Startseite | Aktuelles | Besteht eine Auskunftspflicht bei Ehegattenunterhaltsansprüchen auch dann, wenn der dem Grunde nach zum Unterhalt Verpflichtete eine höhere Einmalzahlung (hier: 1,0 Million Euro) leistet?

Besteht eine Auskunftspflicht bei Ehegattenunterhaltsansprüchen auch dann, wenn der dem Grunde nach zum Unterhalt Verpflichtete eine höhere Einmalzahlung (hier: 1,0 Million Euro) leistet?

Besteht eine Auskunftspflicht bei Ehegattenunterhaltsansprüchen auch dann, wenn der dem Grunde nach zum Unterhalt Verpflichtete eine höhere Einmalzahlung (hier: 1,0 Million Euro) leistet?
Frage des Tages
12.12.2022

Besteht eine Auskunftspflicht bei Ehegattenunterhaltsansprüchen auch dann, wenn der dem Grunde nach zum Unterhalt Verpflichtete eine höhere Einmalzahlung (hier: 1,0 Million Euro) leistet?

Ja, meint das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2022 – 5 UF 197/21, NJW-Spezial 2022, 676). In den Entscheidungsgründen heißt es:

„1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der nunmehr von der Antragstellerin auf der letzten Stufe gestellte Feststellungsantrag zulässig.

a) Die begehrte Feststellung, dass die Antragstellerin berechtigt ist, ab Rechtskraft der Scheidung von den erhaltenen 1.000.000 € einen monatlichen Betrag in noch zu beziffernder Höhe für den nachehelichen Unterhalt zu verwenden, betrifft ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, nämlich die Unterhaltsbeziehung der Beteiligten, welche mit der Zahlung von 1.000.000 € keineswegs beendet worden ist, zumal die Zahlung ausdrücklich zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der Antragstellerin erfolgte.

b) Ein Feststellungsinteresse der Antragstellerin ist gegeben. Auch nach Erhalt der 1.000.000 € benötigt sie die Information über die Höhe des ihr monatlich zustehenden Unterhalts für ihre Finanzplanung. Zwar ist sie in der Verwendung des Geldbetrages grundsätzlich frei und darf ihn auch für unterhaltsfremde Zwecke verwenden. Auf den Verbrauch des zugewandten Betrages und eine damit einhergehende erneute Bedürftigkeit wird sie sich in einem künftigen Unterhaltsverfahren gegenüber dem Antragsgegner allerdings nur dann berufen können, wenn sie das Geld entsprechend der Zweckbestimmung für ihren Unterhalt verbraucht hat. Hierzu muss sie die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs kennen oder – durch die begehrte Auskunft – zumindest in die Lage versetzt werden, den ihr monatlich zustehenden Unterhalt selbst zu errechnen.

Hinzu kommt, dass der zugewandte Betrag nach der vom Antragsgegner mit Anwaltsschreiben vom 28.05. und 22.06.2021 getroffenen Leistungsbestimmung zwar vorrangig für die Deckung des Unterhaltsbedarfs im Rahmen von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt verwendet werden soll, ein etwa überschießender Betrag jedoch als Vorausleistung auf den Zugewinnausgleich zu verrechnen ist. Damit benötigt die Antragstellerin die begehrte Information auch für das zwischen den Beteiligten anhängige Zugewinnausgleichsverfahren. Auch wenn der Antragsgegner zutreffend darauf hinweist, dass die Zahlung von 1.000.000 € keinen Vorausempfang im Sinne von § 1380 BGB darstellt, weil sie erst nach Zustellung des Scheidungsantrags erfolgt ist (vgl. Grüneberg/Siede, BGB, 81. Auflage, § 1380 Rn. 5), so dient sie doch der Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegner nunmehr darauf verzichten möchte, sich auf die (teilweise) Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs infolge der Zahlung von 1.000.000 € zu berufen. Denn nach seiner Auffassung steht einem Anspruch der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt sowohl der Befristungseinwand aus § 1578 b BGB als auch der Verwirkungseinwand aus § 1579 Nr. 3 BGB entgegen, so dass der Anspruch auf Ehegattenunterhalt spätestens mit Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wegfalle. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der zugewandte Betrag jedoch noch nicht vollständig für den laufenden Unterhalt der Antragstellerin verbraucht sein. Es ist nicht anzunehmen, dass der Antragsgegner ihr den dann noch vorhandenen Restbetrag ohne Anrechnung auf den Zugewinnausgleich überlassen möchte.

2. Der Auskunftsantrag der Antragstellerin ist auch begründet. Ein Auskunftsanspruch aus §§ 1580, 1605 BGB steht ihr gegen den Antragsgegner auch angesichts der erhaltenen Zahlung von 1.000.000 € grundsätzlich zu.

a) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht der Umstand, dass er sich in der Beschwerdeinstanz für ´unbeschränkt leistungsfähig´ erklärt hat, dem Anspruch aus § 1580 BGB nicht entgegen. Denn einer solchen Erklärung ist regelmäßig nur zu entnehmen, dass der Unterhaltspflichtige darauf verzichtet, den Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit zu erheben. Damit steht aber noch nicht fest, dass auch der Unterhaltsbedarf ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens ermittelt werden kann. Denn auch wenn das Familieneinkommen über das Doppelte des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle hinausgeht, kann der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch nach der Quotenmethode berechnen (zu den Voraussetzungen im Einzelnen BGH FamRZ 2018, 260ff, Rz. 17). Um für diesen Fall die vollständige Verwendung des Einkommens für seinen Lebensbedarf darzulegen, ist die Einkommensauskunft des Unterhaltspflichtigen von Relevanz, sodass dieser auch hier zur Auskunftserteilung verpflichtet ist (BGH, a.a.O., Rz. 25).

b) Auch der Befristungseinwand nach § 1578 b BGB sowie der Verwirkungseinwand nach § 1579 Nr. 3 BGB stehen einem Auskunftsanspruch nach §§ 1605 Abs. 1 S. 1 i.V.m. 1580 S. 2 BGB regelmäßig nicht entgegen. Denn zu den maßgeblichen Gesichtspunkten für die nach §§ 1578 b bzw. 1579 BGB zu treffende Ermessensentscheidung gehören auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen (Münchener Kommentar zum BGB / Maurer, 9. Aufl., § 1580, Rn. 31ff). Lediglich dann, wenn bereits ohne weitere Erhebungen beurteilt werden kann, dass offenkundig kein Unterhaltsanspruch besteht, ist auch keine Auskunft zu erteilen. Ist hingegen zu den Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 1578 b oder 1579 BGB noch Beweis zu erheben, besteht regelmäßig auch ein Auskunftsanspruch aus § 1580 BGB (Münchener Kommentar zum BGB / Maurer, a.a.O., Rn. 22).

So liegt der Fall hier. Denn der Antragsgegner stützt seinen Befristungseinwand maßgeblich darauf, dass die Beteiligten bereits seit 1995 getrennt leben, und seinen Verwirkungseinwand darauf, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren bewusst falsche Angaben zum Trennungszeitpunkt gemacht hat. Beides wird von der Antragstellerin substantiiert bestritten, so dass das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1578 b, 1579 BGB nicht ohne Beweisaufnahme festgestellt werden kann.“

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Autor(en)


Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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