht bestehe bei den Beschäftigten von Pflege- und Altenheimen nicht ohne Weiteres. Abgelehnt hat das Gericht den Eilantrag einer Privatperson aus dem Landkreis Würzburg, die sich gegen die Pflicht zur Vorlage eines negativen Corona-Tests für Besucher gewandt hatte. Die Pflicht sei derzeit voraussichtlich rechtmäßig, weil sie die Aufrechterhaltung wichtiger Sozialkontakte ermögliche und der Isolation der Bewohner vorbeuge. Der mit der Testung verbundene Aufwand sei den Besuchern angesichts dessen zumutbar. Dies gelte auch, wenn die Bewohner der Einrichtung bereits weitgehend geimpft seien, weil es immer noch ungeimpfte Bewohner und Pflegekräfte gebe und über die Wirksamkeit der Impfung jeden-falls derzeit noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlägen. Solange nicht eindeutig erkennbar sei, dass durch das Impfprogramm das Infektionsgeschehen unter Kontrolle sei, sei die Testpflicht auch bei regional niedrigen Infektionszahlen gerechtfertigt. Gegen die Beschlüsse des Senats gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung der Untersagung von Erste-Hilfe-Kursen für Fahrschüler und der Hundetrainings von Hundeschulen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat mit zwei Eilbeschlüssen § 14a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit dieser Schulungen in Erster Hilfe nach § 19 der Fahrerlaubnis-Verordnung und soweit dieser den Unterricht von Hundeschulen untersagt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 03.03.2021 – 13 MN 91/21; 13 MN 84/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Erste-Hilfe-Kurse

In dem Verfahren 13 MN 78/21 hatte sich ein Anbieter von Erste-Hilfe-Kursen gegen die Untersagung von (nicht unmittelbar berufsbezogenen) Schulungen in Erster Hilfe nach § 19 der Fahrerlaubnisverordnung durch § 14a Abs. 1 Satz 1 Corona-VO gewandt.

Der 13. Senat hat diese Untersagung für unangemessen und deshalb rechtswidrig erachtet.

Die Untersagung führe dazu, dass in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers eingegriffen und ihm ein nicht unerheblicher Teil seiner Berufstätigkeit unmöglich gemacht werde. Zu berücksichtigen seien zudem darüberhinausgehende negative Folgen für Fahrschüler. Denn der nur durch eine solche Schulung zu führende Nachweis, Erste Hilfe leisten zu können, sei eine notwendige Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis. Fahrschülern werde es durch die Untersagung mithin letztlich unmöglich gemacht, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu erfüllen. Diese negative Folge sei von erheblichem Gewicht, berücksichtige man die Bedeutung des motorisierten Individualverkehrs für die Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder dahinführenden Ausbildung, aber auch für die Wahrnehmung sozialer Kontakte und die allgemeine Lebensführung. Der Verordnungsgeber selbst habe die Ausnahme für den praktischen Fahrunterricht mit dessen „gesellschaftlicher Bedeutung und zur Ermöglichung des Individualverkehrs“ begründet. Die widerstreitende Behauptung des Antragsgegners, diese Belange seien „durch ein gutes Netz der Infrastruktur und des ÖPNV sowie Radwege gewährleistet“, vermochte der Senat insbesondere mit Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse in zahlreichen, ländlich geprägten Gegenden Niedersachsens nicht nachzuvollziehen.

Den so gewichteten Grundrechtseingriffen und gravierenden Nachteilen stünden keine widerstreitenden und diese überwiegenden öffentlichen infektionsschutzrechtlichen Interessen gegenüber. Dabei stellte der Senat nicht in Abrede, dass Schulungen in Erster Hilfe als eine Kombination aus theoretischem (Gruppen-)Unterricht mit Demonstrationen und praktischen Übungen ein infektionsschutzrechtlich relevantes Gefahrenpotenzial aufwiesen. Nur dürften diese Gefahren durch geeignete, gegebenenfalls vom Antragsgegner normativ vorzugebende Hygienekonzepte derart reduziert werden können, dass sie eine vollständige Untersagung von nicht unmittelbar berufsbezogenen Schulungen in Erster Hilfe nicht mehr rechtfertigen könnten.

Hundeschulen

In dem Verfahren 13 MN 67/21 hatte sich der Betreiber einer Hundeschule mit seinem Antrag dagegen gewandt, keine Hundetrainings mehr anbieten zu dürfen. Diese bestehen vor allem in Welpen- und Junghundekursen und verhaltenstherapeutischen Angeboten zur Behebung von Angst- und Aggressionsstörungen und anderen Verhaltensauffälligkeiten beim Hund sowie zur Lösung von Beziehungsstörungen zwischen Hundehalter und Hund. Die Hundetrainings finden überwiegend im Freien auf dem zur Hundeschule gehörenden eigenen Trainingsgelände sowie in dortigen Räumlichkeiten, aber auch im öffentlichen Raum (z.B. in Parkanlagen oder auf Auslaufflächen) statt.

Der 13. Senat hat diese Tätigkeit der Hundeschulen, bei der durch die Hundetrainer der Hundeschule nicht nur eine Ausbildung bzw. Erziehung der Hunde selbst, sondern auch eine Anleitung der Hundehalter in Erziehung, Haltung und Pflege ihrer Tiere erfolge, insgesamt als „Präsenzunterricht im Bereich der außerschulischen Bildung“ angesehen, der mit Ausnahme von Prüfungen (wie Wesenstests und Sachkundeprüfungen nach dem Niedersächsischen Hundegesetz), der Hundetrainingsberatung und der Hundetrainings zu Zwecken der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung durch § 14a Abs. 1 Satz 1 Corona-VO untersagt sei.

Diese Untersagung verstoße hinsichtlich eines wesentlichen Anteils des Unterrichts der Hundeschulen gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Denn ein nach dem äußerlichen Geschehensablauf vergleichbares, privat organisiertes (nichtinstitutionalisiertes) „Hundetraining“ als Treffen beliebig vieler Hundehalter aus ein und demselben Hausstand, ggf. zusammen mit einem aus einem weiteren Hausstand stammenden Hundehalter, und ihren jeweiligen Tieren sei nach den allgemeinen Vorschriften der Corona-VO im öffentlichen Raum sowie in/auf privat genutzten Räumen und Grundstücken zulässig; darüber hinaus dürften sich zwei Hundehalter aus verschiedenen Hausständen oder beliebig viele Hundehalter aus ein und demselben Hausstand im Rahmen einer ggf. zugleich vorliegenden „Individualsportausübung mit Hunden“ auf öffentlichen und privaten Sportanlagen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Corona-VO zu privaten „Hundetrainings“ zusammenfinden. Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, seien nicht festzustellen. Sie bestünden weder hinsichtlich einer vom Antragsgegner befürchteten Unterschreitung des Mindestabstandes zwischen am Hundetraining beteiligten Menschen (Hundehaltern und Hundetrainern) noch bezüglich einer seriellen Kontakthäufung bei Hundetrainern oder vermehrter Kontakte der Hundehalter während der Anreise zu diesen Verrichtungen.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Gastronomie im Seniorenzentrum bleibt auch für Geimpfte geschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg hat entschieden, dass ein Se­nio­ren­zen­trum auch für seine ge­impf­ten Be­woh­ner sowie sol­che mit über­stan­de­ner Co­ro­na-In­fek­ti­on den gas­tro­no­mi­schen Be­trieb in einem Ge­mein­schafts­raum nicht wie­der öff­nen darf (VG Freiburg, Beschl. v. 03.03.2021 – 8 K 435/21). Der­zeit sei noch nicht klar, ob eine Über­tra­gung auf und durch ge­impf­te Per­so­nen oder sol­che, die die In­fek­ti­on über­stan­den haben, nicht mehr mög­lich ist.

  1. Gesangsverbot sowie Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung im Gottesdienst sind rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat entschieden, dass das Gesangsverbot sowie die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung im Gottesdienst rechtmäßig sind (VG Hannover, Beschl. v. 04.03.2021 – 15 B 1069/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 08.03.2021 heißt es:

„Bei den Antragstellern handelt es sich um eine Freikirche, einen Pastor sowie ein Gemeindemitglied. Mit dem Hauptantrag begehren sie die Feststellung, dass Gesang während des Gottesdienstes zulässig ist, soweit die Besucherinnen und Besucher währenddessen eine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Hilfsweise beantragen sie die Feststellung, dass während des Gottesdienstes nach Einnahme des Sitzplatzes keine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden muss. Sie wenden sich unter anderem gegen § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Nach dieser Regelung haben Besucherinnen und Besucher eines Gottesdienstes auch dann eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, soweit und solange sie einen Sitzplatz eingenommen haben. Dabei ist das generelle Abstandsgebot zu wahren. Jeglicher Gesang der Besucherinnen und Besucher ist zu unterlassen.

Die 15. Kammer hat mit Beschluss vom 4. März 2021 den Eilantrag abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts seien die Vorgaben der Corona-Verordnung im Lichte der jeweils betroffenen Grundrechte verhältnismäßig. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel wie die Anordnung eines Gesangverbots auch dann, wenn gleichzeitig die Mund-Nasen-Bedeckung getragen werde, sei nicht ersichtlich, um den größtmöglichen Schutz der Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu gewährleisten. Durch die Regelungen würden Vorkehrungen zum Schutz vor Übertragungen von COVID-19 in geschlossenen Räumen getroffen, die ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen grundrechtlich geschützten Positionen schafften: Die Vorgaben führten nicht dazu, dass der Gottesdienst überhaupt nicht durchgeführt werden dürfe. Sie ermöglichten vielmehr ein Zusammenkommen der Gläubigen und dienten damit der Verwirklichung der Religionsfreiheit unter geänderten Bedingungen für einen begrenzten Zeitraum. Es trete hinzu, dass Gläubige, die etwa wegen ihres Alters oder einer Vorerkrankung einer Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung angehörten, aus Sorge vor einer Ansteckung von einer Teilnahme am Gottesdienst absehen könnten, wenn die Vorkehrungen weniger umfassend wären. Aus diesen Gründen sei auch die Regelung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung rechtmäßig.

Die Antragsteller haben bereits Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt.“

  1. Betreiberin eines Golfplatzes im Bundesland Brandenburg unterliegt vor dem OVG Berlin-Brandenburg

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zur Ausnahme der 6. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg für Individualsport im Freien entschieden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.03.2021 OVG 11 S 24/21).

In der Pressemitteilung 11/21 v. 05.03.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den Eilantrag der Betreiberin eines in Brandenburg gelegenen Golfplatzes als unzulässig zurückgewiesen. Die Antragstellerin hatte die Feststellung beantragt, dass die Ausübung des Golfsports nach Maßgabe ihres Hygienekonzepts zulässig sei. Ein derartiges Feststellungsbegehren kann nicht Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens bzw. einer mit Blick darauf ergehenden einstweiligen Anordnung sein.

Zugleich hat der 11. Senat aber vorsorglich Hinweise zur Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 der 6. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung erteilt. Diese Regelung sieht eine Ausnahme von der Untersagung des Sportbetriebs für Individualsport auf Sportanlagen unter freiem Himmel allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Haushalts vor. Dieser Regelung ist nach Auffassung des Senats nicht zu entnehmen, dass der Sport danach auf jeder dieser Sportanlagen jeweils nur von einer Einzelperson oder einer zulässigen Kleingruppe gleichzeitig ausgeübt werden dürfte. Angesichts der Besonderheiten von Sportanlagen im Freien, die regelmäßig eine erhebliche Größe aufwiesen und hinreichend Platz für eine parallele Ausübung von Individualsport durch mehrere Einzelpersonen oder Kleingruppen böten, genüge ein derartig enges Verständnis dieser Ausnahme voraussichtlich nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Weitere Eilanträge gegen die noch bis zum 7. März 2021 geltende 6. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg hat der Senat mit unanfechtbaren Beschlüssen vom 3. März 2021 (OVG 11 S 19/21, OVG 11 S 21/21 und OVG 11 S 23/21; jeweils Einzelhandelsbetriebe) und vom 5. März 2021 (OVG 11 S 17/21, Gaststätte, und OVG 11 S 26/21, Fitnessstudio) abgelehnt.“

  1. Maskenpflicht an Grundschulen in NRW bestätigt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Maskenpflicht an Grundschulen im Bundesland NRW bestätigt (OVG Münster, Beschl. v. 08.03.2021 – 13 B 266/21.NE; 13 B 267/21.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.03.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat mit soeben bekanntgegebenen Beschlüssen vom 8. März 2021 zwei Eilanträge gegen die Maskenpflicht an Grundschulen abgelehnt. Nach der aktuellen nordrhein-westfälischen Coronabetreuungsverordnung müssen alle Personen, die sich im Rahmen der schulischen Nutzung in einem Schulgebäude oder auf einem Schulgrundstück aufhalten, eine medizinische Maske (OP-Maske oder FFP2- bzw. damit vergleichbare Maske) tragen. Soweit Schüler bis zur Klasse 8 aufgrund der Passform keine medizinische Maske tragen können, kann ersatzweise eine Alltagsmaske getragen werden. Eine Ausnahme für Schüler der Primarstufe von der Maskenpflicht während des Unterrichts im Klassenverband ist nicht mehr vorgesehen.

Die Antragsteller, ein Zweitklässler aus Bielefeld und eine Erstklässlerin aus Köln, hatten unter anderem geltend gemacht, die Maskenpflicht verletze sie in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Nach Auffassung des zuständigen 13. Senats stellt die angegriffene Maskenpflicht beim gegenwärtigen Stand des Infektionsgeschehens eine verhältnismäßige Schutzmaßnahme dar. Das gelte auch, soweit nunmehr erstmals auch Grundschüler verpflichtet seien, während des Unterrichts im Klassenverband eine (medizinische) Maske zu tragen. Der Verordnungsgeber trage damit im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung des Präsenzunterrichts in den Grundschulen der erhöhten Infektionsgefahr durch das Auftreten leichter übertragbarer Virusvarianten Rechnung. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung von Grundschulkindern durch das Tragen einer (medizinischen) Maske lägen nicht vor. Insbesondere gebe es keinen Grund für die Annahme, Masken könnten die Versorgung mit Sauerstoff gefährden oder zu einer gefährlichen Anreicherung von Kohlendioxid führen. Schließlich bestehe auch keine ununterbrochene Pflicht zum Tragen der Masken, sondern es könnten in ausreichendem Umfang Pausen gemacht werden. So dürfe in Pausenzeiten zur Aufnahme von Speisen und Getränken auf die Maske verzichtet werden, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleistet sei oder die Aufnahme der Nahrung auf den festen Plätzen im Klassenraum erfolge. Da an Grundschulen im Regelfall neben der längeren Frühstückspause zwischen Unterrichtseinheiten eine 5-minütige Pause stattfinde, bei der die Maske zur Aufnahme etwa eines Getränks abgenommen werden könne, könnten auf diese Weise die durch das Tragen der Maske verursachten Belastungen durch mehrere – zumindest kurze – Tragepausen abgemildert werden.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Aktenzeichen: 13 B 266/21.NE und 13 B 267/21.NE

Hinweis:

Beim Oberverwaltungsgericht sind weitere Eilanträge zur Coronabetreuungsverordnung anhängig, über die im Laufe dieser und der nächsten Woche entschieden werden soll. In dem Verfahren 13 B 250/21.NE wollen zwei Gymnasiasten aus Lüdinghausen die sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an den weiterführenden Schulen erreichen. Zwei Grundschüler aus Düsseldorf und deren Eltern wenden sich gegen die verpflichtende Teilnahme am wiederöffneten Präsenzunterricht in der Primarstufe (13 B 301/21.NE). Ein Grundschüler aus Erkrath hat ebenfalls einen Eilantrag gegen die Maskenpflicht gestellt (13 B 312/21.NE).“

  1. Landesregierung von Niedersachsen hat Unterrichtungspflicht gegenüber dem Landtag über die Vorbereitung der sog. Corona-Verordnungen verletzt

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof (NdsStGH) hat entschieden, dass die Landesregierung von Niedersachsen die Unterrichtungspflicht gegenüber dem Landtag über die Vorbereitung der sog. Corona-Verordnungen verletzt hat (NdsStGH, Urt. v. 09.03.2021 – StGH 3/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.03.2021 heißt es:

„In dem Organstreitverfahren der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag (Antragstellerin zu 1.) und der Freien Demokratischen Partei im Niedersächsischen Landtag (Antragstellerin zu 2.) gegen die Niedersächsische Landesregierung (Antragsgegnerin) hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tag festgestellt, dass die Niedersächsische Landesregierung den Niedersächsischen Landtag in seinem Recht aus Art. 25 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung auf frühzeitige und vollständige Unterrichtung über die Vorbereitung von Verordnungen verletzt hat, indem sie es unterlassen hat, dem Niedersächsischen Landtag den jeweiligen Entwurfstext der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020, der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 und der Niedersächsischen Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 zeitgleich mit der Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zuzuleiten. Die vorgenannten Verordnungen wurden jeweils erlassen, ohne dass eine frühzeitige vollständige Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages als Ganzes nach Art. 25 NV erfolgte.

Wesentliche Erwägungen:

Art. 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Nds. Verfassung bestimmen, dass die Landesregierung verpflichtet ist, den Landtag über die Vorbereitung von Verordnungen frühzeitig und vollständig zu unterrichten, soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht.

Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den Mitgliedern des Landtages die notwendigen Informationen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu verschaffen und dadurch die Entwicklung von Initiativen einerseits und eine wirksame Kontrolle der Regierungstätigkeit durch das Parlament andererseits zu ermöglichen.

Bei den streitgegenständlichen Corona-Verordnungen handelt es sich um solche, die Gegenstände grundsätzlicher Bedeutung betreffen. Sie enthalten Regelungen, die weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen haben, von erheblicher Grundrechtsrelevanz sind, Entschädigungsansprüche gegen das Land auslösen könnten, in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden und starke Beachtung finden.

Die Landesregierung ist ihrer danach bestehenden Unterrichtungspflicht nicht dadurch nachgekommen, dass sie verschiedene Ausschüsse des Niedersächsischen Landtages in unterschiedlichem Umfang über die Pandemielage und die dagegen getroffenen Maßnahmen im Allgemeinen und über die streitgegenständlichen Verordnungen im Besonderen informiert hat. Die Unterrichtungspflicht besteht nämlich gegenüber dem Landtag als Ganzes.

Eine frühzeitige Unterrichtung hätte vorliegend erfordert, den Landtag nach (vorläufigen) Abschluss der internen Willensbildung der Landesregierung zeitgleich mit der erfolgten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände vollständig zu informieren. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund der Eilbedürftigkeit die Unterrichtung sehr kurzfristig vor der Verkündung der Verordnung erfolgt. Die Unterrichtung über die Vorbereitung von Verordnungen ist nur dann vollständig, wenn der gesamte Entwurfstext dem Landtag übermittelt wird. Ist der Entwurf mit einer Begründung versehen, ist auch diese vorzulegen. Der Unterrichtungsanspruch selbst verpflichtet aber nicht zur Erstellung einer Begründung des Verordnungsentwurfs.“

  1. Kein Anspruch gegen die Betriebsschließungsversicherung

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat in zwei Urteilen zum Versicherungsschutz nach Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie entschieden (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 12.02.2021 – 2-08 O 186/20 und Urt. v. 19.02.2021 – 2-08 O 147/20).

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 10.03.2021 heißt es:

„Die für Sachversicherungen zuständige 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat in zwei Verfahren die Klagen von Diskotheken- bzw. Kinobetreibern auf Entschädigung aus sog. ´Betriebsschließungsversicherungen´ nach behördlich angeordneten Schließungen zum Schutz vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 abgewiesen.

In einem Verfahren hatte die Betreiberin zweier Diskotheken in Frankfurt am Main geklagt, im anderen Fall die Inhaberin zweier Kinos in Nordrhein-Westfalen. Die Klägerinnen forderten jeweils Entschädigungen aus Betriebsschließungsversicherungen. Sie hatten infolge der coronabedingt angeordneten Schließungen ihrer Einrichtungen erhebliche Gewinnausfälle.

Die Richterinnen und Richter der Versicherungskammer haben in zwei Urteilen die Klagen abgewiesen, weil die dort jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen eine Betriebsschließung wegen einer Infektion mit Sars-CoV-2 nicht erfassten.

In dem Vertrag der Frankfurter Diskothekenbetreiberin mit ihrer Versicherung waren die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger einzeln aufgeführt, die als Ursache einer Schließung einen Versicherungsschutz auslösen konnten. Ausdrücklich hieß es dort, dass nur diese aufgeführten Krankheiten und Erreger meldepflichtig im Sinne des Vertrages seien. Covid-19 bzw. Sars-CoV-2 enthielt diese Liste nicht. Die Kammer stellte fest: „Die Versicherungsbedingungen benennen die Krankheiten und Krankheitserreger, für die Versicherungsschutz besteht, namentlich in einem als abschließend anzusehenden Katalog“. Und weiter: „Gegen eine lediglich beispielhafte Aufzählung von Krankheiten oder Krankheitserregern spricht die Verwendung des Wortes nur.“ Zwar könne es andere Fallgestaltungen geben, in welchen Versicherungsverträge mit sog. dynamischen Verweisungen arbeiteten und so auch nachträglich neu auftretende Erreger, wie etwa Sars-CoV-2, einbeziehen könnten. Bei den Bedingungen im Versicherungsvertrag der Diskothekenbetreiberin aus Frankfurt sei das aber nicht der Fall.

Nach dem weiteren Urteil der Versicherungskammer im Verfahren der Kinobetreiberin aus Nordrhein-Westfalen erfassten die Versicherungsbedingungen eine coronabedingte Schließung ebenfalls nicht. Im dortigen Vertrag hieß es, die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger seien die im Infektionsschutzgesetz (dort Paragraphen 6 und 7) namentlich genannten, die im Folgenden aufgeführt seien; es folgte eine Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger. Die Versicherungskammer entschied auch hier: „Das Coronavirus ist nicht als meldepflichtige Krankheit bzw. meldepflichtiger Erreger im Sinne der Versicherungsbedingungen zu qualifizieren.“ Indem der Vertrag ausdrücklich die folgenden Krankheiten und Erreger einzeln benenne, seien aus Sicht der Parteien nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Infektionsschutzgesetz aufgeführten Infektionen erfasst. Da Covid-19 bzw. Sars-CoV-2 erst später, nämlich im Mai 2020 in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen worden sei, könne eine Betriebsschließung wegen dieses Virus einen Versicherungsschutz nicht auslösen.

Die Urteile sind am 12. Februar 2021 (Diskothekenbetreiberin aus Frankfurt; Az. 2-08 O 186/20) und am 19. Februar 2021 (Inhaberin zweier Kinos aus Nordrhein-Westfalen; Az. 2-08 O 147/20) ergangen. Beide Entscheidungen sind nicht rechtskräftig und können mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.“

  1. Schließung einer Outdoor-Trainingsanlage rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Bremen hat entschieden, dass die Schließung einer Outdoor-Trainingsanlage, die das Trainieren für die Mitglieder eines Fitnessstudios in 200qm großen Zelten an Geräten ermöglicht, rechtmäßig ist (VG Bremen, Beschl. v. 09.03.2021 – 5 V 400/21).

Siehe auch nachfolgend Nr. 414.

  1. Schließung der „Kirche des Bizeps“

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat entschieden, dass die Schließung der „Kirche des Bizeps“ nicht an der Glaubensfreiheit scheitert (VGH Mannheim, Beschl. v. 26.02.2021 – 1 S 550/21). Bei der „Kirche des Bizeps“ handelt es sich um ein Fitnessstudio. Dieses ist nach Meinung des VGH Mann­heim lediglich eine Re­li­gi­ons­par­odie und wird nicht von Art. 4 GG ge­schützt.

  1. Gericht setzt Vorschrift zur Beschränkung des Einzelhandels im Saarland außer Vollzug

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis setzt eine Vorschrift zur Beschränkung des Einzelhandels im Saarland außer Vollzug (OVG Saarlouis, Beschl. v. 09.03.2021 – 2 B 58/21).

In der Pressemitteilung 11/21 des Gerichts heißt es dazu:

„Das Oberverwaltungsgericht in Saarlouis hat mit Beschluss vom 9.3.2021 den § 7 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) in der Fassung vom 6.3.2021 vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az. 2 B 58/21).

Die Antragstellerin betreibt ein Einzelhandelsunternehmen für IT-Technik auf 140 Quadratmetern. Der § 7 Abs. 3 Satz 7 VO-CP lässt insoweit den Zutritt nur nach vorheriger Terminvergabe und nur für einen Kunden sowie eine weitere Person aus dessen Hausstand pro 40 Quadratmeter zu. Bei den durch § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-CP privilegierten Geschäftslokalen, zu denen nunmehr auch Buchhandlungen und Blumengeschäfte gehören, sieht der Verordnungsgeber dagegen nach dem § 4 Abs. 1 Satz 1 VO-CP eine Flächenuntergrenze von lediglich 15 qm Verkaufsfläche pro Person als infektionsschutzrechtlich unbedenklich an.

Eine mit Blick auf den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG erforderliche Rechtfertigung dafür, bestimmte Geschäfte wie z.B. den Computerladen der Antragstellerin gegenüber den in § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-CP genannten zahlreichen privilegierten Einzelhandelsgeschäften, die nicht immer zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung unbedingt erforderlich seien, mit Blick auf das Infektionsgeschehen deutlich strenger zu behandeln, sei – so das Oberverwaltungsgericht – nicht zu erkennen. Die Einhaltung der in den einschlägigen Hygienekonzepten vorgegebenen Maßnahmen und Vorkehrungen der Kontaktvermeidung zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus liege dabei im ureigenen Interesse der Geschäftsbetreibenden. Die gegenwärtige Regelung verletze auch das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Betriebseinschränkungen. Wie bei zahlreichen anderen kleineren Einzelhandelsgeschäften mit speziellem Warensortiment drohe aufgrund der bisherigen Schließung und bei Fortdauer der wirtschaftlich mit deutlichen Einbußen verbundenen Öffnungsbeschränkung nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 Satz 7 VO-CP ein erheblicher, mit zunehmender Dau­er existenzbedrohender Schaden. Dabei könne dahinstehen, ob die Wiedereröffnung dieser Geschäfte mit strengen Hygienevorgaben angesichts der bisherigen Konzentra­tion auf die „großen Märkte“ und Vollsortimenter sogar zu einer Entspannung des Einkaufsgeschehens beziehungsweise zur Reduzierung der damit verbundenen Kundenansammlungen führe. Neben einer Minimierung von neuen Krankheits- und Todesfällen sei zentrales Ziel der ControlCOVID-Strategie eine Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems. Die Berichte des Gesundheitsministeriums zur „Auslastung der Kapazitäten der saarländischen Kliniken auf Grund von Erkrankungen v.a. durch das Coronavirus bzw. Covid-19“ zeigten, dass die Situation weder bei den aktuell vorgehaltenen Betten zur Intensivbehandlung noch bei den Betten mit Beatmungsmöglichkeit derzeit ein Erreichen der Belastungsgrenze nahelege. Eine vom RKI vorgenommene Bestimmung einzelner Risiken nach den Kriterien des individuellen Infektionsrisikos und des Anteils am Gesamtinfektionsgeschehen weise für das „Setting“ Einzelhandel jeweils lediglich die Einstufungen „niedrig“ aus.[1] Aus dem Lagebericht des RKI (Stand 8.3.2021) ergebe sich, dass die hohen bundesweiten Fallzahlen durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen verursacht werden.

[1] vgl. die Tabelle in der Anlage zum Strategiepapier des Robert-Koch-Instituts (RKI).“

  1. Keine sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an weiterführenden Schulen in NRW

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass es in NRW keine sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an weiterführenden Schulen gibt (OVG Münster, Beschl. v. 11.03.2021 – 13 B 250/21).

In der Pressemitteilung des Gericht v. 11.03.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag gegen die nordrhein-westfälische Coronabetreuungsverordnung abgelehnt, mit dem zwei Gymnasiasten aus Lüdinghausen die sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an den weiterfüh­renden Schulen erreichen wollten. Dabei hat der zuständige 13. Senat die noch bis zum 14. März 2021 geltende Rechtslage zugrunde gelegt.

Während in der Primarstufe, den Abschlussklassen der weiterführenden allgemein­bildenden Schulen und der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe bereits seit dem 22. Februar 2021 wieder ein (eingeschränkter) Präsenzunterricht stattfindet, werden die übrigen Schüler weiterführender Schulen noch bis 14. März 2021 aus­schließlich auf Distanz unterrichtet. Ab Montag, den 15. März 2021, sollen auch sie in einen Präsenzunterricht im Wechselmodell zurückkehren. Der Fünftklässler und die Siebtklässlerin aus Lüdinghausen hatten im Wesentlichen geltend gemacht, die Be­vorzugung von Schülern der Primarstufe und der Abschlussjahrgänge gegenüber den sonstigen Schülern der weiterführenden Schulen verstoße gegen den allgemei­nen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Dieser Argumentation ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber zunächst für einen eng umgrenzten Zeit­raum an dem Verbot des Präsenzunterrichts für die weiterführenden Schulen mit Ausnahme der Abschlussklassen als Schutzmaßnahme festhalte, um eine schritt­weise Rückkehr zum Präsenzunterricht für alle Schüler zu ermöglichen. Dieses Vor­gehen entspreche auch der Einschätzung des Robert Koch-Instituts, das aus einer aktuellen Auswertung der vorhandenen Daten- und Studienlage die Empfehlung ab­leite, die Wiederöffnung von Schulen im Kontext der Inzidenz in der Gesamtbevölke­rung gestuft und beginnend bei den unteren Klassenstufen vorzunehmen, weil dort die geringsten Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen zu erwarten seien.

Auch ein Gleichheitsverstoß bei der Bildung der Reihenfolge für die Rückkehr zum (teilweisen) Präsenzunterricht liege voraussichtlich nicht vor. Die Privilegierung der Primarstufenschüler beruhe auf der nachvollziehbaren Erwägung des Verordnungs­gebers, dass gerade diese im Umgang mit dem digitalen Lernen und den sonstigen Methoden im Lernen auf Distanz auf erhebliche Unterstützung angewiesen seien, die viele Eltern nicht leisten könnten. Ihnen drohten daher in besonderer Weise Bil­dungsungerechtigkeiten und nicht nachholbare Entwicklungseinbußen, je länger die Untersagung des Präsenzunterrichts andauere. Der bevorzugten Beschulung der Abschlussjahrgänge im Präsenzunterricht liege die ebenfalls nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass diesen Schülern, die bereits etwa ein Jahr pandemiebe­dingt unter erschwerten Bedingungen lernen müssten, Bildungsungerechtigkeiten im Vergleich mit den Prüfungsjahrgängen davor und danach drohten, mit denen sie sich anhand der Prüfungsergebnisse aber ihr weiteres Leben lang vergleichen lassen müssten. Zwar sei das Lernen auf Distanz auch für andere Schüler, gerade auch der unteren Jahrgänge der weiterführenden Schulen, eine erhebliche Belastung. Die An­nahme des Verordnungsgebers, dass diese mit digitalen Lernformen des Distanzun­terrichts besser umgehen könnten als Grundschüler, und dass der hier noch längere zeitliche Abstand zu den Abschlussprüfungen die Möglichkeit biete, entstandene Un­gleichheiten noch aufzuholen, erweise sich gleichwohl als tragfähiger sachlicher Dif­ferenzierungsgrund.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Vollständiger Ausschluss einzelner Klassenstufen von Präsenzbeschulung im Wechselmodell in Berlin ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in mehreren Beschlüssen entschieden, dass der vollständiger Ausschluss einzelner Klassenstufen von Präsenzbeschulung im Wechselmodell in Berlin rechtswidrig sei (VG Berlin, Beschl. v. 10.03.2021 – VG 3 L 51/21; VG 3 L 57/21; VG 3 L 58/21; VG 3 L 59/21; VG 3 L 60/21; VG 3 L 61/21; VG 3 L 62/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 12/2021 v. 10.03.2021 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Berlin hat mehreren Eilanträgen von Schüler/-innen gegen die derzeitigen Regelungen zum pandemiebedingten Schulbetrieb teilweise stattgegeben.

Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 der Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmeverordnung darf an Schulen Lehrbetrieb in Präsenz grundsätzlich nicht stattfinden. Die sog. Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung lässt hiervon Abweichungen für die an das Infektionsgeschehen angepasste Wiederaufnahme des Lehrbetriebs zu. Danach wird in den Jahrgangsstufen 1 bis 3 der Primarstufe seit dem 22. Februar 2021 ein Wechselunterricht in halbierter Klassenstärke angeboten, seit dem 7. März 2021 auch für die Jahrgangsstufen 4 bis 6. Auch für die Abschlussjahrgangs-stufen (Klassenstufen 10 bzw. 12, 13) kann aktuell ein solcher Präsenzwechselunterricht angeboten werden, allerdings nach Einzelfallentscheidung der jeweiligen Schule im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde. Ab dem 17. März 2021 wird für alle Schüler/-innen ab der Jahrgangsstufe 10 wieder ein Präsenzunterricht in festen Lern-gruppen in halbierter Größe angeboten. Dabei ist jeweils nach Anlage 2 der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung während der „Stufe rot“ unter anderem in geschlossenen Räumen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Gegen dieses Beschulungsmodell setzen sich sieben Schüler/-innen der Primarstufe sowie der Jahrgangsstufen 7 und 9 mit Eilanträgen vor dem Verwaltungsgericht zur Wehr. Sie sehen sich dadurch in ihren Grundrechten verletzt und wollen eine Vollbeschulung erstreiten – sechs der sieben Antragsteller unter Befreiung von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Der Antragsgegner verteidigt die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung und insbesondere den Ausschluss der Mittelstufe unter anderem damit, dass dort Abschlussprüfungen nicht unmittelbar bevorstünden und Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren ein geringeres Infektionsrisiko hätten. Zudem bestehe die Möglichkeit der Teilnahme am schulisch angeleiteten Lernen zu Hause.

Die 3. Kammer hat den Eilanträgen teilweise stattgegeben. Eine Vollbeschulung könnten die Antragsteller/-innen zwar ebenso wenig beanspruchen wie eine Beschulung ohne Mund-Nasen-Bedeckung. Die diesen Begehren entgegenstehenden Regelungen seien angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens und in Anbetracht der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts weiterhin als (noch) verhältnismäßig anzusehen. Soweit einzelne Jahrgangsstufen jenseits der Primarstufe und der Abschlussklassen zurzeit von der Präsenzbeschulung im Wechselmodell vollständig ausgeschlossen seien, erweise sich dies hingegen als gleichheits- und deshalb rechtswidrig. Denn die vom Antragsgegner für den Ausschluss der Klassen 7 bis 9 vom Präsenzunterricht angeführten Gründe rechtfertigen keine Ungleichbehandlung der Antragsteller gegenüber Schüler(inne)n der Abschlussklassen. Insbesondere trage der Verweis auf fehlende Abschlussprüfungen nicht, da Präsenzwechselunterricht auch Jahrgangsstufen offenstehe, in denen keine Abschlussprüfungen abzulegen seien, namentlich den Jahrgangsstufen 5, 6 und 11. Aus diesem Grund könne der Ausschluss der Jahrgangsstufen 7 bis 9 vom Präsenzunterricht auch nicht mit der mutmaßlich geringeren Ansteckungsgefahr im Alter zwischen sechs und zehn Jahre begründet werden. Schließlich seien Schüler/-innen der Jahrgangsstufen 5, 6 und 11 regelmäßig älter als zehn Jahre. Das schulisch angeleitete Lernen zu Hause sei kein gleichwertiger Ersatz für Präsenzunterricht.

