Startseite | Aktuelles | Sozialversicherungspflicht von freien Mitarbeitern in der Physiotherapie – Chancen, Risiken und rechtliche Klarheit

Sozialversicherungspflicht von freien Mitarbeitern in der Physiotherapie – Chancen, Risiken und rechtliche Klarheit

Einleitung: Warum das Thema so wichtig ist

Sozialversicherungspflicht von freien Mitarbeitern in der Physiotherapie – Chancen, Risiken und rechtliche Klarheit
Aktuelles
29.09.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Sozialversicherungspflicht von freien Mitarbeitern in der Physiotherapie – Chancen, Risiken und rechtliche Klarheit

Einleitung: Warum das Thema so wichtig ist

Die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern ist in vielen Physiotherapiepraxen längst Alltag. Sie ermöglicht eine flexible Personalplanung, ohne sofort feste Arbeitsverträge eingehen zu müssen. Doch genau hier liegt ein juristisches Risiko: die Frage der Sozialversicherungspflicht von freien Mitarbeitern. Wird ein freier Mitarbeiter tatsächlich wie ein Arbeitnehmer behandelt, drohen hohe Nachzahlungen an Sozialversicherungsbeiträgen. Dieses Thema betrifft nicht nur Praxisinhaber, sondern auch die Physiotherapeuten selbst.

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Kriterien über die Sozialversicherungspflicht entscheiden, wie die Deutsche Rentenversicherung (DRV) prüft und wie sich Praxisinhaber vor finanziellen Risiken schützen können.

Freie Mitarbeiter in der Physiotherapie – ein weit verbreitetes Modell

Viele Physiotherapiepraxen greifen auf freie Mitarbeiter zurück, um fehlendes Personal zu ersetzen, Auftragsspitzen abzufangen oder das Behandlungsspektrum flexibel zu erweitern. Typischerweise wird ein freier Mitarbeiter auf Honorarbasis (z.B. 70 % des Gesamthonorars) bezahlt und gilt – zumindest vertraglich – nicht als Angestellter.

Doch die Realität zeigt: Häufig stimmen die Vertragsformulierungen nicht mit der tatsächlichen Arbeitssituation überein. Entscheidend ist nach dem Sozialrecht nicht, was im Vertrag steht, sondern wie die Zusammenarbeit tatsächlich gelebt wird.

Abgrenzung: Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit?

Die Frage, ob ein freier Mitarbeiter selbständig oder sozialversicherungspflichtig ist, hängt von der Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit ab. Die Deutsche Rentenversicherung prüft hierzu bestimmte Kriterien.

Typische Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit

  • Tragen eines eigenen unternehmerischen Risikos
  • Keine Eingliederung in die Praxisorganisation
  • Eigenes Terminbuch
  • Eigene Behandlungsunterlagen
  • Eigenen Patientenstamm

Typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung

  • Einbindung in die Abläufe der Praxis (z. B. feste Sprechstunden, feste Behandlungsräume)
  • Nutzung von Geräten, Räumen und Personal des Praxisinhabers
  • Weisungsgebundenheit hinsichtlich Patienten, Behandlungsmethoden oder Arbeitszeit

Treffen überwiegend die Kriterien einer abhängigen Beschäftigung zu, gilt der freie Mitarbeiter als „Arbeitnehmer“. Damit ist er in der Regel sozialversicherungspflichtig.

Bedeutung der Sozialversicherungspflicht

Die Einstufung hat weitreichende Konsequenzen:

Für den Praxisinhaber: Er muss Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, oft rückwirkend für 4 Jahre. Hinzu kommen Säumniszuschläge, wenn Vorsatz nachzuweisen ist.

Für den freien Mitarbeiter: Er verliert den Status als Selbstständiger und wird nachträglich als Arbeitnehmer geführt. Damit gehen z.B. steuerliche Vorteile oder unternehmerische Freiheiten verloren.

Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung

Um Klarheit zu schaffen, gibt es das sogenannte Statusfeststellungsverfahren. Dieses Verfahren wird von der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt und prüft, ob eine selbstständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung vorliegt.

Praxisinhaber sollten sich bewusst sein: Wird ein Statusfeststellungsverfahren beantragt, prüft die Rentenversicherung sehr genau. Reine „Scheinlösungen“ in Verträgen werden regelmäßig erkannt.

Es sollte auf keinen Fall ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet werden, bevor der Sachverhalt von einen Fachmann bewertet wurde.

Typische Fehler in der Praxis

Viele Physiotherapiepraxen geraten in Schwierigkeiten, weil sie bestimmte Fehler machen:

  • Vertragsgestaltung ohne Fachkenntnis
  • Falsche gelebte Praxis
  • Keine Prüfung der Gesamtumstände

Handlungsempfehlungen für Praxisinhaber

Um Risiken zu vermeiden, sollten Physiotherapiepraxen klare Schritte einleiten:

  • Vertragsprüfung durch einen Experten
  • Dokumentation der Zusammenarbeit
  • Statusfeststellungsverfahren (nach fachkundiger Beratung) nutzen

Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten.

Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!

Bitte beachten Sie auch unsere Dienstleistungsangebot Statusprüfstelle.

Suchen
Format
Autor(en)


Raik Pentzek
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten

Weitere interessante Artikel