Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, wenn eine Pflegkraft entgegen einer bestehenden Regelung ein ohne ärztliche Anweisung geschriebenes EKG nicht unverzüglich zur Patientenakte bringt?
Ja, meint das Oberlandesgericht (OLG) München (OLG München, Urt. v. 06.08.2020 – 24 U 1360/19). Dazu heißt es des Weiteren in den Leitsätzen:
„1. Schon eine bloße Mitverursachung reicht aus, um einen Ursachenzusammenhang zu bejahen (wie BGH, Urteil vom 19. 04. 2005 – VI ZR 175/04 –, VersR 2005, 945, Urteil vom 05. 04. 2005 – VI ZR 216/03 –, Rn. 14, VersR 2005, 942).
- Ein eindeutiger, fundamentaler Verstoß gegen eine interne Regelung der Klinik, die zum Schutz der Patienten eine zeitnahe ärztliche Befundung erhobener Befunde gewährleisten soll (hier: unverzügliche Vorlage eines ohne ärztliche Anweisung geschriebenen EKGs in die Patientenakte), die einer Pflegekraft schlechterdings nicht unterlaufen darf, führt zur Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität.
- Auf die zeitnah unterbliebene Vorlage des EKGs in die Patientenakte sind die Grundsätze über den Befunderhebungsfehler entsprechend heranzuziehen.
- Schmerzensgeld von 225.000,00 € bei einer hypoxischen Hirnschädigung einer 43-jährigen Frau.“