Die Kammer hat den Antragsgegner zur Sicherung der Rechte der Antragsteller/-innen der Jahrgangsstufen 7 und 9 daher verpflichtet, bis zur anstehenden Anpassung der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung die vergleichbaren Regelungen dieser Verordnung auf die Antragsteller/-innen entsprechend anzuwenden.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.“

  1. Schließung eines „Outdoor-Fitnessstudios“ im Saarland überwiegend rechtmäßig

Die Schließung eines „Outdoor-Fitnessstudios“ im Saarland ist überwiegend rechtmäßig (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.03.2021 – 6 L 210/21).

Siehe dazu auch die Pressemitteilung des Gerichts v. 12.03.2021:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage (Az. 6 L 210/21) hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes einen Eilantrag gegen die Schließung eines ´Outdoor-Fitnessstudios´ überwiegend zurückgewiesen.

Die Antragstellerin betreibt ein Fitnessstudio in Neunkirchen, das im Zuge der Corona-Pandemie geschlossen wurde. Im Februar 2021 errichtete sie auf einem Parkplatz vor dem Studio zwei insgesamt 160 qm große Zelte (zzgl. eines Eingangsbereichs), in denen sie Fitnessgeräte so aufstellte, dass die Benutzer beim Trainieren einen Mindestabstand von 2 Metern einhalten können; die Zahl der gleichzeitig trainierenden Personen war auf 20 begrenzt.

Der Oberbürgermeister der Kreisstadt Neunkirchen hat das Outdoor-Trainings-Angebot unter Verweis auf die Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) untersagt. Die Antragstellerin hat hiergegen einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und im Wesentlichen geltend gemacht, von ihrem Trainingsangebot gehe keine Infektionsgefahr aus. Zudem handele es sich nicht um Fitnessstudio, sondern um eine private Außensportanlage unter freiem Himmel (§ 7 Abs. 5 VO-CP), auf der Individualsport zulässig sei.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag überwiegend zurückgewiesen. Auch im ´Außenbereich´ lasse die aktuelle VO-CP ein Fitnessangebot in dem Umfang, wie die Antragstellerin es anbieten möchte (20 Sportler an Fitnessgeräten unter einem Zeltdach auf 160 qm) nicht zu. Der Umstand, dass die Antragstellerin ihre Geräte vorübergehend nach draußen verlagere, ändere nichts daran, dass es sich bei ihrem gewerblichen, an ihre Bestandsmitglieder gerichteten Angebot um den Betrieb eines Fitnessstudios handele. Die Antragstellerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass § 7 Abs. 5 Satz 1 bis 3 VO-CP für private und öffentliche Außensport-anlagen unter freiem Himmel kontaktfreien Sport (u.a.) für maximal fünf Personen aus zwei Haushalten zulasse. Ihr Sportangebot sei mit seiner solchen „Außensportanlage“ nicht vergleichbar. Denn die privilegierten Außensportanlagen unter freiem Himmel zeichneten sich dadurch aus, dass sie regelmäßig eine erhebliche Größe und hinreichenden Platz aufwiesen für eine parallele Ausübung von Individualsport durch mehrere Einzelpersonen oder ggf. Kleingruppen. Privilegiert werden solle nach dem Willen des Verordnungsgebers etwa Laufen, Leichtathletik und Tennis. Demgegenüber zeichne sich das ´Outdoor-Fitnessstudio´ der Antragstellerin dadurch aus, dass auf einer kleineren Fläche eine Vielzahl von Trainingsgeräten relativ eng beieinander aufgestellt und genutzt werden sollen.

Jedoch sei es rechtswidrig, wenn der Antragsgegner den Betrieb komplett untersage. Mit Inkrafttreten der VO-CP in der Fassung vom 6.3.2021 habe der Verordnungsgeber in § 7 Abs. 6 Satz 8 VO-CP u.a. für Fitnessstudio-Betreiber die Möglichkeit eingeführt, Einzeltrainings im Außenbereich nach vorheriger Terminabsprache und für höchstens zwei Personen aus demselben Hausstand anzubieten.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu.“

Siehe auch oben Nr. 409.

  1. Stundenweises Untervermieten eines Badbetriebes an Einzelpersonen oder Angehörige eines Hausstandes in Hessen nicht durch Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung untersagt

Das Verwaltungsgericht (VG) Hessen hat entschieden, dass ein stundenweises Untervermieten eines Badbetriebes an Einzelpersonen oder Angehörige eines Hausstandes in Hessen nicht durch Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung untersagt ist (VG Wiesbaden, Beschl. v. 02.03.2021 – 7 L 185/21).

In der Pressemitteilung 05/2021 des Gerichts v. 11.03.2021 heißt es:

In einem Eilverfahren begehrte die Betreiberin einer Schwimmschule in einem 33 qm großen Schwimmbad die Feststellung, dass ihr Geschäftsmodell der Untervermietung nicht der Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona-Pandemie (Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung) vom 26.11.2020 in der Fassung der am 14.02.2021 in Kraft tretenden Änderungen durch Art. 3 Nr. 5 und 6b der 27. Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 11.02.2021 (im Folgenden: CoKoBeV) unterliegt. Die Antragstellerin erarbeitete ein Konzept, welches die stundenweise Untervermietung des Schwimmbades an Einzelpersonen oder einen Haushalt vorsieht.

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gab diesem Eilantrag durch Beschluss vom 02.03.2021 statt.

Bei der stundenweisen Untervermietung des Bads handele es sich nach der Auffassung der Kammer nicht um den Betrieb einer Einrichtung mit „Publikumsverkehr“ im Sinne des § 2 Abs. 1a S. 1 CoKoBeV. Einrichtungen mit Publikumsverkehr seien solche, in denen die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln aufgrund der Ausgestaltung des Angebots typischerweise nicht sichergestellt werden könne. Dies sei etwa dann der Fall, wenn mehrere Personen verschiedener Haushalte gleichzeitig zusammenkämen, die sich in der Regel mehrere Stunden gemeinsam in denselben Bereichen aufhielten und häufig einen geringen Abstand zueinander hätten.

Grundsätzlich seien Schwimmbäder, die als ein Beispiel für die untersagten Einrichtungen in § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 CoKoBeV aufgelistet würden, Einrichtungen mit erheblichem Publikumsverkehr. Typisches Merkmal eines Schwimmbads sei die gleichzeitige Zutrittsmöglichkeit für eine Vielzahl von Badegästen, die sich über einen längeren Zeitraum in denselben Räumlichkeiten aufhielten und bewegten.

Demgegenüber stelle das Konzept der Antragstellerin hinsichtlich der Untervermietung des Bads gerade nicht den typischen Fall eines Schwimmbads bzw. einer Einrichtung mit Publikumsverkehr dar. Würden die Räumlichkeiten stundenweise an Einzelpersonen oder Einzelhaushalte untervermietet, sei der gemeinsame Aufenthalt einer Besuchermehrzahl über einen längeren Zeitraum und damit die Gefahr der Nahkontakte zu Personen außerhalb des eigenen Haushalts ohne Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln ausgeschlossen.

Die stundenweise Untervermietung des Bads falle nach Auffassung der Kammer – auch im Lichte des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG – vielmehr unter § 2 Abs. 2 Co-KoBeV. Hiernach sei der Freizeit- und Amateursport auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen alleine, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand gestattet. Es bestünde eine Vergleichbarkeit der Schwimmhalle mit diesen Sportanlagen. In einer Sporthalle, in der höchstens zwei Personen oder ein Haushalt z.B. Tennis spielten, tanzten oder Judo praktizierten, würden soziale Kontakt in gleichem Maße verhindert wie in einer Schwimmbadhalle, in der sich lediglich eine Person oder ein Haushalt gleichzeitig aufhalte. In beiden Szenarien sei gewährleistet, dass in den Anlagen keine Durchmischung der einzelnen Personengruppen erfolge.

Das konkrete Hygienekonzept der Antragstellerin sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die 7. Kammer weise jedoch darauf hin, dass vor der Untervermietung sicherzustellen sei, dass tatsächlich keine Durchmischung der einzelnen Untermietergruppen erfolge.

Dies erfordere insbesondere, dass sich die unterschiedlichen Untermietergruppen keine Umkleiden und Sanitäreinrichtungen teilten und sich auch ansonsten nicht begegnen würden.

Gegen den Beschluss (Az.: 7 L 185/21.WI) kann der Antragsgegner binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.“

  1. Kurzarbeit Null kürzt den Urlaub

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat entschieden, dass Kurzarbeit 0 dazu führt, dass sich der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehende Anspruch auf Erholungsurlaub (anteilig) verkürzt (LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.03.2021 – 6 Sa 824/20). Die Entscheidung ist aktuell nicht rechtskräftig.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.03.2021 heißt es:

„Die Klägerin ist seit dem 01.03.2011 als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten bei der Beklagten, einem Betrieb der Systemgastronomie, beschäftigt. Sie ist in einer Drei-Tage-Woche ein Teilzeit tätig. Vereinbarungsgemäß stehen ihr pro Jahr 28 Werktage bzw. umgerechnet 14 Arbeitstage Urlaub zu. Ab dem 01.04.2020 galt für die Klägerin infolge der Corona-Pandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend. Im August und September 2020 hatte die Beklagte ihr insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche. Konjunkturbedingte Kurzarbeit erfolge nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit. So unterliege sie während der Kurzarbeit Meldepflichten. Auch könne die Arbeitgeberin die Kurzarbeit kurzfristig vorzeitig beenden, weswegen es an einer Planbarkeit der freien Zeit fehle. Sie begehrt deshalb die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zustehe, d.h. noch 2,5 Arbeitstage. Dem tritt die Arbeitgeberin entgegen. Mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit Null entstünden keine Urlaubsansprüche. Sie habe deshalb den Urlaubsanspruch der Klägerin für 2020 bereits vollständig erfüllt. Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat die Klage ebenso wie das Arbeitsgericht Essen abgewiesen. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 hat die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 steht ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null war der Urlaub um 1/12 zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergeben würde. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist. Dies entspricht dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. Das deutsche Recht enthält dazu keine günstigere Regelung. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist Kurzarbeit Null nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem hat der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts geändert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.“

  1. Eilantrag gegen Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark in Hamburg erfolgreich

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat entschieden, dass die Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark in Hamburg rechtswidrig ist (VG Hamburg, Beschl. v. 12.03.2021 – 9 E 929/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.03.2021 heißt es:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat das Verwaltungsgericht Hamburg einem Eilantrag stattgeben, mit dem sich der Antragsteller gegen die allgemeine Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark gewandt hatte (Az. 9 E 920/21).

Verwaltungsgericht Hamburg: Eilantrag gegen Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark erfolgreich

AZ: 9 E 920/21

Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 – 33, 35 – 37, 48-51 Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der Fassung vom 26. Februar 2021 gilt auf den dort benannten öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen sonnabends, sonntags und an Feiertagen in der Zeit zwischen 10 Uhr und 18 Uhr bzw. 20 Uhr für die anwesenden Personen eine allgemeine Maskenpflicht nach § 8 Coronavirus-Eindämmungsverordnung. Nach § 8 Abs. 1 Coronavirus-Eindämmungsverordnung sind, soweit eine Maskenpflicht vorgeschrieben ist, Personen verpflichtet, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, durch die Mund und Nase so bedeckt werden, dass eine Ausbreitung von Tröpfchen durch Husten, Niesen oder Sprechen vermindert wird.

Nach Auffassung der zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts stellt die in dieser Regelung normierte Pflicht, an den genannten öffentlichen Orten an Alster und Elbe sowie im Jenischpark eine Maske zu tragen, keine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz dar. Mit dem Ziel der Eindämmung der weiteren Ausbreitung von COVID-19 diene die Maskenpflicht zwar einem legitimen Zweck und dürfte zur Förderung dieses Zwecks auch geeignet sein. Weder der Begründung der Verordnung noch der Antragserwiderung der Freien und Hansestadt Hamburg im Verfahren seien indes ausreichende Anhaltspunkte zu entnehmen, warum an den genannten Orten zu den festgelegten Zeiten eine generelle (situationsunabhängige) Maskenpflicht aus Gründen des Infektionsschutzes erforderlich sei. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, dass es an den genannten Orten an jedem Wochenende und jedem Feiertag, insbesondere unabhängig von den Wetterverhältnissen, zu Menschenansammlungen kommen könnte, in denen Mindestabstände nicht gewahrt werden (könnten), so dass auf ein vermehrtes Personenaufkommen nicht auch mit differenzierten Maßnahmen im Einzelfall reagiert werden könne. Solche Maßnahmen sehe die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in § 10 b Abs. 1 a und 2 auch vor.

Gegen die Entscheidung kann die Antragsgegnerin Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.“

Siehe aber nachfolgend Nr. 451!

  1. Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung für Strafgefangenen

Das Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg hat entschieden, dass es für Strafgefangene keinen Anspruch auf eine unverzügliche Corona-Schutzimpfung gibt (VG Arnsberg, Beschl. v. 12.02.2021 – 6 L 29/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.03.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom 12. Februar 2021 hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg einen auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung gerichteten Eilantrag eines in der Justizvollzugsanstalt Attendorn einsitzenden Strafgefangenen abgelehnt.

Der Antragsteller ist der Auffassung, in der Haftanstalt sei er (unter anderem durch Justizvollzugsbedienstete, den Anstaltsarzt und Besucher) einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt; zudem leide er an risikoerhöhenden Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes und Adipositas. Auch als Strafgefangener habe er ein Recht auf Schutz seiner Gesundheit. Dem trage die Coronaimpfverordnung aber in rechtswidriger Weise keine Rechnung.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt und führt insoweit aus, der Antragsteller habe gegenüber dem zuständigen Kreis Olpe als unterer Gesundheitsbehörde keinen Anspruch auf unverzügliche Impfung. Der Antragsteller gehöre nicht der Gruppe der höchsten Priorität (unter anderem Heimbewohner, über 80 Jahre alte Personen, Pflegekräfte) an. Ausschließlich solche Personen würden derzeit geimpft. Nach der Coronaimpfverordnung sei zudem grundsätzlich die vorgegebene Reihenfolge strikt einzuhalten. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf Impfung ohnehin nur im Rahmen der Verfügbarkeit des vorhandenen Impfstoffes, der zurzeit knapp bemessen sei. Insoweit sei lediglich erforderlich, dass die vorgesehene Impfreihenfolge sachlich berechtigt sei. Dies sei hier der Fall. Die vorgeschriebene Verteilung des Impfstoffs zunächst an besonders vulnerable Personen sei nicht zu beanstanden, sondern beruhe auf einer Risikobewertung der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut. Diese wissenschaftliche Bewertung unterliege keinen durchgreifenden Zweifeln und berücksichtige im Übrigen entgegen der Auffassung des Antragstellers auch die Gruppe der Inhaftierten. Der Antragsteller als Gefangener sei nach der Risikobewertung auch bei Berücksichtigung seiner individuellen Erkrankungen aber erst in einer (deutlich) später anstehenden Priorisierungsstufe als der aktuell versorgten anzusiedeln.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden.“

  1. Keine Verkürzung der Absonderungszeit für geimpftes Ärzteehepaar

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt hat entschieden es keine Verkürzung der Absonderungszeit für ein geimpftes Ärzteehepaar gibt, wenn die Möglichkeit der Infizierung mit dem Coronavirus besteht (VG Neustadt, Beschl. v. 15.03.2021 – 5 L 242/21.NW und 243/21.NW).

In der Pressemitteilung Nr. 5/21 des Gerichts v. 16.03.2021 heißt es:

„Ein mit dem Impfstoff „Cormirnaty“ von BionTech/Pfizer geimpftes Ärzteehepaar aus der Vorderpfalz hat keinen Anspruch auf Verkürzung der Absonderungszeit. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 15. März 2021 hervor.

Die Antragsteller betreiben in der Vorderpfalz eine allgemeinmedizinische Gemeinschaftspraxis. Beide wurden im Januar und Februar 2021 mit dem von der Kooperation BioNTech/Pfizer hergestellten Impfstoff „Comirnaty“ gegen Corona geimpft. Anfang März 2021 wurde ihre Tochter, die zusammen mit den Antragstellern in einem Haushalt lebt, positiv auf das SARS-CoV-2- Virus per PCR-Test getestet. Unmittelbar nach Bekanntwerden ihrer Infektion isolierte sie sich im Haus und lebt seither alleine in der oberen Etage des Hausanwesens, das über ein eigenes Badezimmer verfügt.

Am 08. März 2021 übersandte der Rhein-Pfalz-Kreis (im Folgenden: Antragsgegner) den Antragstellern eine Bescheinigung über die Dauer der Absonderungszeit bis zum 18. März 2021.

Die Antragsteller wandten sich dagegen mit einem Antrag auf vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz und machten geltend, die Entscheidung, dass sie bis einschließlich 18. März 2021 in häuslicher Quarantäne verbleiben müssten, sei rechtswidrig. Sie hätten am 02. März 2021 das letzte Mal direkten Kontakt zu ihrer Tochter gehabt. Sie hätten sich am 04. März 2021 per PCR-Test auf das Corona-Virus getestet. Der Test sei negativ ausgefallen. Ferner hätten sie am 06. März 2021 und am 08. März 2021 einen Schnelltest vorgenommen, der jeweils auch negativ ausgefallen sei. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Verfügung des Antragsgegners vom 08. März 2021 als rechtswidrig dar und verletze sie in ihren Rechten. Sie könnten nicht als Ansteckungsverdächtigte im Sinne von § 2 Nr. 7 Infektionsschutzgesetz – IfSG –  angesehen werden. Denn sie seien gegen das Coronavirus geimpft. Als geimpfte Personen könnten sie Krankheitserreger nicht mehr aufnehmen und insbesondere nicht mehr übertragen. Insofern sei Bezug zu nehmen auf die Studie vom Institute of Technology in Haifa, mit der festgestellt worden sei, dass eine Coronaimpfung nicht nur vor der Krankheit Covid 19 schütze, sondern Geimpfte im Falle einer Infektion auch nicht ansteckend seien.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag des Antragstellers mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Antragsteller hätten nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass ihnen ein Anordnungsanspruch auf Verkürzung der Absonderungszeit zustehe. Die Kammer teile nicht ihre Auffassung, sie seien schon keine Ansteckungsverdächtigten im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG, weil sie bereits gegen das Coronavirus geimpft seien. Die Antragsteller zählten als Personen aus demselben Haushalt zu den Kontaktpersonen der Kategorie 1. Für solche gehe das Robert-Koch-Institut (im Folgenden: RKI) von einem höheren Infektionsrisiko aus. Es sei daher davon auszugehen, dass die Antragsteller Krankheitserreger aufgenommen hätten. Die Absonderungszeit der Antragsteller ende daher gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbsonderungsVO am 18. März 2021.

Die Einordnung der Antragsteller als Ansteckungsverdächtige entfalle nicht dadurch, dass sie im Januar und Februar 2021 mit dem Impfstoff Comirnaty geimpft worden seien. Bisher lägen keine ausreichenden Belege dafür vor, dass Personen mit vollständigem Impfschutz nicht infektiös erkrankten. Deshalb habe der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber in der erst mit Wirkung vom gestrigen Tage aktualisierten Absonderungsverordnung davon abgesehen, darin Sonderregelungen für Geimpfte vorzusehen. Kontaktpersonen der Kategorie 1 zählten daher trotz Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty zumindest vorerst weiter zu den Ansteckungsverdächtigen im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG.

Ein Anordnungsanspruch der Antragsteller ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie Anfang März drei negative Tests vorgenommen hätten. Gegen eine abweichende Einzelfallentscheidung zugunsten der Antragsteller spreche, dass das RKI nach seinem gegenwärtigen Erkenntnisstand sich dagegen ausspreche, die empfohlene 14-tägige häusliche Absonderung aufgrund der beobachteten Zunahme der besorgniserregenden SARS-CoV-2-Varianten mangels derzeit fehlender Daten, mindestens so lange bis mehr Erfahrungen vorliegen, durch einen negativen SARS-CoV-2-Test zu verkürzen. Dies gelte unabhängig vom Vorliegen eines Hinweises auf oder dem Nachweis von besorgniserregenden Varianten beim Quellfall.

Es dürfte auch nicht zu beanstanden sein, dass der Antragsgegner die Antragsteller nicht zu den Schlüsselpersonen zähle, also solchen Personen, die zu Berufsgruppen gehörten, deren Tätigkeit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung zentraler Funktionen des öffentlichen Lebens diene. Die Antragsteller gäben auf Ihrer Internetseite selbst neun Vertretungsärzte für die Zeit der Schließung der Praxis in der näheren Umgebung an, sodass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass die ärztliche Versorgung der Bevölkerung vor Ort nicht sichergestellt sein könnte.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.“

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Baumärkten und Bekleidungsgeschäften in Niedersachsen / keine gewerbliche oder private Vermietung einer Ferienwohnung oder eines Ferienhauses zu touristischen Zwecken

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat mit Eilbeschlüssen zwei Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der in § 10 Abs. 1b Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) in der derzeit aktuellen Fassung angeordneten grundsätzlichen Schließung von Baumärkten für nichtgewerbliche Kunden sowie von Bekleidungsgeschäften abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.03.2021 – 13 MN 70/2; 13 MN 103/21;13 MN 115/21;13 MN 436/20).

Weiterhin gibt es in Niedersachsen keine gewerbliche oder private Vermietung einer Ferienwohnung oder eines Ferienhauses zu touristischen Zwecken (OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.03.2021 – 13 MN 115/21).

In der Presseerklärung des Gerichts v. 16.03.2021 heißt es:

„Die Antragstellerin in dem Verfahren 13 MN 70/21 ist Teil einer Baumarktkette, die in Niedersachsen acht Baumärkte betreibt. Die Antragstellerin in dem Verfahren 13 MN 103/21 führt bundesweit Bekleidungsgeschäfte, fünf davon in Niedersachsen. Die Antragsteller hatten geltend gemacht, dass die grundsätzlichen Schließungen auch unter Berücksichtigung der mittlerweile eröffneten Ausnahmen, etwa des Termin-Shopping und des Außer-Haus-Verkaufs, unverhältnismäßig seien und sie in ihren Rechten verletzten. Angesichts der zur Verfügung stehenden Verkaufsflächen sei das Infektionsrisiko gering und könne durch geeignete Hygienekonzepte weiter reduziert werden. Zudem hätte der Verordnungsgeber eine regional abgestufte Öffnung von Betrieben in den Regionen, in denen das Infektionsgeschehen nachweislich niedriger sei, vorsehen können. Die grundsätzliche Schließung mit wenigen Ausnahmen stelle außerdem eine Benachteiligung gegenüber anderen Verkaufsstellen des Einzelhandels dar, die ohne Beschränkungen verkaufen dürften.

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat die Anträge nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Für den Senat sei derzeit offen, ob § 10 Abs. 1b Satz 1 Corona-VO in einem Hauptsacheverfahren für unwirksam zu erklären sei.

Zur Begründung führte der Senat zunächst aus, dass die Voraussetzungen für den Erlass infektionsschutzrechtlicher Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens weiterhin erfüllt seien. Die streitgegenständlichen Schließungen seien auch nicht unmittelbar mit der sog. 7-Tages-Inzidenz verknüpft, sondern unter Berücksichtigung aller weiteren für das Infektionsgeschehen relevanten Umstände angeordnet worden. Die vom Verordnungsgeber getroffene Bewertung rechtfertige es auch weiterhin, infektionsschützende Maßnahmen grundsätzlich landesweit einheitlich zu ergreifen, insbesondere um einen „Einkaufstourismus“ zwischen Gebieten verschiedener Inzidenzen zu vermeiden. Landesweit betrage die 7-Tages-Inzidenz inzwischen wieder mehr als 79 und steige weiter an, wobei ein erheblicher Teil der Landkreise und kreisfreien Städte eine Inzidenz von mehr als 50 aufweise. Das Infektionsgeschehen stelle sich landesweit diffus dar und lasse sich überwiegend keinen bestimmten Ereignissen oder Örtlichkeiten zuordnen, die ausschließlicher oder vorrangiger Gegenstand verordneter Schutzmaßnahmen sein könnten.

Es sei aber zweifelhaft, ob die streitgegenständlichen Schließungen noch erforderlich und angemessen seien. Dabei stellte der Senat nicht in Abrede, dass die grundsätzliche Schließung in ihrer Eingriffsintensität durch die mit Wirkung vom 8. März 2021 eingeführten Ausnahmen betreffend den Verkauf nach Terminvereinbarung bei geringen Anforderungen an die vorherige Terminvereinbarung, den Verkauf im Fernabsatz zur Abholung und die Anprobe- und Bemusterungstermine erheblich gemildert worden sei. Gleichwohl verbleibe eine Betriebsbeschränkung, die von nicht unerheblichem Gewicht gerade im Hinblick auf Erschwerungen des Zugangs für sog. Laufkundschaft sei. Auch wenn dazu im Eilverfahren keine abschließenden Feststellungen getroffen werden könnten, sei nicht ausgeschlossen, dass insoweit mildere, aber hinreichend effektive andere Mittel zur Verfügung stünden. Dafür kämen etwa verbesserte Hygienekonzepte, eine bessere Erforschung von Infektionsumfeldern, die Effektivierung der Kontaktnachverfolgung, die Erarbeitung und praktische Umsetzung einer landesweiten Teststrategie sowie die Optimierung der Impfkampagne in Betracht.

Eine willkürliche Ungleichbehandlung sei allerdings nicht festzustellen. Die vom Verordnungsgeber vorgenommene Differenzierung zwischen den Betriebsverboten und -beschränkungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Unterhaltung und körpernaher Dienstleistungen und in grundsätzlich allen Verkaufsstellen des Einzelhandels einerseits und andererseits den hiervon ausgenommenen Verkaufsstellen für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs erscheine unter Berücksichtigung des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeiten und aller sonstigen relevanten Belange nicht willkürlich. Zudem müsse es möglich sein, die Öffnungen unter Beachtung der Infektionslage Schritt für Schritt sowie erforderlichenfalls versuchsweise und damit nahezu zwangsläufig ungleich vorzunehmen. Eine relevante Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Verkaufsflächenbegrenzung (einerseits 40 qm je Kunde mit jeweils einer Begleitperson und andererseits 20 qm je Kunde bei großflächigen Verkaufsstellen) sei ebenfalls nicht gegeben.

Im Rahmen der wegen der offenen Erfolgsaussichten vorzunehmenden Folgenabwägung überwiege derzeit aber noch das Interesse an der Vermeidung von Infektions-, Erkrankungs- und Todesfällen. Ohne die streitgegenständlichen Betriebsschließungen könnte sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung zahlreicher weiterer Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen noch weiter erhöhen. Im Rahmen der Folgenabwägung werde auch berücksichtigt, dass die Corona-VO zeitlich befristet sei und damit sichergestellt sei, dass sie fortlaufend an neuere Entwicklungen der Pandemie angepasst werden müsse.

Mit Beschluss vom 10. März 2021 hat der Senat zudem einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 10 Abs. 2 Satz 1 Corona-VO abgelehnt, soweit damit dem gewerblichen oder privaten Vermieter einer Ferienwohnung oder eines Ferienhauses Übernachtungsangebote und das Gestatten von Übernachtungen zu touristischen Zwecken untersagt sind (Az.: 13 MN 115/21). Zur Begründung hat der Senat auf seinen Beschluss vom 11. November 2020 (Az.:13 MN 436/20, veröffentlicht unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de) verwiesen, an dem er auch unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens in Niedersachsen festhalte.

Sämtliche Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Quarantänepflicht für die „Kontaktperson der Kontaktperson“ eines mit einer Virusvariante Infizierten außer Vollzug gesetzt

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat die Quarantänepflicht für die „Kontaktperson der Kontaktperson“ eines mit einer Virusvariante Infizierten außer Vollzug gesetzt (VGH Mannheim, Beschl. v. 16.03.2021 – 1 S 751/21).

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 17.03.2021 heißt es:

„Die von der Landesregierung erlassene CoronaVO Absonderung regelt die Quarantänepflicht von mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten oder krankheitsverdächtigen Personen und deren haushaltsangehörigen Personen.

Der Verordnung liegen gemäß ihrem § 1 folgende Begriffsbestimmungen zugrunde:

´3. ‚Positiv getestete Person‘ ist jede Person, der vom Gesundheitsamt oder von der die Testung vornehmenden oder auswertenden Stelle mitgeteilt wurde, dass eine bei ihr vorgenommene PCR-Testung oder ein bei ihr vorgenommener Antigentest für den direkten Erregernachweis des Coronavirus ein positives Ergebnis aufweist;

  1. ‚Haushaltsangehörige Person‘ ist jede Person, die mit der positiv getesteten Person in einer faktischen Wohngemeinschaft zusammenlebt;
  2. ‚Kontaktperson der Kategorie I‘ ist jede Person, die nach den jeweils geltenden Kriterien des Robert Koch-Instituts von der zuständigen Behörde als solche eingestuft wurde;
  3. ‚Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler‘ sind Schülerinnen und Schüler, die von der zuständigen Behörde als solche eingestuft wurden, da sie ausschließlich im Schulkontext mit einer positiv getesteten Schülerin oder einem positiv getesteten Schüler aus der eigenen Schulklasse oder Kursstufe Kontakt hatten;
  4. ‚Besorgniserregende Virusvarianten‘ sind die Varianten des Coronavirus, die mit dem Risiko eines schwereren Krankheitsverlaufs oder einer höheren Übertragbarkeit einhergehen, insbesondere die Varianten B.1.1.7, B.1.351 und P.1;
  5. ‚Kontaktpersonen der Kontaktperson‘ sind haushaltsangehörige Personen einer in Nummer 5 und 6 genannten Kontaktperson.“
  • 4a Sätze 1 und 2 der CoronaVO Absonderung bestimmen: „Besteht bei einer Kontaktperson der Kategorie I oder Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler eine Pflicht zur Absonderung und wurde bei der positiv getesteten Person eine besorgniserregende Virusvariante identifiziert, müssen sich die Kontaktpersonen der Kontaktperson unverzüglich nach der Mitteilung durch die zuständige Behörde in Absonderung begeben. Die Absonderung der Kontaktpersonen der Kontaktperson endet mit dem Ende der Absonderungszeit der Kontaktperson der Kategorie I oder Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler nach Mitteilung durch die zuständige Behörde.

Sachverhalt:

Gegen § 4a Sätze 1 und 2 der CoronaVO Absonderung haben sich mit einem Eilantrag eine Staatsanwältin und ein Rechtsanwalt gewandt. Sie sind verheiratet und Eltern dreier schulpflichtiger Kinder. Das jüngste Kind besucht eine Grundschule, in der derzeit Präsenzunterricht im Wechselmodell stattfindet. Die beiden anderen Kinder besuchen weiterführende Schulen, an denen gegenwärtig noch kein Präsenzunterricht angeboten wird. Die angefochtenen Vorschriften seien unverhältnismäßig. Die Cluster von Schülerinnen und Schülern bestünden zurzeit regelmäßig aus mindestens zehn Personen. Bei angenommenen drei Haushaltsangehörigen pro Kind resultiere aus der angefochtenen Regelung eine zwingende 14tägige Quarantäne für mindestens 40 Personen zu jedem einzelnen Infektionsfall mit einer Virusvariante. Der Kreis der von diesem Mechanismus betroffenen Personen könne, wie sich in der Praxis bereits gezeigt habe, unter Umständen auch deutlich größer sein. Bei der in der Grundschule anstehenden Rückkehr zum Präsenzunterricht ohne Wechselmodell werde ein Infektionsfall bei der üblichen Klassengröße von ca. 25 Kindern für etwa 100 Personen eine Quarantäne auslösen.

Die Landesregierung ist dem Antrag entgegengetreten. Die in Baden-Württemberg flächendeckend festgestellten Virusvarianten wiesen eine erheblich höhere Infektiosität auf, als der sog. Wildtyp des SARS-CoV-2-Virus. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von einer infizierten Person auf eine Person der Kategorie I sei damit signifikant erhöht. Dies gelte insbesondere für Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler in der Grundschule, weil gerade bei jüngeren Schülerinnen und Schülern die konsequente Einhaltung von Hygienevorgaben nicht vollständig umsetzbar sei. Hinzu komme, dass Haushaltsangehörige einer Kontaktperson I untereinander in der Regel sehr engen und dauerhaften Kontakt pflegten.

Der 1. Senat des VGH hat dem Eilantrag stattgegeben und § 4a Satz 1 und 2 der Corona-Verordnung Absonderung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung führt er u.a. aus, für die angefochtene Regelung bestehe voraussichtlich keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Bei „Kontaktpersonen von Kontaktpersonen“ handele es sich voraussichtlich nicht um Personen aus dem Kreis derjenigen Personen, die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG allein Adressaten einer Absonderungspflicht sein können. Insbesondere seien diese keine Ansteckungsverdächtige im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2, § 2 Nr. 7 IfSG. „Ansteckungsverdächtiger“ sei eine Person, von der anzunehmen sei, dass sie Krankheitserreger aufgenommen habe, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Ausreichend sei dabei, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher sei als das Gegenteil.

Für ´haushaltsangehörige Personen´, ´Kontaktpersonen der Kategorie I´ sowie „Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler“ dürfte ein hinreichender Ansteckungsverdacht anzunehmen sein. Für „Kontaktpersonen der Kontaktpersonen“ gelte dies hingegen voraussichtlich nicht. Nach der Bewertung des Robert Koch-Instituts könnten Haushaltsangehörige von Kontaktpersonen der Kategorie I nicht ohne weiteres – alleine wegen ihrer Haushaltszugehörigkeit – als ansteckungsverdächtig eingeordnet werden. Konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen, die eine von dem Robert Koch-Institut abweichende epidemiologische Einschätzung rechtfertigen würden, habe die Landesregierung nicht benannt.

Der Beschluss vom 16. März 2021 ist unanfechtbar (Az. 1 S 751/21).“

  1. Grillgeschäft in Hessen darf öffnen

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main hat dem Antrag einer Gewerbetreibenden gegen zusätzliche Beschränkungen nach der Corona-Kontakt-Betriebsbeschränkungsverordnung stattgegeben (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 16.03.2021 – 5 L 623/21.F).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.03.2021 heißt es:

„Mit heute zugestelltem Beschluss hat die für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main festgestellt, dass die Antragstellerin einstweilen berechtigt ist, ihre Verkaufsstelle ohne zusätzliche Beschränkungen nach § 3 a Abs. 1 Satz 1 Nummer 22 der Corona-Kontakt-Betriebsbeschränkungsverordnung des Landes Hessen zu betreiben. Die Antragstellerin betreibt eine Verkaufsstelle zur Ausstellung und Vertrieb von Grills, Grillzubehör sowie Produkten im Zusammenhang mit dem Thema Grillen. Die Antragstellerin verfügt über ein umfassendes Hygienekonzept für ihre ca. 280 m² große Verkaufsfläche. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Garten-/Bau-/Heimwerkermarkt. Die Antragstellerin sieht sich jetzt durch die besonderen Beschränkungen nach § 3a Abs. 1 Satz 2 Nummer 22 der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung (im Folgenden: CoKoBeV) in einem erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Garten-Bau- und Heimwerkermärkten, zu denen die Kunden ohne das sogenannte click and meet Verfahren und ohne die strengere Quadratmeterregelung Zugang hätten.

