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Aktuelles BAG-Urteil: Kein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub durch Prozessvergleich möglich

Aktuelles BAG-Urteil: Kein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub durch Prozessvergleich möglich
Aktuelles
04.06.2025 — Lesezeit: 2 Minuten

Aktuelles BAG-Urteil: Kein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub durch Prozessvergleich möglich

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 3. Juni 2025 (Az.: 9 AZR 104/24) eine wegweisende Entscheidung getroffen, die erhebliche Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Praxis hat: Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub durch einen Prozessvergleich ist unzulässig und damit unwirksam.

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall war ein Arbeitnehmer als Betriebsleiter tätig und seit Jahresbeginn 2023 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April 2023 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs beendet, in dem unter anderem festgehalten wurde, dass “Urlaubsansprüche in natura gewährt” seien. Trotz dieser Formulierung forderte der Arbeitnehmer später die Abgeltung von sieben nicht genommenen Urlaubstagen in Höhe von 1.615,11 Euro nebst Zinsen.

Entscheidung des BAG

Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf Abgeltung seines nicht erfüllten gesetzlichen Mindesturlaubs hat. Die entsprechende Klausel im Vergleich, die einen Verzicht auf den Urlaub suggeriert, sei nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam, da sie gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG verstoße.

Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub ist demnach weder während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses noch im Rahmen eines Vergleichs zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig. Auch der Einwand des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe sich treuwidrig verhalten, wurde vom BAG zurückgewiesen.

Rechtliche Einordnung

Das Urteil bestätigt die Unverzichtbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG. Selbst im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs kann dieser Anspruch nicht ausgeschlossen werden. Ein sogenannter Tatsachenvergleich, bei dem Unsicherheiten über das Bestehen eines Anspruchs durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden, lag im vorliegenden Fall nicht vor, da der Arbeitnehmer aufgrund seiner durchgehenden Arbeitsunfähigkeit den Urlaub nicht nehmen konnte.

Auswirkungen für die Praxis

Für Arbeitgeber:

  • Verzichtsklauseln in Aufhebungsverträgen oder gerichtlichen Vergleichen, die den gesetzlichen Mindesturlaub betreffen, sind unwirksam.
  • Es besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Urlaubsabgeltung geltend machen, selbst wenn im Vergleich ein Verzicht vereinbart wurde.

Für Arbeitnehmer:

  • Der gesetzliche Mindesturlaub ist unverzichtbar.
  • Auch nach Unterzeichnung eines Vergleichs können Ansprüche auf Urlaubsabgeltung geltend gemacht werden, sofern der Urlaub nicht genommen wurde.

Fazit

Das BAG-Urteil vom 3. Juni 2025 stellt klar, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht durch einen Prozessvergleich abbedungen werden kann. Arbeitgeber sollten daher bei der Gestaltung von Aufhebungsverträgen und gerichtlichen Vergleichen besondere Sorgfalt walten lassen und sicherstellen, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch ordnungsgemäß berücksichtigt wird.

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Autor(en)


Aigerim Rachimow
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Medizinrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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