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Löschung einer GmbH im Handelsregister bei noch nicht abgeschlossenem Besteuerungsverfahren

Löschung einer GmbH im Handelsregister bei noch nicht abgeschlossenem Besteuerungsverfahren
Aktuelles
30.07.2021

Löschung einer GmbH im Handelsregister bei noch nicht abgeschlossenem Besteuerungsverfahren

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden, dass die Löschung einer GmbH im Handelsregister nach § 74 Abs. 1 GmbHG bei noch nicht abgeschlossenem Besteuerungsverfahren grundsätzlich nicht möglich ist (OLG Hamm, Beschl. v. 21.05.2021 – 27 W 25/21, DB 2021, 1461):

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„1.

Erst nach Anmeldung des Abschlusses der Liquidation gem. § 74 Abs. 1 S. 1 GmbHG kann die Firma endgültig wegen Vermögenslosigkeit gelöscht werden (vgl. Senat, Beschl. v. 1. Juli 2015 – 27 W 71/15, MDR 2015, 843 = juris, Rn. 5; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30. April 2015 – 3 Wx 61/14, ZIP 2015, 1391 = juris, Rn. 8; OLG Celle, Beschl. v. 17. Oktober 2018 – 9 W 80/18, ZIP 2018, 2222 = juris, Rn. 11; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 66 Rn. 38; K. Schmidt/Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 66 GmbHG, Rn. 56 m. w. N.). Für die sich demnach stellende Frage, ob eine Gesellschaft tatsächlich vermögenslos und die Liquidation beendet ist, und welche Anforderungen an diesbezügliche Nachprüfungen durch das Registergericht zu stellen sind, genügt im allgemeinen die mit der Anmeldung des Erlöschens der Firma verbundene Versicherung des Liquidators. Dabei kann das Registergericht grundsätzlich davon ausgehen, dass die ordnungsgemäß angemeldeten Tatsachen auch zutreffend sind. Nur wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der einzutragenden Tatsache bestehen, hat das Registergericht das Recht und die Pflicht zu weiterer Prüfung, und es muss, wenn seine Bedenken nicht ausgeräumt werden, die Anmeldung zurückweisen (Senat, Beschl. v. 2. September 2016 – 27 W 63/16, GmbHR 2017 930 = juris, Rn. 8 m. w. N.).

Geeignet, berechtigte Zweifel in diesem Sinne zu begründen, ist insbesondere die Mitteilung der Finanzverwaltung, dass eine Steuererklärung noch aussteht, da dann noch unklar ist, ob sich daraus eine Nachforderung oder ein Erstattungsanspruch der Gesellschaft ergibt. Denn jedenfalls dann, wenn Aussicht auf Steuerrückerstattungen besteht, ist der Löschungsantrag nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht vollzugsreif ist (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 20. Mai 2015 – 6 W 506/14, ZIP 2016, 25 = juris, Rn. 14, und v. 15. Mai 2019 – 2 W 159/19, NotBZ 2019, 391 = juris, Rn. 10 m. w. N.; OLG Celle, Beschl. v. 17. Oktober 2018 – 9 W 80/18, ZIP 2018, 2222 = juris, Rn. 13; KG, Beschl. v. 22. Juli 2019 – 22 W 29/18, NZG 2019, 1294 = juris, Rn. 12; vgl. zus. Freier, NZG 2020, 812, unter I. 2.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beteiligten zu 1. zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2020, das damit lediglich seine bisherige Rechtsprechung zur Vollzugsreife eines Löschungsantrags bei bestehenden Steuernachforderungen auf den hier nicht einschlägigen Fall einer „Blitzlöschung“ vor Ablauf des Sperrjahres gem. § 73 Abs. 1 GmbHG erstreckt hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 1. Februar 2017 – 3 Wx 300/16, NZG 2017, 663 = juris, Rn. 16, und vom 25. August 2020 – 3 Wx 117/20, NZG 2020, 1277 = juris, Rn. 15). Im vorliegenden Fall stehen aber nach der unwidersprochenen Darstellung der Beteiligten zu 2. noch steuerrechtlich relevante Sachverhalte zur Beurteilung an. Die Annahme, dass lediglich noch Steuernachforderungen in bestimmter Höhe ausstehen, ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand gerade (noch) nicht gerechtfertigt.

2.

Der Senat kann demnach offen lassen, ob der vom Beteiligten zu 1. zitierten Rechtsprechung zu folgen ist, dass der Vollzugsreife des Eintragungsantrags Steuernachforderungen nicht entgegen stehen, wenn die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und über kein Vermögen mehr verfügt (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21. Juni 1989 – 4 W 126/88, NJW-RR 1990, 100, 101; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. August 2020 – 3 Wx 117/20, NZG 2020, 1277 = juris, Rn. 11, jew. m. w. N.), da ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Nach der Stellungnahme der Beteiligten zu 2. verfügt die Gesellschaft noch über Aktiv- und Passivvermögen und es steht zumindest noch der Erlass des Körperschaftssteuerbescheids für das Jahr 2019 aus.“

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Jörg Hahn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: erfurt@etl-rechtsanwaelte.de


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