Die Antragstellerin hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegenüber dem zuständigen Kreis als auch gegenüber der Gemeinde, in deren Gebiet sich die Verkaufsstelle befindet, beantragt. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin festgestellt, dass die Antragstellerin ihre Filiale ohne zusätzliche Betriebsbeschränkungen betreiben darf. Gegen die zusätzlichen Betriebsbeschränkungen nach § 3a Abs. 1 Satz 2 Nummer 22 der CoKoBev bestünden erhebliche rechtliche Bedenken. Zur Zulässigkeit des Antrags wird ausgeführt, dass die CoKoBev selbstvollziehend sei und die Antragstellerin nicht erst einen Verwaltungsakt abwarten müsse, um dagegen vorzugehen. Auch sei es ihr nicht zuzumuten, eventuell erst ein Bußgeld abzuwarten, um dann in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren eine Überprüfung der Regelung zu erreichen. Das Gericht hat festgestellt, dass der Normbefehl in § 3a Abs.1. Satz 1 Nummer 22 CoKoBev sowohl gegen Vorgaben des Europarechts wie auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes verstoße und auch nicht geltungserhaltend ausgelegt werden könne. Durch die Erklärung der Nichtanwendbarkeit von Normen der Datenschutz- Grundverordnung werde gegen europarechtliche Vorgaben, wie sie in der Datenschutz-Grundverordnung ihren Niederschlag gefunden haben, verstoßen. Unter keinen erdenklichen Gesichtspunkten sei die Hessische Landesregierung ermächtigt, Akte der europäischen Gesetzgebung pauschal für nicht anwendbar zu erklären. Es sei auch die Differenzierung der gebildeten Gruppen von Verkaufsstellen in § 3a Abs. 1.Ziffer 18, 20 und 21 CoKoBev einerseits und in § 3a Abs.1 Satz 2 Nummer 22 andererseits nicht nachvollziehbar. In der allgemeinen Begründung heißt es dazu, dass Bau- und Heimwerkermärkte nunmehr dem offenstehenden Einzelhandel zugerechnet würden und damit dem erweiterten Versorgungsbedarf der Bevölkerung angesichts der nunmehr bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels dienten. Die 5. Kammer hat dazu ausgeführt, dass diese Argumentation keinen

infektionsschutzrechtlichen Bezug aufweise und daher eine Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Verkaufsstätten nicht rechtfertigen könne. Es komme zu Wettbewerbsverzerrungen, da identische Produkte unter unterschiedlichen Konditionen angeboten würden. Im vorliegenden Fall sei die Unterscheidung von Garten- und Baumärkten einerseits und der Verkaufsstelle der Antragstellerin mit dem Grillsortiment andererseits nicht nachvollziehbar. Die Unterscheidung zwischen diesen Betriebsstätten mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Möglichkeiten, die Verkaufsstellen zu betreten, sei nicht rechtsstaatlich begründbar. In Bezug auf die „aktuelle epidemiologische Situation“ lasse sich auch nicht einmal ansatzweise erkennen, warum bei Gartenmärkten, Blumenläden, Bau- und Heimwerkermärkten einerseits die Regelung gelte, dass „…auf die ersten 800 m² Verkaufsfläche höchstens 1 Person je angefangener Verkaufsfläche von 10 m² und auf die folgenden 800 m² höchstens 1 Person je angefangenen 20 m² …“eingelassen werden dürfe, die Antragstellerin andererseits aber höchstens einer Person je angefangener Verkaufsfläche von 40 m² Zutritt gewähren dürfe. Das Argument der „…bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels..“ habe keinen infektionsschutzrechtlichen Bezug und sei daher für die getroffenen Differenzierungen sachfremd. Zweifel hat das Gericht auch an der Sinnhaftigkeit des Verfahrens „click and meet“, zumal eine Anmeldung direkt vor Ort nicht ausgeschlossen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die nach § 3 CoKoBev in jedem Fall erforderlichen Hygieneregeln in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht nicht ausreichend seien. Gegen den Beschluss kann innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

  1. Maskenpflicht für Skihänge im Oberharz rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat die Maskenpflicht für Skihänge im Oberharz für rechtswidrig erklärt (VG Braunschweig, Beschl. v. 03.03.2021 – 4 B 51/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 17.03.2021 heißt es:

„Die vom Landkreis Goslar in seiner 19. Allgemeinverfügung angeordnete und nicht auf bestimmte Witterungsverhältnisse beschränkte Maskenpflicht für die Ski- und Rodelhänge am Bocksberg (Hahnenklee), Wurmberg (Braunlage) und Matthias-Schmidt-Berg (St. Andreasberg) ist voraussichtlich rechtswidrig. Mit dieser Begründung hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts einem gegen die Verfügung gerichteten Eilantrag im Wesentlichen stattgegeben.

Der in Hildesheim lebende Antragsteller hatte vor Gericht vorgetragen, er beabsichtige wie jeden Winter an den genannten Skihängen unter anderem mit Tourenski aufzusteigen und abzufahren. Die vom Landkreis Goslar für Ski- und Rodelhänge angeordnete Maskenpflicht halte er für unverhältnismäßig. Außerdem sei den Regelungen nicht sicher zu entnehmen, wo diese Pflicht gelte. Der Landkreis hatte geltend gemacht, vor dem Hintergrund der aktuellen Witterungsverhältnisse entfalte seine Allgemeinverfügung keine Wirkungen mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag stattgegeben, soweit er gegen die Maskenpflicht für die Skihänge gerichtet war, die der Antragsteller begehen bzw. befahren will. Hinsichtlich der weiteren Ski- und Rodelhänge, für die die Allgemeinverfügung gilt, hat das Gericht den Eilantrag abgelehnt: Der Antragsteller habe nicht dargelegt, auch dort unterwegs sein zu wollen; daher fehle ihm insoweit die gesetzlich erforderliche Antragsbefugnis.

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass die Allgemeinverfügung sich nicht durch die Witterungsverhältnisse erledigt hat. Dies schon deswegen, weil der Landkreis in der Verfügung ausdrücklich angeordnet habe, dass die Maskenpflicht „durchgehend“ für die dort genannten Ski- und Rodelhänge bestehe. Dass die Verpflichtung nur dann gelten soll, wenn die Flächen tatsächlich mit Wintersportgeräten befahren werden können, sei der Allgemeinverfügung nicht zu entnehmen. Das ergebe sich auch nicht aus der Formulierung in der Verfügung, unter Ski- und Rodelhängen seien „jegliche zur Abfahrt mit Wintersportgeräten geeignete Flächen“ zu verstehen. Wenn der Landkreis die Maskenpflicht auf bestimmte Witterungsverhältnisse beschränken wollte, hätte er dies – so das Gericht – klar regeln müssen.

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist die Anordnung der Maskenpflicht bei summarischer Prüfung jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil die Regelungen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstießen. Die Bürgerinnen und Bürger könnten nicht erkennen, in welchen Bereichen genau die Pflicht gelte. Der Landkreis habe es versäumt, eine Karte zu veröffentlichen, auf der die betroffenen Flächen eingezeichnet sind. Daher sei insbesondere unklar, welche Bereiche in dem größtenteils weitläufigen Gelände mit einer Vielzahl von Wegen als „unmittelbare Zuwegungen und Parkflächen“ anzusehen sind, für die nach der Anordnung des Landkreises die Maskenpflicht gelten soll.

Darüber hinaus bestünden erhebliche Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Anordnung. Aufgrund der gegenwärtigen Wetterlage und der Größe der betroffenen Flächen sei nicht erkennbar, dass an den Skihängen derzeit noch mit großen Menschenansammlungen und daher mit Unterschreitungen des Mindestabstandes zu rechnen ist. Die im Januar noch vorherrschende Lage in den bei Touristen beliebten Gebieten des Oberharzes habe sich mittlerweile deutlich entspannt. Darüber hinaus bestehe schon nach der Corona-Verordnung eine Maskenpflicht für Bereiche, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, in denen der Mindestabstand von 1,5 Metern also nicht durchgängig eingehalten werden kann. Auch deswegen sei zweifelhaft, ob die zusätzliche Anordnung in der Allgemeinverfügung des Landkreises erforderlich ist.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts über den Eilantrag ist am 3. März 2021 ergangen. Er liegt jetzt schriftlich vor und wurde den Verfahrensbeteiligten inzwischen zugeleitet (Aktenzeichen 4 B 51/21).

Die Verfahrensbeteiligten können gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.“

  1. Haftstrafe von viereinhalb Jahren für unberechtigte Beantragung von Corona-Soforthilfen

Das Landgericht (LG) München hat einen 31 Jahre alten Mann unter anderem wegen Subventionsbetruges zu einer Haftstrafe von 4,5 Jahren verurteilt (LG München I, Urt. v. 17.03.2021). Der Mann hatte Co­ro­na-So­fort­hil­fen in Mil­lio­nen­hö­he zu Unrecht beantragt. Das Ur­teil ist noch nicht rechts­kräf­tig,

  1. Eilantrag auf Impfung mit AstraZeneca abgelehnt

Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat den Eilantrag eines Mannes auf Impfung mit AstraZeneca abgelehnt (VG Braunschweig, Beschl. v. 16.03.2021 – 4 B 90/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 18.03.2021 heißt es:

„Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts hat den Eilantrag eines 76 Jahre alten Braunschweigers auf Impfung an dem ihm ursprünglich zugesagten, inzwischen aber aufgehobenen Termin abgelehnt. Der Antragsteller hatte für den 17. März einen Termin zur Impfung im Impfzentrum mit dem Impfstoff AstraZeneca erhalten. Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit die Impfungen mit diesem Impfstoff ausgesetzt hatte, war der Termin aufgehoben worden. Der Antragsteller beantragte beim Verwaltungsgericht, ihm die für den 17. März zugesagte Impfung zu gewähren. Er erklärte, er selbst werde für die Folgen haften und jeden Impfstoff akzeptieren.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass nach den gesetzlichen Regelungen ein Anspruch auf Schutzimpfung gegen des Coronavirus im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe bestehe (§ 1 Absatz 1 der Coronavirus-Impfverordnung). Danach ergebe sich zwar ein Rechtsanspruch auf Impfung – soweit Impfstoff verfügbar ist. Ein Rechtsanspruch auf Impfung an einem bestimmten Termin bestehe jedoch nicht.

Die Kammer hat in ihrer Entscheidung auf die Homepage der Stadt Braunschweig hingewiesen. Dieser sei zu entnehmen, dass das Impfzentrum zeitnah Kontakt mit den von Terminsaufhebungen betroffenen Personen aufnehmen werde, um neue Termine zu vereinbaren.“

  1. In Berlin geltende Maskenpflicht im Freien weitgehend bestätigt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat die in Berlin geltende Maskenpflicht im Freien weitgehend bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.03.2021).

In der Pressemitteilung 12/21 v. 17.03.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt, wonach die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Freien im Berliner Stadtgebiet sowohl auf Märkten als auch in Warteschlangen nicht unverhältnismäßig ist. Ebenso wenig sei die Maskenpflicht auf den in der Anlage zur Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin genannten Straßen und Plätzen für die Tagzeit zu beanstanden. Anders als das Verwaltungsgericht hat das Oberverwaltungsgericht es jedoch nicht für erforderlich gehalten, dort zwischen 24.00 Uhr und 06.00 Uhr sowie ganztägig auf Parkplätzen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Diese Entscheidung gilt nur für die Antragstellerin. Zur Begründung hat der 1. Senat ausgeführt: Bei Menschenansammlungen auf Märkten und in Warteschlangen dränge sich geradezu auf, dass der Mindestabstand trotz gegebenenfalls bestehender Bodenmarkierungen nicht immer zuverlässig eingehalten werden könne, auch wenn das Infektionsrisiko im Freien geringer einzuschätzen sei als in geschlossenen Räumen. Demgegenüber überzeuge dies für die Situation auf Parkplätzen nicht. Dort hielten Menschen sich in der Regel nur kurzzeitig zum Ein- und Aussteigen und für Ladetätigkeiten auf und könnten für gewöhnlich den Mindestabstand zueinander einhalten. Soweit Annäherungen in Warteschlangen vor Parkautomaten entstehen könnten, greife bereits die insoweit bestehende Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Ebenso wenig sei die zeitlich unbegrenzte Maskenpflicht auf den ausdrücklich benannten belebten Straßen und Plätzen erforderlich. Zwar sei nachvollziehbar, dass sich dort zur Tagzeit und auch noch während der Abendstunden viele Menschen begegnen könnten, so dass der Mindestabstand in diesen Bereichen nicht selten unterschritten werden dürfte. Doch erscheine dies jedenfalls ab Mitternacht und bis zum Beginn des frühmorgendlichen Geschäftsverkehrs eher ausgeschlossen. Deshalb sei die Verpflichtung für diesen Zeitraum aufzuheben.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Sonnenstudio darf unter Beachtung strenger Hygienevorgaben öffnen

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat entschieden, dass ein Sonnenstudio unter Beachtung strenger Hygienevorgaben öffnen darf (VG Hamburg, Beschl. v. 18.03.2021 – 3 E 1096/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 18.03.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tag hat das Verwaltungsgericht Hamburg einem Eilantrag der Betreiberin eines Sonnenstudios teilweise stattgeben, mit dem sich diese gegen die coronabedingte Schließung ihres Studios gewandt hat (Az. 3 E 1096/21). Sie darf ihr Sonnenstudio nunmehr unter Beachtung strenger Auflagen, die über das Maß der für andere Dienstleistungen mit Körperkontakt geltenden Einschränkungen hinausgehen, öffnen.

Sonnenstudio darf unter Beachtung strenger Hygienevorgaben öffnen

AZ: 3 E 1096/21

Nach § 4b Abs. 1 Nr. 25 Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der bis zum 28. März 2021 geltenden Fassung dürfen Sonnenstudios nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Betriebe des Friseurhandwerks, Kosmetikstudios, Massagesalons, Tattoo-​Studios und ähnliche Betriebe dürfen gemäß § 14 Coronavirus-Eindämmungsverordnung dagegen unter im Einzelnen genannten Vorgaben (u.a. Erstellung eines Schutzkonzeptes, Kontaktdatenerhebung, Anmeldung mit Terminvereinbarung, Maskenpflicht bzw. Vorlage eines negativen Corona-Testnachweises) öffnen.

Nach Einschätzung der für dieses Verfahren zuständigen Kammer dient das generelle Verbot, Sonnenstudios zu öffnen, zwar dem legitimen Zweck, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, und ist zu dessen Erreichung auch geeignet. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass der durch das Verbot erfolgende Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin derzeit erforderlich sei. Zwar komme der Antragsgegnerin bei der Auswahl von Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Einschätzungsspielraum zu. Habe sie diesen jedoch durch ein in der Verordnung niedergelegtes Regelungs- und Testkonzept ausgeübt, obliege dem Gericht die Prüfung, ob innerhalb dieses Rahmens Maßnahmen denkbar sind, die insofern zur Erreichung des Zwecks gleich geeignet sind, aber weniger intensiv in die Grundrechte eingreifen. Dies sei der Fall, da das von dem bei einem Betrieb des Sonnenstudios der Antragstellerin ausgehenden Infektionsrisiko in gleichem Maße dadurch minimiert werden könne, dass der Antragstellerin der Betrieb ihres Sonnenstudios unter den durch § 14 Coronavirus-Eindämmungsverordnung normierten Einschränkungen – jedenfalls unter den weiteren Einschränkungen, wie sie im vorliegenden Beschluss festgelegt würden – erlaubt werde. Insbesondere sei die Vorlage eines negativen Corona-Testnachweises entsprechend den Vorgaben der Eindämmungsverordnung für Kunden und Personal erforderlich.

Gegen die Entscheidung können sowohl die Antragstellerin wie auch die Antragsgegnerin Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.“

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Kontaktbeschränkungen auf 5-Personen und anderer Verordnungsregelungen in Niedersachsen (Kontaktbeschränkungen / Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen / Einzelmusikunterricht)

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat mit drei Eilbeschlüssen verschiedene Verbotsregelungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) in der derzeit geltend, zuletzt am 12. März 2021 geänderten Fassung vorläufig außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.03.2021 – 13 MN 132/21, 13 MN 114/21 und 13 MN 118/21).

In der Pressemitteilung v. 19.03.2021:

„Dabei ging der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Corona-VO und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Einzelne Verbotsregelungen seien aber keine notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen mehr oder verstießen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Kontaktbeschränkungen

Im Verfahren 13 MN 132/21 hatte sich ein Antragsteller, der gemeinsam mit seiner Ehefrau und drei Kindern, die älter als 14 Jahre sind, in einem Haushalt lebt, gegen die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Corona-VO geregelten Kontaktbeschränkungen gewandt und geltend gemacht, die dort bestimmte Obergrenze von fünf Personen für Zusammenkünfte schließe es vollständig aus, im Haushaltsverbund weitere Personen zu treffen. Der 13. Senat ist dem gefolgt und hat § 2 Abs. 1 Satz 1 Corona-VO vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Zusammenkünfte nur mit höchstens fünf Personen zulässig sind. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die fixe Obergrenze von fünf Personen, wenn diese 15 Jahre oder älter sind, unangemessen sei. Zum einen berücksichtige sie überhaupt nicht solche Haushalte, in denen bereits mehr als fünf Personen lebten. Zum anderen schließe sie Haushalte mit fünf Personen, von denen alle 15 Jahre oder älter sind, von jedweden gemeinsamen sozialen Kontakten zu Dritten aus. Dies berücksichtige tatsächlich bestehende familiäre und soziale Strukturen nicht hinreichend. Es sei auch lebensfremd und unter infektiologischen Gesichtspunkten nicht mehr sachangemessen, von einzelnen Personen dieses Haushalts zu verlangen, den Haushalt vorübergehend zu verlassen, um den Kontakt zu Dritten zu ermöglichen. Die Verordnung sei insoweit auch widersprüchlich. Denn in Hochinzidenzkommunen (mit einer länger andauernden 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100) gelte die zuvor bis zum 6. März 2021 angeordnete Kontaktbeschränkung fort. Letztere sehe aber keine fixe Obergrenze für Zusammenkünfte vor, sondern gestatte stets den Kontakt zu mindestens einer haushaltsfremden Person. In Hochinzidenzkommunen, in denen gerade eine besonders hohe Infektionsgefahr bestünde, dürfe sich danach ein Haushalt von fünf Personen also weiterhin mit einer haushaltsfremden Person treffen. Von der Außervollzugsetzung unberührt bleibt die weiterhin zu beachtende Vorgabe des § 2 Abs. 1 Satz 1 Corona-VO, dass sich nur Personen aus insgesamt höchstens zwei Haushalten treffen dürfen.

Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen

Im Verfahren 13 MN 114/21 hatte sich der Inhaber eines Tier- und Freizeitparks gegen die Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen nach § 18a Abs. 3 Corona-VO und gegen die landesweite Schließung von Freizeitparks nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Corona-VO gewandt. Gegenwärtig dürfen Zoos und Tierparks in Kommunen, die nicht zu den sog. Hochinzidenzkommunen (mit einer länger andauernden 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100) gehören, öffnen, während Freizeitparks nach wie vor geschlossen sind.

Der 13. Senat hat die fortwährende Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass diese als Infektionsschutzmaßnahme nicht mehr erforderlich und auch nicht mehr angemessen sei. Das Infektionsrisiko bei Aufenthalten im Freien sei von vorneherein vergleichsweise gering und könne durch mildere Maßnahmen als eine Schließung hinreichend effektiv reduziert werden, etwa durch Begrenzungen des Zugangs zum Zoo oder Tierpark, Steuerungen des Aufenthalts dort, Maßnahmen zur Vermeidung von Personenkontakten und Beschränkungen besonders infektionsrelevanter Einrichtungen (etwa von Innenbereichen) oder Veranstaltungen (etwa Schaufütterungen, Streichelzoo). Durch eine einheitliche Öffnung von Zoos und Tierparks könnten zudem Tourismusbewegungen in Kommunen verhindert werden, in denen vergleichbare Einrichtungen mit überörtlichem Einzugsbereich aufgrund niedrigerer Inzidenzen noch geöffnet seien.

Den weitergehenden Antrag auf Außervollzugsetzung der landesweiten Schließung von Freizeitparks hat der Senat abgelehnt. Auch insoweit bestünden zwar Zweifel an der Erforderlichkeit und Angemessenheit der fortdauernden Schließung. Es sei aber nicht hinreichend klar, ob den infektionsrelevanten Besonderheiten eines Freizeitparks (Warteschlangen vor und unvermeidbare Personenkontakte in einzelnen Fahrgeschäften) in gleicher Weise effektiv wie in Zoos und Tierparks durch Hygienekonzepte Rechnung getragen werden könne. Deswegen sei zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung von SARS-CoV-2 und COVID-19 die fortdauernde Schließung noch hinzunehmen. Der Antragsgegner habe aber verstärkt Möglichkeiten der Öffnung mit geeigneten und normativ zu prägenden Hygienekonzepten in den Blick zu nehmen.

Einzelmusikunterricht

Im Verfahren 13 MN 118/21 begehrte eine Musiklehrerin die Außervollzugsetzung des § 14a Corona-VO, soweit dieser Einzelmusikunterricht untersage. Der 13. Senat hat auch diesem Antrag entsprochen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seine vorausgegangene Entscheidung zur Außervollzugsetzung der Hundetrainings von Hundeschulen (siehe Pressemitteilung Nr. 15 vom 04.03.2021) herangezogen und einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz angenommen. Zwischen dem untersagten Einzelmusikunterricht und den erlaubten Kontakten im privaten Bereich bestünden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Sie bestünden weder hinsichtlich einer vom Antragsgegner befürchteten Unterschreitung des Mindestabstandes zwischen Lehrkraft und Einzelschüler noch bezüglich einer seriellen Kontakthäufung der Lehrkraft.

Die Außervollzugsetzungen sind allgemeinverbindlich, d.h. die betroffenen Regelungen sind in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.“

  1. Kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen zum Austausch von Begrüßungen oder Ähnlichem stellt keine verbotene „Ansammlung“ dar

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat entschieden, dass ein kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen zum Austausch von Begrüßungen oder Ähnlichem keine verbotene „Ansammlung“ darstellt (OLG Koblenz, Beschl. v. 08.03.2021 – 3 OWi 6 SsRs 395/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 24.03.2021 heißt es:

„Der Begriff der verbotenen ´Ansammlung´ im Sinne der Corona-Bekämpfungs-Verordnung (CoBeVO) muss verfassungskonform dahin einschränkend ausgelegt werden, dass kurze Begegnungen, bei denen nicht die Absicht besteht, sich für einen längeren als nur flüchtigen Moment zusammen an einem Ort aufzuhalten, und bei denen von vornherein durch die Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes eine Übertragung der Virusinfektion ausgeschlossen ist, nicht erfasst werden. Das Verbot jeglicher Personenansammlung ohne Differenzierung danach, ob das Verbot zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Infektionsgeschehens erforderlich ist, würde zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz) führen. Das hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Koblenz kürzlich entschieden (Beschluss vom 8. März 2021, Aktenzeichen 3 OWi 6 SsRs 395/20) und den Betroffenen freigesprochen.

Im konkreten Fall war der Betroffene, als er in Begleitung eines Freundes einen Geldautomaten aufsuchte, zufällig auf einen Bekannten getroffen, der seinerseits in Begleitung eines Freundes unterwegs war. Die vier Personen standen ungefähr ein bis zwei Minuten vor der Bankfiliale im Halbkreis zusammen und unterhielten sich, wobei die Personenpaare einen Abstand von 1,5 bis 2 Meter einhielten. Anlass des Gesprächs war, dass der Betroffene seinem Bekannten wegen des Todes der Großmutter kondolieren wollte. Die Gruppe wurde von Polizeibeamten beobachtet und einer Personenkontrolle unterzogen, welche ergab, dass alle vier Personen unterschiedlichen Haushalten angehörten. Das Amtsgericht sah in dem Zusammentreffen der vier Personen eine verbotene Ansammlung (§ 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 der 4. CoBeVO) und verurteilte den Betroffenen zu einem Bußgeld von 100 €.

Diese rechtliche Einschätzung hat der Senat nicht geteilt. Der in der Corona-Bekämpfungs-Verordnung verwendete Begriff der „Ansammlung“ bedürfe einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung, die das öffentliche Interesse daran, eine weitere Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu verhindern, in einen angemessenen und vernünftigen Bezug zu den Bedürfnissen und unantastbaren Rechten der Bürger setze. Ausgehend hiervon sei bei der Beurteilung, ob eine „Ansammlung“ vorliegt, zum einen maßgeblich, ob dem Zusammentreffen die Absicht zugrunde liegt, sich für einen längeren als nur flüchtigen Moment gemeinsam an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Durch dieses Kriterium werde vermieden, dass die rein zufällige gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen, wie sie beispielsweise beim Einkaufen des täglichen Lebensbedarfs oder bei einem Spaziergang entstehen könne, zur Ordnungswidrigkeit werde. Zum anderen sei entscheidend, dass bei dem Zusammentreffen der durch die Verordnung vorgegebene Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Personen eingehalten werde. Beide Kriterien seien im konkreten Fall erfüllt gewesen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.“

  1. Jobcenter muss FFP2-Masken weder bereitstellen noch bezahlen

Das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass das Jobcenter weder FFP2-Masken bereitstellen noch bezahlen müsse (SG Frankfurt a. M., Beschl. v. 09.03.2021 – S 9 AS 157/21 ER).

In der Pressemitteilung 2/2021 des Gerichts v. 22.03.2021 heißt es:

„Der Antragsteller bezieht Grundsicherungsleistungen (Hartz IV) und hat in einem gerichtlichen Eilverfahren unter Berufung auf einen Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2021 (Aktenzeichen S 12 AS 213/21 ER) verlangt, das Jobcenter zur vorläufigen Gewährung von 20 FFP2-Masken wöchentlich oder des zur Selbstbeschaffung erforderlichen Geldbetrages zu verpflichten. Das Gericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs nicht gegeben seien.“

Siehe auch vorstehend Nr. 377.

  1. Einreisebeschränkungen an tschechischer Grenze rechtens

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin sind die Einreisebeschränkungen an der tschechischen Grenze rechtens (VG Berlin, Beschl. v. 17.03.2021 – VG 6 L 117/21).

In der Pressemitteilung Nr. 15/2021 des Gerichts v. 19.03.2021 heißt es:

„Die Anordnung von Einreisebeschränkungen an der deutsch-tschechischen Grenze durch die Bundesregierung ist nicht zu beanstanden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren mehrerer Antragstellerinnen entschieden.

Im Februar 2021 ordnete das Bundesministerium des Innern die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen mit Einreisebeschränkungen unter anderem an der Grenze zu Tschechien an. Diese Anordnung, die auch Ausnahmen z.B. für Personen in systemrelevanten Berufen vorsieht, beruht darauf, dass Tschechien (neben anderen Staaten) als sog. Virusvarianten-Gebiet ausgewiesen wurde. Hiergegen wenden sich die Antragstellerinnen per gerichtlichem Eilantrag. Sie sind deutsche, in der Nähe zur tschechischen Grenze angesiedelte Unternehmen, die vor allem im Bereich des produzierenden Gewerbes tätig sind. Sie beschäftigen Grenzpendler aus Tschechien. Die Antragstellerinnen sehen sich durch die Anordnung in ihren Rechten verletzt. Schließlich könnten dadurch ihre Arbeitnehmer nicht einreisen. Das führe zu Beeinträchtigungen im Produktionsbetrieb, was die Stornierung von Aufträgen zur Folge habe. Die Maßnahme sei ersichtlich unverhältnismäßig. Hygienekonzepte würden ausreichen.

Die 6. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerinnen könnten die begehrte Feststellung, dass die Einreisebeschränkungen auf ihre Arbeitnehmer keine Anwendung finde, nicht beanspruchen. Ein hierfür erforderlicher Anordnungsanspruch sei nicht mit der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit geltend gemacht. Denn die Anordnung der Einreisebeschränkungen sei bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Das Freizügigkeitsgesetz/EU erlaube Einreiseverweigerungen bei Krankheiten mit epidemischem Potenzial auch aus Gründen der öffentlichen Gesundheit. SARS-CoV-2 erfülle diese Voraussetzungen. Auch ein Verstoß gegen europäische Vorgaben lasse sich nicht feststellen. Die Empfehlung (EU) 2020/1475 trete nur pauschalen Einreiseverboten entgegen, gebe aber Raum für Einreisebeschränkungen, wenn ein Gebiet – wie hier Tschechien – wegen eines hohen Virusverbreitungsgrades als ´dunkelrot´ eingestuft sei. Das müsse umso mehr gelten, als Tschechien zusätzlich als Virusvarianten-Gebiet ausgewiesen sei. Ermessensfehler lasse die Anordnung ebenso wenig erkennen, insbesondere sei sie verhältnismäßig. Sie sei geeignet, die Virusverbreitung – vor allem die gefährlicher Virusvarianten – zumindest zu verzögern. Gemessen an diesem Ziel sei die Anordnung erforderlich und angemessen. Negative Auswirkungen auf Betriebs- und Produktionsabläufe der Antragstellerinnen und damit einhergehende wirtschaftliche Nachteile müssten diese angesichts der immensen gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Beherrschung der Pandemielage hinnehmen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.“

  1. Bibliothek am Fachbereich Rechtswissenschaft an der HU Berlin bleibt geschlossen

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass die Schließung der Bibliothek am Fachbereich Rechtswissenschaft an der HU Berlin rechtens ist (VG Berlin, Beschl. v. 17.03.2021 – VG 14 L 90/21).

In der Pressemitteilung Nr. 17/2021 des Gerichts v. 23.03.2021 heißt es:

„Der Zugang zu Lesesälen der Universitätsbibliothek der Berliner Humboldt-Universität bleibt Studierenden vorerst verwehrt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Nach der derzeit geltenden Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin (2. IfSchMV) dürfen staatliche, private und konfessionelle Hochschulen einschließlich ihrer Einrichtungen nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Drei Studierende des Fachbereichs Rechtswissenschaft wandten sich dagegen, aus diesem Grund keinen Zugang zu den Arbeitsplätzen in den Lesesälen der Universitätsbibliothek und zu den dortigen Präsenzbeständen zu erhalten. Damit seien für sie erhebliche Erschwernisse bei der Vorbereitung auf das Erste Juristische Staatsexamen verbunden, und es drohten ihnen deshalb schlechtere Examensnoten.

Die 14. Kammer lehnte den Eilantrag ab. Zwar hätten nach dem Berliner Hochschulgesetz alle Studierenden das Recht, die Einrichtungen der Hochschule und damit auch die Universitätsbibliothek nach den hierfür geltenden Vorschriften zu nutzen. Dieser Anspruch sei aber derzeit in rechtlich nicht zu beanstandender Weise durch die 2. IfSchMV eingeschränkt. Die Regelung verfolge mit dem Ziel, die Zahl der Infektionen durch das SARS-CoV-2-Virus zu verringern, einen legitimen Zweck und sei zur Zweckerreichung auch geeignet, denn gerade in geschlossenen Räumen gehe von Menschenansammlungen ein erhöhtes Infektionsrisiko aus. Die Schließung sei auch angemessen. Denn abgesehen davon, dass die Studierenden sich die für die Examensvorbereitung notwendige Literatur entweder anderweitig ausleihen oder kaufen könnten, biete die Universität derzeit zum Ausgleich ein deutlich umfassenderes Online-Angebot an. Durch die gleichzeitige Öffnung der Friseurbetriebe werde der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, denn es handele sich dabei schon nicht um gleichgelagerte Sachverhalte. Während nämlich die Friseurleistungen nicht in Abwesenheit des Kunden vorgenommen werden könnten, stelle sich dies beim Zugang zu Lesesälen anders dar.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.“

  1. Beschränkungen im Einzelhandel in NRW vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat auf den Eilantrag eines Media-Marktes die Vorschriften der Coronaschutzverordnung zur Beschränkung des Einzelhandels in NRW vorläufig außer Vollzug gesetzt, weil sie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar seien (OVG Münster, Beschl. v. 19.03.2021 – 13 B 252/21.NE).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.03.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht hat mit – heute bekannt gegebenem – Beschluss vom 19. März 2021 auf den Eilantrag eines Media-Marktes die Vorschriften der Coronaschutzverordnung zur Beschränkung des Einzelhandels vorläufig außer Vollzug gesetzt, weil sie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar sind.

Auf der Grundlage der aktuellen nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung können seit dem 8. März 2021 wieder alle Einzelhändler öffnen. Für die schon bislang von einer Schließung ausgenommenen Geschäfte (etwa Lebensmittelhandel) bleibt es bei der bisherigen Regelung, die eine Kundenbegrenzung auf eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche bzw. pro 20 qm für die 800 qm übersteigende Gesamtver­kaufsfläche vorsieht. Im übrigen Einzelhandel ist der Zutritt grundsätzlich nur für einen Kunden pro 40 qm Verkaufsfläche und auch nur nach vorheriger Terminvergabe zulässig. Ausgenommen sind hiervon allerdings die zuvor ebenfalls geschlossenen Buchhandlungen und Schreibwarengeschäfte. Gleiches gilt für Blumengeschäfte und Gartenmärkte, die bislang nur verderbliche Schnitt- und Topfblumen sowie Gemüsepflanzen und Saatgut verkaufen durften. Für sie gelten ebenfalls die günstigeren Öffnungsmodalitäten. Diese Regelungen hat das Oberverwaltungsgericht nun insge­samt vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Zur Begründung hat der 13. Senat ausgeführt: Die Beschränkungen verstießen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der Pandemiebekämpfung bestehe zwar ein Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers, der sich in einer komplexen Entscheidungssituation befinde und nur mit Prognosen zu den Auswirkungen von Beschränkungen und Lockerungen arbeiten könne. Es sei auch zulässig, schrittweise zu lockern, wobei es zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen verschiedener Bereiche komme. Der Ver­ordnungsgeber habe es deshalb grundsätzlich für Geschäfte wie den Lebensmitteleinzelhandel bei den bisherigen Regelungen belassen dürfen, während für andere Betriebe vorläufig nur eine reduzierte Kundenzahl zugelassen werde und eine vorherige Terminbuchung erforderlich sei. Die schrittweise und kontrollierte Öffnung weiterer Bereiche des Handels müsse aus Gründen der Gleichbehandlung nicht zwingend mit einer Verschärfung der Öffnungsbedingungen für die bereits bislang von der Schließung ausgenommenen Geschäfte einhergehen. Der Verordnungsgeber über­schreite aber seinen Spielraum, wo ein einleuchtender Grund für eine weitere Differenzierung fehle. Dies sei der Fall, soweit nunmehr auch Buchhandlungen, Schreibwarenläden und Gartenmärkte mit ihrem gesamten Sortiment unter vereinfachten Bedingungen (größere Kundenzahl, ohne Terminbuchung) betrieben werden dürften. Es erschließe sich nicht und werde durch den Verordnungsgeber auch nicht begründet, warum dessen Annahme, diese Betriebe deckten ebenfalls eine Art Grundbe­darf, für sich genommen andere Öffnungsmodalitäten rechtfertigen sollte als beim übrigen Einzelhandel. Da nach der nunmehr geltenden Rechtslage sämtliche Geschäfte  öffnen dürften, könne das Kriterium, ob ein Warensortiment Grundbedarf sei, eine Besserstellung nicht mehr ohne Weiteres begründen. Erforderlich wäre vielmehr, dass der angenommene Grundbedarf gerade die Differenzierung in den Öffnungsmodalitäten nahelege.

Wegen des untrennbaren Zusammenhangs der Regelungen zum Handel hat das Gericht diese insgesamt vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das bedeutet, dass ab so­fort im gesamten Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen keine Kundenbegrenzung pro Quadratmeter mehr gilt und das Erfordernis der Terminbuchung entfällt. Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass es dem Land unbenommen ist, auch kurzfristig eine Neuregelung zu treffen, die keine unzulässigen Differenzierungen enthält. Die durch den Media-Markt  geltend gemachten grundlegenden Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen für den Einzelhandel teilte der Senat nicht. Insbesondere sei die Beschränkung der Grundrechte der Einzelhändler angesichts der gravierenden Folgen, die ein erneuter unkontrollierter Anstieg der Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte, voraussichtlich gerechtfertigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Hinweis: Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung des Gerichtsbeschlusses hat das Land NRW eine geänderte Coronaverordnung bekannt gegeben. Damit hat das Land versucht, den rechtlichen Bedenken des OVG Münster Rechnung zu tragen.

  1. Coronabedingte Einschränkungen für Gewerberaumnutzung sind kein Mietmangel

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass coronabedingte Einschränkungen für die Gewerberaumnutzung keinen Mietmangel darstellen (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.03.2021 – 2 U 143/20).

In der Pressemitteilung Nr. 19/2021 des Gerichts v. 19.03.2021 heißt es:

„Die beschränkten Nutzungsmöglichkeiten von Gewerberäumen während des ersten Lockdowns stellen keinen zur Minderung der Miete berechtigenden Mangel der Mietsache dar. Ein Anspruch auf Anpassung der Miethöhe über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist möglich, aber im Urkundenprozess mit den dort zulässigen Beweismitteln nicht beweisbar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute verkündeter Entscheidung die gerichtliche Verurteilung zur vollen Mietzahlung bestätigt.

Die Klägerin begehrt rückständige Gewerberaummiete für ein Geschäft in Bad Homburg für die Monate April, Mai und Juni 2020 während der Zeit des ersten Lockdowns.
Aufgrund der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus war der beklagten Mieterin die Nutzung der Räume vom 18.3. bis 19.4.2020 unmöglich und in der Zeit vom 20.4.2020 an nur sehr eingeschränkt möglich. Die Umsätze der Beklagten brachen ab März ein. Einer Bitte nach Mietminderung kam die Klägerin nicht nach. Die Beklagte zahlte die Miete in der Zeit April bis Juni 2020 nur teilweise.

Die Vermieterin hat daraufhin im Wege des Urkundsprozesses unter Vorlage des Mietvertrages die ausstehenden Mietbeträge eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage stattgeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die vertraglich geschuldete Miete sei in dem hier zu beurteilenden Zeitraum aus keinem rechtlichen Grund herabgesetzt. Die Mietsache habe insbesondere keine zur Minderung berechtigten Mangel aufgewiesen. Die Räume seien zu dem vertraglich vereinbarten Gebrauch weiterhin tauglich gewesen. Die „behördlich angeordneten Einschränkungen wirkten sich nicht objektbezogen aus, sondern bezogen sich inhaltlich auf den Betrieb der Beklagten als Mieterin“. Die Klägerin schuldete, so das OLG weiter, ´allein die Möglichkeit, in den überlassenen Räumen ein Geschäftsbetrieb zu führen, nicht aber in irgendeiner Weise die Überlassung des Betriebs selbst´. Der vereinbarte Nutzungszweck für den Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts habe lediglich die gestattete Nutzung präzisiert. Durch die behördlichen Beschränkungen sei dieser vereinbarte Nutzungszweck selbst nicht untersagt worden, sondern nur die Art der Durchführung des Geschäftsbetriebs.

Im hier vorliegenden Urkundenverfahren könne auch nicht festgestellt werden, dass die Mieterin wegen einer „schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung des Mietzinses verlangen“ könne. Diese Einwendung sei im Urkundenprozess unstatthaft, da der Beweis nicht mit den dort zulässigen Beweismitteln geführt werden könne. Tatsächlich habe sich allerdings die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages durch die „Folgen der Naturkatastrophe der COVID-19-Pandemie schwerwiegend“ geändert. Die Parteien seien davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie nicht einträten. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, Regelungen hierfür vereinbart hätten. Im hiesigen Urkundenprozess könne die Beklagte aber nicht eine Anpassung des Vertrages verlangen, da sie den Beweis für die von ihr vorgetragenen Umstände nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln antrete. Die Einwände können im Nachverfahren zu würdigen sein.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.“

  1. Einzelne Vorschriften der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12.BayIfSMV) v. 05.03.2021 (BayMBl Nr. 171, BayRS 2126-1-16-G) werden nicht außer Vollzug gesetzt

In einer Entscheidung v. 22.03.2021 hat es der Bayerische Verfassungsgerichtshof abgelehnt, einzelne Vorschriften der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12.BayIfSMV) v. 05.03.2021 (BayMBl Nr. 171, BayRS 2126-1-16-G) durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen (VerfGH Bayern, Beschl. v. 22.03.2021 – 23-VII-21).

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 22.03.2021 heißt es:

„1. Die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlassene Zwölfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung hält grundsätzlich die Schutzmaß-nahmen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Erkrankung aus der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung aufrecht. Im Anschluss an erste Öffnungsschritte durch die letzte Änderung dieser Verordnung vom 24. Februar hat sie weitere bereichsweise Öffnungsschritte zum Gegenstand, die weitgehendinzidenzabhängig ausgestaltet sind und Abstufungen an die Schwellenwerte einer regionalen 7-Tage-Inzidenz von 35, 50 und 100 anknüpfen. Anders als u. a. bei Kontaktbeschränkungen, im Einzelhandel, bei Schulen und Kindertageseinrichtungen und bestimmten Kulturstätten sind erste Lockerungen für die Gastronomie sowie für Theater, Konzert- und Opernhäuser und Kinos nur als Perspektive ab 22. März 2021 bei einer stabilen oder rückläufigen Entwicklung der Inzidenzzahlen vorgesehen. Die Antragstellerhaben Popularklage gegen einzelne Regelungen der Verordnung erhoben, die bestehende Beschränkungen und Untersagungen entweder voll oder bei Überschreiten des Schwellenwertseiner 7-Tage-Inzidenz von 100 aufrechterhalten. Sie halten die Vorschriften zum Distanzunterricht in Schulen und zur Schließung von Tagesbetreuungsangeboten, die Öffnungsverbote für bestimmte Handels- und Dienstleistungsbetriebe, die fortgesetzte Untersagung von Gastronomiebetrieben und Schließung bestimmter Kultureinrichtungen für grundrechtswidrig. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wollen sie die angegriffenen Bestimmungen vorläufig außer Vollzug gesetzt haben.

  1. Der Verfassungsgerichtshof hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
  2. a) Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen überschlägigen Prüfung ist nicht davon auszugehen, dass die Popularklage in der Hauptsache offensichtlich erfolgreich sein wird. Es lässt sich auch hinsichtlich der neuen Verordnung nicht feststellen, dass der Verordnungsgeber offensichtlich die bundesrechtlich eröffneten Spiel-räume überschritten oder sie unter Verletzung von Grundrechten oder sonstigen Vor-schriften der Bayerischen Verfassung ausgefüllt haben könnte. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Verordnungen in wesentlichen Punkten auf den in Videoschaltkonferenzen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zuvor einvernehmlich beschlossenen Leitlinien beruhen. Nach gegenwärtigem Stand ist nicht erkennbar, dass die angegriffenen Vorschriften aufgrund ihres Regelungsinhalts offensichtlich verfassungswidrig sein könnten. Die verfassungsrechtliche Prüfung der beanstandeten Regelungen muss im Blick behalten, dass die Zwölfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vor dem Hintergrund einer weiterhin besorgniserregenden Entwicklung des Infektionsgeschehens seit Oktober 2020 erlassen wurde. In Anbetracht dieser Entwicklung kann die prinzipielle Entscheidung des Verordnungsgebers, an den in der Vergangenheit getroffenen Maßnahmen festzuhalten und nur in Teilbereichen unter engen Voraussetzungen Lockerungen zu erproben, nicht beanstandet werden. Eine substanzielle Veränderung gegenüber der Gesamtsituation, die dem Erlass der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und den dazu ergangenen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zugrunde lag, lässt sich nicht feststellen. Soweit die Vorschriften von den zuvor geltenden Regelungen abweichen, können sie in Anbetracht der dem Verordnungsgeber bei der Ausgestaltung des Schutzkonzepts zu-kommenden Einschätzungsprärogative nicht als offensichtlich verfassungswidrig qualifiziert werden. Der neu eingeführte Schwellenwert einer 7-Tage-Inzidenz von 100, der u. a. für den Ausschluss von Präsenzunterricht an Schulen sowie für die Schließung von Tagesbetreuungseinrichtungen und von Ladengeschäften mit Kundenverkehr maßgeblich ist, stellt kein gegen das Willkürverbot verstoßendes Abgrenzungskriterium dar. Es erscheint nach dem Gesamtkonzept der Verordnung und dem vom Verordnungsgeber ersichtlich angestrebten Ziel auch nachvollziehbar, dass von der „Notbremse“ bei Überschreitung dieses Schwellenwerts die besonders kontaktintensiven Bereiche der Schulen und Tagesbetreuungseinrichtungen nicht ausgenommen worden sind. Ungeachtet der mittlerweile erheblichen Dauer und der sich fortlaufend erhöhenden wirtschaftlichen Belastungen stehen die inzidenzabhängige Schließung von Ladengeschäften und die inzidenzunabhängige von Gastronomiebetrieben angesichts des weiterhin hohen Infektionsrisikos nicht offensichtlich außer Verhältnis zum Gewicht und zur Dringlichkeit der rechtfertigenden Gründe. Dass der Verordnungsgeber von dem bei einer 7-Tage-Inzidenz über 100 grundsätzlich geltenden Öffnungsverbot für Handels- und Dienst-leistungsbetriebe eine Vielzahl bereichsspezifischer Ausnahmen zugelassen hat, kann jedenfalls nicht als offenkundiger Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz angesehen werden.

Die fortdauernde Schließung von Kultureinrichtungen wie Theatern, Opern- und Konzerthäusern sowie Kinos erweist sich bei überschlägiger Prüfung ebenfalls nicht als offen-sichtlich verfassungswidrig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Besuch kultureller Einrichtungen in besonderer Weise dem Austausch und der Kommunikation zwischen den Besuchern dient und es dabei regelmäßig auch zu Menschenansammlungen kommt, sodass ein gegenüber sonstigen sozialen Kontakten deutlich erhöhtes Ansteckungsrisikobesteht. Dass die betroffenen künstlerischen Betätigungen weitergehenden Einschränkungen unterliegen als dies für die Ausübung der Religionsfreiheit oder der Versammlungsfreiheit gilt, verstößt nicht in offensichtlicher Weise gegen den Gleichheitsgrundsatz.

  1. b) Bei der demnach gebotenen Folgenabwägung überwiegen entsprechend den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs zu den vorangegangenen Verordnungen und unter Berücksichtigung insbesondere der aktuellen dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens die gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe.“
  2. Gericht in Sachsen bestätigt Testpflicht auf das Corona-Virus für Kreistagssitzung

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden bestätigt die Testpflicht auf das Corona-Virus für eine Kreistagssitzung (VG Dresden, Beschl. v. 22.03.2021 – 6 L 213/21).

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 22.03.0201 heißt es:

„Mit Beschluss vom 22. März 2021 hat das Verwaltungsgericht Dresden die Anordnung des Landrats des Landkreises Sächsische Schweiz – Osterzgebirge bestätigt, wonach nur solchen Personen Zutritt zur heutigen Kreistagssitzung in der Turnhalle des Beruflichen Schulzentrums Pirna gewährt wird, die ein negatives Ergebnis eines Tests auf das Corona-Virus SARS CoV-2 vorlegen. Diese Nachweise dürften nicht älter als drei Tage sein. Der Landrat hatte die Anordnung auf § 5a Abs. 5 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung gestützt, die die entsprechende Betretensvorschrift für Schulgelände vorsieht. Es stünden kostenlose Antigen-Schnelltest vor Sitzungsbeginn um 17:00 Uhr zur Verfügung (Az. 6 L 213/21). 

Hiergegen haben eine Kreistagsfraktion und einige ihrer Mitglieder am 18. März 2021 um vorläufigen Rechtsschutz ersucht und im Wesentlichen vorgebracht, die genannte Regelung der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung beziehe sich auf Gebäude, in denen ein Schulbetrieb tatsächlich stattfinde, nicht jedoch auf Veranstaltungen des Landkreises in Schulgebäuden. Das Verlangen nach einem Schnelltest verletzte auch die Öffentlichkeit der Kreistagssitzung und sei nicht erforderlich und unverhältnismäßig.

Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der Landrat seine Anordnung auf § 5a Abs. 5 SächsCoronaSchVO stützen könne. Jedenfalls könne er aber als Inhaber des Haus- und Ordnungsrechts bei Sitzungen des Kreistags gemäß § 34 Abs. 1 der Sächsischen Landkreisordnung Anordnungen zu den äußeren Bedingungen und dem Ablauf von Kreistagssitzungen treffen. Die hier ergangene Anordnung sei voraussichtlich rechtmäßig ergangen. Sie sei erforderlich und nicht unverhältnismäßig, weil mit ihr kein relevanter Eingriff in Rechte der Fraktion oder der antragstellenden Kreisräte verbunden seien. Das Verwaltungsgericht hat sich der Argumentation des Landkreises angeschlossen, wonach mildere Mittel zur Durchführung der Kreistagssitzung, etwa in Form einer Videokonferenz, nicht praktikabel seien. Der Landkreis habe in einem Testlauf mit 20 Kreisbediensteten, die von zuhause aus gearbeitet hätten, versucht, mit dem vorhandenen Software-Lösungen eine Kreistagssitzung nachzustellen. Dies sei angesichts gehäufter Systemabstürze wegen unzureichender Breitbandausstattungen gescheitert; Gleiches sei bei einer Kreistagssitzung mit über 80 Teilnehmer zu erwarten.

Gegen den Beschluss kann binnen zwei Wochen Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht erhoben werden.“

  1. Eilanträge gegen die Corona-Verordnung in Baden-Württemberg zum Teil erfolgreich; Entscheidungen u.a. zu Öffnung des Einzelhandels, Ferienwohnungen und Novemberhilfen, Südafrika-Rückreisende, Gastronomie, Yoga-Studios, Private-Spa-Saunen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat über eine Vielzahl von Eilanträgen gegen infektionsschutzrechtliche Vorschriften in Baden-Württemberg entschieden.

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 24.03.2021 heißt es:

„1. Mit Beschluss von heute hat der 1. Senat des VGH auf den Eilantrag eines Möbelhauses aus dem Zollernalbkreis § 1c Abs. 2 Corona-Verordnung mit Wirkung vom 19. März 2021 vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Vorschrift sieht für den „normalen“ Einzelhandel, der nicht wie Supermärkte der Grundversorgung der Bevölkerung dient, unter anderem die Verpflichtung zur Vereinbarung von Terminen vor. Zudem begrenzt die Vorschrift die zulässige Kundenzahl auf einen Kunden pro 40 m² Verkaufsfläche, während für den der Grundversorgung dienenden Einzelhandel die zulässige Kundenzahl bei einem Kunden pro 10/20 m² Verkaufsfläche (§ 13 Abs. 2 Corona-Verordnung) liegt.

Zur Begründung hat der 1. Senat ausgeführt, diese von der Antragstellerin angegriffenen Beschränkungen seien ebenso wie das Stufenkonzept, das an die 7-Tage-Inzidenz von 35, 50 und 100 anknüpfe, voraussichtlich kein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit. Denn die Landesregierung dürfe Lockerungen schrittweise vornehmen, um deren Auswirkungen beobachten und bewerten zu können. Die Vorschrift des § 1c Abs. 2 Corona-Verordnung verstoße jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da er dem Buchhandel eine unbegrenzte Öffnung ohne die Beschränkungen, denen der sonstige Einzelhandel unterliege, erlaube. Hierfür fehle ein sachlicher Grund. Der Buchhandel diene nicht der Grundversorgung.

Die Außervollzugsetzung erfolgt nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst mit Wirkung vom 29. März 2021, da es der Landesregierung freisteht, ob sie den Gleichheitsverstoß entweder durch Aufhebung der für den sonstigen Einzelhandel bestehenden Beschränkungen oder durch deren Erstreckung auf den Buchhandel beseitigt (1 S 677/21).

  1. Der 1. Senat hat mit Beschluss von gestern den Eilantrag des Inhabers einer Schankwirtschaft gegen die fortdauernde Betriebsschließung abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es bestünden weiterhin erhebliche infektionsschutzrechtliche Gefahren, insbesondere da die Infektionszahlen deutlich anstiegen. Die Entscheidung der Landesregierung, im Rahmen von Lockerungen wegen der besonderen Bedeutung von Schulen und Kitas diese ab dem 22. Februar 2021 teilweise und ab dem 8. März 2021 den Einzelhandel unter Beschränkungen zu öffnen, sei nicht zu beanstanden. Die Landesregierung dürfe grundsätzlich Lockerungen schrittweise vornehmen, um deren Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen beobachten und bewerten zu können (1 S 732/21).

Aus diesen Gründen hat der Senat auch die Untersagung des Betriebs einer Private-Spa-Sauna (Beschluss vom 16.03.2021, 1 S 676/21), eines Yogastudios (Beschluss vom 12. März 2021, 1 S 680/21) und der Vermietung von Ferienwohnungen (Beschluss vom 22. März 2021, 1 S 649/21) als voraussichtlich rechtmäßig angesehen und Eilanträge abgelehnt.

Im genannten Verfahren des Betreibers einer Private-Spa-Sauna hat der 1. Senat auch den Antrag, den Betrieb unter den Auflagen zuzulassen, dass die Nutzung der Sauna nur Personen mit wirksamem Impfnachweis und/oder der Vorlage eines tagesaktuellen negativen Covid-19-Schnell- oder Selbsttests zugänglich gemacht wird, abgelehnt. Nach dem aktuellen Stand der virologischen Forschung sei noch nicht ausreichend untersucht, ob eine erfolgte und abgeschlossene Impfung gegen SARS-CoV-2 nicht nur vor einer schweren Erkrankung, sondern auch vor der Weitergabe des Virus schützt (1 S 676/21; vgl. hierzu auch die Pressemitteilung vom 18. März 2021 zum Gastronomiebetrieb in einer Senioreneinrichtung).

Im genannten Verfahren des Vermieters von Ferienwohnungen hat der 1. Senat ausgesprochen, dass das Verbot, Ferienwohnungen gegen Entgelt zu vermieten, auch angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller mangels Gewerbeschein weder Novemberhilfen noch Dezemberhilfen noch Überbrückungshilfe III beantragen und erhalten könne, verhältnismäßig sei. Zwar begründe die Ankündigung von Novemberhilfen durch die Bundesregierung grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand für die von den Betriebsuntersagungen Betroffenen, solche Zahlungen beantragen und nach Antragsprüfung in angemessener Zeit erhalten zu können. Dabei sei dieser Vertrauensschutz in seinem Umfang deswegen begrenzt, weil die Ende Oktober/Anfang November 2020 von der Bundesregierung zugesagten Novemberhilfen noch der näheren Ausgestaltung bedurft hätten und dies für den Bürger bei objektiver Betrachtung auch deutlich erkennbar gewesen sei. Daher sei der Bund voraussichtlich jedenfalls dazu befugt, nach der Zusage der sog. Novemberhilfen Ende Oktober/Anfang November 2020 die Durchführung der Zusagengewährung auszugestalten und dabei die Antragsberechtigung im Rahmen des Zugesagten zu präzisieren und Randbedingungen geringfügig anzupassen. Für die Gruppe der Vermieter von Ferienunterkünften, die ihre Unterkünfte vermieten, ohne insoweit eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO durchgeführt zu haben, da es sich bloß um die Verwaltung eigenen Vermögens handele, sei ein schützenswertes Vertrauen darauf, staatliche Hilfen beantragen und erhalten zu können, jedoch allenfalls in geringfügigem Umfang entstanden. Denn die Hilfen seien auf Fälle des gewerblichen und wirtschaftlichen Handelns gerichtet und dürften daher Einbußen bei der „bloßen“ Verwaltung von Vermögen unberücksichtigt lassen (1 S 649/21).

  1. Mit Beschluss vom 18. März 2021 (1 S 872/21) hat der 1. Senat § 1 Abs. 2 der Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne in der Fassung vom 24. Februar 2021 insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt, als er eine über einen Zeitraum von zehn Tagen nach Einreise hinausgehende Verpflichtung zur Quarantäne bestimmt. Die Vorschrift sieht für die Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet eine 14-tägige Quarantänepflicht vor. Hiergegen wandten sich aus Südafrika kommende Antragsteller erfolgreich mit einem Eilantrag.

Zur Begründung hat der 1. Senat ausgeführt, es fehlten derzeit nachvollziehbare wissenschaftliche Gründe dafür, bei der Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet – anders als bei der Einreise aus einem Risikogebiet, für die eine Absonderung für einen Zeitraum von zehn Tagen vorgeschrieben ist – die Pflicht einer Absonderung für einen Zeitraum von 14 Tagen zu bestimmen. Der Antragsgegner habe solche Erkenntnisse nicht benannt, auch für den Senat seien sie nach den Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts nicht erkennbar. Aufgrund der erhöhten Gefährlichkeit der Virusvarianten halte es der Senat jedoch nicht für ausgeschlossen, dass die Landesregierung andere, auch aus Sicht der betroffenen Bürger schärfere Regelungen als nach einer Einreise aus einem ´bloßen´ Risikogebiet erlasse, beispielweise auch durch eine längere Absonderungsdauer, falls Erkenntnisse zu einer längeren Inkubationszeit bei Virusvarianten vorgelegt würden, oder durch Vorsehen einer Testpflicht zum Ende der Quarantänezeit nach Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet.“

  1. Mitbestimmungspflicht bei Einführung von Hygienemaßnahmen?

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat entschieden (ArbG Berlin, Beschl. v. 30.07.2020 – 4 BVGa 9401/20, DB 2021, 572):

„Bei der Einteilung von Beschäftigten als „Greeter“, die unter anderem dafür zuständig sind, die Einhaltung der zulässigen Maximalzahl an Kunden in den Räumlichkeiten zu überwachen und durchzusetzen und die Kunden auf die Verpflichtung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Räumlichkeiten sowie die Verwendung des bereitgestellten Desinfektionsschutzmittels hinzuweisen, handelt es sich um keine dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegende Maßnahme.“

  1. Rückführung eines Kindes nach Frankreich trotz Coronavirus-Pandemie

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf begründet die Corona-Infektionslage in Frankreich begründet keine die Ablehnung der Rückführung des Kindes rechtfertigende schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ. | Art 12 Abs 1 KiEntfÜbk Haag, Art 13 Abs 1 Buchst b KiEntfÜbk Haag (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.12.2020 – 1 UF 172/20, NJW 2021, 1960).

  1. Rücktritt von einer Reise durch den Reiseveranstalter

Das Amtsgericht (AG) Stuttgart hat entschieden (AG Stuttgart, Urt. v. 23.10.2020 – 3 C 2852/20):

„Tritt der Reiseveranstalter gem. § 651h Abs. 4 Nr. 2 BGB berechtigt vom Vertrag zurück, entfällt sein Vergütungsanspruch unabhängig davon, ob sich der Reisende bei seinem zuvor erklärten Rücktritt berechtigterweise auf ein Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB berufen hatte.“

  1. Leiterin einer Seniorenpflegeeinrichtung darf nach Hygieneverstößen weiterhin nicht beschäftigt werden

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Leiterin einer Seniorenpflegeeinrichtung nach Hygieneverstößen weiterhin nicht beschäftigt werden darf (OVG Münster, Beschl. v. 24.03.2021 – 12 B 198/21).

In der Pressemitteilung der Gerichts v. 29.03.2021 heißt es:

„Die Leiterin einer Seniorenpflegeeinrichtung im Kreis Minden-Lübbecke darf weiterhin nicht beschäftigt werden, nachdem sie sich im Zusammenhang mit der Bekämpfung eines akuten Covid-19-Ausbruchs den Anordnungen des Gesundheitsamtes beharrlich widersetzt hat. Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit Eilbeschluss vom 24. März 2021 entschieden und die vorausgegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden geändert.

Bei einem Ausbruch von Covid-19 in der Seniorenresidenz kam es im Dezember 2020 zu 20 Infektionen bei Bewohnern und zehn Infektionen bei Mitarbeitern der Einrichtung. Sieben Bewohner verstarben. Das Gesundheitsamt des Kreises Minden-Lübbecke stellte bei mehrfachen Begehungen fest, dass die als Einrichtungsleiterin und Pflegefachkraft tätige Mitarbeiterin trotz anders lautender Anordnungen wiederholt nicht in Dienstkleidung angetroffen worden war. Zudem hatte diese, nachdem eine sofort vollziehbare Anordnung zur strikten Trennung der Wohnbereiche in solche für Covid-19-erkrankte und solche für nicht daran erkrankte Bewohner erlassen und die strikte Zuordnung des Pflegepersonals zu jeweils einem Bereich angeordnet war, mehrfach während ihrer Schicht zwischen den beiden Bereichen gewechselt. Der Kreis Minden-Lübbecke untersagte der Einrichtung daraufhin mit für sofort vollziehbar erklärter Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2021 die weitere Beschäftigung der betroffenen Mitarbeiterin. Dem dagegen gerichteten Eilantrag der Antragstellerin gab das Verwaltungsgericht Minden statt; die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 12. Senat ausgeführt: Das Beschäftigungsverbot für die Mitarbeiterin erweise sich voraussichtlich als rechtmäßig, weil diese ihre Vorbildfunktion als Leiterin der Einrichtung, der eine besondere Bedeutung zukomme, nicht wahrgenommen habe. Sie habe ihre eigenen Regeln über die Anordnungen des Gesundheitsamtes gesetzt. So sei sie bei wiederholten Kontrollen durch das Gesundheitsamt selbst noch nach Erlass des Beschäftigungsverbotes in privater Kleidung im Dienst angetroffen worden. Auch den mehrmaligen Wechsel zwischen den strikt getrennten Wohnbereichen während ihrer Schicht habe sie nicht bestritten, sondern für notwendig und nicht gefahrbringend gehalten. Angesichts der Möglichkeit eines erneuten Ausbruchs und der gegenwärtigen Verbreitung hochansteckender Mutationen des Virus falle auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der strikten Einhaltung des hygienischen Standards durch das Pflegepersonal aus.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Verschieben des Medizinerexamens und Vorziehen des Praktischen Jahres aus Anlass der Corona-Pandemie voraussichtlich rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat entschieden, dass das Verschieben des Medizinerexamens und das Vorziehen des Praktischen Jahres aus Anlass der Corona-Pandemie voraussichtlich rechtmäßig sei (VG Köln, Beschl. v. 24.03.2021 – 6 L 1593/20 u.a.).

In einer Pressemitteilung des Gericht v. 26.03.2021 heißt es:

„Die Verschiebung des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (sog. M2-Examen) und das Vorziehen des Praktischen Jahres durch die „Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ verstößt voraussichtlich nicht gegen die Grundrechte der betroffenen Medizinstudierenden. Das hat das Verwaltungsgericht Köln mit nunmehr den Beteiligten zugestellten Beschlüssen vom 24. März 2021 entschieden und damit die Eilanträge mehrerer Medizinstudierender abgelehnt.

Im April 2020 erließ das Bundesgesundheitsministerium die o.g. Verordnung, mit der das kurz bevorstehende M2-Examen um ein Jahr auf Mitte April 2021 verschoben und für die zur Prüfung zugelassenen Studierenden der sofortige Beginn des Praktischen Jahres – ohne die üblicherweise vorherige M2-Prüfung – angeordnet wurde. Da der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (sog. M3-Examen) zeitlich unverändert ab Mai 2021 stattfindet, war unter Medizinern wegen des geringen Abstandes von M2- und M3-Examen von einem „Hammerexamen“ die Rede. Die Verordnung überließ den Bundesländern die Möglichkeit, von der Verschiebung des M2-Examens und des Praktischen Jahres abzuweichen und es bei dem bisherigen Prüfungsdatum und der bisherigen Reihenfolge zu belassen. Der Großteil der Länder machte von dieser Abweichungsbefugnis Gebrauch; nur in Baden-Württemberg und Bayern wurden die Prüfungen tatsächlich abgesagt und die Medizinstudierenden ins vorzeitige Praktische Jahr geschickt.

Mit ihren Eilanträgen machten Studierende aus Baden-Württemberg und Bayern insbesondere geltend, durch die Verschiebung unmittelbar vor der Prüfung und den neuen Zeitplan enorm belastet zu werden. Nach Abschluss des vorzeitigen Praktischen Jahres stünde viel weniger Vorbereitungszeit als üblich für das M2-Examen zur Verfügung. Außerdem hätten Sie sich auf die Prüfung im Frühjahr 2020 eingestellt und zum Teil Ausbildungsstationen im Anschluss ausgesucht, die nun nicht zu Stande kämen. Sie befürchteten ein schlechteres Abschneiden bei der Prüfung im Frühjahr 2021 im Vergleich zu den Studierenden, die sich regulär auf diese Prüfung vorbereiten könnten. Als Ausgleich für diese Benachteiligungen solle der Verordnungsgeber verpflichtet werden, etwa das M2-Examen für die betroffenen Studierenden zu erlassen und ihnen stattdessen die Durchschnittsnote ihrer Leistungen im klinischen Studienabschnitt als Prüfungsergebnis anzuerkennen.

Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Das Bundesgesundheitsministerium sei zum Erlass der Verordnung ermächtigt gewesen und halte sich an die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Ende März 2020 kurz nach der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag sei davon ausgegangen worden, dass die Prüfungen des M2-Examens, bei denen zum Teil weit mehr als 100 Personen in einem Raum zusammenkämen, nicht durchgeführt werden könnten. Um dennoch sicherzustellen, dass die Medizinstudierenden während des Praktischen Jahres als dringend benötigte Unterstützung in der Gesundheitsversorgung zur Verfügung stehen und nach Möglichkeit keine Nachteile für den Fortschritt ihres Studiums erleiden, habe sich der Verordnungsgeber für die Verschiebung des M2-Examens und das Vorziehen des Praktischen Jahres entschieden. Die Auswirkungen für die Studierenden hielten sich in einem angemessenen Rahmen. Grundrechte der Studierenden seien nicht verletzt. So stehe immer noch ausreichend Vorbereitungszeit zur Verfügung, insbesondere weil zu berücksichtigen sei, dass die Betroffenen sich bereits intensiv auf die Prüfung im Frühjahr 2020 vorbereitet hätten und es nun um Konservierung und Auffrischung des Prüfungswissens gehe. Speziell abgestimmte Lernpläne und die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Fehltagen während des Praktischen Jahres böten hinreichende Bedingungen zur Prüfungsvorbereitung. Zu Gunsten der Prüflinge sei der Examensstoff zudem um Themen angereichert worden, die Gegenstand der ärztlichen Tätigkeit bei der Bekämpfung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite seien. Auch der Inhalt des M3-Examens sei in gebotener Weise angepasst worden. Etwaige pandemiebedingte Nachteile in der Ausbildung zum Beispiel durch reduzierten Lehrbetrieb in den Kliniken seien keine unmittelbaren Folgen der angegriffenen Verordnung. Der Grundsatz der Chancengleichheit sei ebenfalls nicht verletzt, da allen Prüfungsteilnehmern ausreichend Vorbereitungszeit zur Verfügung stünde. Die Sorge vor einem schlechteren Abschneiden sei zum jetzigen Zeitpunkt bloße Spekulation. Eine verlässliche Bewertung sei erst nach der Auswertung der Prüfungsergebnisse möglich. Im Übrigen könnten sich dann zeigende Benachteiligungen in einem Verfahren gegen das jeweilige Prüfungsergebnis geltend gemacht werden. Mangels Rechtsverletzung komme daher ein Nachteilsausgleich etwa in der von den Studierenden gewünschten Form nicht in Betracht.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde erhoben werden, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.“

  1. Wesentliche Regelungen der Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung in Sachsen-Anhalt verfassungswidrig

Das Verfassungsgericht Dessau-Rosslau hatte in zwei Normenkontrollverfahren über die Verfassungsmäßigkeit von Bestimmungen der Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (mit dem Geltungszeitraum 30.10. bis 15.12.2020) und der Neunten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (mit dem Geltungszeitraum 16.12.2020 bis 07.03.2021) zu entscheiden (Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Entscheidungen v. 26.03.2021 – LVG 25/20, LVG 4/21).

In der Pressemitteilung v. 26.03.2021 heißt es:

„22 Landtagsabgeordnete (Mitglieder der AfD-Fraktion und der fraktionslose Landtagsabgeordnete Poggenburg) hatten beantragt, wesentliche Regelungen beider Verordnungen zu Kontaktbeschränkungen, zum Beherbergungsverbot für touristische Zwecke, zur Schließung von Gaststätten, zum Verbot des Ausschanks und des Konsums von Alkohol in der Öffentlichkeit sowie zur Berechtigung und Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort für nichtig zu erklären.

Zur Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung hat das Landesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen über die damals geltende gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz hinausgingen und daher nicht mit der Landesverfassung vereinbar waren. Dies betraf im Wesentlichen das Beherbergungsverbot, die Schließung der Gaststätten und die Untersagung von Reisebusreisen. Die Beschränkungen zum Aufenthalt im öffentlichen Raum, insbesondere von Trauungen und Trauerfeiern hingegen seien zwar durch das Infektionsschutzgesetz ausreichend legitimiert gewesen. Sie ließen jedoch die ihnen unterworfenen Bürger nicht hinreichend klar erkennen, was unter welchen Voraussetzungen geboten oder verboten war. Wegen Verstoßes gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Normenklarheit hat das Landesverfassungsgericht deshalb auch diese Regelungen für verfassungswidrig und daher nichtig erklärt. Die bereits unter der Geltung der erweiterten gesetzlichen Grundlage im Infektionsschutzgesetz erlassene Dritte Verordnung zur Änderung der Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung habe nur die Regelung zu privaten Zusammenkünften durch Neufassung auf die neue Grundlage gestellt. Diese hat das Landesverfassungsgericht in einer verfassungskonformen Auslegung für verfassungsgemäß erklärt.

Als nahezu vollständig verfassungsgemäß hat das Verfassungsgericht die Neunte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung bewertet. Hiervon hat es lediglich das Verbot des Alkoholausschanks und -konsums in der Öffentlichkeit ausgenommen, das keine hinreichende gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz gehabt habe. Zu den weiteren Regelungen hat es die verfassungsrechtlichen Grenzen klargestellt. So hat es das Verbot von Busreisen auf touristische Reisebusreisen beschränkt, so dass dieses Verbot nicht auf Busreisen anwendbar war, die sich nicht wesentlich vom Personenfernverkehr auf der Schiene unterscheiden.“

  1. Eilantrag gegen Corona-Beschränkungen im Handel in Brandenburg bleibt erfolglos

Der Eilantrag gegen Corona-Beschränkungen im Handel in Brandenburg bleibt vor dem Landesverfassungsgericht Brandenburg (VfGBbg) erfolglos (VfGBbg, Beschl. v. 26.03.2021 – 5/21 EA).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 26.03.2021 heißt es:

„Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat heute einen Eilantrag auf Aussetzung des § 8 der Siebten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (7. SARS CoV 2 EindV) abgelehnt.

Antragsteller im zu Grunde liegenden Normenkontrollverfahren sind 23 Mitglieder des Landtages Brandenburg. Sie rügen die Verfassungswidrigkeit der Regelung, die unter anderem Zutrittsbeschränkungen und Hygienemaßnahmen für Verkaufsstellen des Einzel- und Großhandels und Einrichtungen mit Publikumsverkehr enthält.

Das Verfassungsgericht hat die damit verbundenen Eingriffe in die Grundrechte – insbesondere die Berufsfreiheit von Gewerbetreibenden – als erheblich angesehen. Die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift müsse jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Rahmen der im Eilverfahren vorzunehmenden Folgenabwägung überwiege angesichts der immer noch gleichbleibend hohen bzw. wieder ansteigenden Infektionszahlen jedoch das Interesse am Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung.

Der Beschluss wird in Kürze auf dieser Homepage zu dem Aktenzeichen VfGBbg 5/21 EA veröffentlicht.“

  1. Corona-Zuschuss für Hartz IV-Empfänger verfassungswidrig?

Der von der Bun­des­re­gie­rung ge­plan­te Co­ro­na-Zu­schuss von 150,00 Euro für sog. Hartz IV-Emp­fän­ger ist nach Meinung des So­zi­al­ge­richts (SG) Karls­ru­he zu ge­ring und ver­fas­sungs­wid­rig (SG Karlsruhe, Beschl. v. 24.03.2021 – S 12 AS 711/21 ER). Nötig sei – so das SG – eine Erhöhung des Regelsatzes um etwa 100,00 Euro für jeden Pandemiemonat.

  1. Zulässige Wohnungsdurchsuchung wegen Verstoß gegen geltende Kontaktbeschränkungen

Das Amtsgericht (AG) Bonn hat entschieden, dass die Po­li­zei eine Woh­nung durch­su­chen durfte, in der 27 Per­so­nen un­ter­schied­li­cher Haus­hal­te unter Ver­stoß gegen die gel­ten­den Kon­takt­be­schrän­kun­gen ein Fest fei­er­ten (AG Bonn, Beschl. v. 28.03.2021 – 951 XIV(L) 95/21).

  1. Kein Anspruch von Gymnasiallehrern auf gleichberechtigte Impfung

Das Verwaltungsgericht (VG) des Saarlandes hat entschieden, dass ein Gymnasiallehrern gegenüber einem Grundschullehrer keinen Anspruch auf gleichberechtigte Impfung besitzt (VG Saarlouis, Beschl. v. 29.03.2021 – 6 L 295/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 29.03.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom heutigen Tage (Az. 6 L 295/21) hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes den Antrag eines Gymnasiallehrers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen, mit dem dieser eine Impfung gegen das Coronavirus mit der für Grundschullehrer geltenden Priorität begehrt hat.

Nach der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV zählen Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege, in Grundschulen sowie Sonder- und Förderschulen tätig sind, zu der Gruppe der Personen, die mit hoher Priorität eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus beanspruchen können. Demgegenüber unterfällt der Antragsteller der von § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV erfassten Personengruppe, der der Verordnungsgeber einen Anspruch auf Schutzimpfung nur mit erhöhter Priorität zuerkannt hat. Der Antragsteller sieht in der unterschiedlichen Priorisierung von Gymnasiallehrern und Grundschullehrer eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Er beruft sich darauf, dass ihn als Gymnasiallehrer ein höheres Infektionsrisiko treffe als die priorisierten Lehrer an Grundschulen.

Das Gericht ist zu der Einschätzung gelangt, dass selbst bei Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Coronavirus-Impfverordnung dem Antragsteller kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf gleiche Priorisierung wie Grundschullehrern zukomme. Zwar sei davon auszugehen, dass entsprechend der Einschätzung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut –STIKO- bei Einhaltung der im Musterhygieneplan für alle Schulformen gleichermaßen vorgesehenen Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Infektionsrisikos von Grundschullehrern und Lehrern an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen keine relevanten Unterschiede bestünden. Es sei indes zulässig, die Priorisierung nicht allein an Gesundheits- bzw. Infektionsgefahren auszurichten. Die höhere Priorisierung von Grundschullehrern sei von sachlichen Gründen getragen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei nachvollziehbar, dass Grundschulkinder im Vergleich zu Schülern einer weiterführenden Schule zuweilen mehr Zuwendung und Nähe benötigten. Dementsprechend gebe es auch in Grundschulen Schwierigkeiten, die Abstandsregeln umzusetzen. Zudem habe dem Erziehungs- und Bildungsbereich für kleinere Kinder eine besondere, erhöhte Wichtigkeit beigemessen werden dürfen. In der Vorschulerziehung und im Grundschulbereich würden die Grundlagen für alle im späteren Schulleben erforderlichen Kompetenzen gelegt. Unterbrechungen dieser frühen Erziehungsleistungen könnten weitreichende Folgen für die darauf aufbauende spätere Ausbildung und auf die Chancengleichheit aller Kinder haben. Ein Ausfall des strukturierten Lernens im Präsenzunterricht könne bei Grundschülern noch schwieriger durch Fernangebote aufgefangen werden als bei größeren Schüler. Kinder im Grundschulalter bedürften zudem tagsüber in größerem Umfang einer Betreuung als größere Kinder, so dass sich eine Schließung der Grundschulen insbesondere auch auf den Berufsalltag der betroffenen Eltern besonders stark auswirken könne. Die Grundschullehrer ebenso zu priorisieren wie in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege sowie in Sonder- und Förderschulen tätige Personen sei von der Einschätzungsprärogative und dem Gestaltungsspielraum des Antragsgegners gedeckt.

Durch ein Zuwarten bis zu seinem nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV regulär vorgesehenen Termin entstünden dem Antragsteller auch keine schweren und unzumutbaren Nachteile. Insbesondere sei er keinem hohen Ansteckungsrisiko unterworfen, da die STIKO generell für die Berufsgruppen der Erzieher und Lehrer bei Einhaltung der basalen Hygienemaßnahmen nur ein geringes Ansteckungsrisiko sehe. Insgesamt stelle sich das Ansteckungsrisiko des Antragstellers nicht gravierender dar als das vieler anderer Personen, die ebenso wie Lehrer nicht in der Lage seien, am Arbeitsplatz den Kontakt mit oft auch vielen anderen Menschen zu vermeiden. Demgegenüber würde die vorgezogene Impfung des Antragstellers bzw. sämtlicher Lehrer an weiterführenden Schulen die Impfung anderer Personen mit gegebenenfalls höheren individuellen Gesundheitsrisiken ungerechtfertigterweise zurücktreten lassen.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu.“

  1. Der Arbeitgeber trägt auch in der Pandemie das Betriebsrisiko

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat entschieden, dass der Arbeitgeber auch in der Pandemie das Betriebsrisiko trägt (LAG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.3021 – 8 Sa 674/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 30.03.2021 heißt es:

„Die Klägerin war seit dem 01.04.2016 bis zum 30.04.2020 bei der Beklagten, die eine Spielhalle betreibt, als Spielstättenmitarbeiterin zu einem Stundenlohn von 9,35 Euro brutto beschäftigt. Pandemiebedingt war die Beklagte zunächst auf Grund behördlicher Allgemeinverfügung gezwungen, ihren Betrieb ab dem 16.03.2020 zu schließen. Kurze Zeit später untersagte § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Coronaschutzverordnung NRW(CoronaSchVO)vom 22.03.2020 den Betrieb von Spielhallen. Bei Aufrechterhaltung des Betriebs hätte die Klägerin nach Maßgabe des Dienstplans im Monat April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund ihres Eintritts in den Ruhestand am 01.05.2020 endete, bezog sie kein Kurzarbeitergeld. Die Beklagte hatte für den Zeitraum März und April 2020 staatliche Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 15.000 Euro erhalten. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage u.a. Annahmeverzugslohn für 62 ausgefallene Arbeitsstunden im Monat April 2020. Sie hat gemeint, dass die Arbeitgeberin auch in der Pandemie das Betriebsrisiko trage. Die Beklagte hingegen vertritt die Auffassung, dass der Lohnausfall zum allgemeinen Lebensrisiko der Klägerin gehöre, weil ihr auf Grund der behördlich angeordneten bzw. Veranlassten Betriebsschließung die Annahme der Arbeitskraft der Klägerin nicht möglich war. Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat der Klägerin ebenso wie das Arbeitsgericht Wuppertal die Vergütung für die ausgefallenen 62 Arbeitsstunden in Höhe von insgesamt 666,19 Euro brutto – bestehend aus Grundvergütung, Nacht- und Sonntagszuschlägen für die geplanten Schichten – zugesprochen. Dies folgt aus § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 3 BGB, weil die Beklagte sich im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung befand. Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 Satz 3 BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Dies sind Ursachen, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebsverhindern. Nach der bisherigen Rechtsprechung erfasst dies auch Fälle höherer Gewalt, wie z.B. Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Um ein solches Ereignis handelt es sich bei der aktuellen Pandemie. Dass die durch die CoronaSchVO bedingte staatliche Schließung dieses Risiko zu Lasten der Spielhalle verwirklichte, ändert daran nichts. Auch eine durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung rechnet zum Betriebsrisiko i.S.v. § 615 Satz 3 BGB. Es ist mangels klarer Abgrenzbarkeit nicht darauf abzustellen, ob diese Schließung eine gesamte Branche, die zunächst als solche abzugrenzen wäre, oder nur einzelne Betriebe dieser Branche, ggfs. bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder aber örtlich begrenzt erfasst. Deshalb kann nicht auf die Reichweite des behördlichen Verbots abgestellt werden. Ein Fall, in dem die Klägerin ihre Arbeitskraft überhaupt nicht mehr verwerten konnte, was ggfs. zu deren allgemeinen Lebensrisiko gehört, war nicht gegeben.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.“

  1. Arbeitnehmer hat Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitgeber eine Quarantäne anordnet

Das Arbeitsgericht (ArbG) Dortmund hat entschieden, dass einem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Vergütung zusteht, wenn der Arbeitgeber aus eigenem Antrieb heraus eine Quarantäne anordnet, ohne das dies von den Gesundheitsbehörden verlangt worden wäre (ArbG Dortmund, Urt. v. 24.11.2020 – 5 Ca 2057/20).

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Gutschrift der dem Positivsaldo des Arbeitszeitskontos abgezogenen 62 Stunden und 45 Minuten für die von der Beklagten angeordnete Quarantäne im Zeitraum zwischen dem 16.03.2020 und dem 30.03.2020 in der zwischen den Parteien unstreitigen Höhe von 62 Stunden und 45 Minuten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag i. V. m. den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre i. V. m. § 615 S. 1 u. 3 BGB.

1.

Nach § 615 S. 3 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung nämlich auch dann verlangen, wenn die Arbeit ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb beispielsweise aus Gründen, die in seinem betrieblichen oder wirtschaftlichen Verantwortungsbereich liegen, einschränkt oder stilllegt (vgl. BAG, Urteil v. 09.07.2008, 5 AZR 810/07 in NZA 2008, 1407).

Dies bedeutet, dass im Fall einer Quarantäneanordnung der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der gesetzlichen Risikoverteilung nur dann nach §§ 275, 326 Abs. 1 BGB von der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung frei wird, wenn die zuständige Gesundheitsbehörde beispielsweise eine Betriebsschließung oder eine Quarantäne einzelner Arbeitnehmer anordnet. Ob und in welchen Fällen dann dem Arbeitnehmer § 616 S. 1 BGB oder § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) weiterhelfen und er gleichwohl, abweichend von der grundsätzlichen gesetzlichen Risikoverteilung, den Anspruch auf Vergütungszahlung gegenüber dem Arbeitgeber behält, der dann quasi als Auszahlungsstelle für die anordnende Behörde agiert und sich die von ihm verauslagten Beträge von der zuständigen Behörde erstatten lassen kann, bedarf im vorliegenden Fall nicht der Erörterung.

2.

Eine behördliche Anordnung der Quarantäne gegenüber dem Kläger durch das zuständige Gesundheitsamt war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es bedarf im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht der Erörterung, ob die Weisung gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau, sich zwei Wochen nach ihrer Rückkehr aus Tirol in häusliche Quarantäne zu begeben und den Betrieb nicht aufzusuchen, ermessensfehlerfrei war. Hierfür spricht nach der Gesamtlage zum damaligen Zeitpunkt auch nach Auffassung der erkennenden Kammer einiges. Die von der Beklagten vorgelegten Mitteilungen und Einstufungen bestimmter Gebiete als Risikogebiet durch das RKI, auf die die Beklagte hinweist, sprechen dafür, dass eine entsprechende Anordnung zumindest nicht erkennbar ermessensfehlerhaft ist.

Damit ist hingegen nicht gesagt, dass der Kläger bei einer solchen Anordnung durch den Arbeitgeber das Vergütungsrisiko trägt und die Beklagte damit berechtigt war, die entsprechenden in Quarantäne verbrachten Stunden, an denen der Kläger nicht arbeiten konnte, als Abzugsposten vom Positivsaldo des Arbeitszeitskontos des Klägers abzuziehen.

Beschließt nämlich ein Arbeitgeber aus eigenem Antrieb, seinen Betrieb zu schließen oder einen oder mehrere Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in „Quarantäne“ zu schicken, trägt er nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre das Vergütungsrisiko. Dies gilt nach den dem Rechtsgedanken des § 615 S. 3 BGB entnommenen Grundsätzen selbst dann, wenn die Störung – wie im Fall des Coronavirus SARS-CoV-2 – nicht aus einer vom Arbeitgeber beeinflussbaren Gefahrensphäre stammt (vgl. BAG, Urteil v. 09.08.2008, 5 AZR 810/07).

Eine andere Risikoverteilung ist nur dann denkbar, wenn der Arbeitgeber mit der Anordnung der Quarantäne oder Betriebsschließung nichts zu tun hat und diese durch die zuständige Gesundheitsbehörde vorgenommen wird (für diese Fälle zum Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers: Eufinger in DB 2020, 1121 – 1224).

3.

Anderes kann nur dann gelten, wenn der Arbeitnehmer, worauf die Beklagte wohl abstellen will, quasi sehenden Auges entgegen einer Einstufung des RKI ein Risikogebiet aufsucht, um dort Urlaub zu machen. Nach der Gefahrenspährentheorie wäre in solchen Fällen zumindest ein Überwiegen der Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers anzunehmen, das möglicherweise dazu führt, dass er das Vergütungsrisiko für den Arbeitsausfall zu tragen hätte. Eine solche Konstellation lag hingegen im vorliegenden Fall nicht vor, da am 11.03.2020, dem Reisebeginn nach Tirol, zwar Diskussionen über Aufenthalte und Reisen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland schon geführt worden sind, das RKI hingegen gerade Tirol zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Risikogebiet eingestuft hatte. Darüber hinaus wäre in diesen Fällen auch die Form des Aufenthalts, worauf der Kläger zurecht hinweist, zu berücksichtigen. Eine Ferienwohnung mit Selbstversorgung bietet in solchen Fällen deutlich weniger Infektionsrisiko, als beispielsweise der Aufenthalt in einem stark frequentierten Hotel oder einem Gasthof.“

  1. Vorerst kein Biontech-Impfstoff in Apotheken

Das Landgericht (LG) Mainz hat entschieden, dass eine Apothekerin vorerst keinen Anspruch darauf hat, mit Biontech-Impfstoff beliefert zu werden (LG Mainz, Entscheidung zum Az. 11 HK O 6/21).

  1. Distanzunabhängige Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark voraussichtlich rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg hat entschieden, dass die distanzunabhängige Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark voraussichtlich rechtmäßig sei (OVG Hamburg, Beschl. v. 01.04.2021 – 5 Bs 54/21).

In einer Pressemitteilung des Gerichts v. 01.04.2021 heißt es:

„Auf die Beschwerde der Freien und Hansestadt Hamburg hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom heutigen Tag eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert und den Eilantrag eines Antragstellers abgelehnt, der sich gegen die distanzunabhängige Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark gewandt hatte (Az. 5 Bs 54/21).

Oberverwaltungsgericht Hamburg: Distanzunabhängige Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark voraussichtlich rechtmäßig

Aufgrund von §§ 10b Abs. 1, 8 der Coronavirus-Eindämmungsverordnung, derzeit in der Fassung vom 26. März 2021, gilt in der Freien und Hansestadt Hamburg auf bestimmten öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen zu bestimmten Zeiten die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes. Für die Bereiche von Alster, Elbe und Jenischpark ist eine Maskenpflicht sonnabends, sonntags und an Feiertagen in der Zeit zwischen 10 Uhr und 18 Uhr angeordnet (vgl. § 10b Abs. 1 Nr. 30-33, 35-37, 48-51 der Verordnung). Im Übrigen gilt nach § 10b Abs. 1a Coronavirus-Eindämmungsverordnung auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen eine Maskenpflicht, soweit die anwesenden Personen einen Mindestabstand von 1,5m nicht einhalten.

Der gegen die distanzunabhängige Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark gerichtete Eilantrag des Antragstellers, der in Elbnähe wohnt und vorgetragen hat, arbeitsbedingt nur am Wochenende und an Feiertagen Zeit zum Joggen zu finden, war vor dem Verwaltungsgericht in erster Instanz erfolgreich (Az. 9 E 920/21, vgl. dazu Pressemitteilung vom 12. März 2021). Auf die von der Freien und Hansestadt Hamburg hiergegen erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg die erstinstanzliche Entscheidung geändert und den Eilantrag abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts dürfte die distanzunabhängige Maskenpflicht nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung verhältnismäßig sein. Insbesondere angesichts der unzureichenden Tatsachenlage zur Verbreitung der Mutanten komme dem Verordnungsgeber insoweit ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Gemessen daran dürfe der Verordnungsgeber die Maßnahme für erforderlich halten, um das durch das Infektionsschutzgesetz vorgegebene Ziel, Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu schützen, zu erreichen. Es sei davon auszugehen, dass eine Ansteckung mit dem Coronavirus auch im Freien möglich sei. Daher komme die Anordnung einer Maskenpflicht im Freien dann in Betracht, wenn der Verordnungsgeber annehmen dürfe, dass die an sich nach der Verordnung vorgesehenen Mindestabstände aufgrund eines hohen Personenaufkommens nicht eingehalten werden könnten. Diese Annahme treffe für die öffentlichen Wege an Alster, Elbe und im Jenischpark zu. An diesen Orten sei insbesondere an Wochenenden und Feiertagen mit einem hohen Besucheraufkommen zu rechnen und es träten typischerweise Situationen auf, in denen beim Spaziergehen oder Laufen der erforderliche Mindestabstand unterschritten werde, etwa bei Begegnungen oder Überholmanövern. Auch sei die Belastung des Antragstellers aufgrund der distanzunabhängigen Maskenpflicht an Alster, Elbe und im Jenischpark im Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen dieser Regelung nicht unangemessen. Es sei zwar möglich, dass die Maßnahme nur einen geringen Einfluss auf das Infektionsgeschehen habe. Die Auswirkungen der distanzunabhängigen Maskenpflicht für den Antragsteller seien aber ebenfalls als gering einzustufen. Da die Regelung nur die Zeiten an Wochenenden und Feiertagen zwischen 10 und 18 Uhr betreffe, könne der Antragsteller die öffentlichen Wege an Alster, Elbe und im Jenischpark außerhalb dieser Zeiten zum Joggen nutzen. Innerhalb der fraglichen Zeiten könne er auf andere Laufstrecken ausweichen. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine zeitlich befristete Maßnahme handele.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.“

  1. Schuhgeschäfte in Bayern dürfen öffnen

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat entschieden, dass Schuhgeschäfte in Bayern öffnen dürfen (VGH München, Beschl. v. 31.03.2021 – 20 NE 21.540).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 01.04.2021 heißt es:

„Schuhgeschäfte gehören zu den für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäften Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom 31. März 2021 entschieden, dass Schuhgeschäfte zu den für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäften im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV gehören und damit auch in Gebieten mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 100 öffnen dürfen. Zur Begründung verwies der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat darauf, dass Schuhgeschäfte für die Versorgung der Bevölkerung eine vergleichbar gewichtige Bedeutung hätten, wie z.B. Buchhandlungen, Geschäfte für Babybedarf, Bau- und Gartenmärkte, Blumenläden oder Versicherungsbüros, die nach der geltenden Regelung ausdrücklich geöffnet sein dürfen. Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Trainingsangebot von Fitnessstudios im Freien bleibt in Hamburg untersagt

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Hamburg bleibt das Trainingsangebot von Fitnessstudios im Freien in Hamburg untersagt (OVG Hamburg, Beschl. v. 26.03.2021 – 5 Bs 57/21 und 5 Bs 60/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 26.03.2021 heißt es:

„Auf die Beschwerden der Freien und Hansestadt Hamburg hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg mit Beschlüssen vom heutigen Tag zwei vorangegangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert und die Eilanträge zweier Betreiberinnen von Fitnessstudios abgelehnt, mit denen diese den Betrieb von im Freien stehenden Zelten zur Sportausübung bzw. eines „Outdoor-Trainingsgeländes“ begehrt hatten (…).

Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 28 der Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der bis zum 28. März 2021 gültigen Fassung dürfen Fitness‑, Sport- und Yogastudios sowie vergleichbare Einrichtungen sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. 

Die Antragstellerin eines der Verfahren hat nach Schließung der Räume des von ihr in Hamburg betriebenen Fitnessstudios Zelte auf der Fläche vor ihrem Fitnessstudio sowie auf dessen Dachterrasse aufgestellt, in denen sie unterschiedliche Fitnessgeräte oder anderes Trainingsequipment bereitgestellt hat. Die Antragstellerin des anderen Verfahrens hat u.a. auf dem Parkplatz eines ihrer Studios ein „Outdoor-Trainingsgelände“ errichtet, auf dem ihre Kunden an Fitnessgeräten, mit Hanteln oder Gewichten trainieren können. Beide Antragstellerinnen haben jeweils Hygienekonzepte ausgearbeitet, die u.a. eine Maskenpflicht vorsehen und die Nutzung der Trainingsgeräte bzw. -flächen auf eine bestimmte Anzahl von Kunden beschränken. Die gegen die Untersagung des Trainings im Freien erhobenen Eilanträge waren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg erfolgreich (Az. 14 E 955/21, 14 E 965/21). Das Verwaltungsgericht hatte zur Begründung u.a. ausgeführt, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit bei gleichzeitiger Erlaubnis des Sportbetriebs auf öffentlichen oder privaten Sportanlagen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Coronavirus-Eindämmungsverordnung nicht gerechtfertigt sei.

Auf die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden der Freien und Hansestadt hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg die erstinstanzlichen Entscheidungen geändert und die Eilanträge abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das spezielle Sportangebot der Antragstellerinnen unterfalle dem Verbotstatbestand des § 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 28 Coronavirus-Eindämmungsverordnung. Das Verbot sei voraussichtlich verhältnismäßig. Insbesondere sei die Untersagung der Trainingsmöglichkeit in Zelten im Freien bzw. die Schließung des „Outdoor-Trainingsgeländes“ wegen des weiterbestehenden Infektionsrisikos angesichts der aktuellen Entwicklung der Pandemie auch dann noch angemessen, wenn dieses Risiko gering sein sollte. Zum einen komme den Gemeinwohlbelangen, die den Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin rechtfertigten, gegenwärtig ein besonders hohes Gewicht zu. Die Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung, deren Abwehr die Infektionsschutzmaßnahmen wie das streitgegenständliche Verbot dienten, seien kein fernliegendes Risiko, sondern konkret und alltäglich. Zum anderen habe die Antragsgegnerin mit der Hamburgischen Coronavirus-Eindämmungsverordnung ein Gesamtkonzept zur Bewältigung der Coronakrise entwickelt, das sich auf zahlreiche Wirtschafts- und Lebensbereiche belastend auswirke. Zwar erscheine es im Rahmen des Gesamtkonzepts der Coronavirus-Eindämmungsverordnung durchaus zweifelhaft, dass das von den Antragstellerinnen angebotene Training als Teil eines Fitnessstudios auch bei Einhaltung strenger Hygienevorgaben nicht stattfinden dürfe, während Dienstleistungen mit Körperkontakt (wie Kosmetikstudios, Massagesalons, Tattoo-Studios) erlaubt seien. Das Oberverwaltungsgericht könne aber nicht feststellen, dass der Verordnungsgeber mit der aktuellen Regelung den ihm eingeräumten Einschätzungsspielraum überschritten habe. Denn der Verordnungsgeber habe sich bewusst für ein Stufenmodell der Öffnung entschieden, um im Rahmen eines Modellversuchs zu untersuchen, ob strenge Hygieneauflagen verbunden mit einem System der Testungen von Personal und Kundinnen und Kunden als Maßnahmen des Infektionsschutzes geeignet seien und bei der Öffnung in anderen Bereichen eingesetzt werden könnten. Dieser bewussten Entscheidung des Verordnungsgebers, einen abgegrenzten Bereich als Experimentierfeld für zukünftige Öffnungsstrategien auszuwählen, komme angesichts der weiterhin bestehenden Ungewissheiten über die Wirksamkeit der Infektionsschutzmaßnahmen im Hinblick auf die sich ausbreitenden Virusvarianten besondere Bedeutung zu, um Öffnungsperspektiven im Rahmen eines effektiven Infektionsschutzes entwickeln zu können und gleichzeitig Gefährdungen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zu beschränken. Der Verordnungsgeber müsse dabei aber seinen Beobachtungs- und Evaluationsverpflichtungen, die im Hinblick auf den Experimentiercharakter des Regelungskonzepts gesteigert sein dürften, weiterhin nachkommen.

Es verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass der Verordnungsgeber entschieden habe, Fitnessstudios auch im Freien für den Publikumsverkehr zu schließen, während nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Coronavirus-Eindämmungsverordnung Sport im Freien insbesondere auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des gemeinsamen Haushalts ausgeübt werden dürfe. Denn der Betrieb eines Fitnessstudios im Freien sei – wie das Angebot der Antragstellerinnen exemplarisch zeige – nicht mit der Ausübung von Individualsport auf Sportanlagen im Freien vergleichbar.

Diese Entscheidungen sind unanfechtbar.“

  1. Teilnehmer an Klausurprüfungen im zweiten juristischen Staatsexamen in NRW müssen medizinische Maske tragen

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Teilnehmer an Klausurprüfungen im zweiten juristischen Staatsexamen in NRW medizinische Maske tragen müssen (VG Düsseldorf, Beschl. v. 31.03.2021 – 7 L 677/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 31.03.2021 heißt es:

„Rechtsreferendare sind verpflichtet, während der Aufsichtsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung vom 1. bis 16. April 2021 im Oberlandesgericht Köln durchgängig eine medizinische Maske zu tragen. Das hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden und damit dem Eilantrag eines Prüfungsteilnehmers stattgegeben. Dieser hatte sich dagegen gewandt, dass während der Prüfung am Sitzplatz keine Maskenpflicht bestehen sollte.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die grundsätzliche Verpflichtung der Prüfungsteilnehmer zum Tragen einer medizinischen Maske ergebe ich aus den in der Coronaschutzverordnung (CoronaSchutzVO) getroffenen Regelungen zur Durchführung von Präsenzprüfungen. Präsenzprüfungen dürften nach § 6 Abs. 1 CoronaSchVO nur in absoluten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der Maßgaben der §§ 2 bis 4a CoronaSchutzVO stattfinden. § 3 Abs. 2 Nr. 1b CoronaSchutzVO statuiere die grundsätzliche Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske, von der nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Nr. 2a CoronaSchVO befreit werden könne. Ob die jeweilige Prüfungssituation eine solche Befreiung zulasse, bedürfe der Entscheidung durch die für den Infektionsschutz zuständige örtliche Ordnungsbehörde, an der es bislang fehle.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden.“

  1. Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen in Hamburg bleibt erfolglos

Ein Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen in Hamburg bleibt vor dem Verwaltungsgericht (VG) Hamburg erfolglos (VG Hamburg, Beschl. v. 02.04.2021 – 14 E 1579/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 06.04.2021 heißt es:

„Nach § 3a Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der Fassung vom 1. April 2021 ist der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft und dem jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztum von 21 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags untersagt. Ausgenommen von dieser Reglung sind Aufenthalte, die den im Einzelnen aufgeführten oder ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken dienen, sowie der Aufenthalt zur körperlichen Bewegung oder zum Ausführen von Tieren.

Der hiergegen gerichtete Eilantrag der Antragsteller, eine Familie mit einem Kind, ist vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Nach der Entscheidung der zuständigen Kammer besteht ein hinreichender Anlass für die Regelung nächtlicher Ausgangsbeschränkungen. Aufgrund der Zuspitzung des sich bereits auf sehr hohem Niveau befindlichen Infektionsgeschehens wäre – auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen Schutzmaßnahmen – eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 ohne die Anordnung einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung erheblich gefährdet. Die nächtliche Ausgangsbeschränkung genüge auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere sei die Maßnahme geeignet, das durch das Infektionsschutzgesetz vorgegebene Ziel, Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu schützen, zu erreichen. Die seit dem Frühjahr 2020 in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Staaten und weltweit gesammelten Erfahrungen zeigten, dass insbesondere umfassende Maßnahmen zur Beschränkung von Sozialkontakten zur Eindämmung des Pandemiegeschehens beitrügen, so dass auch diese, auf die weitere Reduzierung von Sozialkontakten abzielenden Ausgangsbeschränkungen in der Nachtzeit als geeignet anzusehen sein dürften. Die angeordneten Ausgangsbeschränkungen seien den Antragstellern auch zumutbar, selbst wenn die Bedeutung der Maßnahme für den Infektionsschutz zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht mit absoluter Gewissheit eingeschätzt werden könne. Es handele sich insgesamt in seinen konkreten Auswirkungen für die Antragsteller nicht um einen derart schwerwiegenden Eingriff, der in Anbetracht des Infektionsgeschehens und der Erforderlichkeit weiterer Maßnahmen zu dessen Eindämmung außer Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehe würde.

Es handelt es sich um die erste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg zu den nächtlichen Ausgangsbeschränkungen. Weitere Verfahren hierzu sind anhängig. Gegen diese Entscheidung können die Antragsteller Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 459.

  1. Anspruch von Schülern in Hessen auf eine Beschulung im Wege des Wechselunterrichts?

Zwei Schüler setzen in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden einen Anspruch auf vorläufige Beschulung in ihren jeweiligen Jahrgangsstufen an der Humboldt-Schule in Wiesbaden im Wege des Wechselunterrichts durch (VG Wiesbaden, Beschl. v. 26.03.2021 – 6 L 368/21.WI).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 07/2021 v. 31.03.2021 heißt es:

„Die beiden antragstellenden Schüler besuchen die 8. bzw. 10. Klasse der Humboldt-Schule in Wiesbaden. Schüler der Mittelstufe werden momentan ausschließlich im Distanzunterricht beschult. Eine ursprünglich zum 22.03.2021 geplante Aufnahme des Wechselunterrichts für die Jahrgänge 7-10 fand nicht statt. Mit ihrem Eilantrag begehrten die Schüler, sie zur Teilnahme am Wechselunterricht in ihren Jahrgangsstufen so lange zuzulassen, bis das Kultusministerium eine Konzeption erarbeitet habe, die die Mittelstufe beim Wechselunterricht berücksichtigt.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gab diesem Eilantrag durch Beschluss vom 26.03.2021 statt.

Das Hessische Schulgesetzes gewähre grundsätzlich einen Anspruch der Schüler auf einen Schulbesuch im Wege des Präsenzunterrichts. Die nach derzeitiger Verordnungslage gegebene Ausgestaltung des Schulbetriebes – in Form von Distanzunterricht für die Jahrgangsstufen 7-10 – genüge diesem Anspruch nicht mehr. Die Corona-Einrichtungsschutzverordnung verstoße im Fall der Antragsteller gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Antragsgegner könne daher dem erhobenen Anspruch auf Zulassung von Wechselunterricht nicht die Regelungen der Corona-Einrichtungsschutzverordnung entgegenhalten.

Zwar folge aus dem Infektionsschutzgesetz die Ermächtigung, durch Rechtsverordnungen entsprechende Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Eine notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 könne auch die Schließung von Schulen sein.

Allerdings müsse der Staat hierbei stets einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Freiheit der einen und dem Schutzbedarf der anderen schaffen. Bei der Wahl der notwendigen Schutzmaßnahmen bestünde ein Spielraum für den Ausgleich der dabei widerstreitenden Grundrechte.

Gleichwohl könne dieser Spielraum mit der Zeit – etwa wegen besonders schwerer Grundrechtsbelastungen und wegen der Möglichkeit zunehmender Erkenntnis – geringer werden. Die gerichtliche Kontrolle beschränke sich darauf, ob sich der Staat (noch) innerhalb dieses Spielraums befinde.

Das Vorgehen des Antragsgegners zunächst und vorrangig die Jahrgänge 1 bis 6 sowie die Abschlussklassen im Rahmen des Präsenzunterrichts zu beschulen, möge noch nachvollziehbar sein. Der vollständige Ausschluss einzelner Jahrgangsstufen vom Präsenz- oder zumindest vom Wechselunterricht im Verhältnis zu anderen Jahrgangsstufen könne allerdings allenfalls für einen Übergangszeitraum hingenommen werden, innerhalb dessen der Antragsgegner ein schlüssiges Konzept für die Beschulung aller Jahrgangsstufen entwickeln müsse. Die Notwendigkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen sei fortlaufend von der zuständigen Behörde zu überprüfen. Ein ursprünglich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig zu qualifizierendes Vorgehen könne so mit zunehmender Dauer in eine Rechtswidrigkeit hineinwachsen.

Ein erhöhter Begründungsaufwand für den Ausschluss der Mittelstufe ergebe sich dabei bereits aus dem Umstand, dass diese – neben nicht erfolgtem Präsenzunterricht im Kalenderjahr 2020 – bereits seit dem Ende der Weihnachtsferien Anfang Januar 2021 vom Präsenz- und überdies auch vom Wechselunterricht ausgeschlossen seien. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler hätten somit, im Vergleich zu ihren jüngeren sowie älteren Mitschülerinnen und Mitschülern, am längsten auf eine Rückkehr zumindest in einen eingeschränkten Präsenzbetrieb gewartet. Falls angesichts der vorhandenen Raumkapazität einer Schule nicht alle Jahrgänge gleichzeitig im Präsenzunterricht beschult werden könnten, müssten alle Jahrgänge von der bereits begonnenen Öffnung der Schulen dergestalt profitieren, dass allen die grundsätzliche Möglichkeit von Präsenz-, beziehungsweise Wechselunterricht, ggf. auch in Form von einer Art Schichtbetrieb, gewährt werde.

Ein Abstellen auf die landesweit gestiegenen Infektionszahlen sei keine ausreichende Begründung für die fortwährende Ungleichbehandlung der Mittelstufe, denn das Infektionsgeschehen sei in Hessen sehr unterschiedlich. Bei deutlich erhöhter Inzidenz könnten die örtlichen Kreisgesundheitsämter nach dem Infektionsschutzgesetz den Präsenzschulbetrieb einschränken.

Der Antragsgegner werde daher eine neue Regelung zu treffen haben, die die gleichheitswidrige Benachteiligung der Antragsteller beende. Es müsse dem Antragsgegner gelingen, ein Hygienekonzept für die Schulen zu entwickeln, und hierbei auch den neueren Möglichkeiten der Pandemiebekämpfung Rechnung zu tragen, wie einer Erhöhung der Impfquote der Bevölkerung, die Durchführung von Schnell- oder Selbsttests für Schülerinnen und Schüler sowie für das Lehr- und sonstige Schulpersonal oder auch der Verwendung von Luftfiltergeräten.

Um dem Bildungsanspruch der Antragsteller bereits jetzt zur Durchsetzung zu verhelfen und gleichheitswidrige Benachteiligung zu beenden, sei es notwendig, die Antragsteller mit der vorläufigen Zulassung von Wechselunterricht so zu stellen, wie dies derzeit schon für die Jahrgangsstufen 1 bis 6 vorgesehen sei. Es erfolge keine Begrenzung der einstweiligen Anordnung auf den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der jeweils aktuellen Corona-Einrichtungsschutzverordnung, da nicht feststünde, ob nach den Osterferien 2021 eine Beschulung der Mittelstufe im Wechselunterricht stattfinden könne.

Gegen den Beschluss (Az.: 6 L 368/21.WI) kann der Antragsgegner binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.“

  1. Gastronomie in einem Seniorenzentrum? Gericht unterbreitet Beteiligten Vergleichsvorschlag im Anhörungsrügeverfahren

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat über die Frage zu entscheiden, ob die Gastronomie in einem Seniorenzentrum für Geimpfte und Genesene geöffnet werden darf. Das Gericht hat den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet.

In einer Pressemitteilung des VGH v. 06.04.2021 heißt es dazu:

„Bisheriger Verfahrensablauf:

Die Antragstellerin – Betreiberin eines Seniorenzentrums im Landkreis Lörrach – beantragte beim Verwaltungsgericht und VGH erfolglos, das Landratsamt Lörrach (Antragsgegner) zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 20 Abs. 2 Coronaverordnung zu verpflichten. Sie begehrte die Wiedergestattung ihres – durch die Coronaverordnung der Landesregierung untersagten – gastronomischen Angebots ausschließlich für Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtung, die einen vollständigen Impfschutz gegen das Coronaviurs SARS-CoV-2 vorweisen könnten oder von einer COVID-19 Infektion nachweislich genesen seien.

Zur Ablehnung des Antrags führte der VGH in seinem Beschluss vom 18. März aus, nach dem derzeitigen Stand der virologischen und epidemiologischen Forschung sei es nicht zu beanstanden, dass Geimpfte oder Genesene weiterhin infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen unterworfen seien. Es sei derzeit wissenschaftlich nicht ausreichend aufgeklärt, ob diese Personengruppen das SARS-CoV-2-Virus weitergeben könnten. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die begehrte Ausnahmegenehmigung von dem grundsätzlichen Betriebsverbot für Gastronomiebetriebe nicht erteilt habe. Sollten in der Zukunft belastbare wissenschaftliche Aussagen zur Klärung der Fragen der Transmission vorliegen, werde freilich gerade auch die Landesregierung als Verordnungsgeber umgehend gehalten sein, diese auszuwerten und gegebenenfalls durch angepasste Maßgaben in der CoronaVO umzusetzen (Pressemitteilung des VGH vom 18.03.2021).

Anhörungsrüge:

Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss des VGH vom 18. März Anhörungsrüge erhoben und geltend gemacht, der VGH habe Vorbringen übergangen. Der Antragsgegner ist der Anhörungsrüge entgegengetreten. Über die Anhörungsrüge ist noch nicht entschieden.

Im Anhörungsrügeverfahren hat der VGH heute den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag gemacht. Nach diesem Vergleichsvorschlag gestattet der Antragsgegner der Antragstellerin, den Betrieb ihres Cafés als Gemeinschaftsraum mit Zugangsmöglichkeiten ausschließlich für Bewohnende und Mitarbeitende, die gegen das SARS-CoV-2-Virus geimpft sind oder nachweislich eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus überstanden haben und nicht mehr infektiös sind, wiederaufzunehmen.

Zur Begründung seines Vergleichsvorschlags führt der 1. Senat aus: Der Präsident des Robert Koch-Instituts habe mit Schreiben vom 31. März an das Bundesministerium für Gesundheit unter anderem ausgeführt, nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand sei das Risiko einer Virusübertragung durch Personen, die vollständig geimpft worden seien, spätestens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen. Aus Public Health-Sicht erscheine das Risiko einer Virusübertragung durch Impfung nach gegenwärtigem Kenntnisstand in dem Maße reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielten. Das Robert Koch-Institut habe zudem mittlerweile seine Bewertung der Wirksamkeit der Impfungen modifiziert. In seiner im Zeitpunkt des Beschlusses vom 18. März aktuellen Bewertung sei es als zurzeit noch unsicher bezeichnet worden, in welchem Maße auch Geimpfte nach Kontakt mit dem Erreger diesen vorübergehend noch in sich tragen und andere Personen anstecken könnten. In der aktuellen Bewertung vom 1. April (unter FAQ, COVID-19 und Impfen, „Warum sollten auch COVID-19-geimpfte Personen die Infektionsschutzmaßnahmen weiterhin beachten?) heiße es, auf Basis der bisher vorliegenden Daten sei anzunehmen, dass die Virusausscheidung bei nach vollständiger Impfung Infizierten stark reduziert und damit das Risiko einer Übertragung (Transmission) vermindert sei. Es müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass Menschen nach Kontakt mit dem Virus trotz Impfung infiziert werden könnten und dabei das Virus SARS-CoV-2 ausschieden. Daher sollten, solange das Infektionsgeschehen noch so dynamisch sei wie zurzeit, alle Maßnahmen eingehalten werden, um die Pandemie zurückzudrängen und alle Menschen bestmöglich vor Ansteckung zu schützen. Daher sollten als Vorsichtsmaßnahmen – bis zum Vorliegen weiterer Studiendaten – auch Geimpfte die Infektionsschutzmaßnahmen beachten.

Der Senat bewerte die Feststellungen des Robert Koch-Instituts dahin, dass Menschen nach Kontakt mit dem Virus trotz Impfung infiziert werden könnten und dabei das Virus SARS-CoV-2 ausschieden und daher als Vorsichtsmaßnahmen auch Geimpfte die Infektionsschutzmaßnahmen beachten sollten, dass die Virusausscheidung bei nach vollständiger Impfung Infizierten jedoch stark reduziert und damit das Risiko einer Transmission in einem Maße vermindert sei, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielten. Für die vorliegende Konstellation, dass eine Genehmigung nach § 20 Abs. 2 CoronaVO begehrt werde, den gastronomischen Betrieb eines Cafés als Gemeinschaftsraum einer Seniorenresidenz mit Zugangsmöglichkeiten ausschließlich für Bewohnende und Mitarbeitende zu gestatten, die gegen das SARS-CoV-2 geimpft seien oder nachweislich eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 überstanden hätten und nicht mehr infektiös seien, dürften daher nach vorläufiger Einschätzung überwiegende Gründe dafür sprechen, dass aufgrund der geänderten Erkenntnislage des Robert Koch-Instituts ein Anspruch auf die Ausnahmegenehmigung nun zu bejahen sei.

Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO könnten jedoch neue Tatsachen nicht geltend gemacht werden. Der Senat könne die neue Bewertung durch das Robert Koch-Institut auch nicht in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO durch eine etwaige Abänderung seines Beschlusses von Amts wegen berücksichtigen. Denn der Senat sei nicht Gericht der Hauptsache im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO.

Aufgrund der geschilderten, geänderten Tatsachenlage und der gegebenen prozessrechtlichen Situation halte der Senat daher den unterbreiteten Vergleich für sachgerecht.

Der VGH hat die Beteiligten gebeten, sich bis zum 12. April (Montag) zum Vergleichsvorschlag zu äußern.“

  1. Kundenbegrenzung in Geschäften auf eine Person pro 40 qm in Berlin nicht rechtens

Das Verwaltungsgericht (VGH) Berlin hat mehreren Eilanträgen von Einzelhändlern teilweise stattgegeben, soweit sich diese gegen die Begrenzung der Kundenanzahl in Geschäften auf eine Person pro 40 qm Verkaufsfläche richteten (VGH Berlin, Beschl. v. 01.04.2021 – VG 14 L 91/21, VG 14 L 92/21 und VG 14 L 96/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 20/2021 v. 07.04.2021 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Berlin hat mehreren Eilanträgen von Einzelhändlern teilweise stattgegeben, soweit sich diese gegen die Begrenzung der Kundenanzahl in Geschäften auf eine Person pro 40 qm Verkaufsfläche richteten.

Die Zweite SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin (im Folgenden: Verordnung) schreibt in § 15 Absatz 1 vor, dass Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes nur von Kundinnen und Kunden aufgesucht werden dürfen, die im Sinne von § 6b der Verordnung negativ getestet sind (Satz 1). Für die Öffnung gilt außerdem ein Richtwert von insgesamt höchstens einer Kundin oder einem Kunden pro 40 qm Verkaufsfläche; darüber hinaus ist eine elektronische Kontaktnachverfolgung sicherzustellen (Satz 2). Für den sog. privilegierten Einzelhandel (z.B. Lebensmitteleinzelhandel) gelten diese Vorgaben nicht (Satz 3). Gegen diese Öffnungsbeschränkungen wandten sich mehrere Inhaber von (zum Teil auch größeren) nichtprivilegierten Geschäften per Eilantrag, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sehen.

Die 14. Kammer hat die Eilanträge hinsichtlich der Testpflicht für Kundinnen und Kunden und des Gebots der elektronischen Kontaktnachverfolgung zurückgewiesen. Diese Beschränkungen seien voraussichtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des 40 qm-Richtwerts hat das Gericht den Eilanträgen jedoch stattgegeben. Insoweit sei ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zwar verfolgten sämtliche Beschränkungen einen legitimen Zweck, seien hierfür als geeignet und auch als erforderlich anzusehen. Allerdings erweise sich die verkaufsflächenbezogene Kundenbegrenzung als unangemessen und damit als unverhältnismäßig im engeren Sinne. Da in Geschäften FFP2-Masken getragen werden müssten, ein Geschäft des nichtprivilegierten Einzelhandels nur mit tagesaktuellem negativem Antigentest betreten werden dürfe und eine elektronische Kontaktnachverfolgung sichergestellt sein müsse, bringe der Richtwert kein signifikantes Mehr an Infektionsschutz, das noch in einem angemessenen Verhältnis zu den dadurch erwartbar verursachten weiteren Umsatzeinbußen stehe. Daher erscheine es unangemessen, die gegenüber dem privilegierten Einzelhandel geltende Kundenbegrenzung beim nichtprivilegierten Einzelhandel noch weiter zu verschärfen. Zudem sei die in Rede stehende Beschränkung zwischen Bund und Ländern nicht für die Öffnung des Einzelhandels mit obligatorischen Antigentests vereinbart worden, sondern habe sich auf eine Öffnung für Terminshopping-Angebote ohne Antigentests bezogen. Deshalb bedürfe es zumindest einer Begründung des Verordnungsgebers dafür, warum diese Beschränkung trotz der nunmehr bestehenden Testpflicht aufrechterhalten bleibe. Daran fehle es je-doch.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.“

  1. Ausgangsbeschränkung der Region Hannover voraussichtlich rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat entschieden, dass die Ausgangsbeschränkung der Region Hannover voraussichtlich rechtswidrig sei (OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.04.2021 – 13 ME 166/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 07.04.2021 heißt es :

„Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Eilbeschluss vom heutigen Tag die Beschwerde der Region Hannover gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 2. April 2021 (Az.: 15 B 2883/21) zurückgewiesen und damit die erstinstanzliche Entscheidung, dass die in der Allgemeinverfügung der Region Hannover vom 31. März 2021 angeordnete Ausgangsbeschränkung voraussichtlich rechtswidrig ist, bestätigt (Az.: 13 ME 166/21).

Rechtsgrundlage für die in der Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 31. März 2021 angeordnete nächtliche Ausgangsbeschränkung seien die §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 und 6 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG). Die in diesen Normen enthaltenen tatbestandlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Die Ausgangsbeschränkung sei in ihrer hier allein zu beurteilenden konkreten Ausgestaltung keine notwendige Schutzmaßnahme, da sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Die Ausgangsbeschränkung sei nur in einem begrenzten Umfang geeignet, die mit ihr zweifellos verfolgten legitimen Ziele zu erreichen, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden. Eine Eignung komme ihr aber nur insofern zu, als sie teilweise eine Verschärfung der bereits geltenden Kontaktbeschränkungen bewirke.

Die Ausgangsbeschränkung sei nicht erforderlich. Ausgangsbeschränkungen seien als „ultima ratio“ nur dann in Betracht zu ziehen, wenn Maßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG voraussichtlich nicht mehr griffen. Die hier von der Antragsgegnerin erstellte Gefährdungsprognose trage die Annahme, dass ohne die streitgegenständliche Ausgangsbeschränkung eine wirksame Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus erheblich gefährdet sei, nicht. Es sei auch zu berücksichtigen, dass in Hochinzidenzkommunen ohnehin verschärfte Kontaktbeschränkungen gelten.

Die Antragsgegnerin habe zudem nicht ansatzweise nachvollziehbar aufgezeigt, dass und in welchem Umfang sie bisher Bemühungen unternommen habe, die behauptete unzureichende Einhaltung der Kontaktbeschränkungen durch staatliche Kontrolle und staatliches Eingreifen zu verbessern, und dass auch gesteigerte Bemühungen von vorneherein erfolglos bleiben würden. Der Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin lasse sich auch nicht annäherungsweise entnehmen, in welchem Umfang die von ihr angeführten regelwidrigen nächtlichen Zusammenkünfte im privaten Raum tatsächlich stattfänden. Nicht nachprüfbare Behauptungen reichten zur Rechtfertigung einer derart einschränkenden und weitreichenden Maßnahme wie einer Ausgangssperre nicht aus. Insbesondere sei es nicht zielführend, ein diffuses Infektionsgeschehen ohne Beleg in erster Linie mit fehlender Disziplin der Bevölkerung sowie verbotenen Feiern und Partys im privaten Raum zu erklären. Nach mehr als einem Jahr Dauer des Pandemiegeschehens bestehe die begründete Erwartung nach weitergehender wissenschaftlicher Durchdringung der Infektionswege. Der Erlass einschneidender Maßnahmen lediglich auf Verdacht lasse sich in diesem fortgeschrittenen Stadium der Pandemie jedenfalls nicht mehr rechtfertigen. Soweit die Antragsgegnerin auf die Unterbindung spätabendlicher Treffen junger Menschen an beliebten Treffpunkten in der Öffentlichkeit hinweise, dränge sich der Erlass von Betretensverboten hinsichtlich dieser Örtlichkeiten als milderes Mittel geradezu auf.

Die mangelnde Erforderlichkeit lasse die streitgegenständliche Ausgangsbeschränkung zwangsläufig auch als nicht angemessen erscheinen. Die mit der Ausgangsbeschränkung verbundene freiheitsbeschränkende Wirkung sei ganz erheblich, denn den betroffenen Personen werde für einen mehrstündigen Zeitraum an jedem Tag das Verlassen der eigenen Wohnung ohne triftigen Grund untersagt. Dieser Eingriff sei unter Berücksichtigung der nur begrenzten Eignung und der mangelnden Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Ausgangsbeschränkung nicht angemessen und deshalb nicht gerechtfertigt.

Die Ausgangsbeschränkung anzuordnen, um etwaige Defizite bei der Befolgung und nötigenfalls staatlichen Durchsetzung bestehender anderer Schutzmaßnahmen, insbesondere der Kontaktbeschränkungen, auszugleichen, sei jedenfalls solange unangemessen, wie von den zur Durchsetzung berufenen Behörden nicht alles Mögliche und Zumutbare unternommen worden sei, um die Befolgung anderer Schutzmaßnahmen sicherzustellen. Bevor dies nicht geschehen sei oder bevor nicht feststehe, dass solche Maßnahmen nicht erfolgversprechend ergriffen oder verbessert werden könnten, erscheine es nicht angemessen, alle in einem bestimmten Gebiet lebenden Personen einer Ausgangsbeschränkung zu unterwerfen, nur weil einzelne Personen und Personengruppen die geltenden allgemeinen Kontaktbeschränkungen nicht freiwillig befolgten oder nicht staatlicherseits alles Mögliche und Zumutbare unternommen worden sei, um gegenüber diesen Personen und Personengruppen die Einhaltung der allgemeinen Kontaktbeschränkungen durchzusetzen, zumal auch die Ausgangsbeschränkung der freiwilligen Befolgung oder nötigenfalls der staatlichen Durchsetzung bedürfte. Dabei verkenne der Senat nicht, dass die Antragsgegnerin alleine nicht in der Lage sei, die erforderlichen aktiven Bekämpfungsmaßnahmen in die Wege zu leiten. Bei der Frage der Angemessenheit einer Maßnahme seien aber die gesamten Möglichkeiten staatlichen Handelns in den Blick zu nehmen und der getroffenen Maßnahme gegenüberzustellen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch oben Nr. 455.

  1. Benotung schulischer Leistungen während der Coronavirus-Pandemie

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat zur Benotung schulischer Leistungen während der Coronavirus-Pandemie entschieden (OVG Münster, Beschl. v. 20.08.2021 – 19 B 1076/20, NJW 2020, 3739. Im Leitsatz der Entscheidung heißt es:

„Ein Unterrichtsumfang von acht Doppelstunden in den sechs Unterrichtswochen zwischen dem Halbjahresbeginn am 1. Februar 2020 und den pandemiebedingten bundesweiten Schulschließungen Mitte März 2020 kann eine ausreichende Bewertungsgrundlage für eine schulische Leistungsbewertung vor der Entscheidung über die Zulassung zum Abitur sein.“

  1. Zur Pfändbarkeit von Corona-Soforthilfen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (BGH, Urt. v. 10.03.2021 – VII ZB 24/20, NJW 2021, 1322):

„1. Bei der Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und ergänzendes Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“) handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung.

  1. Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckbindung ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen.“
  2. Impflicht in Tschechien stellt keine Menschenrechtsverletzung dar

Geld­bu­ßen und ver­wehr­te Kin­der­gar­ten­plät­ze für un­ge­impf­te Kin­der sind nach Auf­fas­sung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te (EGMR) bei Ver­let­zung der Impf­pflicht zu­läs­sig; sie seien kein Ver­stoß gegen das Recht auf Ach­tung des Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens, teil­te das Ge­richt am Don­ners­tag mit, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, Urt. v. 08.04.2021 – 47621/13; 3867/14; 73094/14; 19306/15; 19298/15; 43883/15). Der Fall spielt in Tschechien.

  1. Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten während der Coronavirus-Pandemie

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat entschieden (FG Hamburg, Beschl. v. 01.02.2021 – 4 K 136/20):

„1. Auch nach der Neufassung des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO ist im Einzelfall eine Übersendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten möglich.

  1. Die Möglichkeit der Akteneinsicht auch zu Pandemiezeiten ist durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu realisieren.“
  2. Kein Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises (sog. Gutscheinlösung)

Das Amts­ge­richt (AG) Mün­chen weist die Klage eines Legal-Tech-Un­ter­neh­mers gegen einen Thea­ter- und Gas­tro­no­mie­ver­an­stal­ter auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses für zwei Ti­ckets in Höhe von 205,80 Euro ab. Die so­ge­nann­te „Gut­schein­lö­sung“ nach Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB für Ver­an­stal­tun­gen, die auf­grund der COVID-19-Pan­de­mie nicht statt­fin­den können, ist nach Einschätzung des Gerichts ver­fas­sungs­ge­mäß.

  1. Zur Wohnungseigentümerversammlung in den Zeiten von Corona

Das Amtsgericht (AG) Hannover hat einen Beschluss einer Eigentümerversammlung für ungültig erklärt (AG Hannover, Urt. v. 07.01.2021 – 480 C 8302/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.04.2021 heißt es:

„Die Parteien sind Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage in Hannover – Misburg. Sie streiten um die Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 21.07.2020 zur Änderung der Hausordnung.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lud am 19.06.2020 die Hausverwaltung zu einer Eigentümerversammlung am 21.07.2020 ein. In dem Einladungsschreiben heißt es: „Wir laden zu mit den beiliegenden Unterlagen ordnungsgemäß zu einer Eigentümerversammlung ein, zu der sie aber bitte nicht erscheinen. Sollten Eigentümer/innen erscheinen, wären wir zum sofortigen Abbruch der Veranstaltung gezwungen“ (Fettdruck wie in der Einladung). Der Einladung waren Vollmachten für die Verwaltung zur Abstimmung beigefügt. Am 21.07.2020 fand die Eigentümerversammlung statt, auf der der angefochtene Beschluss gefasst wurde.

Der Kläger behauptet unter anderem, dieser Beschluss sei wegen Verstoßes gegen sein Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung unwirksam. Eine Diskussion über die Tagesordnungspunkte habe nicht stattgefunden. Der Verwaltungsbeirat habe seine Pflicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verletzt.

Nach Auffassung der Beklagten sei eine Pflichtverletzung des Verwaltungsbeirates nicht ersichtlich. Von der Versammlung sei auch niemand ausgeschlossen worden, sondern lediglich ein Hinweis erteilt, dass es eine Vollmachtsversammlung geben sollte. Dies sei auch rechtmäßig. Es hätte dem Kläger freigestanden, zur Eigentümerversammlung persönlich zu erscheinen. Dann wäre diese nicht durchgeführt und die Hausordnung nicht geändert worden.

Nach der Urteilsbegründung verstößt die Beschlussfassung gegen § 23 Abs. 1 WEG. Danach sind Beschlüsse einer Eigentümerversammlung dann nichtig, wenn sie in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreifen. Zu diesem Kernbereich gehört das Recht der Wohnungseigentümer, an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen.

Bereits durch die Formulierung in dem Einladungsschreiben wurde den Wohnungseigentümern die Teilnahme verwehrt. So werden die Eigentümer ausdrücklich aufgefordert, nicht zu erscheinen. Ein Wahlrecht der Eigentümer, gleichwohl zu erscheinen, eröffnet diese Formulierung nicht. Darüber hinaus ist bereits an dieser Stelle angekündigt, dass die Veranstaltung sofort abgebrochen werden würde, wenn einzelne Eigentümer erscheinen. In der Gesamtschau sind diese Formulierungen als ausdrückliches Verbot zu verstehen. Dies stellt eine Verletzung des Kernbereichs der Rechte der Wohnungseigentümer dar. Den Wohnungseigentümern wurde lediglich ermöglicht, ihr Stimmrecht durch die Erteilung einer Vollmacht mit Anweisungen auszuüben, dabei könnte eine Auseinandersetzung über die zu beschließenden Änderungen und eine Diskussion hierüber nicht stattfinden. Die Auseinandersetzung und Diskussion ist wesentlicher Bestandteil der Eigentümerversammlung im Rahmen der Willensbildung.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.“

  1. Tests statt Corona-Notbremse und Maskenpflicht im Auto rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat entschieden, dass Tests statt Corona-Notbremse sowie die Maskenpflicht im Auto rechtmäßig sind (VG Düsseldorf, Beschl. v. 07.04.2021 – 24 L 659/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.04.2021 heißt es:

„Die auf die Coronaschutzverordnung NRW gestützte Regelung in der Allgemeinverfügung des Kreises Wesel vom 28. März 2021, wonach statt der ansonsten eingreifenden Einschränkungen der sogenannten Corona-Notbremse (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2-8 CoronaSchVO NRW) die Nutzung der dort genannten Angebote von einem tagesaktuellen negativen Ergebnis eines Schnell- oder Selbsttests abhängig ist, verletzt einen Betroffenen nicht in seinen Rechten. Das hat die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 7. April 2021 entschieden.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Ohne die Regelung würden im Kreis Wesel angesichts der dortigen Inzidenzwerte die weiteren Einschränkungen der Corona-Notbremse eingreifen. Ein (uneingeschränkter) Zugang zu den betroffenen Angeboten, wie großen Teilen des Einzelhandels, Bibliotheken, Museen oder Zoos, wäre also ohne die Regelung für niemanden gegeben. Zur Vermeidung dieser weitergehenden Einschränkungen habe der Kreis Wesel zulässigerweise Testverfahren als ergänzendes Instrument in der Pandemiebekämpfung als milderes Mittel gewählt. Es stehe dem Antragsteller frei, von dieser zusätzlichen Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Auch die weitere angegriffene, auf das Infektionsschutzgesetz und die Coronaschutzverordnung NRW gestützte Regelung, wonach alle Insassen von Kraftfahrzeugen aus verschiedenen Hausständen – auch der Fahrer – verpflichtet sind, eine medizinische Maske zu tragen, begegnet nach Auffassung der Kammer keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere gehe der Kreis Wesel zutreffend davon aus, dass in engen geschlossenen Räumen eine besonders erhöhte Gefahr der Ansteckung durch infektiöse Aerosole bestehe. Dies gelte insbesondere allgemein bei der gemeinsamen Nutzung von Fahrzeugen durch Personen aus verschiedenen Hausständen, wie beispielsweise bei Fahrgemeinschaften.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.“

  1. Eilantrag von Dauercampern scheitert vor dem Verfassungsgericht

Vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) scheitert der Eil­an­trag meh­re­rer Dau­er­cam­per, die drei Mo­na­te auf der Insel Feh­marn ver­brin­gen woll­ten (BVerfG, Beschl. v. 09.04.2021 – 1 BvQ 39/21). Zwar er­schei­nt dem Gericht eine noch zu er­he­ben­de Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht von vorn­her­ein of­fen­sicht­lich un­be­grün­det; für eine Entscheidung im Rahmen eines Eilverfahrens sieht das Gericht jedoch keine rechtliche Notwendigkeit.

  1. La­den­in­ha­ber darf von Kun­den das Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung ­for­dern

Das Amtsgericht (AG) Bremen hat entschieden, dass der Inhaber eines Ladens in sei­nen Ge­schäfts­räu­men von Kun­den das Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung fordern darf (AG Bremen, Urt. v. 26.03.2021 – 9 C 493/20). Dies gelte auch, wenn dem Be­trof­fe­nen eine Mas­ken­un­ver­träg­lich­keit at­tes­tiert worden ist.

  1. Kinder in der Schule müssen keine Masken tragen

Das Amtsgericht bzw. Familiengericht (AG) Weimar hat entschieden, dass alle an zwei Schulen in Weimar unterrichteten Kinder keine Masken tragen, keine Abstände einhalten und nicht an Schnelltests teilnehmen müssen (AG Weimar, Beschl. v. 08.04.2021 – 9 F 148/21). Das Gericht hat den „Leitungen und Lehrern an zwei Schulen in Weimar sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler“ untersagt, die beschrieben Maßnahmen anzuordnen oder vorzuschreiben. Zudem müsse weiterhin Präsenzunterricht stattfinden.

Ergänzende Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Uwe P. Schlegel:

Das Urteil ist sehr überraschend. Es dürfte rechtlich nicht haltbar sein. Das Gericht war schon nicht zuständig. Zuständig für Fälle vorliegender Art sind die Verwaltungsgerichte. Die Entscheidung lässt aber auch weitere grundlegende rechtliche Defizite erkennen. Es wird zudem eine wissenschaftliche Erkenntnisse leugnende Haltung des Richters erkennbar. Dafür dürfen Gerichtssäle keinen Raum bieten.

Siehe auch nachfolgend Nr. 474 und Nr. 477 sowie Nr. 490!

  1. Langzeit-Quarantäne regelmäßig rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen hat entschieden, dass eine sog. Langzeit-Quarantäne in der Regel rechtswidrig ist (VG Aachen, Beschl. v. 09.04.2021 – 7 L 213/21 (Verfahren gegen die Stadt Bad Münstereifel) und 7 L 214/21 (Verfahren gegen die Stadt Mechernich)).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 09.4.2021 heißt es weiter:

„Eine zeitlich unbefristete Quarantäneanordnung über die Dauer einer Inkubationszeit von 14 Tagen hinaus ist regelmäßig rechtswidrig. Dies hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen mit Beschlüssen vom heutigen Tag entschieden. In beiden Fällen hatten sich Kindergartenkinder mit Eilanträgen gegen Ordnungsverfügungen der Stadt Bad Münstereifel (7 L 213/21) bzw. der Stadt Mechernich (7 L 214/21) gewendet, mit denen ihnen eine häusliche Quarantäne aufgegeben worden war. Hintergrund der Anordnungen war, dass die Kinder dieselbe Kindergartengruppe besucht hatten wie ein positiv auf COVID-19 getestetes Kind. Die Ordnungsbehörden hatten die Kinder deswegen als „ansteckungsverdächtige Kontaktpersonen“ eingestuft und ihre häusliche Absonderung (= Quarantäne) angeordnet. Eine Aufhebung der Quarantäne sollte frühestens 14 Tage nach dem verdachtsbegründenden Kontakt zu dem positiv getesteten Kind nach Vorlage eines negativen PCR-Tests erfolgen können und auch in diesem Fall nur dann, wenn „nach Wertung der Gesamtumstände“ eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten sei.

Diese Anordnungen hat die Kammer als rechtswidrig eingestuft und sie vorläufig außer Kraft gesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ein Ansteckungsverdacht möge aufgrund des Besuchs derselben Kindergartengruppe zwar ursprünglich bestanden haben. Auf der Grundlage medizinischer Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass die COVID-19-Erkrankung eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen aufweise. In diesem Zeitraum könne daher regelmäßig ein Ansteckungsverdacht bei Kontaktpersonen angenommen werden. Das Robert-Koch-Institut empfehle vor diesem Hintergrund die Anordnung einer Quarantäne für 14 Tage. In den nunmehr entschiedenen Fällen hätten die Ordnungsbehörden nicht dargelegt, warum entgegen diesen wissenschaftlichen Empfehlungen die Quarantäneanordnungen unbefristet ergangen seien und offenbar über eine Inkubationszeit von 14 Tagen hinaus ein Ansteckungsverdacht zugrunde gelegt werde. Die unbefristeten Quarantäneanordnungen seien daher bereits unzureichend begründet und mit dem nebulösen Verweis auf die „Wertung der Gesamtumstände“ als Voraussetzung für ihre Aufhebung überdies nicht hinreichend bestimmt. So sei die Aufhebung der Quarantäne in das Belieben der Behörde gestellt. Das jedoch sei unzulässig. Ungeachtet dessen erweise sich die Fortgeltung der Quarantäneanordnung jedenfalls nunmehr als unverhältnismäßig. Denn seit dem verdachtsbegründenden Kontakt seien inzwischen 25 Tage vergangen. Von einem Ansteckungsverdacht könne daher jetzt nicht mehr ausgegangen werden. Angesichts dessen dürfe auch die Vorlage eines negativen PCR-Tests für eine Beendigung der Quarantäne nicht mehr gefordert werden.

Gegen die Beschlüsse können die unterlegenen Städte Beschwerde einlegen, über die jeweils das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.“

  1. Erfolgreicher Antrag gegen die nächtliche Ausgangssperre im Main-KinzigKreis (Hessen)

Das Veraltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. hat einem Antrag, der sich gegen die nächtliche Ausgangssperre im Main-Kinzig-Kreis (Hessen) richtete, stattgegeben (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 09.04.2021 – 5 L 919/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 14/2021 v. 09.04.2021 heißt es:

„Mit heute zugestelltem Beschluss hat die für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main einem Eilantrag eines Antragstellers aus dem Main-Kinzig-Kreis stattgegeben und die aufschiebende Wirkung gegen die nächtliche Ausgangssperre im Main–Kinzig-Kreis, wie sie in der Allgemeinverfügung vom 3.April 2021 befristet bis zum Ablauf des 18.April 2021 festgesetzt worden war, angeordnet.

Der Kreis hatte in seiner Allgemeinverfügung die nächtliche Ausgangssperre angeordnet, weil die Zahl der ermittelten Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus im Rahmen der 7-Tages-Inzidenz am 2. April 2021 auf 181,2 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern gestiegen war.

Hiergegen hat der Antragsteller die verwaltungsgerichtliche Klage erhoben und um Eilrechtsschutz nachgesucht.

Seinem Begehren wurde mit heutigem Beschluss Rechnung getragen.

Die Kammer hat ausgeführt, dass die angefochtene Allgemeinverfügung voraussichtlich rechtswidrig sei. Zwar könnten nach dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich Ausgangssperren im privaten Bereich erlassen werden. Diese dürften allerdings immer nur als „ultima ratio“ dann getroffen werden, wenn weitere weniger einschneidende Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz nicht mehr greifen würden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zum einen sei nicht dargelegt, welche Bemühungen der Kreis unternommen habe, um die bereits bestehenden Schutzmaßnahmen effektiv durchzusetzen. Zum anderen sei die Begründung, dass 60 % der Neuinfektionen bei Zusammenkünften in Innerräumen entstünden und die häufigste Infektionsquelle im häuslichen/familiären Bereich liege, nicht ausreichend für diese die Grundrechte weit einschränkende Maßnahme. Hierzu zählten erfahrungsgemäß auch eine Vielzahl von Infektionen desselben Haushalts. Wie der Kontakt zwischen Angehörigen desselben Haushalts durch eine nächtliche Ausgangssperre verhindert werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Weder empirisches Datenmaterial noch sonstige Begründungen lägen vor, die belegen könnten, dass sich die Inzidenzzahlen bei privaten Zusammentreffen verschiedener Haushalte in dem Zeitraum von 21 Uhr bis 5 Uhr erhöhten. Der Kreis habe hier nur Vermutungen angestellt. An dieser Stelle verweist das Gericht ausdrücklich auf die kürzlich ergangene Entscheidung des OVG Lüneburg, dass eine nächtliche Ausgangssperre für die Stadt Hannover aufgehoben hatte.

Darüber hinaus habe das Land Hessen durch die Regelungen in der Corona-Kontakt und Betriebsbeschränkungsverordnung (§ 9 CoKoBeV) den Handlungsspielraum der örtlichen Gesundheitsbehörden eingeschränkt. Diese dürften zwar weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung der Virusinfektionen anordnen, müssten aber die Vorgaben des Präventions- und Eskalationskonzepts zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung von SARSA-CoV in Hessen beachten. Dieses sähe aber keinerlei nächtliche Ausgangsbeschränkungen bei einer 7-Tages –Inzidenz unter 200 vor.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.“

  1. Eilantrag gegen Corona-Tests für Schüler abgelehnt

Der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH) lehnt einen Eilantrag gegen Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler ab (VGH München, Beschl. v. 12.04.2021 – 20 NE 21.926).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 12.04.2021 heißt es:

„Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat es mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt, die Regelung zu Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler (§ 18 Abs. 4 der 12. BayIfSMV) auf Antrag einer Grundschülerin vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Regelung sieht vor, dass am Präsenzunterricht nur bei Vorlage eines negativen Testergebnisses teilgenommen werden darf. Zur Begründung führt der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, eine solche Testobliegenheit begegne aufgrund der Infektions- und Gefährdungslage keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit dieser infektionsschutzrechtlichen Anordnung könne den besonderen schulischen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrkräfte Rechnung getragen werden. Das Gericht hat dabei klargestellt, dass die Testteilnahme im Hinblick auf den erforderlichen Schutz besonders sensibler Gesundheitsdaten und die Konzeption des Tests als bloße Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht ausschließlich freiwilliger Natur sei. Dies habe zur Folge, dass bei fehlendem Einverständnis in eine Testung sichergestellt sein müsse, dass Unterrichtsangebote im Distanzunterricht bestehen. Entfiele für den Fall des fehlenden Einverständnisses eine Beschulung insgesamt, sei nicht von der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung in die Erhebung gesundheitsbezogener Daten auszugehen, weil Schülerinnen und Schülern dann aus einer Weigerung Nachteile entstünden. Der Verordnungsbegründung lasse sich derzeit nicht entnehmen, dass der Freistaat Bayern eine Beschulung von Schülerinnen und Schülern ohne Test im Distanzunterricht ablehne. Im Übrigen müsse sichergestellt sein, dass in den Schulen nur solche Tests Verwendung fänden, die auch im Hinblick auf die jeweiligen Altersgruppen der Anwender freigegeben seien. Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel.“

  1. Bußgeldbewehrter Verstoß gegen pandemiebedingte Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum nur bei Unterschreitung des Mindestabstandes von 1,5 Metern

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat zu einem Fall eines (angeblichen) Verstoßes gegen pandemiebedingte Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum entschieden (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.03.2021 – 2 Rb 34 Ss 1/21).

In der Pressemitteilung 4/21 des Gerichts v. 14.04.2021 heißt es:

„Die Vorschriften der „ersten Corona-Verordnung“ des Landes Baden-Württemberg vom 17. März 2020 zu Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum waren rechtswirksam. Ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen das Verbot des Aufenthalts im öffentlichen Raum mit anderen Personen als einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder den Angehörigen des eigenen Hausstands lag danach aber nur vor, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten wurde. Darauf hat der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe mit Beschluss vom 30. März 2021 hingewiesen.

Dem Verfahren zugrunde liegt ein Urteil des Amtsgerichts Heidelberg, mit dem der Betroffene wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Verbot des Aufenthalts im öffentlichen Raum zu einer Geldbuße von 100 Euro und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Verbot des Aufenthalts im öffentlichen Raum zu einer weiteren Geldbuße von 500 Euro verurteilt wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts stand der Betroffene am 5. April 2020 zunächst um 16:20 Uhr mit zwei und dann um 18:00 Uhr mit drei anderen jeweils nicht zu seinem Hausstand gehörenden Personen an zwei verschiedenen Örtlichkeiten im öffentlichen Raum zusammen, mit denen er sich unterhielt, wobei die Kommunikation über das Mindestmaß der gebotenen Höflichkeit im Sinne eines „Hallo, wie geht’s“ hinausging. Der Abstand zwischen den Personen betrug im ersten Fall nach der Schätzung eines Polizeibeamten etwa einen Meter, beim zweiten Fall etwa eineinhalb Meter.

Die Rechtsbeschwerde, die der Betroffene gegen dieses Urteil erhoben hat, hat der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zur Fortbildung des Rechts zugelassen. In der Sache hat der Senat festgestellt, dass das Infektionsschutzgesetz bereits im März 2020 eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung für die in der Corona-Verordnung enthaltenen Kontaktbeschränkungen darstellte. Bei der Auslegung der Kontaktbeschränkungen hat der Senat maßgeblich auf den Gesetzeszweck abgestellt. Danach kam gemäß den damaligen wissenschaftlichen Erkenntnissen dem Einhalten eines räumlichen Abstandes zwischen den Menschen entscheidende Bedeutung zu, um eine Übertragung des Virus im Wege der Tröpfcheninfektion zu verhindern, wobei ein Abstand von 1,5 Metern als ausreichend erachtet wurde. Ein gegen die Kontaktbeschränkungen verstoßender und daher verbotener Aufenthalt im öffentlichen Raum lag daher entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht bereits vor, wenn mehrere Personen zusammenkamen, zwischen denen eine „innere Verbindung“ im Sinne eines nicht nur zufälligen Zusammentreffens bestand. Hinzukommen musste vielmehr eine Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen den Personen. Denn andernfalls würden von den Kontaktbeschränkungen auch Fallgestaltungen erfasst, bei denen keine relevante Infektionsgefahr bestand, was von der gesetzlichen Ermächtigung im Infektionsschutzgesetz nicht mehr gedeckt wäre.

Im konkreten Fall, in dem eine Unterschreitung des Mindestabstands zwischen den Personen auch im Falle einer Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht zur neuerlichen Verhandlung voraussichtlich nicht (mehr) mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festzustellen gewesen wäre, hat der Senat die Staatsanwaltschaft um Zustimmung zur Verfahrenseinstellung ersucht. Diese wurde zwischenzeitlich erteilt.“

  1. Keine Maskenpflicht in der Schule

Das Fa­mi­li­en­ge­richt Weilheim hat ein Kind von der Mas­ken­pflicht in sei­ner Schu­le be­freit (AG Weilheim, Beschluss vom 13.04.2021 – 2 F 192/21). In dem Be­schluss ord­ne­te das Ge­richt an, dass die Schul­lei­tung dem Kind nicht mehr das Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung auf dem Schul­ge­län­de vor­schrei­ben darf.

Siehe aber auch nachfolgend Nr. 477.

  1. Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen auch für von COVID-19 Genesene rechtens

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat zu Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen für von COVID-19 Genesene entschieden (VG Berlin, Beschl. v. 14.04.2021 – VG 14 L 163/21).

In der Pressemitteilung Nr. 21/2021 des Gerichts v. 15.04.2021 heißt es:

„Die Kontaktbeschränkungen und Vorgaben für den Aufenthalt im öffentlichen Raum sind auch für Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Eilantrag eines Antragstellers zurückgewiesen.

Die Zweite SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. InfSchMV) enthält Kontaktbeschränkungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum im Freien. Nach § 2 der Verordnung ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum im Freien auf die dort genannten Personen oder Angehörige eines weiteren Haushalts bei einer Personenobergrenze von höchstens fünf zeitgleich anwesenden Personen beschränkt. In der Zeit von 21 bis fünf Uhr ist der Aufenthalt nur allein oder zu zweit gestattet. Hiergegen wendete sich der von einer COVID-19 Erkrankung genesene Antragsteller. Er begehrte in einem Eilverfahren die Feststellung, dass die verordneten Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen auf ihn vorläufig keine Anwendung finden. Er ist insbesondere der Auffassung, die Beschränkungen seien im Hinblick auf Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, nicht geeignet.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Der Antragsteller könne die begehrte Feststellung nicht beanspruchen. Die in der 2. InfSchMV geregelten Aufenthaltsbeschränkungen im öffentlichen Raum im Freien seien voraussichtlich rechtmäßig. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers werde nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Die Kontaktbeschränkungen verfolgten den legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit als möglich vorzubeugen, die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 zu verringern und damit Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Der Verordnungsgeber habe auf die besorgniserregende Entwicklung des Infektionsgeschehens reagiert. Die Maßnahmen seien zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet. Dies gelte auch für Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren bzw. von COVID-19 genesen sind. Eine dauerhafte Immunität sei wissenschaftlich nicht belegt. Zwar indiziere eine Infektion die Bildung von Antikörpern. Deren nachweisbare Menge nehme jedoch insbesondere nach milder oder asymptomatischer Infektion fortlaufend ab. Da Reinfektionen mit dem Coronavirus belegt seien, der Schutz vor einer Reinfektion mit der Zeit nachlasse und er auch von weiteren Faktoren im Einzelfall abhänge, habe der Verordnungsgeber Personen, die bereits mit dem Coronavirus infiziert waren, nicht von den Aufenthaltsbeschränkungen ausnehmen müssen. Danach sei auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht anzunehmen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.“

  1. Eilantrag von „Aufstehen für die Kunst“ gegen die Schließung von Kultureinrichtungen abgelehnt

Der Bayerische Veraltungsgerichtshof (VGH) hat einen Eilantrag von „Aufstehen für die Kunst“ gegen die Schließung von Kultureinrichtungen abgelehnt (VGH München, Beschl. v. 15.04.2021 – 20 NE 21.919).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 15.04.2021 heißt es:

„Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom heutigen Tag den Eilantrag von 23 Kulturschaffenden („Aufstehen für die Kunst“) gegen das generelle Veranstaltungsverbot und die Schließung von Kultureinrichtungen (§ 5 und § 23 Abs. 1 der 12. BayIfSMV) abgelehnt. Zur Begründung führt der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, die Untersagungen von Veranstaltungen und die Schließung von Kultureinrichtungen begegne aufgrund der Infektions- und Gefährdungslage voraussichtlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Angesichts eines diffusen Infektionsgeschehens und des Gesamt-konzepts des Verordnungsgebers, soziale Kontakte und die allgemeine Mobilität möglichst einzuschränken, komme es nicht entscheidend darauf, ob in Kultureinrichtungen in der Vergangenheit bereits Infektionen nach-gewiesen worden seien. Zu den von den Antragsstellern angeführten Hygiene- und Lüftungskonzepten fehle es noch an gesicherten Erkenntnis-sen. Entsprechende Studien seien noch nicht abgeschlossen.“

  1. Keine Überprüfung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen durch das Familiengericht

Nachdem das Familiengericht des AG Weimar eine Entscheidung zum Maskenzwang in Schulen bzw. sonstiger infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen an Schulen getroffen hat, sind zahlreiche Schreiben beim Familiengericht des Amtsgerichts Hannover eingegangen. Den Verfassern geht es augenscheinlich um die Feststellung, dass durch die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen an Schulen das Kindeswohl gefährdet werde.

Das Familiengericht des AG Hannover hat hierzu in einer Presseerklärung am 15.04.2021, aktualisiert am 16.04.2021, Stellung genommen:

„Nach Auffassung der Richterinnen und Richter des Familiengerichts des Amtsgerichts Hannover ist eine konkrete Kindeswohlgefährdung i. S. v. § 1666 BGB nicht ersichtlich, so dass das Gericht eine Notwendigkeit für familiengerichtliche Maßnahmen nicht zu erkennen vermochte. Unabhängig von der Frage, ob eine Zuständigkeit des Familiengerichts überhaupt gegeben ist, sind jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Kindeswohlgefährdung ersichtlich, welche familiengerichtliche Maßnahmen erforderlich machen könnten. Für die Überprüfung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen ist das Familiengericht nicht zuständig.“

  1. Pandemiebedingte Anpassung der Gewerberaummiete?

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat sich im Rahmen eines Hinweisbeschlusses wie folgt geäußert (OLG München, Beschl. v. 17.02.2021 – 32 U 6358/20, DB 2021, 786):

„1. Die pandemiebedingte Betriebsuntersagung in dem Zeitraum vom 18.03.2020 bis zum 27.04.2020 hat nicht zu einem Mangel der Mietsache iSv § 536 Abs. 1 BGB geführt. Es lag auch kein Fall der Unmöglichkeit iSv § 275 BGB vor.

  1. Ein Anspruch nach § 313 Abs. 1 BGB auf Anpassung des Mietvertrages durch eine Herabsetzung oder Stundung der Miete ist in Ausnahmefällen trotz der grundsätzlich vorrangigen gesetzlichen Sonderregeln möglich. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu beachten.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 479!

  1. Zahlung von Gewerbemiete bei einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung wegen der Corona-Pandemie

Das Kammgericht (KG) Berlin hat zur Frage der Zahlung von Gewerbemiete bei einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung wegen der Corona-Pandemie entschieden (KG, Urt. v. 01.04.2021 – 8 U 1099/20).

In der Pressemitteilung Nr. 19/2021 des Gericht v. 16.04.2021 heißt es:

„Der 8. Zivilsenat des Kammergerichts hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2021 mit Urteil vom 01. April 2021 als Berufungsinstanz entschieden, dass bei einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung wegen der Corona-Pandemie die Gewerbemiete wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf die Hälfte herabzusetzen sein könne, ohne dass eine Existenzbedrohung des Mieters im Einzelfall festgestellt werden müsse.

Der Beklagte begehrt in diesem Verfahren als Eigentümer einer als Spielhalle vermieteten Gewerbeeinheit im Wege einer Widerklage die Zahlung der restlichen Gewerbemiete für die Monate April und Mai 2020. Die Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin hatte in dem erstinstanzlichen Urteil vom 14. August 2020 – Aktenzeichen: 34 O 107/20 – diese Widerklage abgewiesen. Auf die dagegen von dem Beklagten eingelegte Berufung hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts mit dem Urteil vom 01. April 2021 entschieden, dass die Klägerin sich wegen der Schließungsanordnung des Landes Berlin auf die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB berufen könne, sodass der vertraglich vereinbarte Mietzins um 50% zu reduzieren sei.

Zwar sei – so der 8. Zivilsenat – der Mietzahlungsanspruch für die Monate April und Mai 2020 nicht aufgrund des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 zu verneinen, da dieses ohnehin nur bis zum 30. Juni 2020 geregelte Leistungsverweigerungsrecht nicht für Miet- und Pachtverträge gelte. Die Miete sei aber wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB anzupassen und – für den hier vorliegenden Fall der vollständigen Schließung des Geschäftsbetriebes der Mieterin – um 50% zu reduzieren.

Der 8. Zivilsenat hat diese Entscheidung damit begründet, dass zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieter und Mieterin von Geschäftsräumen auch die Vorstellung gehöre, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und –beeinträchtigungen kommen werde, so dass das Auftreten einer Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeute und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirkliche. Die Klägerin habe im vorliegenden Fall die Räume, die sie vor Beginn der Covid-Pandemie angemietet habe, durch hierzu ergangene staatliche Vorschriften oder Anordnungen über die Schließung überhaupt nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise für ihr Gewerbe nutzen können. Es liege daher nahe, dass die Vertragsparteien, wenn sie diese Veränderung vorhergesehen hätten, den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten. Dabei sei zu vermuten, dass eine Mietabsenkung für den Zeitraum einer zweimonatigen Zwangsschließung der Spielhalle vereinbart worden wäre, wenn die Parteien die Beschränkungen im Zuge der Covid-Pandemie vorhergesehen hätten.

Es gehe – so der 8. Zivilsenat des Kammergerichts – im vorliegenden Fall nicht um ein „normales“ Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. Verwendung des Mietobjekts, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne daher regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Der aufgrund der Pandemie staatlich angeordnete Shutdown stelle einen derart tiefgreifenden, unvorhersehbaren, außerhalb der Verantwortungssphäre beider Vertragsparteien liegenden und potentiell existenzgefährdenden Eingriff in die im Vertrag vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit dar, dass – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – die Nachteile solidarisch von beiden Vertragsparteien zu tragen seien und die Miete daher bei vollständiger Betriebsuntersagung zur Hälfte zu reduzieren sei. Dabei müsse eine konkrete Existenzbedrohung für den Mieter anhand seiner betriebswirtschaftlichen Daten nicht positiv festgestellt werden, sondern die „unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seien auch dann zu vermuten, wenn eine angeordnete Schließung einen Monat oder länger andauere.

Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; soweit die Widerklage auf Zahlung der rückständigen Miete in Höhe von 50% abgewiesen wurde, kann dagegen Revision beim Bundesgerichtshof innerhalb von einem Monat ab förmlicher Zustellung des Urteils eingelegt werden.“

Siehe auch vorhergehend Nr. 478!

  1. Kein Ansprüche eines Reisenden gegenüber einem Reiseunternehmen bei Kontakt mit einem Corona-Infizierten im Hotel

Das Amtsgericht Hannover hat die Klage gegen ein Reiseunternehmen auf Rückzahlung des Reisepreises sowie nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Ersatz von Fahrtkosten abgewiesen (AG Hannover, Urt. v. 12.04.2021 – 570 C 12046/20). Der Kontakt mit Corona-Infizierten, die sich im Hotel aufhalten, stelle keinen Reisemangel dar. Das gelte auch dann, wenn es sich beim Infizierten um einen Mitarbeiter des Hotels handele.

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Schließung von Minigolfanlagen in Niedersachsen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Minigolfanlagen für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen sind (OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.04.2021 – 13 MN 157/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.04.2021 heißt es:

„Die Antragstellerin, die in Bad Zwischenahn eine Minigolfanlage betreibt, hatte sich gegen die Schließungsanordnung vor allem mit dem Argument gewandt, hierin liege eine vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Minigolfanlagen gegenüber sonstigen öffentlichen und privaten Sportanlagen. Auf letzteren sei nach der allgemeinen Regelung aus § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 und Abs. 4 Corona-VO im eingeschränkten Umfang – teilweise sogar ohne Wahrung des Abstandsgebots – eine sportliche Betätigung zulässig. Minigolfanlagen würden ausschließlich im Freien bespielt, und die Spieler könnten untereinander den Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Weiteres einhalten.

Der 13. Senat ist dieser Argumentation gefolgt und hat einen Gleichheitsverstoß bejaht. Er hat insbesondere Minigolf als Sportart und damit bespielte Anlagen als (besondere) Sportanlagen eingestuft. Infektiologisch relevante Unterschiede zu sonstigen Sportanlagen von solcher Art und solchem Ausmaß, die eine vollständige Schließung rechtfertigten, lägen nicht vor. Darüber hinaus verletze § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Corona-VO die Betreiber von Minigolfanlagen auch in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, weil sich die dort geregelte Schließung unter Berücksichtigung von Natur und Ablauf des Minigolfspiels, der baulichen Gestaltung der typischerweise im Freien gelegenen Minigolfanlagen und des im Übrigen durch einfache Vorkehrungen sicherzustellenden Mindestabstandes nicht als verhältnismäßig darstelle und damit nicht als eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes angesehen werden könne.

Die Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, d.h. die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten.

Für die Nutzung von Minigolfanlagen sind daher bis zu einer etwaigen Neuregelung die allgemeinen Regelungen für eine sportliche Betätigung auf und in sonstigen öffentlichen und privaten Sportanlagen heranzuziehen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Vorläufige Außervollzugsetzung der Maskenpflicht für den Fahrer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrgemeinschaften / Ausgangsbeschränkungen in Niedersachsen sind rechtlich nicht zu beanstanden

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss § 3 Abs. 1 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) in der derzeit geltenden, zuletzt am 9. April 2021 geänderten Fassung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach auch für den Führer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrgemeinschaften angeordnet wird, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen; soweit sich der Eilantrag darüber hinaus gegen § 18 Abs. 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen über den Erlass von Ausgangsbeschränkungen enthält, richtete, hat ihn der Senat abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.04.2021 – 13 MN 158/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.04.2021 heißt es:

„Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er hat vorgetragen, regelmäßig zusammen mit Mandanten zu Gerichtsterminen zu fahren. Die aus § 3 Abs. 1 Satz 3 Corona-VO folgende Pflicht, wonach auch der Kraftfahrzeugführer im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen muss, gefährde die Verkehrssicherheit.

Der 13. Senat ist dem gefolgt und hat § 3 Abs. 1 Satz 3 Corona-VO insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Dabei ging der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Corona-VO und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das ´Ob´ eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Die Verpflichtung für den Führer eines Kraftfahrzeugs, im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, stelle jedoch keine notwendige Maßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dar, weil sie unangemessen sei.

Im Rahmen der Abwägung sei nicht nur der als gering zu bewertende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Führers eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen, sondern insbesondere auch die Gefährdungen für die Verkehrssicherheit, die mit dem Tragen einer Maske einhergingen. Durch § 23 Abs. 4 StVO werde geregelt, dass, wer ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies diene der effektiven Verkehrsüberwachung, einer uneingeschränkten Rundumsicht und dadurch der allgemeinen Verkehrssicherheit. Beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung würden jedoch wesentliche Teile des Gesichts verdeckt, insbesondere, wenn zusätzlich eine Brille oder Sonnenbrille getragen werde, die jedoch notwendig sein könne, um eine bestmögliche Sicht des Fahrers zu gewährleisten. Hinzu komme, dass gerade für Brillenträger die Gefahr steige, dass diese während der Fahrt beschlage und hierdurch die Sicht zusätzlich beeinträchtigt werde. Auch wenn die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dem Infektionsschutz diene, seien die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs einer beruflichen Fahrgemeinschaft keine Maske trage, als gering einzuschätzen. Eine berufliche Fahrgemeinschaft bestehe aus einer überschaubaren Anzahl an Personen, die sich untereinander kennen, wodurch auch die Kontaktnachverfolgung möglich bleibe. Zudem könne auch durch eine Pflicht zur Testung vor Fahrtantritt ein hoher Grad an Sicherheit vor Ansteckung gewährleistet werden, ohne die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen.

Die Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, d.h. die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten.

Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus gegen die Regelungen des § 18 Abs. 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen zum Erlass von Ausgangsbeschränkungen durch die örtlich zuständigen Behörden enthält, gewandt hat, hat der 13. Senat eine einstweilige Außervollzugsetzung abgelehnt. Der Antrag sei teilweise bereits unzulässig, da § 18 Abs. 2 und 3 Corona-VO lediglich die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte für den Erlass von Ausgangsbeschränkungen regele und im Übrigen höhere Anforderungen an deren Erlass stelle, als gesetzlich vorgesehen seien. Hierdurch könne der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt werden. Soweit § 18 Abs. 4 Corona-VO vorsehe, dass bei einer 7-Tages-Inzidenz von mehr als 150 die örtlich zuständigen Behörden eine Ausgangsbeschränkung erlassen „sollen“, sei die einstweilige Außervollzugsetzung nicht dringend geboten. Aufgrund der Regelungen des Infektionsschutzgesetzes hätten die zuständigen Behörden ohnehin effektive Maßnahmen zu treffen, die sich an den Inzidenzen zu orientieren hätten. Somit konkretisiere § 18 Abs. 4 Corona-VO lediglich die gesetzlichen Regelungen, weshalb die mit dieser Regelung einhergehenden Einschränkungen für diese bloß ermessensleitende Vorschrift gering sei. § 18 Abs. 4 Corona-VO erfordere zudem noch einen Umsetzungsakt. Es sei deshalb zumutbar, unmittelbar gegen eine durch die örtlich zuständige Behörde erlassene Ausgangsbeschränkung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Eilantrag gegen Coronaeinreiseverordnung in NRW erfolglos

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass für Rückkehrer aus einem Virusvarianten-Gebiet in Nordrhein-Westfalen weiterhin eine 14-tägige Quarantänepflicht gilt (OVG Münster, Beschl. v. 16.04.2021 – 13 B 531/21.NE. Das Gericht hat damit den Antrag eines Ehepaars abgelehnt, das aus Südafrika zurückgekehrt ist. Die Eheleute hatten beantragt, die entsprechende Regelung in der Coronaeinreiseverordnung des Landes vorläufig außer Vollzug zu setzen. Diese sieht für die Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet grundsätzlich eine 14-tägige Absonderung (Quarantäne) vor, die nicht durch eine negative Testung abgekürzt werden kann.

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 16.04.2021 heißt es weiter:

„Als Virusvarianten-Gebiet ist ein Staat oder eine Region außerhalb Deutschlands definiert, für den im Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik ein besonders hohes Infektionsrisiko festgestellt wurde, weil dort bestimmte Varianten des Coronavirus SARS-CoV-2 verbreitet aufgetreten sind. Hierzu zählt nach der Einstufung durch das Robert Koch-Institut mit Blick auf die sogenannte südafrikanische Virusvariante unter anderem Südafrika. Bei sonstigen Risikogebieten besteht eine 10-tägige Quarantäne und man kann diese durch Testung vor der Einreise oder unmittelbar danach vermeiden bzw. durch einen späteren Test beenden.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Voraussetzung für die streitige Absonderungspflicht sei ein Ansteckungsverdacht. Dass ein solcher bei einer Einreise aus einem Risikogebiet in Form eines Virusvarianten-Gebiets und hier speziell aus Südafrika nicht bestehe, sei nach dem Prüfungsmaßstab im Eilverfahren jedenfalls nicht offensichtlich. Davon ausgehend komme die begehrte einstweilige Anordnung nicht in Betracht. Einen Ansteckungsverdacht unterstellt, sei die angegriffene Absonderungspflicht voraussichtlich weder unverhältnismäßig noch gleichheitswidrig. Die Einschätzung, dass Virusvarianten das Infektionsgeschehen negativ beeinflussen könnten, sei schlüssig. Soweit es die südafrikanische Virusvariante betreffe, werde in der Wissenschaft eine höhere Übertragbarkeit diskutiert. Ferner wiesen mehrere Studien darauf hin, dass Menschen, die mit der ursprünglichen Variante infiziert waren oder einen auf dieser beruhenden Impfstoff erhalten haben, weniger gut vor einer Infektion mit der südafrikanischen Virusvariante geschützt sein könnten. Wegen dieser möglichen Eigenschaften bestehe grundsätzlich ein hohes öffentliches Interesse daran, die weitere Eintragung und Verbreitung im Landesgebiet zu verhindern. Insofern sei auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber sich anders als nach der Einreise aus einem sonstigen Risikogebiet nicht mit einer lediglich 10-tägigen Quarantäne begnüge und auch die Möglichkeit einer Freitestung nicht vorsehe. Die mit der Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet verbundenen Gefahren rechtfertigten es, dass der Verordnungsgeber besonders strenge Schutzmaßnahmen ergreife und Restrisiken, die im Falle einer Freitestung oder kürzeren Quarantäne bestünden, noch stärker reduziere, als dies ansonsten der Fall sei. Vor diesem Hintergrund falle die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller aus.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“                                                           

  1. OVG des Saarlandes weist Eilantrag gegen „Testpflichten“ nach dem sog. „Saarland-Modell“ zurück

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes hat einen Eilantrag eines Bürgers auf Außervollzugsetzung von Vorschriften zu Testpflichten in der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP)[1] zurückgewiesen (OVG Saarlouis, Beschl. v. 16.04.2021 – 2 B 95/21).

In der Pressemitteilung 16/21 des Gerichts v. 19.04.2021 heißt es:

„Der Antragsteller wehrte sich unter Berufung auf seine Grundrechte gegen Regelungen, nach denen er nur mit negativem Corona-Test beispielsweise Gastronomiebetriebe aufsuchen oder an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen dürfe. Außerdem wandte er sich dagegen, dass er bei erhöhtem Infektionsgeschehen nur mit einem negativen Test Einkäufe über die Grundversorgung hinaus erledigen dürfe.

Sowohl bei einer prognostischen Beurteilung als auch bei einer Folgenbetrachtung ist nach Auffassung des Senats die beantragte vorläufige Aussetzung der Vollziehung von Vorschriften der geltenden Corona-Rechtsverordnung nicht gerechtfertigt. Ob die Verordnung eine ausreichende Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz (IfSG) des Bundes finde, könne dabei im vorliegenden Eilverfahren nicht ausreichend geklärt werden. Bei summarischer Überprüfung lasse sich aber kein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht feststellen. Hinsichtlich des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) sei es ein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Verbreitung des Virus Covid-19, dass die Nutzung von Kulturveranstaltungen, der Gastronomie und des Einzelhandels von der Vorlage eines negativen SARS-CoV-2-Tests abhängig gemacht werde. Die deutliche Ausweitung der Tests stelle nach dem von der Landesregierung verfolgten „Saarland-Modell“ einen ganz wesentlichen Baustein dar, um in verschiedenen Bereichen die Gewährleistung von bestimmten Grundfreiheiten zu ermöglichen. Auch stelle die gerügte Ungleichbehandlung von getesteten und ungetesteten Gästen und Kunden im Geschäfts- und Sozialleben voraussichtlich keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) dar. Der sachliche Grund hierfür liege in dem erhöhten Schutz vor einer Infektionsgefahr, wenn ein negativer Test vorgelegt werde. Auch bei einer Folgenabwägung hätten die Interessen des Antragstellers hinter den schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen an einer Eindämmung des immer noch dynamischen Infektionsgeschehens zurückzutreten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

  1. Kein Schutz durch die Betriebsschließungsversicherung

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verneint für den ihm zur Entscheidung vorgelegten Fall einen Schutz des Betreibers einer Gaststätte durch die von diesem mit einer Betriebsschließungsversicherung geschlossenen Versicherungsvertrag (OLG Stuttgart, Urt. v. 15.02.20201 – 7 U 351/20, DB 2021, 728).

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Der Klägerin stehen Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung infolge der Einstellung ihres Gaststättenbetriebs ab dem 22.03.2020 nicht zu.

  1. Nach Ziff. 1 AVB leistet der Versicherer Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger im Einzelnen benannte Anordnungen trifft. Unter Ziff. 1.2 AVB werden meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger definiert:

´Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:´

Es folgt unter a) eine Auflistung von Krankheiten, unter b) eine solche von Krankheitserregern. Nicht genannt sind die ´Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)´, die mit Geltung ab dem 23.05.2020 bei § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. t IfSG aufgeführt ist, oder das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2), die nunmehr in § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG angeführt sind.

  1. Diese unterbliebene Benennung der ´Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)´ bzw. von SARS-CoV und von SARS-CoV-2 in Ziff. 1.2 AVB führt hier dazu, dass ein Versicherungsschutz nicht besteht.“

Siehe auch OLG Hamm, Beschl. v. 15.07.2020 – 20 W 21/20, DB 2021, 731 [kein Schutz durch die Betriebsschließungsversicherung bei namentlich aufgeführten Krankheiten und Krankheitserregern]

  1. Ausschluss von Schülern vom Präsenzunterricht bei fehlender Einwilligung in Corona-Schnelltests im Landkreis Burgenlandkreis voraussichtlich rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat entschieden, dass der Ausschluss von Schülern vom Präsenzunterricht bei fehlender Einwilligung in Corona-Schnelltests im Landkreis Burgenlandkreis voraussichtlich rechtmäßig ist (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 16.04.2021 – 3 R 94/21).

In der Pressemitteilung 6/2021 des Gerichts v. 19.04.2021 heißt es:

„Mit Beschluss vom 16. April 2021 hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in einem Normenkontrollverfahren einen Eilantrag eines Schülers und einer Schülerin sowie von deren Eltern (Antragsteller) abgelehnt, der sich gegen den im Landkreis Burgenlandkreis (Antragsgegner) im Rahmen eines Modellprojekts angeordneten Ausschluss von Schülerinnen und Schülern, für die keine Zustimmungserklärung zur Teilnahme an Corona-Schnelltests vorliegt, vom Präsenzunterricht in Schulen richtet.

Nach § 3a der Dritten Verordnung des Burgenlandkreises zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und zur Bekämpfung der Coronavirus-Krankheit COVID-19 vom 29. März 2021 in der Fassung vom 6. April 2021 findet ab dem 8. April 2021 für Schülerinnen und Schüler, für die keine rechtsgültige schriftliche Zustimmungserklärung zur Teilnahme an in der Schule und unter Aufsicht der Schule angebotenen Antigen-Schnelltest auf das Coronavirus SARS-CoV-2 vorliegt, der Unterricht ausschließlich als Distanzunterricht statt. Der Zutritt zum Schulgelände und zum Hortgelände ist diesen Schülerinnen und Schülern untersagt.

Die im vorliegenden Verfahren antragstellende Schülerin und der antragstellende Schüler besuchen die erste bzw. die dritte Klasse einer Grundschule im Hoheitsbereich des Antragsgegners. Sie sowie ihre Eltern machen geltend, die angegriffene Verordnung des Landkreises Burgenlandkreis sehe faktisch eine Testpflicht für Schüler vor. Die damit verbundene Einschränkung des Schulrechts sei nicht zu rechtfertigen. Zudem fehle es an der rechtlichen Grundlage für die angegriffene Verordnungsregelung. Derartige Testungen der Schüler seien zudem nicht notwendig.

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat hierfür im Wesentlichen ausgeführt:

Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweise sich die angegriffene Regelung jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Rechtliche Grundlage für die angegriffene Regelung sei § 13 Abs. 1 der Elften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 25. März 2021, wonach die Landkreise und kreisfreien Städte ermächtigt werden, auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes für ihren Bezirk oder für Teile des Bezirkes weitergehende Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zu erlassen. Die Voraussetzungen hierfür seien im Landkreis Burgenlandkreis erfüllt, weil dort im maßgeblichen Zeitpunkt des Verordnungserlasses die 7-Tage-Inzidenz bei 273 gelegen habe und damit deutlich über dem Schwellenwert von 35, ab dessen Erreichen der Landesverordnungsgeber die Landkreise und kreisfreien Städte ermächtigt habe, weitergehende Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zu erlassen.

Die mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffe seien voraussichtlich auch verhältnismäßig. Die Untersagung des Zutritts von Schülerinnen und Schülern zum Schulgelände, bei denen keine Zustimmung zur Teilnahme an den in der Schule angebotenen Antigen-Schnelltests vorliegt, erscheine nicht als von vornherein ungeeignetes Mittel, um das mit der Maßnahme verfolgte – legitime – Ziel zu erreichen, zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems die Entstehung neuer Infektionsketten bei Fortführung des Präsenzbetriebs in den Schulen und damit verbunden die weitere Verbreitung der COVID-19-Krankheit zu verhindern. Ohne diese Maßnahme wäre das Risiko, dass sich durch den Präsenzunterricht in den Schulen die Ausbreitung des Coronavirus verstärkt, wesentlich höher. Gerade weil ein besonders rascher Anstieg der Infektionen bei Kindern und Jugendlichen beobachtet werde und angesichts einer erhöhten Übertragbarkeit der Virusmutationen wie der in Deutschland hauptsächlich zirkulierenden Variante B.1.1.7 erscheine es jedenfalls zur Vermeidung der Entstehung weiterer Infektionsketten förderlich, wenn die Teilnahme am Präsenzunterricht nur denjenigen gestattet werde, für die eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten zur Durchführung von Antigen-Schnelltests vorliegt. Andere Maßnahmen, die die gleiche Wirkung hätten, seien nicht offensichtlich. Schließlich erweise sich die Maßnahme voraussichtlich als verhältnismäßig im engeren Sinne. Dabei könne offenbleiben, ob mit einer Testung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schüler (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) verbunden sei. Ein solcher Eingriff wäre jedenfalls im Vergleich zu den Gefahren, die für die körperliche Unversehrtheit und das Leben einer Vielzahl anderer Menschen im Fall einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus entstehen, als deutlich geringfügiger anzusehen. Gleiches gelte für die mit der Maßnahme verbundenen Einschränkungen der Schüler in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der Eltern in ihrem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch nachfolgend Nr. 487!

  1. Keine vorläufige Außervollzugsetzung der Testpflicht für den Schulbesuch in Niedersachsen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 13 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. April 2021, (im Folgenden: Corona-VO) und des hierin bestimmten testabhängigen Zutrittsverbots zu einem Schulgelände während des Schulbetriebs abgelehnt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.04.2021 – 13 MN 192/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.04.2021 heißt es weiter:

„Gegen diese Regelung hatten sich drei Schüler aus dem Landkreis Harburg mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Sie hatten im Wesentlichen geltend gemacht, die angegriffenen Bestimmungen verletzten sie in ihren Grundrechten auf Achtung der Menschenwürde aus Art. 1 GG, auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 GG und auf Erziehung und Betreuung durch ihre Eltern aus Art. 6 GG. Die Anordnung der Testpflicht obliege allein den zuständigen Gesundheitsbehörden und nicht den Schulen. Außerdem sei die Testpflicht willkürlich und unverhältnismäßig. Die eingesetzten Antigen-Schnelltests seien nicht in der Lage, die Infektiosität einer Person nachzuweisen oder ein Infektionsgeschehen zu ermitteln. Deswegen dürfe der Schulbesuch, auf den ein Rechtsanspruch bestehe, nicht von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht werden.

Der 13. Senat ist den Argumenten nicht gefolgt und hat den Antrag abgelehnt.

Das in § 13 Abs. 4 Corona-VO angeordnete Verbot, das Schulgelände während des Schulbetriebs zu betreten (§ 13 Abs. 4 Satz 1 Corona-VO), wenn nicht der Nachweis der zweimaligen Durchführung eines von der Schule zur Verfügung gestellten Selbsttests in der Woche geführt wird oder nicht unmittelbar nach dem Betreten des Geländes der Schule ein Selbsttest durchgeführt wird, und der Test ein negatives Ergebnis aufweist (§ 13 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 Corona-VO), sowie die verordnete Verpflichtung, die Schulleitung über ein positives Testergebnis zu informieren (§ 13 Abs. 4 Satz 6 Corona-VO) beruhten auf § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und erwiesen sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig

Die Bestimmungen seien hinreichend bestimmt. Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des Senats und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens sei auch weiterhin davon auszugehen, dass die materielle Rechtmäßigkeit der Niedersächsischen Corona-Verordnung im Hinblick auf das ´Ob´ eines staatlichen Handelns keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt sei. Auch der durch die streitgegenständliche Verordnungsregelung betroffene Adressatenkreis sei nicht zu beanstanden. Nach der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts beträfen COVID-19-bedingte Ausbrüche zunehmend auch Schulen, so dass für Schülerinnen und Schüler und für das Schulpersonal als Adressaten des testabhängigen Zutrittsverbots nach § 13 Abs. 4 Corona-Verordnung ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr bestehe.

Die in der streitgegenständlichen Verordnungsregelung getroffenen Schutzmaßnahmen seien auch in ihrem konkreten Umfang als notwendige Infektionsschutzmaßnahmen anzusehen. Die Eignung werde nicht dadurch infrage gestellt, dass jeder Corona-Test immer nur eine Momentaufnahme sei. Es sei zwar nicht in Abrede zu stellen, dass die Genauigkeit der zur Anwendung zugelassenen Selbsttests insbesondere hinter der einer molekularbiologischen Untersuchung mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR-Testung) zurückbleibe. Dies allein stelle die Eignung zur Erkennung von tatsächlich gegebenen SARS-CoV-2-Infektionen aber nicht infrage. Zwar lägen die Durchführung der Selbsttests und die Feststellung des Testergebnisses allein in der Verantwortung der genannten Personen, so dass hierdurch die Fehleranfälligkeit erhöht sein könne. Es beständen aber keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Schülerinnen und Schülern, deren Eltern und auch das Schulpersonal in nennenswertem Umfang geschweige denn flächendeckend den an sie gestellten Anforderungen an die eigenverantwortliche Testdurchführung nicht genügen könnten oder nicht genügen wollten.

Die getroffenen Schutzmaßnahmen erwiesen sich schließlich auch als angemessen, da – soweit ein Grundrechtseingriff zu bejahen sei – dieser nur von geringem Gewicht sei. Der Zutritt zu einem Schulgelände während des Schulbetriebs und damit auch die Teilnahme am Präsenzunterricht werde zwar von dem Nachweis abhängig gemacht, nicht mit SARS-CoV-2 infiziert zu sein. Dieser Nachweis könne aber u.a. auch ohne Weiteres durch einen Selbsttest geführt werden, der die Betroffenen lediglich geringe belaste. Zwar könnten falsch-positive Testergebnisse zu Belastungen für die getestete Person und den öffentlichen Gesundheitsdienst führen. Diese Belastungen sei für die getestete Person bis zu einer Klärung durch eine PCR-Testung aber nur von kurzer Dauer und führen daher nicht zur Unangemessenheit des testabhängigen Zutrittsverbots.

Die minderjährigen Schülerinnen und Schüler in der richtigen Anwendung der Selbsttests zu unterweisen, sie über die Bedeutung der Selbsttests und auch sonst des eigenverantwortlichen Handelns in der Pandemiebekämpfung aufzuklären und sie im Umgang selbst mit positiven Testergebnissen vertrauensvoll zu begleiten, sei zuvörderst Aufgabe und zugleich Pflicht der Eltern. Im Übrigen könne der Selbsttestung letztlich regelmäßig durch eine Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht ausgewichen werden.

Die verbleibende Belastung für die vom testabhängigen Zutrittsverbot betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie das Schulpersonal sei angemessen und daher von ihnen hinzunehmen, da das testabhängige Zutrittsverbot der staatlichen Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Vorschub leiste, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und der Verwirklichung des Rechts auf Bildung nach Art. 4 Abs. 1 NV diene, indem Präsenzunterricht bei deutlicher Reduktion des Infektionsrisikos in der Schule ermöglicht werde.

Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Siehe auch vorhergehend Nr. 486!

  1. Allgemeinverfügung mit nächtlichen Kontaktbeschränkungen des Landkreises Gießen gilt auch für Geimpfte

Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung des Landkreises Gießen auch für Geimpfte gilt (VG Gießen, Beschl. v. 19.04.2021 – 9 L 1432/21.GI).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 19.04.2021 heißt es:

„Mit einem soeben den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen einen Eilantrag zweier Antragsteller gegen zusätzliche nächtliche Kontaktbeschränkungen der aktuellen Allgemeinverfügung des Landkreises Gießen abgelehnt.

Der Landkreis Gießen hat in der aktuellen Fassung seiner Allgemeinverfügung unter anderem weitergehende Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum geregelt (Nr. 5 der 23. Allgemeinverfügung in der aktuellen Fassung vom 10. April 2021).

Bereits durch die Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung des Landes Hessen ist aktuell eine Kontaktbeschränkung auf Zusammenkünfte im öffentlichen Raum von maximal fünf Personen zweier Hausstände verfügt – Kinder bis einschließlich 14 Jahren sind hierbei ausgeklammert. Darüber hinaus gehend hat der Landkreis Gießen in seiner aktuellen Allgemeinverfügung geregelt, dass an genau bezeichneten Plätzen, Orten und Anlagen im Bereich des Landkreises Gießen der Aufenthalt in der Zeit von 21 bis 5 Uhr nur im Kreis der Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes bis zu einer Gruppengröße von insgesamt drei Personen gestattet ist. Kinder bis zum Alter von 14 Jahren seien hierbei mitzuzählen.

Gegen diese Regelung haben sich die Antragsteller im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens gewandt. Sie haben zum einen geltend gemacht, dass die weitergehende Kontaktbeschränkung sie unverhältnismäßig in ihren Grundrechten einschränke. Zudem haben die Antragsteller angegeben, dass sie selbst bereits vollständig gegen eine COVID-19-Erkrankung geimpft und deshalb von jeglichen Schutzmaßnahmen auszunehmen seien.

Das Verwaltungsgericht Gießen hat hingegen festgestellt, dass die von dem Landkreis verfügten Maßnahmen nicht offensichtlich rechtswidrig seien. Kontaktbeschränkungen seien zur Eindämmung der Pandemie grundsätzlich geeignet und angesichts des Ausmaßes des Infektionsgeschehens im Landkreis Gießen mit aktuell wieder steigender Inzidenz auch notwendig.

Mangels wissenschaftlich hinreichend gesicherter Erkenntnisse sei es auch aktuell nicht geboten, Personen, die bereits gegen eine COVID-19-Erkrankung geimpft sind, als Adressaten von entsprechenden Schutzmaßnahmen auszuklammern. Insbesondere könne derzeit noch nicht hinreichend genau beziffert werden, in welchem Maße eine Impfung die Übertragung des Virus reduziere. Eine entsprechende Sachaufklärung sei im Rahmen eines Eilverfahrens nicht möglich. Die aus diesen Gründen von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Interessen- und Folgenabwägung ging zu Lasten der Antragsteller aus. Der Schutz von Leib und Leben von Menschen sowie die Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit des staatlichen Gesundheitssystems würden hier die allgemeine Handlungsfreiheit und Freizügigkeit der Antragsteller überwiegen.

Die Entscheidung (Beschluss vom 19.04.2021, Az.: 9 L 1432/21.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.“

  1. Quarantäne für Altenheimbewohnerin in NRW rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat dem Eilantrag einer Bewohnerin eines Altenpflegeheims in Altenberge stattgegeben, die sich gegen die Anordnung ihrer isolierten Versorgung wegen des Kontakts zu einer mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) infizierten Person gewandt hatte (VG Münster, Beschl. v. 19.04.2021 – 5 L 255/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 20.04.2021 heißt es weiter:

„Nachdem der Kontakt der Antragstellerin zu einer infizierten Person festgestellt worden war, ordnete die Gemeinde Altenberge mit Ordnungsverfügung vom 12. April 2021 die Absonderung der Antragstellerin vom 8. bis zum 26. April 2021 an. In dieser Zeit sei es ihr untersagt, ihre Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes zu verlassen und Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehörten. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin an das Gericht unter anderem mit der Begründung: Sie sei bereits vollständig geimpft worden. Auch sei ein am 9. April 2021 durchgeführter PCR-Test negativ ausgefallen. Aus gesundheitlichen Gründen sei sie dringend auf Bewegung angewiesen. Ihre vollständige Isolierung in ihrer kleinen Wohnung im Pflegeheim für die Dauer von 21 Tagen sei daher unverhältnismäßig.

Diesem Eilantrag gab das Verwaltungsgericht Münster nunmehr statt. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig. In Bezug auf die Antragstellerin lasse sich zwar eine hinreichend wahrscheinliche Aufnahme von Krankheitserregern infolge eines Kontakts mit einer infizierten Person auch unter Berücksichtigung zweier bereits erfolgter Impfungen nicht verlässlich ausschließen. Auch führe ein negatives PCR-Testergebnis allein nicht dazu, dass die Absonderungsverfügung aufzuheben wäre. Es lägen allerdings Ermessensfehler vor. Zwar sei die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zu folgen, mit Blick auf die Zielrichtung der Absonderungsverfügung geeignet, als Mittel erforderlich und bringe im Regelfall die gegenläufigen Grundrechtspositionen zu einem vertretbaren Ausgleich. Allerdings lasse sich der Ordnungsverfügung nicht entnehmen, dass die Antragsgegnerin die individuellen Belange der Antragstellerin in ihre Erwägungen eingestellt habe. Hierbei sei vor allem zu beachten, dass die Absonderung von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen im Vergleich zu Personen, die sich im eigenen häuslichen Umfeld absondern müssten, für diese mit besonderen Belastungen verbunden sei. So habe die Antragstellerin unwidersprochen angegeben, aus gesundheitlichen Gründen dringend auf Bewegung angewiesen zu sein. Gleichwohl habe die Antragsgegnerin nicht einmal erwogen, der Antragstellerin Ausnahmen von der grundsätzlichen Absonderungspflicht zu ermöglichen. Dies hätte aber mit Blick auf die ohne Weiteres mögliche Ausstattung der Antragstellerin mit FFP2-Masken oder weitergehender Schutzkleidung – ebenso wie dies bezogen auf das Pflegepersonal gehandhabt werde – sowie durch die gleichermaßen mögliche Verhinderung des Zusammentreffens mit anderen Bewohnern für das zeitweise Verlassen ihres Zimmers zum Zwecke der körperlichen Betätigung nahegelegen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.“

  1. Das Fa­mi­li­en­ge­richt hat keine Be­fug­nis, An­ord­nun­gen ge­gen­über Be­hör­den und Ver­tre­tern von Be­hör­den als Trä­ger öf­fent­li­cher Ge­walt zu tref­fen

Das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Wei­mar hält eine Ent­schei­dung des Amts­ge­richts Weimar gegen die Mas­ken­pflicht im Un­ter­richt für „of­fen­sicht­lich rechts­wid­rig“ (VG Weimar, Beschl. v. 20.04.2021 – 8 E 416/21 We). Das Fa­mi­li­en­ge­richt habe keine Be­fug­nis, An­ord­nun­gen ge­gen­über Be­hör­den und Ver­tre­tern von Be­hör­den als Trä­ger öf­fent­li­cher Ge­walt zu tref­fen. Die ge­richt­li­che Kon­trol­le von Be­hör­den­han­deln ob­lie­ge al­lein den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten.

  1. Die Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler in Bremen wird vorläufig außer Vollzug gesetzt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hat entschieden, dass die Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler in Bremen vorläufig außer Vollzug gesetzt wird (OVG Bremen, Beschl. v. 20.04.2021 – 1 B 178/21 und 1 B 180/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21.04.2021 heißt es:

„Die Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler wird wegen eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Testpflicht als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht bleibt bestehen. Das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen hat mit Beschlüssen vom 20.04.2021 in  zwei Verfahren über Eilanträge von Grundschülern entschieden. In einem Verfahren (1 B 178/21) wandten sich die durch ihre Eltern vertretenen Kinder gegen die in der 24. Coronaverordnung angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für  Grundschülerinnen  und  Grundschüler ab einem Inzidenzwert von 100. Im anderen Verfahren (1 B 180/21) wandten sich die Antragsteller zusätzlich gegen die Regelung, dass der Zutritt zum Schulgelände – und damit die Teilnahme am Präsenzunterricht – nur unter Vorlage eines Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem negativen Testergebnis zulässig ist.“

  1. Heide-Park Soltau darf unter strengen Hygieneauflagen öffnen

Der Heide-Park Soltau darf unter strengen Hygieneauflagen öffnen; das hat das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg entschieden (VG Lüneburg, Beschl. v. 20.04.2021 – 6 B 40/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21.04.2021 heißt es:

„Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg hat mit Beschluss vom 20. April 2021 in einem Eilverfahren vorläufig festgestellt, dass die Antragstellerin, die Betreiberin des Heide-Parks Soltau, ihren Freizeitpark unter Einhaltung eines strengen Hygienekonzepts öffnen darf, und sie damit einstweilen von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Schließung von u. a. Freizeitparks ausgenommen (Az.: 6 B 40/21).

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass das Öffnungsverbot die Antragstellerin angesichts des von ihr erarbeiteten umfassenden Hygienekonzepts in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) unverhältnismäßig einschränke. Schon das Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts habe in einem Beschluss im März 2021 ausgeführt, gegenüber der generellen Schließung von Freizeitparks für den Publikumsverkehr könne es in ihrer Eingriffswirkung für den Betriebsinhaber mildere, im Hinblick auf die Verhinderung der Virusverbreitung aber ähnlich effektive Mittel wie insbesondere eine Öffnung unter Einhaltung eines Hygienekonzepts geben. Hier sei ein solches milderes Mittel gegeben. Das von der Antragstellerin erarbeitete Hygienekonzept, das insbesondere Test- und Maskenpflicht, ein Testzentrum sowie Zugangsbeschränkungen auf 50 % der Maximalkapazität vorsehe, verhindere die Virusverbreitung ähnlich effektiv wie eine Schließung. Zusätzlich zu ihrem Hygienekonzept sei der Antragstellerin nur aufzuerlegen, alle im Publikumsbereich eingesetzten Mitarbeiter vor Arbeitsantritt auf eine Covid-Infektion zu testen. Würden diese Maßgaben umgesetzt, könne der Besuch des Freizeitparks – wie der Besuch eines Tierparks oder eines Zoos auch – mit einem Spaziergang verglichen werden, soweit sich die Gäste zwischen den Fahrgeschäften fortbewegten. Soweit es an bestimmten Orten zum Verweilen und Warten von Besuchern kommen könne, sei durch das Hygienekonzept sichergestellt, dass sich keine infektionsrelevanten Menschenansammlungen bildeten. Insofern sei im Hinblick auf die Infektionsgefahr auch kein qualitativer Unterschied zu den in der Niedersächsischen Corona-Verordnung vorgesehenen „Modellprojekten“ und „Modellprojekten Messen“ zu erkennen, deren Sicherheitsanforderungen in § 18b Abs. 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (Testpflicht, Datenerhebung) geregelt seien. Vielmehr habe der Betrieb der Antragstellerin den Vorteil, dass er anders als Ladengeschäfte in Innenstädten und Messen fast ausschließlich im Freien stattfinde.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Dem Antragsgegner steht binnen zwei Wochen die Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu.“

  1. „Querdenker“-Demonstration bleibt verboten

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat entschieden, dass die sog. „Querdenker“-Demonstration verboten bleibt (VG Berlin, Beschl. v. 21.04.2021 – VG 1 L 236/21).

In der Pressemitteilung Nr. 23/2021 v. 21.04.2021 heißt es:

„Das Verwaltungsgericht Berlin hat das von der Berliner Polizei ausgesprochene Versammlungsverbot für eine Demonstration aus Anlass der Befassung des Bundestages mit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes am 21. April 2021 bestätigt.

Die 1. Kammer hat das Verbot in Anwendung des im Februar 2021 in Kraft getretenen Versammlungsfreiheitsgesetzes Berlin bestätigt, wonach eine Versammlung unter freiem Himmel bei einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten werden kann. Mit der beabsichtigten Durchführung der Versammlung gingen unmittelbare Gefahren für das Grundrecht Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit einher. Diese Rechtsgüter seien gefährdet, weil die Versammlungsteilnehmer nach der plausiblen Gefahrenprognose des Antragsgegners die zur Vermeidung von Infektionen zwischen ihnen einzuhaltenden Mindestabstände voraussichtlich nicht beachten würden. Ausschlaggebend seien die negativen Erfahrungen mit der Durchführung von zahlreichen Versammlungen seit Oktober 2020, die jeweils einen vergleichbaren Teilnehmerkreis aus der „Querdenker-Szene“ angesprochen hätten. Deren behauptete Rechtstreue sei ein bloßes Lippenbekenntnis. Deshalb sei zu erwarten, dass die Antragsteller aufgrund ihrer offen gezeigten ablehnenden Haltung sowohl gegenüber staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen und als auch versammlungsrechtlichen Beschränkungen gerade nicht zuverlässig die Gewähr bieten würden, auf die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Anforderungen effektiv hinzuwirken. Zu ihrer Abwehr habe die Versammlungsbehörde in Wahrnehmung ihrer Schutzpflicht ein Verbot aussprechen dürfen, welches auch unter Berücksichtigung des hohen Gutes der Versammlungsfreiheit unter den gegebenen Umständen verhältnismäßig sei.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.“

  1. Kündigung wegen Covid-19-Quarantäne unwirksam

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20 – die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses für unwirksam erklärt, die ein Arbeitgeber aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne gegenüber seinem Arbeitnehmer ausgesprochen hatte.*

Der Arbeitnehmer befand sich auf telefonische Anordnung des Gesundheitsamts im Oktober 2020 als Kontaktperson des positiv auf Covid-19 getesteten Bruders seiner Freundin in häuslicher Quarantäne. Hierüber informierte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, einen kleinen Dachdeckerbetrieb. Der Arbeitgeber bezweifelte die Quarantäneanordnung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung „drücken“. Er verlangte eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes, die der Arbeitnehmer auch beim Gesundheitsamt telefonisch einforderte. Als diese schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlag, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Zwar fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, so dass der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Kündigungsgrund für die Rechtswirksamkeit einer fristgerechten Kündigung vor Gericht darlegen muss. Das Gericht sah die Kündigung jedoch als sittenwidrig und treuwidrig an. Der Arbeitnehmer habe sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend kam nach Auffassung des Gerichts hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

*Quelle: Pressemitteilung des ArbG Köln Nr. 1/2021 v. 21.04.2021

  1. Wirksame Rücktrittserklärung bei einer vor Pandemie-Beginn gebuchten Reise bei bestehender Reisewarnung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung

Das Amtsgericht (AG) Hannover hat entschieden, dass der Reisende bei einer vor Pandemie-Beginn gebuchten Reise bei bestehender Reisewarnung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung wirksam von der Reise zurücktreten kann (AG Hannover, Urt. v. 09.04.2021 – 502 C 12946/20).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 22.04.2021 heißt es:

„Am 09.04.2021 hat das Amtsgericht Hannover durch den Richter am Amtsgericht Reinhard Wiehe ein Reiseunternehmen aus Hannover zur Rückzahlung einer Anzahlung für eine gebuchte Reise nach Ägypten in Höhe von 515,00 € verurteilt.

Das Gericht hatte in dem anhängigen Zivilverfahren zu entscheiden, ob eine Rücktrittserklärung des Klägers wirksam war. Die Buchung der Reise wurde zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als mit der Entwicklung der Pandemie noch nicht zu rechnen war. Die Rücktrittserklärung hingegen ist zum Zeitpunkt der Gültigkeit einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes erfolgt.

Nach den Feststellungen des Gerichts buchte der Kläger bei dem Reiseunternehmen für sich und seine Ehefrau am 02.01.2020 eine Pauschalreise mit Flug von Frankfurt nach Hurghada und zurück nebst Aufenthalt in einem Hotel in El Quseir für die Zeit vom 25.12.2020 bis 08.01.2021 für 2.060,00 €. Vereinbarungsgemäß leistete er eine Anzahlung in Höhe von 515,00 €.

Mit Schreiben vom 15.09.2020 erklärte der Kläger unter Berufung auf durch die Corona-Pandemie veranlasste außergewöhnliche Umstände den Rücktritt vom Pauschalreisevertrag. Das beklagte Reiseunternehmen erteilte dem Kläger unter Berufung auf in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Stornobedingungen eine Stornorechnung über 824,00 €. Der Kläger beauftragte danach einen Rechtsanwalt und ließ diesen mit Schreiben vom 19.11.2020 zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auffordern und die Gegenforderung auf Zahlung von Stornokosten zurückweisen.

Der Kläger begründet seine Klage auf Rückzahlung mit den am Bestimmungsort aufgetretenen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt hätten.

Hierzu bezieht er sich auf die vom Auswärtigen Amt am 15.03.2020 veröffentlichte weltweite Reisewarnung. In dieser heißt es: „Das Auswärtige Amt warnt vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland, da mit starken und weiter zunehmenden drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und weltweiten Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen ist. Das Risiko, dass Sie ihre Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten können, ist in vielen Destinationen derzeit hoch.“

Jedermann habe im September 2020 klar sein müssen, dass eine Pauschalreise nach Ägypten im Dezember 2020 nicht stattfinden könne, da eine Infektionswelle zu erwarten gewesen sei.

Das beklagte Reiseunternehmen ist hingegen der Auffassung, die Reise sei zum Zeitpunkt des Rücktritts weder durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt gewesen, noch sei absehbar gewesen, dass dies der Fall sein werde. Insbesondere sei die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes kein Anlass für eine kostenlose Stornierung. Etwaige Sicherheitsmaßnahmen und Hygienevorschriften hätten den Kläger ebenso in der Bundesrepublik treffen können, dies gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Die vereinbarte Stornopauschale von 40 % sei angemessen. Dies entspreche dem branchenüblichen Schaden.

Der Kläger hat nach der Entscheidung des Gerichts gegen das beklagte Reiseunternehmen einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung gemäß § 651h Abs. 5 BGB, da dieser vom Vertrag zurückgetreten ist und das beklagte Reiseunternehmen hierdurch den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verloren hat, § 651h Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB.

Das Reiseunternehmen hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe der geleisteten Anzahlung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BGB in Verbindung mit der in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegten Stornoklausel.

Gemäß § 651h Abs. 3 BGB kann der Reiseveranstalter nämlich dann keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Nach ersichtlich herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ist für die Beurteilung dieser Voraussetzungen darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine nicht nur unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass die Reise aufgrund der Covid-19-Pandemie erheblich beeinträchtigt sein würde.

Hiervon ist aufgrund des Vortrags der Parteien und aufgrund der allgemeinkundigen Umstände auszugehen. Maßgeblich ist dabei, dass für das außereuropäische Ausland, mithin auch für das hier gegenständliche Reiseziel Ägypten, die im Tatbestand zitierte Reisewarnung des Auswärtigen Amtes zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung Bestand hatte. Nach dem Inhalt der Reisewarnung war damit zu rechnen, dass die Reise aufgrund behördlicher Anordnungen, nämlich aufgrund eines generellen Einreiseverbotes oder aufgrund eines Verbotes des Hotelbetriebs vereitelt werden würde. Es war zudem nach ihrem Inhalt damit zu rechnen, dass im Fall der Möglichkeit der Einreise und des Hotelaufenthaltes die Reise erheblich beeinträchtigt sein würde. Hier kam es insbesondere in Betracht, dass aufgrund behördlicher Anordnungen die Bewegungsfreiheit der Reisenden vor Ort derart eingeschränkt sein könnte, dass der Zweck eines Erholungs- und Badeurlaubes nicht mehr erreicht werden könnte. Schließlich kam es in Betracht, dass aufgrund behördlicher Anordnungen die Reise abgebrochen werden müsste oder die Rückreise nicht zur vertraglich vereinbarten Zeit erfolgen könnte.

Aufgrund der gegebenen Umstände bestand zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung für eine Vereitelung oder eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise auch eine erhebliche Wahrscheinlichkeit. Im September 2020 wurde – dies ist allgemeinkundig – von vielen Vertretern aus Politik und Wissenschaft über die Medien die Erwartung geäußert, dass die Pandemie sich in den folgenden Wochen wieder weltweit verstärkt ausbreiten werde. Diese durch die tatsächliche Entwicklung bestätigte Erwartung hat in der Zeit ab November 2020 auch zu entsprechenden Beschränkungen touristischer Aktivitäten geführt.

Der Ansicht des Reiseunternehmens, die pandemiebedingten Auswirkungen gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko und seien kein Reisemangel, ist nicht zu folgen. Die drohenden behördlichen Restriktionen führen im Fall ihres Eintritts dazu, dass sich die Reise nicht mehr im Sinne des § 651i Abs. 2 Nummer 1 BGB für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen des gebuchten Erholungsurlaubes eignet. Es ist danach unerheblich, inwieweit durch im Zusammenhang mit der Pandemie getroffene obrigkeitliche Anordnungen auch zu einer Beeinträchtigung der allgemeinen Lebensumstände führen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es sind bei den Gerichten eine Vielzahl von Klagen anhängig, die die Frage zum Gegenstand haben, ob bei einem Rücktritt im Zusammenhang mit der Pandemie die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB gegeben sind. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Obergerichtliche Rechtsprechung existiert bislang nicht. Das Gericht hat daher die Berufung gegen das Urteil zugelassen, da dieses zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.“

  1. (Immer noch) keine freie Wahl beim Impfstoff

Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen hat entschieden, dass es derzeit keine freie Wahl beim Impfstoff gebe (VG Aachen, Beschl. v. 21.04.2021 – 7 L 243/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21.04.2021 heißt es dazu wie folgt:

„Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen den Eilantrag eines 61-jährigen Antragstellers abgelehnt und entschieden, dass dieser keinen Anspruch darauf hat, nur mit dem Impfstoff der Firma BioNTech/Pfizer gegen das Coronavirus geimpft zu werden.

Nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) vom 1. April 2021 ist der Impfstoff des Unternehmens AstraZeneca aufgrund des erhöhten Risikos für thromboembolische Ereignisse im Regelfall nur noch für Personen im Alter von über 60 Jahren zu verwenden. Für sie ist prioritär eine Impfung mit diesem Vakzin vorgesehen. Gegen diese prioritäre Zuweisung hatte sich der Antragsteller gewandt und begehrt, allein mit dem Impfstoff der Firma BioNTech/Pfizer geimpft zu werden.

Die Kammer hat dieses Begehren mit heutigem Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:

Für Impfberechtigte bestehe nach der im Eilverfahren gebotenen vorläufigen Bewertung kein Wahlrecht, mit einem bestimmten Impfstoff gegen das Coronavirus geimpft zu werden. Ein solches Wahlrecht ergebe sich weder aus der Corona-Impfverordnung noch aus den Grundrechten. Die Corona-Impfverordnung bestimme allein den Kreis der Impfberechtigten und die Impfreihenfolge, treffe jedoch keine Regelungen bzgl. des zu verwendenden Impfstoffs. Auch das Recht der über 60-Jährigen auf Leben und körperliche Unversehrtheit begründe kein Wahlrecht hinsichtlich der Verwendung eines bestimmten Impfstoffs. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung werde dadurch hinreichend sichergestellt, dass die Impfung mit den jeweils aktuell in Deutschland bzw. in Europa durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zugelassenen Impfstoffen erfolge. Ausgehend davon sei es angesichts der Impfstoffknappheit nicht zu beanstanden, dass das zuständige Ministerium sodann bestimmten Altersgruppen konkrete Impfstoffe zuteile. Dass in seinem Fall medizinische Gründe gegen eine Verwendung des Impfstoffs von AstraZeneca sprechen, habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch aus dem Recht auf Gleichbehandlung lasse sich der geltend gemachte Anspruch nicht herleiten. Die gegenüber Impfberechtigten im Alter von unter 60 Jahren erfolgende Ungleichbehandlung sei vielmehr insbesondere wegen des erhöhten Risikos für thromboembolische Ereignisse in dieser Altersgruppe gerechtfertigt. Erkenntnisse darüber, dass in der Altersgruppe des Antragstellers Thrombosen mit einer ähnlichen Häufigkeit aufgetreten sind, lägen nicht vor.

Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.“

  1. Beschwerde gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ohne Erfolg

Eine Beschwerde gegen die nächtlichen Ausgangssperren in Hamburg ist ohne Erfolg geblieben (OVG Hamburg, Beschl. v. 21.04.2021 – 5 Bs 85/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 21.04.2021 heißt es:

„Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat mit heute veröffentlichtem Beschluss die Beschwerde eines Antragstellers gegen einen vorangegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg zurückgewiesen, mit dem sein Eilantrag gegen die nächtliche Ausgangsbeschränkung abgelehnt worden war (Az. 5 Bs 85/21).

Oberverwaltungsgericht Hamburg: Beschwerde gegen nächtliche Ausgangsbeschränkung ohne Erfolg

AZ: 5 Bs 85/21

Das Verwaltungsgericht hatte in seiner Entscheidung im Einzelnen ausgeführt, dass sich die in § 3a Coronavirus-Eindämmungsverordnung normierte nächtliche Ausgangsbeschränkung bei summarischer Prüfung als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes darstelle, die auch insgesamt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genüge (Beschl. v. 8.4.2021, Az. 21 E 1603/21, abrufbar unter https://justiz.hamburg.de/vg-aktuelles/).

Die hiergegen von dem Antragsteller erhobene Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht prüft in Beschwerdeverfahren auf einer ersten Stufe zunächst nur die von dem Beschwerdeführer dargelegten Gründe. Nur wenn der Beschwerdeführer tragende Annahmen der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen kann, erfolgt eine vollumfängliche Prüfung der Sach- und Rechtslage in der zweiten Instanz. Vorliegend ist es dem Antragsteller nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts schon nicht gelungen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen. Die von ihm benannten Studien seien für die gegenwärtige Situation der Pandemie in Hamburg wenig aussagekräftig bzw. stützten die Annahmen der Freien und Hansestadt Hamburg zur Wirksamkeit nächtlicher Ausgangsbeschränkungen. Der Verordnungsgeber sei auch nicht verpflichtet, seine Maßnahmen allein an der abstrakten Sterblichkeitsstatistik auszurichten, die sich nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie interpretieren lasse.“

  1. Keine Außervollzugsetzung von Regelungen zu Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht sowie zur „Testpflicht“ an Schulen in Bayern

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat die Außervollzugsetzung von Regelungen zu Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht sowie zur „Testpflicht“ an Schulen gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung abgelehnt (BayVerfGH, Entscheidung v. 22.04.2021 – Vf. 26-VII-21).

  1. Vollständig geimpfte Reiserückkehrer aus einem nur als „Risikogebiet“ qualifizierten Land müssen sich nicht der 10-tägigen häuslichen Quarantäne unterziehen

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. hat entschieden, dass sich vollständig geimpfte Reiserückkehrer aus einem nur als „Risikogebiet“ qualifizierten Land nicht der 10-tägigen häuslichen Quarantäne unterziehen müssen (VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 20.04.2021 – 5 L 1071/21.F).

In der Presseerklärung des Gerichts v. 20.04.2021 heißt es:

„Mit heute zugestelltem Eilbeschluss hat die für die Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main im Wege der einstweiligen Anordnung die Stadt Frankfurt am Main verpflichtet, zu dulden, dass die Antragsteller ab dem Tag ihrer Einreise in das Land Hessen nicht in häuslicher Quarantäne verbleiben müssen.

Die Antragsteller reisten am 16.04.2021 aus Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) kommend auf dem Luftweg nach Frankfurt am Main ein. Ausweislich der vorgelegten Impfpässe sind die Antragsteller zweimal gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 geimpft. Seit dem Tag der letzten Impfung sind bereits zwei Wochen vergangen. Sie wenden sich mit ihrem Eilrechtsschutzbegehren gegen die infektionsschutzrechtliche Anordnung ihrer Absonderung (häusliche Quarantäne).

Die Antragsgegnerin, die Stadt Frankfurt am Main, verneint schon das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Eilantrag.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat im Wege des einstweiligen Rechtschutzes festgestellt, dass die Antragsteller sich nicht nach der Corona-Quarantäneverordnung in der zuletzt gültigen Fassung vom 12.04.2021 in Quarantäne begeben müssen.

  • 1 dieser Regelung lautet wie folgt:

´§ 1 Absonderung für Ein- und Rückreisende; Beobachtung

(1) Personen, die auf dem Land-, See-, oder Luftweg aus dem Ausland in das Land Hessen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem zum Zeitpunkt der Einreise als Risikogebiet im Sinne des § 2 Nr. 17 des Infektionsschutzgesetzes mit einem erhöhten Risiko für eine Infektion mit dem SARS-CoV-2- Virus eingestuften Gebiet (Risikogebiet) aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die Haupt- oder Nebenwohnung oder in eine andere, eine Absonderung ermöglichende Unterkunft zu begeben und sich im Fall einer Einreise aus einem Virusvarianten-Gebiet im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 13. Januar 2021 (BAnz. AT 13. Januar 2021 V 1) in der jeweils geltenden Fassung für einen Zeitraum von vierzehn Tagen oder im Übrigen für einen Zeitraum von zehn Tage nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Den zur Absonderung verpflichteten Personen ist es in diesem Zeitraum nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Hausstand angehören.

(2) …

Zur Begründung dieser Vorschrift wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ein möglicher Infektionseintrag aus dem Ausland in jedem Fall die infektiologische Gefahrenlage im Inland erhöhe, auch wenn diese sich schon auf einem hohen Niveau befinde. Es gäbe Erkenntnisse über Varianten des SARS-CoV-2-Virus, die auf eine erhöhte Übertragbarkeit und schwerere Krankheitsverläufe hindeuteten. Ein rasanter Anstieg der Virusvariante B.1.1.7 sei in Deutschland zu verzeichnen. Insoweit erfordere der jetzige Erkenntnisstand ein vorsorgliches Handeln, weil eine Verbreitung des Virus mit einem höheren Ansteckungspotenzial zu einer Verschärfung der pandemischen Lage führen könnte.´

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hat das Gericht zunächst festgestellt, dass die Antragsteller in ihren Personen nicht unter Befreiungstatbestände der Corona-Quarantäneverordnung fielen.

Die in Bezug genommene Coronavirus-Einreiseverordnung in der gültigen Fassung differenziere zwischen „Hochinzidenzgebieten“, “Virusvarianten-Gebieten“ und „Risikogebieten“. Die Vereinigten Arabischen Emiraten zählten seit dem 18.04.2021 nur noch zu den sogenannten „Risikogebieten“.

Hiervon ausgehend kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Quarantäneanordnung von Ein- und Rückreisenden aus Risikogebieten, jedenfalls soweit es sich nicht um Virusvariantengebiete handele, voraussichtlich verfassungswidrig sei, soweit die Personen mit einem derzeit zugelassenen Covid-19-mRNA-Impfstoff (Impfstoff von BioNTech/Pfizer sowie Covid-19 Vaccine Moderna) oder mit dem Vektorbasierten Impfstoff Vaxzervia von AstraZeneca zweimal geimpft worden und seit der Gabe der zweiten Impfdosis vierzehn Tage vergangen seien. Zur Begründung hat das Gericht auf die Ausführungen des Robert-Koch-Instituts zu den Wirkungen einer abgeschlossenen Impfung, Stand 09.04.2021, verwiesen. Danach werde bei einer vollständigen Impfung in der Summe das Risiko einer Virusübertragung stark vermindert. Aus Public-Health-Sicht erscheine das Risiko einer Virusübertragung durch Impfung in dem Maße reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung keine wesentliche Rolle mehr spielten.

Da die Antragsteller zu dieser Personengruppe gehörten, wurde die Quarantänepflicht verneint.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichthof in Kassel eingelegt werden.“

  1. Fußballclub hat Anspruch auf Erstattung von Gehalt eines Fußballprofis

Das Land NRW muss einem Fußballclub das Ge­halt für einen Profi er­stat­ten, das der da­ma­li­ge Fuß­ball-Erst­li­gist wäh­rend einer be­hörd­lich an­ge­ord­ne­ten zwei­wö­chi­gen Qua­ran­tä­ne ge­zahlt hatte. Das Land­ge­richt (LG) Müns­ter hat ent­schie­den, dass das Qua­ran­tä­ne-Trai­ning der Pro­fis da­heim nicht als Ho­me­of­fice zu wer­ten sei. Das LG hat das Land NRW dazu verurteilt knapp 10.000,00 EUR zu zahlen.

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